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Mast Ringe Kegel Tetrapoden Januar April Juni September

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Untersuchung der Wirkung von künstlichen Hartsubstraten<br />

auf natürliche Habitate am Großriff Nienhagen<br />

Vergleichende Ergebnisse 2003 bis 2006<br />

Norbert Schulz<br />

Einführung<br />

Die Einbringung von großflächigen künstlichen Unterwasserstrukturen in ein „ungestörtes“ Unterwassergebiet<br />

kann zu Veränderungen in diesem Gebiet führen. Mit einer Fläche von ca. 4 ha<br />

ist eine in der Ostsee einmalige künstliche Unterwasserlandschaft entstanden, bestehend aus<br />

Betonelementen verschiedener Form und Größe.<br />

Das Ziel des Projektes bestand in der Untersuchung der ökologischen Auswirkungen der künstlichen<br />

Riffstrukturen auf natürliche Habitatstrukturen in unmittelbarer Nähe der Riffstrukturen.<br />

Dazu wurden Sedimentstrukturen und Strömungsverhältnisse im Riff mit natürlich belassenen<br />

Habitaten in einem Kontrollgebiet (Sedimente: Börgerende; Strömungen: außerhalb des Riffs,<br />

ca. 250 m westlich der Riffstrukturen) miteinander verglichen. Bestimmt wurden die räumlichen<br />

und zeitlichen Veränderungen der Hart- und Weichsubstrate mit Schwerpunkt auf die Vergleichbarkeit<br />

(Similarity) zu Habitaten räumlich deutlich entfernt vom Großriff (Kontrollgebiet),<br />

die Veränderungen der Sedimentstrukturen und der Strömungsverhältnisse.<br />

Darüber hinaus wurden mittels Unterwasserfotografie und videooptischer Unterwasseraufnahmen<br />

verhaltensökologische Auswirkungen der Strukturen auf ausgewählte Organismen, insbesondere<br />

Fische, bewertet. Innerhalb des Gesamtforschungskonzepts „Großriff Nienhagen“ zielen<br />

Untersuchungen zur Wirkung der Elemente auf die Fläche auf folgende Aufgabenschwerpunkte:<br />

− Untersuchung der ökologischen Auswirkungen der Riffstrukturen auf die natürliche Habitatstruktur<br />

zwischen den Riffelementen und in der näheren Umgebung innerhalb des<br />

Riffareals, Auswaschungen, Ablagerungen, Veränderungen des Sedimenttransportes<br />

und der Sedimentation im Riffkomplex und im Vergleich zum Referenzgebiet.<br />

− Untersuchung der Veränderungen der Makro- und Mikroströmungen im Riffkomplex und<br />

in der unmittelbaren Umgebung westlich des Riffs (Kontrollgebiet).<br />

− Verhaltensbiologische Veränderungen der „Riff-Fische“.<br />

Resultate und Schlussfolgerungen<br />

Sedimentökologie<br />

Künstliche Unterwasserstrukturen beeinflussen im allgemeinen Strömungsverhältnisse in und<br />

an den Strukturen, die nachfolgend zu kleinräumigen Veränderungen der Sedimenttransporte<br />

führen können. Untersuchungen von Sedimentproben aus dem Bereich des „Künstlichen Riffs<br />

Nienhagen“ und des auch für die fischereilichen Beprobungen gewählten Referenzgebietes<br />

ergeben folgende Aussagen.<br />

Methode<br />

In den Jahren 2003 bis 2005 erfolgte die Probennahme der Sedimente diskontinuierlich und ab<br />

2006 in einmonatigem Abstand. Durch die Verwendung eines definierten Maßes bei der Entnahme<br />

ist sowohl im Flächen- als auch im Volumenbezug eine Vergleichbarkeit gegeben. Auch<br />

sind prinzipiell die gleichen Probennahmestellen untersucht worden.<br />

Im Zeitraum 2005 und 2006 wurden insgesamt 21 Beprobungen mit jeweils 5 bzw. ab dem Jahr<br />

2006 7 Sedimentproben durchgeführt. Die Untersuchungen wurden nach standardisierten Methoden<br />

durchgeführt. Dabei wurden folgende Sedimentparameter analysiert:<br />

• mittlere Korngröße<br />

• Wassergehalt<br />

• organischer Gehalt<br />

2003 (vor Einbringung der Strukturen)<br />

59


Betrachtet man die Sedimentstrukturen im Riffgebiet insgesamt, so waren in der Nähe der späteren<br />

Strukturen wie den <strong>Tetrapoden</strong> und bei den Riffkegeln mehr Steine und Kiese anzutreffen.<br />

Grobsande überwogen bei den alten Strukturen und in der Nähe des Telemetriemastes. Die<br />

Mittelsande überwogen an der Steinschüttung, bei den Stapelringen und bei den Zufallsproben.<br />

Bei Gewichtung aller Proben ergab sich folgende Abstufung der Häufigkeiten: Mittelsande,<br />

Steine und Kiese, Grobsande, Feinsande und Schluff. Die beiden letzteren Sediment-<br />

Korngrößen waren gegenüber den anderen Korngrößen nur gering vertreten.<br />

Im Referenzgebiet war die Sedimentstruktur durch die Grobsande bestimmt, jedoch waren die<br />

Unterschiede zu den Kiesen und Mittelsanden nicht sehr groß. Auch hier ist der geringe Anteil<br />

von Feinsanden und Schluff bemerkenswert.<br />

Insgesamt kann festgestellt werden, dass die hier beschriebenen Sedimente nur eine geringe<br />

Auflage über der hauptsächlich vorhandenen Mergelschicht bilden.<br />

Vergleicht man die Proben aus dem Riff- und dem Referenzgebiet (Abb. 1) so sind nur geringe<br />

Unterschiede festzustellen.<br />

Insgesamt überwiegen bei den Sedimenten im gesamten Seegebiet Grob- und Mittelsande sowie<br />

kleine Steine und Kiese.<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

%<br />

Steine,<br />

Kies<br />

Korngrößen (%)<br />

Grobsand Mittelsand Feinsand Schluff<br />

>63-1,00 1,00-0,5 0,5-0,125 0,125-<br />

0,063<br />

mm<br />


Mittlere Korngrößen<br />

2,50<br />

2,00<br />

1,50<br />

1,00<br />

0,50<br />

0,00<br />

mm<br />

mittl. Korngröße (mm), 2004<br />

03.06. 17.08. 28.10. 02.11. 13.12.<br />

Datum<br />

Referenz<br />

Ø Riff<br />

Abb. 2: Vergleich der mittleren Korngrößen (mm) Referenzgebiet und gemittelte<br />

Werte der Riffelemente II. Halbjahr 2004<br />

Die mittleren Korngrößen im Referenzgebiet sind generell höher als die gemittelten Werte im<br />

Riffgebiet (Abb. 2). Im Riffgebiet sind demnach feinere Sedimente vorherrschend. Ursache<br />

könnte der Abbau organischer Substanz (Biodeposition) im Riffgebiet sein. Durch veränderte<br />

Strömungsverhältnisse werden die feineren Sedimente offensichtlich nicht so stark abtransportiert<br />

wie im Referenzgebiet.<br />

Wassergehalt<br />

%<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Wassergehalt (%), Riff 2004<br />

03.06. 17.08. 28.10. 02.11. 13.12.<br />

Datum<br />

<strong>Mast</strong><br />

<strong>Tetrapoden</strong><br />

Riffkegel<br />

Stapelringe<br />

Abb. 3: Wassergehalt (%) verschiedene Riffstrukturen II. Halbjahr 2004<br />

61


62<br />

25,00<br />

20,00<br />

15,00<br />

10,00<br />

5,00<br />

0,00<br />

%<br />

Wassergehalt (%)<br />

03.06. 17.08. 28.10. 02.11. 13.12.<br />

Datum<br />

Referenz<br />

Ø Riff<br />

Abb. 4: Wassergehalt (%) Vergleich Referenzgebiet und gemittelte Werte im Riff-<br />

gebiet II. Halbjahr 2004<br />

Der durchschnittliche Wassergehalt im Referenzgebiet betrug im II. Halbjahr 2004 18,24%. Im<br />

Riffgebiet wurden in den Sedimentproben an den einzelnen Strukturen die in Abbildung 3 dargestellten<br />

Wassergehalte gefunden. Im Gesamtgebiet betrug der Wassergehalt demnach<br />

19,23%.<br />

Prinzipiell ist der Wassergehalt der Proben umso höher, je feiner die Sedimente sind. Daher<br />

wurden in den Proben an den <strong>Tetrapoden</strong> die höchsten Wassergehalte festgestellt, da hier die<br />

mittleren Korngrößen mit 0,32 mm am niedrigsten waren.<br />

Organischer Gehalt<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

%<br />

1,5 1,5<br />

1<br />

0,9<br />

0,7<br />

0,6<br />

0,5<br />

0 0 0<br />

Organischer Gehalt (%), Riff 2004<br />

0 0<br />

0,7 0,7<br />

1,2<br />

0,9<br />

0,6<br />

0,5<br />

0,3<br />

0,2<br />

03.06. 17.08. 28.10. 02.11. 13.12.<br />

Datum<br />

<strong>Mast</strong><br />

<strong>Tetrapoden</strong><br />

Riffkegel<br />

Stapelringe<br />

Abb. 5: Organischer Gehalt (%) verschiedene Riffstrukturen II. Halbjahr 2004.


1,000<br />

0,800<br />

0,600<br />

0,400<br />

0,200<br />

0,000<br />

%<br />

org. Gehalt (%), 2004<br />

03.06. 17.08. 28.10. 02.11. 13.12.<br />

Datum<br />

Referenz<br />

Ø Riff<br />

Abb. 6: Organischer Gehalt (%) Vergleich Referenzgebiet und gemittelte Werte im<br />

Riffgebiet II. Halbjahr 2004<br />

Der organische Gehalt im Referenzgebiet betrug im Durchschnitt des II. Halbjahrs 2004 0,38%,<br />

im Riffgebiet im Mittel 0,59% (Abb. 5). Somit zeigt auch dieser Vergleich die höhere sedimentierte<br />

Primärproduktion in den Riffstrukturen.<br />

2005 und 2006<br />

Die Werte für den Wassergehalt und die mittlere Korngröße zeigen in diesem Zeitraum eine<br />

mehr oder weniger sprunghafte Entwicklung. Dieses Ergebnis resultiert hauptsächlich aus den<br />

wind- bzw. strömungsinduzierten Veränderungen der Sedimentoberflächen (Abb. 7 und 8). Sie<br />

sind daher für eine Bewertung des Systems nur eingeschränkt nutzbar.<br />

Aussagekräftiger sind dagegen die Ergebnisse hinsichtlich des organischen Gehaltes. Es ist ein<br />

deutlicher Unterschied zwischen den Gehalten aus den Jahren 2005 und 2006 feststellbar. In<br />

2006 steigen die Gehalte in der Regel an. Dagegen bleiben die Werte des Referenzgebietes bis<br />

auf einen kurzen Frühjahrsanstieg auf dem Niveau des Vorjahres. Am deutlichsten sind die Anstiege<br />

im Bereich der <strong>Kegel</strong> und der <strong>Ringe</strong> (Abb. 9).<br />

Die Bereiche zwischen den <strong>Kegel</strong>n zeigen vor allem im Frühjahr 2006 einen merklichen Anstieg<br />

des organischen Gehaltes.<br />

Auch im direkten Vergleich der Messungen der Steinfelder im Jahr 2006 erkennt man einen im<br />

Durchschnitt höheren organischen Gehalt im alten und damit schon mehr besiedelten Steinfeld.<br />

Beim Vergleich der Einzelbereiche ist für die Refugien Riffkegel und Stapelringe ein Trend zum<br />

Anstieg des organischen Gehaltes, wenn auch mit einem noch kleinen Bestimmtheitsmaß (r²),<br />

gegeben (Abb. 10).<br />

Es ist absehbar, dass die Anlagerung von organischem Material zu einer erhöhten Bioaktivität<br />

in diesen Bereichen führen wird. Diese Aussage kann mit der gezielten Makrozoobenthosbeprobung<br />

in den gleichen Bereichen bestätigt oder widerlegt werden. Daher ist vorgesehen,<br />

sowohl die Sediment- als auch die Benthosbeprobungen im kommenden Untersuchungszeitraum<br />

2007 bis 2008 fortzusetzen.<br />

63


50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

64<br />

04.03.2005<br />

04.04.2005<br />

Referenz <strong>Mast</strong> Tetrapode <strong>Kegel</strong><br />

<strong>Ringe</strong> Steinfeld neu Steinfeld alt<br />

02.05.2005<br />

08.06.2005<br />

06.07.2005<br />

08.08.2005<br />

06.09.2005<br />

27.09.2005<br />

02.11.2005<br />

06.12.2005<br />

Abb. 7: Wassergehalt (%) an den Probennahmestellen der verschiedenen Strukturen,<br />

2005 und 2006<br />

0,900<br />

0,800<br />

0,700<br />

0,600<br />

0,500<br />

0,400<br />

0,300<br />

0,200<br />

0,100<br />

0,000<br />

04.03.2005<br />

04.04.2005<br />

02.05.2005<br />

08.06.2005<br />

06.07.2005<br />

08.08.2005<br />

06.09.2005<br />

10.01.2006<br />

13.02.2006<br />

07.03.2006<br />

11.04.2006<br />

Referenz <strong>Mast</strong> Tetrapode<br />

<strong>Kegel</strong> <strong>Ringe</strong> Steinfeld neu<br />

Steinfeld alt<br />

27.09.05<br />

02.11.2005<br />

06.12.2005<br />

Abb. 8: Mittlere Korngröße (mm) an den Probennahmestellen der verschiedenen<br />

Strukturen, 2005 und 2006<br />

10.01.2006<br />

13.02.2006<br />

07.03.2006<br />

11.04.2006<br />

03.05.2006<br />

03.05.2006<br />

07.06.2006<br />

07.06.2006<br />

04.07.2006<br />

04.07.2006<br />

01.08.2006<br />

01.08.2006<br />

06.09.2006<br />

06.09.2006<br />

04.10.2006<br />

04.10.2006<br />

16.11.2006<br />

16.11.2006


14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

04.03.2005<br />

Referenz <strong>Mast</strong> Tetrapode <strong>Kegel</strong><br />

<strong>Ringe</strong> Steinfeld neu Steinfeld alt<br />

04.04.2005<br />

02.05.2005<br />

08.06.2005<br />

06.07.2005<br />

08.08.2005<br />

06.09.2005<br />

27.09.05<br />

02.11.2005<br />

06.12.2005<br />

Abb. 9: Organischer Gehalt (%) an den Probennahmestellen der verschiedenen<br />

Strukturen, 2005 und 2006<br />

4,0<br />

3,5<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

04.03.2005<br />

Referenz <strong>Mast</strong> Tetrapode<br />

<strong>Kegel</strong> <strong>Ringe</strong> Steinfeld neu<br />

Steinfeld alt Linear (<strong>Kegel</strong>) Linear (Tetrapode)<br />

Linear (<strong>Ringe</strong>) Linear (<strong>Mast</strong>) Linear (Referenz)<br />

04.04.2005<br />

02.05.2005<br />

08.06.2005<br />

06.07.2005<br />

08.08.2005<br />

06.09.2005<br />

27.09.05<br />

02.11.2005<br />

06.12.2005<br />

10.01.2006<br />

13.02.2006<br />

07.03.2006<br />

11.04.2006<br />

03.05.2006<br />

07.06.2006<br />

04.07.2006<br />

01.08.2006<br />

06.09.2006<br />

04.10.2006<br />

R 2 = 0,1466<br />

16.11.2006<br />

R 2 = 0,271<br />

Abb. 10: Trenddarstellung des organischen Gehaltes (%) an den Probennahme-<br />

stellen der verschiedenen Strukturen, 2005 und 2006<br />

Ab dem Frühjahr 2004 wurde an den <strong>Tetrapoden</strong>, Riffkegeln, Stapelringen und am <strong>Mast</strong> Markierungspflöcke<br />

eingeschlagen, um mögliche Sedimenttransporte zu beobachten (siehe als<br />

Beispiel Abb. 11).<br />

10.01.2006<br />

13.02.2006<br />

07.03.2006<br />

11.04.2006<br />

03.05.2006<br />

07.06.2006<br />

04.07.2006<br />

01.08.2006<br />

06.09.2006<br />

04.10.2006<br />

R 2 = 0,2649<br />

R 2 = 0,1263<br />

R 2 = 0,0654<br />

65<br />

16.11.2006


<strong>Mast</strong> <strong>Mast</strong> <strong>Ringe</strong> <strong>Ringe</strong> <strong>Kegel</strong> <strong>Kegel</strong> <strong>Tetrapoden</strong><br />

<strong>Januar</strong> Februar<br />

<strong>April</strong><br />

<strong>Juni</strong><br />

<strong>September</strong><br />

Abb. 11: Veränderungen der Sedimenthöhen an den verschiedenen Riffstrukturen<br />

2006<br />

Die Messungen der Sedimenthöhen ergaben, dass es zu keinen dauerhaften Veränderungen<br />

der Sedimentablagerungen an den verschiedenen Riffstrukturen gekommen ist. Durch die<br />

Strömungsverhältnisse werden zwar Veränderungen in der Anordnung von Sedimentstrukturen<br />

sichtbar, z. B. sind größere Steine erkennbar, die durch die Strömungen in ihrer Lage verändert<br />

wurden, jedoch sind keine Veränderungen der Sedimenthöhen sichtbar. Es kommt zu keinen<br />

lokalen Anhäufungen von Sedimenten. Jahreszeitlich bedingt sind Veränderungen der Epibiota<br />

erkennbar.<br />

Insgesamt zeigt sich über die Jahre, dass die Strukturen im sonst freien Ostseebereich<br />

eine Beruhigungszone und damit eine Falle für Sedimente bzw. organisches Material<br />

darstellen. Sedimentverschiebungen und erhöhte organische Gehalte führten mit der Zeit<br />

zu einer Veränderung der Fauna und Flora in diesen Bereichen. Im weiteren Verlauf ist<br />

auch, aufgrund des nährstoffreicheren Substrats, eine stärkere Makroalgen- und Makrophytenansiedlung<br />

zu erwarten.<br />

Strömungsverhältnisse im Riffgebiet und in einem Kontrollgebiet außerhalb<br />

des Riffs<br />

Die Einwirkungen der Riffstrukturen auf die Strömungsverhältnisse im Riffgebiet wurden mittels<br />

zweier mechanischer Strömungsmesser des Instituts für Ostseeforschung (IOW) Rostock-<br />

Warnemünde ab Mai 2004 untersucht. Zum Vergleich wurden zwei weitere Strömungsmesser<br />

etwa 300 m westlich des Riffgebietes installiert. Problematisch ist der sommerliche Bewuchs<br />

der Propeller gewesen, sodass ein hoher Betreuungsaufwand zu verzeichnen gewesen ist und<br />

auswertbare Daten erst in den Wintermonaten November 2004 bis März 2005 ermittelt werden<br />

konnten. Daher wurde abgestimmt, für weitere Untersuchungen akustische Strömungsmesser<br />

66


zu verwenden, so bald diese verfügbar sind. Dies war jedoch im Verlaufe der Jahre 2005 und<br />

2006 nicht der Fall.<br />

Abb. 12: Strömungsgeschwindigkeiten in 5 und 10 m Wassertiefe (Nov. 2004 bis<br />

März 2005)<br />

Die Strömungsmesser wurden in 5 m und 10 m Wassertiefe angebracht. Aus den Strömungsgeschwindigkeiten<br />

lassen sich keine, durch die Strukturen hervorgerufenen markanten Veränderungen<br />

der Strömungsfelder am Riff ablesen.<br />

Die hauptsächlich durch Wind induzierten Strömungsrichtungen heben sich im Untersuchungszeitraum<br />

auf. So sind auch die lokalen Bewegungen der Oberflächensedimente zu erklären.<br />

Die lokalen Transportmechanismen führen zu keiner Anhäufung von Sedimenten an bestimmten<br />

Strukturen.<br />

Zusammenfassung<br />

Durch die Einbringung von künstlichen Strukturen in natürliche Habitatstrukturen können Veränderungen<br />

der Sedimentzusammensetzung, der Korngrößenverteilung, der Wassergehalte<br />

und der organischen Gehalte aber auch Veränderungen der Artenzusammensetzung der Bodentierorganismen<br />

(Infauna und Epifauna) erwartet werden.<br />

Eine Veränderung der Strömungsverhältnisse hängt wesentlich von der Größe der Einzelstrukturen,<br />

deren Anordnung und der Flächenausdehnung ab. Konstante Veränderungen konnten im<br />

Riff nicht beobachtet werden. Die in diesem Seegebiet vorherrschende parallele Küstenströmung<br />

ist durch einen häufigen Richtungswechsel gekennzeichnet. Vorrangige Richtungen sind<br />

West-Ost bzw. Ost-West Strömungen. Diese wurden auch im Riffgebiet festgestellt. Kleinräumige<br />

Strömungen, um die Strukturen herum, konnten nicht untersucht werden.<br />

In Bezug auf die Sedimentverteilung im Riff konnten keine signifikanten Änderungen, d. h. konstante<br />

Abtragungen oder Anhäufungen von Sedimenten in bestimmten Bereichen festgestellt<br />

werden.<br />

67


Die sedimentökologischen Untersuchungen zeigen eine hohe Variabilität, die vorrangig durch<br />

physikalische Prozesse, hauptsächlich Strömungen, gesteuert wird. Biologische Prozesse wie<br />

der Abbau von Organismen zeigen sich in erster Linie in den unterschiedlichen organischen<br />

Gehalten in der oberen Sedimentschicht.<br />

Zusammenfassend kann eingeschätzt werden, dass die eingebrachten Strukturen zu keiner<br />

messbaren Veränderung der Sedimenttransporte und der Zusammensetzung (Korngrößen)<br />

führen. Beobachtete zwischenjährliche Veränderungen sind unsers Erachtens durch die natürliche<br />

Variabilität dieser Parameter bedingt.<br />

Eindeutig kann jedoch festgestellt werden, dass im Riffgebiet insgesamt die organischen Gehalte<br />

der Sedimente steigen und dass im Jahr 2006, als Folge der erhöhten Bioproduktion, die<br />

bisher höchsten Werte zu verzeichnen waren. Im Referenzgebiet sind hingegen die organischen<br />

Gehalte in der Untersuchungsperiode 2004 bis 2006 nur geringfügig gestiegen.<br />

An allen Probenentnahmestellen, in der Nähe der unterschiedlichen Riffstrukturen, ist dieser<br />

Anstieg zu verzeichnen gewesen. Insbesondere trifft dies für die Sedimente in der Nähe der<br />

Riffkegel zu, wo im Sommer 2006 die bisher höchsten organischen Gehalte gemessen wurden.<br />

Diese Strukturen bilden zusammen mit den in unmittelbarer Nähe errichteten Stapelringen ein<br />

nahezu kompaktes Gebilde, sodass die Vermutung nahe liegt, dass die Bioproduktivität an homogeneren<br />

Strukturen höher ist, als an den vergleichsweise heterogenen <strong>Tetrapoden</strong>-<br />

Ensembles.<br />

Die aufgetretenen Unterschiede werden durch weitere Untersuchungen überprüft.<br />

Zusammenfassend kann eingeschätzt werden, dass die Einbringung der künstlichen Hartsubstrate<br />

in diesem Seegebiet, dessen Bodenstruktur durch eine dünne Grobsand- und Feinsandstruktur<br />

mit vereinzelten Steinen auf einer Mergelgrundlage gekennzeichnet ist, zu keinen markanten<br />

Veränderungen der natürlich vorhandenen Habitate geführt hat. Die obere Sedimentschicht<br />

wird strömungsinduziert regelmäßig innerhalb des Gebietes umgeschichtet, Sedimentfallen<br />

sind nicht entstanden. Durch den Aufwuchs an den Hartsubstraten ist eine erhöhte Bioproduktivität<br />

erkennbar, die sich auch in der Artenvielfalt der Benthostierorganismen und in der<br />

Konzentration von Zooplanktern widerspiegelt.<br />

Nach wie vor kann nicht eindeutig eingeschätzt werden, in welchem Maße Form und Anordnung<br />

der verschiedenen Strukturen Einfluss auf die Artenvielfalt in dem Gebiet ausüben. Eindeutig<br />

ist, dass eine eher homogene Strukturierung, wie sie im Bereich der Riffkegel und Stapelringe<br />

vorhanden ist, zu einer höheren Bioproduktivität führt, während die Effekte der heterogen<br />

strukturierten <strong>Tetrapoden</strong>felder merkbar geringer sind.<br />

68


Entwicklung von Unterwassertechniken und –beobachtungsmethoden<br />

zur Unterstützung wissenschaftlicher Arbeiten an<br />

künstlichen Riffen der Ostseeküste Mecklenburg-<br />

Vorpommerns<br />

Gerd Niedzwiedz<br />

Einführung<br />

Temporäre ferngesteuerte UW-Beobachtungen an definierten ortsfesten oder ortsveränderlichen<br />

Strukturen sind mit der Verfügbarkeit von Videotechnik seit Mitte der 70er des 20. Jahrhunderts<br />

als wissenschaftliche Methode eine häufige Anwendung. Dabei sind die Einsatzbedingungen<br />

weitestgehend bekannt und kalkulierbar. Der Zugriff auf die verwendete Technik ist operativ<br />

möglich, da der Betreiber unmittelbar vor Ort die Videobeobachtung vornimmt und jederzeit den<br />

