E-Paper_Campus_2022_01 (1)
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Winter <strong>2022</strong><br />
www.me2be.de<br />
CAMPUS<br />
STUDIUM IN SCHLESWIG-HOLSTEIN UND HAMBURG
HI,<br />
Hey,<br />
HALLO<br />
FEHLT EUCH RÜCKENWIND?<br />
Nach der Lektüre unserer neuen <strong>Campus</strong>-Ausgabe ganz bestimmt<br />
nicht! Diesmal widmen wir uns schwerpunktmäßig dem Thema Wind.<br />
Besonders der jahrelang gebremste Fortschritt der Windenergie nimmt<br />
aufgrund der welt- und umweltpolitischen Probleme gerade eine<br />
rasante Fahrt auf. Alle Zeichen stehen auf Durchstarten. Das gilt für<br />
Studierende, Forschende und Unternehmen gleichermaßen …<br />
Für uns mehr als ein Grund, genauer hinzuschauen, was Politiker,<br />
Lehrbeauftragte und Studenten zum Thema Wind zu sagen haben.<br />
Wir klären, wo, wie und in welchen Bereichen hierzulande<br />
geforscht wird und wie konkrete Projektarbeit zu<br />
Lösungen selbst bis nach Nepal reichen könnte …<br />
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Abi geschafft<br />
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Ausbau, Umbau und Innovation sind die Stichworte im Bereich der<br />
erneuerbaren Energien, die gerade unsere Region als Ideengeber<br />
und sicheren Rohstofflieferanten in den Fokus der Energiewende<br />
rücken. Um diese Aufgabe zu bewältigen, werden dringend Fachkräfte<br />
gebraucht, die professionell und in enger Zusammenarbeit mit allen<br />
Beteiligten die Windkraftforschung beflügeln. Den Hochschulen<br />
unseres Landes kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu.<br />
In diesem Zusammenhang präsentieren wir in dieser<br />
Ausgabe wieder interessante Studiengänge. Außerdem<br />
haben wir natürlich auch unseren Blick über die gesamte<br />
<strong>Campus</strong>landschaft <strong>2022</strong> schweifen lassen und stellen diverse<br />
Studienmöglichkeiten vor, die ebenfalls euer Interesse wecken könnten…<br />
Und last but not least findet ihr in unserem Serviceteil wichtige Tipps<br />
zu Studienwahl, Studiengebühren u.v.m. Darüber hinaus geben wir euch<br />
Anregungen in Form von Film-, Buch-, Podcast- und Veranstaltungstipps.<br />
Mit diesem dicken <strong>Campus</strong>-Paket wünschen wir euch<br />
für die Studienplanung viele positive Impulse und den<br />
nötigen Rückenwind für einen gelungenen Start.<br />
Viel Spaß bei der Lektüre<br />
Eure ME2BEs<br />
3
06<br />
WILLKOMMEN AUF<br />
DEM CAMPUS<br />
34<br />
WELTWIRTSCHAFT IM KRISENMODUS<br />
Wie Pandemie und Konflikte die Handelswege<br />
beeinflussen<br />
61<br />
STUDENTEN-<br />
PORTRÄS<br />
76<br />
UNI ODER JOB? WARUM NICHT<br />
BEIDES!<br />
Trend duales Studium – nie war praxisnahes Studieren<br />
06<br />
STUDIS ON AIR<br />
Warum Studieren im Norden glücklich macht<br />
36<br />
VOLLE KRAFT VORAUS<br />
Wie Wind die Schifffahrt nachhaltiger machen kann<br />
62<br />
NACHHALTIGE GEBÄUDETECHNIK<br />
TH Lübeck<br />
so beliebt!<br />
10<br />
NACHHALTIGE BILANZ MIT WEITBLICK<br />
Minister Jan Philipp Albrecht über die Energiewende in<br />
Schleswig-Holstein<br />
16<br />
16<br />
22<br />
24<br />
26<br />
28<br />
30<br />
TITELTHEMA<br />
WINDENERGIE<br />
STÜRMISCHE ZEITEN<br />
Wie die Windkraft Forschung und Unternehmen in<br />
Schleswig-Holstein beflügelt – und umgekehrt<br />
„DIE WINDKRAFT BRAUCHT<br />
ALLE INGENIEURE“<br />
In Flensburg arbeiten Forscher und Studierende<br />
an der Zukunft der Windenergie<br />
„ES MACHT KEINEN SINN,<br />
ZURÜCK ZU SCHAUEN“<br />
Diskussion um russisches Gas gibt<br />
Erneuerbaren Rückenwind<br />
WINDKRAFT AM MOUNT EVEREST<br />
Studierende entwerfen Windkraftanlage für<br />
Entwicklungsländer<br />
SONNIG – MIT AUSSICHT<br />
AUF STARKREGEN<br />
Wie der Klimawandel Einfluss auf unser<br />
Wetter nimmt<br />
DER REGENMACHER<br />
Mit Windkraftanlagen gegen Dürre<br />
39<br />
42<br />
46<br />
46<br />
48<br />
50<br />
53<br />
56<br />
58<br />
PIONIERE DER ENERGIEWENDE<br />
Forscher der FH Westküste und der HS Flensburg<br />
erproben den Einsatz von grünem Wasserstoff<br />
SPANNENDE ZEITEN!<br />
Die Energiewende bedeutet mehr als der reine Ausbau<br />
erneuerbarer Energien.<br />
LERNEN<br />
STUDIEREN IM NORDEN<br />
AUS DER PRAXIS IN DIE HOCHSCHULE<br />
Vom Meister zum Professor: Christian Blatt will<br />
Studierenden nachhaltig Spaß am Lernen vermitteln<br />
WISSEN, DAS DIE WELT BEWEGT<br />
Wie vermittelt die Wissenschaft ihre Erkenntnisse der<br />
Gesellschaft?<br />
SPEZIALISIERT FÜR DIE KLEINSTEN<br />
Professorin Liane Simon über den Studiengang<br />
Transdisziplinäre Frühförderung an der MSH<br />
VERNETZT FÜRS KINDESWOHL<br />
MSH-Absolventin Lena Frankemöller berichtet über ihre<br />
Arbeit in der Frühförderung<br />
STUDIENGÄNGE IM FOKUS<br />
KLUGE KÖPFE<br />
Wie Lübecker Gebäudetechnikplaner die Klimawende<br />
vorantreiben<br />
63<br />
65<br />
65<br />
69<br />
72<br />
72<br />
74<br />
GREEN BUILDINGS SYSTEMS<br />
FH Westküste<br />
SPANNENDE<br />
PROJEKTE<br />
EINE SCHULE AUF DEM MEER<br />
Auf dem Schulschiff „Thor Heyerdahl“ segeln 33<br />
Jugendliche um die halbe Welt und erleben Abenteuer.<br />
Sie lernen dabei für die Schule – aber vor allem fürs<br />
Leben.<br />
69<br />
ERLEBEN<br />
RAUS AUS DEM CAMPUS!<br />
Angeschaut, Angelesen,<br />
Abgehört, Ausgegangen<br />
STUDI-<br />
HILFE<br />
WAS KOSTET DIE (DUALE) WELT?<br />
Eine Auflistung der wichtigsten Kostenfaktoren,<br />
die zum (dualen) Studienbeginn auf dich<br />
zukommen.<br />
HOW TO ERSTSEMESTER<br />
So gelingt der Studienbeginn<br />
80<br />
DIGI:BO<br />
80 DIGI:BO<br />
Digitale Berufsorientierung im Unterricht und zu Hause<br />
03<br />
44<br />
38<br />
EDITORIAL<br />
AUSBILDUNG ODER STUDIUM<br />
Welcher Typ bist du?<br />
IMPRESSUM<br />
Mehr CAMPUS gibt es auf www.me2be.de<br />
4<br />
5
STUDIS<br />
ON<br />
AIR<br />
Giulia-Luna (24) studiert im 5. Semester Soziale<br />
Arbeit an der MSH Medical School Hamburg<br />
Text Kristina Krijom,<br />
Robert Otto-Moog,<br />
Katharina Grzeca<br />
Fotos Sebastian Weimar,<br />
Apo Genç<br />
„Nach der Schule habe ich zunächst gearbeitet<br />
und mich mit Studiengängen im Bereich Psychologie<br />
auseinandergesetzt. So bin ich auf<br />
die MSH gestoßen und die Infoveranstaltung<br />
hat mich überzeugt. Statt Psychologie studiere<br />
ich nun allerdings Soziale Arbeit, aber<br />
ich habe diese Entscheidung nicht bereut, da<br />
mir bereits während meiner vorherigen Ausbildung<br />
zur Sozialpädagogischen Assistentin<br />
in einer Kita bewusst geworden ist, wie viel<br />
Freude mir die Arbeit bereitet. Mir war von<br />
Anfang an klar, dass ich ein Studium anschließen<br />
möchte, um später ein breiteres Aufgabenfeld<br />
übernehmen zu können. Im Studium<br />
erfahre ich nun, wie man Menschen in einem<br />
professionellen Rahmen unterstützt. In diesem<br />
Zusammenhang lernt man viele unterschiedliche<br />
‚Werkzeuge’ kennen, um mit Kindern,<br />
Jugendlichen und Erwachsenen arbeiten und<br />
deren Potenziale entdecken und entfalten zu<br />
können. An der MSH schätze ich vor allem die<br />
kleinen Gruppen, die persönliche Atmosphäre<br />
im Umgang mit den Dozentinnen und Dozenten.<br />
Das aktuelle Praxissemester verbringe ich<br />
in einer Einrichtung, die Menschen mit einer<br />
psychischen Erkrankung in den Arbeitsmarkt<br />
integriert. Zurzeit bin ich als studentische<br />
Hilfskraft tätig, was mir praktische Einblicke<br />
in die Arbeit ermöglicht. Anschließend möchte<br />
ich den Master absolvieren und vielleicht als<br />
Dozentin an einer Hochschule arbeiten. An der<br />
MSH gibt es keinen NC, stattdessen kommt es<br />
besonders auf die Motivation und das persönliche<br />
Engagement an. Beim Bewerbungsgespräch<br />
sollten Bewerberinnen und Bewerber<br />
sich für das Thema stark interessieren und idealerweise<br />
Praxiserfahrung vorweisen. Ich wünsche<br />
mir, dass Absolventinnen und Absolventen<br />
der Sozialen Arbeit besser vergütet würden<br />
– auch während der Praxisphasen. Überhaupt<br />
sollte der Bereich Soziale Arbeit eine größere<br />
gesellschaftliche Anerkennung erfahren.”<br />
6<br />
7
Theresa (25) studiert im 3. Semester Transdisziplinäre<br />
Frühförderung an der MSH Medical School Hamburg<br />
„Mir war schon immer bewusst, dass ich später<br />
einen sozialen Beruf ausüben und mit<br />
Kindern arbeiten möchte. Ich komme aus<br />
Aachen, habe in Bielefeld meine Ausbildung<br />
zur Kinderkrankenschwester absolviert und<br />
danach in Köln gearbeitet. Da es mich privat<br />
in den Norden zog und ich bereits mit<br />
dem Fachbereich Frühförderung in Berührung<br />
gekommen bin, habe ich mich für das Studium<br />
Transdisziplinäre Frühförderung an der<br />
MSH entschieden.<br />
Im Mittelpunkt des Studiengangs steht das<br />
Kind mit seinen Bedürfnissen. Unser Job ist<br />
es, die Teilhabe von Kindern an der Gesell-<br />
schaft zu ermöglichen, zu verbessern und mitzugestalten.<br />
Der Studiengang ist sehr umfassend,<br />
aber zugleich praxisnah. Viele unserer<br />
Dozentinnen und Dozenten arbeiten oder forschen<br />
in der Frühförderung und haben diese<br />
mit gestaltet. Sie sind für uns Studierende<br />
sehr nahbar und prägen so die Atmosphäre<br />
an der MSH maßgeblich. In den ersten beiden<br />
Semestern wurden uns die Grundlagen in den<br />
Bereichen Medizin und Inklusion vermittelt.<br />
Ab dem dritten Semester lernen wir unter<br />
anderem die rechtlichen Vorschriften kennen,<br />
aber auch wie wir beim Spielen eine lehrreiche<br />
pädagogische Situation gestalten können.<br />
Das fünfte ist ein Praxissemester, das sechste<br />
dient dann dem Verfassen der Bachelorarbeit.<br />
Nach meinem Abschluss spiele ich mit dem<br />
Gedanken, eine Fortbildung im traumapädagogischen<br />
Bereich zu absolvieren. Für das<br />
Studium sollte man wissen, dass sich Eltern<br />
und Kinder, mit denen man später arbeitet,<br />
oft in Extremsituationen befinden. Man sollte<br />
daher einerseits offen sein und dennoch Grenzen<br />
setzen können. Das Studium hat bei mir<br />
auch den Blick für die Potenziale von Kindern<br />
geschärft und dafür, wo es Menschen in unserer<br />
Gesellschaft an Teilhabe fehlt.”<br />
Jannis (23) studiert im 7. Semester<br />
Nachhaltige Gebäudetechnik an der<br />
Technischen Hochschule Lübeck<br />
Jannis steht kurz vor seiner Bachelorarbeit,<br />
sein Thema ist hochaktuell. „Es gibt ja gegenwärtig<br />
einen Umschwung hin zu erneuerbaren<br />
Energien und weg vom Gas“, sagt der 23-Jährige.<br />
„Das kann allerdings komplex sein.“ Im<br />
Studium lernen Jannis und seine Kommilitonen<br />
deshalb unter anderem, Gebäude detailgenau<br />
zu simulieren. „Da können wir sehen,<br />
was passieren wird, wenn einzelne Parameter<br />
verändert werden“, erklärt er. So kann die<br />
perfekte Anlagentechnik für ein spezifisches<br />
Gebäude gefunden werden. Der Studiengang<br />
selbst orientiert sich laut Jannis stark an der<br />
Praxis. Das mache sich auch bei den Lehrenden<br />
bemerkbar. „Wenn jemand aus der Praxis<br />
kommt, kann er eigentlich immer gute Beispiele<br />
nennen, anstatt stumpf irgendwelche<br />
Kalkulationen zu zeigen.“ Seine Entscheidung<br />
für Lübeck fiel anhand der Inhalte des Studiums.<br />
„Mein Vater arbeitet im Bauwesen,<br />
da war das Interesse schon einmal da. Die<br />
Gebäudetechnik fand ich dann einfach am<br />
spannendsten.“<br />
8<br />
9
Nachhaltige Bilanz<br />
mit Weitblick<br />
Minister Jan Philipp Albrecht über die Energiewende in Schleswig-Holstein<br />
Jan Philipp Albrecht, der scheidende Minister für Energiewende, Landwirtschaft,<br />
Umwelt, Natur und Digitalisierung in Schleswig-Holstein ist ganz zufrieden<br />
mit dem, was er in seiner Amtszeit erreicht hat. „Ich denke, dass es eine<br />
ganze Reihe von Dingen gibt, die wir in den letzten vier Jahren hier über<br />
den Berg gebracht haben“, sagte er in einem Gespräch mit ME2BE über<br />
die Fortschritte bei den erneuerbaren Energien, bei Klimaschutz und<br />
-anpassung. Gerade die Erneuerbaren sind im nördlichsten Bundesland zum<br />
wohl wichtigsten Erfolg geworden – wirtschaftlich wie gesellschaftlich.<br />
Albrecht, dessen Ministerium entscheidend<br />
wichtige Themenbereiche für eine gesellschaftliche<br />
und vor allem wirtschaftliche<br />
Transformation umfasst, ist froh, dass in<br />
Schleswig-Holstein die frühere Entkoppelung<br />
zwischen Wirtschaftswachstum und ökologischer<br />
Nachhaltigkeit zunehmend aufgelöst<br />
wird, dass die Wirtschaft von der Einbahnstraße<br />
reiner Wachstumslogik wegkommt und<br />
in Kreisläufen und Zusammenhängen denkt:<br />
„Wir knüpfen wirtschaftliches Wachstum an<br />
ökologische Nachhaltigkeit und tragen so<br />
dazu bei, dass sich neue technologische Entwicklungen<br />
und neue Perspektiven auch wirtschaftlich<br />
dort ergeben, wo die Nachhaltigkeit<br />
wieder zu einem treibenden Faktor wird.<br />
Das erlebe ich hier.“<br />
Gerade jetzt findet weltweit ein enormer Wandel<br />
statt, denn überall auf der Welt ist eigentlich<br />
klar, dass man sehr schnell vollständig<br />
auf erneuerbare Energien umsteigen muss, um<br />
das Erdklima für die Menschheit noch einigermaßen<br />
erträglich zu halten. Aber auch biologische<br />
und geologische Ressourcen fordern<br />
einen sorgsameren Umgang.<br />
Da ist der Norden nach Albrechts Ansicht weit<br />
fortgeschritten: „Viele Instrumente der Kreislaufwirtschaft,<br />
viele Effizienz-Initiativen und<br />
Jan Philipp Albrecht, Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt,<br />
Natur und Digitalisierung in Schleswig-Holstein<br />
Text Hanns-J. Neubert<br />
Fotos Ruprecht Stempell<br />
Illustration Ibou Gueye<br />
11
auch Einsparungen im Energiebereich werden<br />
in Schleswig-Holstein entwickelt, weil man<br />
den Wert von Nachhaltigkeit als einem ökologischen<br />
Faktor mittlerweile auch wirtschaftlich<br />
erfassen kann.“<br />
Diesen Weg müsse man weiter gehen, ist er<br />
überzeugt: „Bis vor kurzem gab es bei vielen<br />
noch Zweifel daran, ob das überhaupt<br />
gelingt. Jetzt ist eigentlich klar, dass wir<br />
keine andere Chance haben, dass wir nur diesen<br />
Weg beschreiten können, um sowohl die<br />
Nachhaltigkeit, die Versorgungssicherheit als<br />
auch die Sicherheitsinteressen unseres Landes<br />
zu erreichen, die wir brauchen.“<br />
Inzwischen produziert Schleswig-Holstein<br />
160 Prozent des eigenen Strombedarfs aus<br />
erneuerbaren Energien. Das Land deckt also<br />
nicht nur seine gesamte Stromnachfrage aus<br />
regenerativen Quellen, sondern es exportiert<br />
auch noch fast 38 Prozent der so erzeugten<br />
Elektrizität in andere Regionen. Das heißt<br />
aber auch, dass Schleswig-Holstein im Wärmebereich,<br />
bei der Mobilität und auch in der<br />
Industrie weiterhin noch auf andere Energiequellen<br />
angewiesen ist, die nicht durch<br />
Erneuerbare ersetzt werden können. „Und da<br />
gilt es jetzt im Bereich der Sektorkopplungen<br />
massiv voranzukommen“, so Albrecht. „Die<br />
erneuerbaren Energien aus dem Strombereich<br />
müssen auch in den Wärme- und Mobilitätsbereich<br />
viel stärker Einzug halten als das bisher<br />
der Fall ist. Das ist ja auch die Richtung,<br />
die die Bundesregierung jetzt einschlägt und<br />
die uns hier in Schleswig-Holstein darin auch<br />
unterstützt.“<br />
„Die erneuerbaren<br />
Energien<br />
aus dem Strombereich<br />
müssen<br />
auch in den<br />
Wärme- und<br />
Mobilitätsbereich<br />
viel stärker<br />
Einzug halten<br />
als das bisher<br />
der Fall ist.“<br />
Unter der Sektorkopplung versteht man die<br />
Vernetzung der Sektoren Elektrizität, Wärmeversorgung,<br />
Verkehr und Industrie, die traditionell<br />
weitgehend unabhängig voneinander<br />
geplant wurden. Heute werden sie alle zusammen<br />
als ein einziges Gesamtsystem angesehen.<br />
Daraus ergeben sich insgesamt weitaus<br />
günstigere klimaschützende Komplettlösungen.<br />
So ist erneuerbarer Strom die Grundlage dafür,<br />
die Wirtschaft zu dekarbonisieren, also kohlenstofffrei<br />
zu bekommen. Mit Techniken,<br />
wie Wärmepumpen, Anlagen für Kraft-Wärme-Kopplung<br />
oder auch Elektroautos lässt<br />
sich der Energieverbrauch noch weiter senken.<br />
Große Energiespeicher außerhalb des<br />
Stromsektors, wie Speicher für Wärme oder<br />
Wasserstoff, können dazu dienen, Schwankungen<br />
der Energieausbeute bei Solar- und<br />
Windkraftanlagen besser der Nachfrage anzupassen,<br />
ohne in teure Batterien investieren<br />
zu müssen. Durch die umfassende Vernetzung<br />
aller Energiesektoren steigt gleichzeitig auch<br />
die Energiesicherheit.<br />
Die größten Nutznießer des Überschussstroms<br />
aus Schleswig-Holstein sind derzeit Dänemark<br />
und Norwegen. Zwischen den schleswig-holsteinischen<br />
Windkraft- und Photovoltaikanlagen<br />
und den norwegischen Wasserkraftwerken<br />
findet beispielsweise ein intensiver Energieaustausch<br />
statt. „Wir würden natürlich sehr<br />
gerne erneuerbaren Strom auch nach Süden<br />
abtransportieren“, so der Energieminister.<br />
„Nur braucht es dafür die Bereitschaft, im<br />
Süden auch Leitungen so zu bauen, wie wir es<br />
hier in Schleswig-Holstein getan haben. Ich<br />
hoffe sehr, dass da jetzt ein Umdenken stattfindet,<br />
und dass die Leitungen sehr schnell<br />
weitergebaut werden.“<br />
Windkraftanlagen sind in Schleswig-Holstein<br />
allgegenwärtig. Sie prägen das Land und sind<br />
wie die Rapsfelder im Frühjahr schon beinahe<br />
Teil seines Charakters. Zwei Prozent der Landesfläche<br />
sind für sie bisher ausgewiesen.<br />
„Meines Erachtens müssen wir uns aber auch<br />
darauf gefasst machen, dass wir noch mehr<br />
Fläche ausweisen müssen. Das werden wir<br />
auch können“, ist der Minister überzeugt.<br />
„Das heißt nicht, dass wir alles zupflastern.<br />
Aber ich glaube, wenn man darüber diskutiert,<br />
auch drei Prozent auszuweisen, dann<br />
ist das nicht unmöglich, sondern ein Beitrag<br />
dazu, tatsächlich die Versorgung mit erneuerbaren<br />
Energien so darzustellen, die wir in den<br />
kommenden Jahren brauchen.“<br />
Dafür nimmt er in Kauf, dass sich der Blick ein<br />
bisschen wandelt, dass man Windkraftanlagen<br />
einfach als gegeben hinnehmen muss, wenn<br />
man will, dass auch weiterhin die Energie zur<br />
Verfügung steht, die Menschen und Unternehmen<br />
im Alltag verbrauchen.<br />
Was die Bürger Schleswig-Holsteins besonders<br />
auszeichnet, ist die große Akzeptanz, die sie<br />
dem Ausbau der regenerativen Energie entgegen<br />
bringen, vor allem der Wind energie. Denn<br />
die Bürger sind gut eingebunden in das große<br />
Projekt der Energiewende, wobei die Regierung<br />
ihr Engagement ja auch fördert. „Das<br />
erfolgt vor allen Dingen durch Bürgerenergie-Projekte,<br />
die hier im Land sehr üblich<br />
sind“, erklärt Albrecht. „Die fördern wir vor<br />
Ort durch einen Fond, der gerade kleine Projekte<br />
besonders unterstützt.“<br />
Für diesen Zweck hat das Land das Sondervermögen<br />
Bürgerenergie.SH bereitgestellt.<br />
Daraus können vorbereitende Maßnahmen<br />
von Projektgruppen mit bis zu 200.000 Euro<br />
gefördert werden. Dazu zählen die Kosten für<br />
Machbarkeitsstudien, Wirtschaftlichkeitsberechnungen,<br />
Umweltverträglichkeitsprüfung,<br />
aber auch Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit,<br />
um noch mehr Bürger zu beteiligen.<br />
Ist so ein Gesamtprojekt umgesetzt, muss<br />
die Zuwendung zurückgezahlt werden – es sei<br />
denn, es hat sich nicht realisieren lassen.<br />
„Wir fördern besonders die Möglichkeiten, die<br />
Energie direkt zu nutzen, etwa im Bereich der<br />
Mobilität oder im Bereich der mittelständischen<br />
Wirtschaft, die sich hier auch um die<br />
Windparks an der Westküste herum etabliert<br />
hat. Die bieten Wachstumsmöglichkeiten im<br />
ländlichen Raum, die sich ansonsten gar nicht<br />
ergeben hätten.“<br />
Unterstützung für den Ausbau kommt auch<br />
von der Windenergieforschung. So betreibt<br />
die Hochschule Flensburg das Wind Energy<br />
Technology Institute, wie es sich international<br />
nennt. Es wurde 2<strong>01</strong>0 als Stiftungsinstitut<br />
gegründet und hat seinen Schwerpunkt in der<br />
Entwicklung von Steuerungen für Windräder,<br />
in der Integration von Komponenten und bei<br />
den Turmkonzepten an der Spitze der Masten.<br />
Da sich an der Finanzierung des Instituts auch<br />
eine Gruppe von Unternehmen aus der Windbranche<br />
beteiligt, arbeiten die Forscher sehr<br />
anwendungsbezogen an konkreten Projekten.<br />
Ein Beispiel sind die hocheffizienten Rotorblätter,<br />
die am Institut entwickelt wurden,<br />
wie Albrecht erklärt. Sie erlauben es, auch<br />
in windschwächeren Standorten die höchste<br />
Ausbeute zu erreichen. Aber es gibt auch<br />
noch andere, sehr spezifische Fragen an die<br />
Elektrotechnik. Etwa bei der so genannten<br />
Blindleistung, die nötig ist, um das öffentliche<br />
Wechselstromnetz stabil zu halten, wenn<br />
Strom aus regenerativen Erzeugungsanlagen<br />
eingespeist wird. Auch die Frage, wie die<br />
Grundlastversorgung mit intelligenten Netzen<br />
wirklich sichergestellt werden kann, ist noch<br />
nicht vollständig geklärt. „Und natürlich geht<br />
es auch um die Nachhaltigkeit beim Bau von<br />
Windkraftanlagen“, ist Albrecht klar. „All das<br />
sind Punkte, bei denen wir noch besser werden<br />
können, als wir das in der Vergangenheit<br />
waren.“<br />
Doch Strom ist nicht alles. Albrecht ist überzeugt,<br />
dass in Zukunft alle nur möglichen<br />
Energieformen gebraucht werden. Dazu zählt<br />
vor allem auch der Wasserstoff. Seine Herstellung<br />
und Nutzung ist zwar energetisch<br />
äußerst ineffektiv, weil sie sehr viel Strom<br />
verbrauchen. Aber in vielen Bereichen ist<br />
eine Dekarbonisierung kaum anders möglich.<br />
So muss es für viele Zwecke flüssige Treibstoffe<br />
auf der Basis von Wasserstoff geben,<br />
beispielsweise Ammoniak als Treibstoff für<br />
Schiffe. „Das heißt unterm Strich, dass wir<br />
einfach erneuerbare Energien ausbauen müssen,<br />
und dass wir, je mehr wir auf Wasserstoff<br />
setzen, auch mehr Erneuerbare brauchen“, so<br />
Albrecht. Deshalb unterstützte die Landesregierung<br />
jetzt auch die Windpark Kremsdorf<br />
GmbH in Ostholstein mit 4,3 Millionen Euro<br />
bei der Anschaffung einer Elektrolyseanlage<br />
zur Herstellung von grünem Wasserstoff aus<br />
Windenergie.<br />
Auch Erdwärme könnte das nördlichste Bundesland<br />
umfangreicher nutzen. Denn in zwei<br />
Kilometern Tiefe hat das Wasser im porösen<br />
Gestein 70 Grad und wäre damit geradezu<br />
ideal für Gebäudeheizungen. Wie man Wärme<br />
aus der Tiefe nutzen könnte, darum kümmert<br />
12<br />
13
WINDENERGIE<br />
CAMPUS STUDIUM COMPANIES PORTRAITS<br />
Wie die Windkraft Forschung und<br />
Unternehmen in Schleswig-Holstein<br />
beflügelt – und umgekehrt .... Seite 16<br />
In Flensburg arbeiten Forscher und<br />
Studierende an der Zukunft der<br />
Windenergie .... Seite 22<br />
Diskussion um russisches Gas gibt<br />
Erneuerbaren Rückenwind .... Seite 24<br />
sich das Kompetenzzentrum Geo-Energie an<br />
der Universität Kiel, das mit zahlreichen Forschungseinrichtungen<br />
und Unternehmen vor<br />
allem in Schleswig-Holstein und im dänischen<br />
Jütland zusammen arbeitet. Für Albrecht hat<br />
die Geothermie aber keine große Priorität.<br />
„Wir haben im kommunalen Bereich Akteure,<br />
die sich dort vernetzen und ihre Kenntnisse<br />
über den möglichen Einsatz von Geothermie<br />
austauschen“, sagt er. „Wir fördern das auch<br />
als Land, weil wir das natürlich als eine Möglichkeit<br />
sehen, dort ebenfalls voranzukommen.<br />
Aber es ist nur ein Baustein von vielen.<br />
Geothermie wird sicherlich nicht den Beitrag<br />
leisten, den beispielsweise Windenergie und<br />
Photovoltaik bei der Energiewende leisten<br />
können. Das ist ein ganz anderes Niveau.“<br />
Eine sichere Energieversorgung bietet aber<br />
noch keine Sicherheit vor den Auswirkungen<br />
des Klimawandels und des Artenschwunds.<br />
Gerade im Land zwischen den Meeren gehört<br />
zur Sicherheit der Menschen die Anpassung<br />
an die Unbilden der Zukunft. Auch die gehört<br />
in Albrechts Ressort als Umwelt-, Natur- und<br />
Landwirtschaftsminister. „Was den Küstenschutz<br />
angeht, da haben wir aus der Vergangenheit<br />
gelernt“, gibt er zu. „Heute haben wir<br />
einen Küstenschutz, der weit in die Zukunft<br />
denkt, immer mit der Perspektive 2100, mitunter<br />
