Peter Weber - Struktur und Faltung
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Peter Weber, WVZ 1979 / 12
Grundrasterreduktion auf
16 Quadraten – 1979
Acryl auf Leinwand /
Acrylic on canvas
100 x 100 cm
Besitz des Künstlers /
Property of the artist
Peter Weber, WVZ 1989 / 1
Graue Interferenz A1
1989 / 90
Acryl auf Leinwand /
Acrylic on canvas
120 x 120 cm
Besitz des Künstlers /
Property of the artist
Ausstellung im Kunstverein Hannover (14.11.–
20.12.1970) Weber besuchte. Ihre Bilder der
1960er-Jahre zeigen optische Illusionen mit
vibrierenden und rotierenden Linien- und Wellenbewegungen
von nicht vorhandenen Neigungen
oder Horizontalen und Vertikalen.
Weber setzt diese Arbeiten bis in die 1970er- und
1980er-Jahre fort, wobei sich die Untergrundmaterialien
(z. B. Holz, Leinwand, Acryl) und
Techniken (Linienzeichnungen mit der Ziehfeder
oder Linien-Abklebungen) ändern.
Schon diese frühen Arbeiten folgen dem Prinzip, die
Sensibilisierung des Betrachters in den Fertigungsprozess
des Kunstwerks einzubeziehen. Das spielerische
Ausprobieren von Materialien, Wirkungsweisen
von Licht- und Bewegungseffekten, das exakt berechnete
Konzept einer »virtuellen« Erscheinungsform
eröffnet dem Betrachter zugleich eine große
Freiheit der Interpretation, der Herstellung seiner
eigenen, aber dennoch vom Künstler veranlassten
Wahrnehmungsgeschichte. So ist etwa zu fragen:
Warum muss die Buchdruck-Collage unter Riffelglas
(1970) in der Weise betrachtet werden, wie sie hier
abgebildet ist? Weber stellt die Arbeit so aus und gibt
ein »Oben« vor. Wird sie aber um 90˚ im Uhrzeigersinn
gedreht, ergibt sich ein ganz anderes Bild, eine
ganz andere Bewegung, z. B. eine Art Pfeilbewegung
von rechts nach links, eine Wellenbewegung von links
nach rechts, während die Vorgabe des Künstlers ein
Auf- und Absteigen der Elemente vermittelt. Ebenso
wird es bei verschiedenen Handhabungen der Riffelglas-
und Linien-Überlagerungsbilder unterschiedliche
Interferenzmuster geben – wohl damals auch
der »Zündfunke« für Weber, als er, wie oben berichtet,
»beim hin- und herschieben« des Riffelglases Bewegungen
wahrnahm.
Eine ganz andere Form der Offenheit ist dem 64er
Zyklus (1997) abzulesen, in dem Weber 64 Faltvarianten
realisierte und damit alle rechnerisch nur möglichen
– einer Progression folgend. In einem sehr
klugen Beitrag zu den Analogien Konkrete Kunst und
Musik wurde dazu gesagt, dass der Künstler damit
die größtmögliche Differenzierung und Gesetzmäßigkeit
erreicht und damit ein Thema erschöpfend und
endgültig dargestellt habe: »Der Zyklus ist geschlossen,
das letzte Bild findet seine logische Fortsetzung
im ersten.« 35 Dies ist nun richtig und falsch zugleich.
ments when “pushing the ribbed glass back and
forth”.
An entirely different form of openness is present in
the 64er Zyklus [Cycle of 64] (1997), in which Weber
realized 64 variants of foldings, all the possible ones
that could be conceived following a sequential progression.
In a very astute essay on the analogies
between Concrete Art and music, it was stated that
the artist had achieved the highest possible degree of
differentiation and regularity, thus expressing an
idea exhaustingly and conclusively: “The cycle is
complete; the last picture finds its logical continuation
in the first one.” 35 This is true and false at the
same time. For a closed form possesses a beginning
and an end. Since the last variant finds its logical
continuation in the first one reproduced here, a sort
of feedback arises, an infinite loop, in which each
variant after 64 previous variants can be simultaneously
the first and the last one, regardless of where
Peter Weber, WVZ 1997 / 15
64er Zyklus – 1997
Canson Aquarellkarton gefaltet, gerahmt, 64-teilig /
Canson watercolour paper folded, framed, 64 pieces
je / each 42 x 24 cm
Museum für Konkrete Kunst, Ingolstadt, DE
Peter Weber, WVZ 1997 / 15
64er Zyklus – 1997
Canson Aquarellkarton gefaltet, gerahmt, 64-teilig /
Canson watercolour paper folded, framed, 64 pieces
je / each 42 x 24 cm
Museum für Konkrete Kunst, Ingolstadt, DE
Denn eine geschlossene Form besitzt einen Anfang
und ein Ende. Da die letzte Variante ihre logische
Fortsetzung in der hier abgebildeten ersten findet,
ergibt sich eine Art Rücklauf, eine unendliche Schleife,
in der jede Variante nach 64 Varianten zugleich die
erste und letzte sein kann, egal an welcher Stelle
begonnen wird. Weber hat diese Arbeit zwar als Serie
konzipiert, aber auch selbst mehrfach verändert
ausgestellt.
