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seventeen goals Magazin #4

Das seventeen goals Magazin erzählt in positiven und inspirierenden Geschichten, wie Menschen die Welt bewegen.

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Nr. 04<br />

Herbst 2021<br />

<strong>seventeen</strong><br />

Eine Sonderbeilage von Projekt 17<br />

in Kooperation mit dem Zeitverlag<br />

<strong>goals</strong><br />

Wie Menschen<br />

die Welt<br />

bewegen<br />

REWILDING<br />

EUROPE<br />

Die Wildnis kommt zurück<br />

GEHÄKELTE<br />

KORALLENRIFFE<br />

Die Masche<br />

und das Meer<br />

ZOHRE ESMAELI<br />

Vom Flüchtling<br />

zur Aktivistin


UNSERE Ausblicke<br />

HINTERLASSEN NACHHALTIGE<br />

EINDRÜCKE.<br />

Jetzt die schönsten<br />

Fahrradtouren der<br />

Stadt entdecken!<br />

© mauritius images / Novarc Images<br />

#WEILWIRHAMBURGSIND


Editorial<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

bei einem Waldspaziergang diesen Herbst sah ich Pilze im<br />

Überfluss – es hatte häufig geregnet. Die Vielfalt, in der sie aus<br />

ihrem verborgenen Myzel gen Licht streben, fasziniert mich<br />

immer wieder. Ist dies nicht genau das Wesen der Natur: zu<br />

überwältigen, staunen zu lassen, einfach gutzutun? Sie kann<br />

uns tief im Inneren berühren – vielleicht, weil sich die Wege<br />

der Natur und die Wege zu unserer eigenen Natur immer<br />

wieder kreuzen. Nichts in der Natur existiert isoliert, auch nicht<br />

der Mensch. Wie sehr wir in Beziehung zum Leben um uns herum<br />

stehen, offenbart das Zeitalter des Anthropozäns: Unsere<br />

Handlungen wirken sich auf andere Lebensformen aus.<br />

Zwei der 17 Nachhaltigkeitsziele widmen sich unmittelbar dieser<br />

Thematik: Ziel 14 „Leben unter Wasser“ und Ziel 15 „Leben<br />

an Land“. Da wir mit positiven Geschichten vom Wandel inspirieren<br />

möchten, begeistert uns das Kunstprojekt „Baden-Baden<br />

Satellite Reef“, bei dem viele Menschen mit Häkelnadel und<br />

Garn zusammen ein farbenprächtiges Riff entstehen lassen und<br />

so ein Zeichen setzen gegen Klimawandel und Korallenbleiche.<br />

Ein weiteres Gemeinschaftsprojekt renaturiert ganze Landstriche:<br />

Biber, Bär und Bison leben dort wieder und Europa zeigt<br />

seine wilden Seiten. Was diese beiden Geschichten eint, ist die<br />

Sehnsucht der Menschen nach der Natur, wie sie einmal war.<br />

In der Redaktionsarbeit, auch für unser Online-<strong>Magazin</strong><br />

17<strong>goals</strong>magazin.de, sehen wir täglich, mit wie viel Engagement<br />

Menschen den Wandel vorantreiben. Zugleich wissen wir: Alles<br />

ist nichts, wenn das Gleichgewicht zwischen Ökologie und<br />

Ökonomie nicht stimmt. Wirtschaft und Geld sind wichtige<br />

Hebel für Nachhaltigkeit. Ein Gespräch über faire Preise finden<br />

Sie auf den nächsten Seiten ebenso wie interessante Zahlen<br />

und Fakten zu grünem Geld. Lassen Sie sich inspirieren!<br />

Iris Rodriguez,<br />

Chefredakteurin<br />

Partnerschaften zur Erreichung der Ziele<br />

Keine Armut<br />

Foto: © Gregor Hohenberg Titelmotiv: © Staffan Widstrand/Rewilding Europe<br />

Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen<br />

Leben an Land<br />

Leben unter Wasser<br />

Maßnahmen zum Klimaschutz<br />

Nachhaltige/r Konsum und Produktion<br />

14<br />

13<br />

12<br />

Nachhaltige Städte und Gemeinden<br />

15<br />

11<br />

16<br />

Weniger Ungleichheiten<br />

10<br />

17<br />

Das <strong>seventeen</strong> <strong>goals</strong> <strong>Magazin</strong><br />

erzählt Geschichten von Menschen, die zum Erreichen<br />

der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen<br />

(Sustainable Development Goals, kurz SDG) beitragen.<br />

Das <strong>Magazin</strong> erscheint einmal jährlich.<br />

Mehr Geschichten von Menschen, die die Welt bewegen:<br />

www.17<strong>goals</strong>magazin.de<br />

9<br />

1<br />

8<br />

2<br />

<strong>seventeen</strong><br />

<strong>goals</strong><br />

Wie Menschen<br />

die Welt bewegen<br />

7<br />

3<br />

Industrie, Innovation und Infrastruktur<br />

Kein Hunger<br />

4<br />

6<br />

Gesundheit und Wohlergehen<br />

5<br />

Hochwertige Bildung<br />

Geschlechtergleichheit<br />

Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen<br />

Bezahlbare und saubere Energie<br />

Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum<br />

WIE MENSCHEN DIE WELT BEWEGEN<br />

03


www.17<strong>goals</strong>magazin.de<br />

06<br />

Mehr Wildnis<br />

tut Europa gut –<br />

Rewilding Europe<br />

macht sich<br />

dafür stark<br />

20<br />

Das Baden-Baden<br />

Satellite Reef –<br />

Faszination<br />

aus Wolle und Fäden<br />

18<br />

Zohre Esmaeli<br />

und ihr Engagement<br />

für Frauen und<br />

Kinder in<br />

Afghanistan<br />

Inhalt<br />

03 Editorial<br />

03 Die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen<br />

05 Katja Riemann im Gespräch mit #17Ziele<br />

über Armut und Ausgrenzung<br />

06 Rewilding Europe – Mehr Wildnis und Biodiversität<br />

für Europa und das Klima<br />

11 Die Finanz-App rubarb – Kleinstbeträge nachhaltig anlegen<br />

12 Kurz & gut – Wirkungsvolles auf den Punkt gebracht<br />

13 Toyota – Wie wegweisende Technologien<br />

die Zukunft mitgestalten<br />

14 Wahre Preise für faire Wirtschaft – Dr. Katharina Reuter<br />

im Interview<br />

14<br />

Dr. Katharina Reuter<br />

vom Bundesverband<br />

Nachhaltige Wirtschaft<br />

über wahre Preise<br />

15 Das Hilfswerk Renovabis – Mit Respekt vor der Schöpfung<br />

16 Nachhaltiges Geld und große Zahlen<br />

17 The Generation Forest – Die Genossenschaft<br />

pflanzt artenreiche Wälder<br />

18 Wechselseitiges Verständnis – Zohre Esmaelis<br />

Ansatz zu mehr Integration<br />

19 Start-ups stärken – Die Postcode Lotteries Green Challenge<br />

20 Das gehäkelte Korallenriff – Ein Kunstprojekt<br />

gegen den Klimawandel<br />

22 Publikationen zum Bestellen<br />

22 Impressum<br />

04 <strong>seventeen</strong> <strong>goals</strong><br />

Fotos: links oben: © Staffan Widstrand/Rewilding Europe oben rechts: © Museum Frieder Burda unten links: DRK unten rechts: © BNW e.V.