sogar bis 2150.“<br />
Auf Grund der aktuellsten Daten des Weltklimarates<br />
IPCC wurden an der gesamten Westküste<br />
Klimadeiche gebaut. Klimadeiche sind<br />
„Heute haben<br />
wir einen<br />
Küstenschutz,<br />
der weit in die<br />
Zukunft denkt,<br />
immer mit der<br />
Perspektive<br />
2100, mitunter<br />
sogar bis 2150.“<br />
auf acht bis neun Meter Höhe aufgestockte<br />
Deiche. Wegen ihrer weiten Breite von 130<br />
Metern können sie besonders sanft ansteigen,<br />
um auflaufenden Sturmflutbrechern ihre Kraft<br />
zu nehmen. Die Deichkrone ist so breit, dass<br />
auch später noch weitere Erhöhungen möglich<br />
sind.<br />
An der Ostseeküste plant die Regierung<br />
bereits mit möglichen Abbrüchen an den<br />
Steilküsten und entwickelt dazu derzeit die<br />
Strategie Ostseeküste 2100.<br />
„Ich glaube, dass diese Art von vorausschauendem<br />
Planen sowohl im Sinne eines Klimaanpassungsprozesses<br />
als auch der Klimaschutzmaßnahmen<br />
ist. Das wird uns auch weiterhin<br />
beschäftigen“, ist Albrecht überzeugt.<br />
Damit all diese Umstrukturierungen angesichts<br />
des Klimawandels gelingen können,<br />
sind aber auch gut ausgebildete Menschen<br />
nötig, die im wahrsten Sinne des Wortes ihr<br />
Handwerk verstehen. „Für die Energiewende,<br />
ja, den Umbau unserer Gesellschaft, werden<br />
wir einen erheblichen Fachkräftemangel<br />
haben. Insbesondere auch im Bereich der<br />
handwerklichen Tätigkeit. Allein da werden<br />
wir einen riesigen Bedarf für die Sanierung<br />
und den Umbau von Gebäuden haben, den<br />
wir jetzt ankurbeln müssen. Das gilt natürlich<br />
gerade auch im Bereich der Sektorkopplung.<br />
Da wird es viel technisches Know-how brauchen“,<br />
ist Albrecht überzeugt. Auch wenn es<br />
nicht in sein Ministerressort fällt, plädiert<br />
er dafür, die Ausbildung und Weiterbildung<br />
übergreifend im Blick zu behalten, was auch<br />
bedeute, die schulische und die berufliche<br />
Bildung immer mitzudenken. „Denn wir alle<br />
werden am Ende mit neuen Fähigkeiten ausgestattet<br />
werden müssen, weil wir alle einen<br />
Beitrag dazu leisten, unsere Gesellschaft<br />
umzubauen“, sagt der scheidende Minister.<br />
Mitte des Jahres wird Albrecht als Co-Vorstand<br />
zur grünen Heinrich-Böll-Stiftung wechseln.<br />
Dort will er das, was er in Schleswig-Holstein<br />
bewirkte, auf gesamtgesellschaftlicher Ebene<br />
vertiefen und die Dialoge und Debatten über<br />
die anstehenden Transformationsprozesse auf<br />
nationaler, europäischer und globaler Ebene<br />
weiter treiben.<br />
Wie der Klimawandel Einfluss auf unser<br />
Wetter nimmt<br />
.... Seite 28<br />
Wie Wind die Schifffahrt nachhaltiger<br />
machen kann<br />
.... Seite 36<br />
Studierende entwerfen<br />
Windkraftanlage für<br />
Entwicklungsländer .... Seite 26<br />
Mit Windkraftanlagen gegen Dürre<br />
.... Seite 30<br />
Pioniere der Energiewende<br />
.... Seite 39<br />
Wie Pandemie und Konflikte die<br />
Handelswege beeinflussen .... Seite 34<br />
Die Energiewende bedeutet mehr als der<br />
reine Ausbau erneuerbarer Energien<br />
.... Seite 42<br />
14<br />
15
Stürmische<br />
Zeiten<br />
Text Volker Kühn<br />
Fotos Shutterstock, Thyge Weller<br />
CC BY-SA German LNG Terminal<br />
GmbH, Hamburger Energiewerke<br />
Wie die Windkraft Forschung und Unternehmen in<br />
Schleswig-Holstein beflügelt – und umgekehrt
Der Bund will die Windenergie zum Rückgrat der Energieversorgung<br />
ausbauen. Den Hochschulen im Norden kommt dabei eine Schlüsselrolle<br />
zu: Sie müssen die Innovationen liefern und die Fachkräfte ausbilden, um<br />
den Boom zu stemmen. In der Branche herrscht Aufbruchstimmung.<br />
Am Anfang steht ein Fehlschlag von gigantischem<br />
Ausmaß. 100 Meter hoch ist der Turm,<br />
der zu Beginn der Achtziger an der windumtosten<br />
Elbmündung in Schleswig-Holstein<br />
in die Höhe wächst. 340 Tonnen wiegt das<br />
Maschinenhaus, das ein Schwerlastkran auf<br />
die Turmspitze wuchtet. 23 Tonnen bringt<br />
jedes der beiden Rotorblätter auf die Waage,<br />
die Monteure daran befestigen. Growian, die<br />
„Große Windenergie Anlage“, geht am 17.<br />
Oktober 1983 in Betrieb. Das Bundesforschungsministerium<br />
hat den Riesen aufstellen<br />
lassen, um zu prüfen, ob die Windenergie<br />
technisch und kommerziell in der Lage ist,<br />
einen Beitrag zur Deckung des deutschen<br />
Strombedarfs zu leisten.<br />
Kritiker argwöhnen allerdings bald, dass Growian<br />
das genaue Gegenteil beweisen soll.<br />
Denn den etablierten Energieversorgern ist<br />
die Windkraft ein Dorn im Auge. Sie verdienen<br />
ihr Geld mit Atom- und Kohlekraftwerken.<br />
Dezentrale Windräder, am Ende gar in Bürgerhand,<br />
wären eine Gefahr für ihr Geschäftsmodell.<br />
In Zeitungsanzeigen behauptet die<br />
Atomindus trie noch in den Neunzigern, dass<br />
regenerative Energien selbst langfristig niemals<br />
mehr als vier Prozent des Stroms liefern<br />
könnten – zu unsicher sei die Technologie.<br />
Und tatsächlich: Growian ist falsch konstruiert,<br />
die Anlage steht die meiste Zeit still, ein<br />
kontinuierlicher Messbetrieb ist kaum möglich.<br />
1988 wird der Koloss abgerissen.<br />
Windkraft als Antwort<br />
auf Tschernobyl und<br />
den Klimawandel<br />
Heute steht Growian für zweierlei: Einerseits<br />
illustriert das Scheitern der Anlage die enormen<br />
Beharrungskräfte in Teilen von Industrie<br />
und Politik in Deutschland. Andererseits zeigt<br />
sie aber auch, wie diese Widerstände mit Tatkraft<br />
und Forschergeist überwunden werden<br />
können. Denn die Windenergie war mit dem<br />
Aus von Growian keinesfalls tot, im Gegenteil.<br />
Ökopioniere hielten an der Technologie<br />
fest, wenn auch zunächst in viel kleineren<br />
Dimensionen. Beseelt vom Wunsch nach einer<br />
sauberen, autarken Energieversorgung stellten<br />
sie wie im benachbarten Dänemark auch<br />
in Schleswig-Holstein Windräder auf, nicht<br />
selten Marke Eigenbau. Es waren die Ölpreiskrisen<br />
der Siebziger, die sie dabei motivierten,<br />
die Atomkatastrophe von Tschernobyl<br />
1986 und das erwachende Bewusstsein für die<br />
Gefahren durch die Erderhitzung.<br />
Einen echten Schub für die Ökostromerzeugung<br />
brachte das von der rot-grünen Bundesregierung<br />
im Jahr 2000 eingeführte Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />
(EEG). Es legte fest,<br />
dass Strom aus sauberen Quellen noch vor<br />
dem aus Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken<br />
ins Netz eingespeist werden muss. Zudem<br />
garantierte es den Ökostromerzeugern einen<br />
festen Preis je gelieferter Kilowattstunde und<br />
half ihnen so, im Wettbewerb mit der übermächtigen<br />
Energiewirtschaft zu bestehen.<br />
Schon heute erzeugt die<br />
Windenergie ein Viertel<br />
des deutschen Stroms<br />
In der Folge erlebten die Erneuerbaren einen<br />
Boom, von dem Deutschland heute profitiert.<br />
In den ersten sechs Monaten dieses Jahres<br />
lieferten sie ziemlich genau 50 Prozent des<br />
Stroms. Die Hälfte davon wiederum steuerten<br />
Windräder an Land und auf See bei.<br />
Schleswig-Holstein, das so früh wie kaum eine<br />
andere Region auf Windenergie gesetzt hat,<br />
ist noch deutlich weiter. Das Land erzeugt<br />
schon heute weit mehr Ökostrom, als es selbst<br />
verbrauchen kann; der Deckungsgrad liegt bei<br />
160 Prozent. Windräder gehören vielerorts<br />
längst so selbstverständlich zum Landschaftsbild<br />
wie die Leuchttürme an den Küsten und<br />
die rapsbedeckten Hügel im Hinterland.<br />
Erneuerbare schützen<br />
das Klima – und den<br />
Frieden in der Welt<br />
Künftig soll die Bedeutung der Erneuerbaren<br />
noch wachsen. Die Grundlage dafür hat die<br />
Ampelkoalition in Berlin mit ihren ambitionierten<br />
Klimazielen geschaffen. Doch das ist<br />
nicht alles. Seit dem russischen Überfall auf<br />
die Ukraine und der Gaskrise blicken auch Kritiker<br />
anders auf die Energiewende. Während<br />
Öl- und Gasvorkommen in vielen Regionen<br />
der Welt autokratische Machthaber stützen,<br />
Konflikte befeuern oder gar Kriege auslösen,<br />
gelten erneuerbare Energien heute als Friedensgaranten.<br />
„Freiheitsenergien“ nannte sie<br />
Bundesfinanzminister Christian Lindner deshalb<br />
wenige Tage nach Putins Angriff auf die<br />
Ukraine.<br />
Kurzfristig soll vor allem Flüssigerdgas (LNG)<br />
die Abhängigkeit Deutschlands von russischem<br />
Erdgas reduzieren. Dazu werden unter<br />
anderem an der Elbe in Stade und Brunsbüttel<br />
LNG-Terminals gebaut. Daran sollen schon<br />
bald Tankschiffe aus Ländern wie den USA<br />
oder Katar festmachen.<br />
LNG ist bestenfalls eine<br />
Übergangslösung – bis<br />
grüner Wasserstoff<br />
verfügbar ist<br />
Doch LNG schädigt das Klima ähnlich stark<br />
wie Kohle. Mittelfristig müssen deshalb<br />
Ökostrom und mit dessen Hilfe erzeugte klimafreundliche<br />
Gase den Bedarf decken, allen<br />
voran Wasserstoff und Ammoniak. Hätte<br />
Deutschland schon heute eine Alternative zu<br />
russischem Gas, „würde sich Wladimir Putin<br />
sicherlich zweimal überlegen, damit zu drohen,<br />
den Gashahn abzudrehen“, sagt Vincent<br />
Stamer, Handelsökonom am Kieler Institut für<br />
Weltwirtschaft (siehe Artikel Seite 34).<br />
Deutschlands Ziel ist eine Vollversorgung mit<br />
Erneuerbaren spätestens ab 2045. Zu diesem<br />
Zeitpunkt soll das Land klimaneutral sein. Das<br />
heißt, dass dann nicht mehr Treibhausgase in<br />
die Atmosphäre geblasen werden dürfen, als<br />
ihr an anderer Stelle entzogen werden, etwa<br />
durch das Pflanzen von Bäumen oder das Wiedervernässen<br />
von Mooren. Wälder und Moore<br />
sind natürliche CO2-Speicher.<br />
Bis zur Klimaneutralität ist es allerdings noch<br />
ein weiter Weg. Denn auch wenn die Wende<br />
Tschernobyl steht für einen der größten Unfälle in der Geschichte der<br />
Atomenergie. Am 26. April 1986 kam es in Block 4 des Kraftwerks im<br />
Norden der Ukraine zu einer vollständigen Kernschmelze. Durch die<br />
daraus folgenden Explosionen wurde radioaktives Material in die Luft<br />
gestoßen. Radioaktives Material kontaminierte die gesamte Umgebung<br />
und verteilte sich über weite Teile Europas.<br />
Growian war lange Zeit die größte Windkraftanlage der Welt. Der<br />
zweiflüglige Leeläufer (Rotor läuft auf der windabgewandten Seite des<br />
Turmes) hatte eine Nabenhöhe von etwa 100 Metern. Errichtet wurde er<br />
in den 1980er Jahren im Kaiser-Wilhelm-Koog bei Marne.<br />
18<br />
19
Errichtung einer Geothermie-Anlage in Hamburg-<br />
Wilhelmsburg. In der Anlage wird Erdwärme als<br />
natürliche Energiequelle nutzbar gemacht.<br />
Ziel ist eine nahezu CO2-freie Wärmeversorgung<br />
Wilhelmsburger Quartiere. Zur Förderung der<br />
Erdwärme werden zwei Bohrungen benötigt: Über die<br />
Produktionsbohrung wird das warme Thermalwasser<br />
gefördert. Oberirdisch wird dem Thermalwasser über<br />
Wärmetauscher die Wärme entzogen.<br />
Die Nutzung und der weitere Ausbau der<br />
Offshore-Windenergie finden in deutschen<br />
Gewässern vornehmlich außerhalb der<br />
12-Seemeilen-Zone statt. Ein Großteil der<br />
bereits ans Netz angeschlossenen, in Bau<br />
befindlichen bzw. geplanten Projekte liegt<br />
damit in den Hochseegewässern der deutschen<br />
Nord- und Ostsee.<br />
Pläne der German LNG Terminal GmbH (GLNG) zur<br />
Entwicklung des Onshore-LNG-Importterminals<br />
in Brunsbüttel. Das Terminal soll einen wichtigen<br />
Beitrag zur Diversifizierung der Energieimporte<br />
nach Deutschland und Europa leisten.<br />
im Stromsektor schon zur Hälfte geschafft<br />
ist, betrug der Anteil Erneuerbarer an der insgesamt<br />
verbrauchten Energie, im Fachjargon<br />
Primärenergie genannt, im vergangenen Jahr<br />
erst 16 Prozent. Die wichtigsten Energieträger<br />
waren nach wie vor Öl, Gas und Kohle. Um<br />
sie komplett zu ersetzen, muss die Kapazität<br />
vor allem der Wind- und der Solarenergie drastisch<br />
ausgebaut werden.<br />
Sektorenkopplung:<br />
Wie Windenergie in<br />
die Heizung kommt<br />
Das Prinzip, mit dem das gelingen soll, sämtliche<br />
Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft<br />
zu elektrifizieren, trägt einen sperrigen<br />
Namen: Experten sprechen von „Sektorenkopplung“.<br />
„Die erneuerbaren Energien aus dem<br />
Strombereich müssen auch in den Wärme- und<br />
Mobilitätsbereich viel stärker Einzug halten<br />
als das bisher der Fall ist“, erklärt Jan Philipp<br />
Albrecht, der bis Juni Energie- und Klimaminister<br />
in Kiel war (siehe Artikel Seite 10).<br />
Wie genau das funktioniert, wird in Schleswig-Holstein<br />
schon heute erprobt. Im sogenannten<br />
„Reallabor Westküste 100“ etwa<br />
liefern Offshore-Windparks in der Nordsee<br />
sauberen Strom, der an der Raffinerie Heide<br />
im Großmaßstab in grünen Wasserstoff umgewandelt<br />
werden soll. In weiteren Schritten<br />
soll die saubere Energie ein Zementwerk,<br />
Gewerbebetriebe, Haushalte und den Flughafen<br />
Hamburg versorgen. An dem vom Bund<br />
geförderten Projekt ist auch das Institut für<br />
die Transformation des Energiesystems (ITE)<br />
der Fachhochschule Westküste in Heide beteiligt.<br />
„Wir knüpfen<br />
Wachstum an<br />
Nachhaltigkeit“<br />
– Jan Philipp Albrecht<br />
Das Reallabor dient als Skizze zur Dekarbonisierung<br />
ganzer Industrie- und Verkehrszweige.<br />
„Wir knüpfen wirtschaftliches Wachstum an<br />
ökologische Nachhaltigkeit und tragen so<br />
dazu bei, dass sich neue technologische Entwicklungen<br />
und neue Perspektiven auch wirtschaftlich<br />
dort ergeben, wo die Nachhaltigkeit<br />
wieder zu einem treibenden Faktor wird“,<br />
sagt der grüne Ex-Minister Albrecht.<br />
Auch eine andere saubere Energieform könnte<br />
Schleswig-Holstein künftig stärker anzapfen:<br />
die Wärme aus den Tiefen der Erde. Sogenannte<br />
Geothermiebohrungen machen sie<br />
nutzbar. Die Technologie fristet bislang ein<br />
Schattendasein in der Energiewende, besitzt<br />
aber großes Potenzial. Wissenschaftler gehen<br />
davon aus, dass sie bis zu einem Viertel der<br />
Wärme für Industrie und Haushalten liefern<br />
könnte. Erforscht wird sie unter anderem<br />
vom Kompetenzzentrum Geo-Energie an der<br />
Universität Kiel. Im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg<br />
ist eine Bohrung in 1300 Metern<br />
Tiefe kürzlich auf ein vielversprechendes Vorkommen<br />
an heißem Wasser gestoßen, das den<br />
Stadtteil künftig versorgen soll.<br />
Die Windbranche kämpft<br />
um Fachkräfte – und um<br />
die Herzen der Bürger<br />
Mit der Energiewende wächst allerdings nicht<br />
nur der Bedarf an Strom. Auch gut ausgebildete<br />
Fachkräfte werden immer wichtiger. Denn<br />
all die Wärmepumpen, die künftig gebraucht<br />
werden, müssen irgendwie in die Keller kommen,<br />
die Solarmodule auf die Dächer und<br />
die Windräder auf den Acker oder ins Meer.<br />
Doch gerade die Windindustrie scheint für die<br />
anstehende Herkulesaufgabe schlecht gerüstet.<br />
In den vergangenen Jahren ist der Bau<br />
von Windparks in Deutschland fast zum Erliegen<br />
gekommen. Auslöser waren Proteste von<br />
Anwohnern, aber auch politische Weichenstellungen<br />
der Merkel-Regierungen. In der<br />
Folge gingen Tausende Arbeitsplätze verloren,<br />
die heute fehlen.<br />
Die Hochschulen im Norden tragen ihren<br />
Teil dazu bei, die Lücke an Fachkräften zu<br />
schließen. Eine wichtige Rolle dabei spielt<br />
das renommierte Wind Energy Technology<br />
Institute (WETI) an der Hochschule Flensburg.<br />
Auf die 40 Studienplätze pro Jahr kommen<br />
allerdings mehr als 500 Bewerbungen,<br />
wie WETI-Leiter Torsten Faber erklärt (siehe<br />
Interview Seite 22). Er versucht der Windkrise<br />
nicht allein durch die Ausbildung von Ingenieuren<br />
entgegenzuwirken. Auch die Inhalte der<br />
Ausbildung sollen dabei helfen, den Rückhalt<br />
für Windräder zu erhöhen und Steine für die<br />
Energiewende aus dem Weg zu räumen. „Früher<br />
war das Motto dabei immer ‚höher, schneller,<br />
weiter‘. Der Trend geht heute aber mehr in<br />
Richtung Nachhaltigkeit und gesellschaftliche<br />
Akzeptanz“, sagt Faber. Seine Studierenden<br />
haben eine Low-Emission-Turbine entwickelt,<br />
die möglichst leise und optisch dezent arbeiten<br />
soll und eine gute CO2-Bilanz aufweist.<br />
Um die Klimabilanz von Windrädern zu verbessern,<br />
nimmt der WETI-Leiter vor allem<br />
die Komponenten in den Blick, aus denen sie<br />
konstruiert werden. Vor allem Holz könne eine<br />
wichtige Rolle spielen, um den Stahleinsatz<br />
zu reduzieren. Sowohl die Rotorblätter als<br />
auch der Turm von Windrädern könne aus dem<br />
nachwachsenden Rohstoff gebaut werden,<br />
sagt Faber, der allen Widrigkeiten der Vergangenheit<br />
zum Trotz eine Aufbruchstimmung in<br />
der Branche wahrnimmt.<br />
„Windräder<br />
können für<br />
Strom sorgen –<br />
und für Regen.“<br />
Geht es nach den Forschern der Hochschule<br />
Flensburg, leistet die Windenergie künftig<br />
noch auf einem ganz anderen Weg einen Beitrag,<br />
um dem Klimawandel und seinen Folgen<br />
zu begegnen. Windräder sollen in trockenen<br />
Zeiten für Regen sorgen. Das ist die Idee von<br />
Clemens Jauch, Professor am Fachbereich<br />
Energie und Biotechnologie. In Gegenden, die<br />
über mehr Wasser verfügen, als sie benötigen,<br />
sollen Pumpen das kostbare Nasse in die<br />
Rotorblätter transportieren, von wo es über<br />
Düsen in die Luft abgegeben wird. Der Wind<br />
trägt es dann weiter auf trockene Felder, die<br />
bewässert werden müssen. Denn davon wird<br />
es in Zukunft immer mehr geben, der trockene<br />
und heiße Sommer dieses Jahres in Europa<br />
hat einen Vorgeschmack darauf gegeben.<br />
„Der ideale Standort für die Anlagen sind<br />
Flussmündungen, wo sich Süßwasser in Kürze<br />
mit Salzwasser vermischt und damit für uns<br />
unbrauchbar wird“, sagt Jauch. „Dort wird<br />
niemandem das Wasser weggenommen. Denn<br />
hier geht es nicht nur um ein paar Liter, sondern<br />
um viele Kubikmeter – pro Sekunde.“<br />
Windräder als Regenmaschinen – das ist eine<br />
Vision, auf die selbst die Windkraftpioniere<br />
der Siebziger und Achtziger nicht gekommen<br />
sind.<br />
20<br />
21
Text Robert Otto-Moog<br />
Fotos Marcel Schedat<br />
„Die Windkraft braucht<br />
alle Ingenieure“<br />
In Flensburg arbeiten Forscher und Studierende<br />
an der Zukunft der Windenergie<br />
Jahrelang lag der<br />
Windkraftausbau in<br />
Deutschland brach.<br />
Jetzt gibt es eine<br />
Aufbruchstimmung in<br />
der Branche, sagt Torsten<br />
Faber, Leiter des Wind<br />
Energy Technology<br />
Institute an der<br />
Hochschule Flensburg.<br />
Herr Faber, der Windkraftausbau in<br />
Deutschland ist in den vergangenen Jahren<br />
nahezu zum Erliegen gekommen, Zehntausende<br />
Jobs wurden vernichtet. Jetzt sind<br />
die Grünen zurück in der Regierung – wird<br />
damit alles besser für die Branche?<br />
Ich bin sicher, dass demnächst sehr viel passieren<br />
wird – viel mehr, als dass die Branche<br />
überhaupt hinterher kommen kann, die Nachfrage<br />
zu bedienen. Lieferengpässe und Kostensteigerungen<br />
sind heute schon absehbar.<br />
Ich beobachte in jedem Fall eine Aufbruchstimmung.<br />
Am Ende werden wir aber sehen<br />
müssen, wie die neue Regierung das Ganze<br />
vorantreiben wird – oder ob es erst einmal<br />
nur übergeordnete Ziele gibt.<br />
Signalisiert diese Aufbruchstimmung in<br />
der Branche auch für Ihre Studierenden<br />
rosige Aussichten?<br />
Die Aufbruchstimmung gibt es schon länger.<br />
Wir haben zum Jubiläum unseres Instituts<br />
eine Umfrage unter ehemaligen Studentinnen<br />
und Studenten gemacht. Und die hat<br />
noch einmal gezeigt, dass mehr als die Hälfte<br />
unserer Studierenden, die ihre Masterarbeit<br />
in einem Unternehmen schreiben, dort auch<br />
direkt übernommen wird. Der Markt sieht gut<br />
aus, auch wenn es zwischenzeitlich Engpässe<br />
gab und viele gut ausgebildete Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter freigestellt worden sind,<br />
weil Unternehmen wie Senvion pleite gegangen<br />
sind. Inzwischen ist aber wieder klar:<br />
Die Branche braucht unbedingt qualifizierte<br />
Mitarbeiter. Und ganz besonders hoch ist der<br />
Druck im Bereich der Planung.<br />
Wer entscheidet sich denn für ein Studium<br />
bei Ihnen?<br />
Unsere Studierenden kommen von überall auf<br />
der Welt und aus allen Bereichen. Denn in der<br />
Windbranche braucht man alle Ingenieure –<br />
ausnahmslos. Auf die rund 40 Studienplätze,<br />
die wir jedes Jahr anbieten, kommen über<br />
500 Bewerbungen. Das zeigt, wie hoch die<br />
Reputation ist. Wir haben Studierende aus<br />
dem Bauingenieurwesen, Maschinenbau, aus<br />
der Elektrotechnik, dem Schiffsbau und aus<br />
der Luft- und Raumfahrttechnik. All diese<br />
Ingenieure haben aber in der Regel noch kein<br />
detailliertes Verständnis für Windenergieanlagen.<br />
Genau diese Lücke versuchen wir zu<br />
schließen.<br />
Und wie sieht das in der Praxis aus?<br />
Die Ingenieure aus den unterschiedlichen<br />
Disziplinen werden erst einmal zu Generalisten,<br />
um zu verstehen, wie eine Windkraftanlage<br />
funktioniert, was die Besonderheiten<br />
sind. Und dann gehen sie zurück in ihr<br />
Spezialgebiet. Der Maschinenbauer baut also<br />
anschließend Getriebe, der Bauingenieur den<br />
Turm und das Fundament, der E-Techniker den<br />
Generator. Ziel ist es natürlich, in der Windbranche<br />
tätig zu sein – viele als Ingenieurinnen<br />
und Ingenieure. Einige gehen aber auch<br />
in die Planung.<br />
Sie selbst haben den ersten Boom der Windenergie<br />
miterlebt. Was ist heute anders<br />
als vor 20 Jahren?<br />
Damals waren die Fragestellungen ganz andere<br />
als heute. Gesellschaftliche Akzeptanz und<br />
CO2-Bilanz haben damals eine viel kleinere<br />
Rolle gespielt. Es ging einfach erst einmal<br />
darum, die Erneuerbaren auszubauen. Die großen<br />
Anlagenhersteller versuchen zwar auch<br />
heute erst einmal ihre klassischen Produkte<br />
zu verkaufen, um die Nachfrage zu bedienen.<br />
Die greifen da verständlicherweise zunächst<br />
auf bewährte Konzepte zurück. Was aber<br />
nicht heißt, dass neue Ideen keine Relevanz<br />
bekommen werden. Irgendwann wird man<br />
anfangen müssen umzudenken. Rotorblätter<br />
beispielsweise sind aus GFK, ein Werkstoff<br />
aus Kunststoff und Glasfasern. Der ist zum<br />
gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ohne riesigen<br />
Aufwand recycelbar. Heute ist der Fokus ein<br />
ganz anderer. Hinzu kommt, dass Ressourcen<br />
knapp sind. Da geht es der Windenergie nicht<br />
anders als beispielsweise dem Autobau. Und<br />
damit wird auch der Druck auf die Anlagenhersteller<br />
wachsen, sich über andere Alternativen<br />
Gedanken zu machen.<br />
Wirken sich solche Faktoren auch auf Ihr<br />
Institut und den Studiengang aus?<br />
Ja, im dritten Semester beispielsweise bekommen<br />
Studierende immer eine Projektaufgabe<br />
von uns. Früher war das Motto dabei immer<br />
‚Höher, schneller, weiter‘. Der Trend geht<br />
aber heute mehr in Richtung Nachhaltigkeit<br />
und gesellschaftliche Akzeptanz. Also haben<br />
die Studierenden eine Low-Emission-Turbine<br />
entwickelt, die möglichst leise und optisch<br />
dezent sowie – und das war der wichtigste<br />
Punkt – eine möglichst gute CO2-Bilanz<br />
haben soll. Dafür wurden beispielsweise<br />
nachwachsende Werkstoffe wie Holz genutzt<br />
und eben kein GFK für die Rotorblätter oder<br />
Stahl für den Turm. Solche Ideen finden sich<br />
auch in unserer Forschung wieder.<br />
Inwiefern?<br />
Die Forschung am Institut ist getrieben durch<br />
das Know-how der drei Professoren, die die<br />
Stiftungsprofessuren innehaben. Wir haben<br />
unterschiedliche Schwerpunkte. Ich bin<br />
gelernter Zimmermann, Holz ist also mein<br />
Thema. Das ist ein sehr zukunftsträchtiges<br />
Material – gerade im Bereich der erneuerbaren<br />
Energien. Dabei hatten schon die ersten<br />
Anlagen Rotorblätter aus Holz. Ich habe mich<br />
aber ebenfalls intensiv mit dem Turm beschäftigt.<br />
Auch den kann man aus Holz bauen. Und<br />
wenn man ihn abspannt, spart man sogar<br />
Material. Denn das ist immer der CO2-Treiber<br />
bei einer Windkraftanlage. Deshalb haben wir<br />
auch schon anders versucht, den Turm schlanker<br />
zu machen. Wenn er sich immer in die<br />
