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Eine deutsche Odyssee? Figurationen der Irrfahrt in der deutschen ...

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Katarzyna Śliwińska<br />

<strong>E<strong>in</strong>e</strong> <strong>deutsche</strong> <strong>Odyssee</strong>?<br />

<strong>Figurationen</strong> <strong>der</strong> <strong>Irrfahrt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n<br />

Literatur über Flucht und Vertreibung 1<br />

A German Odyssey?<br />

The topic of wan<strong>der</strong><strong>in</strong>g <strong>in</strong> the German literature on escape and exile<br />

The twentieth century happens to be def<strong>in</strong>ed as the century of expulsion. Homer’s<br />

Odyssey became its metaphor, even though the epic is not a story of expulsion as it<br />

focuses on the protagonist’s return to his homeland Ithaca. This paper addresses the<br />

question of how the narrative framework of The Odyssey, along with the or<strong>der</strong> of myth<br />

placed with<strong>in</strong> its structural design, f<strong>in</strong>ds its reflection <strong>in</strong> post-war German literature<br />

thematiz<strong>in</strong>g flights and expulsions of German civilians from eastern prov<strong>in</strong>ces of<br />

the Third Reich. In view of Yuri Lotman’s and Mikhail Bakht<strong>in</strong>’s writ<strong>in</strong>gs the author<br />

analyzes the afore-mentioned prose’s time and space structures which to a large extent<br />

constitute the plot structure of the texts un<strong>der</strong> scrut<strong>in</strong>y, and condition the ways of<br />

read<strong>in</strong>g and un<strong>der</strong>stand<strong>in</strong>g them.<br />

Mit dem Titel des Beitrags ist e<strong>in</strong>e Frage gestellt, die sich auf e<strong>in</strong>es <strong>der</strong> für<br />

die Er<strong>in</strong>nerung an die letzte Phase des Zweiten Weltkrieges maßgeblichen<br />

Narrative bezieht: Lassen sich höchst heterogene Vorgänge, die mit dem Begriffspaar<br />

›Flucht und Vertreibung‹ erfasst werden, tatsächlich als e<strong>in</strong>e (<strong>deutsche</strong>)<br />

<strong>Odyssee</strong> erzählen? Die Frage nach den ›<strong>Figurationen</strong> <strong>der</strong> <strong>Irrfahrt</strong>‹ <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n<br />

Literatur über Flucht und Vertreibung geht von <strong>der</strong> methodologischen<br />

Prämisse aus, dass sich vergangene Ereignisse „nicht ohne weiteres <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerungen<br />

[verwandeln]“, sie werden vielmehr – so Hagen Schulze und Etienne<br />

François – „dazu gemacht durch das kollektive Bedürfnis nach S<strong>in</strong>nstiftung,<br />

durch Traditionen und Wahrnehmungsweisen, die aus den gesellschaftlichen<br />

1 Zur begrifflichen Präzisierung und historischen Verortung des Begriffspaares ›Flucht und<br />

Vertreibung‹ vgl. Hans Henn<strong>in</strong>g Hahn, Eva Hahn: Flucht und Vertreibung. In: Etienne François,<br />

Hagen Schulze (Hrsg.): Deutsche Er<strong>in</strong>nerungsorte. Bd. 1. München 2001, S. 335-351 sowie dies.:<br />

Mythos „Vertreibung“. In: Heidi He<strong>in</strong>-Kircher, Hans Henn<strong>in</strong>g Hahn (Hrsg.): Politische Mythen<br />

im 19. und 20. Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>in</strong> Mittel- und Osteuropa. Marburg 2006, S. 167-188.<br />

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128<br />

Milieus erwachsen“. 2 Daher wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Teil mit Überlegungen zum<br />

Komplex Erfahrung/S<strong>in</strong>nkonstitution/Literatur <strong>der</strong> analytische Rahmen dieses<br />

Beitrags abgesteckt. Auf dieser Grundlage wird sodann die Frage diskutiert,<br />

<strong>in</strong>wieweit von <strong>der</strong> <strong>Odyssee</strong> als e<strong>in</strong>em Deutungsmuster komplexen historischen<br />

Geschehens s<strong>in</strong>nvoll gesprochen werden kann. In e<strong>in</strong>em weiteren Schritt wird<br />

– mit Blick auf die antike Vorlage – die narrative Struktur <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n<br />

Nachkriegsliteratur erzählten Flucht- und Vertreibungsodysseen untersucht;<br />

hier richtet sich <strong>der</strong> Blick mit Michail Bacht<strong>in</strong> und Jurij Lotman vor allem auf<br />

die Semantisierung von Räumen und die Raum-Zeit-Strukturen. Abschließend<br />

wird e<strong>in</strong> Ausblick auf die biographischen ›<strong>Irrfahrt</strong>en‹ <strong>in</strong> neueren Familien- und<br />

Generationenromanen gegeben.<br />

1. Flucht und Vertreibung als ›kulturelles‹ Thema<br />

Katarzyna Śliwińska<br />

An die zwölf Millionen Deutsche 3 wurden <strong>in</strong> <strong>der</strong> letzten Phase des Krieges<br />

und danach aus den östlichen Prov<strong>in</strong>zen des Deutschen Reiches und aus<br />

weiteren Teilen Mittel- und Südosteuropas evakuiert, flohen <strong>in</strong> Trecks, wurden<br />

deportiert o<strong>der</strong> ausgewiesen. Bereits die ersten S<strong>in</strong>ndeutungen des Erlebten, die<br />

<strong>in</strong> den Flüchtl<strong>in</strong>gs- und Auffanglagern <strong>in</strong> mündlicher Überlieferung kursierten<br />

o<strong>der</strong> als Erlebnisberichte gezielt gesammelt und aufgezeichnet wurden 4 , wurden<br />

Gegenstand wissenschaftlichen Interesses, das nicht nur <strong>der</strong> Faktizität des Geschehenen,<br />

son<strong>der</strong>n von Anfang an auch den kulturellen Formen galt, <strong>in</strong> denen<br />

das Erlebte er<strong>in</strong>nert, erzählt und <strong>in</strong>terpretiert wurde. 5 Diese Aufmerksamkeit<br />

für die symbolischen und diskursiven Praktiken <strong>der</strong> Weltaneignung teilt auch<br />

die neuere Geschichts- und Sozialwissenschaft, <strong>in</strong> <strong>der</strong> seit längerer Zeit e<strong>in</strong>e<br />

Verschiebung <strong>der</strong> Schwerpunkte konstatiert wird – von den quantifizierenden<br />

Verfahren <strong>der</strong> Struktur- und Prozessanalyse h<strong>in</strong> zu den Prozessen und Akteuren<br />

<strong>der</strong> S<strong>in</strong>nproduktion. Im Zeichen dieser als ›kulturelle Wende‹ apostrophierten<br />

Umorientierung wurden Methoden entwickelt, die es erlauben, sich solchen<br />

Fragestellungen im Kontext von Zeitgeschichte zuzuwenden; verwiesen sei auf<br />

2 Etienne François, Hagen Schulze: E<strong>in</strong>leitung. In: Deutsche Er<strong>in</strong>nerungsorte. Bd. 1, S. 11-24, hier<br />

S. 13.<br />

3 Zu den variierenden Zahlen vgl. Hahn, Hahn: Mythos „Vertreibung“, S. 166 ff.<br />

4 So z. B. <strong>in</strong> <strong>der</strong> offiziellen, von <strong>der</strong> Bundesregierung <strong>in</strong> Auftrag gegebenen Dokumentation <strong>der</strong><br />

Vertreibung <strong>der</strong> Deutschen aus Ost-Mitteleuropa, 5 Bde. Bonn 1953-1962.<br />

5 Zur volkskundlichen Heimatvertriebenen-Forschung <strong>der</strong> frühen Nachkriegszeit vgl. He<strong>in</strong>ke<br />

M. Kal<strong>in</strong>ke: Gerüchte, Prophezeiungen und Wun<strong>der</strong>. Zur Konjunktur sagenhafter Erzählungen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

unmittelbaren Nachkriegszeit. In: Elisabeth Fendl (Hrsg.): Zur Ikonographie des Heimwehs. Er<strong>in</strong>nerungskultur<br />

von Heimatvertriebenen. Freiburg 2002, S. 159-174, beson<strong>der</strong>s S. 159 f.


<strong>E<strong>in</strong>e</strong> <strong>deutsche</strong> <strong>Odyssee</strong>? <strong>Figurationen</strong> <strong>der</strong> <strong>Irrfahrt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Literatur über Flucht und Vertreibung<br />

die Verfahren <strong>der</strong> oral history sowie auf die neuere historische und sozialwissenschaftliche<br />

Biografie- und Lebenslaufforschung. 6<br />

Geme<strong>in</strong>samer Fluchtpunkt dieser Konzepte ebenso wie <strong>der</strong> Volkskunde<br />

und Soziologie <strong>der</strong> frühen Nachkriegszeit ist die Frage, wie sich Menschen <strong>in</strong><br />

ihrer jeweiligen historischen Situation s<strong>in</strong>nhaft positionieren, auf welche kulturellen<br />

Codes sie zurückgreifen, um die ursprüngliche Kont<strong>in</strong>genz <strong>in</strong>dividueller<br />

Lebensgeschichten zum historischen Verlauf zu ordnen. Dieses Erkenntnis<strong>in</strong>teresse<br />

teilen die genannten Diszipl<strong>in</strong>en nicht erst seit dem l<strong>in</strong>guistic turn mit<br />

<strong>der</strong> kulturwissenschaftlich orientierten Literaturwissenschaft, <strong>der</strong> sie auch<br />

e<strong>in</strong>ige ihrer zur Zeit leitenden Kategorien entlehnen, allen voran den Begriff<br />

<strong>der</strong> Narration, die als e<strong>in</strong> zentraler Modus je<strong>der</strong> Wirklichkeits(re-)konstruktion<br />

betrachtet wird. 7<br />

Während sich an<strong>der</strong>e Diszipl<strong>in</strong>en vorwiegend mit faktualen Texten (bis h<strong>in</strong><br />

zu Alltagserzählungen) beschäftigen, wendet sich die Literaturwissenschaft vor<br />

allem fiktionalen Narrationen zu, die sie gleichwohl <strong>in</strong> kulturwissenschaftlicher<br />

Perspektive als Teil <strong>der</strong> übergreifenden Wirklichkeits- und Selbstdeutungsprozesse<br />

e<strong>in</strong>er Gesellschaft begreift. Insofern ist die Trennl<strong>in</strong>ie zwischen faktualem<br />

und fiktionalem Erzählen als <strong>in</strong> beide Richtungen durchlässig zu betrachten,<br />

vor allem dort, wo relevante Geschichtserfahrungen von Individuen und Kollektiven<br />

verhandelt werden. So ist auch das primär <strong>in</strong>haltlich def<strong>in</strong>ierte Genre<br />

›Literatur über Flucht und Vertreibung‹ durch Texte verschiedener Gattungen<br />

und Fiktionalitätsgrade konstituiert, die unterschiedliche Strategien <strong>der</strong> historischen<br />

Referentialisierung und Kontextualisierung des Erzählten verwenden.<br />

Neben Erlebnisberichten mit ihrem Anspruch auf primäre Zeugenschaft und<br />

autobiographischen Texten (Tagebüchern, Er<strong>in</strong>nerungen, Autobiographien), die<br />

die Erlebnisse des Kriegsendes im Kontext e<strong>in</strong>er Lebensgeschichte verorten,<br />

stehen dokumentarische und semi-dokumentarische Erzählstrategien – bis h<strong>in</strong><br />

zu den vielfältigen ›Fiktionen des Faktischen‹, die mit wachsen<strong>der</strong> historischer<br />

Distanz zunehmend aus <strong>der</strong> Position des (kulturellen) Post-Gedächtnisses entworfen<br />

werden. Das bedeutet, dass neben <strong>der</strong> Er<strong>in</strong>nerung an das Geschehene<br />

zunehmend auch die prekäre (kommunikative, mediale) Vermittlung dieser<br />

Er<strong>in</strong>nerung an die nachfolgenden Generationen ästhetisch reflektiert und ge-<br />

6 Als Übersicht vgl. Ute Daniel: Clio unter Kulturschock. Zu den aktuellen Debatten <strong>der</strong> Geschichtswissenschaft.<br />

In: „Geschichte <strong>in</strong> Wissenschaft und Unterricht“ 48 (1997), S. 195-218 und<br />

259-278; Christoph Conrad u. Mart<strong>in</strong>a Kessel (Hrsg.): Kultur & Geschichte. Neue E<strong>in</strong>blicke <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e alte Beziehung. Stuttgart 1998; Mart<strong>in</strong> Kohli, Günther Robert (Hrsg.): Biographie und soziale<br />

Wirklichkeit. Neue Beiträge und Forschungsperspektiven. Stuttgart 1984.<br />

7 Dazu vgl u. a. Jürgen Straub: Geschichten erzählen, Geschichte bilden. Grundzüge e<strong>in</strong>er narrativen Psychologie<br />

historischer S<strong>in</strong>nbildung. In: Jürgen Straub (Hrsg.): Erzählung, Identität und historisches<br />

