LC-UPDates - Lebensmittel-Cluster
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4<br />
[Trends]<br />
Sekundäre Pfl anzeninhaltsstoffe<br />
und ihre Auswirkungen auf die<br />
menschliche Gesundheit<br />
Sekundäre Pfl anzeninhaltsstoffe sind<br />
per Defi nition Stoffwechselprodukte<br />
von Pfl anzen, die von diesen nicht<br />
ausgeschieden werden, sondern in<br />
speziellen Zellkompartimenten gelagert<br />
werden. In den letzten 30 Jahren wurden<br />
die gesundheitlichen Auswirkungen<br />
dieser Substanzen, die chemisch gesehen<br />
unter schiedlich aufgebaut sind,<br />
intensiv erforscht und es zeigte sich,<br />
dass einige dieser Verbindungen vor<br />
Krebs und Herz- Kreislauferkrankungen<br />
schützen. Weiters wurden auch<br />
Prävention von Diabetes Typ II, neurodgenerativen<br />
Erkrankungen (Parkinson,<br />
Alzheimer), eine Verbesserung des<br />
Immunstatus und der Fertilität sowie<br />
Schutz vor Ent zündungen postuliert. Die<br />
Natur hat diese Substanzen aber nicht<br />
primär geschaffen um die Menschheit<br />
vor Krankheiten zu bewahren, vielmehr<br />
dienen sie den Pfl anzen als Schutz vor<br />
Fraßfeinden und Infektionen. Typische<br />
Beispiele, die in vielen verschiedenen<br />
Arten von Nahrungspfl anzen enthalten<br />
sind, sind Gerbstoffe, Flavonoide und<br />
Säuren. Spezielle Inhaltsstoffe, wie die<br />
Glucosinolate und Allysulfi de fi nden sich<br />
nur in bestimmten Pfl anzenfamilien<br />
(Kohl- und Lauchgemüse).<br />
Viele Schutzsubstanzen liegen in den<br />
Pfl anzen in biologisch inaktiver Form<br />
vor, erst die Stoffwechselprodukte, die<br />
bei Zerstörung der zellulären Struktur<br />
(mechanische Zerkleinerung) gebildet<br />
werden, sind hochaktiv und wirken<br />
giftig auf Bakterien, Pilze und Insekten.<br />
Für den Menschen sind diese Substanzen<br />
„körperfremd“ und werden entsprechend<br />
dem Motto „was der Körper nicht<br />
kennt wird entfernt“ umgehend verstoffwechselt<br />
und ausgeschieden. Durch die<br />
vermehrte Aufnahme dieser Substanzen<br />
kommt es zu einer Aktivitätsstei gerung<br />
von Entgiftungsenzymen. Dadurch wird<br />
unser Körper auch vor anderen Giften<br />
wie z.B. vor krebsauslösenden Stoffen<br />
geschützt. Zahlreiche Pfl anzeninhaltsstoffe<br />
besitzen auch antioxidative<br />
Eigenschaften, d.h. sie reduzieren freie<br />
Sauerstoff radikalen im Körper, die mit<br />
degenerativen Alterungsprozessen,<br />
Krebsentstehung, Infertilität und Herz-<br />
Kreislauf erkrankungen in Verbindung<br />
gebracht werden.<br />
Bestimmte Inhaltsstoffe haben darüber<br />
hinaus spezifi sche Wirkungen. Beispielsweise<br />
hemmen Phytosterine die Aufnahme<br />
von Cholesterin im Darm, Phytoöstrogene<br />
verringern die hormonelle<br />
Wirkung von Östrogenen und man<br />
nimmt daher an, dass sie vor Brustkrebs<br />
schützen.<br />
Eine Reihe von internationalen<br />
Forschungsprojekten der EU hat sich<br />
mit den Auswirkungen von Fertigungsprozessen<br />
von pfl anzlichen <strong>Lebensmittel</strong>n<br />
auf die Wirksamkeit von sekundären<br />
Pfl anzeninhaltsstoffen beschäftigt.<br />
Sowohl die Lagerungsdauer als auch die<br />
Zubereitungstemperatur beeinfl ussen<br />
maßgeblich ihre bio logische Aktivität.<br />
