EWKB 22-39
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28. September 20<strong>22</strong> Regional<br />
9b<br />
Auf den Spuren von Elvis Presley<br />
Kultveranstaltung „Seebeck am Markt“ in der Stadthalle<br />
BREMERHAVEN re ∙ 1958.<br />
Vorfreude liegt in der Luft<br />
und bunte Petticoats wehen<br />
im Herbstwind. Es ist kurz<br />
nach 9 Uhr am 1. Oktober,<br />
als der King of Rock ‚n‘ Roll<br />
Elvis Presley das erste und<br />
letzte Mal deutschen Boden<br />
betritt. Und zwar in Bremerhaven.<br />
Genau genommen<br />
am Columbus Bahnhof.<br />
Diesem Ereignis gewidmet,<br />
entwickelte sich eine Kultveranstaltung,<br />
die ihresgleichen<br />
sucht: der Sängerwettstreit<br />
„Seebeck am Markt“,<br />
der am Montag, 3. Oktober,<br />
zum 23. Mal in der Bremerhavener<br />
Stadthalle stattfindet.<br />
Der Veranstaltungstitel<br />
rührt vom Namen einer einstigen<br />
Veranstaltungsstätte,<br />
die als einer der Treffpunkte<br />
für Jugendliche in den<br />
1950er und 60er Jahren von<br />
einem Tanzschuppen zum<br />
Inbegriff der Freiheit und<br />
des Aufbruchs für die Jugend<br />
wurde und schließlich<br />
Anfang der 1960er für immer<br />
seine Türen schloss…<br />
Viele Jahre später, im Jahr<br />
1998, nahmen 2.000 Gäste<br />
am ersten Talentwettbewerb<br />
dieser Art im Columbus<br />
Bahnhof teil und feierten so<br />
die Geburtsstunde dieser<br />
einzigartigen Veranstaltung<br />
mit dem alten „Seebeck am<br />
Markt“-Flair anlässlich des<br />
Meine Woche<br />
Der Rückspiegel von Stefan Hackenberg<br />
Kein Spaß mit dem Gas<br />
Kommt sie oder verdampft<br />
sie bevor der erste Euro<br />
gefallen ist? Die Gasumlage<br />
erhitzte letzte Woche –<br />
noch immer – die Gemüter.<br />
Zuerst wird ein<br />
Energieversorger<br />
von der Bundesregierung<br />
– nennen<br />
wir es einfach mal<br />
so – geschluckt,<br />
schon wird es<br />
zum Anlass genommen,<br />
die<br />
sehr umstrittene<br />
Gasumlage noch<br />
strittiger zu diskutieren.<br />
Die Regierung<br />
scheint sich sicher<br />
zu sein, nicht sicher zu sein.<br />
Der Wirtschaftsminister<br />
steht seiner eigenen Verordnung<br />
ja schon skeptisch<br />
gegenüber und auch bei der<br />
SPD mehren sich die Zweifel.<br />
Nur der Finanzminister<br />
will lieber das Volk blechen<br />
lassen, bevor er die eigenen<br />
Töpfe öffnet. Er will auf<br />
Teufel komm raus keine<br />
Neuverschuldung. Neuverschulden<br />
soll sich lieber das<br />
Volk selbst. Sofern es nicht<br />
ohnehin schon im Regen<br />
steht. Im „Starkregen“ versteht<br />
sich. Man darf den<br />
Herrn Finanzminister aber<br />
gerne daran erinnern, dass<br />
sich die Energieriesen gerade<br />
die Taschen vollmachen.<br />
Man könnte ja mal über<br />
40. Jahrestags der Ankunft<br />
Presleys in Bremerhaven.<br />
Noch heute funktioniert die<br />
Veranstaltung im Kern so wie<br />
beim ersten Mal. Menschen<br />
aller Altersgruppen tanzen,<br />
oft im Stil der 50er und 60er<br />
Jahre gekleidet, ausgelassen<br />
zur Musik der authentischen<br />
Rock ‚n‘ Roll-Band und versuchen<br />
gerecht zu bewerten,<br />
wenn sie ihre Stimmzettel<br />
ausfüllen, um über Hit oder<br />
Niete des guten Dutzend<br />
Teilnehmer zu entscheiden.<br />