Bewusstse<strong>in</strong>. Die psychologische Konstruktion von Zeit und Geschichte. Er<strong>in</strong>nerung,<br />

Geschichte, Identität I. Frankfurt/M. 1998, S. 81-169.<br />

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130<br />

staltet werden muss. Damit rücken Prozesse <strong>der</strong> kulturellen S<strong>in</strong>nkonstruktion<br />

verstärkt <strong>in</strong> den Blick, die weit über das Erfahrungsgedächtnis <strong>der</strong> Betroffenen<br />

h<strong>in</strong>ausreichen und die als gesellschaftliche Aushandlungsprozesse zu begreifen<br />

s<strong>in</strong>d, an denen die mediale Produktion von Wissen und Er<strong>in</strong>nerung immer<br />

größeren Anteil hat. 8<br />

Akzeptiert man e<strong>in</strong>e Grundprämisse <strong>der</strong> neueren Erzählforschung, dass<br />

die Narration die zentrale kulturelle Technik zur Organisation des <strong>in</strong>dividuellen<br />

und kollektiven Gedächtnisses sei, 9 so wird man bei <strong>der</strong> Literatur über<br />

Flucht und Vertreibung, im Gegensatz zur dom<strong>in</strong>ant <strong>in</strong>haltlich-mimetischen<br />

Ausrichtung <strong>der</strong> bisherigen Forschung, stärker die narrativen Verfahren <strong>in</strong> die<br />

Analyse e<strong>in</strong>beziehen müssen, die Handlungen und Ereignisse <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es<br />

zeitlichen Ganzen konfigurieren. Hier bieten sich <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Konzepte<br />

e<strong>in</strong>er kulturgeschichtlichen Narratologie an, die von <strong>der</strong> Prämisse ausgeht,<br />

dass die Selektion und narrative Organisation des Materials <strong>in</strong> literarischen<br />

Texten (Auswahl und Anordnung von Handlungselementen und Schauplätzen,<br />

Figurenkonstellation, Plotstrukturen, narrative Perspektivierung, Metaphorik<br />

und Symbolik, Gattungsmuster) Aufschluss über die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gesellschaft sich<br />

vollziehenden Prozesse <strong>der</strong> Geschichtskonstruktion und Gedächtnisbildung<br />

ermöglicht. 10<br />

2. <strong>Odyssee</strong> – e<strong>in</strong> Deutungsmuster historischer Erfahrung?<br />

Katarzyna Śliwińska<br />

Bereits kurz nach Kriegsende wurden Volkskundler und Soziologen, die<br />

die Erzählkultur und Bil<strong>der</strong>welt <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Flüchtl<strong>in</strong>ge und Vertriebenen<br />

untersuchten, auf wie<strong>der</strong>kehrende Formen und Motive aufmerksam, die aus<br />

unterschiedlichen, religiösen und weltlichen, zum Teil archaischen Vorstellungswelten<br />

stammten. Neben <strong>der</strong> biblischen Überlieferung mit den Erzählungen von<br />

<strong>der</strong> Vertreibung aus dem Paradies und dem Exodus, den Prophetenbüchern und<br />

<strong>der</strong> Apokalypse boten auch Märchen und Dämonen-Mythen 11 e<strong>in</strong>e Ausdrucksform<br />

für die kollektiven Wünsche, Ängste und Verunsicherungen, mit denen<br />

8 Hierzu vgl. Vittoria Borsò, Gerd Krumeich, Bernd Witte (Hrsg.): Medialität und Gedächtnis.<br />

Interdiszipl<strong>in</strong>äre Beiträge zur kulturellen Verarbeitung europäischer Krisen. Stuttgart, Weimar 2001.<br />

9 Vgl. Wolfgang Müller-Funk: Die Kultur und ihre Narrative. <strong>E<strong>in</strong>e</strong> E<strong>in</strong>führung. Wien u. New York<br />

2002, S. 17.<br />

10 Hierzu vgl. Astrid Erll, Simone Roggendorf: Kulturgeschichtliche Narratologie. Die Historisierung<br />

und Kontextualisierung kultureller Narrative. In: Ansgar u. Vera Nünn<strong>in</strong>g (Hrsg.): Neue Ansätze <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Erzähltheorie. Trier 2002, S. 73-113.<br />

11 Hierzu vgl. Kal<strong>in</strong>ke: Gerüchte, Prophezeiungen und Wun<strong>der</strong>; Utz Jeggle: Sage und Verbrechen. In:<br />

Ra<strong>in</strong>er Schulze u. a. (Hrsg.): Flüchtl<strong>in</strong>ge und Vertriebene <strong>in</strong> <strong>der</strong> west<strong>deutsche</strong>n Nachkriegsgeschichte.<br />

Hildesheim 1987, S. 201-206.


<strong>E<strong>in</strong>e</strong> <strong>deutsche</strong> <strong>Odyssee</strong>? <strong>Figurationen</strong> <strong>der</strong> <strong>Irrfahrt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Literatur über Flucht und Vertreibung<br />

die Betroffenen auf den Verlust von Besitz und Geborgenheit reagierten. 12<br />

Auch mythische Erzählungen lieferten e<strong>in</strong>e symbolische und narrative Matrix<br />

für die Darstellung und Deutung des Erlebten. Die Geschichte des Odysseus,<br />

die bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> frühen Nachkriegszeit als ›narrative Abbreviatur‹ (Jörn Rüsen)<br />

für e<strong>in</strong>en mehrschichtigen, regional unterschiedlichen und mehrere Phasen<br />

umfassenden Prozess (›Flucht und Vertreibung‹) verwendet wurde, gehört <strong>in</strong><br />

diesen Zusammenhang.<br />

Die Funktion des Mythos – so Mircea Eliade – besteht dar<strong>in</strong>, „Modelle zu<br />

offenbaren und damit <strong>der</strong> Welt und dem menschlichen Dase<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Bedeutung<br />

zu verleihen“. 13 Welche (Be-)Deutung e<strong>in</strong> bestimmter Mythos dem Erleben und<br />

Handeln von Individuen und Kollek tiven gibt, hängt dabei von <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Interpretationsgeme<strong>in</strong>schaft ab, die <strong>in</strong> den mythi schen Erzählungen sich und<br />

ihre Geschichte zu erkennen glaubt. 14 Auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rede von <strong>der</strong> O d y s s e e <strong>der</strong><br />

<strong>deutsche</strong>n Flüchtl<strong>in</strong>ge und Vertriebenen wird das entsprechende Mythologem 15<br />

(<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er wohl e<strong>in</strong>flussreichsten Ausdeutung durch Homer) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er spezifischen<br />

Weise, d. h. selektiv, aktualisiert: Es liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Logik <strong>der</strong> Erzählungen über Heimatverlust<br />

und Vertreibung, dass e<strong>in</strong> zentrales strukturbildendes Moment <strong>der</strong><br />

Geschichte des Odysseus – die <strong>in</strong> <strong>der</strong> antiken Vorlage und ihren neuzeitlichen<br />

Versionen topisch vorgeprägte H e i m k e h r – nicht bzw. nur als ›Heimkehr <strong>in</strong><br />

die Fremde‹ realisiert werden kann. Konstitutiv für die <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Nachkriegsliteratur<br />

erzählten Flüchtl<strong>in</strong>gs-<strong>Odyssee</strong>n ist die räumlich-zeitliche Figur<br />

<strong>der</strong> I r r f a h r t : die Bewegung durch e<strong>in</strong>e ehemals vertraute, durch Krieg und<br />

Grenzverschiebung zersetzte und aufgelöste (Alltags-)Welt (›Heimat‹), die an<br />

ihre Grenze und über diese h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> die ›Fremde‹ führt.<br />

Es ist also nicht die mythische Erzählung selbst (o<strong>der</strong> gar <strong>der</strong> Mythos als<br />

anthropologische Struktur im Verständnis von Claude Lévi-Strauss), die im<br />

Mittelpunkt des Interesses steht; es s<strong>in</strong>d vielmehr e<strong>in</strong>zelne strukturelle Elemente<br />

des Odysseus-Mythologems, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur über Flucht und Vertreibung<br />

<strong>in</strong> die narrativ-fiktionale Konfiguration von Geschichte e<strong>in</strong>fließen. Der Fokus<br />

richtet sich primär auf die narrative Komposition von Handlungs- und Zeitstrukturen<br />

und die Semantisierung von Räumen; auf e<strong>in</strong>er zweiten Ebene geht<br />

es aber durchaus auch um mythologische Bezüge, die mit dem Begriff ›<strong>Odyssee</strong>‹<br />

12 Vgl. Albrecht Lehmann: Im Fremden ungewollt zuhaus. Flüchtl<strong>in</strong>ge und Vertriebene <strong>in</strong> Westdeutschland<br />

1945-1990. München 1991 (bes. Kap. IV: „Fernes Er<strong>in</strong>nern“: Flucht und Vertreibung als kulturelle<br />

Themen, S. 187 ff.).<br />

13 Mircea Eliade: Mythos und Wirklichkeit. Dt. von E. Moldenhauer. Frankfurt/M. 1988, S. 142.<br />

14 Hierzu vgl. Herfried Münkler: Odysseus und Kassandra. Politik im Mythos. Frankfurt/M. 1991,<br />

S. 7-10.<br />

15 Als Mythologem wird hier e<strong>in</strong>e isolierbare narrative Teilstruktur e<strong>in</strong>er Mythologie verstanden.<br />

Vgl. Volker C. Dörr: Mythomimesis. Mythische Geschichtsbil<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> west<strong>deutsche</strong>n (Erzähl-)Literatur<br />

<strong>der</strong> frühen Nachkriegszeit (1945-1952). Berl<strong>in</strong> 2004, S. 13.<br />

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Katarzyna Śliwińska<br />

aufgerufen werden – sofern sich dar<strong>in</strong> die Erfahrungen <strong>der</strong> Zeitgenossen und<br />

<strong>der</strong>en Deutung durch Nachlebende objektivieren. Sie werden hier als kulturelle<br />

„Ressourcen <strong>der</strong> Bedeutungsstiftung“ 16 betrachtet, die <strong>der</strong> Transformation von<br />

Erfahrung <strong>in</strong> kulturellen S<strong>in</strong>n dienen.<br />

Der Rekurs auf Sage und Mythos – dar<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d sich die Forscher e<strong>in</strong>ig –<br />

ist e<strong>in</strong> Mittel <strong>der</strong> Komplexitätsreduktion. In <strong>der</strong> Rede von <strong>der</strong> d e u t s c h e n<br />

O d y s s e e wird die Vielschichtigkeit historischen Geschehens allerd<strong>in</strong>gs noch<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiteren S<strong>in</strong>n reduziert: In dem Maß, <strong>in</strong> dem <strong>der</strong> (<strong>in</strong>dividuelle und<br />

kollektive) L e i d e n s w e g <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund rückt, treten die Ambivalenzen,<br />

die <strong>der</strong> Figur und <strong>der</strong> Geschichte des Odysseus eignen, zurück. Die Ilias<br />

schil<strong>der</strong>t Odysseus als den spiritus rector des trojanischen Krieges auf achäischer<br />

Seite, als e<strong>in</strong>en Pragmatiker, <strong>der</strong> die Grenzen zwischen Krieg und Frieden, Front<br />

und H<strong>in</strong>terland, Recht und Unrecht bewusst verwischt. 17 Die Suspension des<br />

Rechts <strong>in</strong> <strong>der</strong> List verspricht Odysseus die Rückkehr <strong>in</strong> die Heimat; auch auf<br />

se<strong>in</strong>er <strong>Irrfahrt</strong> von Troja nach Ithaka kann sich <strong>der</strong> ›Listenreiche‹, wie ihn das<br />

homerische Epos nennt, gegen alle Wi<strong>der</strong>stände behaupten, die von ›göttlichen‹<br />

Mächten aufgehäuft werden. Max Horkheimer und Theodor W. Adorno situieren<br />

dieses Mythologem deswegen <strong>in</strong> <strong>der</strong> „Urgeschichte <strong>der</strong> Subjektivität“: Odysseus<br />

ist für sie <strong>der</strong> Prototyp des aufgeklärten Subjekts, weil er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abfolge se<strong>in</strong>er<br />

Abenteuer zum Bewusstse<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er selbst gelangt. 18<br />

Vor allem aber bleibt Odysseus, auch als <strong>der</strong> ›große Dul<strong>der</strong>‹, den num<strong>in</strong>ose<br />

Mächte von <strong>der</strong> Heimat fernhalten, <strong>der</strong> a k t i v H a n d e l n d e , <strong>der</strong> selbst <strong>in</strong><br />

gefährlichsten Situationen die Deutungshoheit über das Geschehen behält. Vieles<br />

deutet darauf h<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong>e solche Figur nur um den Preis ihrer Domestikation 19<br />

zur Symbol- und Identifikationsfigur <strong>der</strong> heutigen Opfernarrative werden kann,<br />

die das p a s s i v e , w e h r l o s e O p f e r privilegieren. Aus dieser moralischen<br />

Privilegierung resultiert auch die em<strong>in</strong>ent politische Bedeutung, die dem Opferstatus<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegenwart zukommt. 20 Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite signalisiert die<br />

kulturelle Neubewertung des Opferstatus e<strong>in</strong>en Wandel, <strong>der</strong> mit dem <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

sozial- und politikwissenschaftlichen Literatur beschriebenen Übergang <strong>der</strong><br />

›heroischen‹ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e ›postheroische‹ Gesellschaft korrespondiert. 21 Odysseus, <strong>der</strong><br />

16 Astrid Erll: Gedächtnisromane. Literatur über den Ersten Weltkrieg als Medium englischer und <strong>deutsche</strong>r<br />

Er<strong>in</strong>nerungskulturen <strong>in</strong> den 1920er Jahren. Trier 2003, S. 154.<br />

17 Hierzu vgl. Herfried Münkler: Odysseus und Kassandra. In: <strong>der</strong>s.: Odysseus und Kassandra. S. 78-<br />

89.<br />

18 Vgl. den Exkurs Odysseus o<strong>der</strong> Mythos und Aufklärung. In: Max Horkheimer, Theodor W. Adorno:<br />

Dialektik <strong>der</strong> Aufklärung. Philosophische Fragmente. Leipzig 1989, S. 70.<br />

19 Vgl. Münkler: Odysseus und Kassandra. S. 89.<br />

20 Hierzu vgl. <strong>der</strong>s.: Unter Abwertungsvorbehalt. In: „Frankfurter Rundschau“ vom 24.9.2003.<br />

21 Hierzu vgl. Herfried Münkler: Die postheroische Gesellschaft und ihre jüngste Herausfor<strong>der</strong>ung. In:<br />

<strong>der</strong>s.: Der Wandel des Krieges. Von <strong>der</strong> Symmetrie zur Asymmetrie. Weilerswist 2006, S. 310-354.


