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Expose: Arbeiten in der Berliner Techno-Szene - Berlin Mitte Institut

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z.b. DJs o<strong>der</strong> Musikproduzenten verwirklichen können wurde als sche<strong>in</strong>bar offensicht-<br />

lich bzw. selbstverständlich wahrgenommen. An genau diesem Punkt setzt me<strong>in</strong>e For-<br />

schungsarbeit an. Sie setzt sich zum Ziel zu klären, wie die mo<strong>der</strong>ne Vergeme<strong>in</strong>schaf-<br />

tungsform <strong>der</strong> „<strong>Szene</strong>“ am Untersuchungsgegenstand <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er <strong>Techno</strong>-<strong>Szene</strong> als<br />

Struktur für Erwerbsarbeit funktioniert. Als theoretischen Bezugsrahmen dafür bieten<br />

sich die <strong>Szene</strong>theorien von Ronald Hitzler und Gerhardt Schulze an.<br />

Für Ronald Hitzler (Hitzler 2001; Hitzler u. a. 2008; Hitzler und Pfadenhauer 2009)<br />

s<strong>in</strong>d <strong>Szene</strong>n e<strong>in</strong>e Form post-traditionaler Vergeme<strong>in</strong>schaftung. Sie stellen e<strong>in</strong>er lockere<br />

Form sozialer Vernetzung dar, welche <strong>in</strong> den „kalten“ Zeiten von Säkularisierung, Plurali-<br />

sierung, Individualisierung und Globalisierung „Wärme“ spenden. Menschen suchen e<strong>in</strong><br />

Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, das ihnen e<strong>in</strong> Höchstmaß <strong>in</strong>dividueller Freiheit bei gleichzeitigem Zusam-<br />

mense<strong>in</strong> mit Gleichges<strong>in</strong>nten verspricht. In <strong>Szene</strong>n wird man nicht h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>geboren, man<br />

sucht sie sich anhand <strong>der</strong> eigenen Interessen aus und fühlt sich e<strong>in</strong>e Zeit lang <strong>in</strong> ihnen<br />

wohl. Dabei kann man gleichzeitig Mitglied <strong>in</strong> mehren <strong>Szene</strong>n se<strong>in</strong>, wobei man nie wirk-<br />

lich weiß, wo man steht: Am Rande o<strong>der</strong> sogar im Zentrum, <strong>Szene</strong>n habe ke<strong>in</strong>e klare Ab-<br />

grenzung. <strong>Szene</strong>n haben immer e<strong>in</strong> bestimmtes Thema, wie Sport o<strong>der</strong> Musik, um die<br />

sich e<strong>in</strong> Lifestyle „mit eigenen Sprachgewohnheiten, Umgangsformen Treffpunkten bzw.<br />

Lokalitäten, Zeitbudgettierungen, Ritualen, Festen bzw. Events...“ gruppiert. (2008: 64)<br />

Mitglie<strong>der</strong> von <strong>Szene</strong>n def<strong>in</strong>ieren sich nach Hitzler über geme<strong>in</strong>same Ideen und ästheti-<br />

sche Standards. Über diese ästhetischen Standards (z.b. <strong>Techno</strong>-Musik, <strong>der</strong> Besuch von<br />

<strong>Techno</strong>-Veranstaltungen) werde Mitglie<strong>der</strong> zur Teilnahme an <strong>Szene</strong>n verführt 10 . Mitglie-<br />

<strong>der</strong> verweilen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel e<strong>in</strong> paar Jahre <strong>in</strong> <strong>Szene</strong>n und verlassen sie dann aus Langewei-<br />

le o<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung von Lebensumständen wie<strong>der</strong>. Neben kurzen bzw. mittelfristigen<br />

Mitgliedschaften gibt es auch lange Karrieren <strong>der</strong> <strong>Szene</strong>-Macher 11 , wie DJs, Produzenten,<br />

Event-Veranstalter, etc. Diese schaffen, <strong>in</strong>novieren und reproduzieren das <strong>Szene</strong>leben.<br />

Dabei komb<strong>in</strong>ieren sie e<strong>in</strong>e szenespezifische Werthaltung mit unternehmerischem Kal-<br />

kül: Selbst Spaß haben, an<strong>der</strong>en Spaß bereiten und dabei Geld verdienen bzw. zum<strong>in</strong>dest<br />

genug Geld e<strong>in</strong>nehmen, um ihre Existenz zu sichern 12 . Die Vielzahl <strong>der</strong> <strong>Szene</strong>n kann als<br />

10 Vgl. hierzu auch Gabriele Kle<strong>in</strong> (2004) über Popkulturen als ästhetische Kulturen, die über alle<br />

Gesellschaftsschichten h<strong>in</strong>weg konsumiert werden. Allerd<strong>in</strong>gs ist Kle<strong>in</strong> nur begrenzt anwendbar<br />

auf <strong>Szene</strong>n, da sie von großen Kultur<strong>in</strong>dustrien redet, während die <strong>Techno</strong>-<strong>Szene</strong> eher als e<strong>in</strong>e<br />

atomistische Ansammlung vieler kle<strong>in</strong>er selbstunternehmerischer Akteure und Konsumenten,<br />

wie DJs, Clubs und Independent-Labels verstanden werden muss. Und eben ke<strong>in</strong>e oligarchische<br />

Vernetzung großer Major-Labels ist, die e<strong>in</strong>er großen Konsumentenseiten gegenüber steht.<br />

11 Siehe auch Diaz-Bone (2002) über <strong>Szene</strong>-Macher als „Künstler-Unternehmer“.<br />

12 Mit „Netlabels“, dem kostenfreien legalen Download von Musik im Internet, entwickeln sich<br />

<strong>der</strong>zeit auch nicht erwerbsarbeitliche aber verszente Formen <strong>der</strong> Publikation von <strong>Techno</strong>-Musik,<br />

siehe Michels (2009) . Nicht ganz unproblematisch, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für Aktivisten, welche von ihrer<br />

Musik <strong>in</strong> Zukunft leben möchten. Siehe dazu e<strong>in</strong>en Artikel bei Heise Onl<strong>in</strong>e: „Wallowy verdient<br />

Geld mit Creative Commons, und und die Musiker, die mit ihm zusammenarbeiten, verdie-

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