Ein Beitrag von Engagement Global<br />

Von Macherinnen<br />

und Machern 17Ziele –<br />

Der Podcast<br />

Foto: © Sabine Wiedenhofer<br />

Katja Riemann engagiert sich<br />

seit über 20 Jahren für<br />

Menschenrechtsorganisationen.<br />

Die Schauspielerin und Autorin hat für ihr Engagement viele<br />

Länder bereist, Schulen, Gesundheitsstationen und Gefängnisse<br />

besucht und mit unzähligen Regierungsmitarbeitenden,<br />

Bildungsbeauftragten, Gesundheitsexpertinnen und -experten<br />

genauso wie mit Kindern gesprochen. Das Thema Armut ist ihr<br />

dabei vielfach und in unterschiedlichsten Facetten begegnet. Sie<br />

weiß, dass Armut stigmatisiert, überall auf der Welt. Weil ihre<br />

Mutter alte Pullover auftrennte und aus der Wolle neue strickte,<br />

die Familie sich aus dem eigenen Gemüsegarten ernährte und<br />

Reisen undenkbar waren, galt sie in der Schule als „Arme-Leute-<br />

Kind“. Wie sie dem Thema Armut heute begegnet und was<br />

wir alle tun können für eine gerechtere Welt, das verrät sie im<br />

17Ziele-Interview.<br />

Katja, bei „17Ziele – Der Podcast“ sprechen Sie mit<br />

Felix Seibert-Daiker über das Thema Armut. Ein<br />

wichtiger Aspekt ist dabei die Perspektive, die wir<br />

gegenüber sozial benachteiligten Menschen einnehmen.<br />

Wie können wir uns dem Thema Armut<br />

und sozialer Ausgrenzung annähern?<br />

Durch Interesse, Offenheit, Zuneigung, das Lesen<br />

von Büchern oder guter Presse. Indem wir wissen<br />

wollen, statt halb zu wissen. Indem wir nachfragen, statt zu<br />

urteilen. Man nähert sich dem Thema Ausgrenzung, indem man<br />

nicht ausgrenzt.<br />

Sie sprechen unter anderem auch über die Ungleichverteilung von<br />

Macht und Kapital. Wo sehen Sie hier am meisten Veränderungspotenzial?<br />

Bei jenen, die Macht und Kapital für sich beanspruchen und<br />

die die Macht und das Kapital besitzen, diesen Anspruch auch<br />

durchzusetzen. Es kann nicht richtig sein, dass 42 Menschen so<br />

viel Kapital besitzen wie 3,5 Milliarden andere Menschen oder<br />

dass Wirtschaft immer weiter wachsen muss. Es kann nicht<br />

richtig sein, dass Macht zu diktatorischen Regimen führt, die<br />

schließlich keine Veränderung mehr zulassen, die nicht ihrem<br />

machthaberischen Interesse dient, und die die eigene Bevölkerung<br />

gefährden, bedrohen und unterdrücken.<br />

Was können wir alle gegen Ungleichheit und Armut tun?<br />

Ich glaube, dass jeder und jede einen Unterschied machen kann.<br />

Die größten Gegner sind wohl Bequemlichkeit und Ignoranz.<br />

Unsere heutigen Gesellschaften sind so gestrickt, dass sie uns alles<br />

abnehmen, und irgendwann bleibt das selbstständige Denken<br />

dabei auf der Strecke. Die Ausrede „ich kann eh nichts ändern“<br />

gilt nicht mehr – ab heute. Sich seine eigene Werthaltigkeit<br />

und Verantwortung bewusst zu machen und ins Handeln zu<br />

kommen, das wäre doch schön. Das kann man trainieren, wie<br />

einen Muskel.<br />

Mitmachen:<br />

Jetzt die ganze Folge mit Katja Riemann hören unter 17ziele.de<br />

In „17Ziele – Der Podcast“ spricht der Fernsehmoderator<br />

Felix Seibert-Daiker mit prominenten Macherinnen und Machern zu<br />

Themen wie Klimaschutz, faire Arbeitswelten oder Umwelt.<br />

WIE MENSCHEN DIE WELT BEWEGEN<br />

05


Naturschutz & Biodiversität<br />

Europa<br />

wieder wild<br />

machen!<br />

06 <strong>seventeen</strong> <strong>goals</strong>


Die Initiative Rewilding Europe will wieder mehr<br />

Wildnis wagen: mehr Bären, Bisons, Biber,<br />

Feuchtgebiete. Für ein ökologisches Gleichgewicht,<br />

wie es einst selbstverständlich war.<br />

Weil die Natur es braucht – und auch der Mensch<br />

Text JAN BERNDORFF<br />

Foto: © Sandra Bartocha / Wild Wonders of Europe<br />

WIE MENSCHEN DIE WELT BEWEGEN<br />

07


Naturschutz & Biodiversität<br />

Laut schnaubend und mit gesenkten<br />

Hörnern steht keine 100 Meter entfernt ein riesiges Rind mitten<br />

im Wald. Neben ihm sind noch weitere Artgenossen zu entdecken,<br />

deren zotteliges braunes Fell zwischen den Baumstämmen hervorschaut.<br />

Wer genauer hinsieht, erkennt: Das sind keine normalen<br />

Kühe, sondern Bisons. Kein Zaun, keine Tränke weit und breit,<br />

die mächtigen Pflanzenfresser laufen hier völlig frei herum. So,<br />

wie man es aus dem Yellowstone-Nationalpark kennt.<br />

Wir befinden uns aber nicht in den USA, sondern ein paar<br />

Kilometer östlich der polnischen Stadt Stettin nahe der deutschen<br />

Grenze. Hier grast eine Herde Wisente – die europäische Variante<br />

des Bisons. Sie gedeiht prächtig und breitet sich aus. „Es ist nur<br />

eine Frage der Zeit, bis einige von ihnen über die Oder nach<br />

Deutschland schwimmen, um sich dort niederzulassen“, sagt<br />

Ulrich Stöcker, Naturschutzexperte der Deutschen Umwelthilfe.<br />

Wilde Wisente auf deutschem Gebiet – das hat es zuletzt<br />

irgendwann im 15. Jahrhundert gegeben, als Jäger die Letzten<br />

ihrer Art erschossen. Die kleinen Gruppen, die schon jetzt wieder<br />

durch unsere Wälder streifen, sind halbwilde, im Rahmen von<br />

Wiederansiedlungen gezielt dort ausgesetzte Tiere. An der Oder<br />

könnten sie erstmals von selbst wieder einwandern. Die besonderen<br />

Umstände im Deltagebiet machen es möglich.<br />

Das Oder-Delta ist eine von acht sogenannten Rewilding-Regionen<br />

in Europa. Die Initiative Rewilding Europe wurde vor<br />

zehn Jahren von Vertreterinnen und Vertretern mehrerer Naturschutzorganisationen<br />

in den Niederlanden gegründet, mit dem<br />

Ziel, wieder mehr Wildnis in Europa zu schaffen. „Wenn wir bis<br />

2030 und darüber hinaus schauen“, sagt Geschäftsführer Frans<br />

Schepers, „dann liegt der einzige Weg für eine gesunde und<br />

nachhaltige Zukunft in Europa und auf dem gesamten Planeten<br />

darin, große Gebiete durch Rewilding wieder in einen natürlichen<br />

Zustand zurückzuführen.“ Dort, so der Fachmann, müsse sich<br />

der Mensch zurücknehmen und die Natur wieder sich selbst<br />

überlassen.<br />

Der englische Begriff „Rewilding“ meint dabei nicht nur die<br />

Renaturierung. Es geht auch darum, ein neues Bewusstsein für<br />

Wildnis und neue wirtschaftliche Perspektiven im Einklang mit<br />

ihr zu schaffen. Die moderne Gesellschaft soll sich wieder mit<br />

der Natur versöhnen. Die Forschung gibt der Initiative recht:<br />

Eine Studie von Experten um Néstor Fernández vom Deutschen<br />

Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung in Leipzig hat<br />

vergangenes Jahr gezeigt, dass wir bis 2030 mindestens 20 Prozent<br />

der degradierten Flächen in Deutschland – dazu gehören<br />

aufgegebene Ackerflächen und Industriebrachen – renaturieren<br />

müssen, um unsere Ziele in Sachen Klimaschutz und Erhalt der<br />

Artenvielfalt zu erreichen. „Intakte Ökosysteme wirken effektiv gegen<br />

Artenschwund und Klimakrise“, sagt Fernández. „Sie bieten<br />

Renaturierungsarbeiten<br />

im Oder-Delta<br />

Moore und Feuchtgebiete<br />

wirken als Kohlenstoffsenken<br />

gegen den Klimawandel<br />

Wiedervernässte Landschaften<br />

binden das über<br />

Jahrtausende in den Böden<br />

gelagerte Kohlendioxid<br />

Fotos: Team: © Marcin Budniak/Rewilding Oder Delta Moorlandschaft: © Staffan Widstrand/Rewilding Europe<br />