Einsatz steuern bzw. abbrechen kann.<br />

Eine neue Herausforderung besteht im langfristig ausgerichteten Einsatz dieser Technik. Erste<br />

Erfahrungen dazu wurden in Rostock vor ca. 10 Jahren gesammelt, als es darum ging, einen<br />

Telemetriemast im Fischereischutzgebiet vor dem Ostseebad Nienhagen aufzubauen und unter<br />

den dort herrschenden konkreten Umgebungsbedingungen über Monate hinweg zu nutzen. Trotz<br />

relativ geringer Wassertiefe (ca. 12 m) und damit klein bleibender hydrodynamischer<br />

Auftriebskräfte bzw. Rückstellmomente kam ein so genannter Neigungsmast zum Einsatz. Dieser<br />

ist mit Hilfe einer kardanartigen Lagerung auf einem Kreuzgelenk fähig, hydro- und<br />

aerodynamische Belastungen quer zu seiner Längsachse derart zu kompensieren, so dass keine<br />

bzw. klein bleibende und die Struktur relativ gering beanspruchende Biegespannungen und –<br />

momente auftreten. Die infolge der Neigung zusätzlich eintauchenden Teile des <strong>Mast</strong>es bedingen<br />

rückstellende, hydrostatische Momente. Deren Wirkung ist umso effizienter, je geringer die<br />

entgegengesetzt wirkenden, die Neigung vergrößernde Momente infolge des <strong>Mast</strong>gewichtes sind.<br />

So wäre ein aus Stahl hergestellter <strong>Mast</strong> für das Seegebiet vor Nienhagen zu schwer, ein aus<br />

Aluminium hergestellter <strong>Mast</strong> bei immer noch zu hohem Eigengewicht zu teuer gewesen. Durch<br />

die Verwendung eines GfK-Rohres wurde Neuland beschritten, da eine solche Verwendung im<br />

maritim-technischen Bereich bis dahin nicht bekannt war.<br />

Die erste kontinuierliche UW-Beobachtung erfolgte im Zeitraum Juli - November 1998 an den<br />

Vorgängerstrukturen des jetzigen Großriffes vor Nienhagen. Vor den kleinflächigen Aufragungen,<br />

bestehend aus Betonröhren (L = 1 m, Ø = 0,5 m) kam eine UW-Videokamera zum Einsatz, deren<br />

Bilder in Echtzeit und voller VHS-Auflösung unter Verwendung einer bidirektionalen<br />

Funkverbindung zwischen <strong>Mast</strong> und Landstation (Warnemünde) übertragen wurden. Zur<br />

Energiebereitstellung wurden bereits Windgenerator und / oder Solarzellen verwendet. Die<br />

Aufzeichnung der funkübertragenen Videobilder wurde in den Landstationen (wechselnd:<br />

Radarturm IHS, Hotel am Leuchtturm Warnemünde, Dach des Instituts für Ostseeforschung<br />

Warnemünde) manuell mit einem normalen Videorekorder vorgenommen. Die bei recht guten<br />

Sichtweiten im Herbst entstandenen Aufnahmen konnten die wiederholte Anwesenheit von<br />

Dorschschwärmen in der Nähe dieser noch sehr kleinen Aufragungen (max. Höhe = 2 m)<br />

belegen. Fortgesetzte Beobachtungskampagnen über mehrere Wochen in den Folgejahren bis<br />

November 2000 bestätigten die ersten Ergebnisse und ließen gleichzeitig das Vertrauen in die<br />

eingesetzte Technik wachsen.<br />

Die bis zum Jahr 2000 vorliegenden Videobilder bildeten einzigartige Referenzen bei<br />

Überlegungen, inwieweit größere und ausgedehntere künstliche Strukturen generell zur Erhöhung<br />

der fischereilichen Wertigkeit eines solchen Riffgebietes beitragen können. Dabei ist der Begriff<br />

„fischereiliche Wertigkeit“ nicht nur auf die verstärkte Anwesenheit von Zielfischarten (Dorsch,<br />

Plattfisch, Aal) zu beschränken. Vielmehr sind die durch das Einbringen künstlicher Strukturen<br />

hervorgerufenen veränderten ökologischen Wechselwirkungen mit allen verfügbaren Mitteln über<br />

ausreichend lange Zeiträume wissenschaftlich zu untersuchen. Letztlich konnte anfangs nur<br />

spekuliert werden, welche Auswirkungen künstliche Strukturen auf die Fauna und Flora direkt im<br />

betroffenen Gebiet aber auch im Vergleich zu Referenzgebieten in ausreichender Entfernung zum<br />

69


Riffgebiet haben könnten. Fundierte und belastbare Aussagen sind nur nach sehr umfangreichen<br />

und detaillierten wissenschaftlichen Untersuchungen möglich.<br />

Es war deshalb sehr zu begrüßen, dass in einem von der Landesregierung Mecklenburg-<br />

Vorpommerns geförderten Projekt unter Verwendung von finanziellen Mitteln der EU nicht nur<br />

der Aufbau eines künstlichen Riffes in der Ostsee initiiert wurde, sondern darüber hinaus auch<br />

die Durchführung eines umfassenden wissenschaftlichen Forschungsprogrammes. Dieses<br />

umfasste u. a. Untersuchungen zum Bewuchs an den künstlichen Strukturen und zum<br />

Vorkommen von Fischen differenziert nach Art und Jahrgang. Neben der Probefischerei mit<br />

üblichen Fanggeräten sollte dabei auch der Einsatz einer erweiterten UW-Videobeobachtung<br />

wieder eine Rolle spielen.<br />

Zusammengefasst waren folgende Aufgaben im Rahmen des Teilprojektes<br />

„Unterwasserbeobachtung“ zu lösen:<br />

− Installation des Telemetriemastes an vordefiniertem Ort im Gebiet des künstlichen<br />

Ostseeriffes vor Nienhagen mit möglichst geringem Abstand zu allen möglichen<br />

Beobachtungsstandorten für UW-Videokameras.<br />

− Erarbeitung und Umsetzung eines technischen Konzeptes, welches es erlaubt, bis zu 10<br />

Videokameras gleichzeitig betreiben zu können. Dazu zählte auch ein erweiterter und<br />

verbesserter Ansatz zur Energiegewinnung und –speicherung vor Ort.<br />

− Integration von Sensorik in das Beobachtungssystem zur Erfassung von Umweltdaten und<br />

der <strong>Mast</strong>neigung.<br />

− Ergänzung und Erweiterung der UW-Beobachtungsmöglichkeiten durch fernsteuerbare,<br />

bewegliche Kameras bzw. Kameras mit hochwertigerer Kameraoptik.<br />

− Erarbeitung und Umsetzung technischer Lösungsmöglichkeiten zur videooptischen<br />

Beobachtung größerer Flächen im erweiterten Riffgebiet.<br />

− Installation der gesamten UW-Beobachtungstechnik inkl. der Ausrüstung des<br />

Telemetriemastes mit Energiegewinnungs-, Funkübertragungs-, Steuerungs- und<br />

Datentechnik zuzüglich von Umweltmesstechnik.<br />

− Einrichtung einer Landstation in Warnemünde zum Live-Empfang von Videodaten und zur<br />

on-line-Steuerung des Beobachtungssystems im Riffgebiet.<br />

− Speicherung, Verarbeitung und Auswertung funkübertragener Video- und Messdaten.<br />

− Erweiterung der Fernsteuerungsmöglichkeiten durch Nutzung von GSM-Technik.<br />

− Erarbeitung und wenn möglich technische Umsetzung und Erprobung von Möglichkeiten zur<br />

qualitativen Bildauswertung. Dabei wurde vorerst Bau und Erprobung eines Low-cost-UW-<br />

Photogrammetriesystems einschließlich der Herstellung von Auswertesoftware favorisiert.<br />

− Reparatur- und Wartungsarbeiten am Telemetriemast, an der UW-Beobachtungstechnik<br />

und am gesamten Steuerungs- und Datenfunksystem.<br />

− Publikation wissenschaftlicher Ergebnisse. Hierbei wurden sowohl auf die klassischen<br />

Formen der Öffentlichkeitsarbeit (Vorträge, wissenschaftliche Paper) zurückgegriffen als<br />

auch verstärkt das Internet (spezielle Webseite) eingesetzt. Über das Internet ergab sich<br />

eine zusätzliche Möglichkeit für Meinungsumfragen bei den Zielgruppen Angler und<br />

Sporttaucher über eine touristische Bedeutung künstlicher Riffe an der Ostseeküste,<br />

wodurch die Arbeit der LMS Landwirtschaftsberatung M-V zur ökonomischen Bewertung<br />

künstlicher Riffe durch touristische Nutzung unterstützt werden sollte.<br />

− In engem Zusammenhang mit der Nutzung des Internets sollten die der Universität Rostock<br />

verfügbaren Möglichkeiten genutzt werden, live übertragene UW-Videobilder direkt ins<br />

Internet weiterzuleiten.<br />

Bei der Bearbeitung dieses Aufgabenkomplexes konnte nur bedingt auf die bis dahin<br />

vorliegenden Erfahrungen und technischen Ergebnisse zurückgegriffen werden. Der<br />

Auftragnehmer versuchte deshalb, bei der Bearbeitung bestimmter Probleme<br />

Kooperationsmöglichkeiten insbesondere an der Universität Rostock aber auch darüber hinaus zu<br />

nutzen. So wurden bspw. (über die eigentliche UW-Videobeobachtung hinausgehend)<br />

Langzeituntersuchungen zu biogenen Antifoulinganstrichen (aufgebracht am Messmast) durch<br />

den Fachbereich Biowissenschaften geplant und durchgeführt. Der Fachbereich Landeskultur-<br />

und Umweltschutz brachte sich im Rahmen des Projektes bei der Erarbeitung von Grundlagen<br />

zur Vermessung von UW-Strukturen mittels photogrammetrischer Verfahren ein. Studentische<br />

Aufgabenstellungen leiteten sich bei der Aufbereitung, Weiterleitung und Publizierung von<br />

70


Videodaten unter Verwendung neuester Technologien der Kommunikationstechnik ab. Dazu<br />

wurde mit dem Fachbereich Informatik eine sehr konkrete Zusammenarbeit realisiert, die bis hin<br />

zu einem gemeinsamen Messeauftritt auf der CeBit’04 in Hannover reichte. Bei der<br />

Videodatenweiterleitung, ihrer temporären Speicherung und Publizierung wurden außerdem die<br />

EDV-Abteilung des Instituts für Ostseeforschung Warnemünde und das<br />

Universitätsrechenzentrum einbezogen. Anfang des Jahres 2004 kam es unter maßgeblicher<br />

Beteiligung des Auftragnehmers zu einer intensiven Ideendiskussion mit einem Grafikdesigner<br />

(einem ehemaligen Mitarbeiter und Forschungstaucher der Universität Rostock) über<br />

Möglichkeiten zur computeranimierten 3D-Präsentation des Riffgebietes. Inzwischen wurde die<br />

2. Version einer 3D-Riffanimation im Jahr 2006 fertig gestellt und ist Herzstück eines<br />

umfassenden vertonten Medienbeitrages über das künstliche Ostseeriff Nienhagen, der alle zu<br />

bearbeitenden wissenschaftlichen Teilaufgaben eindrucksvoll beinhaltet.<br />

Ohne die Fachkompetenz des Ingenieurbüros für Unterwassertechnik A. Kordian (UWT) wäre<br />

jedoch die Langzeit-UW-Videobeobachtung im Zeitraum 2003 - 2006 nicht möglich gewesen.<br />

Kordian war zwischen 1996 und 1998 der Projektbearbeiter im o. g. HSP-III-Projekt und verfügte<br />

über die notwendigen praktischen Erfahrungen bei der Konzeption und Ausrüstung der Beobachtungsstation.<br />

Hier lag ein unersetzbarer Erfahrungsschatz mit Alleinstellungsmerkmalen vor.<br />

Der vorliegende Abschlussbericht (NIEDZWIEDZ, 2007) stellt eine Bilanz der bisher erzielten Ergebnisse<br />

bei der Umsetzung o. g. Aufgaben dar, die im Vertrag mit der Landesforschungsanstalt<br />

für Landwirtschaft und Fischerei M-V (LFA) durch die Universität Rostock übernommen worden<br />

sind. Erstmalig sind wichtige Resultate bei der Auswertung des vorhandenen Videomaterials<br />

(DUMKE / EGGERS) aus der UW-Beobachtung mit eingeflossen. Diese umfassen eine vorläufige<br />

Bewertung der Aufnahmen aus dem Jahr 2006 aber auch die kritische Auseinandersetzung mit<br />

den Ergebnissen der UW-Videobeobachtung über den gesamten Beobachtungszeitraum seit<br />

2003. Durch KORDUAN / LÄMMEL wurde ein Tätigkeitsbericht über die Weiterentwicklung der<br />

UW-Stereofotografie im Jahr 2006 erarbeitet.<br />

Die aufgetretenen technischen Probleme bei der Realisierung der UW-Videobeobachtung in 4<br />

Kampagnen zwischen Oktober 2003 – Dezember 2006 sind in den beim Auftraggeber vorliegenden<br />

jährlichen Zwischenberichten (NIEDZWIEDZ) aufgelistet und werden nachfolgend nicht noch<br />

einmal detailliert analysiert, zumal im vergangenen Jahr hierzu keine generell neuen Erkenntnisse<br />

gewonnen werden konnten.<br />

Neu waren dagegen die geschaffenen UW-Beobachtungsmöglichkeiten während der Nacht und<br />

das Streaming von analogen UW-Videobildern nach Digitalisierung und Komprimierung ins Internet.<br />

Dieser Prozess verlief seit <strong>April</strong> 2006 bis Dezember 2006 fast kontinuierlich und infolge der<br />

damit verbundenen Möglichkeiten der öffentlichen Darstellung der Arbeitsmethoden und wissenschaftlichen<br />

Ergebnisse sehr erfolgreich.<br />

Da ab dem Jahr 2005 eine Umsatzsteuerpflicht für die Auftragsforschung an der Universität Rostock<br />

galt, wurden einvernehmlich mit dem Auftraggeber zu bearbeitende Aufgaben im universitären<br />

Aufgabenkomplex „UW-Videobeobachtung“ modifiziert und schwerpunktmäßig neu ausgerichtet.<br />

In Anbetracht der insgesamt erzielten Ergebnisse bei der Langzeit-UW-Beobachtung, der<br />

zu bewältigenden technischen Probleme und des hohen Maßes an neu gewonnenen Erkenntnissen<br />

und Erfahrungen kann eine sehr erfolgreiche Bilanz bei der Projektbearbeitung gezogen werden.<br />

Einschätzung der UW-Beobachtungssaison 2006<br />

Natürliche Einsatzbedingungen<br />

Eissituation im <strong>Januar</strong> / Februar 2006<br />

Nach einer relativ erfolgreichen Beobachtungskampagne im Jahr 2005 wurde die Beobachtungstechnik<br />

im November 2005 abgerüstet und der Telemetriemast auf das Überwintern vorbereitet.<br />

Der Abbau der UW-Beobachtungstechnik vor der Wintersaison ist deswegen notwendig,<br />

weil bei Frost ein Besteigen des Telemetriemastes erheblich erschwert bzw. gar nicht möglich<br />

ist. Für relativ langwierige Demontageprozesse stehen in der kalten Jahreszeit nur wenige<br />

Stunden pro Tag mit Tageslicht zur Verfügung. Zudem ist die Anzahl windschwacher Tage<br />

deutlich herabgesetzt. Im November 2005 wurde in Anbetracht der Erfahrungen der letzten Jah-<br />

71


e, dass es eben nicht zum Zufrieren der freien Ostsee kam, durch UWT entschieden, die Solarzellen<br />

auf dem <strong>Mast</strong>korb zu belassen, weil das Risiko der Beschädigung bei der Demontage<br />

im Herbst bzw. beim Wiederaufbau im Frühjahr erheblich ist. Das Handling der Solarzellen ist<br />

selbst bei leichtem Wind im Schlauchboot kompliziert und muss sorgsam vorgenommen werden.<br />

Eine Demontage der Solarzellen ist nur dann erforderlich, wenn der <strong>Mast</strong> wegen Eisgang<br />

umgeklappt werden müsste.<br />

Abb. 1: Wasseroberflächentemperatur der Ostsee in der 3. KW 2006<br />

Abb. 2: Eiskarten der Ostsee vom 27.01. und 13.02.2006 (Quelle:BSH)<br />

Diese Situation wäre aber im <strong>Januar</strong> / Februar 2006 beinahe eingetreten. Anfang 2006 begann<br />

eine mehrwöchige Dauerfrostperiode, so dass küstennahe und Boddengewässer recht schnell<br />

von einer massiven Eisdecke überzogen wurden. Der Projektleiter beantragte beim BSH deshalb<br />

eine permanente Eisinformation. In der 3. Kalenderwoche war in der südlichen (östlich Rügen)<br />

und südwestlichen Ostsee bereits die Oberflächentemperatur nahe 0°C (Abb. 1).<br />

72


In den salzärmeren und flacheren Bereichen der Ostseeküste in M-V begann durch Spezialschiffe<br />

das permanente Freihalten des Fahrwassers. Glücklicherweise kam es in der 1. Februardekade<br />

zu deutlichen Temperaturanstiegen, so dass sich das küstennahe Eis vor Warnemünde<br />

und im Hafengebiet (Unterwarnow) langsam wieder zurück bildete (Abb. 2).<br />

Damit wurde die Eisbildung auch auf der freien Ostsee vor Nienhagen unterbrochen und die<br />

bildlich dokumentierte Situation (Abb. 3) blieb eine Episode ohne Folgen.<br />

Abb. 3: Vereisungssituation im <strong>Januar</strong> 2006 in Nienhagen am Strand und am Te-<br />

lemetriemast<br />

Bei fortgesetzter Frostperiode und einsetzendem Eisgang auf der freien Ostsee hätte entweder<br />

der Telemetriemast kurzfristig an Land verbracht oder geflutet und vor Ort umgeklappt werden<br />

müssen. Technologische Empfehlungen zum Umklappen des <strong>Mast</strong>es wurden im Zwischenbericht<br />

über das Jahr 2004 erarbeitet. Es hätten sich jedoch möglicherweise Schwierigkeiten ergeben,<br />

weil in der einen möglichen Klapprichtung ein Stein mit ca. 0,75 m Durchmesser ein<br />

Hindernis darstellte. Besser wäre deshalb ein Umklappen in südwestliche Richtung gewesen<br />

mit dem Vorteil, dass der <strong>Mast</strong>korb an dem dort befindlichen <strong>Tetrapoden</strong>stapel (2 t) hätte befestigt<br />

werden können. Bei dieser Klapprichtung würden aber die nach unten offenen Flutventile<br />

ein großes Problem darstellen, so dass die im <strong>Mast</strong> befindliche Luftblase die Flutung be- oder<br />

gar verhindert hätte.<br />

Das Fluten des <strong>Mast</strong>es und das Umlegen auf den Meeresboden bleibt damit ein bislang nicht<br />

erprobtes Verfahren. Aus Zeitgründen war ein Test auch zum Jahresende 2006 nicht mehr<br />

möglich.<br />

Es sollte bei derartigen Vorhaben auch immer bedacht werden, dass mehrere Tauchereinsätze<br />

bei geringen Wassertemperaturen erforderlich werden. Bei verständlichem technischem Interesse<br />

wären die Aufgaben normalerweise durch Berufstaucher mit entsprechender technischer<br />

Unterstützung auszuführen. Ein Test sollte in der der warmen Jahreszeit ohne Zeit- und Erfolgsdruck<br />

vorgenommen werden.<br />

Orkanartiger Sturm im November 2006<br />

Anfang November kam es im Norden Deutschlands, insbesondere auch an der Ostseeküste<br />

Mecklenburg-Vorpommerns zu einem ersten starken Herbststurm. Die Medien sprachen von<br />

der stärksten Sturmflut seit 1954. Der Telemetriemast war zu jener Zeit noch vollständig ausgerüstet<br />

und auch im Unterwasserbereich sehr stark bewachsen. Aus Messungen des STAUN<br />

Rostock (Abb. 4) wird deutlich, dass Windgeschwindigkeiten an der Messstation Warnemünde<br />

von max. 26 m/s gemessen worden sind. An der Messstation Rerik wurden sogar Windgeschwindigkeiten<br />

von mehr als 30 m/s gemessen. Die STAUN-Messstationen befinden sich in<br />

Ufernähe. Es kann davon ausgegangen werden, dass im Riffgebiet (1,5 km vom Ufer entfernt)<br />

mindestens ebenso starke Winde (10-12 Bft) geherrscht haben. Da die vorherrschende Windrichtung<br />

Nordwest war, blieben die Wellenhöhen relativ moderat noch unter 2,5 m. Am <strong>Mast</strong><br />

selbst und seiner technischen Ausrüstung kam es zu keinerlei Schäden. Der <strong>Mast</strong> verblieb am<br />

Standort. Von der auf dem Telemetriemast arbeitenden Wetterstation liegen aus der Sturmperiode<br />

keine Daten vor.<br />

73


74<br />

v [cm/s]<br />

H [mm]<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

01.11.2006<br />

01.11.2006<br />

02.11.2006<br />

02.11.2006<br />

03.11.2006<br />

03.11.2006<br />

04.11.2006<br />

05.11.2006<br />

04.11.2006<br />

06.11.2006<br />

05.11.2006<br />

07.11.2006<br />

06.11.2006<br />

Windgeschwindigkeiten im November 2006<br />

Messstation Warnemünde (Quelle: STAUN Rostock)<br />

08.11.2006<br />

09.11.2006<br />

10.11.2006<br />

11.11.2006<br />

12.11.2006<br />

13.11.2006<br />

14.11.2006<br />

15.11.2006<br />

16.11.2006<br />

Zeit<br />

17.11.2006<br />

Wellenhöhen im November 2006<br />

Messstation Warnemünde (Quelle: STAUN Rostock)<br />

07.11.2006<br />

08.11.2006<br />

09.11.2006<br />

10.11.2006<br />

11.11.2006<br />

12.11.2006<br />

13.11.2006<br />

14.11.2006<br />

15.11.2006<br />

18.11.2006<br />

16.11.2006<br />

19.11.2006<br />

20.11.2006<br />

17.11.2006<br />

21.11.2006<br />

18.11.2006<br />

22.11.2006<br />

19.11.2006<br />

23.11.2006<br />

20.11.2006<br />

24.11.2006<br />

21.11.2006<br />

25.11.2006<br />

22.11.2006<br />

26.11.2006<br />

23.11.2006<br />

27.11.2006<br />

28.11.2006<br />

24.11.2006<br />

29.11.2006<br />

25.11.2006<br />

30.11.2006<br />

26.11.2006<br />

27.11.2006<br />

28.11.2006<br />

momentan<br />

maximal<br />

Abb. 4: Windgeschwindigkeiten und Wellenhöhen im November 2006 vor Warne-<br />

münde<br />

Es kam in der 1. Novemberhälfte verstärkt zu Ausfällen bei der Bild- und Datenübertragung,<br />

was wahrscheinlich auf die infolge der <strong>Mast</strong>neigung nicht optimale Antennenausrichtung zurückzuführen<br />

war. Die Sicht im Wasser sank auf fast Null Meter, wie übertragene Videobildfragmente<br />

belegten. Die Ursache einiger der „Bildausfälle“ lag darin begründet, dass infolge<br />

starker oszillierender Wasserbewegungen sich die Kameras losgerissen hatten bzw. umgestürzt<br />

waren. Sie lieferten schwarze Bilder, weil sie auf dem Boden, teilweise im Sediment lagen.<br />

Trotz dieser erheblichen mechanischen Beanspruchung blieben alle Kameragehäuse wasserdicht.<br />

Erst am 23.11.2006 war ein Betauchen des Riffgebietes wieder möglich, dabei wurden die umgestürzten<br />

UW-Kameras wieder aufgestellt bzw. ihre Funktion überprüft. Die mit einer Kette<br />

vorgenommene Befestigung der Stereokamera war einseitig gebrochen, so dass diese und die<br />

Schwenk-Neigekamera abgebaut werden mussten.<br />

Zeit<br />

29.11.2006<br />

30.11.2006


In Hinblick auf den bevorstehenden Abbau des Telemetriemastes wurde dieser bei dieser Ausfahrt<br />

ein letztes Mal vor dem Abbau vom Unterwasserbewuchs gereinigt. Der Bewuchs (größtenteils<br />

Miesmuscheln) war stellenweise 20 cm dick!<br />

UW-Videobeobachtungen im Riffgebiet 2006<br />

Die UW-Beobachtung im künstlichen Ostseeriff Nienhagen erfolgte im Jahr 2006 vom 19. <strong>April</strong><br />

bis 21.Dezember, d.h. an 237 Tagen.<br />

Erstmals beschränkte sich das Beobachten nicht nur auf die Tageslichtzeit, sondern fand auch<br />

während der Nacht statt. Dabei kam eine neu gebaute Lichtkamera (Abb. 5) zum Einsatz, die<br />

wahlweise mit weißer Beleuchtung (2 LED a 5 Watt) oder Infrarotbeleuchtung (90 LED a 2 V, 20<br />

mA) ausgerüstet war. Die Lichtkamera kann bislang nur alternativ zur Schwenk-Neige-Kamera<br />

am Spezialkabel (orange) betrieben werden. Nur dieses eine Kabel ist derzeit in der Lage, neben<br />

der Übertragung der Videosignale und der Energieversorgung auch die Weiterleitung von<br />

Schaltsignalen zu realisieren.<br />

Die Lichtkamera selbst ist lichtstärker als die während der vergangenen Jahre benutzten Kameras<br />

und deshalb auch in der Lage, in der Dämmerung relativ hochwertige Aufnahmen zu liefern.<br />

