Expose: Arbeiten in der Berliner Techno-Szene - Berlin Mitte Institut
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(Musik-)„<strong>Szene</strong>n“ als post-traditionale Form von Vergeme<strong>in</strong>schaftung stellen hier<br />
Vergeme<strong>in</strong>schaftungsangebote an e<strong>in</strong>e zunehmend <strong>in</strong>dividualisierte, säkularisierte, glo-<br />
balisierte und pluralisierte Gesellschaft dar (Hitzler, Honer, und Pfadenhauer 2008). In<br />
<strong>Szene</strong>n verb<strong>in</strong>det sich die Ermächtigung des E<strong>in</strong>zelnen aufgrund demokratisierter Pro-<br />
duktionsmittel mit se<strong>in</strong>em Bedürfnis nach <strong>in</strong>teressensgesteuerter und freiwilliger Verge-<br />
me<strong>in</strong>schaftung. E<strong>in</strong>e bloße freiwillige Teilnahme an <strong>Szene</strong>n reicht zur Erhaltung und Or-<br />
ganisation <strong>der</strong>selbigen jedoch nicht aus – es bedarf e<strong>in</strong>er „Organisationselite“ zentraler<br />
Akteure, die sich zumeist „hauptberuflich“, „nebenberuflich“ bzw. als Hobby mit ihr be-<br />
schäftigen. Je nach spezifischem Thema e<strong>in</strong>er <strong>Szene</strong> bilden sich Organisationsformen<br />
(z.B. Labels, Clubs, Promotionagenturen) und Arbeitsidentitäten (wie Musikproduzen-<br />
ten, Booker, DJs) heraus, die Akteure zur strategischen Erwerbsarbeit und damit dem<br />
Erhalt, <strong>der</strong> Organisation und Innovation <strong>der</strong> <strong>Szene</strong> zu nutzen wissen.<br />
Bisher waren speziell die erwerbswirtschaftlichen Strukturen von <strong>Szene</strong>n noch nicht<br />
Gegenstand sozialwissenschaftlicher Reflexion, was mit dieser Dissertation am Beispiel<br />
<strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er <strong>Techno</strong>-<strong>Szene</strong> geleistet werden soll. Ich frage: Wie ermöglicht „<strong>Szene</strong>“ als<br />
Struktur von Vergeme<strong>in</strong>schaftung Erwerbsarbeit am Beispiel <strong>der</strong> <strong>Techno</strong>-<strong>Szene</strong>. Weiter-<br />
führend, um die Hauptfrage umfassend beantworten zu können: Welche zentralen Ar-<br />
beitsidentäten / Tätigkeiten haben sich gebildet, wie sehen ihre Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen aus?<br />
Wie bewerten die Akteure diese? Wie wird dauerhafte, strategische Arbeit ermöglicht?<br />
Um die Fragen zu beantworten, werde ich e<strong>in</strong>e methodische Triangulation bestehend aus<br />
Autoethnografie, leitfadenbasierten biografischen Interviews, Experten<strong>in</strong>terviews und<br />
Videoanalyse nutzen.<br />
Ziel dieser Arbeit ist es neue Formen von Erwerbsarbeit am Beispiel <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er<br />
<strong>Techno</strong>-<strong>Szene</strong> zu untersuchen. Diese als Untersuchungsgegenstand zu wählen bietet sich<br />
beson<strong>der</strong>s an: Pluralistisch, spielerisch und offen gehen Akteure <strong>der</strong> <strong>Techno</strong>-<strong>Szene</strong> mit<br />
den neuen kommerziellen <strong>Techno</strong>logien des Internets und <strong>der</strong> Musikproduktion/-auffüh-<br />
rung um und implementieren diese schnell <strong>in</strong> ihre Arbeitspraxis, wenn sie daraus Nut-<br />
zen für ihre <strong>Szene</strong>tätigkeit ableiten können. Sich stetig flexibilisierenden Arbeits- und Le-<br />
bensbed<strong>in</strong>gungen stehen sie aufgrund des hedonistischen <strong>Szene</strong>-Charakters (Spaß haben<br />
und an<strong>der</strong>en Spaß bereiten, Hitzler 2001) offen und willkommen gegenüber. Neue Ent-<br />
wicklungen beurteilen sie unterschiedlich, sehen sie <strong>in</strong>novationsfreudig <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel als<br />
Chance zum Besseren. Mehr Selbstbestimmung und flexiblere Arbeitszeiten deuten sie<br />
als Freiheitsgew<strong>in</strong>n, auch wenn sie manchmal 14 Stunden am Tag (auch am Stück ohne<br />
Pausen) und mehr für ihre <strong>Szene</strong>arbeit benötigen. Sich für o<strong>der</strong> gegen etwas entscheiden<br />
zu können, selbstständig und unabhängig zu se<strong>in</strong>, das ist ihnen beson<strong>der</strong>s wichtig.