08 <strong>seventeen</strong> <strong>goals</strong>


© Solvin Zankl/Rewilding Europe © StaffanWidstrand-Rewilding Europe @ StaffanWidstrand-Rewilding Europe<br />

Wisente bzw. Bisons<br />

waren in Europa nahezu<br />

ausgerottet<br />

Biber sind im Oder-Delta<br />

wieder heimisch<br />

Der Seeadler hat<br />

eine Flügelspannweite von<br />

bis zu 2,50 Meter<br />

© Solvin Zankl/Rewilding Europe<br />

@ StaffanWidstrand-Rewilding Europe<br />

© BrunoD‘Amicis/Rewilding Europe<br />

Die Pelikan-Populationen wachsen<br />

wieder – wie hier im Donau-Delta<br />

In Italiens wildem<br />

Herzen, den Apenninen,<br />

leben Braunbären<br />

Eine von neun<br />

Rewilding-Europe-Regionen:<br />

das Oder-Delta


Naturschutz & Biodiversität<br />

neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen, produzieren saubere<br />

Luft, sauberes Wasser, fruchtbare Böden. Sie binden Kohlenstoff,<br />

schützen vor Hochwasser und anderen Klimaextremen und fördern<br />

die psychische und körperliche Gesundheit.“<br />

Das Oder-Delta zeigt, wie das funktionieren kann: In der Region<br />

konnte sich im Schatten der jahrzehntelang streng bewachten<br />

Grenze zwischen Deutschland und Polen die Natur relativ unbehelligt<br />

entfalten. Nach der Wende haben Naturschützer aus beiden<br />

Ländern erreicht, dass große Teile des grenzübergreifend 450.000<br />

Hektar großen Gebietes mit dem Stettiner Haff im Zentrum auch<br />

weiterhin der Natur vorbehalten blieben. 2012 gründeten die<br />

beteiligten Naturschutzorganisationen die Initiative „Rewilding<br />

Oder Delta”, 2015 wurde die Region von der europaweiten Initiative<br />

als achtes Rewilding-Gebiet offiziell anerkannt.<br />

Es wurden Deiche und Dämme zurückgebaut und die<br />

Rückkehr insbesondere von Schlüsselarten wie Wisent, Elch<br />

und Biber gefördert, die einst die Landschaft wesentlich gestaltet<br />

haben, aber auch von großen Beutegreifern wie dem Wolf, der<br />

für das ursprüngliche natürliche Gleichgewicht eine große Rolle<br />

spielt. Außerdem werden trockengelegte Moore wiedervernässt.<br />

In Gesprächen mit Landwirten, Schäfern und anderen Landnutzern<br />

wird eruiert, ob diese ihr Land der Natur überlassen und<br />

stattdessen durch Tourismus ihr Geld verdienen können. „Wirtschaftliche<br />

Alternativen sind ein wichtiger Pfeiler von Rewilding“,<br />

sagt Ulrich Stöcker. „Es gibt inzwischen Fischer im Delta, die mit<br />

Wildnis-Beobachtungstouren mehr Geld verdienen als mit der Fischerei.<br />

Hotels tun sich zusammen, um ihren Gästen Delta-Safaris<br />

mit Solarbooten anzubieten – zum Beispiel, um die hier lebende<br />

größte Seeadlerpopulation der EU zu beobachten.“<br />

Ähnlich läuft es in den anderen Rewilding-Gebieten, etwa<br />

im Donau-Delta in Rumänien, wo Pelikane, Störche und andere<br />

Wasservögel sich wieder vermehren. Oder in den italienischen<br />

Apenninen, wo der Marsische Braunbär. sein Comeback feiert. Oder<br />

in Schwedisch-Lappland, wo die Flüsse von ihren Staumauern und<br />

Wehren befreit werden, damit der Lachs und andere wandernde<br />

Fischarten wieder freie Bahn haben.<br />

Über rund 23.000 Quadratkilometer – das ist etwa die Fläche<br />

Mecklenburg-Vorpommerns – erstrecken sich die Rewilding-Gebiete<br />

schon heute. Der Plan ist, dass weitere Flächen hinzukommen und<br />

sie zudem durch Wildniskorridore verbunden werden, sodass die<br />

Tierpopulationen sich genetisch austauschen können. Die Initiative<br />

passt perfekt in die für die 2020er-Jahre ausgerufene UN-Dekade<br />

zur Wiederherstellung von Ökosystemen. Und sie kommt einer tief<br />

in den meisten Menschen wohnenden Sehnsucht nach, die der 2020<br />

verstorbene Schweizer Philosoph Markus Huppenbauer<br />

formulierte: „In einer durchtechnisierten, modernen<br />

Welt suchen wir in der Natur Wildheit, Ursprünglichkeit<br />

und Spontanität.“<br />

Mitmachen:<br />

Mehr über ein wilderes Europa erfahren:<br />

www.rewildingeurope.com | www.rewilding-oder-delta.com<br />

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Verschaffen Sie Ihrem Wunsch<br />

nach einer gerechteren Welt eine<br />

Stimme. Errichten Sie jetzt Ihre<br />

eigene Treuhandstiftung.<br />

Caritas-Stiftung Deutschland<br />

menschlichkeit-stiften@caritas.de<br />

Telefon 0221/94 100-20<br />

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Bildnachweis: Getty Images/<br />

iStockphoto/Halfpoint<br />

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unter www.menschlichkeit-stiften.de/datenschutz<br />

DEUTSCHLAND<br />

17G


Nachhaltige Geldanlage<br />

Haben eine App für nachhaltiges<br />

Sparen entwickelt: die Brüder<br />

Fabian (Mitte) und Jakob Scholz<br />

(links) sowie Kelvin Craig<br />

Nachhaltige<br />

Börsengewinne<br />

für alle Text JAN BERNDORFF<br />

Das Start-up rubarb will mit einer kinderleicht zu<br />

bedienenden Finanz-App die Geldanlage „demokratisieren“<br />

und nachhaltiger machen. Die Gründer zeigen: Auch mit<br />

Kleinstbeträgen kann man etwas bewirken<br />

Die meisten Zuschauer, die Börsennachrichten sehen,<br />

denken wahrscheinlich: interessant, betrifft mich<br />

aber nicht. Nur gut 15 Prozent der Deutschen lassen<br />

ihr Geld am Finanzmarkt für sich arbeiten. Vielen ist die Börse zu<br />

undurchsichtig, zu unsicher. Dabei gilt sie in Zeiten von Negativzinsen<br />

und steigender Inflation als eine der letzten Möglichkeiten,<br />

durch Geldanlage noch Vermögen aufzubauen. Die Zurückhaltung<br />

der Deutschen liegt aber nicht nur an ihrer traditionellen<br />

Skepsis. „Die Angebote zur Geldanlage richten sich bislang auch<br />

viel zu stark an eine Zielgruppe“, sagt Finanzunternehmer Fabian<br />

Scholz: „Akademiker und reiche alte weiße Männer.“<br />

Die Brüder Fabian (30) und Jakob Scholz (27) wollen das ändern.<br />

Gemeinsam mit dem IT-Experten Kelvin Craig (45) haben<br />

sie das Start-up „rubarb“ gegründet und eine App entwickelt, die<br />

es allen ermöglichen soll, mehr Geld strukturiert zu sparen und<br />

es nicht nur gewinnbringend, sondern auch nachhaltig anzulegen<br />

– und seien es nur ein paar Euro im Monat.<br />

Die App macht es den Usern denkbar einfach. Ihre Optionen:<br />

Einmalzahlungen sowie Sparpläne wie bei normalen Sparkonten<br />

und/oder Aufrundungen von jedem Kaufbetrag, den sie online<br />

leisten. Einmal die Woche investiert die App die gesammelten<br />

Kleinbeträge automatisch. Auch da gibt es drei Möglichkeiten:<br />

das Geld auf Nummer sicher in festverzinsliche Anleihen stecken,<br />

auf Risiko in Aktien mit Aussicht auf höhere Gewinne oder ein<br />

50-zu-50-Mix aus beidem.<br />

Dabei setzt man nicht auf irgendwelche Werte: Rubarb sieht<br />

nur sogenannte ETF-Fonds vor, die auch Verbraucherschützer<br />

empfehlen, weil sie die geringsten Nebenkosten verursachen. Und<br />

auch da kommen nur solche in Betracht, die klaren Nachhaltigkeitskriterien<br />

genügen: Industrien wie Rüstung, Öl und Kohle<br />

sind ausgeschlossen und bei den restlichen Branchen fließt das<br />

Geld nur in Unternehmen, die bei Nachhaltigkeitsrankings zu<br />

den Besten zählen. Darüber hinaus will rubarb im Dezember<br />

einen eigenen Fonds starten. Er orientiert sich an den 17 Nachhaltigkeitszielen<br />