Hauptwindrichtung drehen kann, brauche ich<br />
keinen zu allen Seiten gleich stabilen Kreisquerschnitt<br />
mehr, sondern kann zum Beispiel<br />
eine Ellipse nutzen. Meine Kollegen haben<br />
andere Spezialfelder. David Schlipf bringt<br />
den Windanlagen mit Laser-Messgeräten, mit<br />
denen Windgeschwindigkeit und Turbulenzen<br />
gemessen werden können, das Sehen bei. Clemens<br />
Jauch kümmert sich als Elektrotechniker<br />
um die Interaktion zwischen Netz und Windenergieanlage.<br />
Und er arbeitet daran, dass<br />
Anlagen die atmosphärische Situation verbessern<br />
können, etwa indem sie an der Küste<br />
Wasser aus dem Boden pumpen und über die<br />
Rotorblätter künstliche Wolken schaffen können.<br />
Sehen wir also schon bald Windkraftanlagen<br />
aus Holz, die die Atmosphäre verbessern?<br />
Ganz so optimistisch bin ich da nicht –<br />
schließlich sind wir nicht das einzige Institut.<br />
Und vor allem sind wir ein verhältnismäßig<br />
kleines mit nur 15 Mitarbeitern. Wir können<br />
aber mit unserem Know-how Impulse geben.<br />
Die Aufbruchstimmung in der gesamten Branche,<br />
die ich beobachte, wird erst einmal nicht<br />
zur Übernahme neuer Ideen führen. Erst einmal<br />
muss der Markt bedient werden – trotz der<br />
allgemeinen Lieferengpässe und der explodierenden<br />
Rohstoffpreise. Das sehen wir weltweit:<br />
Die Nachfrage ist groß, die Anlagenhersteller<br />
haben aber große Schwierigkeiten, sie<br />
zu befriedigen. In welche Richtung es danach<br />
geht, müssen wir abwarten. Die Perspektiven<br />
sind aber riesig.<br />
„Unsere<br />
Studierenden<br />
kommen von<br />
überall auf der<br />
Welt und aus<br />
allen Bereichen.<br />
Denn in der<br />
Windbranche<br />
braucht man<br />
alle Ingenieure<br />
– ausnahmslos.“<br />
22<br />
23
„Es macht keinen Sinn,<br />
zurück zu schauen“<br />
Text Robert Otto-Moog<br />
Fotos Marcel Schedat,<br />
Shutterstock<br />
Diskussion um russisches Gas gibt Erneuerbaren Rückenwind<br />
Der Krieg in der<br />
Ukraine hat die<br />
deutsche Abhängigkeit<br />
von russischem Gas<br />
schmerzlich offengelegt.<br />
Wie die Diskussion<br />
darüber der Windkraft<br />
helfen könnte und was<br />
Robert Habeck besser als<br />
sein Vorgänger macht,<br />
erklärt Torsten Faber.<br />
Die Erdgaspipeline Nord Stream 2, die<br />
in Russland beginnt, ist zu einer Quelle<br />
internationaler politischer Konflikte<br />
geworden. Sie endet im deutschen Küstenort<br />
Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Herr Faber, seit dem russischen Angriffskrieg<br />
auf die Ukraine läuft eine hitzige<br />
Diskussion über die deutsche Abhängigkeit<br />
von russischem Gas. Ist diese Diskussion<br />
eventuell auch eine Chance für die Windkraft?<br />
Das glaube ich auf jeden Fall. Zumal Robert<br />
Habeck als Wirtschaftsminister in meinen<br />
Augen einen sehr guten Job macht. Er kennt<br />
das Feld aus Schleswig-Holstein, wo er für<br />
Erneuerbare Energien zuständig war. Damals<br />
hat er sich Experten geholt, Informationen<br />
besorgt – und auch verstanden. Er ist aktuell<br />
der Richtige für diesen Job, er dreht an<br />
den richtigen Stellschrauben. Das Problem ist<br />
aber, dass das alles nicht schnell genug geht.<br />
Windenergie muss man perspektivisch sehen,<br />
als mittel- bis langfristige Energiequelle.<br />
Diese Perspektive wurde in den vergangenen<br />
Jahren verbaut. Hat Wirtschaftsminister<br />
Habecks Vorgänger Peter Altmaier also<br />
eine Teilschuld, dass wir heute noch immer<br />
so abhängig von fossilen Energieträgern<br />
sind? Immerhin hat er es zu verantworten,<br />
dass der Ausbau der Erneuerbaren massiv<br />
gebremst wurde…<br />
Herr Altmaier hat die Windenergie sogar komplett<br />
ausgebremst. Er hat gesagt, dass es<br />
keinen Sinn mache, Windenergieanlagen zu<br />
installieren, weil die Netze nicht da seien. Um<br />
die hat er sich aber auch nicht gekümmert.<br />
Dieses Henne-Ei-Problem hat dazu geführt,<br />
dass viel zu wenig Windenergie installiert<br />
wurde. Das haben wir verpennt – oder besser:<br />
Herr Altmaier und seine Berater. Dadurch<br />
hat die deutsche Industrie großen Schaden<br />
genommen – gerade die kleineren Unternehmen.<br />
Und heute stehen wir da und haben zu wenig<br />
Windenergie. Und die nötigen Anlagen können<br />
nicht gebaut werden.<br />
Wenn wir also den Schwung aus den ersten<br />
Boom-Jahren mitgenommen hätten –<br />
wären wir jetzt unabhängiger?<br />
Nein. Denn es gibt die Energiewende und es<br />
gibt die Wärmewende. Wenn wir Gas vollständig<br />
durch erneuerbaren Strom ersetzen wollen,<br />
dann geht das nur, wenn wir diesen Strom<br />
nutzen, um selbst Gas zu erzeugen. Allerdings<br />
haben wir da einen schlechten Wirkungsgrad<br />
mit Verlusten von bis zu 50 Prozent. Also<br />
bräuchten wir weit mehr Strom. Mit anderen<br />
Worten: Wir hätten viel gewinnen können,<br />
aber es ist nicht das Ziel, mit Erneuerbaren<br />
Gas zu erzeugen. Das gilt auch für Wasserstoff.<br />
Da wird Energie verschenkt.<br />
Auf der anderen Seite werden Gas- und<br />
Atomkraftwerke von der EU als umweltverträglich<br />
deklariert. Hätte man das nicht<br />
durch mehr Windkraft verhindern können?<br />
Klar. Das ist genau das Überbrückungsproblem,<br />
das wir aktuell haben. Es macht<br />
jetzt aber auch keinen Sinn mehr, zurück zu<br />
schauen. Wir müssen nach vorne blicken: Wie<br />
können wir möglichst schnell die Windkraft<br />
ausbauen? Und da gibt es genügend Probleme<br />
– etwa die Genehmigungsverfahren. Da wächst<br />
gerade der Druck - und die Bereitschaft der<br />
Politik. Viel größer ist das Problem, dass wir<br />
aktuell gar nicht genügend Windkraftanlagen<br />
bekommen, weil es auch hier massive Probleme<br />
bei den Zulieferern gibt. Und das führt<br />
dazu, dass Projekte, die längst geplant sind,<br />
noch immer offen bleiben, weil keiner weiß,<br />
ob die Anlagen kommen. Die Preise sind auch<br />
deutlich gestiegen, obwohl man vor einigen<br />
Jahren noch damit gerechnet hatte, dass sie<br />
weiter deutlich sinken. Das hängt auch mit<br />
der Politik Peter Altmaiers zusammen: Denn<br />
durch den Ausbaustopp gingen viele Anlagenhersteller<br />
in Konkurs – geblieben sind nur ein<br />
paar große.<br />
Schleswig-Holstein will trotzdem optimistisch<br />
vorangehen. CDU und Grüne wollen<br />
das Land bis 2040 klimaneutral machen –<br />
glauben Sie daran?<br />
Ich bin erst einmal optimistisch. Zwar wurde<br />
ich in der Vergangenheit öfter enttäuscht,<br />
aber zumindest gibt es hier offensichtlich<br />
einen politischen Willen. Das große Aber ist<br />
wie immer die Umsetzung. Denn die Politik<br />
kann nur die Genehmigungsverfahren<br />
beschleunigen. Das ist aber nicht ganz ohne,<br />
denn die Baubehörden vor Ort haben noch<br />
ganz andere Sorgen, als den politischen Druck<br />
von oben. Hinzu kommt das erwähnte Problem<br />
mit den fehlenden Anlagen. Die Projektierer<br />
sind da und sind vorbereitet. Wir sehen<br />
ganz klar, dass die in der Lage sind, Projekte<br />
umzusetzen.<br />
Wird es denn überhaupt möglich sein,<br />
Deutschlands Stromerzeugung unabhängig<br />
von fossilen Brennstoffen und Atomkraft<br />
zu machen?<br />
Theoretisch ist das möglich. Es gibt genügend<br />
Analysen, die das zeigen. Die natürlichen Ressourcen<br />
sind da – die waren aber auch schon<br />
vor zehn Jahren da. Besonders in Schleswig-Holstein<br />
sind die Voraussetzungen gut.<br />
Die Frage nach dem Ob ist also längst geklärt.<br />
Das Wie ist das Problem. Jetzt geht es um die<br />
Umsetzung. Und da gibt es eben Hürden.<br />
Sie bilden junge Menschen aus, die genau<br />
diese Hürden einmal überwinden sollen.<br />
Sind Ihre Studierenden motiviert, das zu<br />
tun?<br />
Die jungen Menschen machen sich Gedanken –<br />
um den Krieg, Corona, den Klimawandel. Und<br />
sie fragen sich, wie wir den Karren wieder aus<br />
dem Dreck ziehen können. Bei uns geht es um<br />
den Klimawandel – und um Völkerverständnis.<br />
Denn dazu trägt Windkraft ganz konkret bei –<br />
und unser internationaler Studiengang.<br />
Torsten Faber ist Professor am Fachbereich<br />
Energie und Biotechnologie an der<br />
Hochschule Flensburg. Er lehrt im Bereich<br />
Wind Energy Engineering. Seit der Gründung<br />
2<strong>01</strong>0 leitet er das Wind Energy Technology<br />
Institute (WETI) der Hochschule. Faber ist<br />
gelernter Zimmermann und promovierter<br />
Bauingenieur. Anschließend arbeitete er in<br />
verantwortlicher Position bei einem großen<br />
Zertifizierer von Windkraftanlagen, bevor er<br />
an die Hochschule kam.<br />
25
Extreme Höhen, massive Temperaturschwankungen, eingeschränkte<br />
Transportmöglichkeiten: Die Voraussetzungen, in Nepal Windkraftanlagen<br />
zu errichten, sind denkbar schlecht. Studierende aus Flensburg haben<br />
jedoch eine Anlage für genau diese Umgebung entwickelt.<br />
Text Robert Otto-Moog<br />
Fotos HS Flensburg,<br />
Klimapakt Flensburg<br />
Windkraft am Mount Everest<br />
Studierende entwerfen Windkraftanlage für Entwicklungsländer<br />
Sie freuen sich über das Projektergebnis:<br />
die Studenten Abhishek Sanyal, Flemming<br />
Ohlsen und Mikita Dzemko (v.l.n.r.) an dem<br />
Modell der speziell für Entwicklungsländer<br />
konzipierten Windenergieanlage Optimus 60.<br />
Mehr als 6500 Kilometer liegen zwischen<br />
Nepal und Flensburg. Gemeinsam haben die<br />
Stadt im flachen Norden Deutschlands und<br />
das Land am Himalaya-Gebirge wenig. Eine<br />
Verbindung gibt es seit vergangenem Jahr<br />
trotzdem. Studierende des Master-Studiengangs<br />
„Wind Energy Engineering“ der Hochschule<br />
Flensburg haben eine Windkraftanlage<br />
für die extremen Bedingungen in Nepal entwickelt.<br />
„Langfristig werden Windkraftanlagen<br />
in komplizierteren Umgebungen benötigt<br />
– und dafür braucht es Konzepte“, sagt Studiengangsleiter<br />
Torsten Faber.<br />
Die Entwicklung einer Windkraftanlage steht<br />
für alle Studierenden im dritten Semester an.<br />
Das Besondere in diesem Jahr: Die Windkraftanlage<br />
wurde in Kooperation mit der Fachhochschule<br />
Kiel und der Universität der nepalesischen<br />
Hauptstadt Kathmandu entwickelt.<br />
Und noch etwas hat sich über die vergangenen<br />
Jahre verändert. „Früher war das Motto ‚immer<br />
höher, schneller, weiter‘. Der Trend geht aber<br />
heute mehr in Richtung Nachhaltigkeit und<br />
gesellschaftliche Akzeptanz“, erklärt Faber.<br />
Das Vorgängerprojekt etwa legte viel Wert auf<br />
möglichst geringe Emissionen und damit ein<br />
Maximalmaß an gesellschaftlicher Akzeptanz.<br />
Das spielte auch in diesem Jahr eine Rolle.<br />
„Das Besondere ist, dass die Anlage aus Holz<br />
besteht“, sagt Faber. Der Umweltaspekt spielt<br />
also eine große Rolle – auch übergeordnet.<br />
„Klimaschutz ist die Aufgabe<br />
aller Nationen. Nepal ist<br />
ein ideales Beispiel für diese<br />
Entwicklung“, sagt Professor Rajesh Saiju, der<br />
das Projekt begleitet hat.<br />
Nepal bietet denkbar<br />
schlechte Voraussetzungen<br />
Das Problem: Während Windkraftanlagen in<br />
Deutschland relativ leicht errichtet werden<br />
können, bietet Nepal denkbar schlechte Voraussetzungen:<br />
extreme Höhenlagen, massive<br />
Temperaturschwankungen, starke Windturbulenzen,<br />
eingeschränkte Transportmöglichkeiten,<br />
häufige Erdbeben, schwache Netzanbindungen.<br />
Windkraftanlagen können nicht<br />
einfach per Kran hochgezogen und gewartet<br />
werden, Hubschrauber sind für letzteres oft<br />
zu teuer. Entstanden ist deshalb ein Konzept<br />
namens Optimus 60 – eine Windkraftanlage,<br />
die komplett geklappt werden kann,<br />
um das Aufstellen eines Krans zu umgehen.<br />
Der Rotordurchmesser der Anlage liegt bei 60<br />
Metern, die Nennleistung bei 800 Kilowatt.<br />
Zum Vergleich: Die in den vergangenen Jahren<br />
in Deutschland installierten Onshore-<br />
Wind energieanlagen an Land<br />
haben laut Bundesverband<br />
Windenergie einen Rotor-<br />
durchmesser von etwa 120 Metern und eine<br />
mittlere Nennleistung von 3 bis 3,5 Megawatt.<br />
Trotzdem ist Optimus 60 den Projektteilnehmern<br />
zufolge wirtschaftlich attraktiv<br />
für Entwicklungsländer mit besonderen Herausforderungen<br />
bei der Errichtung und beim<br />
Betrieb von Windkraftanlagen.<br />
Für die Studierenden lag der Reiz vor allem<br />
in der Praxisnähe. „Die Möglichkeit, mit allen<br />
anderen zusammenzuarbeiten, ist spannend –<br />
vor allem an so einem konkreten Projekt mit<br />
hohem Praxisbezug“, sagt Student Flemming<br />
Ohlsen. „Wir mussten uns unter anderem auch<br />
mit der Industrie auseinandersetzen: Was gibt<br />
es schon für Konzepte? Welche Lösungen?<br />
Was kann man übernehmen?“ Dafür wurden<br />
auch internationale Firmen kontaktiert. „Das<br />
Projekt hat einen hohen wissenschaftlichen<br />
Anspruch, und die entwickelte Anlage entspricht<br />
in jeder Hinsicht dem aktuellen Stand<br />
der Technik“, betont er. „Darin liegt auch ein<br />
großer Teil der Motivation.“ Die Entwicklung<br />
der Anlage werde unter realen Bedingungen<br />
durchgeführt und gebe einen sehr<br />
guten Einblick in die tatsächlichen<br />
Tätigkeiten von Ingenieuren in der<br />
Windbranche. So leisten die Studierenden das<br />
Projektmanagement, entwickeln komplexe<br />
Systeme und müssen mit Kommilitonen aus<br />
der ganzen Welt kommunizieren und zusammenarbeiten.<br />
Einige Ideen könnten<br />
umgesetzt werden<br />
Dass Optimus 60 tatsächlich gebaut wird,<br />
glaubt Ohlsen aber nicht – auch wenn die<br />
Anlage umsetzbar wäre. „Der Prototyp für<br />
diese Windkraftanlage würde ungefähr eine<br />
Million Euro kosten“, erklärt er. „Das kann<br />
die Hochschule nicht bewerkstelligen.“ Auch<br />
wenn die Kosten der Anlage in Serienreife<br />
erheblich geringer wären, bräuchte es einen<br />
Investor für den Anfang – und das ist unwahrscheinlich.<br />
Professor Faber ist trotzdem<br />
optimistisch. „Solche Anlagen werden nicht<br />
innerhalb der nächsten fünf Jahre gebaut“,<br />
sagt er. Langfristig würden aber auch Entwicklungsländer<br />
wie Nepal auf Windkraft setzen<br />
müssen. „Ich glaube nicht, dass die Anlagen<br />
dann genau so umgesetzt werden, wie sie die<br />
Studierenden jetzt entwickelt haben. Aber es<br />
gibt eine Reihe von Ideen, die Realität werden<br />
könnten“, sagt Faber. „Das Konzept hat<br />
in meinen Augen Potenzial. Die Studierenden<br />
haben wichtige Vorarbeit geleistet.“<br />
Torsten Faber (oben) und Saiju Rajesh<br />
26<br />
27
Sonnig – mit Aussicht<br />
auf Starkregen<br />
Wie der Klimawandel Einfluss auf unser Wetter nimmt<br />
Klimakrise, Hitzewellen, Hochwasser: Beim 12. Extremwetterkongress in Hamburg<br />
haben rund 100 Experten neueste Erkenntnisse vorgestellt. Dabei ging es auch<br />
darum, wie wichtig Wettervorhersagen für Wind- und Sonnenenergie sind.<br />
Text Robert OttoMoog<br />
Fotos DWD Rüdiger Manig,<br />
Ulf Köhler, Klaus Adler, Hans<br />
Richard Henkes<br />
Starkregen, Dürre, Waldbrände, Hochwasser:<br />
„Der Klimawandel ist längst kein exotisches<br />
Phänomen mehr, das uns in Form von Extremwetter<br />
in den TVBerichten aus fernen Ländern<br />
begegnet. Wir erleben die Klimaveränderung<br />
inzwischen direkt vor unserer Haustür und<br />
sind selbst unmittelbar betroffen.“ Mit einer<br />
deutlichen Warnung hat Tobias Fuchs, Vorstand<br />
für Klima und Umwelt beim Deutschen<br />
Wetterdienst (DWD), den 12. Extremwetterkongress<br />
in Hamburg eröffnet. Drei Tage lang<br />
haben rund 100 Wissenschaftler und Experten<br />
in Hamburg neueste Erkenntnisse vorgestellt.<br />
Dabei ging es um konkrete Dinge, wie Kombinationen<br />
von Extrem wettern, Klimawandel<br />
oder Versicherungen gegen Stürme und<br />
Dürren, aber auch um Kommunikation und<br />
„Klima angst“.<br />
Fuchs verwies auf die Hochwasserkatastrophe<br />
im Sommer 2021 in West und Mitteleuropa<br />
sowie die hohen Temperaturen und die Trockenheit<br />
in diesem Jahr. „Die Böden waren<br />
fast flächendeckend ausgetrocknet, was die<br />
Landwirtschaft deutlich beeinträchtigt hat.“<br />
Er sprach sogar von einem für Deutschland<br />
„bald typischem Sommer“.<br />
Die Experten rechnen mit<br />
noch mehr Wetterextremen<br />
„Der Klimawandel verändert auch hierzulande<br />
die Intensität und Häufigkeit von Wetterextremen,<br />
wie zum Beispiel Starkregen, Trockenphasen<br />
oder Hitzewellen“, sagte Fuchs.<br />
Das sei durch Studien belegbar. Angesichts<br />
immer neuer Rekordwerte bei den Treibhausgasemissionen<br />
gehe der Deutsche Wetterdienst<br />
davon aus, dass die Erderwärmung<br />
absehbar nur eine Richtung kenne und wir<br />
künftig mit noch ausgeprägteren Wetterextremen<br />
rechnen müssten. „Dieser Zug ist aufs<br />
Gleis gesetzt und lässt sich auch mit Blick auf<br />
weitere globale Krisen wie die Coronapandemie<br />
und den UkraineKrieg wohl vorerst kaum<br />
stoppen.“ Mit massivem Klimaschutz könnte<br />
dieser Zug allerdings noch etwas abgebremst<br />
werden. „Und mit schneller Anpassung an die<br />
inzwischen unvermeidlichen Folgen des Klimawandels<br />
können wir die Auswirkungen von<br />
Extremwetter etwas dämpfen“, resümierte<br />
Fuchs.<br />
Eine düstere Prognose gab auch Jochem<br />
Marotzke, Direktor des MaxPlanckInstituts<br />
für Meteorologie, ab: „Egal was wir als<br />
Menschheit tun: Wir werden das Ziel des Pariser<br />
Klimaabkommens, die Erderwärmung auf<br />
unter 1,5 Grad zu beschränken, innerhalb<br />
der nächsten Dekade vermutlich verfehlen.<br />
In allen Szenarien, die wir durchgerechnet<br />
haben, überschreiten wir 1,5 Grad in den<br />
2030er Jahren.“ Das bedeute allerdings längst<br />
nicht, dass in der Zukunft alles verloren sei.<br />
„Sollte es gelingen, sehr schnell die weltweiten<br />
Emissionen herunterfahren, würde sich<br />
das Klima ungefähr bei 1,6 Grad einpendeln<br />
und sich dann gegen Ende des 21. Jahrhunderts<br />
wieder etwas abkühlen“, prognostizierte<br />
Marotzke.<br />
Treibhausgase auf<br />
Null? – Das scheint<br />
wenig wahrscheinlich<br />
Allerdings müssten bis 2050 die Treibhausgasemissionen<br />
auf NettoNull heruntergefahren<br />
werden. Das bedeute, dass Bereiche, in denen<br />
– wie beispielsweise in der Landwirtschaft<br />
– die Emissionen schwer herunterzufahren<br />
sind, kompensiert werden müssten, „indem<br />
aktiv CO2 aus der Atmosphäre herausgezogen<br />
wird“. Dafür seien 30 Jahre Zeit. Plausibel sei<br />
das aktuell allerdings nicht. „Es gibt in der<br />
Gesellschaft eine erhebliche Bewegung hin<br />
zur Dekarbonisierung – aber diese Bewegung<br />
ist nicht stark genug, nicht entschlossen<br />
genug und nicht schnell genug“, kritisierte<br />
Marotzke. Die Abkehr von fossilen Energien<br />
finde „noch gar nicht statt“. „Die Investitionen<br />
in fossile Energien sind heute noch viel<br />
größer als die in regenerative Energiequellen.“<br />
Trotzdem gebe es keine Alternative, als<br />
die Emissi onen drastisch herunterzufahren.<br />
Steigen die Temperaturen bis zum Ende des<br />
Jahrhunderts allerdings weiter, erlebt die<br />
Erde aus Sicht der Experten einen „Climate<br />
Backflip“, unter anderem mit einem 15 bis 25<br />
Meter höheren Meeresspiegel.<br />
Angesichts solcher Aussichten fühlt sich<br />
ARDMeteorologe Sven Plöger nach eigener<br />
Aussage manchmal wie in einem Film, in dem<br />
die Welt vor dem Untergang bewahrt werden<br />
müsse. „Da schaut man auf den Fernseher und<br />
fragt sich, warum die Protagonisten im Film<br />
nicht begreifen, wo sie stehen. Und so schaue<br />
ich als studierter Meteorologe manchmal in<br />
die Welt und denke: Warum hören wir diese<br />
ganzen Dinge, die uns die Wissenschaft sagt,<br />
seit 30, 40 Jahren, schaffen aber nicht den<br />
Transfer zur Erkenntnis und zum Handeln?“<br />
Überall in der Welt sei die Veränderung zu<br />
sehen. „Wir können sie nicht nur in Daten<br />
erfassen, wir können sie spüren“, sagte Plöger<br />
zum Auftakt des Kongresses.<br />
Vorhersagen helfen gegen<br />
Engpässe im Stromnetz<br />
Im Anschluss schauten Experten auch auf die<br />
politische Situation. Schließlich wurde nach<br />
der Bundestagswahl noch einmal bekräftigt,<br />
Solar und Windkraft schnell auszubauen.<br />
„Aus unserer Sicht ist es eine gute Idee,<br />
beides intensiv auszubauen – weil Wind und<br />
Sonne zwei Energieträger sind, die sich im<br />
jährlichen Verlauf gut ergänzen“, betonte<br />
Frank Kaspar vom DWD, der zusammen mit<br />
seiner Kollegin Vanessa Funkel die Wetterund<br />
Klimaabhängigkeit des Energiesystems<br />
beleuchtete. Denn neben Windkraftanlagen<br />
und Solarzellen sind auch die Stromnetze auf<br />
genaue Wettervorhersagen angewiesen. „Dass<br />
das Energiesystem wetter und klimaabhängig<br />
ist, wissen wir alle“, sagte Funkel. Dabei sei<br />
nicht nur die Erzeugung von Energie wetterabhängig,<br />
sondern auch der Verbrauch. „Es<br />
ist ein ganzheitliches Problem.“ Wenn man<br />
den im Norden erzeugten Strom in den Süden<br />
transportieren muss, brauche man zuverlässige<br />
Prognosen, um die Verteilung zu planen.<br />
Schon heute bereiteten Nebel, Schnee, Wolken<br />
und Saharastaub bei der PVEinspeisung<br />
Probleme. Bei der Windkraft seien Sturmfronten,<br />
Turbulenzen oder Wetterwechsel problematisch.<br />
„Das sind Wetterlagen, die gar nicht<br />
so leicht vorhersagbar sind“, sagte sie. „Wir<br />
haben allerdings viele Möglichkeiten, in der<br />
Wettervorhersage Anpassungen vorzunehmen<br />
– wir können an vielen Schrauben drehen und<br />
machen das auch.“<br />
28<br />
29
Text Robert Otto-Moog<br />
Fotos HS Flensburg,<br />
Shutterstock<br />
Der<br />
Regenmacher<br />
Mit Windkraftanlagen gegen Dürre<br />
Trockene Felder, leere Flüsse, brennende Wälder: Wassermangel ist ein<br />
weltweites Problem. Clemens Jauch will den Wasserkreislauf wieder in<br />
Schwung bringen. Der Professor am Fachbereich Energie und Biotechnologie<br />
der Hochschule Flensburg entwickelt Windkraftanlagen, die Wolken erzeugen<br />
sollen – und so Wasser von der Küste ins Landesinnere schicken.<br />
Waldbrand in Nordkalifornien.<br />
30<br />
31
Herr Jauch, normalerweise beschäftigen<br />
Sie sich damit, wie Windstrom ins Netz<br />
gelangt. Jetzt aber wollen Sie es regnen<br />
lassen. Wie sind Sie auf die Idee gekommen,<br />
mit Windkraftanlagen Niederschlag<br />
zu erzeugen?<br />
Die Auslöser waren für mich die Buschbrände<br />
in Australien 2<strong>01</strong>9 und 2020 sowie die Waldbrände<br />
an der Westküste der USA im Sommer<br />
2020. Da ist einfach noch einmal sehr offensichtlich<br />
geworden, was eigentlich längst<br />
bekannt ist: dass wir ein massives Problem<br />
mit dem Klima haben und ein ganz massives<br />
Problem mit Wetterextremen. Und eines<br />
dieser Extreme ist der Mangel an Süßwasser.<br />
Dabei braucht es noch nicht einmal diese großen<br />
Beispiele. Das Thema Wasserknappheit<br />
betrifft wirklich jeden – auch die Landwirte<br />
hier in Schleswig-Holstein, das eigentlich<br />
als relativ niederschlagsreiche Region gilt,<br />
haben damit zu kämpfen, dass der Boden in<br />
zwei Metern Tiefe noch viel zu trocken ist –<br />
eine Spätfolge des extrem trockenen Sommers<br />
2<strong>01</strong>8. Das Problem ist überall offensichtlich.<br />
Also habe ich mir Gedanken gemacht, was<br />
man tun könnte.<br />
„Dass wir ein<br />
Problem mit<br />
Wassermangel haben,<br />
ist offensichtlich.“<br />
Und trotzdem scheint es nicht unbedingt<br />
naheliegend, sich in Ihrem Fachbereich<br />
damit zu befassen, das Wetter zu beeinflussen<br />
…<br />
Ja, im Prinzip stimmt das. Ich bin Experte für<br />
Windenergietechnik. Allerdings gibt es aber<br />
seit jeher sehr viele Überschneidungen mit<br />
verschiedenen Grunddisziplinen. Eine Windenergieanlage<br />
ist zwar ein Kraftwerk für elektrischen<br />
Strom, sie interagiert aber gleichzeitig<br />
mit der Atmosphäre. Da existieren schon<br />
sehr viele Schnittmengen. Es liegt deshalb<br />
gar nicht fern, dass man auch mal über den<br />
eigenen Tellerrand hinaus schaut. Dass wir ein<br />
Problem mit Wassermangel haben, ist offensichtlich.<br />
Für mich kam dann noch das Wissen<br />
hinzu, dass eine Windenergieanlage riesiges<br />
Potenzial besitzt, Wasser in die Atmosphäre<br />
zu bringen.<br />
Inwiefern?<br />
Wasser muss verdunsten, um in die Atmosphäre<br />
zu kommen. Temperatur, Luftfeuchtigkeit<br />
und Windgeschwindigkeit haben<br />
einen massiven Einfluss darauf, wie schnell<br />
Verdunstung stattfinden kann. Wind überstreicht<br />