Mitmachen darf jeder, der<br />
den Mut hat, vor einem<br />
großen Publikum aufzutreten.<br />
Bedingung sind zwei<br />
Lieder aus den 50er und<br />
60er Jahren. Über Hit oder<br />
Larry & the Handjive<br />
eine Übergewinnsteuer<br />
nachdenken…<br />
Statt Übergewinn geht es<br />
für viele Russen dagegen<br />
jetzt ums Überleben. Die<br />
Teilmobilmachung ist angeordnet<br />
und mobil flitzen<br />
viele Russen an und über<br />
die Grenze. Nicht um den<br />
putinischen Krieg zu unterstützen,<br />
sondern um sich in<br />
Sicherheit zu bringen. Was<br />
im Westen zu viel Spott<br />
aber noch mehr Sorge führt.<br />
Je schlechter der Kriegsverlauf<br />
für Herrn P. läuft, desto<br />
gefährlicher wird es für die<br />
Europäer. Er denkt immer<br />
lauter über regional begrenzte<br />
Atomschläge nach.<br />
Und annektiert qua Gesetz<br />
einen Teil der Ukraine, nur<br />
um dann von russischem<br />
Boden sprechen zu können.<br />
Mit allen denk- und<br />
undenkbaren Folgen. Gibt<br />
es denn keinen Brutus in<br />
Russland?<br />
In Israel geschah dieser<br />
Tage Ungewöhnliches, ja irgendwie<br />
Undenkbares. Ein<br />
israelischer Staatenlenker<br />
nahm das Wort Zwei-Staaten-Lösung<br />
in den Mund<br />
und bezeichnete diese als<br />
sinnvoll. Was die Hardliner<br />
auf allen Seiten auf die<br />
Palme brachte. In Israel<br />
selbst sind die Ausraster<br />
der Gegner einer solchen<br />
Lösung ja Legion (im bittersten<br />
Sinn des Wortes),<br />
aber von der palästinensischen<br />
Seite hätte man ja<br />
auf ein wenig wohlwollende<br />
Zustimmung hoffen<br />
dürfen. Aber irgendwie<br />
scheinen die Menschen in<br />
Niete entscheiden noch am<br />
selben Tag die Besucher<br />
und eine Fachjury. Bei allem<br />
Ernst und Siegeswillen soll<br />
jedoch der Spaß an erster<br />
Stelle stehen. Drei erste Plätze<br />
werden prämiert.<br />
Besonders die Tatsache,<br />
dass sich inzwischen immer<br />
mehr junge Leute zur Teilnahme<br />
anmelden oder sich<br />
als Zuschauer auf der Tanzfläche<br />
der Stadthalle zu den<br />
Oldies der Rock’n‘Roll-Formation<br />
„Larry & the Handjive“<br />
austoben, freut die<br />
Veranstalter. Einlass ist um<br />
10 Uhr. Tickets und weitere<br />
Informationen unter (0471)<br />
59 17 59 oder per E-Mail an<br />
ticket@stadthalle-bhv.de.<br />
Foto: Agentur<br />
dieser Region noch nicht<br />
genug gelitten zu haben.<br />
Zu viel gelitten haben die<br />
Menschen im Iran ebenfalls.<br />
Nun also hat die Sittenpolizei<br />
eine junge<br />
Frau verhaftet,<br />
weil sie unvorschriftsmäßig<br />
bekleidet war.<br />
In den Augen<br />
der Sittenpolizisten<br />
Grund<br />
genug, sie in<br />
ihrer Haft<br />
sterben zu<br />
lassen. Anders<br />
als sonst,<br />
scheint es den Iranern nun<br />
aber zu reichen. So viel Unruhen<br />
gab es schon lange<br />
nicht mehr. Tote und Verletzte<br />
zu Hauf. So viele, dass<br />
sich die Regierung gezwungen<br />
sah, zur Ablenkung<br />
einfach mal die Kurden in<br />
Syrien zu bombardieren.<br />
Man könnte echt verzweifeln<br />
an so viel menschliches<br />
Versagen.<br />
Versagt haben auch die<br />
Italiener. Sie haben der Demokratie<br />
übel mitgespielt<br />
und dem Faschismus Tor<br />
