JOB-Lenz-22-01 E-Paper
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Die „schöne Kraft“ – mit<br />
ganz schön viel Erfolg<br />
Zwei Schüler entwickeln einen Calisthenics-<br />
Park für die ganze Stadt<br />
Jakob Lange und Ole Schlobohm besuchen<br />
die 12. Klasse der Siegfried-<strong>Lenz</strong>-Schule in<br />
Handewitt. Beide sind im ‚Sportprofil‘ der<br />
Oberstufe. Als im letzten Schuljahr im Unterricht<br />
die Aufgabe lautete, ein Realprojekt<br />
mit nachhaltigem Nutzen auf die Beine zu<br />
stellen, kam den beiden Sportbegeisterten<br />
die Idee, für ihre Schule und vielleicht sogar<br />
für ganz Handewitt einen sogenannten<br />
Calisthenics-Park zu etablieren.<br />
Calisthenics ist eine besondere Trainingsmethode;<br />
der Begriff stammt, wie Ole uns<br />
erklärt, aus dem Griechischen und bedeutet<br />
„schöne Kraft“. In anderen Ländern ist Calisthenics<br />
bereits zu einer Trendsportart auf<br />
privaten und öffentlichen Plätzen avanciert,<br />
aber in Deutschland besteht in dieser Hinsicht<br />
definitiv noch Nachholbedarf. Um dies<br />
zu ändern und aufzuklären, starteten Ole<br />
und Jakob mit der Ausarbeitung ihres besonderen<br />
Sportprojektes.<br />
Zur Erklärung: Beim Calisthenics-Training<br />
geht es ausschließlich um den Einsatz<br />
des eigenen Körpergewichts und nicht,<br />
wie im Vergleich zum Krafttraining,<br />
um die Stärkung einzelner Muskelgruppen.<br />
Bei Calisthenics stehen<br />
die Aktivierung und das Zusammenspiel<br />
verschiedener Muskelgruppen<br />
im Vordergrund und sollen<br />
langfristig zu einem besseren Körpergefühl<br />
beitragen. Dazu werden<br />
in Calisthenics-Parks (mit Hilfe von<br />
Stangen und Leitern) Trainingsgeräte<br />
wie Barren oder Reck nachempfunden<br />
und klassisches Geräteturnen mit akrobatischen<br />
Übungen kombiniert.<br />
Die Begeisterung von Ole, der sich schon seit<br />
längerer Zeit, mit Hilfe einschlägiger Social-<br />
Media-Kanäle sowie mit einem eigenen<br />
Trainingspark im Garten seines Elternhauses,<br />
mit dieser Sportart beschäftigt, überzeugte<br />
auch Jakob und nach ausgiebiger Recherche<br />
stand für beide fest: Handewitt braucht<br />
einen Calisthenics-Park!<br />
Dieses Projekt startete zunächst mit dem<br />
Entwurf einer recht bescheidenen Lösung,<br />
die kaum größer war als die in Oles Garten.<br />
Mit ihrem ersten Skizzenentwurf wurden sie<br />
bei einem ortsansässigen Metallgestalter<br />
vorstellig und baten um einen Kostenvoranschlag.<br />
Als dieser fast 2.000 Euro betrug,<br />
wurde den jungen Männern deutlich, sie<br />
wollten mehr und größer denken: „Für eine<br />
vernünftige Umsetzung der Idee brauchen<br />
wir Sponsoren.” Daraufhin wandten sie sich<br />
an den Vorsitzenden des Schulsportausschusses<br />
der Stadt Handewitt und bekamen<br />
mit dessen Hilfe schnell die Gelegenheit,<br />
ihr Projekt den städtischen Entscheidern<br />
vorzustellen. Ihre Präsentation, die eine<br />
weitaus größere Umsetzung vorsah, hatte<br />
vor dem Ausschuss großen Erfolg. Ganze<br />
5.000 Euro wurden für das Projekt bewilligt.<br />
„Nach unserem Vortrag hinterließ der<br />
Zuspruch des Ausschusses ein wirklich gutes<br />
Gefühl, nun konnten wir unter ganz anderen<br />
Voraussetzungen zu einem Profi für den Bau<br />
von Calisthenics-Parks in Flensburg gehen“,<br />
fasst Jakob den glücklichen Anschub der<br />
weiteren Projektarbeit zusammen.<br />
Mittlerweile steht der Park kurz vor seiner<br />
Fertigstellung und noch in diesem Jahr<br />
werden nicht nur die Schülerinnen und<br />
Schüler, sondern alle Bürgerinnen und Bürger<br />
aus Handewitt von dieser Schüleridee und<br />
der ambitionierten Umsetzung profitieren.<br />
Der Calisthenics-Park wird hoffentlich eine<br />
Bereicherung für alle Sportbegeisterten der<br />
Region werden und setzt ein Zeichen dafür,<br />
dass mit der nötigen Leidenschaft und dem<br />
