Katholisches Wort in die Zeit 42. Jahr Mai 2011 - Der Fels
Katholisches Wort in die Zeit 42. Jahr Mai 2011 - Der Fels
Katholisches Wort in die Zeit 42. Jahr Mai 2011 - Der Fels
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Aufklärung, Rationalismus<br />
und Fortschrittsglaube hatten<br />
im 19. <strong>Jahr</strong>hundert <strong>die</strong> Ideen<br />
Darw<strong>in</strong>s gierig aufgegriffen, um sich<br />
von e<strong>in</strong>er angeblichen Vorherrschaft<br />
kirchlicher Dogmen zu befreien. Darw<strong>in</strong><br />
verstand es als se<strong>in</strong> Ver<strong>die</strong>nst, „...<br />
das Dogma von den separaten Schöpfungsakten<br />
umzustoßen.“ Doch nicht<br />
nur <strong>die</strong> Vorstellung von den separaten<br />
Schöpfungsakten, auch <strong>die</strong> Erschaffung<br />
des Lebens durch e<strong>in</strong>en<br />
Schöpfer galt als überholt. Die Wis-<br />
senschaft schien e<strong>in</strong>fach zu weit<br />
fortgeschritten, als dass sie etwa <strong>die</strong><br />
folgende Weisheit aus dem Buch Genesis<br />
noch zum Gegenstand ihrer Betrachtungen<br />
hätte machen können;<br />
„Da formte Gott, der Herr, den Menschen<br />
aus Erde vom Ackerboden und<br />
blies <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Nase den Lebensatem.<br />
So wurde der Mensch zu e<strong>in</strong>em lebendigen<br />
Wesen.“ (Gen 2,7) Solche<br />
„e<strong>in</strong>fachen Erzählungen“ glaubte<br />
<strong>die</strong> moderne Wissenschaft überwunden<br />
zu haben. Und mit dem Ersche<strong>in</strong>en<br />
des epochalen Werkes von Darw<strong>in</strong><br />
„Über <strong>die</strong> Entstehung der Arten<br />
durch natürliche Zuchtwahl“ im <strong>Jahr</strong>e<br />
1859 schien ja nun auch <strong>die</strong> Entstehung<br />
und Fortentwicklung des<br />
Lebens erklärbar geworden, Darw<strong>in</strong><br />
und se<strong>in</strong>e Lehre gehörten fortan zur<br />
Aufklärung. Sie waren Teil derselben:<br />
Nicht Gottes Geist hatte alles Lebendige<br />
erschaffen! Ne<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche<br />
Entwicklung gestaltete aus<br />
sich heraus alles Leben – von dessen<br />
e<strong>in</strong>fachen Urformen her bis h<strong>in</strong> zur<br />
heutigen unüberschaubaren Vielfalt<br />
Horst Schyra:<br />
Gott oder Zufall<br />
E<strong>in</strong> neues Denken <strong>in</strong> der Biologie:<br />
Abschied vom Darw<strong>in</strong>ismus<br />
und Schönheit. Das Lebensunwerte<br />
wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ständigen „Kampf<br />
ums Dase<strong>in</strong>“ durch Selektion ausgemerzt<br />
und verworfen. Nur das Anpassungsfähige<br />
‚das Stärkere erhält<br />
<strong>die</strong> Chance zum Weiterleben. Und<br />
nur der Zufall dirigiert, welche Formen<br />
und Arten das Auswahlkriterium<br />
erfüllen.<br />
<strong>Der</strong> Befreiungsschlag schien gelungen.<br />
Nicht <strong>die</strong> Schöpfung, sondern<br />
Evolution (Entwicklung) erklärte<br />
fortan das Werden des Lebendigen.<br />
Die Wissenschaft würde sich der<br />
Thesen Darw<strong>in</strong>s annehmen und <strong>die</strong><br />
kont<strong>in</strong>uierliche Entwicklung des Lebens<br />
beweisen.<br />
Sie würde <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Glieder<br />
der Evolution – von der „Urzelle“<br />
her bis h<strong>in</strong> zum Menschen – auff<strong>in</strong>den<br />
und als e<strong>in</strong>e fortlaufende Kette<br />
der Entwicklung nachweisen.<br />
Doch <strong>die</strong>ser Nachweis gelang<br />
nicht. Selbst Darw<strong>in</strong> hatte Bedenken<br />
ob der Beweisbarkeit se<strong>in</strong>er Thesen:<br />
Zu Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>er Forschungsreise<br />
(1831-1836) war er noch von dem<br />