und Parlament geöffnet.<br />
Nun haben die Italiener ja<br />
anders als die Deutschen,<br />
in ihrer Mehrheit ohnehin<br />
ein ungetrübteres Bild zu<br />
Faschismus. Mussolini hat<br />
es ja in dritter Generation<br />
in die Parlamente geschafft,<br />
aber jetzt noch eine Regierung<br />
aus diesem Haufen in<br />
der EU? Es sollte allen Demokraten<br />
grausen ob der<br />
Renaissance solcher Volksvertreter.<br />
Es ist zu befürchten,<br />
dass uns weitere Wochen<br />
der Abscheulichkeiten<br />
ins Haus stehen.<br />
Blick auf die Fundstelle in der Weser<br />
Bagger gräbt Hanse-Geschichte frei<br />
Sensationeller Koggen-Fund vor 60 Jahren / DSM feiert<br />
BREMERHAVEN re ∙ Die<br />
Bremer Kogge: Sensationsfund<br />
- Forschungsobjekt<br />
- Meilenstein der Schifffahrtsgeschichte.<br />
Ihr Fund<br />
jährt sich am 8. Oktober<br />
20<strong>22</strong> zum 60. Mal. Heute<br />
gefeiert, damals fast übersehen:<br />
Die Bergung des weltweit<br />
am besten erhaltenen<br />
Handelsschiffs des Mittelalters<br />
begann mit Ärger auf<br />
einer Baustelle. Das Kogge-Fund-Jubiläum<br />
feiert das<br />
Deutsche Schifffahrtsmuseum<br />
(DSM)/Leibniz-Institut<br />
für Maritime Geschichte mit<br />
der Eröffnung des interaktiven<br />
Werftmodells, das den<br />
Schiffbau 4.0 zeigt.<br />
Holz, immer wieder hartes,<br />
schweres Holz verstopft den<br />
sogenannten Steinkasten<br />
des belgischen Saugbaggers<br />
„Arlesienne“, auf dem Albert<br />
Baumann in der Nacht<br />
vom 8. zum 9. Oktober 1962<br />
Dienst hat. Die Deckmannschaft<br />
aus Belgien, Holland<br />
und Deutschland schwitzt,<br />
stöhnt, flucht, weil die Pumpe<br />
streikt. Baumann, 24 Jahre,<br />
aus Greetsiel, verdient<br />
sein Geld eigentlich in der<br />
Fischerei. In der Heimat fehlen<br />
jedoch die Aufträge. In<br />
Bremen brummt der Betrieb<br />
im Europahafen und ein<br />
neues Wendebecken wird<br />
schnell benötigt. Baumann<br />
heuert also als Decksmann<br />
auf dem Saugbagger an,<br />
schiebt Nachtschichten, um<br />
den Ausbau voranzutreiben.<br />
Da wo eigentlich Sand<br />
ausgeschachtet werden soll,<br />
fischt er nun stetig Holz<br />
aus den Tiefen der Weser.<br />
Die Holzstücke schleppt er<br />
in ein Ruderboot und wirft<br />
sie am Ufer auf einen Sportplatz.<br />
„Ich habe sofort gesehen,<br />
dass es Eichenholz<br />
war. Dass es sich jedoch um<br />
ein altes Schiff handelt, daran<br />
war nicht zu denken.<br />
Erkennen konnten wir das<br />
nachts nicht.“ Am nächsten<br />
Morgen hat der Platzwart<br />
vom Sportplatz die jahrhundertalten<br />
Spanten bereits<br />
entsorgt. Im Weserwasser<br />
zeichnet sich plötzlich die<br />
Kontur eines Schiffes ab,<br />
das auf die Seite gekippt ist.<br />
Trotz des hohen Zeitdrucks<br />
stellen die Decksmänner die<br />
Arbeit erstmal ein. Rätselnd<br />
betrachten sie das Holzgerippe,<br />
das sie zutage gefördert<br />
hatten.<br />
Sensationsfund - und weiterhin<br />
Forschungsprojekt<br />
Was für eine Art Schiff es<br />
wohl ist? Baumann hat keine<br />
Ahnung, dass er und<br />
seine Kollegen auf einen<br />
kulturhistorischen Schatz<br />
gestoßen sind - die Bremer<br />
Kogge von 1380, das am besten<br />
erhaltene Handelsschiff<br />