<strong>E<strong>in</strong>e</strong> <strong>deutsche</strong> <strong>Odyssee</strong>? <strong>Figurationen</strong> <strong>der</strong> <strong>Irrfahrt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Literatur über Flucht und Vertreibung<br />

nicht nur mit se<strong>in</strong>er Haltung im trojanischen Krieg, son<strong>der</strong>n auch auf se<strong>in</strong>er<br />

Heimfahrt nach Ithaka dem Heroismus die Substanz entzieht 22 , fügt sich, so<br />

gesehen, sehr wohl <strong>in</strong> die ›postheroische‹ Er<strong>in</strong>nerungs- und Gedenkkultur <strong>der</strong><br />

Gegenwart.<br />

Im Zusammenhang dieses Beitrags allerd<strong>in</strong>gs ist die Anschlussfähigkeit<br />

<strong>der</strong> Geschichte Odysseus’ an die ›postheroischen‹ Diskurse <strong>der</strong> Gegenwart<br />

von nachgeordnetem Interesse; im Vor<strong>der</strong>grund steht ihre Differenz zu jenen<br />

Konzepten <strong>der</strong> neueren Kulturtheorie, die das T r a u m a als die (e<strong>in</strong>zig) adäquate<br />

Form des Bezugs auf Erfahrungen extremer Gewalt begreifen. 23 Das<br />

Trauma wird bekanntlich durch das Erlebnis e<strong>in</strong>er Diskrepanz zwischen e<strong>in</strong>er<br />

bedrohlichen Situation und den <strong>in</strong>dividuellen Bewältigungsmöglichkeiten def<strong>in</strong>iert,<br />

das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe e<strong>in</strong>hergeht<br />

und e<strong>in</strong>e dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bewirkt. 24<br />

Viele Erlebnisberichte über Flucht und Vertreibung artikulieren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat die<br />

Erfahrung <strong>der</strong> Machtlosigkeit und Handlungsunfähigkeit, des passiven Ausgeliefertse<strong>in</strong>s<br />

an die Willkür an<strong>der</strong>er. Daneben stehen aber Erzählungen, die<br />

nicht das p a s s i v e E r l e i d e n , son<strong>der</strong>n zunächst die eigene Verschlagenheit,<br />

Kraft und Geschicklichkeit hervorheben; das eigene Überleben verdankt sich<br />

dann nicht dem Zufall o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Intervention höherer Mächte, son<strong>der</strong>n alle<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> eigenen Initiative. 25 Dieses Erzählmuster f<strong>in</strong>det sich sowohl <strong>in</strong> den Kriegerzählungen<br />

<strong>der</strong> Männer wie <strong>in</strong> den Fluchterzählungen <strong>der</strong> Frauen (auch jener,<br />

die bei Kriegsende Opfer sexueller Gewalt wurden 26 ). Von den schätzungsweise<br />

4,5 Millionen Deutschen, die vor Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> offiziellen Transporte 1946 aus<br />

22 Odysseus – so Münkler im bereits zitierten Essay Odysseus und Kassandra – fällt aus dem Rahmen<br />

des herkömmlichen Heldentums, weil er sich nicht an die Spielregeln <strong>der</strong> heroischen<br />

Kriegführung hält. Er schließt sich den Achäern nur wi<strong>der</strong>willig an, versucht gar, sich vor<br />

dem Krieg zu drücken, <strong>in</strong>dem er vorgibt, geisteskrank zu se<strong>in</strong>, betreibt dann den Krieg mit<br />

allen Mitteln (auch mit solchen, die als unehrenhaft gelten), um ihn zu beenden und auf die<br />

Insel Ithaka zurückkehren zu können.<br />

23 Dazu vgl. die <strong>in</strong>zwischen kanonischen Thesen W. G. Sebalds mit dem Plädoyer für Wir- Wirkungsstrategien,<br />

die auf e<strong>in</strong>e affektive Wie<strong>der</strong>herstellung des Traumas ausgerichtet s<strong>in</strong>d. Vgl.<br />

W<strong>in</strong>fried Georg Sebald: Luftkrieg und Literatur. Mit e<strong>in</strong>em Essay zu Alfred An<strong>der</strong>sch. München,<br />

Wien 1999, S. 34 f. Zur kulturwissenschaftlichen Re<strong>in</strong>terpretation des Traumabegriffs vgl.<br />

Elisabeth Bronfen, Birgit R. Erdle u. Sigrid Weigel (Hrsg.): Trauma – Zwischen Psychoanalyse und<br />

kulturellem Deutungsmuster. Köln 1999.<br />

24 Vgl. Gottfried Fischer, Peter Riedesser: Lehrbuch <strong>der</strong> Psychotraumatologie. 4. Aufl. München 2009,<br />

S. 84.<br />

25 Vgl. Lehmann: Im Fremden ungewollt zuhaus, S. 206 f.<br />

26 Die Analyse zeitgenössischer Quellen zeigt, dass sich die betroffenen Frauen durchaus auch<br />

als handelnde Subjekte sahen; die <strong>in</strong>dividuelle Traumatisierung durch das Erleben sexueller<br />

Gewalt wurde <strong>in</strong> ihren Folgen erst Jahrzehnte später thematisiert. Dazu vgl. Reg<strong>in</strong>a Mühlhauser:<br />

Vergewaltigungen <strong>in</strong> Deutschland 1945. Natio naler Opferdiskurs und <strong>in</strong>dividuelles Er<strong>in</strong>nern betroffener<br />

Frauen. In: Klaus Naumann (Hrsg.): Nachkrieg <strong>in</strong> Deutschland. Hamburg 2001, S. 384-408.<br />

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134<br />

Katarzyna Śliwińska<br />

den östlichen Prov<strong>in</strong>zen des Deutschen Reiches flüchteten, gehörte die Mehrzahl<br />

zu Familien, <strong>in</strong> denen Frauen die abwesenden, weil (<strong>in</strong> welcher Form auch<br />

immer) dienstverpflichteten Männer ersetzen mussten. 27 Frauen waren somit<br />

nicht nur passive Opfer, son<strong>der</strong>n auch o<strong>der</strong> vor allem aktiv Handelnde, die <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em gesellschaftlichen Ausnahmenzustand agierten. Im Topos ›Frauen, K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

und Alte‹, <strong>der</strong> viele Erzählungen über Flucht und Vertreibung strukturiert,<br />

s<strong>in</strong>d diese sehr unterschiedlichen Erfahrungen und Han dlungsmöglichkeiten<br />

weitgehend nivelliert.<br />

Diese gegenteiligen Erzählmuster äußern sich <strong>in</strong> den Berichten über Flucht<br />

und Vertreibung zumeist nicht separiert; sie entfalten sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nach- o<strong>der</strong><br />

nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. 28 Ähnlich <strong>in</strong> fiktionalen Texten, vor allem <strong>in</strong> jenen, die z w e i<br />

(zum Teil gegenläufige) Fluchtbewegungen thematisieren: die Flucht <strong>der</strong> Zivilbevölkerung<br />

und den Rückzug <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Armee. <strong>E<strong>in</strong>e</strong>r <strong>der</strong> auflagenstärksten<br />

bundesrepublikanischen Flüchtl<strong>in</strong>gs-Romane, Emmerich Vondrans Ostpreußen<br />

im Fegefeuer o<strong>der</strong> Die letzten Tage am Frischen Haff (1974), ist – ähnlich wie Der endlose<br />

Weg von Johannes Lemke (1983) o<strong>der</strong> Hans Schellbachs Flucht ohne Hoffnung<br />

(1987) – <strong>in</strong> weiten Teilen Kriegsroman, <strong>der</strong> das Geschehen an <strong>der</strong> zurückweichenden<br />

Ostfront aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Mannschaften und Unteroffiziere erzählt.<br />

Diese Nahperspektive, <strong>in</strong> <strong>der</strong> strategische Fragen und politische Zusammenhänge<br />

zumeist marg<strong>in</strong>alisiert werden, wird <strong>in</strong> Romanen, die <strong>in</strong> ihrer narrativen<br />

Organisation auf die Vermittlung e<strong>in</strong>es verb<strong>in</strong>dlichen und fundierenden S<strong>in</strong>ns<br />

zielen, durch die Sicht <strong>der</strong> Front- und Stabsoffiziere ergänzt, die als Vertreter<br />

<strong>der</strong> Deutungselite das Erlebte <strong>in</strong> den „kulturellen Modus“ überführen. 29 Dieses<br />

Arrangement dient <strong>in</strong> den genannten Texten weniger <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternen Dialogisierung<br />

<strong>der</strong> Stimmen (und damit <strong>der</strong> Differenzierung <strong>der</strong> Standpunkte, Wertungen und<br />

Haltungen, die von den Protagonisten repräsentiert werden), als zunächst <strong>der</strong><br />

Konstruktion e<strong>in</strong>es Er<strong>in</strong>nerungsbildes, das an das kulturelle Koord<strong>in</strong>atensystem<br />

<strong>der</strong> sich nach 1945 etablierenden Zivilgesellschaft anschließbar war. In diesem<br />

Er<strong>in</strong>nerungsbild, so <strong>der</strong> Historiker Thomas Kühne, wird die a k t i v e Seite<br />

<strong>der</strong> eigenen Kriegführung unkenntlich gemacht (<strong>in</strong>dem die eigene kriegerische<br />

Gewalt als defensiv ausgegeben wird) o<strong>der</strong> gar <strong>in</strong> Passivität und Ohnmacht<br />

27 Vgl. Elizabeth He<strong>in</strong>eman: Die Stunde <strong>der</strong> Frauen. Er<strong>in</strong>nerungen an Deutschlands „Krisenjahre“ und<br />

west <strong>deutsche</strong> nationale Identität. In: Nachkrieg <strong>in</strong> Deutschland, S. 149-177, hier S. 156.<br />

28 Vgl. Lehmann: Im Fremden ungewollt zuhaus, S. 206 f.<br />

29 So z. B. <strong>in</strong> Edw<strong>in</strong> Erich Dw<strong>in</strong>gers Roman Wenn die Dämme brechen von 1950. Zu den verschiedenen<br />

Modi <strong>der</strong> „Rhetorik des kollektiven Gedächtnisses“ vgl. Erll: Gedächtnisromane,<br />

S. 147-161. Im kulturellen Modus – so Erll – transzendieren die S<strong>in</strong>nstiftungen des Erzählers<br />

die unmittelbare erzählte Situation und beanspruchen Gültigkeit im ›Fernhorizont‹ des<br />

kulturellen Gedächtnisses. Im kommunikativen Modus h<strong>in</strong>gegen geht es um die Vermittlung<br />

gelebter Erfahrung und um Deutungen <strong>in</strong> dem begrenzten Rahmen des zeitlichen und sozialen<br />

›Nahhorizonts‹.