Glauben an e<strong>in</strong>e strikte Unveränderlichkeit<br />
der Arten erfüllt. Nach der<br />
Rückkehr war er jedoch von dem Gegenteil<br />
– e<strong>in</strong>er beliebigen Veränderlichkeit<br />
der Arten – überzeugt.<br />
Obwohl seit nunmehr 150 <strong>Jahr</strong>en<br />
mit ungeheurem Aufwand versucht<br />
wird, <strong>die</strong> fehlenden B<strong>in</strong>deglieder<br />
zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Arten aufzuspüren,<br />
blieb der Erfolg versagt.<br />
Doch das Fehlen von Beweisen hat<br />
es nicht vermocht, den e<strong>in</strong>zigartigen<br />
Siegeszug des Darw<strong>in</strong>ismus – er ist<br />
längst zu e<strong>in</strong>er Ideologie geworden –<br />
aufzuhalten. Die Entstehung der Arten<br />
nach dem Pr<strong>in</strong>zip der Mutation/<br />
Selektion ist zwar ke<strong>in</strong>esfalls bewiesen.<br />
Sie prägt dennoch das Wissen<br />
unserer K<strong>in</strong>der- und ihre Biologiebücher.<br />
Das Denkgebäude des Darw<strong>in</strong>ismus<br />
war mit e<strong>in</strong>em solchen Aufwand<br />
und Anspruch auf Unfehlbarkeit er-<br />
richtet worden, dass <strong>die</strong> Möglichkeit<br />
se<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>sturzes immer außerhalb<br />
des Denkbaren blieb.<br />
Und doch. Es gibt heute Stimmen,<br />
<strong>die</strong> e<strong>in</strong> neues Denken <strong>in</strong> der Biologie<br />
verkünden: „Wir stehen an der<br />
Schwelle zu e<strong>in</strong>em neuen Denken <strong>in</strong><br />
der Biologie.“ (Thomas Jenuwe<strong>in</strong>)<br />
Und der Neurobiologe und Erfolgsautor<br />
Joachim Bauer me<strong>in</strong>t: Die Bedeutung<br />
neuer Erkenntnisse erfordert<br />
„... e<strong>in</strong>e nachhaltige Korrektur modernen<br />
biologischen Denkens.“ Was<br />
war geschehen? Wie konnten <strong>die</strong><br />
Dogmen des Darw<strong>in</strong>ismus <strong>in</strong>s Wanken<br />
geraten?<br />
Die neuesten Forschungen hatten<br />
nicht nur das menschliche Erbgut<br />
(Genom), sondern auch dessen Funktionsweise<br />
entdeckt. Die aktuellen<br />
Ergebnisse besagen: Neue Arten entstehen,<br />
weil Organismen <strong>in</strong> der Lage<br />
s<strong>in</strong>d, ihr Erbgut selbst zu verändern.<br />
Nicht mehr das Dogma von Zufall<br />
und Auslese ist bestimmendes Pr<strong>in</strong>zip<br />
der Entwicklung, sondern e<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />
den Zellen selbst angelegtes Pr<strong>in</strong>zip<br />
der Selbstveränderung. Aus der passiven<br />
Rolle der Erwartung e<strong>in</strong>es Zufalls<br />
wird e<strong>in</strong> aktives und geplantes<br />
Handeln der Zelle und ihres Erbgutes.<br />
Die Darw<strong>in</strong>‘schen Leitpr<strong>in</strong>zipien<br />
Zufall, Kampf und Selektion wichen<br />
den biologischen Grundfaktoren Kooperation,<br />
Kommunikation und Kreativität:<br />
Bereits <strong>die</strong> kle<strong>in</strong>ste stoffliche E<strong>in</strong>heit<br />
unserer selbst – <strong>die</strong> Makromoleküle<br />
unserer Zellen (DNA und Enzyme)<br />
– wirken <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em stetigen<br />
Mite<strong>in</strong>ander – <strong>in</strong> ausnahmslos wechselseitiger<br />
Abhängigkeit und <strong>in</strong> gegenseitiger<br />
Ergänzung. Isoliert oder<br />
e<strong>in</strong>zeln können sie nichts tun. Sie kooperieren<br />
und kommunizieren mite<strong>in</strong>ander.<br />
Und sie können <strong>die</strong> <strong>in</strong> ihnen<br />
enthaltene Information – den „genetischen<br />
Code“ – nur geme<strong>in</strong>sam<br />
<strong>in</strong> Handlung umsetzen. Zudem wird<br />
bei der Entstehung neuer Arten dem<br />
152 DER FELS 5/<strong>2011</strong>