normalerweise horizontale Flächen<br />
– also Gewässer – auf der Erdoberfläche. Die<br />
Rotorblätter einer Windenergieanlage bilden<br />
hingegen eine senkrechte Fläche, durch<br />
die der Wind hindurchweht. Da hat der Wind<br />
viel mehr Möglichkeiten, Wasser in die Atmosphäre<br />
zu blasen. Hinzu kommt, dass der<br />
Rotor sich dreht und eine Art Fahrtwind entsteht.<br />
An der Spitze von so einem Rotorblatt<br />
gibt es üblicherweise Windgeschwindigkeiten<br />
von weit über 200 Kilometer pro Stunde. Das<br />
ist irrwitzig hoch – und wahnsinnig vorteilhaft<br />
für die Verdunstung von Wasser.<br />
Trotzdem müssen die Windräder das Wasser<br />
von irgendwo her nehmen. Produziert das<br />
nicht noch mehr Wassermangel?<br />
Der ideale Standort für die Anlagen sind<br />
Flussmündungen, wo sich Süßwasser in Kürze<br />
mit Salzwasser vermischt und damit für uns<br />
unbrauchbar wird. Dort wird niemandem das<br />
Wasser weggenommen. Denn hier geht es<br />
nicht nur um ein paar Liter, sondern um viele<br />
Kubikmeter – pro Sekunde. Auf gar keinen Fall<br />
dürfte Grundwasser angezapft werden. Und<br />
wichtig ist die Windrichtung, denn die Wolken<br />
sollen schließlich ins Landesinnere getragen<br />
werden und nicht aufs Meer.<br />
Wie gut werden Sie den Ort des Niederschlags<br />
steuern können?<br />
Regen gibt es erst, wenn die Luft vollständig<br />
mit Wasserdampf gesättigt ist. Wenn wir mit<br />
den Windenergieanlagen also für eine Luftfeuchtigkeit<br />
von 100 Prozent sorgen, dann<br />
regnet es potenziell direkt hinter dem Windpark.<br />
Wenn das Wasser in der Atmosphäre<br />
jedoch mit dem Wind über weitere Distanzen<br />
transportiert werden soll, dann wollen<br />
wir eigentlich eher 90 Prozent erreichen.<br />
Der ausschlaggebende Punkt ist, wann wir<br />
eine Verringerung der Lufttemperatur haben,<br />
was ebenfalls für eine Sättigung und damit<br />
für Regen sorgen würde. Wo das Wasser runterkommt,<br />
lässt sich dann zwar anhand von<br />
Tageszeiten, Windgeschwindigkeiten und<br />
Windrichtung oder auch Bergen abschätzen<br />
– punktgenau wird sich der Niederschlagsort<br />
aber nicht bestimmen lassen. Und das ist ein<br />
großer Vorteil: Denn diese Art der Bewässerung<br />
über die Atmosphäre wäre vollkommen<br />
diskriminierungsfrei. Niemand würde bewusst<br />
bevorzugt oder benachteiligt werden, was<br />
bedeutet, dass die Bewässerung sowohl für<br />
Menschen als auch für das Ökosystem von<br />
Nutzen wäre.<br />
Sie wollen das Wasser mit Pumpen zu den<br />
Rotorblättern schaffen. Das verbraucht<br />
Energie. Werden Ihre Windräder überhaupt<br />
noch Strom für die Netze erzeugen?<br />
Der Energiebedarf für den Transport des Wassers<br />
in die Rotorblätter hängt von der Windgeschwindigkeit<br />
und der benötigten Wassermenge<br />
ab. Je stärker der Wind weht, umso<br />
mehr Leistung kann eine Windenergieanlage<br />
produzieren. Allerdings muss sie auch umso<br />
mehr Wasser emittieren, da die zu befeuchtende<br />
Luft ja auch immer schneller vorbeizieht.<br />
Ob eine Windenergieanlage also noch<br />
elektrische Leistung ins Netz einspeisen<br />
kann, hängt von den vorherrschenden Gegebenheiten<br />
ab. Man darf aber auch die Windrichtung<br />
nicht außer Acht lassen. Schließlich<br />
soll das Wasser ja in eine bestimmte Richtung<br />
transportiert werden. Immer dann, wenn die<br />
vorherrschende Windrichtung gar nicht zu<br />
dem zu befeuchtenden Gebiet weht, werden<br />
die Windenergieanlagen überhaupt nicht im<br />
Bewässerungsmodus betrieben. Das heißt,<br />
sie werden dann als ganz normale Windenergieanlagen<br />
Strom produzieren, die sie in das<br />
Netz einspeisen.<br />
Wenn es wenig Strom gibt und keine<br />
gezielte Bewässerung, scheinen Ihre Anlagen<br />
auf den ersten Blick wenig lukrativ zu<br />
sein. Wer soll einmal die Windräder bezahlen?<br />
Das stimmt nicht ganz. Es gibt drei Betriebsmodi<br />
für solche Anlagen, zwei davon haben<br />
eine direkte Auswirkung auf die unmittelbare<br />
Umgebung. Zum einen können die Anlagen<br />
zur direkten Bewässerung von Böden hinter<br />
den Anlagen genutzt werden, wenn die Luft<br />
nämlich sofort gesättigt wird. Dann schicken<br />
die Rotorblätter die Tropfen nur wenige<br />
hundert Meter weit. Zum anderen sorgen die<br />
Anlagen für lokale Abkühlung. Denn Verdunstung<br />
führt als Nebeneffekt mit sich, dass der<br />
Luft Energie – also Wärme – entzogen wird.<br />
Dadurch wird Verdunstung in der Umgebung<br />
reduziert. Der dritte Modus ist der vorhin<br />
beschriebene Transport von Wasser über weite<br />
Strecken. Aber es stimmt: Der Bau der Anlagen<br />
wird nicht irgendwelchen klassischen<br />
Marktmodellen gehorchen, wie wir sie derzeit<br />
kennen. Strom kann man in Kilowattstunden<br />
abrechnen. Aber wer vergütet es, wenn ich<br />
mit einer Gießkanne Wasser verteile? Das ist<br />
eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ich<br />
denke also, dass eher Staaten solche Anlagen<br />
kaufen könnten.<br />
Wie weit ist Ihre Idee denn schon fortgeschritten?<br />
2020 hatte ich die Idee und in der Zwischenzeit<br />
habe ich zusammen mit dem Meteorologen<br />
Prof. Dr. Stefan Emeis eine erste Studie<br />
durchgeführt, in der wir den Wasserbedarf<br />
und den Leistungsbedarf für ein konkretes<br />
Beispielszenario berechnet haben. Außerdem<br />
ist vor einigen Monaten eine erste Masterarbeit<br />
zu einem Teilaspekt fertig geworden.<br />
Dabei ging es darum, welche Komponenten<br />
gebraucht werden: Was für Pumpen brauchen<br />
wir? Welche Düsen und wie viele davon? Welchen<br />
Leitungsquerschnitt? Welche zusätzliche<br />
Technik? Nach und nach werden immer mehr<br />
Arbeiten kommen, die sich mit bestimmten<br />
Bereichen beschäftigen. Eine derzeit laufende<br />
Arbeit beschäftigt sich damit, wie das austretende<br />
Wasser die Aerodynamik der Rotorblätter<br />
verbessern und die Schallemissionen der<br />
Rotorblätter verringern könnte. Die Anlagen<br />
wären dadurch also ganz nebenbei effektiver<br />
und leiser. Es gibt also jede Menge Themen,<br />
die wir gerade angehen. Nach den Masterarbeiten<br />
kommen dann Promotionen, wo sich<br />
Doktoranden drei oder vier Jahre eingehend<br />
mit dem Thema beschäftigen und weitere<br />
Detailfragen klären. Irgendwann sind wir<br />
dann hoffentlich so weit, dass eine Firma ein<br />
Forschungsprojekt starten will.<br />
Wann werden wir die ersten Ihrer Windkraftanlagen<br />
sehen?<br />
Da wage ich keine Prognose. Eigentlich müssten<br />
wir die Technik erst einmal im Kleinen<br />
entwickeln – das ist der klassische Weg. Die<br />
Vorteile bei der Verdunstung kommen allerdings<br />
erst bei großen Anlagen zum Tragen.<br />
Aber so weit sind wir ohnehin noch gar nicht.<br />
Allerdings bin ich mir sicher, dass es irgendwann<br />
Windenergieanlagen geben wird, die<br />
die Atmosphäre beeinflussen. Ich weiß aus<br />
meinen Berechnungen, dass es funktionieren<br />
wird. Und wir haben keine Alternative. Die<br />
klassische Bewässerung ist teuer, energieintensiv<br />
und diskriminierend. Nimmt jemand<br />
Wasser aus dem Oberlauf eines Flusses, um es<br />
auf sein Feld zu bringen, dann fehlt es flussabwärts.<br />
Das Wasser aus den Windenergieanlagen<br />
wird ohne elektrischen Energieaufwand<br />
landeinwärts transportiert – und es wurde<br />
niemandem weggenommen.<br />
32<br />
33
Weltwirtschaft im<br />
Krisenmodus<br />
Wie Pandemie und Konflikte die Handelswege beeinflussen<br />
Text Robert Otto-Moog<br />
Fotos IfW<br />
Die Mitarbeiter des Kieler Instituts für Weltwirtschaft haben das große<br />
Ganze im Blick. Aktuell beschäftigen sie sich vor allem mit Krisen.<br />
Einer von ihnen ist Vincent Stamer. Er beobachtet internationale<br />
Handelsströme – und was Krieg und Pandemie mit ihnen machen.<br />
Die Weltwirtschaft kommt nicht zur Ruhe:<br />
Corona-Pandemie, Container-Knappheit, Rohstoffmangel,<br />
explodierende Kosten – und jetzt<br />
der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine.<br />
Kein Wunder, dass sich auch das Kieler Institut<br />
für Weltwirtschaft (IfW) aktuell vor allem<br />
mit Krisen beschäftigt. „Das ist eine unheimlich<br />
wichtige Aufgabe, zu beobachten, was<br />
jetzt gerade passiert und zu den relevantesten<br />
Themen Daten und Analysen bereitzustellen“,<br />
sagt Vincent Stamer. Der 30-Jährige ist wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am Institut und<br />
schreibt an seiner Dissertation. Er beschäftigt<br />
sich viel mit Containerschifffahrt, etwa der<br />
Havarie der „Ever Given“ im Suezkanal, davor<br />
aber auch mit dem Airbus-Boeing-Konflikt<br />
und mit dem Brexit. Aktuell ist der Krieg in<br />
der Ukraine hinzugekommen. Wirtschaftsforschung<br />
als Krisenforschung eben.<br />
Stamer ist Handelsökonom und inzwischen<br />
gefragter Experte. Studiert hat er an der<br />
Brown University im US-Bundesstaat Rhode<br />
Island, später an der Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München. Zwischendurch arbeitete<br />
der 30-Jährige für JPMorgan Chase und die<br />
Boston Consulting Group. In München war<br />
Stamer am ifo Institut für Wirtschaftsforschung,<br />
wo er sich unter Gabriel Felbermayr<br />
auf Handelspolitik spezialisierte. Als Felbermayr<br />
nach Kiel ans IfW wechselte, um dessen<br />
Präsident zu werden, nahm er Stamer<br />
mit, der hier seine Promotion begann. Felbermayr<br />
ist inzwischen weiter gezogen, Stamer<br />
blieb. „Wenn man mich am Anfang des<br />
Masters in München gefragt hätte, ob ich in<br />
die Forschung will, dann hätte ich auf keinen<br />
Fall gesagt“, erinnert er sich. „Aber mir hat<br />
die empirische, sehr datengetriebene Arbeit<br />
unheimlich viel Spaß gemacht.“<br />
Forscher sorgen für<br />
Analysen und Prognosen<br />
Aktuell beschäftigt sich Stamer auch mit dem<br />
Krieg in der Ukraine und dessen Auswirkungen<br />
auf die Weltwirtschaft. Schon Wochen bevor<br />
bekannt wurde, dass der Handel zwischen<br />
Russland und Deutschland massiv eingebrochen<br />
ist, hatte Stamer auf seinem Schreibtisch<br />
Daten, die genau das voraussagten.<br />
„Schon Mitte März war der Umschlag an den<br />
drei größten Containerhäfen Russlands um 50<br />
Prozent eingebrochen.“ Es sei spannend zu<br />
sehen, „dass die eigenen Daten funktionieren“<br />
und dass die Wissenschaft mit Analysen<br />
und Prognosen einen Beitrag leisten kann.<br />
Der Konflikt in der Ukraine und die dadurch<br />
für jeden sichtbare Abhängigkeit Deutschlands<br />
von russischem Gas hat eine Debatte<br />
um Handelsbeziehungen mit autokratischen<br />
Staaten aufgeworfen. Jahrelang hat Deutschland<br />
Russland durch Handelsbeziehungen<br />
finanziell gestärkt – und kommt heute nicht<br />
ohne russisches Gas aus. Um die Lieferungen<br />
aus Russland zu kappen, verhandelte Bundeswirtschaftsminister<br />
Robert Habeck (Grüne)<br />
mit dem umstrittenen Golfstaat Katar – und<br />
geriet dafür heftig in die Kritik. „Der Glaube<br />
ist, dass wir in Deutschland immer alles richtig<br />
machen und nur, wenn wir in Ausnahmesituationen<br />
nach Katar reisen und Gas kaufen,<br />
dann machen wir das Geschäft mit dem<br />
Teufel, mit dem Beelzebub“, rechtfertigte sich<br />
der Vizekanzler in der ZDF-Sendung Markus<br />
Lanz. Und er fügte hinzu: „Wenn wir unseren<br />
Alltag leben, wenn wir unsere Autos tanken,<br />
wenn wir unser Hack aufs Mettbrötchen draufschmieren,<br />
immer sind wir auf der Seite der<br />
Guten? Das können nur Leute glauben, die<br />
noch nie im Schweinestall waren.“<br />
Ethische<br />
Handelsbeziehungen<br />
sind möglich –<br />
zumindest langfristig<br />
Dass es innerhalb kürzester Zeit möglich sein<br />
wird, nur noch mit „guten“ Staaten zu handeln,<br />
glaubt auch Stamer nicht. Auf lange<br />
Sicht sehe das aber anders aus. „Mittel- und<br />
langfristig sind die Wirtschaftszweige viel flexibler<br />
und adaptiver, als wir weithin denken“,<br />
prognostiziert der Wissenschaftler. „Man kann<br />
seine Handelspartner durchaus dazu bringen,<br />
zum Beispiel unter ethischen Voraussetzungen<br />
Produkte herzustellen. Wenn wir einen starken<br />
Handel unter Demokratien haben, dann<br />
besteht auch die Möglichkeit, autokratisch<br />
regierte Staaten zum Umdenken zu bringen.“<br />
Hätte Deutschland schon heute eine Alternative<br />
zu russischem Gas, „würde sich Wladimir<br />
Putin sicherlich zweimal überlegen, damit zu<br />
drohen, den Gashahn abzudrehen“. Trotzdem:<br />
Zu glauben, dass autokratische Staaten durch<br />
Handel automatisch zu lupenreinen Demokratien<br />
würden, wäre falsch. „Das sieht man eben<br />
an Russland“, sagt Stamer. „Aber wir wissen<br />
auch nicht, wie die Welt aussähe, wenn wir<br />
nicht mit Autokratien handeln würden. Vielleicht<br />
hätte Putin die Ukraine schon 2<strong>01</strong>4<br />
komplett angegriffen statt auf der Krim Halt<br />
zu machen.“<br />
Aus Stamers Sicht sind die aktuellen Krisen<br />
und Konflikte Teile einer Gesamtentwicklung.<br />
„Die Globalisierung, die in den 90er und<br />
frühen 2000er Jahren noch ziemlich kräftig<br />
vorangeschritten ist, hat seit der Finanzkrise<br />
an Fahrt verloren“, stellt er fest. „Das sieht<br />
man zum Beispiel an den Freihandelsabkommen<br />
wie TTIP, das zwischen Europa und den<br />
USA nie zustande gekommen ist – vor allem<br />
wegen des gesellschaftlichen Widerstands.“<br />
Hinzu komme der Makrotrend, dass alles teurer<br />
wird. „Die Transportkosten steigen, Ressourcen<br />
werden knapp. Das führt vor allem zur<br />
Inflation.“ Die Krisen machten uns bewusst,<br />
wie abhängig wir vom internationalen Handel<br />
seien. „Aber auch, wie stark wir eigentlich in<br />
der Vergangenheit vom Freihandel profitiert<br />
haben“, betont der Kieler Wissenschaftler.<br />
Stamer sieht die<br />
Weltwirtschaft am<br />
Scheideweg<br />
Hinzu komme der Trend zur Nationalisierung.<br />
Die hohe Zustimmung für Marine le Pen in<br />
Frankreich, die Präsidentschaft Donald Trumps<br />
und die in manchen Bundesländern große<br />
Unterstützung für die AfD seien „Symptome“<br />
von wirtschaftlicher Abgehängtheit – und für<br />
die wird oft die Globalisierung verantwortlich<br />
gemacht. „Die Rufe nach Nationalisierung<br />
von Wirtschaft werden immer stärker“, diagnostiziert<br />
Stamer, der die Welt an „einem<br />
Scheideweg“ sieht. „Entweder stärken wir den<br />
Freihandel und sorgen dafür, dass möglichst<br />
alle Menschen davon profitieren, etwa durch<br />
die Verteilung des Profits. Oder wir machen<br />
weiter wie bisher. Dann sind Deglobalisierung<br />
und Nationalisierung von Wirtschaft kaum<br />
noch aufzuhalten.“<br />
Vincent Stamer<br />
34<br />
35
Volle<br />
Kraft<br />
voraus<br />
Wie Wind die Schifffahrt nachhaltiger machen kann<br />
Die internationale Schifffahrt ist für 2,5 Prozent des<br />
weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Das ist<br />
mehr, als die gesamte Bundesrepublik Deutschland<br />
ausstößt. Um das zu ändern, könnten Schiffe schon<br />
bald wieder mit Windkraft unterwegs sein.<br />
Text Robert Otto-Moog<br />
Fotos FH Kiel Kaja Grope /<br />
Joachim Kläschen<br />
Tausende von Jahren beherrschten Segelschiffe<br />
die Meere, machten Überseehandel<br />
möglich, entschieden Kriege und trugen<br />
Entdecker in die entlegensten Gegenden der<br />
Welt. Und irgendwann dann war es vorbei.<br />
So wie Autos die Kutschen von den Straßen<br />
drängten, ersetzten erst Dampfmaschinen,<br />
dann Dieselmotoren die Segel – zumindest in<br />
der kommerziellen Schifffahrt. Segler wie Kai<br />
Graf nutzen allerdings weiterhin den Wind,<br />
um übers Meer zu gleiten. „Segeln ist für mich<br />
angewandte Strömungsmechanik“, sagt Graf.<br />
Und das nicht nur im Familienurlaub. Denn<br />
Graf ist Professor an der Fachhochschule Kiel,<br />
sein Spezialgebiet ist die Strömungsmechanik<br />
von Segelyachten. Das, was er für Schiffbauer<br />
in seinem Strömungskanal herausfindet, wird<br />
oft nur wenige Monate später bei den größten<br />
Segelregatten der Welt angewendet. „Das hat<br />
mit meinem Hobby-Segeln dann nicht mehr<br />
viel zu tun“, sagt Graf.<br />
Das Grundprinzip aber bleibt gleich: Der Wind<br />
treibt das Schiff an – entweder direkt oder<br />
indirekt, indem sich der Segler den am Segel<br />
entstehenden Unterdruck zu Nutze macht. An<br />
der Fachhochschule Kiel gibt es einen sogenannten<br />
Twist-Flow-Windkanal. Der ist genau<br />
auf die Forschung an Segeln abgestimmt. „Am<br />
Boden spüren wir ein laues Lüftchen, wenn<br />
wir uns nach oben bewegen, wird der Wind<br />
immer stärker – und das spielt für Segel eine<br />
große Rolle“, erklärt Graf. Im Windkanal der<br />
FH wird genau das berücksichtigt.<br />
Längst gibt es mehr<br />
als nur Segel<br />
Graf und seine Kollegen kümmern sich vornehmlich<br />
um den Leistungssport. Doch im<br />
Twist-Flow-Windkanal werden auch andere<br />
Segel – oder ihre Artverwandten – getestet.<br />
Immerhin sind Segel längst nicht mehr die<br />
einzigen Schiffsantriebe, die sich den Wind<br />
nutzbar machen. So lief bereits in den 1920er<br />
Jahren das erste von sogenannten Flettner-Rotoren<br />
angetriebene Schiff in Kiel vom<br />
Stapel. Die Rotoren gleichen großen rotierenden<br />
Säulen, die durch den Wind eine Kraft<br />
quer zur Anströmung erzeugen. Heute nutzt<br />
etwa der Windkraftanlagenhersteller Enercon<br />
ein mit Flettner-Rotoren ausgestattetes<br />
Frachtschiff.<br />
Zwischen Rostock und dem dänischen Gedser<br />
fährt seit Kurzem die Scandlines-Fähre<br />
„Copenhagen“, bei der ein Rotor die Emissionen<br />
um vier bis fünf Prozent verringern<br />
soll. Die 2<strong>01</strong>1 aufgelöste Beluga-Reederei<br />
experimentierte zudem mit zwölf mal sieben<br />
Meter großen Lenkdrachen vor Frachtschiffen.<br />
„In unserer Hochschule spielt<br />
der maritime Umweltschutz eine<br />
große Rolle. Und dazu gehört<br />
natürlich auch das Problem<br />
der fossilen Brennstoffe.“<br />
Prof. Dr. Kai Graf<br />
Heute wird das System der Firma SkySails bei<br />
großen Yachten genutzt.<br />
„Es hat sich noch nicht das eine System<br />
durchgesetzt“, sagt Graf. „Es gibt weltweit<br />
einige Akteure, die Rotoren nutzen. Flugdrachen<br />
sind noch immer als Prototypen für<br />
Schiffsantriebe in der Erprobung.“ Auch sogenannten<br />
„Wing-Sails“ – Flugzeugflügeln nicht<br />
unähnliche vertikale Segel – werde viel zugetraut,<br />
sagt Graf. So erprobt der französische<br />
Reifenhersteller Michelin aufblasbare Segel ab<br />
Ende <strong>2022</strong> in der Praxis. Ein Frachtschiff der<br />
französischen Compagnie Maritime Nantaise<br />
soll dann zweimal in der Woche mit Unterstützung<br />
des Windes zwischen Großbritannien<br />
und Spanien verkehren.<br />
Das klassische Segel dürfte in der kommerziellen<br />
Schifffahrt allerdings wenig Bedeutung<br />
haben, prognostiziert Graf: zu wartungsintensiv,<br />
zu platzraubend, zu aufwändig zu bedienen.<br />
Lediglich für Nischenprodukte werden<br />
alte Segler heute noch benutzt. Das Hamburger<br />
Unternehmen Timbercoast etwa transportiert<br />
Kaffee, Kakao und Rum mit dem mehr als<br />
100 Jahre alten Gaffelschoner Avontuur aus<br />
Mittelamerika nach Deutschland. Ähnliche<br />
Projekte gibt es auch in anderen europäischen<br />
Ländern. In Kanada baut das Unternehmen<br />
Sailcargo sogar einen neuen Drei-Mast-Toppsegelschoner,<br />
dessen Elektro-Motor von Solarund<br />
Windenergie gefüttert werden soll. Meist<br />
sind die Waren eher exklusiv: Kaffee, Kakao,<br />
Kurkuma, Vanille. Container können nicht<br />
transportiert werden.<br />
Wasserstoff ist nur<br />
ein Übergang<br />
Dass künftig auf den Weltmeeren wieder mehr<br />
gesegelt wird, davon ist Graf trotzdem fest<br />
überzeugt. Die Ölpreise steigen, das Weltklima<br />
wird durch die schwimmenden Container-Giganten<br />
stark belastet. Die gesamte Schifffahrt<br />
ist für rund 2,5 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen<br />
verantwortlich. „Es macht<br />
einfach Sinn, die Windenergie direkt zu nutzen“,<br />
betont der Professor. Das sei auch weit<br />
sinnvoller, als mit Windenergie Wasserstoff zu<br />
produzieren, mit dem dann Strom für einen<br />
Elektromotor erzeugt wird, der dann wiederum<br />
das Schiff antreibt. So wie es seit Kurzem<br />
bei der „REM Energy“, einem Spezialschiff<br />
für Offshore-Windparks in der Nordsee praktiziert<br />
wird. „Da geht viel Energie verloren“,<br />
sagt Graf. Schon heute sind Systeme in der<br />
36<br />
37
Pioniere der Energiewende<br />
Ein Versuchsaufbau am Windkanal der FH Kiel<br />
Entwicklung, teilweise in der Prototyp-Erprobung,<br />
mit denen Frachter mit Unterstützung<br />
des Windes rund 20 Prozent Treibstoff einsparen<br />
können – mit Luft nach oben.<br />
Einen Haken gibt es allerdings bei allen Systemen:<br />
Sie benötigen Platz an Deck. Und genau<br />
dort stehen bei den größten Frachtern teils<br />
Tausende Container. „Wir werden die Systeme<br />
also zuerst bei den Schiffen sehen, die ihre<br />
Ladung unter Deck transportieren“, vermutet<br />
Graf. So plant die schwedische Reederei Wallenius<br />
Marine aktuell ein Autotransportschiff<br />
namens „Oceanbird“, bei dem fünf 80 Meter<br />
hohe Flügelsegel für den Antrieb sorgen sollen<br />
– die Autos stehen allesamt unter Deck.<br />
Ein Motor wird dann nur noch zum Manövrieren<br />
im Hafen eingesetzt. Dass solche Schiffe<br />
schon bald flächendeckend unterwegs sind,<br />
glaubt Graf aber nicht. Dafür müsste erst ein<br />
komplettes Umdenken stattfinden. „Am Ende<br />
wird das alles zu neuen Schiffstypen führen<br />
müssen – und damit auch zu ganz anderen<br />
Transportketten.“<br />
Dass sich etwas tut, dafür sorgt auch die<br />
FH Kiel. Hier werden zwar klassische Schiffbauingenieure<br />
ausgebildet; laut Graf kommen<br />
sie aber auch in Kontakt mit Windantrieben –<br />
sobald die Kernkompetenzen vorhanden sind.<br />
„In unserer Hochschule spielt der maritime<br />
Umweltschutz eine große Rolle. Und dazu<br />
gehört natürlich auch das Problem der fossilen<br />
Brennstoffe“, sagt er. Das werde irgendwann<br />
auch dazu führen, dass sich Studierende<br />
noch mehr mit alternativen Antrieben auseinandersetzen,<br />
ist sich der Kieler Professor für<br />
Strömungsmechanik sicher. Und schon heute<br />
bietet sein Feld große Vorteile. Denn das,<br />
was Graf analysiert, kann er oft schon wenige<br />
Monate später in der Realität beobachten.<br />
„Wer Bedarf an Windkanaluntersuchungen von<br />
Segelantrieben hat, kommt zu uns. Unsere<br />
Ergebnisse werden dann praktisch umgesetzt“,<br />
sagt er. „Wir sehen, was aus unserer<br />
Arbeit geworden ist – das ist der besondere<br />
Reiz des Ingenieurberufs und spannend zu<br />
verfolgen.“<br />
Mit seinen zahlreichen Windparks ist Schleswig-<br />
Holstein prädestiniert für Herstellung von grünem<br />
Wasserstoff. Forscher der FH Westküste und der HS<br />
Flensburg erproben seinen Einsatz in Pilotprojekten.<br />
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1<br />
2,2<br />
H<br />
Wasserstoff<br />
1,0079<br />
0,09<br />
Wenn Ökonomen die überragende Bedeutung eines Rohstoffs betonen<br />
wollen, erklären sie ihn gern zum „neuen Öl“. Mal sind es Daten, die<br />
als „Öl des 21. Jahrhunderts“ die Digitalisierung ankurbeln, mal ist<br />
es Lithium für Autobatterien. Wenn in diesen Tagen vom neuen Öl<br />
die Rede ist, dann meist in Zusammenhang mit grünem Wasserstoff.<br />
Er soll die Nachfolge des Erdöls antreten, das seit mehr als einem<br />
Jahrhundert die Weltwirtschaft anheizt, aber eben auch das Klima.<br />
38<br />
39
„Viele kennen CO2 nur als Treibhausgas.<br />
Künftig werden wir es immer stärker<br />
auch als Rohstoff für klimaneutrale<br />
Treibstoffe brauchen.“<br />
chert und steht so zur Nutzung für weitere<br />
Prozesse in der Raffinerie zur Verfügung, aber<br />
auch zur Beimischung im regionalen Erdgasnetz.<br />
Die entstehende Abwärme des Elektrolyseurs<br />
soll in einem Wärmenetz genutzt werden,<br />
um Gewerbebetriebe zu versorgen.<br />
Text Volker Kühn<br />
Fotos HS, Flensburg, Christina<br />
Kloodt<br />
Grafik Boggus/Freepik<br />
In der Theorie sind die Einsatzmöglichkeiten<br />
fast grenzenlos. Wasserstoff könnte<br />
Autos, Züge, Flugzeuge und Containerschiffe<br />
antreiben, er könnte die Hochöfen von Stahlfabriken<br />
befeuern, Wohnungen heizen und in<br />
Gaskraftwerken zur Stromerzeugung verbrannt<br />
werden. Und da er grün ist, wird nicht eine<br />