<strong>E<strong>in</strong>e</strong> <strong>deutsche</strong> <strong>Odyssee</strong>? <strong>Figurationen</strong> <strong>der</strong> <strong>Irrfahrt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Literatur über Flucht und Vertreibung<br />

verwandelt. 30 Die Transformation von Aktivität <strong>in</strong> Passivität 31 ist im Wesentlichen<br />

Ergebnis <strong>der</strong> Selektion und narrativen Strukturierung des Erzählten: Die<br />

meisten Romane über Flucht und Vertreibung setzen unvermittelt o<strong>der</strong> nach<br />

e<strong>in</strong>er kurzen Exposition mit <strong>der</strong> Offensive <strong>der</strong> sowjetischen Armee e<strong>in</strong>, zu<br />

e<strong>in</strong>em Zeitpunkt also, als sich die <strong>deutsche</strong> Wehrmacht tatsächlich längst <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Defensive befand. Diese f<strong>in</strong>ale Orientierung, die das Erzählen über die letzte<br />

Phase des Krieges organisiert, zählt zu den vielfältigen Viktimisierungsstrategien,<br />

zu denen neben dem Verweis auf die asymmetrische Verteilung <strong>der</strong> physischen<br />

Ressourcen (die sowjetische ›Dampfwalze‹) auch die mitunter exzessive Schil<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Brutalität des Gegners (e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Vergewaltigungen) gehört.<br />

Auf diese Weise wird die nicht nur für das militärische Normensystem, son<strong>der</strong>n<br />

auch für die k u l t u r e l l e Normalisierung <strong>der</strong> Erfahrung kriegerischer Gewalt<br />

bedeutsame Grenze zwischen regulärem und verbrecherischem (genozidalen)<br />

Töten konstruiert – e<strong>in</strong>e Demarkationsl<strong>in</strong>ie, die Odysseus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ilias übrigens<br />

genauso wenig akzeptiert wie die zwischen Front und H<strong>in</strong>terland. In <strong>der</strong> Realität<br />

des nationalsozialistischen Krieges im Osten ist diese Grenze vielfach verwischt<br />

worden; <strong>in</strong> den Narrationen über Flucht und Vertreibung wird die verbrecherische<br />

Dimension <strong>der</strong> eigenen Kriegführung allerd<strong>in</strong>gs – sofern überhaupt<br />

thematisiert – <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel als Ausnahme dargestellt.<br />

Die Verwandlung von Aktivität <strong>in</strong> Passivität schließt die Möglichkeit nicht<br />

aus, die Leiden <strong>der</strong> Soldaten mit e<strong>in</strong>em aktiven, ›e<strong>in</strong>lösenden‹ Opfer-S<strong>in</strong>n auszustatten.<br />

Vor allem <strong>in</strong> <strong>der</strong> frühen Nachkriegszeit griffen <strong>deutsche</strong> Autoren<br />

auf S<strong>in</strong>n- und Entlastungsangebote zurück, die <strong>der</strong> Opfermythos (im S<strong>in</strong>ne<br />

des sacrificium) bereithält. 32 Am s<strong>in</strong>nfälligsten wohl f<strong>in</strong>det diese Amalgamierung<br />

zweier unterschiedlicher Opferbegriffe – des sacrificium und <strong>der</strong> victima – <strong>in</strong> Edw<strong>in</strong><br />

Erich Dw<strong>in</strong>gers Roman Wenn die Dämme brechen… von 1950 statt, <strong>der</strong> die<br />

Vorstellung von <strong>der</strong> Unschuld des Opfers mit <strong>der</strong> Heiligkeit <strong>der</strong> Opfer- bzw.<br />

Sühnehandlung verb<strong>in</strong>det. 33 Der mythogene Charakter solcher Konstruktionen<br />

30 Vgl. Thomas Kühne: Die Viktimisierungsfalle. Wehrmachtsverbrechen, Geschichtswissenschaft und symbolische<br />

Ordnung des Militärs. In: Michael Th. Greven, Oliver von Wrochem (Hrsg.): Der Krieg <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Nachkriegszeit. Der Zweite Weltkrieg <strong>in</strong> Politik und Gesellschaft <strong>der</strong> Bundesrepublik. Opladen 2000,<br />

S. 183-196; Michael Geyer: <strong>E<strong>in</strong>e</strong> Kriegsgeschichte, die vom Tod spricht. In: Thomas L<strong>in</strong>denberger,<br />

Alf Lüdtke (Hrsg.): Physische Gewalt. Studien zur Geschichte <strong>der</strong> Neuzeit. Frankfurt/M. 1995,<br />

S. 136-162.<br />

31 In den Worten des Wachtmeisters Nordwig <strong>in</strong> Johannes Lemkes Roman Der endlose Weg.<br />

Ostpreußen – Westpreußen – Pommern <strong>in</strong> Kampf und Vertreibung, Husum 1983, S. 18: „Sie haben<br />

uns bis hierher gejagt, sie werden uns bald durch unsere Heimat treiben und dann wird es<br />

kaum noch e<strong>in</strong>en Ort geben, an dem man sich sicher fühlen kann.“<br />

32 Vgl. Kühne: Die Viktimisierungsfalle. In: Der Krieg <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nachkriegszeit, S. 183-196.<br />

33 Edw<strong>in</strong> Erich Dw<strong>in</strong>ger: Wenn die Dämme brechen… Untergang Ostpreußens. München 1950. Der<br />

Tod Dieter von Pleskows, e<strong>in</strong>es politischen Amtsleiters <strong>der</strong> NSDAP und ehemaligen Gebietskommissars<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Ukra<strong>in</strong>e („Ke<strong>in</strong> Unrecht geschah, wo ich geführt habe.“, S. 151), <strong>der</strong><br />

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136<br />

Katarzyna Śliwińska<br />

manifestiert sich <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Weise <strong>in</strong> Texten, die die Katastrophe des <strong>deutsche</strong>n<br />

›Zusammenbruchs‹ wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> frühen Apokalyptik 34 als das Ende e<strong>in</strong>es<br />

Durchgangs <strong>in</strong>szenieren, nach dem e<strong>in</strong>e Erneuerung bevorsteht. So z. B. bei<br />

Werner Klose, dessen 1953 erschienener Roman Jenseits <strong>der</strong> Schleuse aus <strong>der</strong> existentiell<br />

gedeuteten „Situation des verlorenen Postens“ heraus e<strong>in</strong>e „S<strong>in</strong>ngebung<br />

<strong>der</strong> Endkämpfe“ für e<strong>in</strong> Kollektiv versucht. 35 Die Struktur des Mythos sche<strong>in</strong>t<br />

auch dort durch, wo <strong>der</strong> Krieg im E<strong>in</strong>klang mit <strong>der</strong> dämonologischen Schicksals-<br />

und Katastrophendeutung <strong>der</strong> frühen Nachkriegszeit als Schicksalskampf<br />

imag<strong>in</strong>iert wird. Die F<strong>in</strong>alität als Organisationspr<strong>in</strong>zip des Erzählten wird hier<br />

<strong>in</strong> das Erzählte h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> projiziert; die zum historischen Verlauf geordnete Kont<strong>in</strong>genz<br />

wird dadurch mit e<strong>in</strong>er Tiefendimension ausgestattet, <strong>in</strong> <strong>der</strong> mehr o<strong>der</strong><br />

m<strong>in</strong><strong>der</strong> personal gedachte ›Mächte‹ wirken. Nach dem Zweiten Weltkrieg stellte<br />

sich diese Form mythologischen Erzählens, wie Volker C. Dörr <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Untersuchung<br />

<strong>der</strong> mythopoetischen Verfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> west<strong>deutsche</strong>n Literatur zeigt, vor<br />

allem als „e<strong>in</strong>e Form <strong>der</strong> Welterkenntnis“ dar, „die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em emphatischen S<strong>in</strong>n<br />

›tiefer‹ geht als historische Ursachenforschung“. 36 Erklärungsversuchen dieser<br />

Art ist geme<strong>in</strong>sam, dass sie Geschichte nicht als Folge menschlichen Handelns,<br />

son<strong>der</strong>n als ›Schicksal‹ begreifen, dem gegenüber die Frage nach Intentionalität<br />

und Verantwortlichkeit als <strong>in</strong>adäquat ersche<strong>in</strong>t. 37<br />

das „Diabolische“ (S. 89) von Hitlers Politik (vor allem gegenüber <strong>der</strong> eigenen Bevölkerung)<br />

erkennt und se<strong>in</strong>en „Irrtum“ sühnt, <strong>in</strong>dem er die Flucht <strong>der</strong> Zivilbevölkerung organisiert,<br />

wird im Rückgriff auf christliche Topik als Passion <strong>in</strong>szeniert: „Se<strong>in</strong> Denken verwirrte sich, er<br />

hörte e<strong>in</strong> S<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> sich, als ob e<strong>in</strong> Engel spräche. ›Du leidest jetzt für alle!‹ sagte die s<strong>in</strong>gende<br />

Stimme. ›Du nimmst es für alle auf dich, die sich ihrer Sühne entzogen…‹ […] Die Bolschewisten<br />

wurden plötzlich fieberhaft geschäftig, stießen sich eifersüchtig von dem Liegenden<br />

zurück. Der Dunst ihrer Körper schlug <strong>in</strong> Dieters Gesicht, es war wie e<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>stere Wolke<br />

aus Asien. <strong>E<strong>in</strong>e</strong>r wälzte ihn auf den Rücken, e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er breitete se<strong>in</strong>e Arme, e<strong>in</strong> dritter se<strong>in</strong>e<br />

Be<strong>in</strong>e ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Pleskow sah jetzt aus – wie e<strong>in</strong> Gekreuzigter.“ (S. 152 f.)<br />

34 Vgl. Dietmar Kamper: Die kupierte Apokalypse. Eschatologie und Posthistoire. In: „Ästhetik und<br />

Kommunikation“ 60 (1985); Hans Krah: Weltuntergangsszenarien und Zukunftsentwürfe. Narrationen<br />

vom ›Ende‹ <strong>in</strong> Literatur und Film 1945-1990. Kiel 2004.<br />

35 „Wir kämpfen hier nicht mehr für unseren Sieg, aber wir brauchen uns auch <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lage<br />

nicht zu schämen. Hier an <strong>der</strong> O<strong>der</strong> fressen sich zwei Ungeheuer auf, und wir s<strong>in</strong>d Flammen<br />

vom Feuer, das beide verzehrt. Wir wollen glauben, daß am Ende des großen Brandes die<br />

Menschheit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e bessere Form gegossen wird.“ Werner Klose: Jenseits <strong>der</strong> Schleuse. Tüb<strong>in</strong>gen<br />

1953, S. 66, S. 140 u. S. 34.<br />

36 Dörr: Mythomimesis, S. 24 f.<br />

37 Deutungsmuster dieses Inhalts bezogen sich nicht nur auf e<strong>in</strong>zelne Personen (wie Hitler o<strong>der</strong><br />

Stal<strong>in</strong>), son<strong>der</strong>n allgeme<strong>in</strong> auf die totalitären Regime <strong>der</strong> Zeit. Vgl. Gerhart Pohl: Fluchtburg.<br />

Berl<strong>in</strong> 1955, S. 338: „Längst rasten die Dämonen <strong>der</strong> grundverschiedenen Unheilslehren mit<br />

allen Mitteln <strong>der</strong> Vernichtung gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> […]. Nach den ersten Erfolgen Belials schien das<br />

Kriegsglück sich dem Höllenfürsten zuzuneigen. Das Furchtbare an dem opferreichen R<strong>in</strong>gen<br />

war se<strong>in</strong>e Hoffnungslosigkeit. E<strong>in</strong> Grundgesetz <strong>der</strong> Welt schien außer Kraft gesetzt. Nicht<br />

<strong>der</strong> ewige Streit zwischen F<strong>in</strong>sternis und Licht hatte die Gestalt <strong>der</strong> Epoche angenommen.