der Vereinten Nationen: „Unternehmen, in<br />

die unser Fonds investiert, dürfen auf keines dieser Ziele einen<br />

negativen Impact haben und müssen zumindest eines von ihnen<br />

fördern“, sagt Fabian Scholz.<br />

Und wenn rubarb scheitert – ist mein Geld dann verloren? „Keineswegs“,<br />

beruhigen die Gründer. „Das Depot liegt bei unserem<br />

Partner DAB, der deutschen Tochter von BNP Paribas, einer<br />

der größten Banken der Welt. Dort ist es sicher, auch wenn wir<br />

pleitegehen.“ Die Nutzung der App ist einfach und kostenfrei.<br />

Hat man die Anlagestrategie einmal eingerichtet,<br />

funktioniert alles automatisch. Darüber hinaus<br />

können die User Sparziele festlegen und Tipps<br />

erhalten, wie sie zu erreichen sind. An die<br />

20.000 User nutzen rubarb bereits.<br />

Mitmachen:<br />

Jetzt nachhaltig lossparen mit www.rubarb.app und mehr<br />

über die Vorteile nachhaltiger Geldanlage erfahren, zum Beispiel auf<br />

www.fairfinanceguide.de<br />

Foto: @ rubarb<br />

WIE MENSCHEN DIE WELT BEWEGEN<br />

11


kurz & gut<br />

Schräubchen<br />

drehen<br />

Selbst reparieren statt entsorgen – die Online-Community<br />

ifixit hilft dabei. Sie stellt über 60.000 Anleitungen<br />

zu rund 30.000 Produkten zur Verfügung – vom Smartphone<br />

bis zum Lkw. Selbst zu schwierigen Themen<br />

teilen Nutzerinnen und Nutzer ihr Reparaturwissen und<br />

helfen einander. Natürlich dauert Reparieren länger<br />

als neu kaufen, aber dafür macht es glücklich! Und trägt<br />

zur Müllvermeidung bei.<br />

www.ifixit.com<br />

To-go-Konsum ohne<br />

Verpackungsmüll<br />

Lieferessen und Take-away nachhaltig verpacken –<br />

das pfandfreie Mehrwegsystem VYTAL macht’s möglich.<br />

Das Kölner Start-up ist mit seiner App bereits in<br />

neun deutschen Städten vertreten. Der Anreiz: Die<br />

hübschen Mehrwegpackungen sind für die Gastronomie<br />

günstiger als die Einwegvarianten. Wer es nutzt,<br />

gibt seine Mehrwegbehälter einfach bei einem der mehr<br />

als 1.500 VYTAL-Partner bequem zurück – vom<br />

Kaffeebecher über Sushiboxen bis zur Pizzapackung.<br />

www.vytal.org<br />

Wild fürs Klima<br />

Nur zwei Kaffees bestimmen den Weltmarkt: Arabica<br />

und Robusta. Dabei gibt es rund 130 wilde Kaffeesorten, die<br />

deutlich widerstandsfähiger gegen klimatische Stressfaktoren<br />

sind. Mit<br />

Hibrido de Timor, angebaut<br />

im Hochland des südostasiatischen<br />

Inselstaates<br />

Timor-Leste, kommt<br />

jetzt eine natürlich vorkommende<br />

Kreuzung zwischen<br />

Arabica und Robusta<br />

auf den deutschen Markt.<br />

Den aromatischen Wildkaffee<br />

gibt es bei HyCoffee<br />

(als Dark oder Light Roast).<br />

www.hycoffee.de<br />

Endlich Frei-Tag!<br />

Margret Rasfeld, Bildungsreformerin und Mitgründerin<br />

von „Schule im Aufbruch“, ruft mit ihrem neuen<br />

Buch „FREI DAY. Die Welt verändern lernen! Für eine<br />

Schule im Aufbruch“ zu mehr Freiraum, Flexibilität und<br />

sinnstiftendem Lernen in unseren Schulen auf. Denn<br />

ob Klimakrise oder Digitalisierung: Mit einer Schule von<br />

gestern können wir die Herausforderungen von<br />

heute nicht mehr lösen.<br />

Es braucht ein Update<br />

und dafür hat Margret<br />

Rasfeld das Konzept eines<br />

wöchentlichen Zukunftstages<br />

entwickelt, dem<br />

Frei-Day.<br />

Margret Rasfeld, FREI DAY,<br />

Oekom Verlag<br />

12 <strong>seventeen</strong> <strong>goals</strong><br />

Fotos: © oben li: © Barn Images/unsplash oben re: @ REWE Group unten li: © Timothy Charlton unten re: © Oekom Verlag GmbH