Durch diese erweiterten technischen Möglichkeiten und die im Jahr 2006 gering bleibenden<br />

Bildausfälle ist die Menge an aufgezeichneten Datenmaterial drastisch gewachsen: Die Aufzeichnung<br />

der Videobilder erfolgte in digitaler Form, nachdem die analogen Videosignale in ein<br />

MPEG4-Format konvertiert worden sind. Es liegen aus dem Jahre 2006 digitale Videodateien<br />

vor, die ca. 4,5 TByte = 4.500 GByte Speicher beanspruchen und eine Filmlänge von 3750 h<br />

verkörpern. Damit ist die Menge an Videodaten im Vergleich zum Jahr 2004 fast doppelt so<br />

groß. Zum Vorjahr (2005) ist der Datenumfang um 50% angestiegen.<br />

Abb. 5: Bodennaher Einsatz der Lichtkamera im Herbst 2006<br />

(Nähe Ankerstein mit bodenparralelem Blick)<br />

Ausgehend von den Erfahrungen aus den Vorjahren wurde im Jahr 2006 versucht, die UW-<br />

Kameras noch zielgerichteter und aufgabenorientierter zu platzieren. Dem kam entgegen, dass<br />

nunmehr 2 speziell angefertigte Stative zur Verfügung standen, die einen flexibleren Kameraeinsatz<br />

ermöglichten (Abb. 6).<br />

Insbesondere die Zoomkamera wurde mehrfach als „Köderkamera„ eingesetzt. D.h. es wurden<br />

verschiedene organische Köder (Fischstücke), eingepackt in Netze, im Sichtbereich der Kamera<br />

ausgelegt, um das Fressverhalten von Fischen und / oder Krabben zu beobachten.<br />

Trotz intensiver und kontinuierlicher Beobachtungen an Fischereigeräten gelangen tagsüber<br />

bislang keine verallgemeinerungsfähigen Aufnahmen des Fischverhaltens. Aufgrund des<br />

Standortes der Fischfalle wurden hier die intensivsten Bemühungen unternommen und von verschiedenen<br />

Standorten mit unterschiedlichen Kameras experimentiert (Abb. 7).<br />

75


Abb. 6: Kamera auf UW-Stativ zur Beobachtung der „Kragentetrapode“<br />

Dorsche gingen zumeist nachts in die Fischfalle. Erst durch Einsatz der Lichtkamera wurde die<br />

Nachtaktivität des Dorsches deutlich. Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Fischverhalten<br />

und Anlockung durch Licht kann noch nicht ausreichend beantwortet werden. Es ist zu<br />

vermuten, dass durch weißes Licht Dorsch angelockt wird, weil er im beleuchteten Bereich mehrfach<br />

recht gut sogar beim Jagen beobachtet werden konnte. Der Versuch zur Nachtbeobachtung<br />

mit infrarotem Licht erbrachte noch keine weitergehenden Erkenntnisse. Die Reichweite des infraroten<br />

Lichtes war noch sehr gering. Im sichtbaren Entfernungsbereich liefert die UW-Kamera kein<br />

scharfes Bild. Die Infrarotbeleuchtung ist deshalb leistungsmäßig auszubauen und die Kameraoptik<br />

anzupassen. Für Fanggerätebeobachtungen in der Nachtzeit sind bessere Kamerastandorte<br />

zu wählen.<br />

Abb. 7: Kamerastandorte zur Fischfallenbeobachtung<br />

Durch DUMKE / EGGERS sind die UW-Aufnahmen aus dem Jahre 2006 vorerst nur einer groben<br />

Sichtung unterzogen worden. Einige der interessantesten Szenen liegen aber bereits jetzt<br />

als bearbeitete Videodateien vor, z.B.:<br />

- Nullgruppen-Dorschschwärme,<br />

- Seesternwanderungen (Zeitrafferaufnahmen),<br />

- Sedimentverlagerungen infolge starker Wellen (nach Sturmphasen),<br />

- Fische in / an Fischereigeräten und der Fischfalle,<br />

- Strandkrabbenverhalten,<br />

- Wechselbeziehungen zwischen Seesternen und Miesmuscheln an der „Kragentetrapode“,<br />

- <strong>Mast</strong>kamera (Bewegungsverhalten des <strong>Mast</strong>es) bei Schlechtwetter; die schlechte Sicht verhindert<br />

allerdings auswertbare Aufnahmen bei Wind > 5 Bft,<br />

- Tauch- und Fressverhalten von Eiderenten.<br />

Detaillierter kann dazu im Jahresbericht zur Auswertung des vorhandenen Videomaterials<br />

(DUMKE / EGGERS, 2007) nachgelesen werden.<br />

76


UW-Stereofotografie<br />

Durch KORDUAN / LÄMMEL wurde 2006 versucht, die in den Vorjahren als Low-Cost-Variante<br />

gebaute digitale UW-Stereokamera (Abb. 8) weiter zu entwickeln und an praktische Erfordernisse<br />

anzupassen.<br />

Abb. 8: Montage, Demontage und Anordnung der Stereokamera 2006<br />

Fokussiert wurden die Bemühungen, die Sicherheit und den Komfort beim praktischen Einsatz zu<br />

verbessern (Standsicherheit und Befestigung, Vermeidung von Bildspiegelungen) und Möglichkeiten<br />

zu testen, Bilder über eine neue UW-USB-Schnittstelle auszulesen, ohne dafür die Kamera<br />

demontieren zu müssen. Auch an der Weiterentwicklung der Auswertesoftware wurde weiter gearbeitet.<br />

Die Stereokamera kam in Kombination mit der Schwenk-Neigekamera zum Einsatz, d.h. Stereoaufnahmen<br />

sind nur möglich, wenn die Lichtkamera nicht benutzt wird. Insgesamt befand<br />

sich im Jahr 2006 die Stereokamera an 88 Tagen unter Wasser und stand für Stereoaufnahmen<br />

zur Verfügung. Der im Rahmen eines Werkvertrages von LÄMMEL konzipierte USB-Line-<br />

Extender zum Auslesen der Digitaldaten am (UW-)Standort der Stereokamera wurde technisch<br />

umgesetzt. Seine Funktionalität konnte prinzipiell nachgewiesen werden. Zu einem UW-Test<br />

kam es jedoch aufgrund der Witterung im November 2006 nicht mehr. Details sind im Bericht<br />

„Realisierung eines low cost-Stereo-UW-Kameramesssystems für ein Fischmonitoring am<br />

künstlichen Riff vor Nienhagen“ (KORDUAN / LÄMMEL, 2007) nachzulesen.<br />

Das Hauptproblem bei der Verwendung der UW-Stereokamera besteht darin, dass derzeit ausschließlich<br />

nur manuell Aufnahmen in der Landstation beim DWD ausgelöst werden können.<br />

Sinnvolle und vermessbare Fotos sind dann möglich, wenn sich interessante Objekte im Bildbereich<br />

der Stereofotokamera befinden. Deshalb ist die Schwenk-Neigekamera mit der Stereofotokamera<br />

gekoppelt worden und es wird der Bildbereich der Stereokamera videooptisch durch<br />

die Schwenk-Neigekamera überwacht. Da nur in der Landstation beim DWD die UW-<br />

Videobilder in Echtzeit (mit vernachlässigbarer zeitlicher Verzögerung) ankommen und ein per<br />

Funk zur Seestation übertragenes Schaltsignal ebenfalls ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung<br />

übertragen werden kann, ist es möglich, dass im Videobild beobachtete Objekt (z.B. vor-<br />

77


eischwimmender Fisch) zu fotografieren. Das Auslösen der Fotoapparate vom entfernter liegenden<br />

Büro aus, motiviert durch ein im Internet übertragenes Videobild macht nur dann Sinn,<br />

wenn das zu fotografierende Objekt mindestens 25 - 30 Sekunden unbeweglich an einer Stelle<br />

verharrt, was nicht der praktischen Erfahrung entspricht. Wie Funktionstests zeigten, benötigt<br />

ein videooptisch erfasster Vorgang am künstlichen Riff, funkübertragen zum DWD, encodiert,<br />

gecaptert, per WLAN funkübertragen zum IOW, weitergeleitet zum Rechenzentrum der Universität<br />

Rostock und dort per Datenstream ins Internet gestellt ca. 20 s bis in ein Büro der Universität<br />

Rostock. Unter der Annahme, dass ein dort ausgelöstes Schaltsignal im günstigsten Fall<br />

nach ca. 10 s vom DWD zur Seestation übertragen werden kann, hat in der Mehrzahl der Fälle<br />

das zu fotografierende Objekt den Bildbereich der Stereokamera bereits wieder verlassen. Der<br />

personelle Aufwand wäre jedoch außerordentlich hoch, über größere Zeiträume beim DWD auf<br />

günstige Momente zum Auslösen der Stereofotokamera zu warten.<br />

Daraus leitet sich eine grundlegende Forderung zur Benutzung derartiger Techniken ab: die<br />

eventgesteuerte Arbeit von Datenerfassungssystemen, die sogar generell bei der Langzeit-UW-<br />

Videobeobachtung am künstlichen Ostseeriff eingesetzt werden sollte. Dazu ist jedoch eine<br />

intelligente Bewertung von Bildinhalten mit entsprechenden automatisierten Entscheidungen<br />

erforderlich. Ähnliche Systeme (für andere Anwendungsfälle) gibt es bereits in der Meeresforschung<br />

(z.B. Eventsampler beim IOW); sie müssten auf ihre Verwendungsfähigkeit für die<br />

Langzeit-UW-Beobachtung analysiert und getestet werden – eine sicher lohnenswerte Aufgabe<br />

für die Zukunft.<br />

Landstation und Weiterleitung der Daten ins Internet<br />

Seit Oktober 2003 besteht die Möglichkeit, eine Station im Gebäude des Deutschen Wetterdienstes<br />

in Warnemünde zu betreiben, in der die von See per Funk übertragenen Videodaten<br />

empfangen, komprimiert, digitalisiert und aufgezeichnet werden können.<br />

Zur Seestation sind Schaltsignale übertragbar, z.B.:<br />

- Licht ein / aus,<br />

- Auswahl des Kamerabildes bzw. des Status der Videobildübertragung (Einzelbild / Multiplexbild),<br />

- Schwenken / Neigen der SN-Kamera,<br />

- Auslösen der Stereokamera.<br />

Im Dezember 2005 wurde im Rahmen eines HiWi-Vertrages damit begonnen, die funkübertragenen<br />

Videobilder nach entsprechender Digitalisierung (Capturing) per Stream ins Internet einzustellen<br />

(Abb. 9).<br />

Der Dauerbetrieb der Anlage erfolgte ab <strong>April</strong> 2006 und funktionierte bis November 2006 reibungslos.<br />

Durch zweimaligen Stromausfall in Warnemünde in zeitlich kurzer Folge kam es zu<br />

einer selbsttätigen Rückstellung der spezifischen Einstellungen am WLAN-System auf Standardparameter<br />

und damit zum Ausfall der Internetübertragung. Das Problem konnte erst nach einigen<br />

Tagen behoben werden.<br />

Das Videosignal wird permanent mit Hilfe des Programms Windows in solcher Form encodiert,<br />

dass der Stream gleichzeitig 4 Videoformate enthält. Erst beim Nutzer des Streams (auf einem<br />

das UW-Videobild zeigenden PC) wird entsprechend der Leistungsfähigkeit des Netzwerkes ein<br />

angepasstes Format z.B. vom Windows-Mediaplayer ausgewählt und das Bild in (unter konkreten<br />

Bedingungen) bestmöglicher Auflösung dargestellt. D.h., hochwertigere Aufnahmen können nur<br />

von Rechnern dargestellt werden, die auch über leistungsfähigere Netzwerkverbindungen verfügen.<br />

Der private Nutzer des Internets mit einem DSL oder ISDN-Netzwerkzugang muss sich mit<br />

Videobildern geringerer Auflösung (Bildgröße) begnügen. Ein weiterer Qualitätsverlust entsteht<br />

damit erst beim Anwender und nicht bereits am Ort der Datenumsetzung.<br />

78


Abb. 9: Schema des Videodatentransport vom Telemetriemast ins Internet (Quelle:<br />

P. MARSCHKE)<br />

Das IOW und der DWD erlaubten freundlicherweise den Anbau zusätzlicher Antennenanlagen<br />

auf den Gebäudedächern, so dass eine Richtfunkstrecke zwischen DWD und IOW eingerichtet<br />

werden konnte (Abb. 10).<br />

Die URL (Uniform Resource Locator) des<br />

Videodatenstroms ist im Internet erreichbar<br />

unter:<br />

mms://vs1.uni-rostock.de/fishsteam<br />

Abb. 10: Anordnung der WLAN-Antennen beim DWD und IOW<br />

Die in Abbildung 10 genannte Webadresse des Videostreams beim Videoserver des Uni-<br />

Rechenzentrums wurde ab <strong>April</strong> 2006 auf die Riff-Webseite integriert.<br />

Nähere Angaben für den Zwischenbericht (NIEDZWIEDZ, 2006) zur Unterwasserbeobachtung<br />

sind durch P. MARSCHKE zugearbeitet worden.<br />

Das ins Internet übertragene Videobild (Abb. 11) kann die per Datenfunk übertragenen numerischen<br />

Messwerte enthalten:<br />

- Windgeschwindigkeit,<br />

- Windrichtung,<br />

- Luftdruck,<br />

- Luft- und Wassertemperatur,<br />

79


80<br />

- Spannung der UW-Batterie (Kontrolle der korrekten Arbeit von Solarzellen bzw. Windgenerator).<br />

Abb. 11: Screenshot des ins Internet funkübertragenen Videobildes inkl. Dateneinblendung<br />

Da jetzt 2 Rechner in der Landstation beim DWD zum Einsatz kamen (Abb. 12), aber nur einer<br />

davon über einen Netzwerkzugang verfügte, bot es sich an, eine Kopplung beider PC mit einem<br />

lokalen Netzwerk vorzunehmen, um externen Zugriff auf beide Rechner über das Uni-<br />

Rechennetzwerk zu erhalten.<br />

1<br />

2<br />

Abb. 12: Gerätetechnik der Landstation in der Konfiguration des Jahres 2006<br />

Folgende Aufgabenteilung wurde dadurch möglich und ließ sich zum Teil von entfernt liegenden<br />

Einrichtungen der Universität Rostock aus steuern:<br />

PC-Nr.1:<br />

- Umsetzen des analogen Videosignals in MPEG4<br />

- Aufzeichnen des mpeg-4- Datenstroms auf externe Festplatte<br />

- Senden von Schaltsignalen über GSM<br />

- Realisierung einer Dateneinblendung<br />

PC-Nr.2:<br />

- Capturing des analogen Videosignals mittels Windows – Encoder in einen Videostream<br />

mit 4 verschiedenen Formaten<br />

- Realisierung des Internetzuganges über WLAN und Uni-Rechenzentrum<br />

- Alternativ zum analogen Videosignal (per Internet fernsteuerbares) Zuspiel eines Videobandes<br />

(bei Ausfall des Videodatenempfanges oder bei Videobeobachtung von Vorgängen,<br />

die vorerst nicht sofort veröffentlicht werden sollen)


Zusammengefasst arbeitete die Landstation in folgender Konfiguration (Abb. 13) die gesamte<br />

Beobachtungssaison 2006 hindurch.<br />

Abb. 13: Blockschaltbild Landstation<br />

Internetpräsentation<br />

Adresse: www.uni-rostock.de/riff<br />

Die Webseiten der Internetpräsentation (Abb. 14) über das künstliche Ostseeriff Nienhagen<br />

bestehen seit dem Jahr 2004 und wurden seither systematisch aktualisiert. Sie vermitteln sachliche<br />

Informationen über:<br />

- Ziele des Projektes,<br />

- Kooperierende Partner,<br />

- Riffaufbau und Topologie,<br />

- Details zur UW-Beobachtung (Telemetriemast, UW-<strong>Mast</strong>anstrich, Datenübertragung,<br />

Energiesituation),<br />

- die bis Mitte 2006 verwendeten Riffelemente,<br />

- Beobachtungsergebnisse (Fotos als Bildergalerie und ausgewählte Videos),<br />

- Ergebnisse aus den wissenschaftlichen Teilprojekten.<br />

Bis zum <strong>Juni</strong> 2006 enthielten die Internetseiten ebenfalls je ein Befragungsformular für Sporttaucher<br />

und Angler. Mit den Antworten sollte die Arbeit der LMS (HILLER, 2007) zur ökonomischen<br />

Verwertungsfähigkeit künstlicher Riffe im touristischen Bereich unterstützt werden. Während<br />

bis zum Beginn der Live-Internetübertragung der funkübertragenen Videobilder die Anzahl<br />

der Rückäußerungen über dieses Medium sehr bescheiden ausfiel (Ø < 10 in 14 Tagen), stieg<br />

mit der Verfügbarkeit der Livebilder auf der Riff-Webseite die Anzahl beantworteter Fragebogenformulare<br />

spürbar an. Auch die Anzahl der Internetzugriffe auf o. g. Webseite erfuhr eine<br />

deutliche Steigerung von einigen Dutzend / Woche auf ca. 13.000 bis Ende 2006.<br />

81


Abb. 14: Anfangsseite der Internetpräsentation des künstlichen Riffes<br />

Die Informationen über die wissenschaftlichen Arbeiten am künstlichen Ostseeriff Nienhagen im<br />

Internet führten nicht nur zu einer verbesserten öffentlichen Darstellung der wissenschaftlichen<br />

Arbeit, sondern auch zu Interessenbekundungen an evtl. Kooperation in- und ausländischer<br />

Einrichtungen. So wurde bspw. über die Bundesforschungsanstalt für Fischerei Hamburg, Institut<br />

für Fischereitechnik, das Interesse eines türkischen Fischereiforschungsinstitutes an einer<br />

weitergehenden Zusammenarbeit gemeldet. Auch in Polen wird der Fortgang der wissenschaftlichen<br />

Riffarbeit weiterhin mit Aufmerksamkeit verfolgt.<br />

Aufgrund dieser Reaktionen sollten die Webseite(n) der internationalen Beachtung angepasst<br />

und in die englische Sprache übersetzt werden.<br />

Über die Webseite war außerdem die Möglichkeit gegeben, offiziell und effizient auf mögliche<br />

Gefahren beim Sporttauchen im Gebiet des künstlichen Riffes hinzuweisen. Es wurden Kontaktmöglichkeiten<br />

zu Tauchschulen und –vereinen vermittelt, die entsprechende Einweisungen<br />

für riffunerfahrene Taucher vornehmen konnten. Vielleicht konnte auf diese Art und Weise dazu<br />

beigetragen werden, dass es im gesamten Zeitraum der wissenschaftlichen Arbeiten am Großriff<br />

Nienhagen zu keinerlei (bekannt gewordenem) Tauchunfall gekommen ist. Auf der anderen<br />

Seite wurde in Sporttaucherkreisen das Engagement für sicheres Tauchen im Riffgebiet gewürdigt.<br />

Zu keinem Zeitpunkt wurden die wissenschaftlichen Arbeiten im Riffgebiet durch Beschädigungen<br />

oder Zerstörung an Beobachtungs- oder Messtechnik oder auch an Riffelementen<br />

selbst beeinträchtigt.<br />

G e s a m t e i n s c h ä t z u n g z u m T e i l p r o j e k t U W - B e o b a c h t u n g<br />

a m k ü n s t l i c h e n O s t s e e r i f f N i e n h a g e n<br />

Telemetriemast<br />

Die UW-Beobachtung im Riffgebiet erfolgte erstmalig in Kampagnen mit einer Dauer von mehr<br />

als einem halben Jahr. In früheren Beobachtungszyklen wurde der Telemetriemast stets nach<br />

Abschluss der Beobachtungssaison an Land verbracht und in dieser Zeit (Winter/Frühjahr) einer<br />

Wartung bzw. Reparatur unterzogen. Der Telemetriemast verblieb im Zeitraum 01.10.2003 –<br />

22.12.2006 kontinuierlich vor Ort und überstand damit 3 Winterperioden mit Lufttemperaturen<br />

von minimal bis zu -20°C ohne größere Probleme (so weit sich das aus aktueller Sicht Februar<br />

2007 feststellen lässt). Natürlich wurden aber auch Probleme deutlich.<br />

Befestigung des Kreuzgelenkes am Ankerstein<br />

Bei der Montage des überarbeiteten Kreuzgelenkes (A) an dem 3t-Ankerstein (C) kam es im<br />

<strong>September</strong> 2003 zu einer mangelhaften Fixierung und Sicherung der Muttern (D) auf der u-<br />

82


förmig gebogenen Gewindestange (Abb. 15). Die Muttern wurden manuell aufgesetzt und nur<br />

mit Hilfe eines Ringschlüssels ohne weitere Sicherung festgedreht. Nach dem Aussetzen des<br />

<strong>Mast</strong>es am 01.10.2003 durch den Tonnenleger BUK wurde deutlich, dass der (zwar kleine,<br />

Abb. 15: Gelenk vor der <strong>Mast</strong>montage<br />

aber deutlich erkennbare) Abstand zwischen dem rechteckigem Kreuzgelenkblock (B) und dem<br />

Ankerstein eine Drehung des Telemetriemastes um seine Längsachse ermöglichte. Diese Drehungen<br />

hätten innerhalb kurzer Zeit dazu geführt, dass sich die Muttern und damit der Telemetriemast<br />

von der Verankerung gelöst hätten. Unmittelbare Folge wäre der Totalverlust des<br />

gesamten Unterwasserbeobachtungssystems gewesen!<br />

Abb. 16: Sicherungsvorrichtung für die Befestigungsmuttern des Kreuzgelenkes<br />

Der bestehende Zustand wurde während der Installationsarbeiten am 01.10.2003 durch die<br />

beteiligten Forschungstaucher erkannt. Es musste schnell reagiert werden. Der Metallbauer,<br />

der <strong>Mast</strong>gelenk und –korb angefertigt hatte, stellte umgehend eine Sicherungsvorrichtung her,<br />

die am 03.10.2003 am <strong>Mast</strong>gelenk installiert werden konnte (Abb. 16). Die Muttern hatten sich<br />

nach 2 Tagen bereits um 1 - 2 Gewindegänge gelockert!<br />

Aus Sicherheitsgründen wurden Mitte Oktober 2003 durch einen gewerblichen Tauchbetrieb die<br />

Muttern unter Wasser verschweißt (Abb. 17).<br />

Die Montage der bis dahin genutzten Sicherheitsvorrichtung war zwar jetzt nicht mehr zwingend<br />

für die Sicherheit der Anlage erforderlich, wurde jedoch weiter verwendet, weil sich hier eine<br />

Opferanode günstig befestigen ließ (Abb. 18). Es zeigte sich über die gesamte Projektlaufzeit,<br />

dass diese Opferanode durchschnittlich nach 4 - 5 Monaten erneuert werden musste.<br />

83


Abb. 17: Zustand nach UW-<br />

Schweißung<br />

84<br />

Abb. 18: Befestigung von Opferanode<br />

an der Sicherungsvorrich-<br />

tung des Kreuzgelenkes<br />

Am 21. Dezember 2006 sollte der Telemetriemast abgerüstet und sämtliche unter Wasser vorgenommenen<br />

Installationen für die Videobeobachtung entfernt werden. Bei dieser Gelegenheit<br />

mussten wiederum deutliche Drehungen des Telemetriemastes um seine Längsachse registriert<br />

werden, obwohl sich die Muttern nicht gelöst hatten. Auch das Sicherungsblech war immer<br />

noch vorhanden. Die Ursache für die nicht erwünschten Verdrehungen bestanden jetzt darin,<br />

dass der bis dahin verwendete Ankerstein stark korrodiert war und sich ein ca. 1 cm breiter<br />

Spalt zwischen Kreuzgelenkblock und Ankerstein zeigte (Abb. 19).<br />

Abb. 19: Spalt zwischen korrodierter Ankersteinoberfläche und Kreuzgelenkblock<br />

Infolge der fehlenden Haftreibung wurde den Verdrehmomenten (außermittige <strong>Mast</strong>belastung<br />

infolge Seegang, Strömung, Wind, Anlegen mit Booten) kein Widerstand mehr entgegengesetzt.<br />

Auch dieser Zustand hätte auf Dauer die Anlage gefährdet, da die im Innern des Kreuzgelenkblocks<br />

befindliche Gewindestange oder die Öse des Ankersteins hätten abscheren können.<br />

Bei der Demontage des Kreuzgelenks werden die Spuren dieser Beanspruchungen deutlich<br />

werden. Sie müssen auf jeden Fall dokumentiert werden.<br />

Konsequenterweise sollten künftig Möglichkeiten geschaffen werden, derartige Verdrehmöglichkeiten<br />

zu vermeiden. Der Abstand zwischen Kreuzgelenkblock und Ankerstein ist in jeder<br />

Einsatzphase möglichst klein zu halten; er sollte idealerweise geschlossen bleiben.<br />

<strong>Mast</strong>bewuchs<br />

Wie die Vorversuche mit dem Messmast in den Jahren 1998-2000 zeigten, ist ein UW-<br />

Foulingschutz des <strong>Mast</strong>körpers unabdingbar. Besiedelungen mit Seepocken und Miesmuscheln


führen einerseits zur Vergrößerung der hydrodynamischen Belastung; andererseits nehmen<br />

Masse, Trägheit und Schwingperiode des <strong>Mast</strong>es ebenfalls zu. Die Konsequenzen sind:<br />

