Bienen aktuell Fachzeitschrift für ImkerInnen - Februar 2022

INTERVIEW
Bienengespräche
„Der Blick über den
Beutenrand macht Spaß”
Lothar Bodingbauer ist ORF-Radiojournalist, Podcaster und seit acht
Jahren Imker in Wien. Er bezeichnet Podcasts als die Demokratisierung
des Radios und liebt es, Stimmen aufzunehmen. Hauptberuflich
unterrichtet er Mathematik und Physik am Wiener Abendgymnasium.
Lothar, warum der Podcast
„Bienengespräche“?
Nach sechs Tagen Imkerkurs
stand ich mit drei Ablegern bereit
und wusste doch nicht genug. Ich
hatte 24 Themen niedergeschrieben,
die ich lernen wollte. Und ich
hatte gleich die Podcasterei im
Kopf, weniger den Austausch in
einem Verein. Im Juni 2014 startete
ich den Bienen-Podcast und habe
die Fragen Monat für Monat bearbeitet.
Ursprünglich dachte ich,
dann wäre der Podcast zu Ende.
Im April 2016 war die 24. Folge
online. Heute sind es 74. Warum
ging es doch weiter?
Ich liebe es, Grenzen aufzuweiten.
In jeder Folge kommen deutsch
sprechende Korrespondenten aus
aller Welt zu Wort. Dadurch hat
sich ein Wissens-Netzwerk entwickelt,
das ich sehr schätze. Ich
weite aber auch thematisch gerne
die Grenzen: zur Wissenschaft,
Landwirtschaft oder Natur. Ich
möchte die Biene nicht isoliert
besprechen. Der Blick über den
Beutenrand macht Spaß − andere
Abläufe und Produktionen
kennenzulernen und als Bienengespräch
zu führen. Diese Verbindungen
herzustellen ist großartig.
Ist ein Ende des Podcasts in Sicht?
Ich schwanke immer. Dinge mit
einem Anfang sollen auch ein
Ende haben, aber es ist noch nicht
da (lacht).
Lothar Bodingbauer
sieht sich als
Wissensvermittler –
über Podcast, Radio
und in der Schule.
Wo liegt der Unterschied von
Radiojournalismus und Podcasts?
Podcasts sind für mich derartig
bereichernd. Mit Menschen zu
sprechen und die Inhalte jedem
zugänglich zu machen ist für alle
ein Gewinn: Hörer, Interviewpartner,
die Bienen und mich. Im
Schnitt habe ich 3.000 Zuhörer.
In meiner Morgensendung auf Ö1
sind es 200.000. Aber das ist ein
kulinarisches Produkt. Es wird viel
geschnitten und aufbereitet. Radio
ist Handwerk, Podcast ist Haltung.
Wie stehst du zu Fehlern?
Schlampige Arbeitsweise oder
unangebrachte Haltung finde ich
nicht ok. Aber Fehler als Einzelereignisse
gehören dazu. Die
Königin „noch g‘schwind“ mit
klebrigen Fingern zu zeichnen
ist beispielsweise katastrophal.
Manche Fehler wirken sich erst im
nächsten Jahr aus − auch katastrophal.
Eines meiner Völker löste
sich gegen Ende der Saison auf. Ein
Fehler in der Varroa-Behandlung.
Jetzt weiß ich: Monitoring ist der
Schlüssel. Imker, die den Zustand
ihrer Völker kennen und davon Behandlungsmaßnahmen
ableiten,
haben keine Probleme mit Varroa.
Wenn man so circa 80 Fehler
durch und daraus gelernt hat,
wars das. Dann geht‘s gut.
Fotos: Bernd Rupp, Ingrid Nachbauer
LOTHAR BODINGBAUER wurde 1971
in Altheim geboren. Er hat sechs Bienenvölker
in Wien. Sein Honig heißt
„BeeVienna“. www.bienenpodcast.at
22 Bienenaktuell Februar 2022