27.10.2021 Aufrufe

seventeen goals Magazin #4

Das seventeen goals Magazin erzählt in positiven und inspirierenden Geschichten, wie Menschen die Welt bewegen.

Das seventeen goals Magazin erzählt in positiven und inspirierenden Geschichten, wie Menschen die Welt bewegen.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Naturschutz & Biodiversität<br />

Laut schnaubend und mit gesenkten<br />

Hörnern steht keine 100 Meter entfernt ein riesiges Rind mitten<br />

im Wald. Neben ihm sind noch weitere Artgenossen zu entdecken,<br />

deren zotteliges braunes Fell zwischen den Baumstämmen hervorschaut.<br />

Wer genauer hinsieht, erkennt: Das sind keine normalen<br />

Kühe, sondern Bisons. Kein Zaun, keine Tränke weit und breit,<br />

die mächtigen Pflanzenfresser laufen hier völlig frei herum. So,<br />

wie man es aus dem Yellowstone-Nationalpark kennt.<br />

Wir befinden uns aber nicht in den USA, sondern ein paar<br />

Kilometer östlich der polnischen Stadt Stettin nahe der deutschen<br />

Grenze. Hier grast eine Herde Wisente – die europäische Variante<br />

des Bisons. Sie gedeiht prächtig und breitet sich aus. „Es ist nur<br />

eine Frage der Zeit, bis einige von ihnen über die Oder nach<br />

Deutschland schwimmen, um sich dort niederzulassen“, sagt<br />

Ulrich Stöcker, Naturschutzexperte der Deutschen Umwelthilfe.<br />

Wilde Wisente auf deutschem Gebiet – das hat es zuletzt<br />

irgendwann im 15. Jahrhundert gegeben, als Jäger die Letzten<br />

ihrer Art erschossen. Die kleinen Gruppen, die schon jetzt wieder<br />

durch unsere Wälder streifen, sind halbwilde, im Rahmen von<br />

Wiederansiedlungen gezielt dort ausgesetzte Tiere. An der Oder<br />

könnten sie erstmals von selbst wieder einwandern. Die besonderen<br />

Umstände im Deltagebiet machen es möglich.<br />

Das Oder-Delta ist eine von acht sogenannten Rewilding-Regionen<br />

in Europa. Die Initiative Rewilding Europe wurde vor<br />

zehn Jahren von Vertreterinnen und Vertretern mehrerer Naturschutzorganisationen<br />

in den Niederlanden gegründet, mit dem<br />

Ziel, wieder mehr Wildnis in Europa zu schaffen. „Wenn wir bis<br />

2030 und darüber hinaus schauen“, sagt Geschäftsführer Frans<br />

Schepers, „dann liegt der einzige Weg für eine gesunde und<br />

nachhaltige Zukunft in Europa und auf dem gesamten Planeten<br />

darin, große Gebiete durch Rewilding wieder in einen natürlichen<br />

Zustand zurückzuführen.“ Dort, so der Fachmann, müsse sich<br />

der Mensch zurücknehmen und die Natur wieder sich selbst<br />

überlassen.<br />

Der englische Begriff „Rewilding“ meint dabei nicht nur die<br />

Renaturierung. Es geht auch darum, ein neues Bewusstsein für<br />

Wildnis und neue wirtschaftliche Perspektiven im Einklang mit<br />

ihr zu schaffen. Die moderne Gesellschaft soll sich wieder mit<br />

der Natur versöhnen. Die Forschung gibt der Initiative recht:<br />

Eine Studie von Experten um Néstor Fernández vom Deutschen<br />

Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung in Leipzig hat<br />

vergangenes Jahr gezeigt, dass wir bis 2030 mindestens 20 Prozent<br />

der degradierten Flächen in Deutschland – dazu gehören<br />

aufgegebene Ackerflächen und Industriebrachen – renaturieren<br />

müssen, um unsere Ziele in Sachen Klimaschutz und Erhalt der<br />

Artenvielfalt zu erreichen. „Intakte Ökosysteme wirken effektiv gegen<br />

Artenschwund und Klimakrise“, sagt Fernández. „Sie bieten<br />

Renaturierungsarbeiten<br />

im Oder-Delta<br />

Moore und Feuchtgebiete<br />

wirken als Kohlenstoffsenken<br />

gegen den Klimawandel<br />

Wiedervernässte Landschaften<br />

binden das über<br />

Jahrtausende in den Böden<br />

gelagerte Kohlendioxid<br />

Fotos: Team: © Marcin Budniak/Rewilding Oder Delta Moorlandschaft: © Staffan Widstrand/Rewilding Europe<br />

08 <strong>seventeen</strong> <strong>goals</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!