- Erhöhung der <strong>Mast</strong>neigung bei gleichem <strong>Mast</strong>korbgewicht bzw. unverändert schwerer<br />

<strong>Mast</strong>korbausrüstung oder<br />

- Verringerung des <strong>Mast</strong>korbgewichtes zur Beibehaltung gleicher Sicherheit.<br />

Nr.<br />

Ringhöhe<br />

[m]<br />

Fläche<br />

[m 2 ]<br />

Farbmenge<br />

[l]<br />

Bestandteile der Farbmatrix<br />

(AF= applizierte Antifoulingfarbe)<br />

0 4,0 6,65 1,33 Gelber Überwasseranstrich<br />

1 0,35 0,58 0,116 Oldopox Sealer (Basisfarbe)<br />

2 1,7 2,55 0,51 AF ohne Biozide - 38%Cu2O - 5%ZnO (Kontrollfläche)<br />

3 0,3 0,45 0,09 Oldopox Sealer (Basisfarbe)<br />

4 1,7 2,55 0,51 AF ohne Biozide+38% Cu2O+5%ZnO<br />

5 0,3 0,45 0,09 Oldopox Sealer (Basisfarbe)<br />

6 0,15 0,225 0,045 AF ohne Biozide + 38% Cu2O+5%ZnO+2,5%Cyanobacterin<br />

7 0,3 0,45 0,09 Oldopox Sealer (Basisfarbe)<br />

8 0,3 0,45 0,09 AF ohne Biozide+38%Cu2O+5%ZnO+2,5%Irgarol<br />

9 0,3 0,45 0,09 Oldopox Sealer (Basisfarbe)<br />

10 1,7 2,55 1,02 AF ohne Biozide+38%Cu2O+5%ZnO+2,5%Diuron<br />

11 0,3 0,45 0,09 Oldopox Sealer (Basisfarbe)<br />

12 1,7 2,55 0,51<br />

AF ohne Biozide+38%Cu2O+5%ZnO+3,5%Chlorothalonil+2%Zineb<br />

13 0,3 0,45 0,09 Oldopox Sealer (Basisfarbe)<br />

14 1,6 2,4<br />

AF-Standard +<br />

0,48<br />

38%Cu2O+5%ZnO+2,5%Diuron+3,5%Chlorothalonil+2%Zineb<br />

Abb. 20: Farbmatrix des Anstriches des Telemetriemastes<br />

Infolge technisch begründeter Maßnahmen wurde das Gewicht der Seestation durch Reelingsverstärkung,<br />

größere und schwerere Solarzellen und durch den Abweiser erhöht.<br />

Der notwendige UW-Anstrich war entsprechend geltender Umweltbestimmungen seit<br />

01.01.2003 TBT-frei zu halten. Die aufgetragene Farbmatrix ist in der Tabelle (Abb. 20) zusammengestellt.<br />

Zusätzlich war es jedoch wünschenswert, die „Giftigkeit“ der verwendeten Farben noch weiter<br />

zu reduzieren, um jegliche negative Wirkung im Riffgebiet möglichst auszuschließen, wo ja gerade<br />

Ansiedelungsprozesse an den künstlichen Riffstrukturen befördert werden sollten. Aus<br />

Restbeständen des Institutes für Biochemie und mit Hilfe eines kommerziellen Farbenherstellers<br />

(Relius Coating) wurden bei minimalem finanziellem Eigenaufwand mehrere Kleinstmengen<br />

UW-Farbe von Kolln. Dr. Abarzua hergestellt. Detailliert wurde darüber bereits im 1. Zwischenbericht<br />

über die Beobachtungssaison 2003 (NIEDZWIEDZ, 2004) berichtet.<br />

85


Die Wirkung des Antifoulinganstriches hielt ca. 1 Jahr vor (Abb. 21). Danach kam es zunehmend<br />

zum Bewuchs des gesamten UW-Bereiches des Telemetriemastes, so dass regelmäßige<br />

Reinigungsaktionen durch Forschungstaucher notwendig wurden (Abb. 22).<br />

Abb. 21: <strong>Mast</strong>bewuchs <strong>April</strong> 2004 Abb. 22: <strong>Mast</strong>bewuchs Oktober 2004<br />

Eine durch Biologie-Studenten der Universität Rostock im <strong>April</strong> 2005 vorgenommene Beprobung<br />

(kurz vor der ersten Reinigungsaktion) erbrachte immerhin einen max. Bewuchs am Farbring<br />

Nr. 9 von ca. 78 kg/m² (Abb. 23).<br />

Abb. 23: Frischmasse im <strong>April</strong> 2005 am Telemetriemast in Abhängigkeit von Farbring<br />

und Himmelsrichtung (Quelle: Schurigt / Berger, Uni Rostock)<br />

Bei späteren wiederholten Reinigungen des Telemetriemastes musste Bewuchs mit einer Dicke<br />

von bis zu 20 cm entfernt werden. Dabei wurde erkennbar, dass es nicht nur notwendig ist, bei<br />

der Bewuchsentfernung den angeströmten Querschnitt des Telemetriemastes und seine Gesamtmasse<br />

zu reduzieren (Verringerung des Neigungswinkels), sondern auch Beschädigungen<br />

am <strong>Mast</strong> selbst oder den dort installierten Kabeln zu vermeiden. Die ca. 3 x um den <strong>Mast</strong> gewickelten<br />

und sich damit selbst fixierenden Kabel können nicht so fest angebracht werden, sodass<br />

das Hin- und Herrutschen ausgeschlossen werden kann. Der sehr scharfkantige Bewuchs<br />

am Kabel beeinträchtigt die <strong>Mast</strong>oberfläche; andererseits sind auch Schäden an der Kabelisolierung<br />

nicht auszuschließen (Abb. 24).<br />

86


Abb. 24: Schleifspuren an der <strong>Mast</strong>oberfläche durch die Bewegung der bewach-<br />

senen Kabel<br />

Im Frühjahr 2004 wurde während der Installation der UW-Beobachtungsanlage festgestellt,<br />

dass der am <strong>Mast</strong> angebrachte und 3 m ins Wasser reichende Blitzableiter sich aus seiner Befestigung<br />

gelöst hatte und sogar verformt war. Die Knickstelle scheuerte während einer unbekannten<br />

Zeit am <strong>Mast</strong> und beschädigte die versiegelte Oberfläche. Die Reparatur der Blitzableiterbefestigung<br />

war unkompliziert. Dagegen ist es nicht ohne weiteres möglich, das Eindringen<br />

von Seewasser durch die beschädigte GfK-Oberfläche hindurch zu vermeiden. Durch die bioplan<br />

GmbH wurde eine spezielle, unter Wasser auftragbare Farbe zur Verfügung gestellt, mit<br />

der die Scheuerstelle letztlich abgedichtet werden konnte.<br />

Fazit<br />

Der Telemetriemast hat unter den konkreten Einsatzbedingungen vor dem Ostseebad Nienhagen<br />

seine Eignung nachhaltig bewiesen und sollte weiterhin für Beobachtungs- und Messaufgaben<br />

Verwendung finden. Dabei muss er jedoch einer regelmäßigen Wartung und Kontrolle<br />

unterzogen werden. Diese Arbeiten sollten sich auf den <strong>Mast</strong>bewuchs, die installierten UW-<br />

Kabel und auf das <strong>Mast</strong>gelenk einschließlich Anodenschutz konzentrieren. Empfehlenswert vor<br />

einem Neueinsatz sollte an Stellen des <strong>Mast</strong>rohres, die oberflächlich beschädigt worden sind,<br />

eine zerstörungsfreie Materialprüfung (Gfk-Konsistenz, Restfestigkeit) erfolgen. Weiterhin ist<br />

auch künftig anzustreben, neuen Bewuchs zu verhindern bzw. einzudämmen.<br />

<strong>Mast</strong>bergung<br />

Mit Hilfe des Spezialschiffes ARKONA vom WSA Stralsund wurde am 22.12.2006 der Telemetriemast<br />

aus dem Riffgebiet entfernt und in den Hafen im Marinestandortkommando Hohe<br />

Düne verbracht. Am Tag zuvor war nach der <strong>Mast</strong>abrüstung die Hievkette (angebracht am<br />

Kreuzgelenk) durch eine Boje gekennzeichnet worden. Während der Bergungsaktion erwies<br />

sich die Hievkette als etwas zu kurz, während der Bojenstander mit 25 m etwas zu lang war.<br />

Dessen ungeachtet traten keinerlei gravierende Probleme auf. Der Telemetriemast konnte unbeschädigt<br />

und vorgesäubert in Hohe Düne an der Pier gelagert werden (Abb. 25). Das Marinestandortkommando<br />

genehmigte die Lagerung und Wartungsarbeiten bis <strong>April</strong> 2007, wobei eine<br />

Lagerplatzmiete erhoben wird.<br />

87


Abb. 25: <strong>Mast</strong>bergung am 22.12.2006 durch das WSA-Spezialschiff ARKONA,<br />

Säuberung und Lagerung im Marinestandortkommando Hohe Düne<br />

(Vorläufige) abschließende Bewertung der UW-Beobachtungen im Riffgebiet<br />

in den Jahren 2003 – 2006<br />

Nach Aussagen von DUMKE / EGGERS (Abschlussbericht zur Unterwasservideo – Beobachtung<br />

am künstlichen Riff Nienhagen 2003 – 2006) entstanden im Projektzeitraum UW-<br />

Aufnahmen über insgesamt ca. 8700 h Beobachtungszeit, die bereits in komprimierter Form als<br />

Videodateien ca. 10 TerraByte (= 10.000 GByte = 10.000.000 MByte) Speicherbedarf haben!<br />

Damit liegt trotz diverser Ausfälle der Beobachtungsanlage ein enormer Fundus an Bilddaten<br />

vor!<br />

Ein großes Problem wird deutlich, wenn DUMKE / EGGERS davon berichten, dass durchschnittlich<br />

für die Auswertung von 1 h aufgezeichneter UW-Beobachtung 2,5 h Auswertezeit<br />

erforderlich wird! Falls diese Einschätzung zutreffend ist, wären die Gesamtkosten für die Auswertung<br />

des Datenmaterial aus der UW-Beobachtung auf 2,5 x 8700 h x ca. 15 Euro/h = ca.<br />

88


326.000 Euro zu beziffern. Selbst wenn der Faktor von 2,5 in dieser Rechnung vielleicht etwas<br />

zu hoch angesetzt ist, wird die Bedeutung effizienterer Auswertetechnologien klar!<br />

Des Weiteren ist jede Minute Videofilm mit schlechter Bildqualität aus ökonomischer Sicht kaum<br />

noch vertretbar, denn Kameras, die qualitativ gute Bilder liefern können, sind heute bereits zu<br />

Preisen unter 500 Euro zu erwerben. In diesem Zusammenhang beklagt DUMKE nicht zu Unrecht<br />

die häufig mangelhafte Qualität einiger UW-Aufnahmen. Die Ursachen hierfür sind<br />

manchmal aber auch nicht zu beeinflussen. So konnte mehrfach (inzwischen auch im Internet)<br />

videooptisch beobachtet werden, dass sich mit zunehmender Windstärke bereits ab 5 Bft die<br />

Sicht im Riffgebiet drastisch reduzieren kann. Die starr am <strong>Mast</strong>korb angebrachte Videoantenne<br />

weist das selbe Bewegungsverhalten wie der Neigungsmast auf, d.h. bei starken westlichen<br />

Winden werden die gefunkten Videosignale zuerst in Richtung Wasseroberfläche gesendet und<br />

kommen natürlich mit weitaus größeren Störungen in Warnemünde an, als bei ruhigem Wetter.<br />

Weitere Qualitätsverluste der analogen Videobilder entstehen natürlich auch bei der Digitalisierung<br />

und Komprimierung, also noch vor der Abspeicherung und Archivierung der Videodaten.<br />

Noch immer wird mit der 1997 durch die Universität Rostock gekauften bidirektional arbeitenden<br />

Videofunkanlage (Ingenieurbüro Scholz) gearbeitet. Diese ist zwar in der Lage, ein analoges<br />

VHS-Videobild in Echtzeit mit 25 Bildern/sec bei voller Auflösung zu senden, aber im Riffgebiet<br />

sind bis zu 9 UW-Kameras zur selben Zeit platziert und könnten Bilder liefern. UWT versuchte<br />

zum Projektbeginn im Jahr 2003 durch Verwendung von einem Multiplexer auf dem Telemetriemast<br />

und einem Demultiplexer in der Landstation fast zeitsynchron von mehreren Standorten<br />

Kamerabilder sequentiell (Standortbilder/sec= 25 Bilder/sec/Anzahl der Kameras) zu übertragen,<br />

diese Technik funktionierte jedoch zuletzt infolge eines Defektes am Multiplexer nicht<br />

mehr. Die Mittel für eine Reparatur sollten bei Fortführung des Projektes aufzuwenden sein. In<br />

Abb. 26: Dichtigkeitstest alter und neuer UW-Videogehäuse mit dem neuen UW-<br />

Spezialkabel<br />

Erweiterung dieser Möglichkeiten wäre jedoch die Verwendung eines digitalen Bildübertragungssystems<br />

nunmehr zu favorisieren, da gleichzeitig mehrere Videobilder übertragbar sind.<br />

Eines der wichtigsten Ziele bei der wissenschaftlichen Bearbeitung der Auswirkungen des<br />

künstlichen Ostseeriffes Nienhagen war, eine fischereiliche Bewertung vornehmen zu können.<br />

Damit verbunden sind natürlich auch Aussagen zum Fischverhalten, die durch Probefischerei<br />

89


allein nicht gewonnen werden können. Deshalb ist der Versuch von DUMKE als interessant und<br />

ausbaufähig hervorzuheben, über die Definition eines Videobeobachtungswertes (VdB = Ereignisanzahl/h)<br />

zu belastbaren Aussagen zu gelangen. Mit diesen Werten sind zumindest schon<br />

Tageszeiten mit höherer oder niedrigerer Aktivität zu benennen.<br />

Insgesamt wurde zwischen 2003 – 2006 an 13 Kamerastandorten gearbeitet. Dabei wurden 15<br />

Fischarten, 8 wirbellose Arten und 2 Tauchvogelarten videooptisch erfasst. Neben einer<br />

Schwenk-Neigekamera (koppelbar mit einer digitalen, fernauslösbaren Stereofotokamera), einer<br />

zoomfähigen Kamera und einer lichtempfindlichen Kamera für den Nachteinsatz (ausgerüstet<br />

mit weißem Licht oder infrarotem Licht) kamen 9 weitere einfache und preiswerte Kameras<br />

im selbstgebauten UW-Gehäuse zum Einsatz. Alle UW-Gehäuse wurden vor dem Ostseeeinsatz<br />

einem Dichtigkeitstest unterzogen. Meist genügten Tests im bis zu 3 m tiefen Wasser, am<br />

22.04.2005 wurde aber auch einmal eine transportable Taucherdruckkammer des IOW bemüht,<br />

in der über 20 min 30 m Wassertiefe (4 bar) simuliert werden konnten (Abb. 26).<br />

Abb. 27: Aufnahme vom Kabelquerschnitt,<br />

extrem dünne PUR-Mantelschicht, Kevlargeflecht<br />

hat fast Wasserkontakt<br />

Abb. 29: REM-Aufnahme (Kabelquerschnitt),<br />

fehlende Kevlarschicht unterhalb<br />

des PUR-Mantels<br />

90<br />

Abb. 28: REM-Aufnahme (Kabelquerschnitt)<br />

von Defektstellen (Lufteinschlüssen)<br />

im Kabelmantel, diese sind über die<br />

gesamte Kabellänge in unterschiedlicher<br />

Anzahl verteilt<br />

Abb. 30: REM-Aufnahme PUR-außen:<br />

nach kurzzeitigem Einsatz liegen Kevlarfasern<br />

an der Kabeloberfläche<br />

Es erwies sich jedoch in der Mehrzahl der Fälle als Irrtum, die Ursache von Feuchtigkeit in einigen<br />

UW-Kameragehäusen in Gehäuseundichtigkeiten zu suchen. Der Ausfall von UW-Kameras<br />

war vielmehr oft in qualitativ schlechtem UW-Kabel begründet. Diese Erkenntnis war jedoch erst<br />

nach relativ aufwändigen Analysen diverser Kabelproben unter einem Rasterelektronenmikroskop<br />

möglich (Abb. 27 bis 30). Solche Untersuchungen wurden an alten und neuen UW-<br />

Kabelproben an der Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik von C. Koldrak durchgeführt.<br />

Dabei traten die Ursachen verstärkter Diffusion von Wasser infolge fehlerhafter Kabelisolation


deutlich zutage. Durch UWT wurde auf diese Ergebnisse umgehend reagiert und durch Einbau<br />

einer zusätzlichen Steckverbindung in unmittelbarer Nähe des UW-Gehäuses eine verbesserte<br />

Längswasserstabilität hergestellt (Abb. 31 und 32).<br />

Abb. 31: bis August 2005 praktizierter<br />

Kabelanschluss am Kameragehäuse<br />

Abb. 32: Umgerüstete Kabelverbindung:<br />

Steckverbindung in der Nähe<br />

des Kameragehäuses als Ergebnis<br />

der REM-Untersuchungen an UW-<br />

Kabeln<br />

Mit diesen Maßnahmen konnten letztlich im Jahr 2006 die meisten Stunden / Jahr an UW-<br />

Beobachtungszeit realisiert werden – ein Beweis dafür, dass eine der Hauptursachen für zeitweilige<br />

Ausfälle (in den Vorjahren) im UW-Beobachtungssystem gefunden worden war.<br />

Abb. 33: a: UW-Kamera im neuen Glasgehäuse mit Befestigungsvorrichtung<br />

b: UW-Kontrollmonitor<br />

c: manuell zoomfähige UW-Kamera mit Befestigungsvorrichtung<br />

Vorteilhaft für die Einrichtung der UW-Videokameras erwies sich nunmehr auch die von UWT<br />

geschaffene Möglichkeit, die zusätzliche Steckverbindung im UW-Kabel in unmittelbarer Nähe<br />

des Kamerastandortes zur Kontrolle des Kamerabildes verwenden zu können. Dazu kann der<br />

Taucher einen speziellen Kontrollmonitor (Abb. 33) verwenden, den er zeitweilig mit der Kamera<br />

verbindet. Auch zur Kontrolle der Funktionsfähigkeit von Kamera bzw. UW-Videokabel war<br />

dieser Monitor sehr gut verwendbar.<br />

Eine andere, eher ärgerliche Ursache für Kameraausfälle im Jahr 2004 war die Zerstörung von<br />

Steckverbindungen am UW-Batteriegehäuse infolge Elektrolyse (Abb. 34). Die Elektrolyse wur-<br />

91


de jedoch dadurch begünstigt, dass sich die spannungsführenden Pole zu lange ungeschützt im<br />

Salzwasser befanden. Hier fehlte einfach ein deutlicher Hinweis an die Taucher, die die UW-<br />

Kamerakabel am UW-Batteriegehäuse anbringen sollten.<br />

a) b)<br />

Abb. 34: Steckverbindungen am UW-Batteriegehäuse nach Abschluss der UW-<br />

Beobachtung (Zustand im November 2004: a) intakte Steckverbindung;<br />

b) infolge Elektrolyse zerstörter Minuspol der Steckverbindung)<br />

Fazit<br />

Die Unterwasser-Langzeitbeobachtung im exponierten Außenstrandbereich der Ostsee ist noch<br />

immer eine besondere technische Herausforderung. Unterwassertechnik, die stunden- oder<br />

tageweise bereits für solche Aufgaben verwendet worden ist, kann u. U. bei kontinuierlichem<br />

Einsatz über mehrere Monate versagen. Da nicht immer sofort auf Ausfälle reagiert werden<br />

kann (Schlechtwetter, Verfügbarkeit von Schiffen und Tauchergruppen) sind Verluste an Beobachtungsmöglichkeiten<br />

manchmal leider auch längerfristig in Kauf zu nehmen.<br />

Ausfälle können jedoch auch subjektiv bedingt sein. Oft spielen dabei fehlerhafte oder unzureichende<br />

Absprachen eine Rolle, wie am Beispiel der defekten Steckverbindungen am UW-<br />

Batteriegehäuse deutlich wurde. Eine Reparatur vor Ort ist entweder gar nicht möglich oder<br />

technisch aufwändig. In jedem Falle ist es besser, alles in der Einsatzvorbereitung zu unternehmen,<br />

um derartige Fehler zu vermeiden. Dazu gehören natürlich entsprechende Einsatzerfahrungen.<br />

Über die verstärkte Verwendung von UW-Telefonen beim Einsatz von Forschungstauchern<br />

sollte deshalb aber ebenfalls nachgedacht werden. Darüber hinaus könnte die Sicherheit<br />

der Tauchereinsätze verbessert werden.<br />

Trotz aller aufgetretener Probleme konnten die im Projektantrag gestellten Anforderungen zur<br />

UW-Beobachtung im Riffgebiet, festgeschrieben in den Kooperations- und Leistungsvereinbarungen<br />

zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer realisiert werden. Die dabei gesammelten<br />

praktischen Erfahrungen sind außerordentlich wertvoll und sollten für die künftige Arbeit kreativ<br />

angewendet werden können. Dazu gehört auch die nicht neue Erkenntnis, dass weniger<br />

manchmal mehr ist. Die Qualität der Videoaufnahmen ist unbedingt zu verbessern, auch wenn<br />

das zu Lasten der Anzahl gleichzeitig verwendeter Kameras gehen sollte.<br />

Es bleibt aber auch zu konstatieren, dass der Aufwand zur Auswertung vorliegender UW-<br />

Videoaufnahmen unterschätzt worden ist. Es sind Wege zu suchen, diesen Aufwand deutlich zu<br />

reduzieren.<br />

Z u s a m m e n f a s s u n g u n d A u s b l i c k<br />

Nach umfangreichen Vorbereitungsarbeiten wurde im <strong>September</strong> 2003 am erweiterten künstlichen<br />

Riff vor dem Ostseebad Nienhagen eine autonom arbeitende Mess- und Beobachtungsstation<br />

(Telemetrie-Neigungsmast) an exponierter Stelle wiederaufgebaut und mit Unterbrechungen<br />

in den Wintermonaten 2003/2004, 2004/2005 und 2005/2006 bis zum 21.12.2006 erfolgreich<br />

betrieben.<br />

Es kam ein vollständig überarbeitetes Kamera- und Meßsystem zum Einsatz. Dieses wurde von<br />

UWT alleinverantwortlich konzipiert und realisiert.<br />

Während der fast 3,5 jährigen Beobachtungszeit konnten vielfältige Einsatzerfahrungen mit der<br />

installierten Technik gewonnen werden. Offensichtliche technische Probleme wurden analysiert,<br />

92


Ursachen erkannt und letztlich erfolgreich behoben. Damit zusammenhängende zeitweilige<br />

Kameraausfälle sind Bestandteil eines Restrisikos beim Betreiben einer derartigen Station.<br />

Auch in Zukunft sind Ausfälle nicht vollständig auszuschließen.<br />

Einerseits ist die Menge an vorliegendem und archiviertem Datenmaterial beeindruckend, andererseits<br />

stellt sich die Frage nach effizienteren Auswertemethoden. Hier ist über den Einsatz<br />

eventgesteuerter Datenaufzeichnung nachzudenken.<br />

Durch gezielteren Einsatz von Beobachtungstechnik wäre ebenfalls mehr Effektivität bei der<br />

UW-Beobachtung zu erreichen. Wenn inzwischen die berechtigte Vermutung besteht, dass der<br />

Dorsch während der Nacht erhöhte Aktivitäten entwickelt und währenddessen sein Verhalten<br />

an/in Fischereigeräten besser beobachtet werden kann, sollten hier vielfältigere Beobachtungsmöglichkeiten<br />

geschaffen werden. Verstärkte Anlockeffekte über ausgelegte Köder sollten<br />

ebenfalls bei der Verhaltensforschung stärker genutzt werden.<br />

Generell ist die Qualität der Videoaufnahmen durch Verwendung lichtstärkerer Kameras zu<br />

erhöhen. Die Frage zur Erweiterung des Sichtbereiches (360° Blickwinkel) wurde bereits<br />

diskutiert und erscheint als ein weiterer Ansatz, großräumiger beobachten zu können.<br />

Durch UWT wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass das bidirektional arbeitende Telemetriesystem<br />

inzwischen mehr als 10 Jahre im Einsatz war. Sollte hier ein Defekt eintreten, ist es<br />

fraglich, ob dieser repariert werden kann. Man sollte rechtzeitig über die Verwendung alternativer<br />

Datenfunksysteme nachdenken und sich dabei natürlich am fortgeschrittenen Stand der<br />

Technik orientieren. Derart könnte über eine Digitalisierung der Videodaten vor Ort (im Riffgebiet)<br />

auch ein digital arbeitendes Datenfunksystem (WLAN) entsprechender Reichweite getestet<br />

und eingesetzt werden. Anzustreben wäre in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit zur simultanen<br />

Übertragung mehrerer vollwertiger Videobilder. Die Notwendigkeit eventgesteuerter<br />

Aufzeichnung von Videoaufnahmen wird dann allerdings noch zwingender!<br />

Aufgrund der Aufmerksamkeit, die die wissenschaftlichen Arbeiten am Großriff Nienhagen im<br />

In- und Ausland erfahren, sollte künftig der Publikation interessanter Ergebnisse im Internet<br />

noch mehr Aufmerksamkeit zukommen. Die quasi Liveübertragung bewegter UW-Videobilder<br />

ins Internet animiert viele Internetnutzer dazu, auf den Riff-Webseiten zu surfen. Da auch das<br />