Einsatzwillen auch aus kleinen Ideen etwas<br />
Großes entstehen kann.<br />
Darauf angesprochen, wie ihnen dieses<br />
Projekt auch im Hinblick auf berufliche<br />
Ambitionen geholfen hat, sagen beide, dass<br />
es in erster Linie großen Spaß gebracht<br />
und Berührungsängste mit städtischen<br />
Institutionen abgebaut hat. Was sie später<br />
beruflich machen werden, bleibt zwar offen,<br />
aber zwei Dinge stehen für die zukünftigen<br />
Abiturienten der Siegfried-<strong>Lenz</strong>-Schule fest:<br />
Ihr Name wird mit der Einführung des ersten<br />
Calisthenics-Parks verbunden sein und Sport<br />
eine feste Größe in ihrem Leben bleiben!<br />
TEXT Anja Nacken | FOTO Jan Kirschner<br />
TEXT Anja Nacken | FOTO Sebastian Weimar, privat<br />
Drei junge Forscher – eine Mission<br />
Mit dem Bau und der Installation von Fledermauskästen<br />
unterstützen die Schüler die Population der bedrohten Tierart<br />
Maxi Schäfer, Jamie Ludwigs und Finn<br />
Wollertz haben ihre Forscherfrage zur nachhaltigen<br />
Realprojektaufgabe in Jahrgangsstufe<br />
12 folgendermaßen formuliert: „Wie<br />
können wir es als Schülergruppe schaffen,<br />
die Population heimischer Fledermausarten<br />
zu unterstützen?”<br />
Die drei Freunde setzen sich nicht nur<br />
schulisch, sondern auch in ihrer Freizeit<br />
intensiv mit Fragen zu Natur, Umwelt und<br />
Nachhaltigkeit auseinander. Als die Projektarbeit<br />
anstand, überlegten sie, wo innerhalb<br />
einer nicht so populären Tierart dringender<br />
Hilfebedarf besteht und daraufhin die<br />
Initiative ergriffen, einer in Norddeutschland<br />
– klimatisch bedingten – raren Säugetierart<br />
mehr Nistplätze zu verschaffen. Mit ein<br />
wenig Unterstützung des ‚Bunde Wischen‘-<br />
Naturschützers Gerd Kämmer realisierten sie<br />
sechs Nistplatzkästen für das gleichnamige<br />
Naturgebiet. „Für uns war es in erster Linie<br />
wichtig, ein Projekt auf die Beine zu stellen,<br />
was ergebnisorientiert angelegt ist und<br />
den für uns wichtigen Umweltgedanken<br />
miteinschließt“, erklärt Jamie. Dazu muss<br />
man wissen, dass von weltweit über<br />
hundert Fledermausarten lediglich 15 in<br />
Schleswig-Holstein beheimatet sind und sich<br />
diese aufgrund fehlender Nistplätze auch<br />
nur langsam vermehren. „Dabei sind Fledermäuse<br />
für den Naturkreislauf ungemein<br />
wichtig, denn sie halten die Insektenpopulation<br />
im Gleichgewicht“, ergänzt Maxi. „Durch<br />
dieses Projekt haben wir sowohl in biologischer<br />
als auch in handwerklicher Hinsicht<br />
ungemein viel gelernt“, stellt Finn klar.<br />
Die drei Schüler haben sich nach intensiver<br />
Internetrecherche (zum Beispiel auf einschlägigen<br />
Nabu-Seiten) an den Bau der<br />
Kästen gewagt. Herausgekommen sind<br />
drei Holz- und drei Holzbetonkästen.<br />
Mehrere Stunden haben sie getüftelt,<br />
gehämmert, gesägt, aber auch Rückschläge<br />
hinnehmen müssen. Das<br />
Mischungsverhältnis für die Kästen aus<br />
Holzbeton passte nicht und musste neu<br />
angegangen werden. Nach Fertigstellung<br />
half Gerd Kämmer bei der optimalen<br />
Aufhängung der ungewöhnlichen „Kinderzimmer“<br />
und die Schüler dokumentierten<br />
ihre Arbeit mit Bildern und Text.<br />
„Als nächstes ist ein Zeitungsartikel geplant,<br />
der durch unsere Arbeit Nachahmer für<br />
unser Projekt begeistern soll“, erzählt Jamie<br />
– nicht ohne Stolz. Er kann sich eine handwerkliche<br />
Tätigkeit als späteren Beruf gut<br />
vorstellen. Für Maxi und Finn bleibt es eher<br />
beim angedachten Finanzsektor. Aber über<br />
eines sind sich alle einig: Die gemeinsame<br />
Arbeit hat sich gelohnt und Erfahrungen<br />
ermöglicht, die ohne die Projektarbeit nicht<br />
zustande gekommen wären.<br />
„Die Herren der Fledermäuse“ und Bunde Wischen<br />
Naturschützer Gerd Kämmer bei der Installation<br />
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