<strong>E<strong>in</strong>e</strong> <strong>deutsche</strong> <strong>Odyssee</strong>? <strong>Figurationen</strong> <strong>der</strong> <strong>Irrfahrt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Literatur über Flucht und Vertreibung<br />

Neuere Texte über Flucht und Vertreibung, die die Vorgänge bei Kriegsende<br />

stärker historisieren und kontextualisieren, verzichten auf S<strong>in</strong>nangebote dieser<br />

Art. 38 Verbreitet s<strong>in</strong>d dagegen Erzählmuster, die im postheroischen S<strong>in</strong>n die<br />

S i n n l o s i g k e i t (namentlich auch die S<strong>in</strong>nlosigkeit des Sterbens im Krieg)<br />

hervorheben. Dort, wo das <strong>in</strong> <strong>der</strong> S<strong>in</strong>nlosigkeit fixierte E r l e i d e n die Grundfigur<br />

für die Darstellung und Deutung des Geschehens ist, ist die Frage nach<br />

den verfügbaren Handlungsoptionen weitgehend suspendiert; sie wird durch<br />

den Gestus des ›Alles umsonst‹ überlagert, <strong>der</strong> <strong>in</strong> Walter Kempowskis gleichnamigem<br />

Roman allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> wesentlichen Aspekten problematisiert wird. 39<br />

Mit <strong>der</strong> passivischen Wahrnehmungsform, die für die narrative Inszenierung<br />

von Ohnmacht und Ausgeliefert-Se<strong>in</strong> ausschlaggebend ist, korrespondiert e<strong>in</strong>e<br />

Naturmetaphorik, die historisches Geschehen <strong>in</strong> Bil<strong>der</strong> elementarer Gewalten<br />

(wie Flut, Feuer, Schnee und Kälte) übersetzt. Die erzählten Vorgänge gew<strong>in</strong>nen<br />

dadurch etwas Naturhaftes, das sich e<strong>in</strong>er rationalen Erklärung zu entziehen<br />

sche<strong>in</strong>t. 40 Es liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Logik solcher Perspektivierung, dass Menschen nicht<br />

als handlungs- und zurechnungsfähige Subjekte, son<strong>der</strong>n als ›Treibgut‹ 41 des<br />

Krieges, als im existentiellen S<strong>in</strong>n ›Gestrandete‹ 42 ersche<strong>in</strong>en. Die (um mit Hans<br />

Über Rußlands Wüstenei rang die F<strong>in</strong>sternis mit <strong>der</strong> F<strong>in</strong>sternis […].“ Als Gegenentwurf vgl.<br />

Hanna Stephan: Engel, Menschen und Dämonen. Gütersloh 1951.<br />

38 <strong>E<strong>in</strong>e</strong> „S<strong>in</strong>ngebung des S<strong>in</strong>nlosen“ (Theodor Less<strong>in</strong>g) aus militärischer Sicht wird allenfalls<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Rettung <strong>der</strong> Zivilbevölkerung gesucht. Vgl. Dw<strong>in</strong>ger: Wenn die Dämme brechen…, S. 38:<br />

„Wenn auch längst alles s<strong>in</strong>nlos geworden ist, was h<strong>in</strong>ter dem Kämpfen unserer Soldaten<br />

noch steht, an <strong>der</strong> ganzen Front r<strong>in</strong>gs um Deutschland, weil es nicht die kle<strong>in</strong>ste Wende mehr<br />

herbeiführen kann: Hier hat das Kämpfen noch e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, nämlich den, unsere Frauen vor<br />

den Russen zu retten! Unsere Höfe, unsere K<strong>in</strong><strong>der</strong>…“<br />

39 Walter Kempowski: Alles umsonst. München 2006. Dazu vgl. Hubert Orłowski: „Sag mir, wo die<br />

Männer s<strong>in</strong>d…“ (Dis-)Kont<strong>in</strong>uitäten <strong>in</strong> <strong>der</strong> ›ostpreußischen‹ Deprivationsliteratur. In: Carsten Gansel,<br />

Pawel Zimniak (Hrsg.): Das „Pr<strong>in</strong>zip Er<strong>in</strong>nerung“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschsprachigen Gegenwartsliteratur nach<br />

1989. Gött<strong>in</strong>gen 2010, S. 37-45, bes. S. 45.<br />

40 So z. B. <strong>in</strong> Ilse Langners Tagebuch-Roman Flucht ohne Ziel, Würzburg 1984, S. 89 f.: „S<strong>in</strong>nlos,<br />

s<strong>in</strong>nlos! Die Flucht s<strong>in</strong>nlos, denn <strong>der</strong> Fe<strong>in</strong>d holt uns doch e<strong>in</strong>. Welcher Fe<strong>in</strong>d? Die Russen,<br />

die <strong>in</strong> Panzern heranrollen?! […] e<strong>in</strong>e kühle, fe<strong>in</strong>e Nüchternheit <strong>in</strong> mir weiß, […] daß nicht<br />

<strong>der</strong> heranrollende Russe […] me<strong>in</strong> Fe<strong>in</strong>d ist, daß vielmehr das Unglück selbst sich wie e<strong>in</strong>e<br />

riesige, graue, schäumende Woge aus dem Meer des Schicksals aufgerichtet hat und mich mit<br />

furchtbarer Gewalt überstürzen wird. Hier stehe ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er friedlichen Landschaft, […] e<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> den Mahlstrom <strong>der</strong> Zeit geschleu<strong>der</strong>tes D<strong>in</strong>g.“<br />

41 U. a. Langner: Flucht ohne Ziel; Monika Taubitz: Treibgut. Stuttgart 1983; Gerhart Pohl: Fluchtburg.<br />

Berl<strong>in</strong> 1955, S. 372; Will Berthold: Der große Treck. Die Vertreibung aus den <strong>deutsche</strong>n Ostgebieten.<br />

Bayreuth 1975.<br />

42 Vgl. Grete Scholz-Gauers: Gejagtes Volk. <strong>E<strong>in</strong>e</strong> Familienchronik aus Schlesiens schwerster Zeit (1951).<br />

2. Aufl. Freiburg 1952, S. 224: „Fremdl<strong>in</strong>ge waren wir – Gestrandete – von den Wogen des<br />

Schicksals hier Angeschwemmte – nachdem unser Schiff gesunken. Gerettet – aber arm!“<br />

Ähnlich Ruth Storm: Das vorletzte Gericht (1953). Würzburg 1989, S. 220: „Draußen trieb <strong>der</strong><br />

Schnee, es g<strong>in</strong>g auf Weihnachten, und die E<strong>in</strong>gesessenen saßen auf ihrem eigenen Land wie<br />

137


138<br />

Katarzyna Śliwińska<br />

Blumenberg zu sprechen) Dase<strong>in</strong>smetapher des Schiffbruchs, die <strong>in</strong> diesem Bild<br />

zitiert wird, verweist nur vor<strong>der</strong>gründig auf die Geschichte des schiffbrüchigen<br />

Odysseus’. Das antike Epos sieht im Schiffbruch die ›legitime‹ Konsequenz <strong>der</strong><br />

Seefahrt, die als Grenzverletzung verstanden wird; <strong>in</strong> neuzeitlicher Deutung ist<br />

das Risiko, Schiffbruch zu erleiden, <strong>der</strong> dem Fortschritt zu entrichtende Preis. 43<br />

Dieses semantische Potential <strong>der</strong> Schiffbruch-Metapher wird <strong>in</strong> den <strong>deutsche</strong>n<br />

›<strong>Odyssee</strong>n‹ nur selten aktualisiert: Die <strong>Irrfahrt</strong> wie <strong>der</strong> Schiffbruch s<strong>in</strong>d hier<br />

Ausdruck für die Willkür politischer und militärischer Gewalten (auch für die<br />

Willkür <strong>der</strong> neuen Grenzziehung); die Bewegung im Raum ist hier nicht nur im<br />

wörtlichen, son<strong>der</strong>n auch im existentiellen S<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>e Grenzerfahrung.<br />

In Narrationen, die ihren Fokus auf das ›Danach‹ <strong>der</strong> Katastrophe setzen,<br />

dom<strong>in</strong>ieren Bil<strong>der</strong> des Verfalls und <strong>der</strong> Zerstörung, die <strong>in</strong> unterschiedlicher<br />

Weise funktionalisiert werden. In Texten, die <strong>in</strong> ihrer jeweils erzählten Welt zugleich<br />

e<strong>in</strong> geschlossenes Wert- und Normensystem präsentieren, dienen solche<br />

Beschreibungen nicht nur <strong>der</strong> Inszenierung e<strong>in</strong>es zeitlichen und existentiellen<br />

Bruchs zwischen Vergangenheit und Gegenwart, son<strong>der</strong>n – mehr o<strong>der</strong> m<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

explizit – auch <strong>der</strong> Kontrastierung <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n (europäischen) ›Kultur‹ und<br />

<strong>der</strong> östlichen ›Barbarei‹. 44 Bil<strong>der</strong> brachliegen<strong>der</strong> (nicht kultivierter) Fel<strong>der</strong> und<br />

Gärten erfüllen e<strong>in</strong>e ähnliche Funktion; <strong>in</strong> weniger ideologisierter Variante markieren<br />

sie die Abwesenheit <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Bevölkerung und die Auflösung des<br />

sozialen Zugehörigkeitsraums ›Heimat‹. In ihrem Subtext wird <strong>der</strong> (von Adorno<br />

bereits dekonstruierte 45 ) Gegensatz von Natur und Geschichte aufgehoben; das<br />

Moment, <strong>in</strong> dem beide konvergieren, ist die Vergänglichkeit, die das Natürliche<br />

als e<strong>in</strong> Zeichen des Geschichtlichen erkennen lässt. In vielen Texten demonstrieren<br />

die Ru<strong>in</strong>en <strong>der</strong> ›Heimat‹ genauso wie die Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> Auflösung zum<strong>in</strong>dest<br />

implizite den Sieg <strong>der</strong> Natur über die menschliche (bzw. <strong>deutsche</strong>) Zivilisation. 46<br />

Schiffbrüchige, wie Gestrandete, denen verborgen war, ob es e<strong>in</strong>e Möglichkeit geben würde,<br />

neues Land zu f<strong>in</strong>den o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Schiff, sie zu neuen Küsten zu br<strong>in</strong>gen.“<br />

43 Vgl. Hans Blumenberg: Schiffbruch mit Zuschauer. Paradigma e<strong>in</strong>er Dase<strong>in</strong>smetapher. Frankfurt/M.<br />

1997.<br />

44 S<strong>in</strong>nfällige Beispiele liefern <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e autobiographische Texte: Scholz-Gauers: Gejagtes<br />

Volk; Ruth Storm: Ich schrieb es auf. Das letzte Schreiberhauer Jahr. München 1961.<br />

45 Hierzu vgl. Theodor W. Adorno: Die Idee <strong>der</strong> Naturgeschichte. In: Philosophische Frühschriften. Hg.<br />

von Rolf Tiedemann. Frankfurt/M. 1973.<br />

46 U. a. bei Arno Surm<strong>in</strong>ski: Jokehnen o<strong>der</strong> Wie lange fährt man von Ostpreußen nach Deutschland?<br />

Stuttgart 1974, S. 348. „E<strong>in</strong> Geruch von Verwesung, von faulenden Lumpen und verrottetem<br />

Bettzeug liegt über dem Dorf. Auf den Höfen wuchern Brennessel und Wegerich. Das Unkraut<br />

ist über die Pflüge und Eggen gekrochen, und <strong>in</strong> den Gärten stehen die weißen Pusteln<br />

<strong>der</strong> Butterblumen zwischen verkrauteten Spargelbeeten und giftgrünen Stachelbeeren. Auf<br />

den Treppen wächst Gras, und die Wolshagener Pflasterste<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d zwischen Wegerich und<br />

Löwenzahn nur spärlich zu erkennen. Die Natur holt sich alles wie<strong>der</strong>.“ Ähnlich bei Hugo<br />

Hartung: Gewiegt von Regen und Schnee. München 1954, S. 289 f.


<strong>E<strong>in</strong>e</strong> <strong>deutsche</strong> <strong>Odyssee</strong>? <strong>Figurationen</strong> <strong>der</strong> <strong>Irrfahrt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Literatur über Flucht und Vertreibung<br />

Das Verhältnis von Natur und menschlicher Geschichte wird an<strong>der</strong>s <strong>in</strong> Texten<br />

konzeptualisiert, die – wie Monika Taubitz’ autobiographisch fundierter Roman<br />

Durch Lücken im Zaun (1977) – vom Ende <strong>der</strong> K<strong>in</strong>dheitsidyllen handeln. Die Idylle<br />

zeichnet sich bekanntlich nicht durch Geschichtlichkeit, son<strong>der</strong>n durch Statik<br />

außerhalb <strong>der</strong> Zeit (im S<strong>in</strong>ne des mo<strong>der</strong>nen Zeitbegriffs) aus; die abgegrenzte<br />

räumliche Welt <strong>der</strong> Idylle, die <strong>in</strong> dieser Abgeschlossenheit Schutz vor Aggression<br />

von außen bietet, ist <strong>in</strong> den zyklischen Rhythmus <strong>der</strong> Naturzeiten e<strong>in</strong>gebettet. 47<br />

In Durch Lücken im Zaun wird <strong>der</strong> E<strong>in</strong>bruch <strong>der</strong> historischen Zeit 48 <strong>in</strong> die bisher<br />

dase<strong>in</strong>ssichere Welt <strong>der</strong> k<strong>in</strong>dlichen Protagonist<strong>in</strong> („Alle<strong>in</strong> dieses Tal hat <strong>der</strong> Krieg<br />

noch nicht gefunden. Es liegt still und dunkel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand Gottes wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

weltfernen Wiege.“ 49 ) als Vertreibung aus dem Garten Eden <strong>in</strong>szeniert: „Bäume,<br />

die gefällt werden, wachsen nicht wie<strong>der</strong> fest! Es gibt ke<strong>in</strong>e Spiele mehr drüben<br />

im Park, und <strong>der</strong> Akazienberg bleibt verschlossen. Betreten verboten!“ 50<br />

Es gehört zur Struktur <strong>der</strong> Idylle, dass ihr Raum als von außen (von Naturgewalten<br />

o<strong>der</strong> geschichtlichen Kataklysmen) bedroht ersche<strong>in</strong>t; dem Idyllischen<br />

wohnt daher e<strong>in</strong>e Ambivalenz <strong>in</strong>ne, die ihren Ursprung auch dar<strong>in</strong> hat, dass die<br />

arkadische Vision ihrem Wesen nach e<strong>in</strong>em Mangel entspr<strong>in</strong>gt: <strong>der</strong> unerfüllten<br />

Sehnsucht nach Geborgenheit. In <strong>der</strong> Literatur über Flucht und Vertreibung ist<br />

<strong>der</strong> vertraute Nahbereich des Heimischen mit se<strong>in</strong>em topologischen Zentrum,<br />

dem Haus, als Raum <strong>der</strong> Geborgenheit markiert. Das Fortgehen von zu Hause<br />

bzw. das E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen Frem<strong>der</strong> <strong>in</strong> den geschützten Raum des Eigenen wird somit<br />