Denn theoretisch könnte er 64 Ausstellungen machen,
indem er jeweils mit einer anderen Variante beginnt,
wenn er die Reihenfolge beibehalten will. Und um ein
Vielfaches mehr an Ausstellungen würde sich ergeben,
wenn er (aus welchen Gründen auch immer) die
Reihenfolge wechseln würde, und immer wieder gäbe
es ein neues, den Rhythmus und die innere Formensprache
wechselndes Kunstwerk. Schließlich gäbe es
auch die Möglichkeit, die 64 Varianten in verschiedenen
Blöcken zu zeigen (von denen zwei verschiedene
auf Seite 68 abgebildet sind).
In welchem Fall handelt es sich nun aber um die
letztendlich gültige Form? Wer gibt sie vor? Der
Künstler durch eine Setzung oder der Betrachter, der
mittels seiner Wahrnehmung viele Möglichkeiten
durchspielen könnte?
Diese Offenheit und Wahrnehmungsfreiheit zieht sich
durch das gesamte Werk Webers.
Interessant ist beispielsweise auch eine Serie von
Skulpturen (1997) mit dem Titel Das Dreieck und
seine Partner A, B, C 36 aus Kunststoff, die Weber
ebenfalls innerhalb der Werkgruppe der »seriellen
unikate« einordnet, abgebildet in 3 Rechtecken mit
jeweils 6 Objekten.
Dabei handelt es sich um 3 Faltungen, A, B und C, die
jeweils in 6 verschiedenen Positionen abgebildet sind.
Würde man nun die Rechtecke A, B und C jeweils in
einer Reihe darstellen und statt 2 Reihen zu 3 x 3
Abbildungen nun eine Reihe mit 3 x 6 Abbildungen
nebeneinander zeigen, ergäbe sich automatisch der
Film einer Bewegung / Drehung mit immer neuen
Formen- und Rhythmuselementen, wobei auffällt,
dass die beiden Bereiche der Objekte, der ruhiger
stehende untere und der unruhiger sich hin- und
herbewegende obere Bereich, Figuren-Assoziationen
zulassen, zumal dies der Vergleich mit den Muybridge-
Phasenbildern nahelegt.
one begins. Weber did indeed conceive these works
as a series, yet exhibited it several times in modified
configurations.
Because if he wanted to maintain the sequence of
the series he could, in theory, put on 64 exhibitions,
in which each begins with another variant. Many
more exhibitions could be mounted, if he (for whatever
reason) were to change the sequence, each time
resulting in a new artwork varying its rhythm and
internal formal language. Finally, there is also the
possibility of exhibiting the 64 variants in different
blocks (of which two are reproduced on page 68).
In which case, however, would we see the ultimate,
final form? Who would define it? The artist in his
arrangement or the viewer, who through his or her
perception can imagine the many possibilities?
This openness and freedom of perception runs
through Weber’s entire oeuvre. Likewise interesting,
for example, is a series of sculptures made of plastic
(1997) titled Das Dreieck und seine Partner A, B, C
[The Triangle and Its Partners A, B, C] 36 which Weber
classifies in the group of works of the “serial unica”,
reproduced in three rectangles with six objects each.
The work consists of three foldings, A, B and C, each
shown in six different positions. If the triangles A, B
and C were each shown in a row and, instead of two
rows with 3 x 3 reproductions, a row with 3 x 6 reproductions
next to one another were displayed, then we
would automatically have the film of a movement or
process of revolving with continuously new formal
and rhythmic elements. It becomes apparent that the
two areas of the object, the quieter, static lower one
and the restive upper area moving back and forth,
permit associations of figures, especially since this
prompts a comparison with the Muybridge phase
photographs.
Yet while Muybridge’s series each depict only one
person and the breakdown of a movement into
individual phases of movements, the series by Weber
is an optical illusion, since we do not see here an
object in individual phases of movement, but three
different unica in six different positions. The viewer
nevertheless perceives only one object “in motion”. If
the viewer abandons the two-dimensionality of the
picture and its impression, and views the real
Peter Weber, WVZ 1998 / 2-4
Faltung mit Dreieck Nr. 1-3
1998
AXPET Kunststoff gefaltet,
3-teilig /
AXPET plastic sheet folded,
3 pieces, je / each ca.
51 x 18 x 12 cm
Besitz des Künstlers /
Property of the artist
Verschiedene Ansichten /
Various views
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