Für Lauch und Kohlgemüse kann vereinfacht<br />
festgestellt werden, dass die<br />
Inhaltsstoffe, die für Geschmack und<br />
Geruch dieser Gemüse und Gewürze<br />
verantwortlich sind, nur dann ihre<br />
Wirksamkeit be halten, wenn sie nicht<br />
während des Zubereitungsprozesses<br />
„verduften“.<br />
Die Änderung der Ernährungsgewohnheiten,<br />
sowie der Wahl der Lebens mittel<br />
und der Zubereitungsart hat dazu geführt,<br />
dass die Aufnahme an pfl anz lichen<br />
Inhaltsstoffen insgesamt abgenommen<br />
hat. Beispielsweise wurde in vielen<br />
Ländern die ursprüngliche Getreideküche<br />
durch eine Fleischküche ersetzt<br />
und viel verwendete Lebens mittel wie<br />
hochgereinigtes Auszugsmehl und raffi -<br />
nierter Zucker enthalten keine Schutzstoffe.<br />
Auch der Zusatz von Einzel stoffen<br />
zu <strong>Lebensmittel</strong>n und die Vermarktung<br />
von Ergänzungsmitteln, die pfl anzliche<br />
Aktivstoffe enthalten, sind meist nicht<br />
oder nur beschränkt zielführend. Durch<br />
die Konzentrierung können negative<br />
Effekte nicht ausgeschlossen werden<br />
(etwa bei Grünteepräparaten) oder aber<br />
es fehlen in den Ergänzungsmitteln oft<br />
bestimmte hochaktive Inhaltsstoffe, die<br />
in den Pfl anzen enthalten sind (etwa in<br />
Knoblauch präparaten). Daher sollte<br />
sich der Konsument eher auf pfl anzliche<br />
Nahrungsmittel „verlassen“, die, wenn<br />
sie in entsprechender Wiese verarbeitet<br />
werden, ein breites Spektrum an<br />
Schutzstoffen enthalten. Die eminente<br />
Be deutung, die der Ernährung (und<br />
dabei insbesondere bioaktiven Inhaltsstoffen<br />
von Pfl anzen) im Hinblick auf<br />
die menschliche Gesundheit zukommt,<br />
wird verdeutlicht, wenn man bedenkt<br />
dass etwa 30 % aller Krebserkrankungen<br />
(und eine ähnlich hohe Zahl von Herz-<br />
Kreislauferkankungen) mit Nahrungsfaktoren<br />
in Zusammenhang stehen.<br />
Das Institut für Krebsforschung der<br />
Medizinischen Universität Wien veranstaltet<br />
in Zusammenarbeit mit dem<br />
Institut für Ernährungswissenschaften<br />
und dem Institut für <strong>Lebensmittel</strong>chemie<br />
der Universität Wien zwischen<br />
11. und 14. Oktober 2006 eine internationale<br />
Konferenz, in der es um<br />
gesundheit liche Effekte von sekundären<br />
Pfl anzeninhaltsstoffen, aber<br />
auch um negative Auswirkungen von<br />
Nebenprodukten, die bei der thermischen<br />
Verarbeitung von <strong>Lebensmittel</strong>n<br />
entstehen, geht. Nähere Informationen<br />
zu dieser Veranstaltung erhalten<br />
Sie bei Prof. S. Knasmüller, Institut<br />
für Krebsforschung, Universitäts klinik<br />
für Innere Medizin I, Medizinische<br />
Universität Wien, 01-4277-65142 oder<br />
siegfried.knasmueller@meduniwien.<br />
ac.at. Umfassende Informationen<br />
über die Zusammenhänge zwischen<br />
Pfl anzeninhaltsstoffen, Ernährung<br />
und Krebsschutz fi nden sich auf der<br />
Homepage der World Cancer Research<br />
Association (www.wcrf.org).<br />
Autoren<br />
Prof. S. Knasmüller und<br />
Mag. Veronika Anna Ehrlich<br />
Institut für Krebsforschung<br />
Medizinische Universität Wien<br />
<strong>LC</strong>-UP Dates_aktuell.indd 4 28.02.2006 18:04:20 Uhr