(im S<strong>in</strong>ne von Jurij M. Lotmans Raumsemantik 51 ) als das Überschreiten e<strong>in</strong>er<br />

klassifikatorischen Grenze <strong>in</strong>szeniert, die den Raum <strong>der</strong> fiktionalen Welt <strong>in</strong> zwei<br />

unterschiedlich semantisierte Unterräume teilt. Topologische Oppositionen<br />

wie <strong>in</strong>nen – außen, nah – fern, offen – geschlossen werden mit semantischen<br />

47 Zum Chronotopos <strong>der</strong> Idylle vgl. Michail M. Bacht<strong>in</strong>: Formen <strong>der</strong> Zeit im Roman. Untersuchungen<br />

zur historischen Poetik. Dt. von Michael Dewey. Frankfurt/M. 1989, S. 170-191. Diese spezifische<br />

räumlich-zeitliche Ordnung <strong>der</strong> Idylle f<strong>in</strong>det sich bei Taubitz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beschreibung des<br />

K<strong>in</strong>dheitsparadieses auf dem Akazienberg wie<strong>der</strong>: „Hier oben verr<strong>in</strong>nen die Sommertage,<br />

während die Stunden bewußtlos <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>fließen. Die Geräusche aus dem Dorf kl<strong>in</strong>gen<br />

herauf, werden aber nicht wahrgenommen. Die Stimmen <strong>der</strong> Erwachsenen, <strong>der</strong> Stundenschlag<br />

<strong>der</strong> Kirchturmuhr, das Motorengeräusch e<strong>in</strong>es vorbeifahrenden Autos, <strong>der</strong> Pfiff <strong>der</strong><br />

Lokomotive s<strong>in</strong>d unwirklich und wie von e<strong>in</strong>em fremden Stern. Nur an den wan<strong>der</strong>nden<br />

Schatten mißt man die Zeit.“ Monika Taubitz: Durch Lücken im Zaun. <strong>E<strong>in</strong>e</strong> K<strong>in</strong>dheit zwischen<br />

1944 und 1946. Würzburg 2006, S. 31.<br />

48 Ebd., S. 13 f.: „E<strong>in</strong> fremdes Geräusch zieht durch das Bieltal, e<strong>in</strong> langgezogener häßlicher Ton,<br />

<strong>der</strong> plötzlich zu furchtbarem Dröhnen anwächst und ebenso rasch wie<strong>der</strong> vergeht, er<strong>in</strong>nert<br />

die Menschen, es ist Krieg.“<br />

49 Ebd., S. 27.<br />

50 Ebd., S. 279.<br />

51 Jurij M. Lotman: Die Struktur des künstlerischen Textes (1970). Hg. von Ra<strong>in</strong>er Grübel.<br />

Frankfurt/M. 1973, S. 332.<br />

139


140<br />

Gegensatzpaaren verbunden, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur über Flucht und Vertreibung <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Regel mit Wertungen e<strong>in</strong>hergehen: vertraut – fremd, warm – kalt, sauber –<br />

schmutzig, privat – öffentlich, Europa – Asien. 52 In Szenen <strong>der</strong> Vergewaltigung<br />

verb<strong>in</strong>den sich die Achsen oben – unten (Sieger und Besiegte) und <strong>in</strong>nen – außen<br />

(E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen). 53 Diese topologisch-semantischen Kontraste f<strong>in</strong>den sich im<br />

Bild des durch das ›E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen‹ Frem<strong>der</strong> ›geschändeten‹ Hauses wie<strong>der</strong>. Über<br />

die Materialität des Hauses (Bil<strong>der</strong> verlassener und verwüsteter Wohnungen,<br />

zerschossener Fenster, ausgehängter bzw. e<strong>in</strong>getretener Türen) wird die Grundstruktur<br />

<strong>der</strong> Handlung <strong>in</strong> vielen Romanen über Flucht o<strong>der</strong> Vertreibung – die<br />

(Zer-)Störung <strong>der</strong> Ordnung – <strong>in</strong> Szene gesetzt. Nicht nur Räume s<strong>in</strong>d hier semantisch<br />

aufgeladen, auch Raumbeziehungen wie Bewegungen o<strong>der</strong> Blicke – so<br />

z. B. <strong>der</strong> Blick aus dem Fenster auf die vorüberziehenden Flüchtl<strong>in</strong>gstrecks, <strong>der</strong><br />

die ›klassifikatorische Grenze‹ zwischen ›<strong>in</strong>nen‹ und ›außen‹ (›Geborgenheit‹ und<br />

›Gefahr‹) durchlässig macht.<br />

3. Die <strong>Odyssee</strong> als narrative Matrix <strong>deutsche</strong>r ›<strong>Odyssee</strong>n‹?<br />

Katarzyna Śliwińska<br />

Die homerische <strong>Odyssee</strong> folgt <strong>der</strong> klassischen Struktur des νόστος, <strong>der</strong> Heimkehr<br />

nach e<strong>in</strong>er Kette lebensbedrohlicher Abenteuer. Die narrative Matrix des<br />

überstandenen Abenteuers entstammt e<strong>in</strong>er mythischen Vorstellungswelt, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> die ›<strong>Irrfahrt</strong>‹ von e<strong>in</strong>er letztlich alles umfassenden Ordnung umgriffen<br />

ist. Manche <strong>deutsche</strong> Flucht- und Vertreibungsodysseen übernehmen diese<br />

Implikation und wenden sie <strong>in</strong>s Christlich-Stoische, 54 die meisten jedoch handeln<br />

von <strong>der</strong> Auflösung jeglicher (zum<strong>in</strong>dest: <strong>der</strong> bisherigen) Ordnung, vom<br />

Chaos und <strong>der</strong> Willkür durchaus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Immanenz <strong>der</strong> Welt (sieht man von<br />

den dämonologischen Deutungen <strong>der</strong> frühen Nachkriegszeit ab) wirken<strong>der</strong><br />

Instanzen.<br />

Die Formen, <strong>in</strong> denen die ›<strong>Irrfahrt</strong>en‹ <strong>deutsche</strong>r Flüchtl<strong>in</strong>ge und Vertriebener<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Nachkriegsliteratur erzählt werden, lassen sich mit<br />

Michail Bacht<strong>in</strong>s Konzept des Chronotopos vermitteln. Bacht<strong>in</strong> def<strong>in</strong>iert den<br />

Chronotopos als e<strong>in</strong>e ganzheitlich zu denkende ›Raumzeit‹; Raum und Zeit s<strong>in</strong>d<br />

dar<strong>in</strong> untrennbar und wechselseitig aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> bezogen: „Die Merkmale <strong>der</strong><br />

Zeit offenbaren sich im Raum, und <strong>der</strong> Raum wird von <strong>der</strong> Zeit mit S<strong>in</strong>n erfüllt<br />

52 Vgl. Storm: Ich schrieb es auf, S. 63: „Die Wohnungen <strong>der</strong> Deutschen werden zum Tummelplatz<br />

<strong>der</strong> Öffentlichkeit.“<br />

53 Vgl. Birgit Dahlke: „Frau komm!“ Vergewaltigungen 1945 – zur Geschichte e<strong>in</strong>es Diskurses. In: Birgit<br />

Dahlke, Mart<strong>in</strong>a Langermann u. Thomas Taterka (Hrsg.): LiteraturGesellschaft DDR: Kanonkämpfe<br />

und ihre Geschichte(n). Stuttgart 2000, S. 275-311, hier S. 276.<br />

54 Vgl. Ruth Storm: Das vorletzte Gericht. München 1953.


<strong>E<strong>in</strong>e</strong> <strong>deutsche</strong> <strong>Odyssee</strong>? <strong>Figurationen</strong> <strong>der</strong> <strong>Irrfahrt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Literatur über Flucht und Vertreibung<br />

und dimensioniert.“ 55 Se<strong>in</strong> Chronotopos ist somit mehr als e<strong>in</strong>e bloß formale<br />

Analyse- und Beschreibungskategorie und <strong>in</strong>sofern beson<strong>der</strong>s gut geeignet, e<strong>in</strong>en<br />

Textkorpus zu erfassen, <strong>der</strong> primär <strong>in</strong>haltlich def<strong>in</strong>iert ist. Der Chronotopos legt<br />

die Koord<strong>in</strong>aten e<strong>in</strong>er Erzählung fest; er ist ihr ›Organisationszentrum‹, das den<br />

Handlungsverlauf und die Handlungsmöglichkeiten <strong>der</strong> Figuren bestimmt, und<br />

somit auch entscheidend für die Vermittlung von Wertpositionen.<br />

Romane über Flucht und Vertreibung, die ihre Handlung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Episodenkette<br />

zwischen Aufbruch und Ankunft entfalten, folgen e<strong>in</strong>er spezifischen Logik<br />

<strong>der</strong> ›an<strong>der</strong>en Zeit‹ des Abenteuers und rücken damit <strong>in</strong> die Nähe des (trivialen)<br />

Abenteuerromans, dessen Chronotopos mit <strong>der</strong> Triade Ausfahrt – Abenteuer –<br />

Heimkehr beschrieben werden kann. Diese Logik wird <strong>in</strong> den Erzählungen über<br />

Flucht und Ausweisung durch den Gestus des ›Zum-letzten-Mal‹ überlagert, <strong>der</strong><br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Szenen des Abschieds prägt. 56 Der letzte Blick zurück 57 ist – wie <strong>der</strong><br />

letzte Gang durch alle Räume des Hauses, die dadurch zu Er<strong>in</strong>nerungsräumen<br />

werden – e<strong>in</strong> fester Topos <strong>in</strong> Texten dieser Art. In e<strong>in</strong>er Vielzahl ähnlich arrangierter<br />

Szenen wird das Fortgehen von zu Hause als e<strong>in</strong> Bruch im Kont<strong>in</strong>uum<br />

<strong>der</strong> biographischen und historischen Zeit <strong>in</strong>szeniert. 58 In Passagen, die den<br />

Aufbruch <strong>in</strong> unvertraute Horizonte und Lebenskreise schil<strong>der</strong>n, zeigt sich beispielhaft<br />

die Verräumlichung <strong>der</strong> Zeit und die Verzeitlichung des Raumerlebens,<br />

die Bacht<strong>in</strong> im Begriff des Chronotopos erfasst. Der Raum erschließt sich hier<br />

vornehmlich im Modell <strong>der</strong> (erzwungenen) Reise, die jedoch nicht durch e<strong>in</strong>e<br />

exotische fremde Welt, son<strong>der</strong>n durch das eigene Heimatland führt. 59<br />

Der Chronotopos des Weges, <strong>der</strong> für die Flucht- und Vertreibungsodysseen<br />

konstitutiv ist, konstituiert auch e<strong>in</strong>e weitere Variante des Genres, die den<br />

55 Bacht<strong>in</strong>: Formen <strong>der</strong> Zeit im Roman, S. 8. Zu Bacht<strong>in</strong>s Chronotopos-Konzept vgl. Michael<br />

Wegner: Die Zeit im Raum. Zur Chronotopostheorie Michail Bacht<strong>in</strong>s. In: „Weimarer Beiträge“ 35<br />

(1989), H. 8, S. 1357-1367.<br />

56 Vgl. Rudolf Naujok (Hrsg.): So g<strong>in</strong>gen wir fort. Ost<strong>deutsche</strong> Autoren erzählen von den letzten Tagen<br />

daheim. München 1970.<br />

57 Vgl. Dw<strong>in</strong>ger: Wenn die Dämme brechen…, S. 76: „Auf dem Trittbrett richtete sich Pleskow<br />

noch e<strong>in</strong>mal auf, umfaßte se<strong>in</strong> Reich mit e<strong>in</strong>em alles umschl<strong>in</strong>genden Blick: Die Türme des<br />

Herrenhauses, die Storchennester <strong>der</strong> Scheunen, die Dachreiter <strong>der</strong> Stallungen. Die Hügel,<br />

die Täler, die Wäl<strong>der</strong>… Dann ließe er sich neben Frau Au gusta nie<strong>der</strong>s<strong>in</strong>ken, griff wie e<strong>in</strong><br />

Schiffbrüchiger nach ihren Händen.“<br />

58 Die existentielle Bedeutung des Geschehens wird <strong>in</strong> Bil<strong>der</strong> stillgestellter (biographischer<br />

und historischer) Zeit übersetzt. Vgl. u. a. Scholz-Gauers: Gejagtes Volk, S. 17 „Ich sah nach<br />

unserer lieben Standuhr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Diele, die uns so genau die Zeit angegeben hatte, und ich hatte<br />

das Gefühl, als müßte ich sie anhalten; die Zeit war für uns um.“ Ähnlich <strong>in</strong>: Horst Bienek:<br />

Erde und Feuer. 3. Aufl. München, Wien 1984, S. 160: „Dann g<strong>in</strong>g sie zur Wanduhr, öffnete<br />

die Glastür und hielt das Perpendikel an. Es war genau Zwölfuhrsiebzehn. Und als nun auf<br />

e<strong>in</strong>mal das vertraute Ticken nicht mehr zu hören war, kam ich das Haus so fremd und öde<br />

vor, daß sie es, ohne sich noch e<strong>in</strong>mal umzusehen, mit raschen Schritten verließ.“<br />