Interesse im Ausland groß ist, sollten die Webseiten in das Englische übertragen und noch aktueller<br />

gehalten werden. Bei der Gestaltung der Seiteninhalte sind jedoch alle Arbeitsgruppen<br />

aufgefordert, sich zu beteiligen.<br />

93


Literatur<br />

NIEDZWIEDZ, G. (2007)<br />

„Entwicklung von Unterwassertechnik und –beobachtungsmethoden zur Unterstützung wissenschaftlicher<br />

Arbeiten an künstlichen Riffen der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns“, Abschlussbericht,<br />

Universität Rostock<br />

DUMKE, A.; EGGERS, R. (2007)<br />

Abschlussbericht zur Unterwasservideo – Beobachtung am künstlichen Riff Nienhagen 2003 –<br />

2006, Fisch und Umwelt M-V e.V., Rostock<br />

KORDUAN, P.; LÄMMEL, D. (2007)<br />

„Realisierung eines low cost-Stereo-UW-Kameramesssystems für ein Fischmonitoring am<br />

künstlichen Riff vor Nienhagen“<br />

NIEDZWIEDZ, G. (2004)<br />

„Entwicklung von Unterwassertechnik und –beobachtungsmethoden zur Unterstützung wissenschaftlicher<br />

Arbeiten an künstlichen Riffen der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns“, Zwischenbericht<br />

2003<br />

NIEDZWIEDZ, G. (2005), Zwischenbericht 2004<br />

NIEDZWIEDZ, G. (2006), Zwischenbericht 2005<br />

HILLER, J. (2007)<br />

„Grundsätzliche Aussagen zur potentiellen Nutzung künstlicher Riffe in Küstengewässern und<br />

Binnengewässern Mecklenburg-Vorpommerns“, Abschlussbericht<br />

94


Realisierung eines low cost-Stereo-UW-Kameramesssystems<br />

für ein Fischmonitoring am künstlichen Riff vor Nienhagen<br />

Peter Korduan, Dirk Lämmel<br />

Einführung<br />

Ziel der Beteiligung des Institutes für Management ländlicher Räume (IMLR) der Agrar- und<br />

Umweltwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock am Projekt „Künstliches Riff Nienhagen“<br />

im Jahr 2006 war die technische Bereitstellung und weitere Verbesserung der bis dahin<br />

entwickelten unterwasserphotogrammetrischen Beobachtungs- und Auswertetechnik. Im Rahmen<br />

der universitären Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Maritime System- und Strömungstechnik<br />

und dem IMLR, sowie der Firma „Unterwassertechnik Kordian“ wurde in den Jahren<br />

2004 und 2005 eine stereophotogrammetrische Unterwasserkamerakonstruktion (Abb. 1)<br />

zur Fischbeobachtung und Vermessung entwickelt.<br />

Abb.1: Unterwasserkamera und Schwenk-/ Neige-Kamera (rechts oben)<br />

Ziel für das Jahr 2006 war ein weiterer Langzeiteinsatz unter Praxisbedingungen am Riff. Dazu<br />

sollten sich der Mitarbeiter des IMLR Dr. Peter Korduan sowie der über einen Werksvertrag<br />

angestellte Diplombiologe Dirk Lämmel an den vorbereitenden und durchführenden Arbeiten<br />

und Tauchereinsätzen beteiligen.<br />

In der aktuellen Version des Kamerasystems müssen die Kameras zum Auslesen der aufgenommen<br />

Bilder jeweils von der Einsatzstelle im Meer geborgen und die Gehäuse geöffnet werden.<br />

Ziel war die Erarbeitung eines Konzeptes, mit dem die Daten auf den Kameras unter Wasser<br />

ausgelesen werden können, ohne diese von der Einsatzstelle entfernen zu müssen. Das<br />

Konzept sollte weiterhin die Möglichkeit eröffnen, die Kameras direkt an die Funkstation anzuschließen,<br />

um später nach Einrichtung einer Breitbandverbindung digitale Bilder direkt über das<br />

Internet auslesen zu können.<br />

Darüber hinaus war geplant die Software für die Auswertung der Stereobildpaare zu verbessern<br />

und internetfähig zu machen. Zusammengefasst ergaben sich daraus 3 Arbeitspakete:<br />

AP1: Praxiseinsatz der UW-Kamera am Riff<br />

AP2: Konzept für den Datenanschluss unter Wasser<br />

AP3: Weiterentwicklung der Auswertesoftware<br />

95


Praxiseinsatz der UW-Kamera<br />

Aufstellung und Befestigung des Kamerasystems<br />

Nach dem Einsatz der Kameras im Jahr 2005 waren Gehäuse und Rahmengestell zu deren<br />

Befestigung stark verschmutzt und die Metallteile korrodiert. Als Voraussetzung für den Einsatz<br />

des Kamerasystems in diesem Jahr wurde daher zunächst das Gehäuse komplett vom Gestell<br />

entfernt, auseinander genommen und von außen und innen gereinigt. Das Gestell wurde ebenfalls<br />

gereinigt, entrostet und mit einem neuen Schutzanstrich versehen. Anschließend wurden<br />

die Kameras durchgesehen, die Luftentfeuchter gewechselt und die Gehäuse wieder mit dem<br />

Gestell verschraubt. Für die Befestigung des Gestells an den Betonelementen im Riff wurden<br />

Eisenketten verwendet.<br />

Vor dem Einsatz im Riff wurden die Gehäuse auf Dichtigkeit getestet. Nach einem ersten Test<br />

in handtiefem Wasser zeigten sich die Gehäuse dicht. Auf der ersten Ausfahrt zur Montage der<br />

Kameras unter Wasser ergab sich, dass ein Gehäuse offensichtlich doch undicht war. Es drangen<br />

jedoch nur kleinste Mengen Wasser ein, so dass die Kameraelektronik keinen Schaden<br />

nahm. Nach gründlicher Untersuchung des Gehäuses, stellte sich heraus, dass sich die undichte<br />

Stelle nicht an der zu öffnenden Seite des Gehäuses befand, sondern an der fest verschraubten<br />

und verklebten Frontseite. Die Gehäusescheiben wurden daher abgeschraubt, die<br />

Bohrungen für neue Schrauben verlängert, die Gehäuse neu angeschraubt und zusätzlich mit<br />

Silikon von außen abgedichtet. Nach erneutem Zusammenbau und Dichtheitstest konnte die<br />

Kamera für den Dauereinsatz an den Einsatzort vor die Riffkegelgruppe im nordwestlichen Teil<br />

des Riffs verbracht werden. Dazu wurde erneut die Schwenk-/ Neigekamera an das Gestell<br />

montiert. Das Gestell wurde mit den beiden Gestellfüßen auf die Oberkante der Mittelsektion<br />

eines Betonringes nach Norden ausgerichtet und jeweils mit zwei Kettenenden, von der je eine<br />

durch die Betonöffnungen in den Ringwandungen führte über Gewindestangen verschraubt<br />

(siehe Abb. 2). Zusätzlich wurde das Gehäuse an zwei Stellen mit je zwei 5 mm dicken Nylonseilen<br />

am Gehäusering abgespannt.<br />

Abb. 2: Befestigung der Kamerakonstruktion auf dem Betonring<br />

Der erste Einsatz dauerte vom 18.07.2006 bis 24.08.2006. Auf Grund eines Funktionsfehlers<br />

der an dem Gehäuse montierten Schwenk-/ Neigekamera wurde auch die Stereokamera geborgen.<br />

Der zweite Einsatz dauerte vom 26.09.2006 bis 14.12.2006. Die Kameras hatten demzufolge<br />

im Jahr 2006 eine Einsatzzeit von insgesamt 88 Tagen unter Wasser. Bei der Bergung<br />

des Kamerasystems wurde festgestellt, dass sich die Befestigung auf dem Betonring auf der<br />

rechten Seite gelöst hatte. Ein Kettenglied war stark verbogen und schließlich - vermutlich während<br />

des ersten starken Sturms - gerissen, siehe Abbildung 3.<br />

96


Abb. 3: Im Sturm zerrissenes Kettenglied der Befestigung des Kameragehäuses<br />

Auswertung der Aufnahmen<br />

Trotz der Probleme bei der Befestigung des Kamerasystems konnten Aufnahmen gemacht und<br />

auch vorbeischwimmende Fische beobachtet werden. Die Bilder lagen - entsprechend der Kameraanordnung<br />

- in beiden Kameras auf 512 MB-CF-Speicherkarten vor. Diese wurden aus<br />

den Geräten ausgebaut und mittels Kartenlesegerät auf einen Computer ausgelesen. In der<br />

ersten Aufstellungsperiode wurden keine Aufnahmen gemacht, weil die Schwenk-/ Neigekamera<br />

ausgefallen war. In der zweiten Aufnahmeperiode von <strong>September</strong> bis Dezember wurden je<br />

10 Aufnahmen gemacht. Gegenüber früheren Aufnahmen aus dem Vorjahr wurde die hintere<br />

Gehäusescheibe abgedunkelt, damit sich auf der Frontseite keine Reflexionen ergeben. Ein<br />

kleines Schaufenster wurde jedoch aufgelassen, um den LCD-Bildschirm der Kameras sehen<br />

zu können. Dieser Durchblick führte jedoch noch zu leichten Spiegelungen in der Fronscheibe.<br />

Darum wird für die zukünftige Verwendung vorgeschlagen, die hinteren Scheiben - beispielsweise<br />

durch das Anbringen von schwenkbaren Deckeln zum Abdecken der Sichtfenster von<br />

außen - vollständig zu verdunkeln<br />

Auf einem Stereobildpaar wurde ein Dorsch identifiziert, dessen Vermessung nachfolgend beschrieben<br />

ist. Die Software zur Ausmessung der Objekte in den Stereobildern heißt „uwphoto“<br />

und ist als PHP-Skript entwickelt worden. Sie läuft auf einem Windowsrechner mit dem Apache<br />

Web Server im ms4w Packet von DM-Solution. Hierbei handelt es sich ausschließlich um freie<br />

Software. Diese ermöglicht die Bildauswertung über das Internet. Der Ablauf bei der Auswertung<br />

ist den folgenden Abbildungen (Abb. 4 bis Abb. 8) dargestellt.<br />

Abb. 4: Auswählen der Parameter der inneren Orientierung<br />

97


Abb. 5: Auswählen der Gehäuseparameter der Parameter der relativen Orientierung<br />

Abb. 6: Auswahl der zusammengehörenden Bildpaare zum Upload auf den Server<br />

Abb. 7: Anzeige des Stereobildpaares im Webbrowserfenster<br />

98


Abb. 8: Ausmessen der 4 Bildpunkte in den beiden Stereobildern<br />

Beim Messen der Bildpunkte werden jeweils die Schwanzflossenspitze und die Maulspitze<br />

des im Bild markierten Dorsches angemessen. Die Pixelkoordinaten werden für<br />

jeden Punkt über den Bildern und die 3D-Koordinaten und die daraus resultierende<br />

Strecke zwischen den beiden Punkten unter den Bildern ausgegeben.<br />

Konzeption der Kameraumbauten<br />

Ziel der geplanten Kameraumbauten war das Auslesen der aufgenommen Bilder zu vereinfachen.<br />

Es sollte ein Weg gefunden werden, die Bilder auslesen zu können ohne die Kamera von<br />

ihrer Position unter Wasser bergen zu müssen. Die eingesetzten Kameras nutzen USB zum<br />

Auslesen der Bilder. USB hat unter gewöhnlichen Bedingungen nur eine eingeschränkte<br />

Reichweite von ca. 5 m. Diese Entfernung ist für den Einsatz in Wassertiefen bis zu 12 m, wie<br />

sie am Riff vorkommen, nicht ausreichend. Das Zwischenschalten von USB-Hubs mit zusätzlicher<br />

Stromversorgung zum Verstärken des Signals kam nicht in Frage, weil die notwendige<br />

Energie nicht zur Verfügung steht bzw. nicht bereitgestellt werden sollte.<br />

Eine weitere Möglichkeit für die Verlängerung der USB-Verbindung ist die Zwischenschaltung<br />

von USB-Line-Extendern. Mit USB-Line-Extendern wird das USB-Signal über eine Steckverbindung<br />

in ein Netzkabel überführt, welches eine Länge bis zu 40 m haben kann und anschließend<br />

wieder zurück in ein USB-Kabel. Für diese Variante ist keine externe Stromversorgung bereitzustellen,<br />

außer der, die über das USB-Kabel selbst realisiert ist. Für die verwendete Variante<br />

muss auch nur das Remote-Modul des Line-Extenders wasserdicht isoliert sein, welches das<br />

Signal vom USB-Device (Unterwasser-Kamera) modifiziert. Der Übergang des USB-Kabels in<br />

das Gehäuse der Kameras sollte über eine robuste wasserdichte Steckverbindung realisiert<br />

werden, nicht über eine herkömmliche USB-Steckverbindung. Beim Anschließen der USB-<br />

Kabel sollte kein Strom fließen. Die Kabelverbindung beim Auslesevorgang zwischen dem<br />

Computer und dem Kamerasystem ist in Abb. 9 dargestellt. Der Auslesevorgang könnte mit<br />

einer derartigen Verbindung folgendermaßen realisiert werden:<br />

99


Abb. 9: Schematische Darstellung der<br />

Kabelverbindung beim Auslesevorgang<br />

100<br />

1. Tauchergruppe fährt mit Schlauchboot über<br />

die Kameraposition.<br />

2. Taucher taucht mit dem kameraseitigen<br />

Ende des Line-Extenderkabels zur Kamera.<br />

3. Taucher steckt den Gehäusestecker in das<br />

Gehäuse und gibt Signal nach oben.<br />

4. Der Operator, der oben die Bilder auslesen<br />

soll, steckt daraufhin den USB-Stecker in<br />

den Laptop und liest die Bilder aus.<br />

5. Ist der Auslesevorgang beendet, trennt der<br />

Operator oben die USB-Verbindung und<br />

gibt Signal nach unten zum Taucher.<br />

6. Taucher löst unten die Steckverbindung am<br />

Gehäuse.<br />

7. Schritte 3-6 werden für die zweite Kamera<br />

wiederholt.<br />

8. Nachdem die Auslesevorgänge beendet<br />

sind, gibt der Taucher noch einmal Signal<br />

und der Operator holt das Kabel ein. Anschließend<br />

prüft der Taucher den Zustand<br />

der Kameras, säubert die Scheiben und<br />

kann weitere Aufgaben durchführen.<br />

Zur Signalübertragung zwischen Taucher und Operator im Schlauchboot wird ein Signalmann<br />

mit Signalleine oder ein Tauchertelefon eingesetzt. Die Dauer des gesamten<br />

Auslesevorganges wird mit nicht mehr als 5 Minuten für beide Kameras eingeschätzt.<br />

Technische Ausführungen zum Kameraumbau<br />

Zur technischen Realisierung wurde zunächst recherchiert, welche Komponenten praktisch<br />

verwendet werden können. Ergebnis dieser Recherche war, dass ein USB-Line-Extender bestehend<br />

aus Base- (rechnerseitig) und Remote-Modul (kameraseitig) sowie zwei 5-polige Sub-<br />

Conn-Steckverbindungen, beschafft werden müssen. Zu Testzwecken wurden zunächst keine<br />

Gehäusedurchführungen gefertigt, sondern eine direkte Verbindung zwischen Kamera und<br />

Computer hergestellt. Die Verbindung wurde in verschiedenen Schritten realisiert, um eventuelle<br />

Abb. 10: Anschluss einer Kamera über Subconn-Stecker und USB-Line_Extender


Fehlerursachen den einzelnen Komponenten der Übertragungsstrecke zuordnen zu können:<br />

1. Verbindung mit einfachem USB-Kabel<br />

2. Verbindung mit USB-Kabel und USB-Line-Extender<br />

3. Verbindung mit USB-Kabel, USB-Line-Extender und SubConn-Stecker<br />

Letztere Variante ist jene, welche auch für den praktischen Anwendungsfall unter Wasser verwendet<br />

werden soll. Abbildung 10 zeigt den Anschluss einer Kamera über die SubConn-<br />

Steckverbindung und den USB-Line-Extender im „Trockenversuch“.<br />

Bei diesem Versuch, für den ein 20 m langes Patchkabel und ein ca. 1 m langes USB-Kabel<br />

verwendet wurden, erkannte der Computer die Kameras problemlos so dass Testbilder ausgelesen<br />

werden konnten.<br />

Zusammenfassung und Ausblick<br />

Im Jahr 2006 konnte das Stereo-Kamerasystem erneut erfolgreich eingesetzt werden. Nach<br />

anfänglichen Schwierigkeiten durch ein undichtes Kameragehäuse und die nicht funktionierende<br />

Schwenk-/ Neigekamera hat das Kamerasystem die erwarteten Leistungen erbracht. Die<br />

Aufnahmen sind von der zu erwartenden hinreichenden Qualität und für die Auswertung steht<br />

die internetgestützte Software „uwphoto“ bereit. Leider sind nur sehr wenige Aufnahmen gemacht<br />

worden, was darin begründet liegt, dass Bilder manuell vom Operatorplatz im Wetterdienst<br />

in Warnemünde ausgelöst werden mussten, was sehr personal- und zeitintensiv ist.<br />

Abb. 11: Schema zum Einbau der USB-Kabelverbindungen in die Kameragehäuse<br />

Die konzeptionellen und praktischen Arbeiten für die Erweiterung des Kamerasystems zum<br />

„nassen Auslesen“ der UW-Bilder sind gemacht. In einem nächsten Schritt müssen nun die Unterwasserkabel<br />

in das Gehäuse eingebaut werden, siehe dazu Abbildung 11, und die USB-<br />

Kabelverbindungen im Gehäuse hergestellt werden. Damit im Zusammenhang stehend ist das<br />

Remote-Modul des USB-Line-Extenders, welches sich beim Auslesevorgang unter Wasser befinden<br />

wird, wasserdicht einzupacken.<br />

Dazu sind Isolierbänder und Schrumpfschläuche vorgesehen, die auch schon beschafft wurden.<br />

Vor dem Einsatz am künstlichen Riff wird das „nasse Auslesen“ in einem Schwimmbecken getestet.<br />

Im Hinblick auf die aufwendige Arbeit für das manuelle Auslösen der Bilder wird in Zukunft<br />

eine Möglichkeit zum automatisierten Auslösen zu finden sein. Dazu muss eine geeignete<br />

Technologie zur Detektierung vorbeischwimmender Objekte von relevanter Größe gefunden<br />

werden. Diese Untersuchungen werden Gegenstand weiterer Forschungsaktivitäten sein.<br />

101


Abschlussbericht zur Unterwasservideo-Beobachtung am<br />

künstlichen Riff Nienhagen 2003 – 2006<br />

Amselm Dumke, Renate Eggers<br />

Einführung<br />

Im Rahmen des Projektes „Erhöhung der fischereilichen Wertigkeit von Seegebieten vor der<br />

Küste Mecklenburg-Vorpommern durch die Errichtung künstlicher Unterwasserhabitate, Aufbau<br />

eines Großriffs im Fischereischutzgebiet Nienhagen“ wurde ein komplexes Unterwasservideosystem<br />

installiert, dass in erster Linie die Auswirkungen der künstlich eingebrachten Strukturen<br />

auf die natürlich vorkommenden Habitate und die Beeinflussung des Fischverhaltens in diesen<br />

Strukturen dokumentieren sollte. Ziel der videooptischen Beobachtungen an und in den Strukturen<br />

war die Bewertung des Einflusses dieser Strukturen auf autökologische Verhaltensweisen<br />

der Fische. Im Mittelpunkt stand die Fischidentifizierung, das Fressverhalten der Arten, diurnale<br />

Fischwanderungen und die Bestimmung der Größe einzelner Fischschwärme. Besonderes Augenmerk<br />

wurde auf die Bewertung des Fischverhaltens an den eingesetzten Fanggeräten<br />

(Fischfallen) gelegt. Insgesamt wurden im Zeitraum 2003 bis 2006 8.300 Stunden Videomaterial<br />

gewonnen, das entspricht einer aufgezeichneten Festplattenkapazität von 9,8 Terra Byte.<br />

Methodisches Vorgehen<br />

Die Installation von maximal 9 Unterwasserkameras (UW-Kameras) im Riffgebiet diente vorrangig<br />

der Langzeitbeobachtung der Geschehnisse vor Ort. Ein über eine Funkstrecke übertragenes<br />

Videosignal stand für die Beobachtung zur Verfügung. Um das anliegende Videobild nicht<br />

nur auf eine Kamera zu beschränken, konnten alle Kameras im so genannten „Mux-Modus“<br />

nacheinander angesteuert werden. Dadurch erhielt man im Gegensatz zum „Live-Modus“ (nur<br />

eine Kamera zeigt das Videobild) fast gleichzeitig Bilder aller einsatzfähigen Unterwasserkameras<br />

(UW-Kameras) in den beobachteten Gebieten. Die Auswahl der Aufzeichnungsmodi und<br />

das Schalten der UW-Kameras erfolgten selektiv nach Aufgabenstellung, verfügbaren UW-<br />

Kameras und interessanten Bildinhalten.<br />

Bedingt durch den immensen Arbeitsaufwand bei der Sichtung des umfangreichen Materials,<br />

konnten bislang rund die Hälfte aller Videos einer intensiven Durchmusterung (Ende 2006) unterzogen<br />

werden, wobei eine schnelle Sichtung von allen Videoclips vorliegt.<br />

Da noch nicht alle Videos intensiv durchgemustert werden konnten, kann durchaus mit weiteren<br />

interessanten Bildinhalten gerechnet werden.<br />

Man darf von der Qualität der Videos nicht allzu viel erwarten. Das Videosignal wird über eine<br />

längere Funkstrecke übertragen und ist damit nicht frei von Bildstörungen. Um einigermaßen<br />

mit der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Plattenkapazität auszukommen, war es nötig, die<br />

Videos hoch zukomprimieren.<br />

Die Qualität der Videoaufnahmen hängt nicht nur von der Übertragungsstrecke, sondern hauptsächlich<br />

von den Sichtverhältnissen in der Ostsee ab. Sie sind leider oftmals alles andere als<br />

gut. Vergleiche mit Video-Aufnahmen aus Gewässern südlicher Gefilde verbieten sich.<br />

Die Sicht ist nicht nur während der sommerlichen Algenblüte nicht optimal, sondern ist in erster<br />

Linie von den aktuellen Windverhältnissen im Riffgebiet abhängig. Ab einer Windstärke 5 Bft<br />

(Beaufort Skala) baut sich eine Welle auf, die bis zum Grund reicht und zu Aufwirbelungen von<br />

Schwebteilchen und der Verdriftung von Algenwatten führt, so dass die UW-Kameras praktisch<br />

keine Einzelheiten mehr auflösen können.<br />

Es ist kompliziert, Beobachtungen vor den Kameralinsen in messbare Werte umzuwandeln. Die<br />

Kameras hatten nicht denselben Blickwinkel, waren zu unterschiedlichen Tagen und Tageszeiten<br />

eingeschaltet und nicht alle Standorte wurden gleichmäßig beobachtet. Auch ließen<br />

schlechte Sichtverhältnisse oftmals keine Auswertungen zu. Die vor den Kameralinsen beo-<br />

102


achteten Ereignisse wurden in Tabellen abgespeichert und wenn möglich quantifiziert oder<br />

qualifiziert.<br />

Um eine Vergleichbarkeit der beobachteten UW-Kamerastandorte herzustellen, wurde ein neuer<br />

Einheitswert, der so genannte Videobeobachtungswert pro Zeiteinheit, eingeführt. Der Videobeobachtungswert,<br />

abgekürzt VdB ist definiert als die Anzahl Ereignisse vor einer Kameralinse<br />

pro Stunde Videobeobachtungszeit (VdB/h).<br />

Er ist eine grobe Kennzahl für die Annahme der Strukturen durch Organismen und wird nach<br />

einer kompletten Auswertung des Videomaterials weitere Anwendungen bei der Darstellung von<br />

Ergebnissen finden.<br />

Datenaufbereitung<br />

Es fallen Unmengen an Rohmaterial an. Wenn am Tag 12 h oder bei Lichtaufnahmen auch 24 h<br />

(auch an Sonn- und Feiertagen) aufgezeichnet werden, so müssen die 12 h bzw. 24 h Videomaterial<br />

erstmal für Analysen angesehen werden. Dazu kommt noch die Auswertungszeit dazu,<br />

die nach gängigen Erfahrungen mit Videos rund das 2,5 fache des aufgezeichneten Videomaterials<br />

beträgt. Im Klartext, für eine Stunde Video wird mit Kopieren, Auswerten und Schneiden<br />

rund 2,5 h Bearbeitungszeit benötigt. Damit wird verständlich, dass innerhalb der Projektzeit<br />

das gesamte aufgezeichnete Videomaterial aus Zeitgründen nicht komplett ausgewertet werden<br />

konnte.<br />

Erste Probevideoaufzeichnungen wurden nach Einbringung der Riffstrukturen im <strong>September</strong><br />

2003 im Zeitraum vom 16.10. - 25.10.2003 durchgeführt. Die Aufzeichnung erfolgte noch auf<br />

VHS-Bänder. Mit Beginn der Langzeitbeobachtungen wurden 2004 die Videodaten auf 120<br />

GByte, 2005 auf 250 GByte und 2006 auf 1 TByte großen Festplatten abgespeichert.<br />

Die Menge der aufgezeichneten Videodaten ist aus nachfolgender Tabelle ersichtlich:<br />