einzige Tonne CO2 frei.<br />
Ist Wasserstoff also das<br />
Zauberelixier, das die<br />
Menschheit von ihren<br />
Treibhausgasen befreit?<br />
„Da wäre ich vorsichtig“, sagt Oliver Opel,<br />
Professor für die energetische Optimierung<br />
von Gebäuden an der FH Westküste. „Wasserstoff<br />
kann uns in vielen Bereichen weiterhelfen,<br />
aber nicht in jedem Anwendungsfall ist<br />
der Einsatz sinnvoll“, so Opel, der zugleich<br />
Sprecher des Kompetenzzentrums Erneuerbare<br />
Energien und Klimaschutz SchleswigHolstein<br />
(EEK.SH) ist.<br />
Der Grund für seine Skepsis ist, dass grüner<br />
Wasserstoff kein Rohstoff ist, wie viele glauben,<br />
sondern ein aufwändig hergestelltes<br />
Gas. Es lässt sich nicht wie Öl und Erdgas<br />
aus der Erde pumpen, vielmehr ist es nur ein<br />
Energieträger, der Ökostrom in Form von Gas<br />
speichert. Das Problem: Zur Erzeugung von<br />
Wasserstoff werden große Mengen Ökostrom<br />
gebraucht, und in diesem Produktionsprozess,<br />
Elektrolyse genannt, geht viel Energie verloren.<br />
Wo immer möglich, ist es daher effizienter,<br />
Prozesse direkt zu elektrifizieren, als<br />
den Umweg über das Gas zu gehen. EAutos<br />
etwa nutzen die eingesetzte Energie um ein<br />
Vielfaches besser aus als Brennstoffzellenfahrzeuge,<br />
in denen Wasserstoff umgesetzt<br />
wird. Je mehr grüner Wasserstoff in Industrie,<br />
Verkehr und Gebäuden zum Einsatz kommen<br />
soll, desto mehr Windräder und Solarparks<br />
braucht man auch, um ihn herzustellen. „Von<br />
der Frage, wie stark wir auf Wasserstoff setzen,<br />
hängt ab, ob wir künftig in Deutschland<br />
einen Strombedarf von eher 1000 oder 3000<br />
Terawattstunden haben“, sagt Opel. „Letztlich<br />
hängt die Nutzung von der Verfügbarkeit<br />
erneuerbaren Stroms ab.“<br />
Doch auch wenn der Einsatz von grünem Wasserstoff<br />
Grenzen hat – in vielen Bereichen ist<br />
er unverzichtbar, wenn die Welt klimaneutral<br />
werden soll. Die chemische Industrie etwa<br />
benötigt ihn, um daraus weitere Produkte<br />
herzustellen. Bislang verwendet sie dazu fast<br />
ausschließlich sogenannten grauen Wasserstoff.<br />
Der wird aus fossilem Erdgas erzeugt,<br />
wobei ebenso viel CO2 in die Atmosphäre<br />
gelangt wie bei der direkten Verbrennung des<br />
Gases. Grüner Wasserstoff wäre die saubere<br />
Alternative.<br />
Sinnvoll ist der Einsatz von grünem Wasserstoff<br />
dagegen, wenn zur Elektrolyse Stromüberschüsse<br />
aus erneuerbaren Quellen genutzt<br />
werden. Gerade in SchleswigHolstein mit seinen<br />
vielen Windrädern müssen die Turbinen<br />
oft ausgerechnet dann abgestellt werden,<br />
wenn sie bei Starkwind besonders viel Strom<br />
liefern könnten. Schuld ist das Stromnetz, das<br />
(noch) nicht in der Lage ist, die großen Windstrommengen<br />
abzutransportieren. Statt den<br />
überschüssigen Windstrom gewissermaßen<br />
wegzuwerfen, könnte er Elektrolyseure antreiben,<br />
um grünen Wasserstoff zu erzeugen.<br />
Wie sich das Gas anschließend weiternutzen<br />
lässt, erforscht Professor Hinrich Uellendahl<br />
im Projekt „Testlabor Sektorkopplung“ an der<br />
Hochschule Flensburg. Der Europäische Fonds<br />
für regionale Entwicklung (EFRE) fördert die<br />
Forschung. In einer Pilotanlage wird dabei<br />
grüner Wasserstoff mit dem CO2 aus einer<br />
Biogasanlage zusammengebracht. So lässt<br />
sich Methan erzeugen. Es besitzt die chemische<br />
Qualität von Erdgas und kann direkt<br />
ins Gasleitungsnetz eingespeist werden, um<br />
etwa Wohnungen zu heizen und industrielle<br />
Prozesse anzutreiben. „Auf diese Weise lässt<br />
sich grüner Wasserstoff mit der bereits bestehenden<br />
Erdgasinfrastruktur nutzen“, erklärt<br />
Uellendahl, der wie Opel auch Sprecher des<br />
EEK.SH ist.<br />
Genau das ist das Ziel, das sich hinter dem<br />
Begriff „Sektorkopplung“ verbirgt: Strom in<br />
Sektoren verfügbar zu machen, die bislang<br />
überwiegend andere Energieformen einsetzen.<br />
Uellendahls Projekt konzentriert sich dabei<br />
nicht allein auf die Kopplung von Stromund<br />
Wärmesektor – auch die Herstellung von<br />
Treibstoffen und Chemikalien aus Wasserstoff<br />
und CO2, den sogenannten EFuels, wird in<br />
Flensburg erprobt. Diese CO2neutralen Treibstoffe<br />
werden unter anderem im Flugverkehr<br />
gebraucht. Denn für diesen Sektor kommt die<br />
direkte Elektrifizierung bislang kaum infrage<br />
– die Batterien für Flugzeuge wären viel zu<br />
groß und schwer. Ausgerechnet das Klimagift<br />
CO2 könnte so dazu beitragen, Flugzeuge von<br />
ihrem Klimaproblem zu befreien.<br />
Wie die Sektorkopplung im industriellen Maßstab<br />
funktioniert, ist Gegenstand eines vom<br />
Bund geförderten Projekts, an dem Oliver<br />
Opel beteiligt ist: dem sogenannten „Reallabor<br />
Westküste 100“. Dabei soll Strom von<br />
Offshore Windrädern in der Nordsee genutzt<br />
werden, um grünen Wasserstoff in einem Elektrolyseur<br />
zu erzeugen, der an der Raffinerie<br />
Heide im Kreis Dithmarschen steht. Das Gas<br />
wird in einer Salzkaverne unterirdisch gespei<br />
Prof. Dr. Hinrich Uellendahl, Professor<br />
am Fachbereich Maschinenbau,<br />
Verfahrenstechnik und Maritime<br />
Technologien an der Hochschule<br />
Flensburg<br />
Auch ein Zementwerk ist an „Westküste 100“<br />
beteiligt. Ähnlich wie die Biogasanlage im<br />
Flensburger Pilotprojekt soll es CO2 zur Verfügung<br />
stellen. Das Klimagas wird nicht<br />
nur beim Einsatz von Brennstoffen in der<br />
Zementherstellung frei, es entweicht auch aus<br />
dem Ausgangsmaterial des Zements. Zusammen<br />
mit dem grünen Wasserstoff lassen sich<br />
aus dem CO2 in weiteren Prozessschritten<br />
sogenannte EFuels herstellen, also klimaneutrale<br />
Treibstoffe. „Viele kennen CO2 nur als<br />
Treibhausgas“, sagt Opel. „Künftig werden wir<br />
es immer stärker auch als Rohstoff für klimaneutrale<br />
Treibstoffe brauchen.“ Womit nicht<br />
gesagt sein soll, dass CO2 gleich das „Öl des<br />
21. Jahrhundert“ wäre.<br />
Prof. Dr. Oliver<br />
Opel, Professor<br />
für energetische<br />
Optimierung von<br />
Gebäuden an der<br />
Fachhochschule<br />
Westküste<br />
40
Spannende Zeiten!<br />
Text Anja Nacken<br />
Fotos Apo Genç<br />
Die Energiewende bedeutet mehr als der<br />
reine Ausbau erneuerbarer Energien.<br />
Standortfragen und Umstrukturierungen sind das Thema von Simon Brinkmann<br />
(35) als Head of Industrial Park Marketing bei Covestro in Brunsbüttel. Er kennt<br />
die herausfordernden Aufgaben in Zeiten der Energiewende und muss einen klaren<br />
Überblick behalten. ME2BE hat mit ihm ein persönliches Gespräch über seinen<br />
Werdegang, sein jetziges Aufgabengebiet und die anstehenden Anforderungen geführt.<br />
Herr Brinkmann, erzählen Sie uns doch<br />
zunächst etwas über Ihren Werdegang.<br />
Ich bin in Hannover geboren und in Soltau<br />
aufgewachsen. Nach meinem Abitur habe ich<br />
aufgrund meiner familiären Vorprägung (Anm.<br />
der Redaktion: Sowohl der Vater als auch ein<br />
Onkel sind Ingenieure in der Chemiebranche)<br />
ein Diplomstudium an der TU Hamburg-Harburg<br />
als Diplomingenieur für Verfahrenstechnik<br />
absolviert. Danach überlegte ich, eine<br />
Promotion anzustreben, habe mich aber dann<br />
dagegen entschieden, weil ich mich eher als<br />
Generalist sehe und mich nicht zu tief in<br />
einem Fachbereich verlieren wollte. Stattdessen<br />
schloss ich dann ein zweites Studium als<br />
Wirtschaftsingenieur ab.<br />
An welcher Universität absolvierten Sie das<br />
Studium?<br />
An der Leuphana Universität Lüneburg. Dort<br />
habe ich meinen Master im Bereich Management<br />
& Engineering erreicht.<br />
Eine Masterthesis gestützt durch Einblicke<br />
in das Unternehmen Covestro?<br />
Genau! Ich habe hier in Brunsbüttel eine<br />
Praktikumsstelle bekommen und parallel dazu<br />
meine Masterarbeit im Bereich Industriepark-Management<br />
und Marketing geschrieben.<br />
Laut Ihrer Vita haben Sie aber auch während<br />
Ihrer Zeit in Lüneburg dort den Fair-<br />
Five GmbH Kaffee- und Einzelhandelsbetrieb<br />
mit gegründet. Wie kam es dazu?<br />
Das hat sich während meiner Studienzeit<br />
ergeben und war eine ganz spannende Sache.<br />
Wir haben damals den Kaffeehandel und den<br />
Vertrieb aufgebaut und Erfahrungen dahingehend<br />
gesammelt, wie man eine GmbH gründet,<br />
wie man als Gesellschafter arbeitet und<br />
vieles mehr. Es war eine Zeit des Ausprobierens<br />
und Experimentierens und sie war sehr<br />
hilfreich für meine berufliche Entwicklung.<br />
Und wie ging es danach für Sie beruflich<br />
weiter?<br />
Anscheinend hinterließ ich einen guten Eindruck<br />
bei Covestro, denn ich habe kurz vor<br />
Beendigung meiner Masterarbeit nach einer<br />
Anstellungsmöglichkeit gefragt, und daraufhin<br />
wurde mir meine damalige Position im<br />
Industriepark-Marketing mit dem Schwerpunkt<br />
Betreuung der Partnerfirmen angeboten.<br />
Eine sehr interessante Aufgabe, da Covestro<br />
an diesem Standort ja nicht nur eigene<br />
Produktionsanlagen unterhält, sondern den<br />
Industrie park auch als Vermarktungsfläche<br />
betreibt. An dieser Schnittstelle im Industriepark-Marketing<br />
habe ich damals angefangen.<br />
Das bedeutet, dass Covestro eine Art Untervermietung<br />
der Parkflächen betreibt?<br />
Covestro teilt sich als Eigentümer der Flächen<br />
und der Infrastruktur<br />
sowie des Kraftwerks<br />
und der Abwasserbehandlungsanlagen<br />
mit seinen Partnerfirmen<br />
die vorhandenen<br />
Anlagen. Um<br />
diese Zusammenarbeit<br />
perfekt zu<br />
realisieren, muss<br />
alles vertraglich und<br />
selbstverständlich<br />
auch kommerziell<br />
einwandfrei geregelt<br />
sein. Natürlich gilt<br />
dieses Angebot für<br />
Unternehmen, die<br />
in einem ähnlichen<br />
Segment tätig sind,<br />
da die Anforderungen seitens der Genehmigungsverfahren,<br />
der Sicherstellung der Qualitätsstandards<br />
und der benötigten Utilities,<br />
wie zum Beispiel Gas, kompliziert sind und<br />
sich der Aufwand gegenüber den Synergieeffekten<br />
rechnen muss.<br />
Nun könnten aber angesichts der momentanen<br />
Lage für energieintensive Unternehmen<br />
wie Covestro und Partnerfirmen<br />
schwierige Zeiten anstehen. Wie schätzen<br />
Sie die derzeitige Lage ein?<br />
Das ist zweigeteilt. Ich kann nicht als Fachmann<br />
für die Zukunft der Vermarktung unserer<br />
Chemieprodukte sprechen, aber im Falle der<br />
Vermarktung unserer Flächen in Brunsbüttel<br />
kann ich sagen, dass die Zeit noch nie so<br />
spannend war. Der Park ist ein wichtiger Drehpunkt<br />
für anlandende erneuerbare Energien<br />
und Energieimporte. Hier reden wir von Projekten<br />
wie LNG-Terminal, Ammoniak-Terminal,<br />
OFF-SHORE Windparks und dem Ausbau des<br />
Projekts SuedLink. Wir haben viele Anfragen<br />
bezüglich einer Ansiedlung neuer Firmen am<br />
Standort Brunsbüttel. Aber natürlich machen<br />
wir uns andererseits vor dem Hintergrund der<br />
enormen Preissteigerung für Gas oder sogar<br />
der Einstellung russischer Gaslieferungen um<br />
unsere momentanen Produktionskapazitäten<br />
Sorgen – noch sind wir auf fossile Rohstoffe<br />
angewiesen.<br />
Covestro hat es sich zum Ziel gesetzt, bis<br />
2035 klimaneutral zu sein. Wie ist der<br />
Stand bei der Verfolgung dieses Zieles?<br />
Wir haben Anfang des Jahres <strong>2022</strong> zwei<br />
Handlungsbereiche zur Verbesserung unserer<br />
Emissionen mit den Namen Scope 1 und<br />
Scope 2 formuliert, die bis 2030 beziehungsweise<br />
2035 umgesetzt werden sollen. Scope<br />
1 betrifft die direkten Emissionen, die unsere<br />
Produktionsanlagen durch die Verfeuerung<br />
von Erdgas produzieren; Scope 2 betrifft die<br />
indirekten Emissionen, die zum Beispiel bei<br />
der fossilen Herstellung von Strom entstehen.<br />
Die Lösungsansätze zur Bewältigung dieser<br />
Probleme sind keineswegs neu, sondern<br />
gehen auf konkrete Projektideen zurück, die<br />
wir schon seit längerem mit Erfolg angestoßen<br />
haben. Mit der Veröffentlichung beziehungsweise<br />
der schriftlichen Festlegung der<br />
Ziele haben wir uns öffentlich verpflichtet,<br />
auf diesem Weg zu bleiben und Themen wie<br />
Energieeinsparungen sowie den Ausbau einer<br />
noch effizienteren Kreislaufwirtschaft mit<br />
Tempo voranzutreiben.<br />
Ambitionierte Ziele! Haben Sie keine<br />
Angst, ausgebremst zu werden?<br />
Stimmt, das sind ambitionierte Ziele, aber<br />
Covestro sieht sich in der Verpflichtung, die<br />
Herausforderungen anzunehmen. Dennoch<br />
muss man natürlich auch die Verbindungen<br />
und Abhängigkeiten im Gesamtprozess einer<br />
gelungenen Energiewende im Blick haben<br />
und darf diese nicht unterschätzen. Viele<br />
alternative Stromanlagen entsprechen noch<br />
nicht den Voraussetzungen einer ausreichenden<br />
Erzeugungskapazität, die ein Unternehmen<br />
unserer Größenordnung braucht. Ebenso<br />
bedarf es bei der Umstellung auf neue Brennstoffe<br />
oftmals umfangreicher Umbaumaßnahmen<br />
der technischen Anlagen, und nicht<br />
zuletzt mangelt es bis dato an notwendigen<br />
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seitens<br />
der Politik und einem letztendlich ausbalancierten<br />
marktwirtschaftlichen Preisgefüge.<br />
Eine große Aufgabe, die auch jede Menge<br />
Geld kosten wird.<br />
Die Voraussetzungen haben sich durch den<br />
Krieg in der Ukraine und die steigende Inflation<br />
nochmal verändert. Aber wir haben als<br />
Unternehmen verstanden, dass eine Transformation<br />
stattfinden muss, und wir wollen diese<br />
aktiv mitgestalten. Das kostet natürlich Geld,<br />
aber letztendlich lohnt sich der Einsatz!<br />
Auch für die Zukunft der nachfolgenden<br />
Generation. Was würden Sie sich für diese<br />
wünschen?<br />
Wir müssen uns als Gesellschaft darüber im<br />
Klaren sein, dass es ohne Verzicht nicht möglich<br />
sein wird, unseren Kindern eine lebenswerte<br />
Welt zur Verfügung zu stellen. Dies ist<br />
die große Aufgabe meiner Generation. Das ist<br />
nicht leicht zu kommunizieren und umzusetzen,<br />
denn auch die Politik suggeriert, dass wir<br />
alles über technischen Fortschritt schaffen<br />
könnten und wir als Gesellschaft immer weiter<br />
wachsen müssten, aber ich glaube, dass<br />
wir erkennen müssen, dass manchmal einfach<br />
weniger mehr sein wird. Weniger Konsum von<br />
nicht nachhaltigen Produkten und Waren wird<br />
helfen, weniger Rohstoffe zu verbrauchen.<br />
42<br />
43
LERNEN<br />
CAMPUS STUDIUM COMPANIES PORTRAITS<br />
Vom Meister zum Professor: Christian Blatt<br />
will Studierenden nachhaltig Spaß am<br />
Lernen vermitteln .... Seite 46<br />
Wie vermittelt die Wissenschaft ihre<br />
Erkenntnisse der Gesellschaft?<br />
.... Seite 48<br />
Professorin Liane Simon über den<br />
Studiengang Transdisziplinäre<br />
Frühförderung an der MSH .... Seite 50<br />
MSH-Absolventin Lena<br />
Frankemöller berichtet<br />
über ihre Arbeit in der<br />
Frühförderung<br />
.... Seite 53<br />
Wie Lübecker Gebäudetechnikplaner die<br />
Klimawende vorantreiben .... Seite 58<br />
Studiengänge im<br />
Fokus .... Seite 56<br />
44<br />
45
Aus der Praxis in<br />
die Hochschule<br />
Vom Meister zum Professor: Christian Blatt will<br />
Studierenden nachhaltig Spaß am Lernen vermitteln<br />
Christian Blatt hat drei Berufe gelernt, heute lehrt er an der Technischen<br />
Hochschule Lübeck. Im Studiengang „Nachhaltige Gebäudetechnik“ will er<br />
Studierende befähigen, Gebäude künftig energetisch nachhaltig bauen zu lassen.<br />
Es gibt Leben, die reichen für mehr als eine<br />
Biografie. Bei Christian Blatt etwa ist das so<br />
– zumindest beruflich. Der 52-Jährige hat in<br />
seiner Jugend das Tischlerhandwerk gelernt,<br />
wurde später Parkettleger, dann Estrichleger<br />
– in allen Berufen brachte er es bis zum Meistertitel.<br />
„Ich habe alle Jobs sehr gemocht“,<br />
sagt Blatt. Trotzdem studierte er Bauphysik,<br />
machte seinen Master und ist seit vergangenem<br />
Jahr Professor für Gebäudesimulation<br />
und -optimierung an der Technischen Hochschule<br />
Lübeck.<br />
Mit seinem außergewöhnlichen Weg durch<br />
verschiedene Gewerke und der langen Praxiserfahrung<br />
ist Blatt im Grunde eine Idealbesetzung<br />
für den Studiengang „Nachhaltige<br />
Gebäudetechnik“. In Lübeck werden Klimaschutz<br />
und Nachhaltigkeit, Physik, Baukonstruktion<br />
und Anlagentechnik in dem Studiengang<br />
vereint. „Wir planen im Prinzip<br />
ganzheitlich, sehr umfassend“, betont Blatt,<br />
„und nachhaltig“. Letzteres spiegelt sich seit<br />
2021 auch im Namen des Studiengangs wider.<br />
„Es geht zwar noch immer um die Gebäudetechnik,<br />
aber insbesondere auch um regenerative<br />
Energien“, ergänzt er. „Wenn wir ein<br />
Gebäude heute planen, dann schauen wir<br />
auch, was in 25 Jahren sein wird. Und dann<br />
sollten Gas und Öl hoffentlich keine Rolle<br />
mehr spielen.“<br />
Mit Software werden<br />
Gebäude schon vor<br />
dem Bau optimiert<br />
Blatt selbst hält zehn verschiedene Vorlesungen<br />
an der TH. Sein Spezialgebiet aber ist die<br />
Gebäudesimulation. „Da stecke ich voll drin“,<br />
sagt er. Die angehenden Gebäudetechnikerinnen<br />
und -techniker lernen bei ihm, mithilfe<br />
von Software Gebäude zu planen. „Man kann<br />
beispielsweise voraussagen, wo Fenster verschattet<br />
werden müssen“, erklärt Blatt. So<br />
werden Gebäude schon im Voraus energetisch<br />
optimiert. Einige Studierende fokussieren sich<br />
etwa auf Wärmepumpen, andere auf Brennstoffzellen<br />
– ein naheliegender Fels im Windenergie-Land<br />
Schleswig-Holstein.<br />
Auch wenn nach wie vor Bauingenieure,<br />
Stadtplaner und Architekten ihre eigenen Studiengänge<br />
haben, sammeln die angehenden<br />
Gebäudetechniker auch interdisziplinär Erfahrungen.<br />
„Das ist ja nach dem Studium auch<br />
der Fall, dass Gewerke übergreifend gearbeitet<br />
wird“, sagt Blatt. Dass viele seiner Studierenden<br />
heute direkt aus der Schule an die TH<br />
kommen, sieht Blatt nicht als Problem. „Es ist<br />
immer gut, wenn man praktische Erfahrungen<br />
gesammelt hat“, sagt er. Aber durch Praktika<br />
und später auch im Beruf würden die Studierenden<br />
die ebenfalls sammeln.<br />
Und auf dem Arbeitsmarkt sind ohnehin<br />
alle Absolventen des Studiengangs gefragt,<br />
sagt Blatt. „Die werden schon in den ersten<br />
„Ich finde das noch immer<br />
faszinierend: Lernen ist so schön,<br />
was da für Glückshormone<br />
frei werden können!“<br />
Semestern von Unternehmen umworben“,<br />
betont der Professor. „Der Markt ist riesig.“<br />
Viele Studierende arbeiten früh als Werksstudenten.<br />
„Eigentlich sind hier alle gut ausgelastet<br />
– aber die Betriebe lassen nicht locker.“<br />
Das mache sich auch materiell bemerkbar. Es<br />
sei erstaunlich, wie gut einige Studierende<br />
bereits während ihrer Bachelorarbeit technisch<br />
ausgestattet würden, sagt Blatt. „Die<br />
bekommen zum Teil von den Betrieben beispielsweise<br />
hochgerüstete Tablets, später<br />
gute Angebote für Autos und Wohnungen<br />
– das ist ziemlich beeindruckend.“ Trotzdem<br />
sei die Zahl der Studierenden noch relativ<br />
gering. „Wir sind einfach nicht so bekannt,<br />
wie andere Studiengänge“, vermutet Blatt.<br />
Text Robert Otto-Moog<br />
Fotos Sebastian Weimar<br />
Faszination fürs Lernen<br />
ist bis heute geblieben<br />
Blatt selbst hat seinen Weg in den Beruf<br />
noch anders gestartet – wobei auch er seinen<br />
ersten Job früh sicher hatte. Schon seine<br />
Großeltern besaßen einen Handwerksbetrieb,<br />
früh half er in der Tischlerei des Vaters aus.<br />
„Es war klar für mich, dass ich da arbeiten<br />
werde“, erinnert er sich. Trotzdem wollte er<br />
mehr. Von der Tischlerei zur Verarbeitung<br />
von Parkett wechselte Blatt aus praktischen<br />
Gründen. „Das war praktischer, da nicht so<br />
viele Maschinen benötigt werden“, erklärt<br />
er. Also machte er zusätzlich zum Tischlermeister<br />
noch den Parkettlegermeister – und<br />
zur Sicherheit den Estrichlegermeister. „Man<br />
kann unglaublich viele Fehler machen“, sagt<br />
er. „Ich wollte alles genau verstehen.“ 20<strong>01</strong><br />
machte er sich selbständig, arbeitete wenig<br />
später auch als öffentlich bestellter und vereidigter<br />
Sachverständiger.<br />
Was Blatt aber vor allem auf der Meisterschule<br />
entdeckt hat, war seine Faszination<br />
fürs Lernen. „Bis dahin wusste ich gar nicht,<br />
wie das wirklich geht. Ich habe mir Bücher<br />
übers Lernen gekauft“, erinnert er sich. „Das<br />
war der Wahnsinn: Als ob in meinem Kopf<br />
vorher ein Stau war.“ Mit 36 Jahren wagte<br />
Arbeiterkind Blatt dann den Sprung an die<br />
Hochschule für Technik in Stuttgart, um seinen<br />
Bachelor in Bauphysik zu machen. „Ich<br />
konnte durch meine Erfahrung die meisten<br />
Module vernachlässigen und musste mich vor<br />
allem auf Mathematik fokussieren – das habe<br />
ich geliebt.“ Der Betrieb lief nebenbei weiter,<br />
später übernahm diesen sein Bruder. „Diese<br />
Doppelbelastung hält man nicht lange aus“,<br />
erinnert sich Blatt.<br />
Anschließend schloss der heute 52-Jährige<br />
ein Masterstudium in Baustoffkunde, Bauchemie<br />
und Instandsetzung an der TU München<br />
ab. An seiner Dissertation arbeitet er noch.<br />
„Jetzt bin ich erst einmal in Lübeck Professor<br />
und bereite die Lehre vor. Meine Promotion<br />
will ich aber noch unbedingt abschließen“,<br />
sagt er. Den Antrieb dazu hat er behalten.<br />
„Ich finde das noch immer faszinierend: Lernen<br />
ist so schön, was da für Glückshormone<br />
frei werden können! Das ist seit der Meisterschule<br />
da, und ich freue mich bis heute übers<br />
Lernen.“<br />
46<br />
47
Wissen, was die Welt bewegt<br />
Wie vermittelt die Wissenschaft ihre Erkenntnisse der Gesellschaft<br />
Die Zeit des unbegrenzten Wachstums scheint endgültig<br />
an ihr Ende gekommen zu sein. Transformationsprozesse<br />
durchdringen immer mehr Bereiche des täglichen Lebens und<br />
fordern Antworten für ein neues Verständnis von Wohlstand,<br />
Lebensformen und gesellschaftlichem Zusammenhalt:<br />
Wie wollen wir künftig leben und arbeiten?<br />
Text Sophie Blady<br />
Fotos Sebastian Weimar<br />
Die Technische Hochschule Lübeck<br />
Die Technische Hochschule Lübeck ist eine Hochschule für Angewandte Wissenschaften<br />
und ging 2<strong>01</strong>8 aus der FH Lübeck hervor. Die fachlichen Schwer punkte der Hochschule<br />
liegen in den Bereichen Technik, Naturwissenschaften, Wirtschaft und Architektur.<br />
Mit rund 130 Professorinnen und Professoren in vier Fachbereichen bietet sie zurzeit<br />
über 30 Bachelor- und Masterstudiengänge an. Weitere Besonderheiten: einzigartige<br />
<strong>Campus</strong>-Allianz mit Universität und Universitätsklinikum, hoher Grad an Wissensund<br />
Technologietransfer, internationale Studienangebote, moderne Ausstattung.<br />
Fundierte Antworten liefern Forscherinnen<br />
und Forscher, die sich intensiv mit dem Klimawandel,<br />
der Digitalisierung, der Nachhaltigen<br />
Gebäudetechnik und vielen weiteren Themen<br />
auseinandersetzen, um zukunftsorientierte<br />
Lösungen zu entwickeln. Nie zuvor wirkten<br />
sich wissenschaftliche Erkenntnisse so gravierend<br />
auf unsere alltägliche Lebenssituation<br />
aus wie in der Coronapandemie. Nie zuvor war<br />
die Art und Weise, wie Forschungsergebnisse<br />
kommuniziert werden, so bedeutsam für politische<br />
und gesellschaftliche Entscheidungen.<br />
Auch in Talkshows, Podcasts, auf YouTube<br />
und in Zeitungen werden hochkomplexe<br />
Zusammenhänge so kommuniziert, dass ein<br />
fachfremdes Publikum diese einordnen und<br />
verstehen kann. Laut dem Wissenschaftsbarometer<br />
<strong>2022</strong> geben 62 Prozent der Befragten<br />
an, dass sie der Wissenschaft und der Forschung<br />
eher oder voll und ganz vertrauen und<br />
dass dieser Bereich sehr viel mehr Gehör in<br />
der Öffentlichkeit bekommen sollte. Mit dem<br />
CAMPUS-Magazin gibt ME2BE jenen Forschenden<br />
daher eine Stimme, die sich mit zukunftsrelevanten<br />
Themen wie Windkraft, Ressourcen<br />
und Weltwirtschaft auseinandersetzen. Wir<br />
eröffnen Schülerinnen und Schülern Einblicke<br />
in vielfältige Studiengänge und Themengebiete,<br />
so dass sie aktiv ihre Zukunft gestalten<br />
können.<br />
Welche beruflichen Möglichkeiten das Thema<br />
Wissenschaftskommunikation bietet, erfahren<br />