Ein Beitrag von TOYOTA<br />

Mobilität<br />

weitergedacht<br />

Mit ehrgeizigen Zielen und zukunftsweisenden<br />

Technologien arbeitet Toyota für<br />

eine umweltfreundlichere Gesellschaft<br />

Wer die Zukunft aktiv mitgestalten will, muss früh damit<br />

anfangen. Schon vor über 20 Jahren hat Toyota<br />

damit begonnen, Hybridautos zu fertigen. Jetzt geht<br />

das Unternehmen einem neuen und ehrgeizigen Ziel entgegen:<br />

Mit Beyond Zero denkt der japanische Autobauer die Mobilität der<br />

Zukunft weit über Nullemissionen hinaus.<br />

Immer wieder hat der Konzern, der längst auf dem Weg vom<br />

Automobilhersteller zum Mobilitätsdienstleister ist, bewiesen,<br />

dass innovatives Denken in der Unternehmens-DNA steckt. Schon<br />

früh hat er an seinen Standorten weltweit angefangen, Mobilität<br />

und Fahrzeuge neu zu denken – und zu produzieren. 1997 ging<br />

mit dem Prius das erste Hybridauto in die Großserienfertigung.<br />

Weiter ging die Entwicklung mit Plug-in-Hybriden und es folgten<br />

vollelektrische Fahrzeuge. Heute forscht und entwickelt Toyota<br />

intensiv an der Wasserstofftechnologie und hat mit dem Mirai ein<br />

Brennstoffzellenfahrzeug auf den Markt gebracht.<br />

Aber mit Beyond Zero geht es dem Unternehmen nicht nur<br />

darum, Mobilität wirklich ganz neu zu denken, sondern auch<br />

gesellschaftliche Veränderungen zu schaffen und alles zu tun, um<br />

die Umwelt zu schützen. Zudem möchte Toyota jeder und jedem<br />

Einzelnen den Zugang zu elektrifizierter Mobilität ermöglichen<br />

und Menschen so in die Lage versetzen, selbst einen wichtigen<br />

Beitrag zum Umweltschutz und zu einer sauberen Zukunft zu<br />

leisten.<br />

Einen wichtigen Schritt Richtung Beyond Zero geht das<br />

Toyota mit „Woven City“ – der Planung einer Stadt der Zukunft.<br />

Das Außergewöhnliche an dieser Stadt von morgen ist die Ganzheitlichkeit,<br />

in der sie konsequent nachhaltig gedacht wurde.<br />

Entstehen wird ein vernetztes Ökosystem, das mit Wasserstoff<br />

betriebene Brennstoffzellen nutzt. Auf einem 175 Hektar großen<br />

Areal am Fuße des Mount Fuji entsteht mit „Woven City“ ein Ort<br />

zum Leben und Arbeiten, ein lebendiges Labor, wo Menschen<br />

wohnen und wo an Zukunftsthemen wie Autonomie, Robotik,<br />

persönliche Mobilität oder künstliche Intelligenz geforscht wird.<br />

Wo nachhaltig gebaute Häuser neben der Energie aus Wasserstoff<br />

auch Photovoltaikanlagen auf den Dächern haben und wo üppige<br />

Vegetation die ineinander verwobenen Straßen, Wege und Plätze<br />

säumt. Ein Ort, der dem Glück und der Gesundheit der Menschen<br />

dient – eine Utopie wird Realität.<br />

Den scheinbaren Widerspruch zwischen größtmöglicher<br />

individueller Bewegungsfreiheit für alle in Einklang bringen<br />

mit der Umwelt. Nicht nur Nullemissionen anstreben, sondern<br />

darüber hinaus maximale Freiheit für die Menschen schaffen<br />

durch neue Technologien, neue Konzepte, neues Denken – dahin<br />

geht der Wandel!<br />

Mitmachen:<br />

Mehr zu Toyotas Vision einer besseren Zukunft<br />

finden Sie unter toyota.de/beyond-zero<br />

Foto: @ Toyota<br />

WIE MENSCHEN DIE WELT BEWEGEN<br />

13<br />

WASSERSTOFFVERBRAUCH Mirai Elektromotor 134 kW (174 PS)<br />

Kurzstrecke (niedrig)/Stadtrand (mittel)/Landstraße (hoch)/Autobahn<br />

(Höchstwert/komb. 0,74/0,70/0,76/1,17/0,89kg/100km<br />

STROMVERBRAUCH KOMB. 0 kW/100km, CO2-Emissionen komb. 0g/km<br />

Werte gemäß WLTP-Prüfverfahren


Nachhaltige Wirtschaft<br />

Mitten im politischen<br />

Zentrum Berlins macht sich<br />

Dr. Katharina Reuter für<br />

nachhaltige Wirtschaft stark<br />

„Wir brauchen<br />

wahre Preise“<br />

Dr. Katharina Reuter wollte eigentlich<br />

Bäuerin werden. Heute lebt sie mit<br />

ihrer Familie, vier Hühnern und<br />

Hochbeeten in Brandenburg und ist<br />

Geschäftsführerin des Bundesverbands<br />

Nachhaltige Wirtschaft.<br />

Wir sprachen mit ihr über die große<br />

Bedeutung der Preispolitik<br />

für Klimaschutz und Nachhaltigkeit<br />

Interview KATHARINA FINKE<br />

Sie sind seit 2014 Geschäftsführerin des Bundesverbands Nachhaltige<br />

Wirtschaft e.V. (BNW) und vertreten über 480 nachhaltige<br />

Unternehmen – Tendenz steigend. Vor welchen Herausforderungen<br />

stehen Sie dabei?<br />

Der Politik zu zeigen, dass die Wirtschaft Klimaschutz will und<br />

kann. Dafür höre ich auch Unternehmen zu, bei denen Nachhaltigkeit<br />

– anders als bei unseren Mitgliedsunternehmen, die<br />

sie zum Kerngeschäft gemacht haben – keine große Rolle spielt.<br />

Denn mir ist es wichtig, mit vielen in die Diskussion zu treten,<br />

um authentisch politische Forderungen zu stellen und der nachhaltigen<br />

Wirtschaft eine Stimme zu geben.<br />

Warum braucht die nachhaltige Wirtschaft diese Stimme?<br />

Weil sie kaum vorkommt, weil sie total untergeht und weil es so<br />

ungerecht ist, dass die Vielfalt in der Wirtschaft nicht abgebildet<br />

wird. Ich möchte der Politik zeigen, dass Nachhaltigkeit eine<br />

Chance für sie ist. Wir brauchen Klimaschutz, weil es knallharte<br />

Standortpolitik ist, auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland.<br />

Nicht nur, weil wir sonst den Ast absägen, auf dem unsere<br />

Wirtschaft sitzt – Böden, Wälder, Gewässer. Sondern auch, weil<br />

Foto: © BNW e.V.<br />

14 <strong>seventeen</strong> <strong>goals</strong>


große Volkswirtschaften wie China oder die USA den Ausbau<br />

von Klimaschutztechnologien längst als wirtschaftliche Chance<br />

begriffen haben. Ich möchte mit Fakten überzeugen: Nachhaltige<br />

Wirtschaft steht für immer mehr Arbeitsplätze, vor allem für die<br />

mit Zukunft.<br />

Warum wirtschaften dann nicht alle nachhaltig?<br />

Das Problem ist, dass der Markt sich nicht selbst regulieren<br />

kann, weil eine falsche Preispolitik herrscht. Klimaschädliches<br />

Verhalten wird subventioniert. So gibt es zum Beispiel eine<br />

Mineralölsteuer, aber Kerosin oder Plastik aus Erdöl werden<br />

gar nicht besteuert. Zudem zahlen wir als Konsumentinnen<br />

und Konsumenten bei konventionellen Produkten nicht den<br />

wahren Preis. Beispiel: Fast-Fashion-Shirt. Hier sind die Kosten<br />

für die Menschenrechte und Nachhaltigkeit nicht eingerechnet.<br />

Unternehmen, die darauf in der Lieferkette achten, müssen ihre<br />

Produkte teurer anbieten und haben dadurch einen Nachteil am<br />

Markt. Das ist unfair und falsch.<br />

Was müsste sich ändern, damit sich diese Situation verbessert?<br />

Wir müssten es komplett umdrehen. Damit zukünftig alles, was<br />

gut fürs Klima ist, auch preiswerter ist. Das gelingt, wenn es höhere<br />

Abgaben gibt für alles, was dem Klima schadet, zum Beispiel bei der<br />

Mehrwertsteuer, und im Gegenzug Klimafreundlichkeit gefördert<br />

wird. Ich wünsche mir, dass die Politik dafür sorgt, dass nicht nachhaltiges<br />