Tab. 1: Videodaten<br />

Jahr Zeitraum Datenzeit Datenmenge Datenträger<br />

2003 16.10. – 26.10. 40 Stunden 60 GByte VHS - Bänder<br />

2004 Mai 20 Stunden 30 GByte VHS - Bänder<br />

02.06. – 17.11. 1950 Stunden 2,3 TByte USB - Festplatten, DVD<br />

2005 03.05. – 07.11. 2540 Stunden 3,0 TByte USB - Festplatten<br />

2006 19.04. – 21.12. 3750 Stunden 4,5 TByte BigDisk - Festplatten<br />

Beobachtungen<br />

Die UW-Kameras kamen vorrangig in den in der Abbildung 1 markierten und mit den Buchstaben<br />

A – F bezeichneten Gebieten zum Einsatz. Es bedurfte einer ganzen Anzahl von Versuchen,<br />

die Kameras in und an den Strukturen so zu positionieren, dass es gewährleistet war,<br />

Aufnahmen von Fischen und ihrem Verhalten zu ermöglichen. Aufgrund der begrenzten Kabellängen<br />

für die UW-Kameras konzentrierten sich die UW-Kamerastandorte alle in der Nähe des<br />

Sendemastes. Die südlichen und östlichen Zonen des Riffgebietes konnten in die UW-<br />

Beobachtungen nicht mit einbezogen werden.<br />

103


Abb. 1: Kamerastandorte im Riffgebiet<br />

15 Fischarten, 8 Wirbellose und 2 Tauchvögel konnten anhand der Videos identifiziert werden<br />

(Tab. 2).<br />

Das sind Arten, die nach visuellen Merkmalen bestimmbar sind. Nur wenige Beobachtungen<br />

konnten keinen Arten zugeordnet werden. Fast die Hälfte der mit den Fanggeräten im Riffgebiet<br />

gefangenen Fischarten (34 Arten) wurde auch von den UW-Kameras erfasst.<br />

Dazu kamen noch weitere videooptische Beobachtungen hinzu:<br />

104<br />

B<br />

D<br />

C<br />

A<br />

- Bewegungen des <strong>Mast</strong>gelenkes<br />

- Windeinfluss auf die Kamerasicht<br />

- Verdriftungen von Algen<br />

- Bewuchszunahme von Algen auf den Riffstrukturen<br />

- Auftreten von Beggiatoa-Rasen<br />

- Aktivitäten der Seesterne<br />

- Quallen-Invasionen<br />

- Seepocken-Zunahme auf den Kameralinsen<br />

- Strandkrabbenvorkommen<br />

F<br />

E<br />

Gebiet-UW-Kameras<br />

Steinschüttung<br />

2 t-<strong>Tetrapoden</strong>stapel<br />

Betonringstapel<br />

Riffkegel<br />

6 t-Tetrapode<br />

<strong>Mast</strong>


Tab. 2: Auftreten videooptisch erkennbarer Arten nach Jahren<br />

Wissenschaftlicher<br />

Name<br />

Deutscher Name Riff<br />

Pisces Fische 2004 2005 2006<br />

Gadus morhua Dorsch X X X<br />

Merlangius merlangus Wittling X X<br />

Raniceps raninus Froschdorsch X<br />

Zoarces viviparus Aalmutter X<br />

Ctenolabrus rupestris Klippenbarsch X X X<br />

Myoxocephalus scorpius Seeskorpion X<br />

Agonus cataphractus Steinpicker X<br />

Cyclopterus lumpus Seehase X X<br />

Psetta maxima Steinbutt X<br />

Pleuronectes platessa Scholle X X<br />

Platichthys flesus Flunder X X<br />

Salmo trutta Meerforelle X<br />

Gobiusculus flavescens Schwimmgrundel X X X<br />

Gobius niger Schwarzgrundel X<br />

Anguilla anguilla Flussaal X X<br />

Evertebrata Wirbellose<br />

Mutilus edulis Miesmuschel X X X<br />

Balanus improvisus Seepocken X X X<br />

Asterias rubens Seestern X X X<br />

Carcinus maenas Strandkrabbe X X X<br />

Palaemon squilla Steingarnele X X<br />

Aurelia aurita Ohrenqualle X X X<br />

Cyanea capillata Gelbe Haarqualle X X X<br />

Mnemiopsis leidyi Rippenqualle X<br />

Aves Vögel<br />

Phalacroscorax carbo Kormoran X<br />

Somateria molissima Eiderente X X<br />

Summe 25 11 18 21<br />

VdB/hl<br />

3,5<br />

3<br />

2,5<br />

2<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

0<br />

A B C D E<br />

Dorsch Klippenbarsch Grundel<br />

Abb. 2: Videobeobachtungswert pro Zeiteinheit und UW-Kamerastandort<br />

105


In Abb. 2 sind die gesichteten Vorkommen der Hauptfischarten für das Beobachtungsjahr 2005<br />

und Beobachtungsstandorte dargestellt.<br />

Dominierend im Sichtbereich der Videokameras waren Klippenbarsche, Schwimmgrundeln und<br />

Dorsche. Die 3 Arten wurden an allen Kamerastandorten gesichtet.<br />

Die Riffstrukturen bieten den Klippenbarschen und Schwimmgrundeln hervorragende Bedingungen<br />

als Schutz- und Aufenthaltsräume und den Dorschen ein vielfältiges und reichhaltiges<br />

Nahrungsangebot.<br />

Klippenbarsch<br />

Klippenbarsche treten meistens in kleinen Gruppen innerhalb der Riffstrukturen auf. Sie sind<br />

standorttreu, sehr neugierig, schwimmen immerzu vor die Linsenoptik. Revierkämpfe wurden<br />

auch beobachtet.<br />

Schwimmgrundel<br />

Überall zwischen, vor und an den Strukturen kamen Schwimmgrundeln in hoher Abundanz vor.<br />

Ab Anfang Juli bilden die Schwimmgrundeln Schwärme. Bis in den Herbst hinein nehmen die<br />

Anzahl der Schwärme und auch ihre Dichte stetig zu. Zählungen von Schwimmgrundeln ergaben<br />

bei geeigneter Kameraeinstellung im Sichtbereich der Kameraoptik Stückzahlen von rund<br />

1.000 – 2.000 Stk. im Schwarm (Tab. 3). Sobald Dorsche in der Nähe der Schwimmgrundeln<br />

auftraten, suchten die Schwimmgrundeln Deckung in den Strukturen. Aber auch bei schlechtem<br />

Wetter zogen sich die Schwimmgrundeln von außerhalb oder über den Strukturen stehend, in<br />

die Schutzräume der Strukturen zurück.<br />

Die Schwimmgrundel ist in den Netzfängen unterpräsentiert. Die Videos zeigen, dass ein Großteil<br />

der so genannten „Fischsuppe“ (Kleinfischansammlungen im Herbst über und in den Strukturen)<br />

aus Schwimmgrundel-Schwärmen besteht, die damit einen nicht unbeträchtlichen Anteil<br />

an der Fischbiomasse im Riffgebiet ausmachen.<br />

Dorsch<br />

2004, dem ersten Jahr der Dauervideo-Aufzeichnung, zogen in unregelmäßigen Abständen<br />

adulte Dorschschwärme an den Kamerastandorten vorbei.<br />

Auffällig war in den nachfolgenden Jahren (2005 und 2006), dass im Vergleich zu 2004, adulte<br />

Dorsche an allen Kamerastandorten zu sehen waren. Unterschiedliche Jahrgänge wurden dabei<br />

beobachtet. Die adulten Dorsche zogen einzeln und in kleinen Gruppen durch die Riffstrukturen.<br />

Sie bewegten sich dabei kurz über dem Boden und suchten dort nach Nahrungsorganismen.<br />

Das ist ein Hinweis, dass Dorsche das Riffgebiet auf ihren Weidewanderungen nicht nur<br />

kurzfristig durchqueren, sondern als Nahrungs- und Aufenthaltsraum angenommen haben.<br />

Auf den Videos sind Nahrungsaufnahmen der Dorsche erkennbar aber nicht das, was gefressen<br />

wurde.<br />

2005 traten Ende August im Riffgebiet die ersten Jungdorschschwärme vom Jahrgang 2005 an<br />

der alten Steinschüttung in Erscheinung. Zählungen ergaben, dass ein solcher Jungfischwarm<br />

an die 300 – 500 Tiere umfasste.<br />

2006 wurden die ersten Jungdorschschwärme erst ab Mitte Oktober an der Steinschüttung mit<br />

bis zu 1.000 Stk. im Schwarm gesichtet. Vielleicht ist die Verschiebung der Bildung von Jungdorschschwärmen<br />

eine Folge der seit einigen Jahren in der 2. Jahreshälfte ständig steigenden<br />

Wassertemperaturen.<br />

Anhand der Zählung von Dorschen im Sichtbereich der Kameras vor den Riffstrukturen konnte<br />

ein gewisser diurnaler Rhythmus festgestellt werden (Abb. 3). Die Dorsche konzentrieren sich<br />

offensichtlich insbesondere zur Morgen- und Abenddämmerung in größeren Aggregationen.<br />

106


VdB/h<br />

1,6<br />

1,5<br />

1,4<br />

1,3<br />

1,2<br />

1,1<br />

1,0<br />

0,9<br />

0,8<br />

08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00<br />

Abb. 3: Diurnaler Videobeobachtungswert (VdB) pro Zeiteinheit, 2005<br />

2006 wurde eine so genannte Lichtkamera an den Riffstrukturen eingesetzt, so dass Nachtaufnahmen<br />

möglich waren. Durch das Licht wurden Tiere, auch verstärkt adulte Dorsche angelockt.<br />

Es kam zu einer Nahrungsverdichtung, so dass beobachtet wurde, dass die Dorsche verstärkt<br />

Nährtiere fraßen, insbesondere kleine Fische. Ein gewisser Lerneffekt der Dorsche konnte<br />

beobachtet werden. Schon nach wenigen Nächten haben die Dorsche wahrgenommen, dass<br />

an den Standorten mit Licht nachts eine Konzentration von Nahrungsorganismen stattfindet. In<br />

der Abenddämmerung, noch vor dem Einschalten des Lichtes, streiften die ersten Dorsche vor<br />

den Kameralinsen umher. Möglicherweise lässt sich durch Lichtfallen eine Konzentration von<br />

Nährtieren auch für juvenile Dorsche erreichen.<br />

Das Verhalten der Dorsche an alternativen Fanggeräten, wie den stationären Fischfallen, war<br />

ein besonderer Schwerpunkt der Untersuchungen 2006. Ergebnisse zur Effizienz dieser Fanggeräte<br />

sind die Voraussetzungen zur Etablierung neuer bestands- und ökosystemschonender<br />

Fangmethoden in der kommerziellen Fischerei. Daher werden diese Untersuchungen auch<br />

künftig fortgeführt. Bisher wurden an diesen Fanggeräten keine „Fischeinläufe“ bei Tageslicht<br />

beobachtet, dafür aber Dorsche in den Fallen, welche nachts in die Fallen schwammen.<br />

Mithilfe der Videodaten konnten Schwarmzählungen vorgenommen werden. Dabei wurden folgende<br />

Größenordnungen ermittelt.<br />

Tab. 3: Fischzählungen (Schwarm)<br />

Dorsch<br />

Dorsch (adult) 80 – 100 Stk.<br />

Dorsch (juvenil) 300 – 500 Stk. (2005); 1000 Stk.(2006)<br />

Schwimmgrundel 500 – 2000 Stk.<br />

107


Kurzfassung der UW-Videobeobachtungen<br />

In der folgenden Tabelle 4 werden die umfangreichen Videobeobachtungen in Kurzform vorgestellt<br />

und eine Einschätzung der Beobachtungen vorgenommen.<br />

Tab. 4: Beobachtungen an den Kamerastandorten<br />

108<br />

Struktur: Riffkegel<br />

Gebiet: B<br />

Einsatz: 2004, 2005, 2006<br />

Beobachtung:<br />

• Schwerpunktgebiet der Videobeobachtungen<br />

• verschiedene Kameras kamen zum Einsatz mit unterschiedlichen<br />

Positionierungen<br />

• Haupteinsatzgebiet für die Schwenk/Neige-Kamera<br />

• Blick über die Riffkegelgruppe und innerhalb<br />

• sehr interessante Aufnahmen adulter und juveniler<br />

Dorschschwärme liegen vor<br />

• Beobachtungen von Fressaktivitäten der Dorsche<br />

• Erkenntnisse zur Schutzfunktion der Strukturen gewonnen<br />

• Dorschwege, Strandkrabbenwege<br />

Struktur: Betonringe in 3 Lagen gestapelt<br />

Gebiet: C<br />

Einsatz: 2004, 2005, 2006<br />

Beobachtung:<br />

• verschiedene Kameras im Gebiet positioniert<br />

• Blick in und vor die Strukturen<br />

• Aufnahmen von Dorsch, Aal, Plattfisch, Strandkrabbe<br />

• Einsatz einer Köderkamera<br />

Struktur: 2t-<strong>Tetrapoden</strong> gestapelt in bis zu 3 Lagen<br />

Gebiet: D<br />

Einsatz: 2004, 2005, 2006<br />

Beobachtung:<br />

• Ablage und Verdriftung von Rotalgenteppichen<br />

• Einsatz Lichtkamera, Nachtaufnahmen


Struktur: <strong>Mast</strong>gelenk<br />

Gebiet: E<br />

Einsatz: 2004, 2005, 2006<br />

Beobachtung:<br />

Die Vorstellung, die Kamera zur Beobachtung der Bewegungen<br />

des Gelenkes bei Sturm und starkem Strom einzusetzen, erwies<br />

sich als Trugschluss. Zwar gelangen interessante Aufnahmen<br />

von den Bewegungen des <strong>Mast</strong>gelenks, da aber ab Windstärke<br />

5 keine Sicht mehr war, sind Beobachtungen bei starkem Sturm<br />

oder Orkan nicht möglich. Im Strömungsschatten des <strong>Mast</strong>es<br />

konnten häufig Grundelschwärme beobachtet werden.<br />

Sonderuntersuchung: Seehase - Gelege<br />

Gebiet: B Standort 2t-Tetrapode<br />

Einsatz: 2005<br />

Beobachtung:<br />

Zu Beginn der Videoaufzeichnungen 2005 wurde die Chance<br />

genutzt, einen Seehasen bei der Brutpflege zu beobachten. Es<br />

sind sehr interessante Aufnahmen von der Verteidigung des Geleges<br />

durch den männlichen Seehasen gegenüber Artgenossen<br />

und Dorschen zu sehen.<br />

Sonderuntersuchung: <strong>Tetrapoden</strong>kragen<br />

Gebiet: B Standort 6t-Tetrapode<br />

Einsatz: 2005, 2006<br />

Frage: Können Seesterne den Schutzring überwinden?<br />

Beobachtung:<br />

• Seesterne können den Ring überwinden. Kleinere Seesterne<br />

kamen leichter über den Ring als größere<br />

• Wichtiger Hinweis - auch Strandkrabben überwinden den<br />

Schutzring und sind an der Dezimierung der Miesmuschelpopulation<br />

beteiligt<br />

Anzahl<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

<strong>Tetrapoden</strong>-Kragen<br />

0<br />

24.05.05 24.06.05 24.07.05 24.08.05 24.09.05 24.10.05<br />

oberhalb Ring unterhalb Ring<br />

Abb. 4: Seesternzählungen am <strong>Tetrapoden</strong>-Kragen<br />

109


110<br />

Sonderuntersuchung: Betonbrunnenringschacht, aufgeständert<br />

Gebiet: B<br />

Einsatz: 2006<br />

Frage: Werden aufgeständerte Strukturen von Seesternen<br />

schlechter erreicht?<br />

Beobachtung:<br />

• Kamera war nicht optimal ausgerichtet und zu weit von<br />

der Struktur entfernt. Wenige Einzelheiten zu erkennen.<br />

• Im <strong>Juni</strong> und Juli 2006 wurden einzelne Seesterne auf der<br />

Struktur beobachtet. Beobachtung wird fortgesetzt.<br />

Sonderuntersuchung: Lichtkamera<br />

Gebiet: D<br />

Einsatz: 2006<br />

Frage: Nachtaufnahmen?<br />

Beobachtung:<br />

• Anlockung adulter Dorsche<br />

• Dorsche fressen Organismen die ganze Nacht im Lichtkegel<br />

der Lichtkamera<br />

• Lerneffekt erkennbar; vor der Lichteinschaltung erschienen<br />

schon die ersten Dorsche und warteten auf die Anlockung<br />

von Nahrungsorganismen durch Licht<br />

Sonderuntersuchung: Infrarotaufnahmen<br />

Gebiet: F<br />

Einsatz: 2006<br />

Frage: Sind Fische im Infrarotlicht zu erkennen?<br />

Beobachtung:<br />

• Fische sichtbar<br />

• Vorteil gegenüber Lichtaufnahmen: Beobachtung von Organismen<br />

in ihrem natürlichen Verhalten; keine Anlokung<br />

Sonderuntersuchung: Köder-Ausbringung<br />

Gebiet: C<br />

Einsatz: 2006<br />

Frage: welche Köder?<br />

Beobachtung:<br />

• Köderware wurde sofort von Fischen und Strandkrabben<br />

angenommen<br />

• Ausbringung von Köderware: Hervorlockung von sonst<br />

videooptisch nicht feststellbaren Arten<br />

• Versuchsanordnungen mit Köderware und einer definierten<br />

videooptisch erfassten Bezugsfläche können für Abundanzschätzungen<br />

eingesetzt werden


Zusammenfassung<br />

Fischfanggeräte:<br />

Gebiet: B, C, D<br />

Einsatz: 2004, 2005, 2006<br />

Fischfallen:<br />

Beobachtung:<br />

• Dorsche in den Fallen<br />

• Fische an den Fallen<br />

• keine Fischeinläufe bei Tageslicht beobachtet<br />

Aalkorb:<br />

Gebiet: D<br />

Beobachtung: 2006<br />

Ergebnisse.<br />

• Dorsch bewegt sich in der Dämmerung in den Aalkorb<br />

hinein<br />

Eine umfangreiche Videodatensammlung wurde während der Projektzeit angelegt, wobei die<br />

Aufzeichnung von 8.300 Video-Stunden 1.037 Arbeitstagen zu je 8 Stunden entspricht. Das ist<br />

eine Datenmenge, die noch nicht komplett intensiv ausgewertet werden konnte.<br />

Eine Optimierung der Datenauswertung mit Hilfe von Bilderkennungssoftware ist für weitere<br />

Arbeiten am Videomaterial erstrebenswert.<br />

Eindrucksvolle, durch Taucher ungestörte Aufnahmen von Fischen und Organismen konnten<br />

getätigt werden.<br />

Eine Video-DVD mit interessanten Videoclips aus dem Videofundus wurde erstellt.<br />

Von den, mithilfe der eingesetzten Fanggeräte, gefangenen 34 Fischarten im Riffgebiet konnten<br />

15 Fischarten durch die UW-Kameras beobachtet werden, wobei 3 Arten (Dorsch,<br />

Schwimmgrundel und Klippenbarsch) im Sichtbereich der UW-Kameraoptik absolut dominierten.<br />

Videoaufnahmen zeigen, dass Kleinfische (vor allem Schwimmgrundel) einen beträchtlichen<br />

Anteil der Fischbiomasse im Riffgebiet ausmachen.<br />

Die Individuenzahlen auftretender Fischschwärme im Riffgebiet konnten ermittelt werden.<br />

Es gibt Hinweise, dass der Dorsch das Riffgebiet nicht nur auf seinen Weidewanderungen<br />

durchquert, sondern dass die Dorsche das Riffgebiet als Nahrungs- und Aufenthaltszone angenommen<br />

haben.<br />

Erste Ergebnisse aus dem Einsatz einer Lichtkamera zeigen deutliche Konzentrationseffekte<br />

bei Zooplanktonorganismen. Damit besteht offensichtlich die Möglichkeit, mithilfe dieser Technik<br />

die Nahrungsverfügbarkeit insbesondere für juvenile Dorschstadien, aber auch für andere<br />

Fischarten zu verbessern.<br />

Weitere und vertiefende Aussagen anhand der vorliegenden Videoaufnahmen zur Wertigkeit<br />

der Strukturen in Hinblick auf Habitat, Fischvorkommen und Schutzfunktion lassen sich erst<br />

nach der gesamten Sichtung des sehr umfangreichen Videomaterials vornehmen.<br />

111


Grundsätzliche Aussagen zur potentiellen Nutzung künstlicher<br />

Riffe in Küstengewässern und Binnengewässern Mecklenburg-Vorpommerns<br />

Jörg Hiller<br />

Einführung<br />

Im Rahmen des Riffprojekts Mecklenburg-Vorpommern bearbeitet die LMS Landwirtschaftsberatung<br />

GmbH den Teil ökonomische Untersuchungen zur Riffnutzung. Vereinbarungsgemäß<br />

soll dabei der Beangelung und dem Tauchsport Priorität eingeräumt werden. In den Vorjahren<br />

wurden dazu umfangreiche Literaturrecherchen angestellt, die ein Bild über weltweite Nutzungsmöglichkeiten<br />

künstlicher Riffe aufzeigen. Ein Schwerpunkt dabei war es, mögliche ökonomische<br />

Betrachtungen für die eigenen Arbeiten auszuwerten. Dabei konnte festgestellt werden,<br />

dass weltweit seit mehreren Jahrzehnten umfangreiche Riffstrukturen errichtet und durch<br />

ökonomische Untersuchung begleitet wurden. Eine direkte Vergleichbarkeit der Verhältnisse in<br />

tropischen oder subtropischen Gewässern ist aus diversen Gründen nicht gegeben.<br />

Deutschland und Mecklenburg-Vorpommern stehen ganz am Anfang einer möglichen Entwicklung<br />

in Bezug auf Erfahrungen mit künstlichen Riffen, die neu eingebracht werden sollen. Dies<br />

gilt jedoch nicht für vergleichbare Strukturen, etwa Wracks oder Steinfelder, die seit den 90er<br />

Jahren des 20. Jahrhunderts auch in der Ostsee verstärkt tauch- und angelsportlich erschlossen<br />

wurden, nachdem in der Fachliteratur und auf Seekarten entsprechende Standorte publiziert<br />

und letztlich für GPS-Geräte verfügbar gemacht wurden, die für Anbieter und Laien erschwinglich<br />

waren. Mit dem Riff Nienhagen steht nunmehr seit mehreren Jahren ein äußerst<br />

wichtiges Pilotprojekt für entsprechende Untersuchungen in größerem Maßstab zur Verfügung.<br />

Räumlich unterliegt das Gebiet, zu dem Aussagen in Bezug auf künstliche Riffe in Mecklenburg-Vorpommern<br />

getroffen werden, folgenden Abgrenzungen: Es werden nur Küstengewässer<br />

ohne Haffe, Flussmündungen und Bodden betrachtet. Alle hiermit ausgegrenzten Küstengewässer,<br />

aber auch alle Binnengewässer sind nicht erfasst oder untersucht worden und können<br />

demzufolge an dieser Stelle nicht betrachtet werden. Es wäre jedoch anzuregen, dass entsprechend<br />

der Erfahrungen in Amerika auch Riffe unter ausgewählten Bedingungen und Standorten<br />

in Binnengewässern getestet werden sollten (HUSAK et al, 1999).<br />

Ergebnisse der Recherchen aus den Zwischenberichten<br />

Ergebnisse der Literaturrecherche<br />

Bei der Sammlung von Daten aus der Fachliteratur mit ökonomischem Hintergrund in Bezug auf<br />

die Nutzung künstlicher Riffe wurde zunächst versucht, regional vergleichbare Unterlagen aus<br />

dem Ostseeraum zu erhalten. Von folgenden Staaten sind bereits Aktivitäten hinsichtlich künstlicher<br />

Riffe bekannt: Polen, Finnland (v. a. Muschelthematik), Deutschland (Schleswig-Holstein,<br />

Hamburg). Nach bisherigem Kenntnisstand existieren aus dem Ostseeraum keine Arbeiten mit<br />

ökonomischem Hintergrund zum Thema „künstliche Riffe“.<br />

Weltweit finden sich gleichzeitig sehr ausführliche und umfangreiche ökonomische Studien zur<br />

Nutzung künstlicher Riffe überwiegend in den USA und Hongkong. Eine Vergleichbarkeit mit<br />

hiesigen Verhältnissen ist aus verschiedenen Gründen zumindest direkt nicht möglich. Weder in<br />

der ökonomischen Leistungsfähigkeit, in der Mentalität der Nutzer, in der vorhandenen örtlichen<br />

Infrastruktur, in der Freizeitnachfrage noch in der Anziehungskraft tropischer und subtropischer<br />

mariner Biotope kann sich der Ostseeraum mit den Untersuchungsgebieten großer amerikanischer<br />

Studien messen.<br />

Die Bedeutung dieser Untersuchungen für das Riffprojekt in Mecklenburg-Vorpommern sollte<br />

dennoch nicht unterschätzt werden. Besonders wichtig sind Aussagen zur Methodik, die entsprechend<br />

modifiziert sehr wohl auch in Mecklenburg-Vorpommern verwendet werden können.<br />

Gleichzeitig wird der Erfolg künstlicher Riffprojekte für eine ganze Region anschaulich darge-<br />

112


stellt, sofern derartige Projekte professionell und standortgeeignet geplant und durchgeführt<br />

wurden.<br />

Für die ökonomische Wirksamkeit künstlicher Riffe spielt eine Reihe von wichtigen Fragen eine<br />