wir von Johanna Helbing. Sie studierte europäische<br />
Medienkultur in Weimar und Lyon und<br />
arbeitet heute als Kommunikationsreferentin<br />
an der TH Lübeck.<br />
Frau Helbing, nachdem Sie Ihr Studium<br />
beendet haben, bewarben Sie sich um ein<br />
Volontariat an der TH Lübeck. Was macht<br />
das Volontariat an einer Hochschule aus?<br />
Das Volontariat an einer Hochschule ist thematisch<br />
enger gefasst als bei einer Zeitung<br />
und beschäftigt sich vorrangig mit den Fachgebieten<br />
der Hochschule. An der TH Lübeck<br />
sind das die Bereiche Angewandte Naturwissenschaften,<br />
Bauwesen, Maschinenbau, Elektrotechnik,<br />
Wirtschaft und Informatik.<br />
Wie gestaltet sich Ihre Zusammenarbeit<br />
mit den Professorinnen und Professoren?<br />
Ich arbeite sehr eng mit den Kolleginnen und<br />
Kollegen aus der Forschung zusammen. Meine<br />
Aufgabe ist es, mithilfe unterschiedlicher<br />
Medien und Veranstaltungsformen der Öffentlichkeit<br />
die neuesten Erkenntnisse zugänglich<br />
zu machen. Dabei stellt sich immer zuerst die<br />
Frage, wen wollen wir erreichen und welche<br />
Form der Kommunikation eignet sich dafür am<br />
besten?<br />
Wie wecken Sie das Interesse für komplexe<br />
Themen bei unterschiedlichen Zielgruppen?<br />
Um beispielsweise die Akteure der Baubranche<br />
über neue Erkenntnisse zum Thema nachhaltiges<br />
Bauen aufzuklären, organisierte ich<br />
in Zusammenarbeit mit Professor Fiedler ein<br />
Symposium für die Vertreter der Handwerkskammer<br />
und der Handelskammer. Das erklärte<br />
Ziel: In einen offenen Dialog mit den Menschen<br />
zu treten, die unsere Erkenntnisse aus<br />
der Forschung in die Tat umsetzen.<br />
Geht es jedoch darum, bei einem fachfremden<br />
Publikum Interesse zu wecken, bietet<br />
sich ein Science-Slam (Anm. der Red.: Dabei<br />
handelt es sich um ein populärwissenschaftliches<br />
Format, bei dem Wissenschaftler ihre<br />
Forschungsthemen in Kurzform dem Publikum<br />
präsentieren, das die Beiträge anschließend<br />
bewertet.) in entspannter Atmosphäre an.<br />
Aber auch unser Junior <strong>Campus</strong> an der TH<br />
Lübeck ist eine Form der Wissenschaftskommunikation.<br />
Kürzlich organisierten wir eine<br />
Weihnachtsexpedition, bei der Kinder lernen<br />
konnten, wie Licht entsteht und sich verhält.<br />
Was macht den Reiz der Wissenschaftskommunikation<br />
an einer Hochschule aus?<br />
Besonders interessant an meiner Tätigkeit<br />
als Kommunikationsreferentin ist es, über die<br />
Begeisterung der Professorinnen und Professoren<br />
einen Zugang zu komplexen Themengebieten<br />
zu erhalten und diese für eine breite<br />
Öffentlichkeit zugänglich zu machen und in<br />
eine verständliche Sprache zu übersetzen –<br />
Denn Wissen schafft Zukunft!<br />
Bachelorstudiengänge<br />
• Allgemeine Elektrotechnik<br />
• Angewandte Chemie<br />
• Architektur<br />
• Bauingenieurwesen<br />
• Betriebswirtschaftslehre<br />
• Biomedizintechnik<br />
• Chemie- und Umwelttechnik (auslaufend)<br />
• Elektrotechnik – Energiesysteme und<br />
Automation<br />
• Elektrotechnik – Kommunikationssysteme<br />
• Hörakustik<br />
• Informatik / Softwaretechnik<br />
• Informationstechnologie und Design<br />
• IT-Sicherheit (online)<br />
• Maschinenbau<br />
• Medieninformatik (online)<br />
• Nachhaltige Gebäudetechnik<br />
• Physikalische Technik<br />
• Regenerative Energien (online)<br />
• Stadtplanung<br />
• Umweltingenieurwesen und -management<br />
• Wirtschaftsingenieurwesen<br />
• Wirtschaftsingenieurwesen Lebensmittelindustrie<br />
• Wirtschaftsingenieurwesen (online)<br />
Masterstudiengänge<br />
• Architektur<br />
• Angewandte Informationstechnik<br />
• Bauingenieurwesen<br />
• Betriebswirtschaftslehre<br />
• Biomedical Engineering<br />
• Hörakustik und Audiologische Technik<br />
• Informatik/Softwaretechnik für<br />
verteilte Systeme<br />
• Mechanical Engineering<br />
• Medical Microtechnology<br />
• Medieninformatik (online)<br />
• Regulatory Affairs<br />
• Stadtplanung<br />
• Technische Biochemie<br />
• Water Engineering<br />
• Wirtschaftsingenieurwesen<br />
Spezielle Studienangebote:<br />
Studium mit integrierter Lehre – „StudiLe“<br />
Das Studium mit integrierter Lehre verbindet<br />
eine betriebliche Ausbildung mit einem Bachelorstudium<br />
an der TH Lübeck. Die vollständige<br />
Liste der möglichen Ausbildungsberufe ist auf<br />
www.StudiLe.de veröffentlicht. Passend zum<br />
Ausbildunsgberuf kann einer von sechs Bachelorstudiengängen<br />
gewählt werden:<br />
• Bauingenieurwesen<br />
• Betriebswirtschaftslehre<br />
• Elektrotechnik – Energiesysteme und<br />
Automation<br />
• Elektrotechnik – Kommunikationssysteme<br />
• Informatik / Softwaretechnik<br />
• Maschinenbau<br />
Internationale Doppelabschlüsse<br />
Im Double Degree Program führen die internationalen<br />
Studiengänge Elektrotechnik (ISE),<br />
Wirtschaftsingenieurwesen (ISW) und Maschinenbau<br />
(ISM) zu zwei Abschlüssen: dem<br />
Bachelor of Science der TH Lübeck sowie dem<br />
Bachelor of Science der Partnerhochschule<br />
Milwaukee School of Engineering (MSOE),<br />
Wisconsin, USA.<br />
Technische Hochschule Lübeck<br />
Mönkhofer Weg 239<br />
23562 Lübeck<br />
T. +49 (0) 451-300 6<br />
F. +49 (0) 451-300 5100<br />
kontakt@th-luebeck.de<br />
www.th-luebeck.de<br />
48<br />
49
„Es ist nur eine Phase“, hören Mütter und Väter oft, die sich Sorgen um ihre<br />
Sprösslinge machen. Was aber, wenn dem nicht so ist? Wenn es tatsächlich<br />
Handlungsbedarf gibt und der Nachwuchs Hilfe bei bestimmten Entwicklungsschritten<br />
benötigt? Dann sind die Absolvierenden des Studiengangs Transdisziplinäre<br />
Frühförderung (B. A.) gefragt. Prof. Dr. Liane Simon erklärt uns, wie die Studierenden<br />
an der MSH die komplexen pädagogischen Zusammenhänge an der Hochschule<br />
erlernen und warum es so vieler unterschiedlicher Disziplinen bedarf, um die<br />
Kleinsten unserer Gesellschaft bestmöglich auf ihr Leben vorzubereiten.<br />
Spezialisiert für<br />
die Kleinsten<br />
Professorin Liane Simon über den Studiengang<br />
Transdisziplinäre Frühförderung an der MSH<br />
Text Sophie Blady<br />
Fotos Sebastian Weimar<br />
Der Studiengang Transdisziplinäre Frühförderung<br />
wurde 2<strong>01</strong>0 an der MSH gegründet,<br />
da in der Fachcommunity aus Forschenden<br />
und Expertinnen und Experten die Notwendigkeit<br />
laut wurde, dass die Fachleute in<br />
der Frühförderung nicht ausreichend auf<br />
die Arbeit mit Kleinkindern und Familien<br />
spezialisiert seien. Warum ist die MSH dazu<br />
prädestiniert, diesem Mangel mit einem<br />
Studiengang entgegenzuwirken?<br />
Man erkannte in der Frühförderung, dass verschiedene<br />
Fachbereiche zusammenkommen<br />
müssen, um einschätzen zu können, ob die<br />
Entwicklung eines Säuglings oder Kleinkindes<br />
so stark beeinträchtigt ist, dass ein Handlungsbedarf<br />
besteht. Wenn interdisziplinäre<br />
Frühförderung gut umgesetzt wird, führt es<br />
dazu, dass die Fachleute so besser zusammenarbeiten<br />
und voneinander lernen. Erst wenn<br />
dies der Fall ist, sprechen wir von transdisziplinärem<br />
Wissen. Unsere Studierenden sind<br />
Spezialisten im pädagogischen Bereich, eignen<br />
sich jedoch zusätzlich Wissen der Fachrichtungen<br />
Medizin, Physiotherapie, der Logopädie,<br />
der Ergotherapie und der Psychologie<br />
an. Das interprofessionelle und interdisziplinäre<br />
Konzept der MSH bietet beste Voraussetzungen<br />
für fächerübergreifendes Lernen und<br />
Forschen. In Seminaren wie Statistik treffen<br />
beispielsweise Medizinstudenten auf Studierende<br />
der Frühförderung und können so mitund<br />
voneinander lernen.<br />
Warum spielt die Interdisziplinarität<br />
besonders in der Frühförderung eine entscheidende<br />
Rolle?<br />
In der Frühförderung von Kindern müssen wir<br />
besonders genau beobachten, ob bereits eine<br />
Unterstützung notwendig ist oder ob es für<br />
den Moment ausreicht, nur die Eltern zu beraten,<br />
und welche Profession mit dem Kind oder<br />
den Eltern arbeiten soll. Die Behandlung lässt<br />
sich in einem Team aus verschiedenen Professionen<br />
sehr individuell und genau aufeinander<br />
abstimmen. Da die Studierenden an der<br />
MSH bereits während ihres Studiums Einblicke<br />
in die Aufgaben der unterschiedlichen Berufsgruppen<br />
erhalten, können sie die Diagnostik<br />
differenziert durchführen.<br />
Der Studiengang Transdisziplinäre Frühförderung<br />
ist Bestandteil der Fakultät Art,<br />
Health and Social Science. Welche Anknüpfungspunkte<br />
gibt es mit der Kunst?<br />
Die ästhetische Bildung bildet einen wichtigen<br />
Schwerpunkt im Studiengang der<br />
Frühförderung. Zum einen, weil wir aus der<br />
Forschung wissen, wie entscheidend Tätigkeiten<br />
wie Tanzen, Singen und Basteln in der<br />
Frühkindpädagogik sind. Zum anderen nutzen<br />
wir die musischen Fähigkeiten für die Förderung<br />
der sogenannten Responsivität (dem<br />
Antwortverhalten) der Eltern: Da Frühchen<br />
in der Regel etwas verzögert auf die Ansprache<br />
der Eltern reagieren, schauen diese aus<br />
50<br />
51
Unwissenheit oft zu früh weg und verhindern<br />
so unbewusst die Kommunikation mit ihrem<br />
Kind. Mit Hilfe kreativer Methoden helfen wir<br />
Eltern, feinfühliger auf die Bedürfnisse ihres<br />
Kindes einzugehen und es in seinen Reaktionen<br />
zu bestärken.<br />
Wie gestaltet sich das Wechselspiel von<br />
Theorie und Praxis im Studium an der MSH?<br />
Nahezu alle Lehrenden sind auch in der Praxis<br />
tätig und bieten den Studierenden bereits ab<br />
dem ersten Semester die Möglichkeit, in Frühförderzentren<br />
oder anderen Einrichtungen zu<br />
hospitieren, um erste Einblicke in das Berufsleben<br />
zu bekommen. Praktische Erfahrungen<br />
sind daher im gesamten Studienverlauf vorgesehen.<br />
Tiefergehende Einblicke und erste<br />
Berufserfahrungen sammeln die Studierenden<br />
in einem verpflichtenden Praxissemester im<br />
dritten Studienjahr.<br />
Lena Frankemöller ist überzeugt: Für dieses Studium würde sie sich immer wieder<br />
entscheiden. Die 29-Jährige arbeitet bei der Frühförderung Norderstedt, einer<br />
interdisziplinären Frühförderstelle in Schleswig-Holstein. Im Jahr 2<strong>01</strong>3 begann sie<br />
das Studium „Transdisziplinäre Frühförderung” an der MSH Medical School Hamburg<br />
und schloss dieses 2<strong>01</strong>6 mit dem Bachelor ab. Über ihr Studium, ihre Begeisterung<br />
zum Beruf und wofür sie sich mehr Bewusstsein wünscht, hat sie ME2BE erzählt.<br />
Vernetzt fürs Kindeswohl<br />
MSH-Absolventin Lena Frankemöller berichtet<br />
über ihre Arbeit in der Frühförderung<br />
An wen richtet sich das Angebot der Frühförderung?<br />
Frühförderung kann direkt nach der Geburt<br />
beginnen und endet in der Regel mit dem Eintritt<br />
in die Schule. In diesem Zeitraum haben<br />
Eltern ein Recht darauf, sich mit allen Sorgen,<br />
die die Entwicklung ihres Kindes betrifft, an<br />
die Frühförderstellen vor Ort zu wenden und<br />
eine Beratung in Anspruch zu nehmen.<br />
Neben praktischen Erfahrungen nimmt<br />
auch die Forschung einen wichtigen Part<br />
im Studium der angehenden Pädagogen<br />
ein. Wie werden die Studierenden an die<br />
Wissenschaft herangeführt?<br />
Die Studierenden sind aktiv an der Forschungsarbeit<br />
der Lehrenden beteiligt, beispielsweise<br />
an Erhebungen für meinen Forschungsschwerpunkt<br />
„Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit,<br />
Behinderung und Gesundheit”<br />
(ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO).<br />
Die Studierenden haben Interviews mit Fachleuten<br />
aus der Frühförderung geführt und<br />
zum Beispiel Erkenntnisse darüber gewonnen,<br />
wie es ihnen gelingt, die ICF zu nutzen, aber<br />
auch, was sie benötigen, um ICF-basiert zu<br />
diagnostizieren, und ob die Bezahlung angemessen<br />
ist, wenn sie sich mit anderen Fachleuten<br />
austauschen. Die Ergebnisse solcher<br />
Umfragen präsentiere ich nach gründlicher<br />
Auswertung auf Kongressen oder bei der WHO.<br />
Welche beruflichen Möglichkeiten warten<br />
auf die Absolvierenden des Studiengangs<br />
Transdisziplinäre Frühförderung?<br />
In Deutschland gibt es über 1200 Frühförderstellen,<br />
die händeringend auf der Suche nach<br />
Fachleuten sind. Zudem existieren Einrichtungen<br />
der Frühen Hilfe, die auf das Kindeswohl<br />
fokussiert sind und von den Jugendämtern<br />
organisiert werden. Auch Kindertagesstätten<br />
beschäftigen vermehrt Pädagogen der Frühförderung,<br />
um das inklusive Konzept umzusetzen.<br />
Weitere Berufsmöglichkeiten bieten<br />
Jugendämter im Bereich der Hilfen für Erziehung<br />
oder im Allgemeinen Sozialen Dienst.<br />
Zur Person<br />
Liane Simon forscht im Bereich „Internationale<br />
Klassifikation der Funktionsfähigkeit,<br />
Behinderung und Gesundheit” (ICF)<br />
der Weltgesundheitsorganisation (WHO).<br />
Thema ist eine neue Form der Klassifikation,<br />
die von der Weltgesundheitsorganisation<br />
entwickelt wurde, weil Diagnosen<br />
bisher zwar einen weltweiten Überblick<br />
darüber geben, welche Krankheiten wo<br />
auftauchen, aber nicht darüber, wie das<br />
Syndrom behandelt wird. Eine Arbeitsgruppe<br />
der WHO bemängelte dies. Es<br />
bedurfte also einer Diagnostik, die den<br />
Kontext mit einbezieht und das Kind und<br />
die Bedürfnisse der Familie berücksichtigt.<br />
Daraufhin wurde die ICF entwickelt, eine<br />
fach- und länderübergreifend einheitliche<br />
Terminologie zur Beschreibung des funktionalen<br />
Gesundheitszustandes, der Behinderung,<br />
der sozialen Beeinträchtigung und<br />
der relevanten Umgebungsfaktoren eines<br />
Menschen. Im Bereich der Frühförderung<br />
ist die Diagnostik nach der ICF seit 2007<br />
verpflichtend.<br />
Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse ist<br />
Liane Simon seit zehn Jahren dafür zuständig,<br />
den Studiengang Transdisziplinäre<br />
Frühförderung an der MSH mit den Anforderungen<br />
in der Praxis abzugleichen und<br />
neueste wissenschaftliche wie praktische<br />
Erkenntnisse in den Lehrplan zu integrieren.<br />
Text Sophie Blady,<br />
Kristina Krijom<br />
Fotos Sebastian Weimar<br />
„Ich arbeite heute dort, wo ich im fünften<br />
Semester mein Praktikum absolviert habe: bei<br />
der Frühförderung Norderstedt. Hier habe ich<br />
nach meinem Abschluss zunächst auf Honorarbasis<br />
und seit 2<strong>01</strong>8 in einer Festanstellung<br />
gearbeitet. Mir war bereits in der Grundschule<br />
bewusst, dass ich später einmal mit Kindern<br />
arbeiten möchte, denn mein großes Vorbild<br />
war meine Lehrerin. Nach meinem Abitur<br />
verbrachte ich ein Jahr in New York. Während<br />
dieser Zeit schickte mir eine ehemalige<br />
Klassenkameradin den Link zum Studiengang<br />
Transdisziplinäre Frühförderung an der MSH,<br />
und ich wusste sofort: Damit kann ich mich<br />
identifizieren, das möchte ich machen. Daraufhin<br />
habe ich mich beworben und den Studienplatz<br />
erhalten.<br />
Am Studium der Transdisziplinären Frühförderung<br />
gefällt mir vor allem, dass man mit<br />
Kindern von der Geburt bis zum Schuleintritt<br />
arbeitet. Auch die Zusammenarbeit mit Kindern<br />
mit Beeinträchtigungen oder besonderen<br />
Bedürfnissen interessiert mich und ich finde<br />
es wichtig, ihnen die bestmögliche Unterstützung<br />
zu bieten. Die transdisziplinäre Ausrichtung<br />
des Studiums, die den Familien eine Vernetzung<br />
eröffnet, ist ein weiterer Punkt, der<br />
mich überzeugt. In dieser Form ist das Studium<br />
einzigartig. In pädagogischen Seminaren<br />
behandeln wir Themen der frühkindlichen<br />
Entwicklung, darüber hinaus besuchen wir<br />
Lehrveranstaltungen in den Fächern Logopä-<br />
52<br />
53
„Das Studium hat mir auch vor<br />
Augen geführt, was gesellschaftlich<br />
noch nicht funktioniert und was<br />
das für die Familien bedeutet.“<br />
die, Physiotherapie, Ergotherapie, Psychologische<br />
und Medizinische Grundlagen, Statistik<br />
und Ethik. Dieses breitgefächerte Studium ist<br />
von Beginn an so angelegt, dass die Arbeit<br />
mit Familien nur dann Sinn ergibt, wenn<br />
sich alle Professionen, die in diesem Bereich<br />
arbeiten, austauschen und transdisziplinär<br />
vernetzen.<br />
Die Lernatmosphäre ist durch die kleine Kursgröße<br />
sehr familiär. Die Dozentinnen und<br />
Dozenten sind zuverlässig, nahbar und der<br />
Austausch vermutlich lebhafter als bei größeren<br />
Vorlesungen an Universitäten. Die Fallbeispiele<br />
sind sehr konkret, und die meisten<br />
Dozentinnen und Dozenten arbeiten auch<br />
noch in dem Bereich und kennen die Praxis<br />
genau. An der MSH kennt man sich und wird<br />
mit seinem Namen angesprochen. Dadurch,<br />
dass der Bereich der Frühförderung in<br />
Deutschland gut vernetzt ist, trifft man seine<br />
Professorinnen und Professoren immer wieder.<br />
An den Einstieg ins Berufsleben erinnere ich<br />
mich gerne. Wir Studierende waren alle nach<br />
unserem Abschluss weiterhin vernetzt und<br />
durften feststellen, dass wir durch das Studium<br />
optimal auf das Berufsleben vorbereitet<br />
wurden. In unserem Berufsfeld herrscht ein<br />
großer Bedarf, daher sind wir mit offenen<br />
Armen empfangen worden. Die ersten positiven<br />
Entwicklungen bei den Kindern zu sehen,<br />
ist auch eine besondere Erfahrung. In meiner<br />
Einrichtung wurde ich sehr herzlich empfangen.<br />
Die ersten zwei Jahre wurden mir sogar<br />
,Paten‘ zur Seite gestellt, die ein offenes Ohr<br />
für meine Fragen hatten. An meiner Arbeit<br />
mit Kindern schätze ich besonders, dass sie<br />
sehr impulsiv und glücklich sein können und<br />
vor allem direkt kommunizieren. Ich arbeite<br />
gerne mit den ganz Kleinen, weil sie noch<br />
nicht so gesellschaftlich geprägt und dadurch<br />
authentischer sind. Das bringt so viel Leichtigkeit<br />
in die Arbeit und Freude. Betrachten<br />
zu dürfen, wie sich ihre Welt minütlich erweitert,<br />
das ist etwas ganz Besonderes für mich.<br />
Jedes Kind, das eine Bewilligung zur Frühförderung<br />
besitzt, wird in einem gewissen<br />
Umfang betreut. Aktuell arbeite ich bei 32<br />
Wochenstunden mit zehn Familien und elf<br />
Kindern. Der Tag beginnt im Büro und mit<br />
dem Zusammentragen von fördernden Spielmaterialien.<br />
Vormittags bin ich meist in Kitas<br />
unterwegs und begleite die betreffenden Kinder<br />
entweder in der Gruppe oder in der Einzelförderung.<br />
Meine Arbeit dreht sich hier oft<br />
Lena Frankemöller hat das<br />
Studium Transdisziplinäre<br />
Frühförderung an der MSH<br />
Medical School Hamburg<br />
2<strong>01</strong>6 abgeschlossen und<br />
arbeitet mit Prof. Dr. Liane<br />
Simon in der Frühförderstelle<br />
Norderstedt.<br />
um die Frage, was das Kind braucht, um an der<br />
Situation teilnehmen zu können. Für manche<br />
ist die Lösung ein Zelt, manchen ist es zu laut<br />
und Ohrenschützer können Abhilfe schaffen.<br />
Mit den Kita-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern<br />
setzen wir gemeinsame Ziele und stehen<br />
im regelmäßigen Austausch. Am Nachmittag<br />
arbeiten wir im häuslichen Umfeld der Kinder<br />
und haben so die Möglichkeit, mit den<br />
Eltern zu sprechen. Grundsätzlich stehen wir<br />
im Dialog mit allen verantwortlichen Institutionen:<br />
mit dem Kinderarzt, Therapeuten,<br />
dem Jugendamt. Dabei ist unsere Arbeit für<br />
die Eltern stets transparent.<br />
Wer mit dem Gedanken spielt, transdisziplinäre<br />
Frühförderung zu studieren, sollte für<br />
die Verschiedenheiten kindlicher Entwicklung<br />
und unterschiedlichen Kulturen offen sein.<br />
Man sollte selbständig und selbstorganisiert<br />
arbeiten können, viel Empathie mitbringen<br />
und Freude an Kindern bis zu sechs Jahren<br />
haben. Das Studium beginnen manche direkt<br />
nach dem Abitur, andere haben bereits eine<br />
Ausbildung als Erzieherin oder Erzieher oder<br />
Kinderkrankenschwester oder -pfleger absolviert<br />
oder andere Erfahrungen.<br />
Neben der pädagogischen Arbeit geht es viel<br />
um Informationsaustausch und Aufklärungsarbeit<br />
und darum, den Eltern Angebote aufzuzeigen.<br />
Es ist ein Berufsfeld mit akutem<br />
Bedarf an Fachkräften. Ich würde den Beruf<br />
immer wieder wählen und bin nach wie vor<br />
begeistert. Dem Studium wünsche ich noch<br />
mehr Resonanz und dass sich mehr Menschen<br />
für eine Tätigkeit im sozialen Bereich entscheiden.<br />
Das Studium hat mir auch vor Augen geführt,<br />
was gesellschaftlich noch nicht funktioniert<br />
und was das für die Familien bedeutet. Ich<br />
plädiere dafür, niedrigschwellige Unterstützungsangebote<br />
für Familien auszubauen.<br />
Eine deutliche Diskrepanz sehe ich zwischen<br />
dem eigenen Anspruch an die Arbeit und den<br />
finanziellen Mitteln, die bereitgestellt werden.<br />
Mehr Zeit für die Vor- und Nachbereitung<br />
wäre zum Beispiel sehr wichtig.”<br />
Fotos: MSH, Sebastian Weimar<br />
Die MSH Medical School Hamburg<br />
Die MSH Medical School Hamburg – University of Applied Sciences and Medical<br />
University ist eine private, staatlich anerkannte Hochschule mit Sitz in der Hamburger<br />
HafenCity. Sie wurde 2009 von der Geschäftsführerin Ilona Renken-Olthoff gegründet.<br />
Zahlreiche Bachelor- und Masterstudiengänge wurden seither erfolgreich akkreditiert<br />
bzw. reakkreditiert und gewährleisten ein Höchstmaß an Qualität und Transparenz.<br />
2<strong>01</strong>9 erhielt die MSH Medical School Hamburg von der Behörde für Wissenschaft,<br />
Forschung und Gleichstellung der Freien und Hansestadt Hamburg zudem die staatliche<br />
Anerkennung zur Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten auf Universitätsniveau<br />
und bietet seither den Staatsexamensstudiengang Humanmedizin an.<br />
Fakultät Gesundheitswissenschaften<br />
Bachelorstudiengänge:<br />
• Advanced Nursing Practice<br />
• Logopädie<br />
• Medical Controlling and Management<br />
• Medizinpädagogik<br />
• Physiotherapie<br />
• Rescue Management<br />
• Sportwissenschaft<br />
Masterstudiengänge:<br />
• Clinical Research<br />
• Digital Health Management<br />
• Exercise in Neurological Sciences<br />
• Gesundheits- und Pflegepädagogik<br />
• Krankenhausmanagement<br />
• Medical and Health Education<br />
• Sportwissenschaft: Leistungsdiagnostik<br />
und Trainingssteuerung<br />
• Sportpsychologie<br />
Fakultät Humanwissenschaften<br />
Bachelorstudiengänge:<br />
• Psychologie<br />
Masterstudiengänge:<br />
• Arbeits- und Organisationspsychologie<br />
• Medizinpädagogik<br />
• Psychotherapie<br />
• Psychologie mit Schwerpunkt Klinische<br />
Psychologie und Psychotherapie<br />
• Psychologie mit Schwerpunkt Rechtspsychologie<br />
Fakultät Medizin<br />
Staatsexamen:<br />
• Humanmedizin<br />
Fakultät Art, Health and Social Science<br />
Bachelorstudiengänge:<br />
• Kunsttherapie<br />
• Musiktherapie<br />
• Tanztherapie<br />
• Theatertherapie<br />
• Expressive Arts in Social Transformation<br />
• Soziale Arbeit<br />
• Transdisziplinäre Frühförderung<br />
Masterstudiengänge:<br />
• Intermediale Kunsttherapie<br />
• Kunstanaloges Coaching<br />
• Soziale Arbeit<br />
• Sexualwissenschaft<br />
NC-freies Studium: Die Studiengänge an der<br />
MSH Medical School Hamburg sind NC-frei.<br />
Studiengebühren : Neben einer einmaligen<br />
Einschreibegebühr kommen monatliche Kosten<br />
für das Studium hinzu. Die Beträge unterscheiden<br />
sich je nach Studiengang und Studienart.<br />
Die Studiengebühren können durch<br />
Stipendien, Studienkredite oder das BAföG<br />
bezuschusst werden.<br />
MSH Medical School Hamburg<br />
University of Applied Sciences and Medical<br />
University<br />
Am Kaiserkai 1<br />
20457 Hamburg<br />
Telefon 040 361 226 40<br />
info@medicalschool-hamburg.de<br />
www.medicalschool-hamburg.de<br />
54<br />
55
Studiengänge<br />
im<br />
Fokus<br />
Text Kristina Krijom | Illustrationen Ibou Gueye<br />
NEUER STUDIENSTANDORT:<br />
Physiotherapie und<br />
Pflege in Neumünster<br />
studieren<br />
Ab dem Sommersemester 2023 wird Neumünster Hochschulstandort und bietet Studierenden<br />
die Möglichkeit, den Studiengang Physiotherapie oder den dualen Studiengang Pflege<br />
aufzunehmen. Die Fachhochschule Kiel kooperiert mit dem Friedrich-Ebert-Krankenhaus und<br />
bietet insgesamt 100 neue Studienplätze, um so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.<br />