Handeln künftig unrentabel für Unternehmen ist, und dass<br />

sie Rahmenbedingungen schafft, klimafreundlicher zu agieren.<br />

„Ich möchte der Politik<br />

zeigen, dass die<br />

Wirtschaft Klimaschutz<br />

will und kann.“<br />

Ist die Politik bereit für so eine Umstellung?<br />

Naja. Immer mehr juristische Entscheidungen, wie zum Beispiel<br />

der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz,<br />

zwingen die Politik dazu, etwas zu ändern. Aber sie muss auch<br />

endlich verstehen, dass Klimaschutz oberste Priorität hat. Die<br />

Wirtschaft ist an vielen Stellen schon weiter und hat den Mut zu<br />

den Schritten, die auch wehtun werden. Soziale Härtefälle können<br />

abgefedert werden und sollten nicht der Grund sein, tatenlos zu<br />

bleiben. Im Gegenteil: Wir können es gemeinsam<br />

schaffen und nachhaltiges Wirtschaften rechnet<br />

sich, wenn wir wahre Preise einführen!<br />

Mitmachen:<br />

Die Mitglieder des BNW praktizieren schon heute Wirtschaft von morgen:<br />

www.bnw-bundesverband.de<br />

Ein Beitrag von Renovabis<br />

GEMEINSAME<br />

AUFGABE<br />

Die Schöpfung schützen – dafür macht<br />

sich das Hilfswerk Renovabis stark<br />

Es gibt wohl nur wenige Menschen, die unberührt bleiben beim<br />

Anblick der Natur. In ihr finden wir Nahrung und Erholung,<br />

fühlen Frieden, Freude und Hoffnung.<br />

Den Reichtum der Schöpfung zu bewahren, ist sogleich aber<br />

auch die größte ökologische Herausforderung unserer Zeit. Renovabis,<br />

jüngstes der sechs weltkirchlichen katholischen Hilfswerke<br />

in Deutschland und gegründet als Solidaritätsaktion für die Menschen<br />

im Osten Europas, rückt im laufenden Jahr diese Aufgabe<br />

besonders in den Blick. Was kann jede und jeder zum Erhalt der<br />

Schöpfung beitragen? Wie kann die Natur so geschützt werden,<br />

dass auch die nachfolgenden Generationen ihre Schönheit noch<br />

bewundern können und gleichzeitig Menschen in schwierigen<br />

sozialen Verhältnissen, etwa im Osten Europas, ihr Auskommen<br />

haben?<br />

„Alles hängt immer mit allem zusammen“, betont Papst<br />

Franziskus. Darum gilt: Nur gemeinsam werden wir unseren<br />

Planeten schützen und seine Ressourcen schonen können.<br />

Mitmachen:<br />

Ost und West in gemeinsamer Verantwortung für die<br />

Schöpfung: Begegnen Sie der Natur mit Respekt und unterstützen<br />

Sie damit auch die Menschen im Osten Europas.<br />

IBAN: DE24 7509 0300 0002 2117 77, LIGA Bank eG, Stichwort: Schöpfung<br />

www.renovabis.de<br />

Foto: © Renovabis<br />

WIE MENSCHEN DIE WELT BEWEGEN<br />

15


Nachhaltige Geldanlage<br />

Grünes Geld<br />

bewegt die Welt<br />

Ein Konto bei einer Nachhaltigkeitsbank?<br />

Eine Geldanlage, die strenge Ausschlusskriterien<br />

formuliert? Die transparent aufzeigt, wohin<br />

das Geld fließt? Für viele Sparerinnen und Sparer<br />

Nachhaltige<br />

Geldanlage 2020<br />

(Privateinlagen + institutionelle Anleger)<br />

ist das längst selbstverständlich. Ob ethische<br />

Geldanlage, grünes Geld oder Fair Finance –<br />

gemeint ist immer dasselbe: die Kraft des Geldes<br />

zu nutzen, um den Wandel voranzutreiben.<br />

Ein wachsender Trend, wie die Zahlen zeigen<br />

Wertentwicklung.<br />

Nachhaltige ETFs überholen<br />

konventionelle ETFs<br />

(Zeitraum: 7 Jahre)<br />

<br />

<br />

<br />

Ziel 7:<br />

Bezahlbare und saubere<br />

Energie<br />

ca.309<br />

Mio.€<br />

Quelle: Bundesinitiative Impact Investing<br />

236 %<br />

Zuwachs der<br />

Privatinvestitionen<br />

in nachhaltige<br />

Fonds 2018–2020<br />

Quelle: MSSCI Inc. 2021<br />

Quelle: FNG Marktbericht 2021<br />

<br />

In Deutschland gibt es<br />

14<br />

Banken<br />

mit Nachhaltigkeits-<br />

Standards<br />

(Aber nicht alle erfüllen<br />

dieselben Kriterien.)<br />

<br />

<br />

Ziel 3:<br />

Gesundheit und<br />

Wohlergehen<br />

ca.520<br />

Mio.€<br />

Anzahl der Fonds<br />

mit Nachhaltigkeitsbezug<br />

in Deutschland<br />

<br />

Quelle: CopeExplorer Quelle: Bundesinitiative Impact Investing<br />

Quelle: FNG Marktbericht 2021<br />

16 <strong>seventeen</strong> <strong>goals</strong>


Ein Beitrag von The Generation Forest<br />

Klimaschutz<br />

für Generationen<br />

Gemeinsam Artenvielfalt stärken und dem Klimawandel die Stirn bieten –<br />

die Genossenschaft The Generation Forest schafft Wälder<br />

mit Bäumen jeden Alters – und für viele Generationen von Menschen<br />

Foto: © The Generation Forest e.G./Emir Lebedev<br />

Heute würde das berühmte Kinderbuch von Janosch<br />

vermutlich „Oh wie schön war Panama“ heißen.<br />

Denn in den letzten Jahrzehnten hat das lateinamerikanische<br />

Land 70 Prozent seiner Wälder verloren. Abgeholzt für<br />

die Viehzucht, für Monokulturen, mit degradierten Böden in der<br />

Folge.<br />

Teile der verbleibenden Waldgebiete werden von den indigenen<br />

Gemeinschaften der Guna bewacht, bewahrt, verteidigt. Kein<br />

weiterer Baum soll den Kettensägen zum Opfer fallen. Das gefällt<br />

nicht allen, und so kommt es an den Grenzen zwischen Wald und<br />

Weideland immer wieder zu Konflikten.<br />

Mit der Idee einer „Green Wall“ hat die Genossenschaft The<br />

Generation Forest damit begonnen, einen Teil ihrer Aufforstung<br />

mit Generationenwäldern als schützenden Puffer möglichst nah<br />

am Land der indigenen Gemeinden zu realisieren.<br />

Genossenschaftsgründerin Iliana Armièn aus Panama hat dort<br />

in ihrer Kindheit viele Brandrodungen erlebt, es war ein Trauma.<br />

Was dagegen tun? Sie gründete mit Partner Andreas Eke vor 25<br />

Jahren einen Forstbetrieb in Panama, der sich der nachhaltigen<br />

Forstwirtschaft mit heimischen Tropenhölzern verpflichtet hat.<br />

Aus dem Wunsch, die Idee des Generationenwaldes einer breiten<br />

Zahl von Menschen zugänglich zu machen, entstand 2016<br />

die Genossenschaft The Generation Forest eG.. Heute zählt sie<br />

3.832 Mitglieder aus 26 Ländern und ist stolz, auch auf sozialer<br />

Ebene positiv zu wirken: Die indigenen Gemeinden sind aktiv<br />

am Gedeihen der Wälder beteiligt, es entstehen Arbeits- und Ausbildungsplätze<br />