59 Vgl. Bacht<strong>in</strong>: Formen <strong>der</strong> Zeit im Roman, S. 194.<br />

141


142<br />

Katarzyna Śliwińska<br />

Vorgaben des abenteuerlichen Schelmenromans folgt. Bestimmte Grundmuster<br />

pikaresken Erzählens f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> Texten wie<strong>der</strong>, die von den<br />

vielfältigen ›Listen <strong>der</strong> Selbsterhaltung‹ berichten, um <strong>in</strong> verschiedenen Episoden<br />

das Panorama e<strong>in</strong>er chaotischen, aus den Fugen geratenen Welt zu entfalten. In<br />

<strong>der</strong> Regel aber fehlt solchen Berichten die doppelbödige Anlage des pikaresken<br />

Romans, <strong>der</strong> als unzuverlässige Ich-Erzählung e<strong>in</strong>er Komplementärlektüre unterzogen<br />

werden muss. 60 Die (Flucht-)Straße, die Bacht<strong>in</strong> als e<strong>in</strong>en transitorischen<br />

Ort <strong>der</strong> Begegnung von Menschen mit unterschiedlichen (Lebens-)Wegen und<br />

sozialen, kulturellen und persönlichen H<strong>in</strong>tergründen beschreibt, ist hier, genauso<br />

wie die verlassenen Wohnungen, Flüchtl<strong>in</strong>gsquartiere, Gefängnisse und<br />

Sammellager 61 , Ort <strong>der</strong> Initiation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Welt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> bisher gültige Werte und<br />

Verhaltensregulative ihre Verb<strong>in</strong>dlichkeit verloren haben. Das Erzählschema<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong>itiation story wird <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Weise <strong>in</strong> Texten <strong>in</strong>strumentalisiert, die die<br />

Vorgänge bei Kriegsende und danach aus <strong>der</strong> Perspektive von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />

schil<strong>der</strong>n. Die Chronologie <strong>der</strong> Erzählung ist hier an biographische<br />

E<strong>in</strong>schnitte und traumatische Grenzerfahrungen gebunden, die Phasen und<br />

Stationen e<strong>in</strong>es ›Lebensweges‹ markieren.<br />

Für Horkheimer und Adorno ist Odysseus’ <strong>Irrfahrt</strong> von Troja nach Ithaka<br />

„<strong>der</strong> Weg des leibhaft gegenüber <strong>der</strong> Naturgewalt unendlich schwachen und im<br />

Selbstbewußtse<strong>in</strong> erst sich bildenden Selbst durch die Mythen“. 62 Se<strong>in</strong>e Abenteuer<br />

„bedenken jeden Ort mit se<strong>in</strong>em Namen. Aus ihnen gerät die rationale Übersicht<br />

über den Raum.“ Dar<strong>in</strong> liegt die entscheidende Differenz zu den <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n<br />

Nachkriegsliteratur erzählten Flucht- und Vertreibungsodysseen, die den Raum<br />

ebenfalls im Modell <strong>der</strong> <strong>Irrfahrt</strong> erschließen. Narrationen dieses Inhalts arbeiten<br />

mit e<strong>in</strong>er Vielzahl topographischer Angaben, die ihr räumliches Ordnungschema<br />

konstituieren. 63 Zugleich ist diese Raumordnung <strong>in</strong> hohem Maß durch Ungleichzeitigkeit<br />

und Mehrfachkodierung charakterisiert. In Texten, die ihren Fokus<br />

auf das Fluchtgeschehen richten, erschließt sich <strong>der</strong> Raum durch Bewegung, die<br />

<strong>in</strong> ihrer Richtung und Geschw<strong>in</strong>digkeit primär <strong>der</strong> Dynamik des Krieges folgt.<br />

Mit e<strong>in</strong>er Inversion dieses traditionellen Paradigmas <strong>der</strong> Raumerfahrung haben<br />

wir es dort zu tun, wo die ›Fremde‹ (<strong>in</strong> Gestalt frem<strong>der</strong> Soldaten und – <strong>in</strong> ihrem<br />

60 Vgl. Matthias Bauer: Im Fuchsbau <strong>der</strong> Geschichte. Anatomie des Schelmenromans. Stuttgart, Weimar<br />

1993; Jürgen Jacobs: Der Weg des Pícaro. Untersuchungen zum europäischen Schelmenroman. Trier<br />

1998.<br />

61 Vgl. u. a. Leonie Ossowski: Herrn Rudolfs Vermächtnis. Hamburg 1997; Hans Schellbach: Du<br />

deutsch? – Raus! Roman über die Vertreibung <strong>der</strong> Deutschen zwischen o<strong>der</strong> und Neiße. Dülmen 1989.<br />

62 Horkheimer, Adorno: Dialektik <strong>der</strong> Aufklärung, S. 61. Die <strong>Odyssee</strong> zeichnet <strong>in</strong> dieser Deutung<br />

nicht e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle biographische Trajektorie, son<strong>der</strong>n die „Fluchtbahn des Subjekts vor<br />

den mythischen Mächten“ nach.<br />

63 Ihr charakteristisches Merkmal ist die topographische Verankerung <strong>der</strong> Handlung, ihre B<strong>in</strong>B<strong>in</strong>dung an konkrete Schauplätze und sozio-kulturelle Milieus (Dorf, Schloss).


<strong>E<strong>in</strong>e</strong> <strong>deutsche</strong> <strong>Odyssee</strong>? <strong>Figurationen</strong> <strong>der</strong> <strong>Irrfahrt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Literatur über Flucht und Vertreibung<br />

Gefolge – e<strong>in</strong>er fremden Bevölkerung) <strong>in</strong> den vertrauten Nahbereich des ›Heimischen‹<br />

e<strong>in</strong>bricht und ihn dadurch ›unheimlich‹ macht. Die <strong>Odyssee</strong>n, die durch<br />

die ehemals vertraute, durch Front- und Grenzverschiebung fremd gewordene<br />

›Heimat‹ führen, werden im wörtlichen S<strong>in</strong>n des Wortes als <strong>Irrfahrt</strong> <strong>in</strong>szeniert:<br />

Die Orientierung <strong>in</strong> Raum 64 und Zeit 65 versagt, die ›Ordnung‹ wird <strong>in</strong> ›Chaos‹<br />

aufgelöst, die ›Heimat‹ wird zur ›Fremde‹, die symbolisch durch Zeichen frem<strong>der</strong><br />

Gewalt (Uniformen, Fahnen) und – auf e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Ebene – durch die<br />

Verweigerung <strong>der</strong> Kommunikation markiert ist.<br />

Es handelt sich hier um e<strong>in</strong>e semantisch aufgeladene topologische Ordnung<br />

im S<strong>in</strong>ne Jurij Lotmans, die durch topographische Markierungen konkretisiert<br />

wird. Die Semantisierung des Raumes zeigt sich <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Weise <strong>in</strong> Texten,<br />

die die ›<strong>Odyssee</strong>‹ <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Flüchtl<strong>in</strong>ge symbolisch <strong>in</strong> topographischen<br />

Denom<strong>in</strong>ationen wie Nemmersdorf o<strong>der</strong> Dresden aufhebt. Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ordnung<br />

<strong>der</strong> Erzählung weit mehr als nur räumliche Konkretisationen erfahrenen<br />

Leids. Vielmehr s<strong>in</strong>d sie – um mit Jörn Rüsen zu sprechen – als „narrative Abbreviaturen“,<br />

als „<strong>in</strong> Sprache e<strong>in</strong>gelagerte Geschichten“ zu begreifen, die nicht<br />

als solche erzählt, son<strong>der</strong>n als schon erzählte aufgerufen und kommunikativ<br />

verwendet werden. 66<br />

Die topische Heimkehr von e<strong>in</strong>er <strong>Irrfahrt</strong> – so Hans Blumenberg <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Arbeit am Mythos – ist „e<strong>in</strong>e Bewegung <strong>der</strong> S<strong>in</strong>nrestitution […], vorgestellt im<br />

Muster <strong>der</strong> Schließung des Kreises, die den Ordnungstenor <strong>der</strong> Welt und des<br />

Lebens gegen jeden Ansche<strong>in</strong> von Zufall und Willkür verbürgt“. 67 So auch bei<br />

Homer, dessen Odysseus am Ende se<strong>in</strong>er Abenteuer se<strong>in</strong>e Macht als Hausherr<br />

und Herrscher restituiert. Die <strong>Odyssee</strong> schil<strong>der</strong>t somit e<strong>in</strong>e geglückte soziale Re<strong>in</strong>tegration<br />

nach dem Krieg, an<strong>der</strong>s als die ebenfalls zum trojanischen Sagenkreis<br />

gehörende Heimkehr-Geschichte Agamemnons, dem Klytaimestra die Rückkehr<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e vormalige Position versagt – <strong>in</strong>dem sie ihn ermordet. 68<br />

64 Vgl. Berthold: Der große Treck, S. 58: „Woh<strong>in</strong>? Die Heimat ist e<strong>in</strong> Labyr<strong>in</strong>th. […] Ortsschil<strong>der</strong><br />

s<strong>in</strong>d umgestürzt. Dörfer haben ke<strong>in</strong>e Namen mehr.“<br />

65 Vgl. Surm<strong>in</strong>ski: Jokehnen o<strong>der</strong> Wie lange fährt man von Ostpreußen nach Deutschland?, S. 394 f: „›Wie<br />

spät es wohl ist?‹ fragte jemand aus dem dunklen Güterwagen. <strong>E<strong>in</strong>e</strong> törichte Frage, denn es<br />

gab <strong>in</strong> Ostpreußen ke<strong>in</strong>e Uhren mehr. Die lagen <strong>in</strong> Trümmern o<strong>der</strong> tickten an russischen<br />

Armen.“<br />

66 Jörn Rüsen: Historische Orientierung. Über die Arbeit des Geschichtsbewußtse<strong>in</strong>s, sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit zurechtzuf<strong>in</strong>den.<br />

Köln u. a. 1994, S. 10.<br />

67 Hans Blumenberg: Arbeit am Mythos. 3. Aufl. Frankfurt/M. 1984, S. 86.<br />

68 Hierzu vgl. Ortrud Gutjahr: Der an<strong>der</strong>e Kampfplatz. Der Troianische Krieg und se<strong>in</strong>e Beziehungsmuster<br />

im Gedächtnis <strong>der</strong> Literatur. In: Waltraud ›Wara‹ Wende (Hrsg.): Krieg und Gedächtnis. E<strong>in</strong> Ausnahmezustand<br />

im Spannungsfeld politischer, literarischer und filmischer S<strong>in</strong>nkonstruktion. Würzburg 2005,<br />

S. 92-120. Im <strong>deutsche</strong>n Nachkrieg sorgte die Familien- und Sozialpolitik für die Restitution<br />

patriarchaler Machtverhältnisse; sie reagierte damit auf die Verunsicherung <strong>der</strong> tradierten<br />

Geschlechter- und Familienordnung, die während des Krieges <strong>in</strong> Bewegung geraten war.<br />

143


144<br />

Dieses Ordnungs- und S<strong>in</strong>nversprechen des Mythos wird <strong>in</strong> den ›<strong>Odyssee</strong>n‹ <strong>der</strong><br />

Flucht und Vertreibung nicht e<strong>in</strong>gelöst. Die Integration von rund zwölf Millionen<br />

<strong>deutsche</strong>r Flüchtl<strong>in</strong>ge und Vertriebener wird zwar öffentlich als e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> größten<br />

Erfolgsgeschichten <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland er<strong>in</strong>nert, dennoch sahen<br />

sich die Betroffenen <strong>in</strong> <strong>der</strong> neuen „Zwangsheimat“ benachteiligt und als Fremde<br />

ausgegrenzt. 69 Ihre ›<strong>Odyssee</strong>n‹ beschreiben ke<strong>in</strong>en Heim-, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>en Fluchtweg;<br />

am Ende <strong>der</strong> Reise steht nicht die Restitution des Weltvertrauens, son<strong>der</strong>n<br />

die Erfahrung e<strong>in</strong>es Bruchs – <strong>der</strong> durch den Verlust von Besitz und Geborgenheit<br />

bewirkten Diskont<strong>in</strong>uität. Die Texte über Flucht und Vertreibung haben somit e<strong>in</strong>e<br />

an<strong>der</strong>e Raum- und Zeitstruktur als die homerische <strong>Odyssee</strong>, <strong>der</strong>en Zeitverlauf durch<br />

Verzögerung def<strong>in</strong>iert ist. In den homerischen Epen spielt die Zeit, wie Hermann<br />

Fränkel zeigt, nur als Dauer e<strong>in</strong>es exemplarischen Geschehenszusammenhangs e<strong>in</strong>e<br />

