Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg BWNotZ
Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg BWNotZ
Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg BWNotZ
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Fischer · Das Stiftungsrecht <strong>BWNotZ</strong> 5-6/05<br />
aufgabe <strong>für</strong> die Allgeme<strong>in</strong>heit von e<strong>in</strong>em ganz besonderen<br />
Interesse ist.<br />
Die Stiftungen des öffentlichen Rechts bedürfen nicht der<br />
Geme<strong>in</strong>nützigkeit im S<strong>in</strong>ne der Abgabenordnung, da sie<br />
gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG als juristische Personen des<br />
öffentlichen Rechts ohneh<strong>in</strong> nur dann der Körperschaftssteuer<br />
und den anderen Steuern unterliegen, soweit sie<br />
e<strong>in</strong>en Betrieb gewerblicher Art unterhalten.<br />
Im Land <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> gibt es nur sehr wenige<br />
Stiftungen dieser Art. 10<br />
Die größte öffentlich-rechtliche Stiftung i.e.S. ist die Stiftung<br />
„Er<strong>in</strong>nerung, Verantwortung und Zukunft”, die f<strong>in</strong>anzielle<br />
Entschädigungsleistungen <strong>für</strong> ehemalige Zwangsarbeiter<br />
<strong>in</strong> Höhe von jährlich ca. 1,4 Mrd Euro gewährt.<br />
b) Kommunale Stiftung<br />
Kommunale Stiftungen s<strong>in</strong>d öffentlich-rechtliche Stiftungen,<br />
die bei kommunalen Körperschaften oder Anstalten, <strong>in</strong>sbesondere<br />
den Geme<strong>in</strong>den angesiedelt s<strong>in</strong>d. 11 Diese Stiftungen<br />
betreuen vor allem örtliche kommunale Aufgaben<br />
und erfahren erleichterte Bekanntmachungsmöglichkeiten.<br />
12 Nach Auflösung der kommunalen Stiftung fällt <strong>das</strong><br />
Stiftungsvermögen abweichend vom § 88 S. 2 BGB gem.<br />
§ 31 Abs. 2 StiftG an die kommunale Körperschaft oder<br />
Anstalt des öffentlichen Rechts.<br />
c) Kirchliche Stiftung<br />
Gem. § 22 StiftG s<strong>in</strong>d kirchliche Stiftungen rechtsfähige<br />
Stiftungen, die entweder überwiegend kirchlichen Aufgaben<br />
dienen oder sich s<strong>in</strong>nvoll nur <strong>in</strong> organisatorischer Zuordnung<br />
zu e<strong>in</strong>er Religionsgeme<strong>in</strong>schaft erfüllen lassen. Über<br />
§ 80 III BGB ist es dem Landesgesetzgeber überlassen,<br />
kirchlichen Stiftungen den rechtlichen Rahmen zu geben.<br />
So ist z.B. <strong>für</strong> kirchliche Stiftungen <strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
gem. § 28 StiftG <strong>das</strong> Kultusm<strong>in</strong>isterium die Stiftungsbehörde.<br />
Charakteristisches Merkmal der kirchlichen Stiftungen ist,<br />
<strong>das</strong>s sie sowohl der Kirche gehören als auch mit dieser<br />
organisatorisch zusammenhängen. Kirchliche Stiftungen<br />
f<strong>in</strong>den sich beispielsweise im Bereich von Krankenhäusern<br />
oder als sog. Pfründestiftungen. Die Besonderheit der kirchlichen<br />
Stiftungen liegt dar<strong>in</strong>, <strong>das</strong>s sie nicht der staatlichen<br />
Stiftungsaufsicht unterliegen, sondern gem. § 25 StiftG der<br />
Aufsicht nach kirchlichem Recht durch die zuständige<br />
Kirchenbehörde.<br />
2. Privatrechtliche Stiftungen<br />
a) Rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts13 Die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts ist <strong>in</strong> den<br />
§§ 80 ff BGB und <strong>in</strong> den Landesstiftungsgesetzen geregelt.<br />
Sie ist rechtsfähig gem. § 80 Abs. 1 BGB kraft Stiftungsgeschäft<br />
und Anerkennung durch die zuständige Behörde<br />
des Landes und kann damit selbständig im Rechts- und<br />
Geschäftsverkehr auftreten. Sie ist nicht mitgliedschaftlich<br />
organisiert und verwirklicht als Vermögensmasse den vom<br />
Stifter bestimmten Zweck.<br />
98<br />
____________<br />
10 E<strong>in</strong>e der jüngsten öffentlich-rechtlichen Stiftungen <strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>,<br />
die Stiftung „Zentrum <strong>für</strong> Kunst und Medientechnologie Karlsruhe”, wurde<br />
im Jahr 1989 von dem Land <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> und der Stadt Karlsruhe<br />
errichtet.<br />
11 Vgl. § 31 StiftG.<br />
12 Vgl. § 31 Abs. 3 StiftG.<br />