Rolle. Dabei geht es nicht nur um Nachfrage- und Angebotssachverhalte. Vielmehr entscheidet<br />

bereits die Qualität und Quantität der Rifferrichtung über die künftige ökonomische Effizienz.<br />

Daher muss auch eine ökonomisch angelegte Recherche diese Faktoren einbeziehen. PICKE-<br />

RING & WHITMARSH (1996) fassen dazu wesentlichen Parameter für ein funktionierendes Riff<br />

zusammen. Gleichfalls muss betont werden, dass die zukünftige Nutzung letztlich die Riffgestaltung<br />

widerspiegeln muss, d. h. die künftige Funktion kann nur über die konstruktiven Parameter<br />

definiert werden. Dabei ist zu beachten, dass ein erheblicher Anteil von Riffen weltweit schon<br />

aus „Reefballs“, Betonstrukturen, Rohren o. ä. Kompartimenten bestehen. Versenkte Schiffswracks<br />

spielen zwar auch eine gewisse Rolle, sind jedoch deutlich auf dem Rückzug.<br />

Von großem Interesse sind die Methoden, die von verschiedenen Autorengruppen verwendet<br />

wurden, um den ökonomischen Effekt künstlicher Riffe zu ermitteln. Insbesondere der Tauchsport,<br />

das Freizeitfischen und das Glasbodenbootssightseeing, aber auch die kommerzielle<br />

Fischereinutzung wurden dabei erfasst. Bei den meisten Untersuchungen werden die reine<br />

Ausgabenmethode, die Reisekostenmethode oder die Zahlungsbereitschaftsmethode in mehreren<br />

Modifikationen verwenden. Im Mittelpunkt scheinen international Ausgabenmethode und<br />

Reisekostenmethode zu stehen. Arbeiten entsprechenden Inhalts dazu finden sich insbesondere<br />

über die Gebiete Nordwest Florida, Südost Florida, Texas/Louisiana und Ohio (Süßwasser).<br />

Zum besseren Verständnis seien die beiden wichtigsten Methoden kurz erläutert:<br />

• reine Ausgabenmethode: Ermittlung der realen Aufwendungen zur Erlangung des „Freizeitvergnügens“<br />

(Anreise, Verpflegung, Boot, Flaschenfüllung, Ausleihe Ausrüstung …)<br />

• Reisekostenmethode: Ziel - Ableitung einer Nachfragefunktion, d. h. Preis-Mengen-<br />

Beziehung, wobei das grundlegende Modell die Besuchsanzahl (Menge) nur als abhängig<br />

von den Reisekosten (Geldausgaben für An- und Abreise, Dauer des Aufenthalts usw.)<br />

ansieht. Im zweiten Schritt werden hypothetische „Eintrittspreise“ bzw. Zusatzkosten für<br />

Besucher eingeführt, wobei unterstellt wird, dass diese sich wie eine Änderung der Reisekosten<br />

auswirken. D. h., steigende „Eintrittspreise“ führen zu einer sinkenden Nachfrage.<br />

Die so konstruierte Nachfragekurve bildet die maximale Zahlungsbereitschaft der Besucher<br />

in Abhängigkeit von der Besuchszahl ab. Der Gesamtnutzen der zu untersuchenden<br />

Betätigung/Einrichtung ergibt sich als Integral unter der Nachfragefunktion in den Grenzen<br />

des „Eintrittspreises“ von Null und des „Eintrittspreises“, bei dem die Gesamtzahl der Besuche<br />

auf Null geht.<br />

Für Untersuchungen in Hongkong wurde eine andere Methodik gewählt. Mittels vorhandener<br />

Ergebnisse an Pilotprojekten wurden die Auswirkungen auf Fauna und Flora in verschiedenen<br />

Szenarien modelliert und berechnet. Anhand der Auswirkungen konnte auf die Veränderungen<br />

der Nutzungsmöglichkeiten und damit der ökonomischen Daten geschlussfolgert werden. Die<br />

Studie aus Hongkong bietet daher einen guten Ansatz, um aus kleineren Pilotprojekten Auswirkungen<br />

abzuleiten, die bei ausgedehnten Riffkonstruktionen zu erwarten sind.<br />

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die weltweit verfügbaren Untersuchungen zum<br />

ökonomischen Nutzen künstlicher Riffe ergaben, dass erhebliche volkswirtschaftliche Effekte<br />

vor Ort möglich sind. Die Rifferrichtung bedeutete meist einen wichtigen Impuls oder einen Gewinn<br />

für vorhandene Bereiche, insbesondere der Tourismuswirtschaft. Bei allen relevanten Projekten<br />

wurde die Finanzierung der Rifferrichtung vorwiegend als Mischfinanzierung unter hoher<br />

Beteiligung des Staates bis hinunter zur kommunalen Ebene vorgenommen.<br />

Allgemeine Nutzungsmöglichkeiten und Nutzen von künstlichen Riffen<br />

Aus der vorliegenden Literatur ergeben sich folgende Nutzungsoptionen, die nachfolgend in<br />

grob beschriebene Gruppen eingeteilt dargestellt werden:<br />

• Höhere Biodiversität der Fauna und Flora bei entsprechender Biotopeignung, ggf. dezidiert<br />

Schutz gefährdeter Arten<br />

• Bessere Bedingungen für die Berufsfischerei (bessere Fänge bestimmter Arten)<br />

113


114<br />

• Ökologische Lenkungsfunktionen für Nutzergruppen (vergleichbar etwa mit<br />

Forellenangelteichen)<br />

• Möglichkeiten für verbesserte Umweltbildung am realen Beispiel<br />

• Bessere Bedingungen für die Freizeitfischerei (geführtes und privates Fischen)<br />

• Neue Möglichkeiten für Tauchsport (geführtes und privates Tauchen)<br />

• Sightseeing per Glasbodenboot oder Ausflugs-U-Boot, selten per Aquatunnel, Taucherglocke<br />

• Gewinnung von biotischen Materialien in großer Menge (Formen der Aquakultur)<br />

• Gewinnung von biotischen Materialien in kleinen Mengen (auch als Formen der Aquakultur,<br />

meist für hochpreisige High-Tech-Stoffe)<br />

• Küstenschutz, Strömungsregulierung, Schutz vor Sedimentabtrag<br />

• Reinigungsfunktion z. B. in Flussmündungen durch Filtrationswirkung der Riffbewohner<br />

Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollzähligkeit.<br />

In den folgenden drei Kapiteln soll bezüglich Mecklenburg-Vorpommern v. a. auf folgende<br />

Schwerpunkte eingegangen werden, die besonders intensiv untersucht wurden:<br />

• Analyse der potentiellen Anglernutzung künstlicher Riffe in Mecklenburg-Vorpommern<br />

• Analyse der potentiellen Tauchernutzung künstlicher Riffe in Mecklenburg-Vorpommern<br />

• Analyse der Herstellungskosten für künstliche Riffe (Kalkulationsschema anhand des<br />

Riffs Nienhagen)<br />

Analyse der potentiellen Anglernutzung künstlicher Riffe in Mecklenburg-Vorpommern<br />

Durch den Bearbeiter war eine genaue Marktanalyse der Interessenten für Kutterangeln gegen<br />

Bezahlung speziell am Riff aus sachlichen Gründen nicht möglich, da dieses nicht anglerisch<br />

genutzt werden darf. Daher sind Aussagen aus Sicht der Nachfrager, in diesem Fall zukünftiger<br />

potentieller Nutzer möglicher künstlicher Riffe, nur begrenzt möglich. Dennoch liegen allgemeine<br />

Daten aus Sicht der Nachfrager und genauere Erkenntnisse vor allem aus Sicht der Betreiber<br />

von kommerziellen Angelkuttern vor, die durch die Nutzung künstlicher und natürlicher<br />

Strukturen quasi Tendenzen für eine zukünftige Riffnutzung vorweg nehmen.<br />

− Potentielle Nutzer von Riffstrukturen, seien sie natürlich oder künstlich entstanden, sind im<br />

Sinne von Freizeitfischerei in erster Linie kommerzielle Angelkutter. Deutlich nachrangig<br />

treten kleine, private Angelboote oder Leihboote in Erscheinung.<br />

− In Mecklenburg-Vorpommern waren 2005 von den Behörden 43 Kutter mit einer Fahrgastzahl<br />

von 787 Plätzen registriert. Unter Berücksichtigung realer Auslastung werden in<br />

Mecklenburg-Vorpommern jährlich mindestens 55.000 Plätze auf kommerziellen Kuttern<br />

genutzt. Rund 33 % der Kutterangelplätze werden von Anglern aus Mecklenburg-<br />

Vorpommern, 67 % von solchen aus anderen Bundesländern genutzt. Vorrangig kommen<br />

Gastangler aus Brandenburg/Berlin, allen übrigen neuen Bundesländern und wenigen alten<br />

Bundesländern wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen. Als mittlere Streckenlänge der<br />

An-/Abreise für Angler aus Mecklenburg-Vorpommern wurden rund 180 km, für Angler aus<br />

anderen Bundesländern 590 km gewichtet hochgerechnet.<br />

− Ausgaben beim Kutterangeln je Angeltag und Angler liegen mit 75,94 € mehr als doppelt<br />

so hoch wie bei den von ARLINGHAUS (2004) im Mittel gemessenen Ausgaben aller Anglergruppen.<br />

Ursache: Fahrmehrkosten und Tagesangelkarte Küste.<br />

− 55.000 Kutterplätze ergeben jährlich rund 4,2 Mio. € an direkten Ausgaben und induzieren<br />

einen volkswirtschaftlichen Effekt von insgesamt 7 Mio. €.<br />

− Die derzeitige Marktlage, unter Betrachtung des aktuellen Marketingmixes, deutet nur auf<br />

geringe Steigerungsmöglichkeiten hin, wenn man die Nachfrage durch Kutterbetreiber beurteilen<br />

lässt, deren Auskunft besonders schwer wiegt. Ohne flankierende Maßnahmen<br />

und verbesserte Rahmenbedingungen ist nicht sicher, ob der Bau künstlicher Riffe zu einer<br />

vermehrten Nachfrage nach Kutterangeln führt. Dem liegt zugrunde, dass derzeit nur<br />

wenige Kutter im Haupterwerb betrieben werden. Meist wird ein Kundenschub an Wochenenden<br />

abgeschöpft. Nur wenige Betreiber mit besonderen subjektiven und objektiven


Bedingungen können Angelkutter im Haupterwerb betreiben. Bei der Zielsetzung einer<br />

unbedingten Erhaltung der Attraktivität der Küstengewässerangelei u. a. mit Kuttern wäre<br />

ein positiver Effekt zu bejahen, insbesondere als Zukunftssicherung. Diese These wird<br />

durch häufige Nachfrage nach Riffstrukturen auf Kuttern untermauert.<br />

− Bei der Analyse, warum derzeit kaum flächendeckend eine erweiterte Nachfrage abzuleiten<br />

ist, wären Ursachen zu hinterfragen. Folgende Bereiche könnten dabei eine Rolle<br />

spielen:<br />

• Geringere Kaufkraft der Bevölkerung, v. a. der unteren Einkommensgruppen.<br />

• Viele Erwerbstätige, mit entsprechend besserer Kaufkraft, werden zunehmend<br />

zeitlich beansprucht.<br />

• Gestiegene Fahrtkosten infolge Ölpreisentwicklung und besonders hoher Kraftstoffbesteuerung<br />

in Deutschland.<br />

• Begrenzte Klientel, d. h. die Interessenten für Kutterangeln sind bereits alle erfasst,<br />

oder andere anglerische Betätigungen werden präferiert, oder Marketingmaßnahmen<br />

fehlen zur Mobilisierung der noch verfügbaren Klientel.<br />

• Die zeitweise schlechte Situation der Dorschbestände für die Beangelung.<br />

• Ungünstige Rahmenbedingungen seitens der Administration (z. B. Gesetzeslage<br />

oder fehlende flankierende Maßnahmen), welche vielfach die Verbesserung der<br />

Freizeitfischerei insgesamt behindern, aber auch Marketingprobleme.<br />

− Es gibt offenbar ein großes Interesse am Forschungsriff vor Nienhagen, künstlichen Riffen<br />

überhaupt und dem Bau von weiteren Riffen seitens der Angler, zumindest wenn man die<br />

kleine Umfragestichprobe analysiert. Dabei wird der Bau künstlicher Riffe überwiegend<br />

positiv gesehen.<br />

− Weiteren Überlegungen gehen dahin, ob sich durch den Bau von Riffen regionale Effekte<br />

erzielen lassen, um die Attraktivität bestimmter Regionen deutlich zu erhöhen. Es<br />

wäre damit möglich, regionale Kutterangelei zu erhalten oder attraktiver zu gestalten. Allerdings<br />

sind die hydrologischen Voraussetzungen dafür sehr unterschiedlich, sodass nur<br />

grobe Aussagen getroffen werden können.<br />

• Dort, wo viele natürliche Riffstrukturen und Wracks bestehen und ein hoher<br />

Konkurrenzdruck der Anbieter besteht, kann nur eine große Anzahl flächenmäßig<br />

größerer Riffe überhaupt Effekte auslösen.<br />

• Bei wenigen Anbietern vor Ort nutzen möglicherweise schon „einzelne Steinhaufen<br />

in Fischkuttergröße oder Haufenansammlungen“ als Nutzermodelle, welche jedoch<br />

schwieriger zu finanzieren wären.<br />

• Strukturell sind zu empfehlen: viele kleine, großoberflächige Strukturen (z. B.<br />

Steinhaufen) in der Fläche gestreut, Größe einer Struktur verglichen mit natürlichen<br />

Vorbilden oder kleineren Wracks mindestens 30 x 30 m.<br />

• Wichtig: nicht auf schon steinige oder anderweitig strukturierte Flächen,<br />

sondern auf Sand bauen, ansonsten ist die erwünschte Konzentrationswirkung<br />

zu gering.<br />

• Empfohlene Wassertiefe > 20, besser > 30 m (Fische im Fang werden größer),<br />

Höhe der Strukturen 2 bis 3 m, höchstens 7 m (kleiner ist kostengünstiger).<br />

Dies entspricht den aktuellen Erfahrungswerten der Betreiber an vorhandenen<br />

Strukturen.<br />

• Egal scheint aus Nutzersicht weitgehend zu sein, ob rein künstliche oder naturnahe<br />

Strukturen (Steinfelder) verbaut werden, wenn o. g. Grundsätze beachtet werden.<br />

− Anhand einer kleineren Stichprobe wurde eine mittlere zusätzliche Zahlungsbereitschaft<br />

von ≈ 4 €/Angler und Tag und ein Maximum von ≈ 5,50 €/Angler und Tag ermittelt (in etwa<br />

Reisekostenmethode, 2. Schritt). Zu erwartende hohen Kosten einer ausreichenden Zahl<br />

neuer Riffe werden damit nicht zu decken sein, selbst wenn sich die Zahl der Kutternutzer<br />

infolge höherer Attraktivität deutlich erhöhen würde. Investitionsmaßnahmen sind daher<br />

auf andere Finanzierungsmodelle angewiesen. Die Angler bevorzugen in nehmender<br />

Rangfolge: öffentliche Hand�Mischvarianten�Mittel der Angler (z. B. Fischereiabgabe)�Kommune�Sponsor<br />

oder Nutzungsgebühr.<br />

115


Analyse der potentiellen Tauchernutzung künstlicher Riffe in Mecklenburg-Vorpommern<br />

Durch den Bearbeiter erfolgte eine genaue Analyse der bisherigen Nutzung des Riffs Nienhagen<br />

auf zwei Wegen. Zum einen erfolgten Befragungen der Taucher. Hierbei handelte es sich<br />

um eine Internetbefragung, an der jedermann teilnehmen konnte und eine schriftliche Befragung<br />

derjenigen, die einen geführten Tauchgang zum künstlichen Riff absolviert hatten.<br />

Parallel dazu wurden Interviews mit 5 von 6 Tauchanbietern vor Ort und im näheren Umfeld<br />

durchgeführt. Das Forschungsriff Nienhagen darf frei genutzt werden, ist aber nicht für jeden<br />

wegen des Uferabstandes sofort erreichbar.<br />

Durch die Nutzung des Riffs an sich und im Vergleich mit anderen Unterwasserstrukturen konnten<br />

aus Sicht der Taucher und Tauchanbieter viele Erkenntnisse gewonnen werden, die zum<br />

einen die weitere Entwicklung des Tauchsports im Land zum anderen auch die potentielle Errichtung<br />

weiterer künstlicher Riffe zur Tauchernutzung sinnvoll begleiten könnten.<br />

Ergebnisse aus Sicht der Taucher:<br />

• Taucher konzentrieren sich vorrangig innerhalb der Altersgruppe 30 bis 50 Jahre.<br />

• Zwischen 50 und 70 % der Umfrageteilnehmer waren aus Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Die hohe Bedeutung einheimischer Sporttaucher wird auch von fast allen Tauchanbietern<br />

hervorgehoben. Wichtige Herkunftsregionen auswärtiger Taucher sind vorrangig<br />

Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und die neuen Bundesländer.<br />

• Geführtes Tauchen ist nicht die bevorzugte Tauchform (2. bzw. 3. Rang). Es überwiegt<br />

das Interesse an individuellem Tauchen.<br />

• 45 bis > 50 % der Befragten hatten noch keine praktischen Erfahrungen mit künstlichen<br />

Riffen.<br />

• Zwischen 68 und 75 % der Umfrageteilnehmer befürworten künstliche Riffe und wünschen<br />

weitere davon in der Ostsee. Allerdings machen 20 bis 25 % deutlich, dass natürliche<br />

Riffe besser als künstliche sind. Hieraus erwächst eine Herausforderung an<br />

ein möglichst naturnahes Riffdesign, das sich auch auf die Schwerpunkte „mehr Arten“<br />

und „mehr Einzelorganismen“ ausrichten sollte.<br />

• Taucher geben durchschnittlich 18,36 € (Internet 17,60 €), höchsten jedoch 21,05 €<br />

(Internet 20,40 €) pro Tauchgang aus (Kosten für Flaschenfüllung, Boot, Führung, ohne<br />

Kost, Logis und Wert der persönlichen Ausrüstung).<br />

• Es besteht eine zusätzliche Zahlungsbereitschaft für die Nutzung künstlicher Riffe von<br />

durchschnittlich 7,14 € je Tauchgang und Person (Internet 10,61 €), maximal jedoch<br />

11,14 € (Internet 15,15 €).<br />

Ergebnisse aus Sicht der Tauchanbieter:<br />

• Es gibt in Deutschland nach Angaben des VDST etwa 300.000 bis 600.000 aktive Gerätetaucher.<br />

Man schätzt die Anzahl der Tauchgänge auf jährlich 35 bis 40 Millionen.<br />

Viel höher liegen die Zahlen der Urlaubsgerätetaucher mit 1,6 Millionen und der Urlaubsschnorchler<br />

mit 3 bis 6 Millionen.<br />

• 5 Tauchanbieter für geführtes Tauchen wurden aus dem Bereich Kühlungsborn bis<br />

Rostock befragt. Die Mitbewerbersituation wird von einigen als angespannt bezeichnet.<br />

3 Unternehmen sind reine Tauchanbieter, bei zweien macht Tauchen < 50 % des<br />

Gesamtumsatzes aus.<br />

• Insgesamt erreicht geführtes Tauchen in den Unternehmen im Schnitt 4-5 %, bestenfalls<br />

15 % des Gesamtumsatzes und ist also Zubrot, meist gekoppelt an Geräteverleih<br />

oder -verkauf.<br />

• Die Ostsee als Tauchrevier ist durch ihre Besonderheiten nicht für jeden Taucher attraktiv.<br />

Bedingt durch geringere Wassertemperatur, ein Mehr an Ausrüstung und körperlichen<br />

Anspruch teilen das Klientel in „Ostseeliebhaber“ und „Ablehner der Ostseetaucherei“.<br />

• Die befragten Unternehmen nutzen entweder größere Charterboote mit >10 Gästen<br />

oder operieren direkt vom Strand aus bzw. von dort mit kleineren Charter- bzw.<br />

116


Schlauchbooten. Dabei spielt bei größeren Charterbooten das Wetter eine wichtige<br />

Rolle. Da diese nur an Wochenenden ausreichend mit Kunden versehen werden können,<br />

stehen 12 bis 14 Wochenenden effektiv zur Verfügung.<br />

• Der in Mecklenburg-Vorpommern oftmals schwierig zu bewerkstelligende, günstige<br />

Strandzugang, die geringe Anzahl Häfen oder Anlieger in Nutzerentfernung und große<br />

Schwierigkeiten mit der Finanzierung und Unterhaltung eigener Boote sind ein wichtiger<br />

Standortnachteil für Mecklenburg-Vorpommern im untersuchten Gebiet.<br />

• Die Tauchsaison in der Ostsee geht Mai bis Oktober. Neben natürlichen Destinationen<br />

wie Mergelböden und Seegraswiesen werden das künstliche Riff Nienhagen, aber in<br />

einigen Fällen auch ostseeweit verteilte Wrackstandorte für geführtes Tauchen genutzt.<br />

Es werden 1 bis 3 Tauchgänge angeboten bei Kurztrips (1 Tauchgang) bis<br />

Ganztagsausflügen. Mindestens ein Unternehmen zieht Wracks dem künstlichen Riff<br />

vor.<br />

• Derzeit werden von den Befragten Tauchanbietern 240 bis 280 Tauchgänge am Riff<br />

Nienhagen mit 635 bis 750 Teilnehmern durchgeführt, folglich überwiegend mit kleinen<br />

Gruppen von 2 bis 4 Personen.<br />

• Die bevorzugte Tauchtiefe wurde überwiegend mit 10-15 m angegeben wobei auch<br />

die Bereiche ab 6 und bis 25 m eine Rolle spielen.<br />

• Alle Tauchunternehmen profitieren von einem großen Bestand Stammkunden (50 bis<br />

60 %). Bei vielen spielen Einheimische zu 25 bis fast 100 % eine wichtige Rolle. Angesichts<br />

der gestiegenen Kraftstoffpreise übernachtet etwa die Hälfte der auswärtigen<br />

Gäste.<br />

• Es wird im Abschlussbericht zur Tauchernutzung (HILLER, 2006) eine Reihe von<br />

hemmenden Faktoren aller Ebenen benannt, die als Reserven bei der Entwicklung des<br />

geführten Tauchens einer Lösung harren.<br />

• Eine Sammlung von Problemen (Nachteilen), Lösungsansätzen sowie Kombinationsmöglichkeiten<br />

mit anderen Nutzungen geben wichtige Hinweise zum zukünftigen Riffdesign.<br />

Dabei werden auch Fragen zu potentiellen neuen Standorten angesprochen.<br />

• Alle Tauchanbieter haben ein großes Interesse an künstlichen Riffen. Von diesen kann<br />

eine logistische Beteiligung an weiteren künstlichen Riffen erwartet werden mit der<br />

Einschränkung, dass finanzielle Mittel von den meisten Anbietern nicht zu erwarten<br />

sind. Neben der eingeschränkten Bedeutung des geführten Tauchens für das Tauchunternehmen<br />

steht insbesondere die Bewirtschaftungsweise von künstlichen Riffen infrage.<br />

Da schon heute das Riff Nienhagen häufig privat betaucht wird, sehen die Anbieter<br />

große Schwierigkeiten. Gleichzeitig sind weltweit Preise von 20 bis 25 € für geführtes<br />

Tauchen üblich. Diese Meßlatte muss schon heute für das aufwendigere Ostseetauchen<br />

herangezogen werden und ist auch als Barriere für die Beteiligung der<br />

tauchenden Kundschaft aufzufassen. Insofern ist eine Nutzungsweise zu bevorzugen,<br />

die das Eigentümerbewusstsein heraushebt. In diesem Zusammenhang sollten internatonal<br />

übliche und bewährte Modelle, wie etwa die Riffsteuer im Roten Meer oder<br />

das Modell kroatische Adria untersucht werden.<br />

• Es scheint sehr wahrscheinlich, dass eine Planung und Finanzierung nur im Zusammenwirken<br />

von der öffentlichen Hand aller Ebenen mit Investoren und Nutzern zustande<br />

kommen wird.<br />

Analyse der Herstellungskosten für künstliche Riffe (Kalkulationsschema)<br />

Nach Untersuchungen in 2005 zur Anglernutzung und in 2006 zu Tauchernutzung widmete sich<br />

dieser 3. Bericht kalkulatorischen monetären Fragen der Rifferrichtung.<br />

Ursprünglich war dafür eine komplette Ertrags-Aufwand-Kalkulation geplant gewesen. Die Untersuchung<br />

zur Angler- und Tauchernutzung haben jedoch bezüglich einer Ertragskalkulation<br />

bisher noch unüberbrückbare Probleme aufgezeigt:<br />

• Eine rein private Finanzierung der Anbieter z. B. von Angler- und Tauchernutzung ist<br />

kaum zu erwarten, da verschiedene Gründe die vor Ort agierenden Betreiber davon abhalten.<br />

Zu entsprechenden Details sollten die Berichte zur Angler- und Tauchernutzung<br />

eingesehen werden. Einer dieser Gründe besteht vor allem darin, dass eine exklusive<br />

117


118<br />

Nutzung eines neu zu errichtenden künstlichen Riffs durch den Investor aus rechtlichen<br />

Gründen derzeit noch nicht möglich ist. Daneben spielen wirtschaftliche Erwägungen in<br />

den betreffenden Unternehmen eine wichtige Rolle. So ist nicht zu erwarten, dass die<br />

derzeitige Kundschaft die Kosten einer Rifferrichtung schultern wird (Zahlungsbereitschaft).<br />

Gleichfalls ist nicht an jedem Küstenabschnitt ein gleich großer Effekt durch<br />

künstliche Riffe zu erwarten, da teilweise hohe Nutzerkonkurrenz besteht und andererseits<br />

streckenweise riffartige Strukturen bereits vorhanden sind (vor allem bei Anglernutzung<br />

im Bereich Rügen).<br />

• Finanzierungen über Gebühren oder Abgaben der Nutzer wie in anderen Ländern üblich<br />

können für Mecklenburg-Vorpommern derzeit nicht kalkuliert werden, da die entsprechende<br />

Einzugsbasis fehlt (Rechtsgrundlage).<br />

• Mischfinanzierungen unter Beteiligung der öffentlichen Hand scheinen derzeit am wahrscheinlichsten.<br />

Jedoch auch hier gibt es keine Möglichkeit, belastbare Aussagen zu erlangen.<br />

So wären auch entsprechende Förderprogramme zur Rifferrichtung möglich, die<br />

es aber derzeit nicht gibt.<br />

Die derzeitigen Probleme mit der Ertragskalkulation verhindern jedoch eine Kalkulation nicht<br />

generell, zumal der Aufwand zur Rifferrichtung vergleichsweise schwerer zu kalkulieren ist und<br />

letztlich eine solche Kalkulation den Rahmen für eine Kostendeckung auf diesem Wege liefert.<br />

Eine Aufwandskalkulation zur Errichtung eines künstlichen Riffes sollte so realistisch wie möglich<br />

gehalten sein. Am besten ist die Orientierung an einem bereits realisierten Projekt. Als solches<br />

konnte das Forschungsriff Nienhagen genutzt werden. Ein Problem dabei war sicherlich<br />

der Umstand, dass es sich um ein Forschungsriff handelt.<br />

Die Kalkulation für eine Rifferrichtung muss grundsätzlich in den investiven Teil und den Teil<br />

laufender Aufwand aufgeteilt werden. Der investive Teil fällt einmalig an. Der laufende Aufwand<br />

ergibt sich bei Anforderung oder in regelmäßigen zeitlichen Abfolgen. Gleichzeitig lassen sich<br />

die investiven Aufwendungen wie folgt einteilen:<br />

− Aufwendungen zur Planung und Investitionsvorbereitung<br />

− Aufwendungen zur Rifferrichtung<br />

− Aufwendungen für nachgelagerte und optionale Maßnahmen<br />

Die direkten Aufwendungen der Rifferrichtung hängen wesentlich von folgenden Faktoren ab:<br />

• Anzahl, Art und Größe der eingesetzten Elemente<br />

• Struktur des Riffuntergrunds<br />

• Wassertiefe am Ort der Rifferrichtung<br />

• Wetterlage (Jahreszeit beachten)<br />

• Transportkosten der Riffelemente an Land<br />

• Transportkosten der Riffelemente zu Wasser bis zum Einbauort<br />

• Kosten der Einbringung von Riffelementen (von Verklappung bis stückweiser Präzisionseinbau)<br />

Alle diese genanten Faktoren wirken direkt auf folgende Aufwandspositionen:<br />

• Herstellung von Riffelementen<br />

• Transport von Riffelementen<br />

• Einbau von Riffelementen<br />

• Bereitstellung, Unterhaltung und Abbau einer Baustelleneinrichtung auf See<br />

Im Ergebnis wurde eine Excel-Tabelle erstellt. Sie soll Anwendern eine schnelle Überblickskalkulation<br />

liefern, um investive Entscheidungen treffen zu können und orientiert sich an den Daten<br />

des Riffs Nienhagen. Es wurden darauf aufbauend Hinweise zur präzisen eigenen Kalkulation<br />

gegeben.


