MSCB_MM_2018 Magazin Digital
Das fast jährlich erscheinende Magazin des Marienburger Sport-Clubs 1920 e.V. in Köln. Ausgabe 2018.
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»Carmen: Ich würde das gerne noch etwas
erweitern: Wir sind immer dann Ansprechpartner,
wenn es zu Grenzüberschreitungen kommt. Diese
können verbaler oder auch tätlicher Art sein, zum
Beispiel durch Mobbing.
Das heißt, es kann auch zu Grenzüberschreitungen
von Jugendlichen gegenüber ihren Trainerinnen oder
Trainern kommen?
»Carmen: Ja, auf jeden Fall. Ein Trainer kann
sich durchaus auch einmal angemacht fühlen und
ist dann ratlos, wie er mit einem, ihn irritierenden
Verhalten, angemessen umgehen soll. Es geht uns
bei diesem Thema also insgesamt auch darum, eine
Kultur des Hinschauens und Ansprechens zu schaffen
– ohne dabei Sherlock Holmes zu spielen.
Wie sähe denn jetzt ein klassischer Fall aus,
in dem ihr angesprochen werden würdet?
»Johannes: Klassisch wäre es, dass eine Grenzüberschreitung
beispielsweise im Gruppentraining
stattfindet, in der ein Kind oder Jugendlicher sich
bedrängt, angemacht oder auch gemobbt fühlt. Das
betroffene Kind berichtet das seinen Eltern, möchte
aber auf der anderen Seite auch nicht aus der Gruppe
heraus. Die Eltern stehen dann gemeinsam mit ihrem
Kind vor der Frage: „Was machen wir jetzt und wen
können wir zu Rate ziehen?“ Das wäre dann der Moment,
in dem Carmen und ich angesprochen werden
können. Denn bei uns gilt ganz klar Diskretion und
Schweigepflicht.
Wie ist diese Schweigepflicht zu verstehen?
»Carmen: Natürlich ist es unheimlich schwer,
solch ein Thema anzusprechen. Gerade in einem Verein,
in dem man seine Trainer und Mitspieler kennt,
will man ja nicht aus einem Husten eine Grippe
machen. Oft denkt man ja auch an die Konsequenzen
und letztlich will man niemand aus dem eigenen
Verein schaden. Aber genau an diesem Punkt wollen
wir ansetzen und sensibilisieren. Denn kein Gefühl ist
falsch. Wenn jemand etwas beschäftigt, dann kann
die Person immer zu uns kommen. Erst dann schauen
wir gemeinsam, was an diesem Gefühl dran ist, was
das Gefühl verursacht und wie wir dieses Problem
letztlich konkretisieren können.
»Johannes: Ergänzend sei gesagt, dass wir in
diesem Moment mit diesem Interview den ersten
Schritt dieser Sensibilisierung gehen. Bevor jemand
zu seinen Eltern oder besonders zu uns geht, muss
bekannt sein, dass das Thema kein Tabu ist und dass
es im MSC Ansprechpartner gibt. Der zweite Schritt
ist dann natürlich, das Vertrauen aufzubauen. Und
das gelingt nur, wenn wir zeigen und vorleben, dass
wir jedem, der zu uns kommt, erstmal glauben und
dass seine Geschichte eben nicht die Runde in der
Gerüchteküche geht.
Nochmal nachgehakt: Wie würden Eltern in das Problem
eingeweiht werden, wenn ein Kind vehement darauf besteht,
dass die Eltern nichts von alle dem, was es erzählt
hat, wissen dürfen?
»Johannes: Wenn uns eine Betroffene oder ein
Betroffener anspricht und explizit darum bittet, dass
die Eltern nichts erfahren dürfen, dann respektieren
wir das natürlich.
»Johannes: Wir reden im ersten Moment nur
mit dem Betroffenen. Wenn die Person seine Eltern
vorerst heraushalten möchte, dann halten wir sie vorerst
heraus. Gemeinsam mit dem Betroffenen – und
wenn gewünscht – mit den Eltern beraten wir dann,
was genau passiert ist und wie wir dieses Problem
abstellen können.
In diesem Fall würde das Kind zu seinen Eltern gehen. Kann
es nicht aber auch sein, dass ein Kind oder Jugendlicher
beispielsweise aus Schamgefühl eben nicht mit seinen
Eltern oder gar fremden Erwachsenen reden möchte?
»Carmen: In meiner Beratungsarbeit fand ich
diese Situation tatsächlich relativ häufig vor. Dem
Wunsch der Jugendlichen bin ich dann erst einmal
nachgekommen. Irgendwann, wenn der Jugendliche
bereit war, habe ich allerdings schon angesprochen,
dass die Eltern über den Fall informiert werden
müssen – gerade dann, wenn die Person noch keine
16 Jahre alt war. Dieser Weg beruht letztlich auf Vertrauen
und der Jugendliche merkt, dass ich ihn unterstütze,
wenn er seinen Eltern von dem Fall erzählt.
Den gleichen Weg würden wir dann auch hier im
MSC gehen.
22 MSC MAGAZIN 2018