Jahresbericht 2020 der Stiftung Liebenau
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„Technik in <strong>der</strong> Pflege<br />
soll <strong>der</strong> Lebenserhaltung und<br />
Lebensentfaltung dienen”<br />
zu vermeiden hilft, die bei Orientierungslosigkeit<br />
entstehen könnten, zum Beispiel ein Unfall<br />
auf befahrener Straße, ein Verlaufen in <strong>der</strong><br />
Stadt o<strong>der</strong> im Wald. Der individuell bestimmbare<br />
Korridor bietet einen geschützten Raum<br />
<strong>der</strong> Entfaltung für gefährdete Personen, hier für<br />
Heiner Franzka. Ein ängstliches Festhalten <strong>der</strong><br />
Person und Einschränken <strong>der</strong> Mobilität wird<br />
überflüssig.<br />
Technik in <strong>der</strong> Pflege darf Menschen nicht aus<br />
ihrer Mitverantwortung gegenüber ihren Mitmenschen<br />
entlassen.<br />
Viele pflegerische Aufgaben können nicht von<br />
technischen Hilfsmitteln erledigt werden. Zuwendung,<br />
Einfühlungsvermögen und Kreativität<br />
sind erfor<strong>der</strong>lich, um <strong>der</strong> gegenseitigen mitmenschlichen<br />
Verantwortung zu entsprechen.<br />
Diese Mitverantwortung insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong><br />
Pflegekräfte und Angehörigen wird durch ein<br />
GPS-System nicht aufgehoben, da die Korridore<br />
individuell festzulegen sind. Zudem wird ein<br />
persönliches Eingehen auf die Lage <strong>der</strong> betreffenden<br />
Person notwendig, wenn ein Signal<br />
durch das Überschreiten des personenspezifischen<br />
Korridors ausgelöst worden ist. Denkbar<br />
wäre zum Beispiel, dass ihn die Pflegekraft<br />
beim Zusammentreffen freundlich anspricht<br />
und zu einem gemeinsamen Spaziergang im<br />
Hausgarten einlädt.<br />
irren. Passgenau sind sie dann, wenn <strong>der</strong> Bewegungskorridor<br />
individuell festgelegt werden<br />
kann und die Befestigungsmöglichkeiten für<br />
die jeweilige Person angepasst werden können.<br />
Je<strong>der</strong> Technikeinsatz sollte im Blick auf seine<br />
Folgen für die Betroffenen vorsichtig bewertet<br />
werden.<br />
Der Einsatz technischer Mittel bedarf immer<br />
auch einer Technikfolgenabschätzung nach<br />
dem Vorsichtigkeitsprinzip. Da die Sicherheit<br />
durch GPS-Systeme steigt, ist prinzipiell eine<br />
gewisse Entlastung von Mitarbeitenden und<br />
Angehörigen zu erwarten. Vorsichtshalber<br />
muss allerdings ein Ausfall <strong>der</strong> Technik mitbedacht<br />
werden und etwa ein Namensschild mit<br />
Telefonnummer zusätzlich angebracht werden.<br />
Vorsicht ist beson<strong>der</strong>s geboten, was den Umgang<br />
mit Daten angeht. Hier ist hohe Sensibilität<br />
und genaue Dokumentation gefor<strong>der</strong>t, die<br />
permanente Speicherung <strong>der</strong> Aufenthaltskoordinaten<br />
ist zu unterbinden.<br />
Technik sollte passgenau dem gefor<strong>der</strong>ten Hilfebedarf<br />
entsprechen.<br />
Es ist stets zu prüfen, ob die eingesetzte Technik<br />
die erfor<strong>der</strong>liche Unterstützung bietet o<strong>der</strong> ob<br />
nicht ein an<strong>der</strong>es technisches Hilfsmittel geeigneter<br />
ist. Etwa weil es einfacher zu bedienen ist<br />
o<strong>der</strong> weniger Risiken birgt. Ein Beispiel: Die bisher<br />
häufig verwendeten Bettgitter, die ein nächtliches<br />
Herausfallen vermeiden sollen, werden<br />
immer häufiger durch so genannte Nie<strong>der</strong>flurbetten<br />
ersetzt, bei denen die Verletzungsgefahr<br />
geringer, die Bewegungsfreiheit aber größer ist.<br />
GPS-Tracker sollten nur bei Menschen mit einer<br />
so genannten Hinlauftendenz eingesetzt werden,<br />
wenn also die Gefahr besteht, dass sie sich ver-<br />
46 Schwerpunkt