Zunächst soll es keine Zulassungsbeschränkungen für die Studiengänge geben. Staatlich<br />
anerkannte Pflegefachschulen in Schleswig-Holstein und Hamburg ergänzen den dualen<br />
Studiengang Pflege. Theorie und Praxis lernen die Studierenden an der Hochschule, der Pflegefachschule<br />
und den Praxiseinrichtungen. Auch in Flensburg<br />
und Lübeck soll bald Pflege studiert werden können. So<br />
richtet die Hochschule Flensburg mit 40 Plätzen einen<br />
neuen Bachelor-Studiengang Pflege ein und ein<br />
weiterer berufsbegleitender Studiengang ist an der<br />
Uni Lübeck geplant.<br />
Weitere Informationen zum Studienangebot<br />
der FH Kiel findest du unter www.fh-kiel.de<br />
INTERDISZIPLINÄRER<br />
BACHELOR IN HAMBURG:<br />
LIBERAL ARTS<br />
AND SCIENCES<br />
Die Exzellenzuniversität Hamburg baut –<br />
nach niederländischem Vorbild – den neuen<br />
achtsemestrigen Bachelor-Studiengang<br />
Liberal Arts and Sciences auf.<br />
Die Besonderheit des Programms liegt in<br />
seinen interdisziplinären Studienprofilen aus<br />
den Geistes-, Natur- und Sozialwissenschaften.<br />
Mit ihnen soll den Herausforderungen<br />
des 21. Jahrhunderts begegnet, aber auch<br />
für historische Entwicklungen sensibilisiert<br />
werden.<br />
Mit Hilfe projektorientierter Lehrformate<br />
soll das vernetzte Denken im Mittelpunkt<br />
stehen und Lernenden die Möglichkeit<br />
geben, theoretisches Wissen praktisch<br />
umzusetzen. Im Sommersemester <strong>2022</strong><br />
fanden bereits die zwei „Liberal Arts and<br />
Sciences“-Veranstaltungen „Wissen und<br />
Gesellschaft“ und „Interdisziplinäre Begegnungen“<br />
statt.<br />
Weitere Informationen unter<br />
www.uni-hamburg.de<br />
MSH MEDICAL SCHOOL HAMBURG:<br />
Master Intermediale Kunsttherapie<br />
Der neue Studiengang Intermediale Kunsttherapie an der MSH Medical School Hamburg<br />
qualifiziert Absolventen für die kunsttherapeutische Tätigkeit im klinischen, pädagogischen,<br />
heilpädagogischen und sozialen Bereich. Er befähigt zudem zur Zusammenarbeit<br />
in interprofessionellen Behandlungsteams. Ziel ist es, Menschen und ihre individuellen<br />
und sozialen Entwicklungs- und Veränderungsprozesse mit Hilfe bildnerisch-intermedialer<br />
Techniken und Verfahrensweisen zu begleiten. Neben der Vermittlung kunsttherapeutischer,<br />
wissenschaftlicher und künstlerischer Kompetenzen umfasst das<br />
Studium medizinisches Wissen und klinische Diagnostik und bereitet so auf die<br />
Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams vor.<br />
Weitere Infos unter www.medicalschool-hamburg.de<br />
TU HAMBURG UND HAMBURG MEDIA SCHOOL:<br />
MASTER DIGITALER JOURNALISMUS<br />
Der digitale Journalismus wandelt sich rasant. Der interdisziplinäre, berufsbegleitende Masterstudiengang<br />
Digitaler Journalismus – entsprungen der Partnerschaft zwischen TU Hamburg<br />
und Hamburg Media School – zollt diesem Wandel Tribut und lehrt den zeitgeistlichen<br />
Umgang mit neuen Tools und Darstellungsformen. Ab dem Wintersemester <strong>2022</strong> können<br />
Studierende von der Kooperation der Partnerinstitutionen profitieren. Sie erwartet eine enge<br />
Verzahnung von digitaler Contententwicklung und IT sowie digitalem Journalismus, der den<br />
Anforderungen unserer Zeit entspricht. Das Studium vermittelt innovative und praxisnahe<br />
Inhalte und fördert die Studierenden auf ihrem individuellen beruflichen Weg. Bewerben<br />
können sich Journalistinnen und Journalisten mit Berufserfahrung deutschlandweit, denn<br />
das Studium ist so aufgebaut, dass es ortsunabhängig studiert werden kann.<br />
www.hamburg.de/bwfgb/1612<strong>01</strong>06/neuer-studiengang-digiter-jounalismus<br />
NEUER STUDIENGANG<br />
AN DER FH KIEL:<br />
REVIVAL DER<br />
ARCHITEKTEN<br />
DUAL STUDIEREN AN DER HOCHSCHULE<br />
SCHLESWIG-HOLSTEIN (DHSH):<br />
SOZIALE ARBEIT IN KIEL<br />
INNOVATIVER MASTER<br />
IN AUGSBURG:<br />
DESIGN TRIFFT<br />
INGENIEURSKUNST<br />
TU HAMBURG:<br />
GREEN TECHNOLOGIES:<br />
ENERGIE, WASSER, KLIMA<br />
Zum Wintersemester 2023 soll an der Fachhochschule<br />
Kiel der Studiengang Architektur<br />
eingerichtet werden und so dem Fachkräftemangel<br />
begegnen. Vorübergehend wird<br />
dieser auf unterschiedliche Standorte auf<br />
dem <strong>Campus</strong> – und externe Standorte – verteilt<br />
werden. Ein gemeinsamer Neubau gibt<br />
dann beiden Studiengängen Architektur und<br />
Bauingenieurwesen langfristig die passende<br />
Verortung auf dem <strong>Campus</strong> und soll Synergien<br />
in Bezug auf die gemeinsame Nutzung<br />
von Räumen ermöglichen. In Planung ist<br />
auch eine Halle für besondere Schweißverfahren<br />
geben, die von Studierenden beider<br />
Studiengänge genutzt werden kann.<br />
Ab dem Wintersemester 2023 bietet die Duale Hochschule<br />
Schleswig-Holstein (DHSH) erstmalig den dualen Studiengang<br />
Soziale Arbeit in Kiel an. Das im Land einmalige duale Studienmodell<br />
bietet Studierenden sich abwechselnde Phasen in Partnerunternehmen<br />
und Einheiten an der Hochschule. Binnen dreieinhalb<br />
Jahren ermöglicht es Studierenden den Bachelorabschluss<br />
Bachelor of Arts (B. A.) Soziale Arbeit, und zugleich die Berechtigung,<br />
die Berufsbezeichnung Sozialarbeiter/-in bzw. Sozialpädagoge/-in<br />
zu tragen. Für den Start seien zunächst 40 Studienplätze<br />
geplant. Neben Lehrinhalten der Sozialen Arbeit stehen Bezugswissenschaften wie<br />
Psychologie, Pädagogik oder Gesundheitswissenschaften im Fokus. Wahlpflichtmodule wie<br />
Präventions- und Schutzkonzepte, Sozialmanagement, Digitalisierung und künstliche Intelligenz<br />
ermöglichen weitere Vertiefungen. Mit Praxisprojekten, die Fragestellungen aus den<br />
Partnereinrichtungen aufgreifen oder aber den Transfer wissenschaftlicher Methoden in die<br />
Betriebspraxis anstreben, findet eine enge Verzahnung von Hochschule und Unternehmen<br />
statt.<br />
Wer zahlenaffin ist und dennoch einen Blick<br />
für Ästhetik besitzt, könnte sich von dem<br />
neuen interdisziplinären Bachelorstudiengang<br />
Creative Engineering an der Hochschule<br />
Augsburg angesprochen fühlen.<br />
Der erstmals zum Wintersemester <strong>2022</strong>/23<br />
angebotene Studiengang ist an der Fakultät<br />
für Elektrotechnik und der Fakultät für<br />
Gestaltung angesiedelt. Er kombiniert Ingenieurwissenschaften<br />
und Design und lehrt<br />
Studierende, technische Systeme ganzheitlich<br />
zu entwerfen und Prototypen umzusetzen.<br />
Je nach Schwerpunktsetzung ist es<br />
möglich, entweder den Abschluss Bachelor<br />
of Engineering oder den Abschluss Bachelor<br />
of Arts zu erhalten.<br />
Startschuss für den neuen Studiengang „Green Technologies:<br />
Energie, Wasser, Klima“ an der TU Hamburg. Seit dem Wintersemester<br />
2021/22 können Studierende im Rahmen des Studiengangs<br />
lernen, Herausforderungen wie dem Klimawandel, einer<br />
wachsende Weltbevölkerung, dem globalen Müllproblem sowie<br />
dem steigenden Energie- und Ressourcenverbrauch zu begegnen<br />
und innovative Lösungsansätze zu entwickeln. Angesprochen<br />
sind vor allem Studieninteressierte, die sich für Mathe, Technik,<br />
Chemie und Physik begeistern und Freude an lösungsorientiertem<br />
Denken mitbringen. Der Studiengang Green Technologies<br />
lehrt Studierende, vorhandene Technologien zu optimieren und<br />
neue Ansätze praktisch umzusetzen. In den ersten Semestern<br />
stehen Grundlagenkenntnisse im Fokus. Im vierten Semester<br />
wählen Studierende einen fachlichen Schwerpunkt der vier<br />
Vertiefungsrichtungen „Energiesysteme“, „Wasser“, „Bioressourcentechnologie“<br />
oder „Energietechnik“.<br />
Mehr Infos unter www.fh-kiel.de<br />
Mehr Infos unter www.dhsh.de<br />
Weitere Infos unter www.hs-augsburg.de<br />
Mehr Infos unter www.stuhhdium.de<br />
56<br />
57
Kluge<br />
Köpfe<br />
WIE LÜBECKER<br />
GEBÄUDETECHNIKPLANER<br />
DIE KLIMAWENDE<br />
VORANTREIBEN<br />
Text Volker Kühn<br />
Foto Christina Kloodt<br />
Der Gebäudesektor gilt als das Stiefkind der Energiewende, der Umstieg auf<br />
treibhausgasneutrale Energien kommt nirgendwo langsamer voran. Sebastian<br />
Fiedler leitet den Studiengang Nachhaltige Gebäudetechnik an der TH Lübeck.<br />
Im Interview erklärt er, wie sich das Klimaproblem des Bauwesens lösen<br />
lässt – und welchen Beitrag die Lübecker Absolventen dazu leisten.<br />
Herr Professor Fiedler, fast jede dritte<br />
Tonne CO2 in Deutschland stammt aus dem<br />
Gebäudesektor. Zugleich hat der Bereich<br />
2020 als einziger seine Emissionsziele verfehlt.<br />
Warum gibt es keine Fortschritte?<br />
Dass es keine Fortschritte gibt, würde ich<br />
nicht unterschreiben. Ein Teil der Zielverfehlung<br />
2020 liegt sicher an der Coronapandemie:<br />
Viele arbeiten im Homeoffice und verbrauchen<br />
dort mehr Strom und Wärme als in Zeiten, zu<br />
denen sie sonst im Büro gesessen hätten.<br />
Zeitgleich wird auch in der Firma geheizt, weil<br />
auch dort ein Teil der Angestellten arbeitet.<br />
Aber das hat mit den strukturellen Problemen<br />
natürlich nichts zu tun. Es ist richtig, dass der<br />
Gebäudesektor noch ein erhebliches Potenzial<br />
zur CO2-Einsparung besitzt, das bislang nicht<br />
ausreichend genutzt wird.<br />
Was muss passieren, damit sich das ändert?<br />
In der Fachwelt ist man sich ziemlich einig,<br />
dass sich der Fokus verschieben muss. Bislang<br />
ging es beim Klimaschutz in Gebäuden vor<br />
allem um die Frage der Dämmung: Der Bedarf<br />
an Heizenergie sollte durch eine bessere Wärmedämmung<br />
reduziert werden. Das ist grundsätzlich<br />
auch richtig, allerdings erreichen wir<br />
inzwischen in vielen Projekten schon einen<br />
hohen Dämmstandard, sodass weitere Einsparungen<br />
nur mit überproportionalem Aufwand<br />
zu realisieren wären. Deshalb rückt jetzt die<br />
Frage in den Mittelpunkt, mit welcher Art<br />
von Energie wir unsere Häuser versorgen. Es<br />
kommt darauf an, dass sie treibhausgasneutral<br />
erzeugt wird. Die Energiewirtschaft und<br />
die Bauwirtschaft müssen zusammengedacht<br />
werden – anders ist das Klimaproblem des<br />
Gebäudesektors nicht zu lösen. Der Verbrauch<br />
muss erstens runter und zweitens durch saubere<br />
Energie gedeckt werden.<br />
Was bedeutet das konkret? Wie heizen wir<br />
künftig unsere Häuser?<br />
In urbanen Räumen werden Nah- und Fernwärmenetze<br />
eine tragende Rolle spielen. Bei<br />
der Wärmeerzeugung im Gebäude selbst wird<br />
es im Regelfall darauf hinauslaufen, Gaskessel<br />
durch Wärmepumpen zu ersetzen. Die<br />
Heizkörper werden dann nicht mehr durch<br />
das Verbrennen von fossilem Erdgas erwärmt,<br />
sondern durch strombetriebene Wärmepumpen,<br />
die anstelle des Gaskessels an den bestehenden<br />
Heizkreislauf angeschlossen werden.<br />
Die Anlagen sind sehr effizient, weil sie bis<br />
zu vier Fünftel ihrer Energie aus Umweltwärmequellen<br />
ziehen. Selbst wenn draußen Frost<br />
herrscht, nehmen sie noch Energie auf. Der<br />
Strom aus dem Netz wird lediglich eingesetzt,<br />
um das für das Heizen notwendige Temperaturniveau<br />
zu erreichen.<br />
Noch stammt allerdings nur knapp die<br />
Hälfte dieses Stroms aus erneuerbaren<br />
Quellen.<br />
Richtig. Deshalb müssen die erneuerbaren<br />
Energien ausgebaut werden, bis wir zu einer<br />
Vollversorgung kommen. Es gibt drei Faktoren,<br />
die die Klimabilanz im Haushalt beeinflussen:<br />
Suffizienz, Effizienz und Konsistenz.<br />
Suffizienz betrifft den Wohnraum, also die<br />
Frage, wie viele Quadratmeter pro Person<br />
zur Verfügung stehen. Effizienz betrifft die<br />
Frage, wie viel Energie man braucht, um<br />
diesen Wohnraum nutzbar zu machen. Und<br />
bei der Konsistenz dreht es sich darum, wie<br />
viel Treibhausgas bei der Erzeugung dieser<br />
Energie freigesetzt wird. Wenn das Wohnen<br />
klimaneutral sein soll, muss einer der drei<br />
Faktoren null betragen. Bei der Größe des<br />
Wohnraums und dem Energiebedarf ist das<br />
nicht möglich. Also muss der Ausstoß in der<br />
Erzeugung auf null sinken. Das ist einfache<br />
Mathematik.<br />
Mit dem Einbau einer Wärmepumpe steigt<br />
allerdings der Stromverbrauch. Wird es<br />
dadurch teurer?<br />
Prinzipiell ist Ökostrom die günstigste Form<br />
der Energieversorgung. ‚Die Sonne schickt<br />
uns keine Rechnung‘, hat der Autor Franz Alt<br />
schon in den Neunzigern geschrieben. Wenn<br />
sich Erneuerbare erst einmal flächendeckend<br />
durchgesetzt haben, können fossile Brennstoffe<br />
nicht mehr mithalten, schon weil sie<br />
viel zu rohstoffintensiv sind. Es stimmt zwar,<br />
dass der Strompreis vor allem durch Abgaben<br />
und Steuern in den vergangenen Jahren stark<br />
gestiegen ist. Aber den Prognosen zufolge<br />
wird sich das mittelfristig wieder ändern, ab<br />
58<br />
59
2030 oder 2035 etwa. Zudem ist der Gaspreis<br />
zuletzt noch sehr viel stärker gestiegen.<br />
Sie leiten den Studiengang Nachhaltige<br />
Gebäudetechnik. An welchem Punkt beim<br />
klimafreundlichen Umbau des Gebäudesektors<br />
kommen Ihre Studierenden ins Spiel?<br />
Wir bilden in Lübeck Planer für Gebäudetechnik<br />
aus. Bislang ist das ein Bereich, in dem<br />
häufig Absolventen aus dem Maschinenbau<br />
oder der Elektrotechnik tätig sind, also aus<br />
Studiengängen, die nicht unmittelbar mit<br />
Gebäuden zu tun haben. Viele von ihnen<br />
machen ihren Job richtig gut, bekommen<br />
aber in ihrem Studium keine ganzheitliche<br />
Herangehensweise für die Zusammenarbeit<br />
mit Architekten, Tragwerksplanern, Bauausführenden,<br />
Bauherren und Nutzern vermittelt,<br />
sondern vor allem den fachlichen Fokus auf<br />
ihre jeweilige Aufgabe.<br />
Was ist daran schlimm, sofern sie diese<br />
Aufgabe gut erledigen?<br />
Ein Gebäude ist keine Produktionsmaschine,<br />
an die man als Ingenieur einen Haken setzen<br />
kann, wenn sie bauplangemäß funktioniert.<br />
Es ist ein Lebensraum, in dem man wohnt, in<br />
dem man arbeitet, in dem man sich trifft, in<br />
dem man ins Konzert geht, was auch immer.<br />
Da kommen unterschiedlichste Bereiche mit<br />
jeweils eigenen Anforderungen zusammen,<br />
die in den Fächern Maschinenbau und Elektrotechnik<br />
naturgemäß nicht behandelt werden.<br />
Das ist in unserem Studiengang anders. Wir<br />
bilden Planer aus, die aus dem Gebäudezusammenhang<br />
heraus denken können, den<br />
gesamten Kontext sehen und mögliche Wechselwirkungen<br />
erkennen. Ich will damit nicht<br />
sagen, dass Maschinenbauer das nicht auch<br />
lernen könnten. Aber sie müssen sich dieses<br />
Denken erst im Nachhinein aneignen. Wir<br />
geben es unseren Studierenden von Beginn<br />
an mit.<br />
Wie viele beginnen im Schnitt bei Ihnen<br />
das Studium?<br />
Es sind etwas mehr als 20 Studierende pro<br />
Jahr, aber es dürfen gern noch mehr werden!<br />
Man darf allerdings nicht vergessen, dass es<br />
ein MINT-Fach ist, das gewisse naturwissenschaftliche<br />
Ansprüche stellt. Dazu gehören<br />
etwa Thermodynamik, Strömungslehre oder<br />
Grundlagen in Informatik. Das müssen die<br />
Studierenden draufhaben, um nicht nur die<br />
heutige Gebäudetechnik zu verstehen, sondern<br />
auch das, was in Zukunft noch kommen<br />
kann – über die Wärmepumpe haben wir ja<br />
bereits gesprochen.<br />
Schaffen es alle Studierende bis zum<br />
Abschluss?<br />
Nein, nicht alle schließen das Studium ab.<br />
Manche wechseln zum Beispiel auch in einen<br />
anderen Studiengang. Das Schöne an der<br />
TH Lübeck ist, dass wir hier ein Biotop mit<br />
allen Bereichen des Bauwesens haben, über<br />
die Fachdisziplinen und Maßstäbe hinweg<br />
von ganz klein bis ganz groß: Architektur,<br />
Bauingenieurwesen, Gebäudetechnik und<br />
Stadtplanung. In den Grundlagenvorlesungen<br />
sitzen die Studierenden häufig zusammen und<br />
lernen sich untereinander und die anderen<br />
Studiengänge kennen. Da gibt es dann einige,<br />
die nach den ersten Semestern wechseln, weil<br />
ihnen einer der anderen Studiengänge noch<br />
attraktiver erscheint. Umgekehrt kommen<br />
auch immer wieder Studierende zu uns. In<br />
den höheren Semestern gibt es gemeinsame<br />
Projekte, bei denen man dann als angehende<br />
Fachleute zusammenarbeitet. Die Breite unseres<br />
Studienangebotes im Bauwesen kommt<br />
den Studierenden also in jedem Fall zugute.<br />
STUDENTEN-<br />
PORTRÄTS<br />
Alicia<br />
STUDENTEN-PORTRÄTS<br />
60<br />
61
„DAS SPANNENDE IST,<br />
DASS MAN NICHT NUR DIE<br />
GEBÄUDETECHNIK BETRACHTET,<br />
SONDERN AUCH VIEL AUS<br />
ANDEREN FACHDISZIPLINEN<br />
MITBEKOMMT.“<br />
„MICH HAT<br />
INTERESSIERT, WIE<br />
WIR NACHHALTIG MIT<br />
ENERGIE UMGEHEN<br />
KÖNNEN.“<br />
„DAS SPANNENDE IST,<br />
DASS MAN NICHT NUR<br />
DIE GEBÄUDETECHNIK<br />
BETRACHTET, SONDERN<br />
AUCH VIEL AUS ANDEREN<br />
FACHDISZIPLINEN<br />
MITBEKOMMT.“<br />
„BESONDERS DIE NÄHE ZU<br />
DEN PROFESSOREN SCHÄTZE<br />
ICH SEHR.“<br />
STUDENTEN-PORTRÄTS<br />
Alicia, 24<br />
studiert im 7. Semester Nachhaltige Gebäudetechnik an der Technischen<br />
Hochschule Lübeck.<br />
Der Weg zur Gebäudetechnik führte für Alicia über eine ungewöhnliche<br />
Ausbildung. „Ich habe eine Lehre zur Bürokauffrau gemacht“,<br />
sagt die 24-Jährige. „Ich habe aber gemerkt, dass das auf Dauer<br />
nichts für mich ist.“ Da sie ihren Ausbildungsplatz allerdings im elterlichen<br />
Bauunternehmen hatte, war die Richtung für Alicia allerdings<br />
schnell klar. „Ich habe gemerkt, dass mich das interessiert.<br />
Als ich dann den Studiengang entdeckt hatte, wollte ich auf jeden<br />
Fall an die Hochschule.“ Nach dem Abschluss seien die Möglichkeiten<br />
schier unendlich. „Man kann als Planer arbeiten, als Bauleitung<br />
oder sich spezifisch für ein bestimmtes Gewerk entscheiden,<br />
man kann ins Gebäudemanagement, in Bauphysikbüros. Oder man<br />
macht sich selbständig als Energieberater“, ergänzt Alicia. Durch<br />
ihr Studium betrachtet sie Häuser heute anders. „Man fährt an einem<br />
Gebäude vorbei und fragt sich, was man daran ändern könnte<br />
oder welche Technik verwendet wurde“, sagt sie.<br />
Robin, 27<br />
hat im Frühjahr seinen Bachelor im Studiengang Nachhaltige Gebäudetechnik<br />
an der Technischen Hochschule Lübeck absolviert.<br />
Seit März ist Robin mit dem Studium fertig. Probleme, einen Job zu<br />
finden, hatte er keine, sagt er. „Ich habe ein paar Bewerbungen geschrieben<br />
und wurde jedes Mal zum Gespräch eingeladen. Am Ende<br />
hat man die Qual der Wahl.“ Der 27-Jährige arbeitet inzwischen in<br />
einem kleinen Planungsbüro. „Ich habe mich für die technische<br />
Gebäudeausrüstung entschieden, wobei es auch noch viele andere<br />
spannende Bereiche gegeben hätte“, sagt er. Für das Studium an<br />
der TH Lübeck hat sich Robin entschieden, da es seinem Interesse<br />
an Technik und an Nachhaltigkeit entsprochen habe. „Mich<br />
hat interessiert, wie wir nachhaltig mit Energie umgehen können“,<br />
sagt er. Das Studium habe einen sehr vielseitigen Blick auf Gebäude<br />
ermöglicht. In seiner Bachelorarbeit hat Robin folgerichtig<br />
untersucht, wie man mit einer Wasserstoff-Brennstoffzelle den<br />
CO2-Abdruck der Technischen Hochschule verringern könnte. „Ich<br />
fand den Gedanken einfach interessant, da Wasserstoff komplett<br />
regenerativ erzeugt werden kann“, sagt er.<br />
Patrick, 31<br />
hat 2020 seinen Bachelor im Studiengang Nachhaltige Gebäudetechnik<br />
an der Technischen Hochschule Lübeck absolviert.<br />
Als Patrick sein Studium in Lübeck begann, trug der Studiengang<br />
noch den Namen Energie- und Gebäudeingenieurwesen. Mit dem<br />
Thema Nachhaltigkeit hatte sich der 31-Jährige bereits beschäftigt.<br />
In seiner Bachelorarbeit befasste sich Patrick mit der Wirtschaftlichkeit<br />
von Brennstoffzellen. „Es sollte darum gehen, wie<br />
Wasserstoff, der das ganze Jahr über mit überschüssigem Strom aus<br />
Photovoltaik-Zellen erzeugt wird, im Winter zum Heizen und zur<br />
Stromerzeugung genutzt werden kann“, erklärt Patrick, der inzwischen<br />
in einem Ingenieurbüro für die Planung von Gebäudetechnik<br />
arbeitet. Vor seinem Studium hat der 31-Jährige eine Ausbildung<br />
zum Anlagenmechaniker für Sanitär, Heizung und Klimatechnik<br />
abgeschlossen. „Ich habe nach drei Jahren Gesellentätigkeit geschaut,<br />
wie ich mich weiterentwickeln könnte und mich dann für<br />
ein Studium entschieden, weil ich dadurch am breitesten aufgestellt<br />
bin“, sagt er. Der Studiengang in Lübeck habe ideal zu seiner<br />
Ausbildung gepasst. „Und das Spannende ist, dass man nicht<br />
nur die Gebäudetechnik betrachtet, sondern auch viel aus anderen<br />
Fachdisziplinen mitbekommt“, sagt Patrick.<br />
Jim, 27<br />
studiert im 5. Semester Green Buildings Systems an der FH Westküste.<br />
„Zum Studium bin ich über den zweiten Bildungsweg gekommen.<br />
Zuvor habe ich eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-,<br />
Heizungs- und Klimatechnik absolviert und einen Meistertitel<br />
im Installateur- und Heizungsbauerhandwerk erworben. Deswegen<br />
wollte ich unbedingt an eine praxisnahe Fachhochschule. Die habe<br />
ich in Heide gefunden. Besonders die Nähe zu den Professoren<br />
schätze ich sehr. Da der Studiengang recht klein ist, ist sogar eine<br />
individuelle Betreuung möglich, in der ein spontanes Telefonat mit<br />
einer Professorin oder einem Professor nicht unüblich ist. Für mich<br />
ist die Erzeugung von regenerativer oder ‚sauberer’ Energie und<br />
die Reduzierung von Wärmeverlusten ein Schwerpunkt. Besonders<br />
wichtig ist für mich die Transmission von ‚Altlasten’. Sprich: Je<br />
weniger Wärmebedarf ein Gebäude hat, umso weniger Energie muss<br />
auch bereitgestellt werden. Aktuell befinde ich mich im Praxissemester<br />
bei einem Ingenieurbüro, das sich mit der Planung technischer<br />
Gebäudeausrüstung beschäftigt. Diese Tätigkeit könnte ich<br />
mir durchaus für später vorstellen. Allerdings würde ich auch gern<br />
bei einem Hersteller für Wärmepumpen arbeiten, da mich dieses<br />
Thema sehr interessiert. Forschung finde ich ebenfalls spannend,<br />
besonders die Thermodynamik von verschiedenen Erzeugern der<br />
Wärme- und Kältetechnik.“<br />
STUDENTEN-PORTRÄTS<br />
Text Robert Otto-Moog | Foto Sebastian Weimar<br />
Text Robert Otto-Moog | Foto Sebastian Weimar<br />
Text Robert Otto-Moog | Foto Sebastian Weimar<br />
Text Robert Otto-Moog | Foto Christina Kloodt<br />
62<br />
63
„DER STUDIENGANG IST<br />
BESONDERS, DA WIR SEIT DEM<br />
ERSTEN SEMESTER DEN BEZUG<br />
ZUR PRAXIS HABEN.“<br />
„DAS THEMA<br />
‚GREEN BUILDING‘<br />
HAT EINE ENORME<br />
BEDEUTUNG.“<br />
Text & Fotos Stella<br />
Kennedy<br />
STUDENTEN-PORTRÄTS<br />
Franziska, 24<br />
studiert im 5. Semester Green Buildings Systems an der FH Westküste.<br />
„Green Building wird in Zukunft immer wichtiger, und die Alternativen<br />
zu herkömmlichen Lösungen beim Bauen werden sehr schnell<br />
immer besser. Es ist notwendig, Gebäude als Ganzes zu betrachten,<br />
unabhängig von den einzelnen Gewerken. Wir müssen ganzheitliche<br />
Lösungen finden. Das lernen wir im Studium. Dabei bleiben wir<br />
auch immer auf dem Laufenden, was Neuerungen angeht. Ich bin<br />
über das Handwerk zu meinem Studiengang gekommen. Während<br />
meiner Lehre zur Tischlerin habe ich gemerkt, dass ich das Bauwesen<br />
sehr spannend finde. Anschließend suchte ich nach entsprechenden<br />
Studiengängen und bin auf umweltgerechte Gebäudesystemtechnik<br />
gestoßen. Der Studiengang ist besonders, da wir seit<br />
dem ersten Semester den Bezug zur Praxis haben. Aktuell bin ich<br />
im fünften Semester. Das ist bei uns das Praxissemester. Das heißt,<br />
wir arbeiten 20 Wochen als Praktikanten in einem Unternehmen,<br />
das wir uns selbst aussuchen können. Ich bin in Heide geblieben<br />
in einem Planungsbüro für Technische Gebäudeausrüstung (TGA).<br />
In den vergangenen beiden Monaten habe ich gemerkt, dass mir<br />
das Planen der unterschiedlichen Gewerke und Anlagen besonders<br />
gefällt. Ich kann mir vorstellen, auch zukünftig in diesem Bereich<br />
zu arbeiten.“<br />
Text Robert Otto-Moog | Foto Christina Kloodt<br />
Darius, 25<br />
studiert im 7. Semester Green Buildings Systems an der FH Westküste.<br />
„Für den Studiengang habe ich mich entschieden, weil ich an den<br />
technischen Aspekten von Gebäuden sehr interessiert bin. Hinzu<br />
kommt die klare Ausrichtung auf die Integration von erneuerbaren<br />
Energien. Das Thema ‚Green Building‘ hat eine enorme Bedeutung.<br />
Durch ökologisches Bauen können viele Ressourcen im Gebäudesektor<br />