Rolle; sie materialisiert sich <strong>in</strong> den außergewöhnlichen Begebenheiten, die dar<strong>in</strong><br />

erzählt werden. 70 In den Flucht- und Vertreibungsodysseen dagegen ist die Zeit e<strong>in</strong>e<br />

wichtige Ordnungskategorie des Geschehens; sie ist nicht nur stärker strukturiert,<br />

son<strong>der</strong>n auch hochgradig semantisiert. Sie ist somit mehr als nur e<strong>in</strong> Aspekt <strong>der</strong><br />

Bewegung im Raum, die ihrerseits zugleich Thema und strukturelles Pr<strong>in</strong>zip von<br />

Narrationen dieser Art ist. Die Bewegungen im Raum (›<strong>Irrfahrt</strong>‹) glie<strong>der</strong>n hier<br />

die chronologische Bewegung <strong>der</strong> Erzählung, zugleich aber strukturiert die Zeit<br />

den erzählten Raum, <strong>in</strong>dem die zeitliche Opposition des ›Davor‹ und ›Danach‹<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegenüberstellung zweier für die Literatur über Flucht und Vertreibung<br />

konstitutiver Chronotopoi – <strong>der</strong> räumlichen Zeitmetaphern des Hauses und des<br />

Weges – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e räumliche Konstellation übersetzt wird.<br />

Diese Zeitstruktur ist nur schwer mit <strong>der</strong> „Kreisschlüssigkeit“ des homerischen<br />

Epos zu vermitteln, die von Hans Blumenberg als „e<strong>in</strong> Grundriß des<br />

Weltvertrauens“ <strong>in</strong>terpretiert wird. In <strong>der</strong> zyklischen Ordnung <strong>der</strong> <strong>Odyssee</strong>, die<br />

mit <strong>der</strong> Heimkehr des Helden e<strong>in</strong>en Kreis von Lebensvorgängen schließt, ist – so<br />

Blumenberg – die „Zuverlässigkeit aller Wege und jedes, wie auch immer unter<br />

<strong>der</strong> Gewaltenteilung <strong>der</strong> Götter erschwerten, so dennoch verzö gert erfüllbaren<br />

Der totale Krieg trug nicht nur zur Auflösung des dichotomischen Geschlechtersystems bei,<br />

das <strong>der</strong> Frau den privaten und dem Mann den öffentlichen Bereich zugewiesen hatte. Vor<br />

allem aber hatte er die Vorstellung vom kriegerischen Mann als Beschützer von Frau und<br />

Familie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Heimat <strong>in</strong> radikaler Weise <strong>in</strong> Frage gestellt. Dazu Vgl. Thomas Kühne: Zwischen<br />

Vernichtungskrieg und Freizeitgesellschaft. Die Veteranenkultur <strong>der</strong> Bundesrepublik (1945–1995). In:<br />

Nachkrieg <strong>in</strong> Deutschland, S. 90-113, hier S. 108 f. Zum „Versagen <strong>der</strong> Männergesellschaft“ vgl.<br />

Orłowski: „Sag mir, wo die Männer s<strong>in</strong>d…“, S. 37-45.<br />

69 Vgl. Michael Schwartz: „Zwangsheimat Deutschland“. Vertriebene und Kernbevölkerung zwischen Gesellschaftskonflikt<br />

und Integrationspolitik. In: Nachkrieg <strong>in</strong> Deutschland, S. 114-148; Andreas Kossert:<br />

Kalte Heimat. Die Geschichte <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Vertriebenen nach 1945. München 2008.<br />

70 Hierzu vgl. Barbara Patzek: Homer und Mykene. Mündliche Dichtung und Geschichtsschreibung.<br />

München 1992, S. 179.<br />

Katarzyna Śliwińska


<strong>E<strong>in</strong>e</strong> <strong>deutsche</strong> <strong>Odyssee</strong>? <strong>Figurationen</strong> <strong>der</strong> <strong>Irrfahrt</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>deutsche</strong>n Literatur über Flucht und Vertreibung<br />

Lebens“ vorgeprägt. 71 In <strong>der</strong> Literatur über Flucht und Vertreibung hatten Modelle<br />

zyklischer Zeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> frühen Nachkriegszeit Konjunktur; sie erlaubten es,<br />

<strong>der</strong> oberflächlich s<strong>in</strong>nlos ersche<strong>in</strong>enden Geschichte e<strong>in</strong>e Tiefendimension zuzuschreiben,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> sich das Wirken e<strong>in</strong>er göttlichen o<strong>der</strong> dämonischen Intention<br />

zeigt. 72 Das Modell des Zyklus gilt als die prototypische Struktur mythischen<br />

Geschichtsdenkens. Das bedeutet nicht zwangs läufig, dass Autoren <strong>der</strong> jüngeren<br />

Generation, die wie Re<strong>in</strong>hard Jirgl dem historischen Verlauf e<strong>in</strong>e zyklische<br />

Struktur <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kehr e<strong>in</strong>schreiben, die Geschichte remythisieren wollen. 73 Die<br />

Figur des Kreises, die se<strong>in</strong>en Roman Die Unvollendeten strukturiert, ist vielmehr als<br />

e<strong>in</strong>e Grundfigur für die Inszenierung von Er<strong>in</strong>nerung und Trauma zu betrachten,<br />

das sich gerade durch die Destruktion von S<strong>in</strong>n auszeichnet. 74 Jirgls Text bildet <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Erzählstruktur die zyklische Bewegung des Er<strong>in</strong>nerns nach, das <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en<br />

obsessiven, subjektiv unverfügbaren Formen Züge des Traumatischen trägt. 75<br />

Für die ästhetische Inszenierung des Traumas ist das ständige Überlagern von<br />

Gegenwart und Vergangenheit charakteristisch, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die jeweilige Jetztzeit ihre<br />

Konturen verliert. Die Chronologie wird hier durch e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Pr<strong>in</strong>zip außer<br />

Kraft gesetzt – das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> chronotopischen Überblendung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeiten<br />

und Orte <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> rücken. 76<br />

4. Ausblick<br />

In Jirgls Roman wird die das Trauma kennzeichnende Nachträglichkeit <strong>der</strong><br />

Symptombildung <strong>in</strong> die Dimension <strong>der</strong> Generationenfolge projiziert. 77 Diese<br />

71 Blumenberg: Arbeit am Mythos, S. 97.<br />

72 Vgl. Dörr: Mythopoesis, S. 24 f.<br />

73 Dazu vgl. Andreas Meier: Die Rückkehr des Narrativen – Re<strong>in</strong>hard Jirgls „Deutsche Chronik“. In: Volker<br />

Wehdek<strong>in</strong>g, Anne-Marie Corb<strong>in</strong> (Hrsg.): Deutschsprachige Erzählprosa seit 1990 im europäischen<br />

Kontext. Interpretationen, Intertextualität, Rezeption. Trier 2003, S. 199-220, hier S. 219 f.<br />

74 Hierzu vgl. Sigrid Weigel: Télescopage im Unbewußten. Zum Verhältnis von Trauma, Geschichtsbegriff<br />

und Literatur. In: Elisabeth Bronfen, Birgit R. Erdle, Sigrid Weigel (Hrsg.): Trauma. Zwischen<br />

Psychoanalyse und kulturellem Deutungsmuster. Köln [u. a] 1999, S. 51-76.<br />

75 Ulrike Ved<strong>der</strong> sieht <strong>in</strong> <strong>der</strong> narrativen Struktur des Romans die „poetologische Konsequenz <strong>der</strong><br />

Zeitresistenz des Traumas“. Vgl. Ulrike Ved<strong>der</strong>: Luftkrieg und Vertreibung. Zu ihrer Übertragung<br />

und Literarisierung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegenwartsliteratur. In: Cor<strong>in</strong>a Caduff, Ulrike Ved<strong>der</strong> (Hrsg.): Chiffre<br />

2000 – Neue Paradigmen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegenwartsliteratur. München 2005, S. 59-79, hier S. 77.<br />

76 Jirgl bemüht <strong>in</strong> diesem Zusammenhang die Figur e<strong>in</strong>es „Zeit-Tunnel[s] [...] zwischen Heute<br />

u: Damals“, die den <strong>in</strong> therapeutischen Trauma-Diskursen thematisierten E<strong>in</strong>bruch <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

<strong>in</strong> die jeweilige Gegenwart <strong>der</strong> Protagonisten beschreibt. Vgl. Re<strong>in</strong>hard Jirgl: Die<br />

Unvollendeten. München, Wien 2003, S. 210.<br />

77 An<strong>der</strong>s <strong>in</strong> Leonie Ossowskis Roman Herrn Rudolfs Vermächtnis, <strong>der</strong> die Zeitresistenz des<br />

Traumas an <strong>der</strong> Generation <strong>der</strong> ›Kriegsk<strong>in</strong><strong>der</strong>‹ demonstriert.<br />

145


146<br />

Katarzyna Śliwińska<br />

komplexe Zeitstruktur des Erzählens ist symptomatisch für neuere Texte über<br />

Flucht und Vertreibung, die zunehmend aus <strong>der</strong> Position des (kulturellen, medialen)<br />

Post-Gedächtnisses entworfen werden. Das diachrone Nache<strong>in</strong>an<strong>der</strong> wird<br />

dar<strong>in</strong> vielfach durch die Vorstellung e<strong>in</strong>er synchronen Koexistenz von Er<strong>in</strong>nerungsräumen<br />

überlagert, die <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e für die Generationenromane <strong>der</strong> letzten<br />

Jahre kennzeichnend ist. Innerhalb dieses Genres lassen sich mit Frie<strong>der</strong>ike<br />

Eigler zwei gegenläufige Tendenzen beobachten: In den Blick kommen zum<br />

e<strong>in</strong>en die Brüche, Wi<strong>der</strong>sprüche und Diskont<strong>in</strong>uitäten familiärer Genealogien,<br />

zum an<strong>der</strong>en aber werden durch den Schreib- und Er<strong>in</strong>nerungsprozess neue<br />

Verb<strong>in</strong>dungen und Zusammenhänge hergestellt. Dort, wo die transgenerationelle<br />

Wirkung von traumatischen Erfahrungen und schuldbesetzten Er<strong>in</strong>nerungen<br />

thematisiert wird, zeigen sich mitunter überraschende Kont<strong>in</strong>uitäten, etwa wenn<br />

die Rekonstruktion <strong>der</strong> familiären Geschichte e<strong>in</strong>e Struktur <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>holung<br />

sichtbar macht. 78 Die Generationenromane <strong>der</strong> letzten Jahre bewegen sich damit,<br />

so weiter Eigler, zwischen Distanz und Reflexion e<strong>in</strong>erseits und Empathie<br />

und affektiver Annäherung an die Vorfahren an<strong>der</strong>erseits. 79 Diese Bereitschaft<br />

zur Empathie ist auch für die neueren Texte über Flucht und Vertreibung<br />

kennzeichnend, die auf das Modell des Familien- und Generationenromans<br />

zurückgreifen. Geschichten, die sie erzählen, s<strong>in</strong>d zum Teil Geschichten e<strong>in</strong>er<br />

generationell verschobenen, imag<strong>in</strong>ären Heimkehr (Petra Reski: E<strong>in</strong> Land so<br />

weit, 2002), weit häufiger jedoch handeln sie von <strong>der</strong> Suche nach den Spuren<br />

<strong>der</strong> eigenen Herkunft, die zum Ausgangspunkt e<strong>in</strong>er biographischen <strong>Irrfahrt</strong><br />

werden kann. 80<br />

78 So bei Jirgl: Die Unvollendeten, S. 195: „die Großeltern kehren <strong>in</strong> den Enkeln wie<strong>der</strong>“; Tanja<br />

Dückers: Himmelskörper (2003), 2. Aufl. Berl<strong>in</strong> 2005, S. 274: „Dieser Satz [›Ich will nur nicht,<br />

daß du den ganzen Müll e<strong>in</strong>fach nur reproduzierst…!‹ – K.Ś.] war sicherlich nicht sehr diplomatisch.<br />

Vielleicht hatte ich ihn ausgesprochen, weil mich gerade me<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d getreten hatte<br />

und ich wie<strong>der</strong> Angst bekam vor dieser dicken, e<strong>in</strong>geschweißten Familienkette aus Schweigen,<br />

Totschlag und nochmals Schweigen, zu <strong>der</strong> ich nun für immer gehören würde. Über me<strong>in</strong>en<br />

Tod h<strong>in</strong>aus.“; auf e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Ebene bei Günter Grass: Im Krebsgang (2002). München 2004,<br />

S. 208: „Hört das nicht auf? Fängt diese Geschichte immer aufs neue an?“<br />

79 Frie<strong>der</strong>ike Eigler: Gedächtnis und Geschichte <strong>in</strong> Generationenromanen seit <strong>der</strong> Wende. Berl<strong>in</strong> 2005,<br />

S. 25 f., S. 33. Vgl. auch Ariane Eichenberg: Familie – Ich – Nation. Narrative Analysen zeitgenössischer<br />

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80 So z. B. <strong>in</strong> Olaf Müllers Roman Schlesisches Wetter. Berl<strong>in</strong> 2003 o<strong>der</strong> bei Hans-Ulrich Treichel<br />

(Der Verlo rene. Frankfurt/M. 1998; Menschenflug. Frankfurt/M. 2005; Anatol<strong>in</strong>. Frankfurt/M.<br />

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