für Frauen und Männer unter fairen Bedingungen.<br />

Anders als schnell hochgezüchtete Monokulturplantagen, die<br />

möglichst bald gerodet werden und degradierte Böden zurücklassen,<br />

geht es um Artenvielfalt und Nachhaltigkeit. Dass das<br />

nicht von heute auf morgen geht, steckt schon im Namen: Es<br />

sind Generationen von Bäumen für Generationen von Menschen.<br />

Von den Großeltern für die Enkel, von den Eltern für die Kinder,<br />

oder einfach für sich selbst und das Wissen, zu Klimaschutz und<br />

biologischer Vielfalt beizutragen.<br />

Sind Bäume kräftig gewachsen, werden sie behutsam entnommen,<br />

an ihre Stelle werden junge Bäume nachgepflanzt. Bereits<br />

mit einem einzigen Genossenschaftsanteil (1.369 Euro) können<br />

500 Quadratmeter Land gekauft, aufgeforstet und dauerhaft<br />

geschützt werden. Sieben solcher Aufforstungsprojekte gibt es<br />

bereits. Möglich wird dies durch Impact Investing: Gemeinsam<br />

investieren die Menschen in eine natürliche Klimalösung und<br />

zeigen, dass Ökonomie und Ökologie einen starken<br />

Hebel zur Lösung globaler ökologischer und sozialer<br />

Probleme bilden können. Ein innovativer Klimaschutz,<br />

der Wälder nicht nur schafft und bewahrt,<br />

sondern langfristig vor Abholzung schützt.<br />

Mitmachen:<br />

Jeder Genossenschaftsanteil erwirtschaftet<br />

eine langfristige, grüne Rendite:<br />

www.thegenerationforest.com/17<strong>goals</strong><br />

WIE MENSCHEN DIE WELT BEWEGEN<br />

17


Migration und Integration<br />

Mittlerin<br />

zwischen<br />

Welten<br />

und<br />

Werten<br />

Text IRIS RODRIGUEZ<br />

Geflüchtete, Model, Unternehmerin,<br />

Sozialaktivistin – Zohre Esmaeli lässt sich<br />

nicht in eine Schublade stecken.<br />

So wenig wie ihr Projekt Culture Coaches<br />

Wie alle Kinder hatte auch Zohre einen Traum: Sie wollte Astronautin<br />

werden. Wenigstens in ihren Träumen der Welt<br />

entfliehen, in der sie nicht frei und nicht glücklich war.<br />

Ins Weltall ist sie nicht gekommen, stattdessen einen Weg gegangen,<br />

der hart und oft tränenreich war. 1999 floh sie als 13-Jährige mit ihrer<br />

Familie aus Afghanistan, lebte in zahlreichen Flüchtlingsheimen, erlebte<br />

Diskriminierung und Mobbing. Mit 17 Jahren wurde sie als Model<br />

entdeckt, es folgte eine internationale Karriere.<br />

Und so märchenhaft das auch klingen mag, Zohres Realität sah<br />

immer etwas anders aus als die der anderen Models. Sozialisiert in<br />

einer islamischen und „körperlosen Welt“, wie sie es nennt, war das<br />

Arbeiten vor der Kamera und auf Laufstegen für sie anfangs stark<br />

verbunden mit dem Gedanken, dass es Sünde sei, was sie tat. Aber<br />

da war auch eine andere Stimme in ihr, die der Rebellin, die ihren<br />

eigenen Weg gehen wollte.<br />

2.<br />

1.<br />

3.<br />

Zohre gibt immer einhundert Prozent: Ob in ihrer<br />

Arbeit mit den Culture Coaches (1), bei Dreharbeiten<br />

für einen Dokumentarfilm (2), als international<br />

gefragtes Model (3) oder in ihrer Rolle als<br />

Botschafterin für das Deutsche Rote Kreuz (4)<br />

4.<br />

Fotos: (1) © Dinah Rothenberg (2) © Peter Ruppe<br />

(3) © Nina Bergman (4) © Oana Bara / DRK<br />

18 <strong>seventeen</strong> <strong>goals</strong>


„Ich hatte früh viel Verantwortung für meine Eltern übernommen.<br />

Sie fühlten sich in Deutschland hilflos, weil sie das Gefühl<br />

hatten, ihre Elternrolle nicht weiterführen zu können. Sie wollten<br />

doch ihre Kinder schützen, aber wie, wenn sie die Gesellschaft<br />

Sozialisiert in<br />

einer islamischen und<br />

„körperlosen Welt“<br />

nicht kennen?“, erzählt sie. Dies sind Erfahrungen, die heute in<br />

Esmaelis Projekt Culture Coaches einfließen, welches sie mit der<br />

Zohre Esmaeli Foundation ins Leben gerufen hat. Sie weiß: Bei<br />

Integration geht es um mehr als die Sprache sprechen zu können.<br />

„Man muss wissen, wie die Menschen ticken, nicht nur in der<br />

ersten Schicht, sondern auch drei Schichten tiefer.“ Darum setzt<br />

das Projekt auf gegenseitiges Verständnis. Die speziell ausgebildeten<br />

Culture Coaches vermitteln Wissen sowohl an Geflüchtete als<br />

auch an Mitarbeitende in öffentlichen Behörden, bei der Polizei,<br />

in der Justiz – denn gerade dort, wo über Asylverfahren und damit<br />

über Leben entschieden wird, kann Hintergrundwissen und<br />

Vorurteile abbauen und somit Entscheidungsmuster ändern.<br />

Was Integration bedeutet, weiß die Wahlberlinerin Zohre Esmaeli<br />

aus eigener Erfahrung: Sie hat es geschafft, sich zu integrieren,<br />

aber für ihre Freiheit hat sie immer gekämpft und einen<br />

hohen Preis gezahlt. Der Blick zurück nach Afghanistan war immer<br />

da. Als im August 2021 die Lage dort eskalierte, war sie in Deutschland<br />

als Expertin besonders gefragt, aber gleichzeitig durchlebte<br />

sie Trauer und Wut. „Es gibt immer noch Millionen Frauen, die<br />

nicht so leben können wie wir,“ sagt sie. Die Machtübernahme<br />

durch die Taliban versetze vor allem Frauen in eine sehr schwierige<br />

Lage. Um ihnen und ihren Kindern zu helfen, plant Zohre Esmaeli<br />

ein neues Projekt: Die Sky Digital School. Sie möchte afghanische<br />

Kinder und Frauen in Flüchtlingslagern mit Tablets ausstatten, auf<br />

denen unterschiedliche Lern-Apps installiert sind, um sie so auf<br />

ihre Zukunft in Europa vorzubereiten. Dafür sammelt<br />

sie Spenden und ist auf der Suche nach einem Computerhersteller,<br />

der gerade über den Tellerrand schaut,<br />

wo er sich sozial engagieren kann.<br />

Mitmachen:<br />

Die Zohre Esmaeli Foundation sammelt für<br />

Afghanistan. Jede Spende, so klein sie auch sein mag, hilft dabei,<br />

insbesondere Frauen und Kinder in Not zu unterstützen.<br />

www.zohre.de/spenden | www.culturecoaches.de<br />

Ein Beitrag der Deutschen Postcode Lotterie<br />

GREEN CHALLENGE –<br />

ACCEPTED!<br />

In einer Zeit großer ökologischer<br />

Herausforderungen stärkt ein Wettbewerb für<br />

grüne Start-ups kluge Lösungen<br />

Smarte Ideen können dazu beitragen, dass ganze Kraftwerke für<br />

immer abgeschaltet werden. So wie die Lösung des deutschen<br />

Finalisten der Postcode Lotteries Green Challenge 2021, Oliver<br />

Baum. Seine Entwicklung spart bis zu 40 Prozent Energie und so<br />

auch CO 2 . Die Erfindung: Der „Warmduscher”. Das Prinzip: mit<br />

der Wärme aus dem abfließenden Duschwasser unmittelbar das<br />

Kaltwasser erhitzen. Das Schöne: Die Technik lässt sich in wenigen<br />

Minuten installieren.<br />

Oliver Baum und sein Team gehören zu den fünf Finalisten-Unternehmen<br />

bei der Postcode Lotteries Green Challenge<br />

2021, einem der weltweit größten jährlichen Nachhaltigkeitswettbewerbe<br />

für grüne Unternehmensideen. Zusammen mit Mimbly<br />

aus Schweden, dem niederländischen Start-up Liion Power,<br />

ChargeBnB aus Norwegen und The Tyre Collective aus Großbritannien<br />

hat sich der Warmduscher gegen über 570 nachhaltige<br />

Start-ups durchgesetzt.<br />

Jedes Jahr im Oktober wird der Preis überreicht: Erstplatzierte<br />

erhalten für ihre Businessidee 500.000 Euro, die Zweitplatzierten<br />

200.000 Euro, alle anderen je 100.000 Euro. Alle fünf Finalistinnen<br />

und Finalisten dürfen sich zudem über ein sechsmonatiges<br />

Experten-Coaching freuen. Für Ideen, die jetzt etwas<br />

bewirken, denn die Welt kann nicht warten.<br />

Foto: © Der Warmduscher<br />

Mitmachen:<br />

Jetzt die Green Challenge 2022<br />

vormerken: Bewerbungsstart März 2022.<br />

www.greenchallenge.info<br />

WIE MENSCHEN DIE WELT BEWEGEN<br />

19


Kunst & Kultur<br />

Naturschutz in<br />

Handarbeit<br />

Text IRIS RODRIGUEZ<br />

