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101 Monologe

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18 Aischylos · Die Perser<br />

In Sicherheit sich bringen vor der Feinde Macht.«<br />

Kaum hörte Xerxes diese Kunde – ahnte er<br />

Doch nicht die List der Griechen und der Götter Neid –‚<br />

Gebot er allen Führern seiner Flottenmacht,<br />

Sobald der Strahl der Sonne von der Erde weicht<br />

Und dunkle Nacht den weiten Himmelsraum bedeckt,<br />

Das Schiffsgeschwader in drei Treffen aufzustell’n,<br />

Zu sperren jede Ausfahrt, jeden Weg zur See;<br />

Doch andre wieder sollten Aias’ Insel rings<br />

Umstellen, und entginge seinem Schicksal dann<br />

Der Feind und fänd’ er heimlich einen Ausweg dort,<br />

So sollten alle büßen ihm mit ihrem Kopf.<br />

In stolzer Zuversicht gebot der König dies,<br />

Nicht ahnend, was die Götter über ihn verhängt.<br />

Die Männer drauf mit treuergebnem Sinn<br />

Bereiteten ihr Nachtmahl, und der Ruderknecht<br />

Band fest sein Ruder an dem starken Riemenpflock.<br />

Als dann der Sonne strahlend Licht erloschen war<br />

Und Nacht es ward, ging eines jeden Ruders Herr<br />

An Bord und jeder, welcher Wehr und Waffen trug. [...]<br />

Der Schiffe Führer ordneten die Nacht hindurch<br />

Der ganzen Flotte Durchfahrt durch den engen Sund.<br />

Vorüber ging die Nacht, doch der Hellenen Heer<br />

Versuchte nirgends im geheimen zu entfliehn.<br />

Als aber drauf des Tages Lichtgespann erschien<br />

Und sonnenhell das Land ringsum beleuchtete,<br />

Da klang von den Hellenen her das Kampfgeschrei,<br />

Laut schallend wie Gesang, und von dem Felsgestad’<br />

Der Insel scholl entgegen ihm der Widerhall.<br />

Und Furcht befiel da die Barbaren Mann für Mann,<br />

Als sie getäuscht sich sahen; denn nicht wie zur Flucht<br />

Stimmt’ an das Griechenheer den feierlichen Sang,<br />

Nein, wie zu Kampf und Sieg aufbrechend, mutbeseelt.<br />

Die Kriegstrompete schmetterte anfeuernd, laut,<br />

Und flugs im Takte schlugen sie alsdann die Flut<br />

Mit ihrer Ruder rauschendem, gleichmäß’gem Schlag.<br />

Da tauchten plötzlich alle auf vor unserm Blick.<br />

Der rechte Flügel, wohlgeordnet, fuhr voraus.<br />

Ihm schloss sich an der ganze Zug, und ringsumher<br />

Erscholl zugleich der Ruf: »Ihr Söhne Griechenlands,<br />

Aischylos · Die Perser<br />

Befreiet euer Vaterland, befreiet Weib<br />

Und Kind, befreit der Heimatgötter heil’gen Sitz,<br />

Der Ahnen Gräber! Jetzt um alles geht der Kampf!«<br />

Nun brauste auch aus unsern Reih’n der persische<br />

Schlachtruf hinüber, nicht zu zögern mehr war Zeit.<br />

Sogleich ward Schiff von Schiff mit ehernem Sporn<br />

gerammt.<br />

Ein Schiff der Griechen war es, das als erstes stieß<br />

Und einem Tyrerschiff den Schmuck des Vorderteils<br />

Herunterriss. Dann fuhr ein Schiff aufs andre los.<br />

Im Anfang hielt der Perserflotte Masse stand.<br />

Doch als der Schiffe Menge in dem engen Sund<br />

Sich drängte, konnte keins dem andern helfen mehr.<br />

Von ihrer eignen Schiffe Schnäbeln wurden sie<br />

Getroffen, brachen alles Ruderwerk sich ab,<br />

Indessen der Hellenen Schiffe wohlbedacht<br />

Im Kreise rings andrängten. Unsre Schiffe schlugen um,<br />

So dass das Meer nicht mehr zu sehen war, bedeckt<br />

Von Trümmern, Schiffsgerät und von Erschlagenen.<br />

Die Leichen türmten sich auf Klippen und am Strand,<br />

Und was an Schiffen übrig war vom Perserheer,<br />

In wilder Flucht und Eile rudert’ es davon.<br />

Die Griechen schlugen auf uns ein und spießten uns<br />

Mit Ruderstücken und mit Schiffsgebälk,<br />

Wie man den Thunfisch oder andre Fische jagt,<br />

Und Wehgeschrei und Jammern scholl hin übers Meer,<br />

Bis dem ein Ende macht’ die Finsternis der Nacht.<br />

Und wenn ich auch das viele Leid der Reihe nach<br />

Dir schildern wollt’ zehn Tage lang, zu Ende käm’<br />

Ich nicht; denn wisse wohl, noch niemals kam zuvor<br />

An einem Tag solch eine Unzahl Menschen um.<br />

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