24.12.2012 Aufrufe

Allerweltsart - Bund Naturschutz in Bayern e.V.

Allerweltsart - Bund Naturschutz in Bayern e.V.

Allerweltsart - Bund Naturschutz in Bayern e.V.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

12 LANDSCHAFTSPFLEGE UND NATURSCHUTZ IN THÜRINGEN 47. JAHRGANG (2010) HEFT 1<br />

Interessantes Verhalten –<br />

die Teichmolch-Hochzeit<br />

Das äußerst komplexe Paarungsverhalten<br />

des Teichmolches wird durch optische,<br />

olfaktorische und taktile Reize<br />

bee<strong>in</strong>flusst. Die schematische Darstellung<br />

(Abb. 5) verdeutlicht die drei Phasen:<br />

Orientierung – Werbung (Statische<br />

Werbung und Dynamische Werbung)<br />

– Begattung.<br />

Während der Orientierungsphase erfolgen<br />

Art- und Geschlechtererkennung<br />

durch das Männchen. Dazu wird der<br />

Körper des Weibchens geruchlich geprüft,<br />

worauf dieses zumeist mit Flucht<br />

reagiert und vom Männchen verfolgt<br />

wird. Das „Nach-vorne-Schwimmen“<br />

des Männchens leitet die Statische Werbungsphase<br />

e<strong>in</strong>, während der das Weibchen<br />

reglos verharrt. Durch w<strong>in</strong>kende,<br />

peitschende und fächelnde Schwanzbewegungen<br />

wird gegen die Kopfregion<br />

des Weibchens e<strong>in</strong> plötzlicher bzw.<br />

ständiger Wasserstrom erzeugt. Die Dynamische<br />

Werbungsphase beg<strong>in</strong>nt, sobald<br />

das Weibchen „Interesse“ am Partner<br />

zeigt, sich ihm nähert und beriecht;<br />

Männchen mit hohem Rücken- und<br />

Schwanzkamm werden bevorzugt. Jetzt<br />

beg<strong>in</strong>nt das Männchen rückwärts zu<br />

kriechen, führt aber weiterh<strong>in</strong> fächelnde<br />

und vermehrt vor allem peitschende<br />

Schwanzbewegungen aus. Hat die Part-<br />

ner<strong>in</strong> Paarungsbereitschaft signalisiert,<br />

dreht sich das Männchen um und beg<strong>in</strong>nt<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art „Watschelgang“ sich<br />

ca. 10 bis 20 cm vom Weibchen zu entfernen,<br />

welches dem Männchen folgt.<br />

Das Männchen bleibt stehen und führt<br />

leichte Schlängelbewegungen mit dem<br />

Schwanz aus, bis das Weibchen diesen<br />

mit der Schnauzenspitze berührt. Daraufh<strong>in</strong><br />

wird der Schwanz Ziehharmonika<br />

ähnlich gefaltet, angehoben, die<br />

Kloake wird geöffnet und der Spermatophor<br />

am Gewässerboden abgesetzt. Das<br />

Männchen bewegt sich ca. e<strong>in</strong>e Körperlänge<br />

vorwärts und stellt sich rechtw<strong>in</strong>klig<br />

vor dem Weibchen auf, welches<br />

den Schwanz des Partners jetzt mit der<br />

Schnauze berührt. Ihre Kloakenöffnung<br />

bef<strong>in</strong>det sich über dem Spermatophor,<br />

weitet sich, der Spermatophor bleibt<br />

daran hängen und wird aufgenommen.<br />

Währenddessen stößt das Männchen die<br />

Partner<strong>in</strong> mehrfach zurück, um die Aufnahme<br />

des Spermatophors „zu sichern“.<br />

Danach kann die Paarung beendet se<strong>in</strong><br />

oder erneut mit der Dynamischen Phase<br />

beg<strong>in</strong>nen.<br />

Beim Teichmolch erfolgt – wie bei allen<br />

heimischen Schwanzlurchen – e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>nere Befruchtung. Zwei bis vierzehn<br />

Tage nach der Befruchtung erfolgt die<br />

Eiablage (im Flachland Mitteleuropas<br />

vor allem im Mai), wobei die Eier zumeist<br />

e<strong>in</strong>zeln an die Blätter von Unter-<br />

Abb. 5:<br />

Schematische<br />

Darstellung des<br />

Paarungsverhaltens<br />

der Nom<strong>in</strong>atform<br />

des Teichmolches;<br />

M = Männchen<br />

(schwarz),<br />

W = Weibchen.<br />

(Aus SCHMIDTLER &<br />

FRANZEN 2004: 941)<br />

wasserpflanzen geheftet (äußere Klebschicht)<br />

und mit den H<strong>in</strong>terfüßen <strong>in</strong><br />

diese „e<strong>in</strong>gefaltet“ werden (Abb. 6).<br />

Abb. 6: Teichmolch-Weibchen bei der Eiablage.<br />

(Aufn. E. EGERER)<br />

Gefährdung für e<strong>in</strong>e „<strong>Allerweltsart</strong>“?<br />

Die nachfolgend aufgeführten Gefährdungsursachen<br />

gelten für nahezu alle<br />

europäischen Amphibienarten und leider<br />

auch <strong>in</strong> großen Teilen deren Verbreitungsgebiete:<br />

• direkte Vernichtung der Gewässer-<br />

und Landlebensräume durch Wasserbau,<br />

Melioration, Flurbere<strong>in</strong>igung<br />

und Landwirtschaft;<br />

• Laichplatzverlust durch Verlandung<br />

und Trockenfallen – oft beschleunigt<br />

durch Grundwasserabsenkung<br />

<strong>in</strong>folge meliorativer Maßnahmen<br />

– zu starke Beschattung;<br />

• Gewässernutzung durch Fischereiwirtschaft<br />

und Angelsport; Fischbesatz<br />

<strong>in</strong> ehemals geeigneten Laichgewässern;<br />

• Intensivnutzung der Landlebensräume<br />

durch Land- und Forstwirtschaft,<br />

verbunden z. B. mit der Vernichtung<br />

unterschiedlichster Trittste<strong>in</strong>-Biotope;<br />

• zunehmende Lebensraumisolation<br />

und -fragmentierung, z. B. durch<br />

Straßen- und Wegebau;<br />

• Biozidanwendung, Gewässerverschmutzung<br />

und Eutrophierungen<br />

i. w. S.<br />

• Straßentod durch enorm angewachsene<br />

Fahrzeugdichte;<br />

• Infektion mit dem Pilz Batrachochytrium<br />

dendrobatidis – Chytridiomykose<br />

(z. B. GARNER et al. 2005).<br />

Natürlich existieren auch „heute“ noch<br />

äußerst <strong>in</strong>dividuenreiche Teichmolch-<br />

Populationen (und <strong>in</strong> z. T. relativ kle<strong>in</strong>en<br />

Gewässern), wie die nachfolgend<br />

beispielhaft aufgeführten Angaben belegen:

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!