Durch Häkeln können die<br />

faszinierenden, hyperbolischen<br />

Formen der Korallen bestmöglich<br />

nachempfunden werden<br />

Ganz ohne Schnorchel in bunte Welten abtauchen:<br />

Ein gehäkeltes Korallenriff lässt die Schönheiten der<br />

Weltmeere in all ihrer Pracht aufleben –<br />

und spiegelt die Sehnsucht der Menschen wider,<br />

die Welt ein wenig zu heilen<br />

A<br />

cht bis zwölf Luftmaschen – der Anfang ist getan.<br />

Unzählige Häkelstunden später ist aus Tausenden<br />

Maschen eine bizarre, bunte Koralle entstanden. Eine<br />

von rund zweitausend Handarbeitsstücken, die sich zu einem<br />

spektakulären Kunstwerk zusammenfügen werden: dem Baden-<br />

Baden Satellite Reef im Museum Frieder Burda.<br />

Ab Ende Januar 2022 werden sich die Ausstellungsräume<br />

des Museums in eine große, farbenprächtige Unterwasserwelt<br />

verwandeln, die viele Hundert Menschen in unzähligen Häkelstunden<br />

erschaffen haben. Eine große Community hat Masche an<br />

Masche gefügt, in allen Formen und Farben die Kreativität ausgelebt<br />

und ein Riff entstehen lassen, das so vielfältig ist wie sein<br />

Ebenbild in der Natur. Was die Häkelkünstlerinnen und -künstler<br />

eint, ist die Begeisterung für diese Idee, die so einfach wie schön<br />

ist: die Natur nachzuahmen und damit auf ihre Zerstörung und<br />

Bedrohung aufmerksam zu machen.<br />

Doch was treibt so viele Menschen an, sich an diesem Kunstprojekt<br />

zu beteiligen? Es scheint, als sehnten sie sich danach, die<br />

Welt wieder zu „reparieren“, um sie so erleben zu können, wie sie<br />

sie noch in Erinnerung haben. Dabei kreativ werden zu können<br />

und obendrein auch noch aktiv etwas Gutes für die Weltmeere<br />

zu tun, ist für viele Anreiz genug. Ästhetisch, kraftvoll, nicht<br />

zu übersehen sind ihre Werke. Pink, neon oder grellgrün – die<br />

Leuchtkraft der Farben macht gute Laune.<br />

Der Zustand der Korallen in den Weltmeeren hingegen<br />

ist alles andere als bunt: Rund 60 Prozent der einst so farbenprächtigen<br />

Kreaturen, die weltweit schätzungsweise bis zu<br />

600.000 Quadratkilometer des Meeresbodens bedecken, sind<br />

von Korallenbleiche befallen. Stressfaktoren wie steigende<br />

Meerestemperaturen – bedingt durch die globale Erwärmung<br />

– sowie Umweltverschmutzung bedrohen die wertvollen Riffe.<br />

Hinzu kommen die Schäden durch nicht nachhaltige Fischerei,<br />

...Eine farbenprächtige<br />

Unterwasserwelt ...<br />

Foto l.: © Margaret and Christine Wertheim and the Institute For Figuring. Pod World - Hyperbolic at the 2019 Venice Biennale. Photo courtesy<br />

58th International Art Exhibition – La Biennale di Venezia, May You Live In Interesting Times, by Francesco Galli.<br />

Foto r.: Margaret and Christine Wertheim and the Institute For Figuring Coral Forest at Lehigh University Arts Galleries (PA) Photo courtesy LUAG by Stephanie Veto<br />

20 <strong>seventeen</strong> <strong>goals</strong>


Im Museum Frieder Burda<br />

gingen rund 10.000<br />

Häkelkorallen ein. Viele<br />

werden ein einzigartiges<br />

Korallenriff bilden – wie hier<br />

in den Lehigh University<br />

Arts Galleries in New York<br />

die mit ihren Boden-Schleppnetzen innerhalb weniger Minuten<br />

zerstört, was über Jahrhunderte gewachsen ist. Dabei gehören<br />

Korallengärten zu den ältesten Ökosystemen der Welt und bilden<br />

die größten von Lebewesen geschaffenen Strukturen der<br />

Erde. In ihnen wimmelt es nur so von Leben, ein Viertel aller<br />

Meerestiere und -pflanzen leben hier. So tragen Korallen auch<br />

zur Ernährung von vielen Millionen Menschen bei. Die Korallenpolypen,<br />

winzige wirbellose Tierchen, leben in Symbiose mit<br />

einzelligen Algen, die ihnen ihre prächtigen Farben verleihen.<br />

„Bei der Korallenbleiche funktioniert der Nährstoffaustausch<br />

zwischen den beiden Lebewesen nicht mehr“, so der Biologe<br />

Dr. Christian Voolstra, Professor für Genetik der Adaptation<br />

in aquatischen Systemen an der Universität Konstanz. „Beide<br />

benötigen bei erhöhten Wassertemperaturen mehr Nährstoffe<br />

für sich selbst und hören auf, diese mit ihrem Symbiose-Partner<br />

zu teilen.“ Das gestörte Miteinander führt zur Korallenbleiche.<br />

Die Erholung geschädigter Riffe dauert Jahrzehnte. Angesichts<br />

des Klimawandels scheint es eher unwahrscheinlich, dass den<br />

kostbaren Ökosystemen diese Zeit gewährt wird.<br />

Zusammen mit dem Baden-Baden Satellite Reef zeigt das Museum<br />

Frieder Burda erstmals in Deutschland auch das Gesamtwerk<br />

der Geschwister Wertheim, die bereits in New York mit dem<br />

Crochet Reef auf die dramatische Situation in den Weltmeeren<br />

aufmerksam gemacht haben. Künstlerischer Leiter und Kurator<br />

der Ausstellung ist Udo Kittelmann. Jede gehäkelte Koralle trägt<br />

zudem zum Schutz der maritimen Welten bei, denn sie wird<br />

mit einer Spende durch die EnBW Energie Baden-Württemberg<br />

AG bedacht. Der Gesamterlös wird der Umweltorganisation Sea<br />

Shepherd Deutschland e.V. zugutekommen.<br />

Mitmachen:<br />

„Wert und Wandel der Korallen“ im Museum Frieder Burda,<br />

Baden-Baden, 29. Januar bis 26. Juni 2022 www.museum-frieder-burda.de<br />

Mehr zum Thema: die faszinierende Doku „Chasing Corals“


Ein Wald – so viel mehr<br />

als ein Holzlieferant!<br />

Europas Zukunft braucht Natur<br />

Gemeinsam mit unseren Verbündeten setzen wir uns für die letzten Naturschätze Europas ein.<br />

Spenden Sie für eine lebenswerte Zukunft!<br />

Mehr Informationen auf www.euronatur.org/wald<br />

Westendstraße 3 • 78315 Radolfzell • Telefon +49 (0)7732/9272-0 • info@euronatur.org<br />

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Ja, ich möchte gerne mehr erfahren und bestelle kostenfrei die angekreuzten Publikationen:<br />

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IMPRESSUM SEVENTEEN GOALS MAGAZIN<br />

HERAUSGEBER<br />

Projekt17 GbR<br />

Andreas Kruk, Iris Rodriguez<br />

Büro Berlin: Motzstr. 63, 10777 Berlin<br />

Büro Hamburg: Luruper Chaussee 125,<br />

Haus 8 Süd, 22761 Hamburg<br />

REDAKTION<br />

Projekt17 GbR<br />

redaktion@17<strong>goals</strong>magazin.de<br />

CHEFREDAKTION<br />

Iris Rodriguez<br />

ART DIRECTION<br />

André M. Wyst, Berlin<br />

CARITAS-STIFTUNG DEUTSCHLAND<br />

M 01<br />

Not sehen und handeln –<br />

helfen Sie mit!<br />

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Testament-Ratgeber: Gestalten Sie<br />

Ihren Nachlass nach Ihren Wünschen.<br />

Postanschrift:<br />

Projekt 17<br />

Luruper Chaussee 125<br />

Haus 8 Süd<br />

22761 Hamburg<br />

MITARBEITENDE DIESER AUSGABE:<br />

Text: Jan Berndorff, Katharina Finke<br />

Titel-Illustration: Janek van Lessen<br />

Lektorat und Schlusskorrektur:<br />

Benita von Behr<br />

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Luruper Chaussee 125, Haus 8 Süd<br />

22761 Hamburg<br />

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ERSCHEINUNGSTERMIN: 28.10.2021<br />

Datum<br />

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22


INVESTIEREN<br />

SIE IN<br />

TALENTE<br />

FÜR JUNGE MENSCHEN MIT VIEL POTENZIAL<br />

Kinder und Jugendliche so zu stärken, dass sie alle ihre<br />

Fähigkeiten ausschöpfen können, ist eine direkte Investition<br />

in das Wohl aller. Denn es sind diese jungen Menschen, die<br />

ihre Gesellschaft nachhaltig gestalten und das Herz und das<br />

Wissen haben, die Welt zu verändern. Das ist Hilfe, die wirkt.<br />

Foto: Patrick Wittmann<br />

sos-kinderdoerfer.de


DER BAYERISCHE WALD<br />

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Tourismusverband Ostbayern e.V.

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