13 Die rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts wird ausführlich <strong>in</strong><br />
Abschnitt II und III dieser Abhandlung dargestellt.<br />
Als solche Vermögensmasse ist sie re<strong>in</strong>e Verwaltungsorganisation.<br />
14<br />
b) Treuhänderische Stiftung<br />
Die treuhänderische Stiftung ist im Gegensatz zur rechtsfähigen<br />
Stiftung des bürgerlichen Rechts nicht rechtsfähig,<br />
sie wird auch als unselbständige Stiftung oder auch als<br />
fiduziarische Stiftung15 bezeichnet. Unter e<strong>in</strong>er unselbständigen<br />
Stiftung versteht man die Zuwendung von Vermögenswerten<br />
an e<strong>in</strong>en Rechtsträger (Treuhänder) mit der<br />
Maßgabe, die ihr zugewendeten Vermögenswerte dauerhaft<br />
zur Verwirklichung des vom Stifter bestimmten Zwecks zu<br />
verwenden; dieses können sowohl natürliche wie auch juristische<br />
Personen se<strong>in</strong>. Wenn der durch die Satzung festgelegte<br />
Stiftungszweck auf Dauer angelegt ist, welches dem<br />
Grundgedanken der Stiftung ja entspricht, „sollte e<strong>in</strong> möglichst<br />
unsterblicher Stiftungsträger gewählt werden, also<br />
z.B. e<strong>in</strong>e juristische Person, vorzugsweise des öffentlichen<br />
Rechts. In Frage kommen etwa Geme<strong>in</strong>den, öffentlichrechtliche<br />
Universitäten” 16 , Städte, Banken, Sparkassen<br />
und sonstige Verbände und Körperschaften, die auf Dauer<br />
angelegt s<strong>in</strong>d.<br />
Wenn die Treuhandfunktion selbst von e<strong>in</strong>er Stiftung<br />
wahrgenommen wird, spricht man von e<strong>in</strong>er Trägerstiftung.<br />
Diese muss dann rechtsfähig se<strong>in</strong>, um <strong>für</strong> die unselbständige<br />
Stiftung handeln zu können. Mittelbar über die<br />
Trägerstiftung unterliegt dann auch die unselbständige<br />
Stiftung der staatlichen Rechtsaufsicht durch die Stiftungsbehörde.<br />
Will sich der Stifter nicht schon zu Lebzeiten se<strong>in</strong>es<br />
Vermögens entäußern, hat er auch die Möglichkeit, e<strong>in</strong>e<br />
unselbständige Stiftung von Todes wegen zu errichten.<br />
Qualitativ handelt es sich bei der Errichtung e<strong>in</strong>er unselbständigen<br />
Stiftung von Todes wegen um e<strong>in</strong>e Erbe<strong>in</strong>setzung<br />
oder Vermächtniszuwendung unter Auflage nach §§ 2192 ff<br />
BGB.<br />
Wird die unselbständige Stiftung unter Lebenden errichtet,<br />
liegt e<strong>in</strong>e Schenkung unter Auflage gem. § 525 BGB vor.<br />
Bei e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>nützigen unselbständigen Stiftung könnte<br />
gem. § 525 Abs. 2 BGB auch die zuständige Behörde die<br />
Vollziehung der Auflage verlangen, allerd<strong>in</strong>gs ist hierbei zu<br />
beachten, <strong>das</strong>s e<strong>in</strong>e behördliche Aufsicht durch die<br />
Stiftungsbehörde nicht vorhanden ist, <strong>das</strong>selbe gilt nach<br />
§ 2194 Abs. 2 BGB bei der Errichtung von Todes wegen.<br />
Vorsicht ist auch auf e<strong>in</strong>er anderer Ebene geboten. Die<br />
treuhänderische Stiftung basiert nämlich nicht auf e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>seitigen,<br />
nicht empfangsbedürftigen Willenserklärung wie<br />
bei der rechtsfähigen Stiftung, sondern kommt nur durch<br />
den Treuhandvertrag mit dem Treuhänder zustande. Der<br />
Treuhänder muss dem Treuhandvertrag mit der Stiftungssatzung<br />
zustimmen. Demnach sollte der Stifter unbed<strong>in</strong>gt<br />
den Treuhandvertrag zu Lebzeiten mit dem Treuhänder<br />
abschließen, um sicher se<strong>in</strong> zu können, <strong>das</strong>s die Stiftung<br />
auch wirklich entsteht.<br />
Diese Art der Stiftung bietet sich vor allem <strong>für</strong> kle<strong>in</strong>ere<br />
Vermögen an, <strong>für</strong> dessen Verwaltung nicht der Aufwand<br />
e<strong>in</strong>er rechtsfähigen Stiftung betrieben werden soll. Da die<br />
§§ 80 ff BGB nicht anwendbar s<strong>in</strong>d, ist weder der auf Dauer<br />
angelegte Bestand der Stiftung zw<strong>in</strong>gend, noch <strong>das</strong>s der<br />
____________<br />
14 Vgl. BGHZ 99, S. 344,350.<br />
15 Vgl. Langenfeld/Neuhof, Münchner Vertragshandbuch, Band 4, 2. Halbband,<br />
3. Aufl. 1992, Kap. XVII S.877.<br />
16 Schmidt, ZEV 2003, S. 316.