des Mittelalters und heutige<br />
Leitexponat des DSM. Siegfried<br />
Fliedner, Leiter der<br />
Schifffahrtsabteilung am<br />
Bremer Focke-Museum, eilt<br />
am Morgen zur Baustelle,<br />
untersucht das Wrack und<br />
bestimmt es als Kogge.<br />
Nach der Bergung sind die<br />
Herausforderungen groß: Ein<br />
Puzzle von mehr als 2.000<br />
Teilen will zusammengesetzt<br />
werden. Das interdisziplinäre<br />
Wissenschaftsteam untersucht<br />
lange, wie die jahrhundertealte<br />
Holzkonstruktion<br />
dauerhaft ausgestellt werden<br />
kann. Weserschlick hat das<br />
Wrack bisher bestens konserviert.<br />
An der Luft droht<br />
das Holz sich zu verformen<br />
und zu zerbröseln. Holzchemiker<br />
finden eine Methode,<br />
die als Wegbereiter für<br />
die Konservierung weiterer<br />
Holzschiffe gilt, beispielsweise<br />
der schwedischen Vasa.<br />
Ein wichtiger Schritt für die<br />
Aushärtung des Holzes ist<br />
das fast 20-jährige Bad im<br />
Kunstwachs Polyethylenglykol<br />
(PEG). Erst im Jahr 2000,<br />
38 Jahre nach dem Fund, sind<br />
Wiederaufbau und die hochkomplexe<br />
Konservierung<br />
abgeschlossen.<br />
Noch 60 Jahre nach ihrem<br />
Fund bleibt die Kogge im<br />
Fokus der Wissenschaft: Mit<br />
modernen Methoden der<br />
präventiven Konservierung<br />
wie der Photogrammetrie<br />
wird regelmäßig ermittelt,<br />
ob das Holz weiterhin<br />
arbeitet.<br />
Als Albert Baumann später<br />
vor der wieder aufgebauten<br />
Kogge im DSM steht, staunt<br />
er über das 20 Meter lange<br />
und acht Meter breite<br />
Die Kogge heute in der Kogge-Halle des DSM<br />
Foto: Focke-Museum<br />
Wrack. Die unvollständige<br />
Seite bringt ihn ins Grübeln:<br />
„Das waren mit Sicherheit<br />
die Spanten, die wir damals<br />
versehentlich ausgebaggert<br />
haben“, erinnert sich der<br />
heute 84-Jährige Wahlbremer.<br />
„Wir hatten ja keine<br />
Ahnung, dass wir auf einen<br />
Sensationsfund gestoßen<br />
waren.“ Eine kleine Metallskulptur<br />
am Weserufer<br />
erinnert heute an den geschichtsträchtigen<br />
Fund in<br />
Bremen-Woltmershausen.<br />
DSM feiert die Kogge -<br />
Schiffbau früher und heute<br />
Zum 60. Jahrestag des Funds<br />
lädt das DSM zu einem<br />
spannenden Ausblick in den<br />
Schiffbau von heute ein. Direkt<br />
neben dem mittelalterlichen<br />
Handelsschiff bietet<br />
das interaktive Werftmodell<br />
Einblick in den Schiffbau<br />
von heute. Die Sonderausstellung<br />
„Steel and Bytes -<br />
Ein Schiff entsteht“ kann ab<br />
Samstag, 1. Oktober, 13 Uhr,<br />
besichtigt werden.<br />
Ergebnisse der neuesten<br />
Forschungsprojekte rund<br />
um die Kogge sind bald in<br />
Ausstellungen zu sehen:<br />
„Immer weiter - die Hanse<br />
im Nordatlantik“ eröffnet<br />
im Frühjahr 2023. Die<br />
Schau zeigt, dass Bremer<br />
und Hamburger Kaufleute<br />
zu Zeiten der Hanse bereits<br />
Waren auf die nordschottischen<br />
Shetlands und Orkney<br />
brachten.<br />
Für das Projekt „Digital<br />
Materialities. Virtual and<br />
Analogue Forms of Exhibition“<br />
werden unter anderem<br />
Beifunde der Kogge mit modernster<br />
Scantechnik untersucht.<br />
Zu sehen sind die<br />
Objekte und Digitalisate ab<br />
Herbst 2023.<br />
Foto: Kleiner