Bewertung der zukünftigen Nutzungsoptionen für künstliche Riffe<br />

Zukünftige Anglernutzung<br />

Die zukünftige Anglernutzung speziell mit Kutter auf der Ostsee ist für mehrere Jahre im Voraus<br />

schwer abzuschätzen. Die Zahl der Erlaubnisscheine für Küstengewässer hat in Mecklenburg-<br />

Vorpommern ein hohes Niveau erreicht. Dahinter verbirgt sich jedoch auch ein gestiegenes<br />

Interesse am Meerforellenangeln, Heringsangeln, Hornfischangeln und Süßwasserraubfischangeln.<br />

Die Kutternachfrage stagniert derzeit oder ist lediglich leicht ansteigend. Sofern Hemmnisse<br />

verschiedener Ebenen beseitigt werden können und sich vor allem die Dorschbestände wieder<br />

gut entwickeln (das Jahr 2006 war für das Kutterangeln ein Ausnahmejahr mit extrem guten<br />

Fängen von August bis Oktober) bestehen gute Chancen, das bisherige Niveau zu halten und<br />

auszubauen. Gleichzeitig wirken externe Faktoren ein. So führt offenbar die Festlegung Norwegens,<br />

nur noch 15 kg Fisch + 1 Trophäenfisch pro Angler zur Ausfuhr zuzulassen, zu einer Verlagerung<br />

des Interesses auf die Ostseeküste. Auch deutsche Angelreiseanbieter berichten ähnliches.<br />

Für die weitere Beibehaltung und Entwicklung einer attraktiven Angelkutterflotte spielen Riffe<br />

nicht die entscheidende Rolle, sondern die besagten Hemmnisse. Künstliche Riffe sind jedoch<br />

sehr wohl in der Lage, Standorte für Angler attraktiver zu machen, wenn bestimmte Hinweise<br />

beachtet werden und ein gewisser Umfang hinsichtlich Anzahl und Fläche erreicht wird. Insofern<br />

wäre z. B. ein Programm für die Errichtung künstlicher Riffe sehr hilfreich zur Erhaltung des<br />

Kutterangelstandortes Mecklenburg-Vorpommern und der Entwicklung und Verbesserung angeltouristischer<br />

Angebote, und zwar aus strategischer Sicht.<br />

Zukünftige Tauchernutzung<br />

Die bestehenden Probleme und Hemmnisse des Tauchsports wurden im entsprechenden Abschlussbericht<br />

dargestellt. Auch hier steht die Frage künstlicher Riffe nicht im Vordergrund. Anders<br />

als bei der Anglernutzung ist jedoch der Bedarf an künstlichen Riffen sowohl von der Flächenausstattung<br />

wie auch der Anzahl her deutlich geringer. Anders gesagt kann mit einigen<br />

wenigen Riffen an bestimmten Stellen der Ostseeküste ein relativ hoher Effekt für Tauchanbieter<br />

und die Tourismuswirtschaft der betreffenden Region erzielt werden. Tauchernutzung sollte<br />

folglich unbedingt bei der Errichtung künstlicher Riffe berücksichtigt werden.<br />

Zukünftige Nutzung durch die Berufsfischerei<br />

Die ohne Not restriktive Haltung des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Aquakultur hat verhindert,<br />

dass sich dieser Wirtschaftszweig nach 1990 in Küstengewässern entwickeln kann.<br />

Auch mit Errichtung künstlicher Riffe wird es daher mit hoher Sicherheit keinen Entwicklungsimpuls<br />

für derartige Technologien geben. Das betrifft die Aquakultur mit oder ohne aktive Fütterung.<br />

Bei letzterer sind darüber hinaus derzeit noch keine Aquakulturobjekte greifbar. Versuche<br />

der Landesforschungsanstalt (z. B. mit Miesmuscheln) haben bisher für diese Art keine Eignung<br />

ergeben.<br />

Klassische Fischerei, also die kleine Küstenfischerei könnte künstliche Riffe nutzen. Dabei wäre<br />

das fangtechnische Spektrum mit Sicherheit eingeschränkt und würde vor allem auf Langleine,<br />

Aalkorbkette bzw. Kleinreuse, bei Steinen u. U. auch Stellnetz beschränkt bleiben.<br />

Darüber hinaus sind künstliche Riffe für die Berufsfischerei ähnlich der Anglernutzung nur zeitlich<br />

kurz nutzbar. Erholungsphasen für den Fischbestand sind erforderlich.<br />

Die Wirkung künstlicher Riffe auf Fischbestände und damit die Grundlagen der Fischerei wird<br />

im Rahmen des Riffprojekts vom Verein Fisch & Umwelt untersucht. Es liegen noch keine abschließenden<br />

Ergebnisse vor. Die wesentlichen Resultate bisher können als Zitat des Zwischenberichtes<br />

2005 wie folgt wieder gegeben werden:<br />

„Die Riffstrukturen bilden Konzentrationspunkte für den Dorsch und für typische Riffbewohner<br />

wie den Klippenbarsch. Insbesondere das gehäufte Auftreten juveniler Dorsch in den Riffstrukturen<br />

ist ein Zeichen für die Schutzwirkung der Strukturen. Auch ist die Nahrungsverfügbarkeit<br />

und Konzentration in den Riffstrukturen höher als im Vergleichsgebiet. Das Riff stellt ein kleines<br />

marines Schutzgebiet dar und beeinflusst die Bestandszusammensetzung in einem bisher nicht<br />

flächenmäßig definierbaren Areal. Ob das Riff Fischkonzentrationen aus der weiteren Umgebung<br />

anzieht, oder ob tatsächlich eine höhere Biomasse in einem größeren Areal produziert<br />

wird, lässt sich aus unseren Untersuchungen nicht eindeutig nachweisen.“<br />

119


Künstliche Riffe haben nach jetzigem Kenntnisstand für Berufsfischer offenbar zwei wichtige<br />

Funktionen:<br />

• Jungfischhabitat zur Bestandsstützung; Hier wäre eine Kombination mit dem geplanten<br />

Dorschprogramm des Landes Mecklenburg-Vorpommern zweckmäßig.<br />

• Konzentrationspunkt für Fische zum Fang mit schonenden Fanggeräten (schonend im<br />

Sinne einer hohen Produktqualität);<br />

Eine positive Wirkung künstlicher Riffe auf die Verbesserung der Situation der Berufsfischerei<br />

wäre aus diesen beiden Gründen zu erwarten. Einschränken muss man jedoch, dass es sich<br />

hier um großflächige und zahlenmäßig viele Vorhaben handeln muss, um einen echten Nutzen<br />

in der Breite zu erzielen. Insofern sind die Aussichten für eine Realisierung verglichen mit<br />

Tauch- und Angelsportanbietern vermutlich geringer einzuschätzen. Letztlich muss die öffentliche<br />

Hand im Wesentlichen mit entscheiden, ob ihr die Verbesserung von Habitaten im Zusammenhang<br />

mit fischereilicher Nutzung einen hohen Einsatz wert ist. Andererseits böten sich<br />

Synergien mit anderen potentiellen Nutzungen für künstliche Riffe an, möglicherweise über den<br />

Küstenschutz.<br />

Zukünftiger Nutzen für Natur- und Landschaftsschutz, einschließlich Nutzerlenkungsfunktion<br />

Aus Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes werden zwei Schwerpunktziele gesehen, die<br />

über künstliche Riffe erreicht werden können:<br />

• Schaffung von Unterwasserhabitaten für aquatische Lebewesen sowie die marine Avifauna,<br />

die besonderer Schutzmaßnahmen bedarf. Welche Arten und welches Riffdesign<br />

erforderlich wären, muss die Forschung weiter erkunden.<br />

• Riffe als „Ablenkung“ bzw. Ersatz für die Nutzung von sensiblen Gebieten – damit<br />

Steigerung der Akzeptanz von Schutzmaßnahmen. Wenn beispielsweise Anglernutzung<br />

in sensiblen Gebieten für ein Problem gehalten wird, so kann einerseits mit Verboten<br />

gearbeitet werden. Besser für alle Beteiligten wäre jedoch ein attraktiver Ersatzstandort.<br />

Hier kämen auch künstliche Riffe ins Spiel.<br />

Da der Naturschutz über erhebliche finanzielle Möglichkeiten verfügt, die aus vielen Quellen<br />

angezapft werden können, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit zur Realisierung von künstlichen<br />

Riffprojekten aus Naturschutzgründen. Einzig ideologische Vorbehalte, künstliche Riffe bei<br />

guter Gestaltung nicht als naturnahes Pendant für natürliche Riffe anzusehen (was diese letztlich<br />

bis hin zum Material sein können) und folglich künstliche Riffe grundweg abzulehnen, könnten<br />

der Realisierung solcher Projekte entgegenstehen<br />

Zukünftige Sightseeingnutzungen<br />

Alle Sightseeingnutzungen in der Ostsee haben mit zwei Problemen zu kämpfen<br />

• der zeitweiligen schlechten Sicht unter Wasser vor allem in den touristisch relevanten<br />

Monaten<br />

• der relativen Arten- und Individuenarmut sowie Gleichförmigkeit der Unterwasserhabitate<br />

an den meisten Standorten, verglichen beispielsweise mit tropischen Regionen<br />

Folglich bestehen insgesamt nur geringe Chancen für Sightseeingnutzungen in Verbindung mit<br />

künstlichen Riffen.<br />

Glasbodenboote oder Sightseeing-U-Boote sind dabei am wenigsten wahrscheinlich, vor allem<br />

wegen der geringen Sichttiefen die z. B. durch Sturm und Wasserblüte entstehen. Darüber hinaus<br />

kann nur wenig Abwechslung geboten werden – ein Unterhaltungseffekt wäre schnell aufgebraucht,<br />

was sich noch schneller herum sprechen würde.<br />

Aquatunnel in Verbindung mit künstlichen Riffen sind denkbar, allerdings auch hier wegen des<br />

hohen Pflegeaufwands des Tunnels und der begrenzten Abwechslung nur in Verbindung mit<br />

anderen Einrichtungen. Denkbar sind Objekte wie Meeresaquarien, gastronomische Einrichtungen,<br />

Erlebnisparks etc. (Beispiel Güstrow).<br />

Eine „Taucherglocke“ oder Tauchgondel wurde 2006 am Standort Zinnowitz in Mecklenburg-<br />

Vorpommern in Betrieb genommen. Das Gerät hat eine Anbindung an die dortige Seebrücke.<br />

Für die Betreiber gilt erst mal Erfahrungen damit zu sammeln. Vor allem. die Akzeptanz der<br />

120


Kunden über mehrere Jahre ist bisher unklar, auch wenn die derzeitige Auslastung in der Saison<br />

2006 hoch zu sein scheint (MOHR, mündl. Mitteilung). Der Betreiber plant, ein künstliches<br />

Riff um den Tauchpunkt der Gondel herum zu errichten, um so einen Anziehungspunkt für seine<br />

Kundschaft zu erhalten. Im Grunde genommen ist die Tauchgondel bisher ein tauchendes<br />

Kleinkino, indem Filme über tropische Tauchreviere gezeigt werden.<br />

Nutzung von Riffen zur Gewinnung von biotischen Materialien in großen und kleinen<br />

Mengen<br />

Bisher gibt es keine Hinweise über geeignete Kulturen von biotischen Materialien, die in großen<br />

Mengen gewonnen werden können (negatives Beispiel: Miesmuschel). Solange dies so bleibt,<br />

muss eine Nutzung künstlicher Riffe zur Gewinnung großer Mengen biotischer Materialien als<br />

unrealistisch angesehen werden.<br />

Eine andere Situation ergibt sich möglicherweise über biotischen Materialien in kleinen Mengen<br />

mit hohen Preisen. Hierbei werden derzeit von einer anderen Arbeitsgruppe Algen untersucht.<br />

Zunächst geht es um eine Substanz, die als Heparinersatz zur Anwendung kommen könnte.<br />

Ergebnisse zur Beurteilung der ökonomischen Relevanz liegen derzeit noch nicht vor. Bei den<br />

biotischen Materialien in kleinen Mengen kann jedoch bei fortschreitendem Wissensstand über<br />

die Nutzbarkeit biochemischer Verbindungen in Ostseeorganismen jederzeit eine Überraschung<br />

möglich sein. Daher ist diese Nutzungsmöglichkeit künstlicher Riffe potentiell sehr wahrscheinlich,<br />

wenn auch möglicherweise erst in Jahrzehnten.<br />

Zukünftige Nutzungen für den Küstenschutz<br />

Der Küstenschutz wäre als eines der häufigsten potentiellen Einsatzgebiete für künstliche Riffe<br />

denkbar. Fasst man Buhnen oder Steinschüttungen als Miniriffe auf, so existieren diese praktisch<br />

schon heute im Uferbereich der Küste. Sofern es technisch günstig wäre, Küstenschutzeinrichtungen<br />

in größeren Wassertiefen zu installieren, um z. B. Stoffabtragungen aufzuhalten<br />

oder umzuleiten, könnten dabei Synergien zu vielen anderen Nutzungen erzielt werden. Hierbei<br />

besteht sicherlich noch erheblicher Forschungsbedarf.<br />

Zukünftige Nutzungen für die biologische Ästuarreinigung<br />

In manchen Regionen der Welt wurden Riffe getestet, um Flussmündungen zu reinigen, etwa<br />

durch Ansiedlung von Muschelbänken auf entsprechendem Substrat.<br />

Diese Nutzungsform hat kaum Potential für eine Realisierung in Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Dagegen sprechen vor allem zwei Gründe. Auf den wenigen größeren Flüssen des Landes wird<br />

intensiv Schifffahrt betrieben. Auch rechtlich gesehen hat diese Vorrang in den betreffenden<br />

Gebieten.<br />

Andererseits dürfte der Bedarf an Reinigungsleistung für die Fließgewässer gering ausfallen.<br />

Durch die nahezu flächendeckende Errichtung von Klärmöglichkeiten für kommunale und gewerbliche<br />

Abwässer ist in vielen Flusssystemen eine recht gute Wasserqualität erzielt worden.<br />

Möglicherweise würde das Reinigungspotential nicht ausreichen, um große Filtriererbestände<br />

ausreichend zu versorgen.<br />

Kombination von Nutzungen künstlicher Riffe<br />

Wie in den vorangegangenen Kapiteln bereits angedeutet, besteht ein wesentliches Potential<br />

für künstliche Riffe an Mecklenburg-Vorpommerns Küste darin, Objekte mit möglichst vielen<br />

gemeinsam möglichen, verschiedenen Nutzungsarten zu etablieren. Eine Reihe von Nutzungen<br />

schließen sich von vornherein aus, sei es aus Sicherheitsgründen, oder aus Gründen unüberbrückbarer<br />

Interessenkonflikte:<br />

• z. B. Algenzucht ≠ Anglernutzung, Angler- ≠ Tauchernutzung, Angler- ≠ Tauchernutzung<br />

≠ Aquakulturnutzung<br />

Andere Nutzungen wiederum können mit oder ohne größere Probleme miteinander an einem<br />

gemeinsamen Riffobjekt durchgeführt werden:<br />

• z. B. Küstenschutz + Taucher + Filter + Natur- und Landschaftsschutz, Aquakultur +<br />

Küstenschutz usw.<br />

121


Da bisher hier nur ein geringer Kenntnisstand vorhanden ist, vor allem aber die verschiedenen<br />

Interessen und Anforderungen der einzelnen Nutzergruppen miteinander verwoben werden<br />

müssen, besteht an dieser Stelle noch erheblicher Forschungsbedarf.<br />

Die aus jetziger Sicht möglichen Nutzungskombinationen sollen in der nachfolgenden Tabelle 1<br />

im Überblick dargestellt werden.<br />

Tabelle 1: Mögliche Nutzerkombinationen und Nutzerkonflikte für künstliche Riffe in<br />

Mecklenburg Vorpommern<br />

122<br />

Angler<br />

Taucher<br />

Aquakultur<br />

Angler - - -/+ ++ -/+ - -/+ ++<br />

Taucher - - -/+ ++ -/+ -/+ ++ ++<br />

Aquakultur - - -/+ ++ -/+ -/+ -/+ ++<br />

Berufsfischerei -/+ -/+ -/+ ++ -/+ - ++ ++<br />

Naturschutz/Lenkung ++ ++ ++ ++ ++ -/+ ++ ++<br />

Sightseeing -/+ -/+ -/+ -/+ ++ -/+ ++ ++<br />

Biol. Materialgewinnung - -/+ -/+ - -/+ -/+ -/+ -/+<br />

Küstenschutz -/+ ++ -/+ ++ ++ ++ -/+ ++<br />

Ästuarreinigung ++ ++ ++ ++ ++ ++ -/+ ++<br />

- derzeit keine Kombinationsmöglichkeiten denkbar<br />

-/+ geringe Kombinationsmöglichkeiten bzw. vom konkreten Fall abhängig, ob keine oder<br />

gute Kombinationsmöglichkeiten<br />

++ potentiell gute Kombinationsmöglichkeiten<br />

Zusammenfassung und Ausblick<br />

In Anbetracht von verschiedenen Riffprojekten weltweit - im Meer, aber auch im Süßwasser -<br />

und den eigenen Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Forschungsriff Nienhagen sollten<br />

Überlegungen dahingehend angestellt werden, weitere künstliche Riffe zu errichten. Hauptproblem<br />

dabei bleiben Finanzierungsfragen, aber auch Rechtsfragen. Gleichzeitig sollten alle<br />

im Detail gemachten Hinweise, insbesondere bei den schon besser erforschten Fragen der<br />

Angler- und Tauchernutzung Beachtung finden, da diese wesentlich den Erfolg künstlicher Riffe<br />

befördern können.<br />

Nicht jede Nutzung lässt sich auf die Nutzergruppen zugeordnet positiv in Euro und Cent ausweisen.<br />

Beim hohen Stellenwert des Tourismus für die Gesamtwirtschaft in Mecklenburg-<br />

Vorpommern geht es dabei auch um strategische Entscheidungen zur Erhaltung von Potentialen<br />

in ihrer Vielfalt, wie etwa die Kutterangelei als wesentliches Element der angeltouristischen<br />

Küstennutzung.<br />

Besonders hohe Erfolgsaussichten für ökonomisch relevante Ergebnisse bei der zukünftigen<br />

Nutzung künstlicher Riffe bestehen bei:<br />

− Anglernutzung<br />

− Tauchernutzung<br />

− Berufsfischereilicher Nutzung (ab einem bestimmten Intensitätsniveau)<br />

− Nutzung für Natur- und Landschaftsschutz<br />

− Nutzung von Riffen zur Gewinnung von biotischen Materialien in kleinen Mengen zu<br />

hohen Preisen<br />

− Nutzungen für den Küstenschutz<br />

Berufsfischerei<br />

Naturschutz/Lenkung<br />

Sightseeing<br />

Biol. Materialgewinnung<br />

Küstenschutz<br />

Ästuarreinigung


Geringe oder schlechtere Aussichten für künstliche Riffnutzungen auf kommerzieller Basis bestehen<br />

dagegen für:<br />

− Sightseeingnutzungen<br />

− Nutzung von Riffen zur Gewinnung von biotischen Materialien in großen Mengen<br />

− Nutzung für die biologische Ästuarreinigung<br />

Gleichzeitig kann eine Kombination von Nutzungen Synergieeffekte hervorbringen.<br />

Auch wenn bereits ein Teil der aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit dem Forschungsriff<br />

Nienhagen geklärt wurde, so besteht dennoch weiterer Forschungsbedarf für eine ganze<br />

Reihe von Fragestellungen. Aus Sicht der Ökonomie, die nicht immer von „naturalen“ Fragen<br />

losgelöst betrachtet werden kann, stehen folgende Fragen im Vordergrund:<br />

− Wie kann man eine Finanzierung künstlicher Riffe erfolgreich planen und durchführen?<br />

− Welche Vorschläge für Gesetzesänderungen sind erforderlich, um alle rechtlichen<br />

Rahmenbedingungen zur Rifferrichtung und Riffnutzung zu optimieren?<br />

− Welche Strukturen (Riffdesign) eignen sich am besten für den jeweiligen Verwendungszweck?<br />

Am Beispiel der Angler könnten z. B. bestehende Wracks oder andere<br />

Strukturen dahingehend untersucht werden, herauszufinden, welche Struktur welchen<br />

Effekt hervorruft (z. B. besonders große Fische oder besonders viele Fische,<br />

oder bei Tauchernutzung besonders viele sehenswerte Arten)<br />

− Welche Flächengrößen, Raumgrößen und Anordnungen im Raum bei künstlichen<br />

Riffen eignen sich am besten für den jeweiligen Verwendungszweck?<br />

− Wie können im Falle von Nutzungskombinationen die verschiedenen Interessen und<br />

Anforderungen der einzelnen Nutzergruppen miteinander verwoben werden?<br />

Literatur<br />

HUSAK, L. J.; KELCH, D. O.; GLENN, S. J. (1999)<br />

The economic value of the Lorain County, Ohio, artificial reef, American Fisheries Society<br />

Symposium, 22:348-362, 1999, 15 pp. (ASFA-Quelle)<br />

PICKERING, H. & WHITMARSH, D. (1996)<br />

Artificial Reefs and Fisheries Exploitation: A Review of the ‘Attraction verses production’<br />

Debate, The Influence of Design and its Significance for Policy. In: Fisheries Research, Vol. 31:<br />

39-59.<br />

ARLINGHAUS, R. (2004)<br />

Angelfischerei in Deutschland – eine soziale und ökonomische Analyse, Herausgeber Leibniz-<br />

Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) im Forschungsverbund Berlin e. V.,<br />

Müggelseedamm 310, 12587 Berlin, ISSN Nr. 1432-508X<br />

© 2004 IGB<br />

HILLER, J. (2006)<br />

Grundsätzliche Aussagen zur potentiellen Nutzung künstlicher Riffe durch Sporttaucher in Küstengewässern<br />

und Binnengewässern Mecklenburg-Vorpommerns, Abschlussbericht Teil 2<br />

(Künstliches Riff – Nienhagen), Neubrandenburg<br />

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