eingespart werden – insbesondere auch durch die Verwendung<br />
von erneuerbaren Energien und die Modernisierung der Heizungsanlagen.<br />
In unserem Studiengang haben wir eine große Nähe<br />
zu den Professorinnen und Professoren und die Lerngruppen sind<br />
klein. Das ermöglicht gute Diskussionen, um Themen und Lernstoff<br />
zu vertiefen. In wenigen Wochen starte ich mit meiner Bachelor<br />
Thesis – danach würde ich gern wie bisher an der Planung von Gebäuden<br />
arbeiten. Als langfristiges Ziel möchte ich meinen Schwerpunkt<br />
auf die Bereiche Energieeffizienz und Automation legen.“<br />
Text Robert Otto-Moog | Foto Christina Kloodt<br />
Eine Schule auf dem Meer<br />
Auf dem Schulschiff „Thor Heyerdahl“ segeln 33 Jugendliche<br />
um die halbe Welt und erleben Abenteuer. Sie lernen<br />
dabei für die Schule – aber vor allem fürs Leben.<br />
Ein klarer Aprilmorgen am Hafen von Kiel. Möwen kreischen, geschäftiges Treiben<br />
auf den Stegen, eine Sonne, die über dem strahlend blauen Morgenhimmel<br />
aufgegangen ist. Aber der Menschenmenge am Ufergelände ist das egal,<br />
sie hält Ausschau. Alle Blicke gehen aufs Wasser, und da in der Ferne sieht<br />
man ihn auch schon, den majestätischen alten Dreimaster, der durch die<br />
Kieler Bucht einbiegt in die Schwentine und direkt auf sie zugleitet.<br />
64<br />
65
Sie ist wieder zurück, sie ist da: die Thor<br />
Heyerdahl! Das Schulschiff, was die vergangenen<br />
sechseinhalb Monate unterwegs war und<br />
um die halbe Welt gesegelt ist. Und mit ihm<br />
33 Jugendliche aus ganz Deutschland, für die<br />
das Schiff das vergangene halbe Jahr Schule,<br />
Zuhause und das größte Abenteuer ihres<br />
Lebens war.<br />
Jedes Jahr im<br />
Winterhalbjahr unterwegs:<br />
das Klassenzimmer<br />
unter Segeln<br />
Seit 2008 segelt der Dreimaster jedes Jahr von<br />
Mitte Oktober bis Ende April als „Klassenzimmer<br />
unter Segeln“ (KuS) über die Weltmeere.<br />
KuS ist ein Schulprojekt, das von der Friedrich-Alexander-Universität<br />
Erlangen-Nürnberg<br />
durchgeführt wird. Dabei verbringen Schülerinnen<br />
und Schüler der gymnasialen Jahrgangsstufe<br />
rund die Hälfte ihrer 10. Klasse<br />
an Bord des Dreimasttoppsegelschoners. Die<br />
Reise, die den Spuren der großen Entdecker<br />
wie Alexander von Humboldt oder Christoph<br />
Kolumbus folgen möchte, führte sie dabei von<br />
Deutschland über die Kanaren und Kap Verde<br />
bis in die Karibik und über die Azoren wieder<br />
zurück.<br />
Laut Dr. Ruth Merk, die das Projekt leitet<br />
und bei dieser Tour vier Monate mit an Bord<br />
war, ist die Zeit auf dem Schiff viel mehr als<br />
nur Schule: „Wir werden hier zu einer richtigen<br />
Lebensgemeinschaft“, sagt sie. „Zu einer<br />
Familie“. Denn wer zusammen kocht, lernt,<br />
segelt, aber auch unter Deck die Klos putzt –<br />
der hält zusammen und schließt Freundschaften<br />
fürs Leben.<br />
„Ich hab‘ das noch<br />
nie erlebt, so eine<br />
Gruppengemeinschaft“<br />
Das bestätigt Schülerin Lilian Marciniak (16).<br />
Sie geht auf das Hamburger Gymnasium Süderelbe<br />
und war bei der letzten Tour dabei: „Ich<br />
hab‘ das noch nie erlebt, so eine Gruppengemeinschaft.<br />
Das werde ich nie vergessen.“<br />
Die 16-Jährige erzählt, dass sie schon als<br />
Kind von dem Schulschiff erfuhr. „Ich hatte<br />
die Kika-Serie ‚KlasseSegelAbenteuer‘ angeschaut,<br />
in der eine der ersten Touren von<br />
einem Kamerateam begleitet wurde“, sagt sie.<br />
Als Lilian dann mit vierzehn von der Möglichkeit<br />
liest mitzureisen, bewirbt sie sich und<br />
bangt um einen der rund dreißig Plätze. Nachdem<br />
sie die schriftliche Bewerbungsphase<br />
passiert hat, nimmt sie mit fünfzig anderen<br />
Bewerbern an dem obligatorischen rund fünftägigen<br />
Probetörn teil, der wegen Corona<br />
diesmal online stattfand. „Da wird geschaut,<br />
wer gut in die Gruppe passt – bei so langer<br />
Zeit auf engstem Raum ist das ja total wichtig“,<br />
erklärt die Schülerin.<br />
Zu Lilians Freude erlebt sie kurze Zeit später<br />
neben der Zusage eine Überraschung: „Witzigerweise<br />
ist als Teil der Stammbesetzung eine<br />
dabei, die damals in der Serie als Schülerin<br />
mitgefahren war“, sagt sie lachend.<br />
Ein Unterricht der<br />
ganz besonderen Art<br />
Für Lilian ist die Reiseerfahrung nicht nur<br />
sozial bereichernd, auch schulisch nimmt sie<br />
viel mit: „Man sitzt nicht nur stumpf am Tisch<br />
und lernt, wie an einer normalen Schule“,<br />
sagt sie. „Stattdessen haben wir viel mehr<br />
Experimente gemacht. Erst wurde was ausprobiert<br />
und dann wurde erklärt: Deshalb ist das<br />
so, so funktioniert das“, hebt sie hervor. „Man<br />
hatte viel mehr das Gefühl, wirklich etwas zu<br />
lernen, was man irgendwann wirklich braucht,<br />
weil man direkt so eine Vergleichsmöglichkeit<br />
hatte.“<br />
Diese Art der Wissensvermittlung ist Ruth<br />
Merk besonders wichtig. Sie betont, dass die<br />
klassische Aufarbeitung des Schulmaterials<br />
nur ungefähr 35 bis 40 Prozent des Zeitumfanges<br />
einnimmt, den die Jugendlichen von<br />
der Schule daheim gewohnt wären. Doch auch<br />
während der restlichen Zeit werde gelernt –<br />
nur nicht auf konventionelle Art.<br />
„Wenn zum Beispiel ein fliegender Fisch an<br />
Deck landet, dann kommt der im Bio-Unterricht<br />
auf den Tisch. Wenn wir auf einen Vulkan<br />
gehen, dann erfahren wir bei der Exkursion<br />
mehr zum Thema Vulkanismus. Wenn wir<br />
durch den Regenwald wandern, wird tropischer<br />
Regelwald zum Unterrichtsinhalt“, sagt<br />
Merk. Alle Lerninhalte würden mit der Realität<br />
verknüpft werden, betont sie. Zum Glück<br />
passen die meisten Themen auch mit dem<br />
bayrischen Lehrplan überein, an dem sich das<br />
KuS-Projekt orientiert.<br />
Auf Deck, unter Deck<br />
oder an Land – gelernt<br />
wird überall<br />
Der Unterricht selbst finde dabei entweder<br />
unter Deck in der Messe statt – also dem<br />
„Wohnzimmer“ des Schiffs, der Klassen- und<br />
Freizeitraum zugleich sei – oder in wärmeren<br />
Gegenden, wie in der Karibik, an Deck. Dabei,<br />
erzählt Lilian, war die Beziehung zu den Lehrern<br />
freundschaftlich und auf Augenhöhe:<br />
„An Bord haben wir uns alle geduzt, irgendwie<br />
war das auch fürs Lernen förderlich – so<br />
eine lustige, entspannte Stimmung zwischen<br />
den Erwachsenen und uns“, erinnert sich die<br />
Schülerin.<br />
Das Leben findet für die Jugendlichen aber<br />
nicht nur auf hoher See statt. Neben dem<br />
Besuch einiger kleiner Inselstaaten in der<br />
Karibik gibt es auch mehrwöchige Landaufenthalte.<br />
Insgesamt viermal sind die Jugendlichen<br />
während der Reise an Land, um Flora,<br />
Fauna, Kultur und Geschichte der jeweiligen<br />
Länder zu studieren – diesmal wegen des Vulkanausbruchs<br />
auf La Palma und Erdbeben auf<br />
den Azoren – aber zum Teil etwas anders als<br />
ursprünglich geplant.<br />
Ein Abenteuer, das<br />
Menschlichkeit lehrt<br />
„Unsere Reise war wirklich ein Abenteuer<br />
– von Anfang bis Ende“, erzählt Lilian. Am<br />
eindrücklichsten findet sie ein Ereignis, was<br />
gleich am Anfang, in der ersten Etappe passierte:<br />
„Ich hatte zu der Zeit Backschaft, stand<br />
also in der Küche und kochte, aber unser Ausguck<br />
entdeckte zwei Männer, die auf einem<br />
winzigen Schlauchboot mitten auf dem Meer<br />
dahintrieben.“ Sie erzählt, wie die Schiffsmannschaft<br />
ein „Person-über-Bord“-Manöver<br />
fährt und den Männern Essen, Getränke und<br />
Rettungswesten zuwirft.<br />
Später erfahren sie, dass es sich um zwei<br />
somalische Geflüchtete handelt, die von Calais<br />
in Frankreich nach Großbritannien übersetzen<br />
wollten, aber abgetrieben worden waren.<br />
„Wären sie weiter auf die Nordsee getrieben,<br />
wären sie wahrscheinlich nicht mehr gefunden<br />
worden“, sagt Lilian. „Als es dunkel<br />
wurde, entschied unser Kapitän, dass wir sie<br />
an Bord nehmen – obwohl wir das rechtlich<br />
nicht durften.“ Am Abend dann seien beide<br />
Männer von der Küstenwache abgeholt worden.<br />
Zurück bleibt eine Gruppe, die das Erlebnis<br />
stark mitgenommen, die der Akt des Helfens<br />
aber zusammengeschweißt hat.<br />
24 Stunden in einem<br />
Wald auf den Azoren<br />
allein für sich<br />
Nun ist ein Monat seit der Rückkehr der Thor<br />
Heyerdahl vergangen. Lilian ist aber noch<br />
immer bewegt: „Ich habe auch so viel über<br />
mich selbst gelernt“, sagt sie. Gefördert hätten<br />
das die sogenannten Solo-Zeiten, die den<br />
Schülern aufgetragen wurden. „Das war ein<br />
fester Zeitraum, in dem man sich hinsetzen<br />
sollte, um einfach nur nachzudenken“, erinnert<br />
sie sich. „Anfangs ging das eine halbe<br />
Stunde, dann waren es drei Stunden und<br />
zuletzt wurde es gesteigert auf ein 24-Stunden-Solo.“<br />
Dabei seien die Schüler 24 Stunden<br />
in einem Wald auf den Azoren allein für<br />
sich gewesen, ausgestattet mit Rucksäcken,<br />
Hängematten und Schlafsäcken. „Das war eine<br />
so wahnsinnig tolle Erfahrung, das würde ich<br />
sofort nochmal machen“, erzählt sie begeistert.<br />
Mußestunden, um das Geschehene Revue<br />
passieren zu lassen und zu reflektieren.<br />
„Während des halben Jahres ist mir auch<br />
aufgefallen, wie wenig ich mein Handy noch<br />
brauche“, ergänzt Lilian. „Mir wurde bewusst,<br />
dass wir uns viel mehr mit den Dingen befasst<br />
haben, die um uns herum waren, als auf Instagram<br />
zu gucken, was die neusten Updates<br />
sind“, sagt sie. Diese aktive Auseinandersetzung<br />
mit der meist fremden Umwelt habe<br />
bei ihr zu einem neuen Bewusstsein geführt<br />
und sie erzählt, dass sie heute ihr Handy viel<br />
weniger benutze als davor.<br />
33 Jugendliche, ein Schiff und sechseinhalb<br />
Monate Zeit. Das Klassenzimmer unter Segeln<br />
schafft etwas, was eine kostbare Seltenheit<br />
in unserem schnelllebigen digitalen Zeitalter<br />
ist: Jugendlichen beizubringen, was Gemeinschaft<br />
heißt – auch Bedürftigeren gegenüber.<br />
Aber auch, was es heißt, achtsam zu sein mit<br />
sich. Ohne Handy, ohne Strom, in der Natur<br />
oder auf dem Wasser. Eine Schule für nichts<br />
Geringeres als das Leben selbst.<br />
www.thor-heyerdahl.de<br />
66
SERVICE<br />
sehen<br />
SEHEN<br />
Angeschaut<br />
Earthstorm: Naturgewalten<br />
auf der Spur<br />
.... Seite 69<br />
Angeschaut<br />
Film-Tipps<br />
Angelesen<br />
Buch-Tipps .... Seite 70<br />
Was kostet die (duale) Welt? .... Seite 72<br />
H<br />
I<br />
L<br />
F<br />
E<br />
How to Erstsemester<br />
So gelingt der Studienbeginn .... Seite 74<br />
Abgehört<br />
Podcast-Tipps .... Seite 71<br />
Ausgegangen<br />
Veranstaltungs-Tipps .... Seite 71<br />
Uni oder Job? Warum nicht beides!<br />
Trend duales Studium – nie war praxisnahes Studieren<br />
so beliebt! .... Seite 76<br />
Text Anja Nacken | Fotos Ilze Kitshoff / Netflix, Warner Bros.<br />
Earthstorm: Naturgewalten auf der Spur<br />
(Victoria Weaver <strong>2022</strong>)<br />
Seit Oktober <strong>2022</strong> zeigt Netflix in seiner<br />
beeindruckenden Dokumentationsserie<br />
„Earthstorm: Naturgewalten auf der Spur“ die<br />
Entstehung, die Ausmaße und die weltweite<br />
Zunahme zerstörerischer Naturereignisse. Tornados,<br />
Erdbeben, Vulkanausbrüche und Hurrikans<br />
der jüngsten Vergangenheit werden mittels<br />
spektakulärer Aufnahmen visualisiert und<br />
machen das tatsächliche Ausmaß der Katastrophen<br />
für den Zuschauer begreifbar. Berichte<br />
von Überlebenden, Helfern und Wissenschaftlern<br />
über Erlebtes und die Folgen für Mensch<br />
und Natur decken schonungslos die Realität<br />
auf. Der Vierteiler zeigt die Verletzbarkeit des<br />
Lebens auf diesem Planeten und wirft existentielle<br />
Fragen nach der Beherrschbarkeit<br />
der Natur und den Folgen der von Menschen<br />
verursachten Klimakatastrophe auf.<br />
Zu sehen bei Netflix.<br />
Der Junge, der den Wind einfing<br />
(Chiwetel Ejiofor, 2<strong>01</strong>9)<br />
Das Regiedebüt des oscarnominierten britischen<br />
Schauspielers Chiwetel Ejiofor (12<br />
Years A Slave) basiert auf dem gleichnamigen<br />
autobiografischen Bestseller von William<br />
Kamkwamba. Der 14-jährige William (Maxwell<br />
Simba) wächst als Sohn eines Bauern (Chiwetel<br />
Ejifor) in einem ärmlichen Dorf im<br />
südostafrikanischen Staat Malawi auf. Die<br />
Eltern versuchen trotz dürftiger Mittel ihren<br />
Kindern eine Schulbildung zu ermöglichen,<br />
bis zuerst Überschwemmungen und dann Dürren<br />
die Ernten und damit die Existenzgrundlage<br />
der Familien vernichten. Der begabte<br />
und sehr an Naturwissenschaften und Technik<br />
interessierte William muss aus Geldmangel<br />
die Schule verlassen, darf aber mithilfe<br />
eines Lehrers die Schulbibliothek heimlich<br />
weiterhin nutzen. Auf dem Höhepunkt der<br />
sich anschließenden größten Hungersnot<br />
dieser Zeit schafft William das Unglaubliche:<br />
Das Buch „Using Energy“ beflügelt ihn zum<br />
Bau einer Windmühle, die, obwohl nur aus<br />
Schrottteilen zusammengebastelt, Elektrizität<br />
erzeugt und mittels einer Pumpe dafür sorgt,<br />
dass die Felder seines Dorfes wieder bewässert<br />
werden können.<br />
Der in London als Sohn nigerianischer Einwanderer<br />
geborene Chiwetel Ejiofor erzählt<br />
mit „Der Junge, der den Wind einfing“<br />
auf wunderschöne Weise eine afrikanische<br />
Erfolgsgeschichte, die ohne Hollywood-Pathos<br />
auskommt und sowohl visuell als auch<br />
erzählerisch absolut überzeugt.<br />
Zu sehen auf DVD oder bei Netflix.<br />
Der Sturm<br />
(Wolfgang Petersen, 2000)<br />
Mit diesem Film hat der kürzlich verstorbene<br />
Ostfriese Wolfgang Petersen (u.a. „Das<br />
Boot“) einmal mehr sein Können als Regisseur<br />
für das große Hollywood-Kino bewiesen.<br />
Das auf einer wahren Begebenheit beruhende<br />
Action-Drama (mit George Clooney und Mark<br />
Wahlberg in den Hauptrollen) ist den zahllosen<br />
Fischern aus Gloucester im US-Bundesstaat<br />
Massachusetts gewidmet, die seit dem<br />
17. Jahrhundert ihr Leben auf See ließen.<br />
Schlechte Fangergebnisse und wirtschaftliche<br />
Not zwingen Captain Billy Tyne und eine<br />
zwielichtige Crew trotz schlechten Wetters zu<br />
einer Ausfahrt nach Fangsaisonende. Ziel ist<br />
das von der US-Ostküste weit entfernte Flemish<br />
Cap in der Hoffnung, mit einem letzten<br />
lukrativen Schwertfischfang dem Ruin zu entkommen.<br />
Der Fang ist erfolgreich, aber auf<br />
hoher See braut sich ein Jahrhundertsturm<br />
zusammen. Den Sturm abzuwarten scheidet<br />
aufgrund einer defekten Eismaschine als<br />
Option aus. Der Fang muss schnellstmöglich<br />
an Land. Die Crew steuert mitten in diese<br />
unberechenbare Naturgewalt und kämpft<br />
fortan ums nackte Überleben. Billy Tyne entscheidet<br />
sich schließlich doch zur Umkehr und<br />
damit für die Rettung seiner aufopferungsbereiten<br />
Mannschaft. Da erfasst eine Riesenwelle<br />
das Schiff…<br />
Die 100-Millionen-Dollar-Produktion ist ein<br />
Klassiker und preisgekrönt. Der Film liefert<br />
atemberaubende Action mit Unterhaltungsfaktor<br />
und hält sich doch an die ungeschönte<br />
Wahrheit.<br />
Zu sehen auf DVD und online bei verschiedenen<br />
Streaming-Anbietern.<br />
68<br />
69
lesen<br />
LESEN<br />
hören<br />
HÖREN<br />
erleben<br />
ERLEBEN<br />
Angelesen<br />
Abgehört<br />
Ausgegangen<br />
Buch-Tipps<br />
Podcast-Tipps<br />
Veranstaltungs-Tipps<br />
Sturm<br />
Christoph Scheuring<br />
Die militante Klima- und Tierschützerin Nora<br />
aus Deutschland ist von einem Gericht zu<br />
Sozialstunden auf einem kanadischen Fischkutter<br />
verurteilt. Dort begegnet sie dem jungen,<br />
wortkargen Fischer Johan, dessen Überleben<br />
und das seiner Familie nur durch das<br />
in Noras Augen abscheuliche Töten gesichert<br />
ist. Unterschiedlicher könnten die Welten der<br />
beiden nicht sein und ein gegenseitiges Verständnis<br />
für die Ansichten des anderen scheint<br />
unvorstellbar. Ganz im Gegenteil! Vorurteile<br />
und Verachtung prägen den Umgang miteinander.<br />
Als aber das Schiff draußen auf dem<br />
Atlantik in einen lebensbedrohlichen Hurrikan<br />
gerät, der die normalen menschlichen Gesetze<br />
außer Kraft setzt, ändern die beiden Protagonisten<br />
die Sicht aufeinander. Dem SPIE-<br />
GEL-, Stern- und ZEIT-Journalisten Christoph<br />
Scheuring gelingt mit diesem Roman ein Brückenschlag<br />
zwischen unterschiedlichen Wünschen,<br />
veränderbaren Haltungen und gemeinsamen<br />
Werten. Dass Toleranz auch wehtun<br />
kann und vielleicht sogar muss, beschreibt<br />
Christoph Scheuring eindrucksvoll.<br />
Ein besonderes Buch, das so viel mehr als<br />
Umweltschutz und -aktivismus thematisiert.<br />
Verlag: magellan 2020 | Preis: 18,00<br />
Erneuerbare Energien zum Verstehen<br />
und Mitreden<br />
Christian Holler, Joachim Gaukel, Harald<br />
Lesch, Florian Lesch<br />
Wissenschaftliche Fakten haben oftmals<br />
den Ruf, schwer verständlich zu sein. Ganz<br />
anders in diesem gemeinsamen Buch der<br />
Wissenschaftler und Autoren Christian Holler,<br />
Joachim Gaukel sowie Harald und Florian<br />
Lesch. Ausgehend vom Thema Nutzung fossiler<br />
Energien und deren Auswirkungen auf<br />
unsere Umwelt werden gesicherte Tatsachen,<br />
die ein Umdenken und einen Umbau der Energieversorgung<br />
erfordern, erläutert. Zusätzlich<br />
werden die erneuerbaren Energiequellen verständlich<br />
vorgestellt. Neben der Beschreibung<br />
der einzelnen Energieformen geht es vor allem<br />
um deren Verfügbarkeit und wie viel sie leisten<br />
können. Denn über allem steht die Frage:<br />
Können wir mit erneuerbaren Energien unseren<br />
großen Energiebedarf stillen? Das Buch<br />
enthält zahlreiche anschauliche Illustrationen<br />
und liefert einen einfallsreich bebilderten<br />
Kompass für die Welt der erneuerbaren<br />
Energien – ausgezeichnet von der Stiftung<br />
Buchkunst als eines der schönsten deutschen<br />
Bücher.<br />
Das richtige Buch für alle, die mitdenken,<br />
mitreden und mitentscheiden wollen über die<br />
Energien der Zukunft.<br />
Verlag: C.Bertelsmann 2021 | Preis: 18,00<br />
Allein gegen den Wind – Nonstop in<br />
343 Tagen um die Welt<br />
Wilfried Erdmann<br />
Allein schon die Vita des berühmten Einhandseglers<br />
und Autors Wilfried Erdmann<br />
liest sich wie ein Abenteuerroman. Erdmann,<br />
heute wohnhaft in einem kleinen Dorf an der<br />
Schlei, haben Extreme und Grenzerfahrungen<br />
sein ganzes Leben lang fasziniert und<br />
ihn insbesondere in seiner Königsdisziplin<br />
„Segeln“ zu spektakulären und dekorierten<br />
Höchstleistungen geführt. Seine erste Weltumseglung<br />
im Alleingang startete er bereits<br />
in den 60er-Jahren. Wer aber meint, dass so<br />
einen „alten Seebären“ nichts mehr herausfordern<br />
kann, sollte das Buch „Allein gegen<br />
den Wind“ lesen. Darin schildert Erdmann<br />
ungeschönt einen seiner gefährlichsten Törns<br />
(2000/20<strong>01</strong>) um die Welt, der bislang nur fünf<br />
Seglern überhaupt gelang. 343 Tage stellte er<br />
sich auf seiner lediglich 10,60 m langen Alu-<br />
Yacht KATHENA NUI der abenteuerlichen Herausforderung:<br />
Eine Weltumsegelung in Ost-<br />
West-Richtung – gegen die vorherrschenden<br />
westlichen Winde!<br />
Die 343 Tage von Wilfried Erdmann auf See<br />
zwischen Stürmen, Flauten, Zweifeln, Einsamkeit,<br />
aber auch fantastischen Momenten bieten<br />
selbst für Landratten spannenden Lesestoff<br />
über eine einmalige Reise, die größte<br />
publizistische Resonanz in deutschen und<br />
internationalen Medien erhielt.<br />
Verlag: Delius Klasing 2<strong>01</strong>7 | Preis: 16,90<br />
Text Anja Nacken | Fotos Magellan Verlag, Penguin, Delius Klasing<br />
Text Anja Nacken | Fotos SWR, HUSUM WIND / Ulrich Mertens, Shutterstock<br />
FAKT ab! EINE WOCHE WISSENSCHAFT<br />
Kuh oder Nordsee – wer ist schlimmer fürs<br />
Klima oder popeln auch Affen in der Nase?<br />
Im SWR2-Podcast ‚Fakt ab!‘ sprechen junge<br />
Wissenschaftsjournalisten wöchentlich über<br />
große, kleine und kuriose Forschungsfragen<br />
und diskutieren deren erstaunliche Ergebnisse.<br />
Dabei geht es alles andere als wissenschaftlich-staubtrocken<br />
zu. Diesem Podcast<br />
gelingt eine sowohl witzige, spannende als<br />
auch konkrete Wissensvermittlung in Form<br />
eines entspannten Talks. Absolut hörenswert!<br />
www.swr.de/swr2/wissen/podcast-fakt-abeine-woche-wissenschaft-100.html<br />
FA Wind (<strong>2022</strong>) Podcast der<br />
Fachagentur Windenergie<br />
Die Fachagentur Windenergie an Land (FA<br />
Wind) hat „die Förderung des Umwelt- und<br />
Klimaschutzes durch die Begleitung und<br />
Unterstützung des natur- und umweltverträglichen<br />
Ausbaus der Windenergie an Land<br />
und ihre Systemintegration sowie die Förderung<br />
von Bildung und Wissenschaft in diesem<br />
Bereich“ zum Ziel. Der Podcast liefert<br />
wichtiges Grundlagenwissen über Windenergie.<br />
Dabei kommen verschiedene Experten,<br />
wie z.B. Prof. Dr. Andreas Reuter, Leiter des<br />
Fraunhofers IWES oder Energieexperte Prof.<br />
Dr. Volker Quaschning, zu Wort, die das Thema<br />
gemäß ihrer jeweiligen fachlichen Kompetenz<br />
verständlich erläutern.<br />
www.fachagentur-windenergie.de<br />
HUSUM WIND 2023<br />
12-15.9.2023<br />
Transforming Energy – HUSUM WIND 2023<br />
mit Jobmesse WINDCareer<br />
Wind ist für die Transformation des Energiesystems<br />
der wichtigste Treiber. Auf der<br />
HUSUM WIND trifft sich die gesamte Branche.<br />
Zahlreiche Aussteller aus dem In- und Ausland<br />
zeigen den neuesten Stand der Technik<br />
und die jüngsten Entwicklungen im Bereich<br />
der erneuerbaren Energien. Wie der berufliche<br />
Einstieg in diese stetig wachsende Branche<br />
gelingen kann? Genau darum geht es am letzten<br />
Tag der HUSUM WIND mit der Jobmesse<br />
WINDCareer.<br />
Rund 30 verschiedene Unternehmen, Hochschulen<br />
sowie andere Aus- und Weiterbildungseinrichtungen<br />
stellen sich vor. Schülerinnen<br />
und Schüler, Auszubildende sowie<br />
Studierende haben die Möglichkeit, direkt<br />
mit den Personalverantwortlichen und Mitarbeitenden<br />
der Unternehmen zu sprechen.<br />
Sie erfahren mehr über berufliche Perspektiven,<br />
spannende Jobangebote und erhalten<br />
Tipps für ihre Karriereplanung. Ein vielfältiges<br />
Rahmenprogramm macht die WINDCareer<br />
komplett. Für den Besuch der HUSUM WIND<br />
und der WINDCareer am letzten Messetag, 15.<br />
September, gibt es ein reduziertes Kombi-Ticket.<br />
Aktuelle Infos sind auf der Website der<br />
Messe zu finden.<br />
Messe Husum & Congress | Am Messeplatz<br />
12-18 | 25813 Husum<br />
Infos unter: www.husumwind.com<br />
Multivan Windsurf Cup<br />
25.-28. August 2023<br />
Der Multivan Windsurf Cup ist die ranghöchste<br />
deutsche Regattaserie im Windsurfen. Er<br />
besteht aus jährlich vier bis sieben Tourstopps<br />
an den schönsten Stränden von Nordund<br />
Ostsee oder auch ausgewählten Spots im<br />
Binnenland. Die Internationalen Deutschen<br />
Meisterschaften beim Multivan Surf Cup auf<br />
Sylt sind alljährlich in der letzten Woche im<br />
Juli mit über 120.000 Besuchern der Saisonhöhepunkt<br />
für die Windsurfer.<br />
Im Rahmen des Multivan Windsurf Cups werden<br />
mehrere Disziplinen ausgetragen: Racing<br />
(Formula Windsurfing) als taktische Disziplin,<br />
Foil Slalom und Fin Slalom als technische Disziplinen<br />
und Wave als Expression-Disziplin.<br />
Die Teilnehmer können sich auf einzelne Disziplinen<br />
konzentrieren oder auch in mehreren<br />
oder sogar allen antreten.<br />
Kitesurf Masters | Seebrücke Heiligenhafen<br />
| 23774 Heiligenhafen<br />
Mehr Infos unter: www.windsurfcup.de<br />
70<br />
71
WAS<br />
KOST€T<br />
DIE (DUALE)<br />
WELT?<br />
Du überlegst, dual zu studieren? Hier eine Auflistung der wichtigsten<br />
Kostenfaktoren, die zum (dualen) Studienbeginn auf dich zukommen.<br />
Studiengebühren<br />
Das Beste zuerst. Die meisten Unternehmen,<br />
die ein duales Studium anbieten, übernehmen<br />
die anfallenden Studiengebühren komplett<br />
oder größtenteils. Bietet ein Unternehmen<br />
erst seit kurzem ein duales Studium an und<br />
hat noch keinen Vertrag mit einer Hochschule<br />
abgeschlossen, könnte es sein, dass du die<br />
Studiengebühren selbst tragen musst.<br />
WG-Zimmer<br />
Die Mietkosten für ein WG-Zimmer belaufen<br />
sich auf etwa 300 bis 450 Euro warm (inkl.<br />
Internet und Strom). Die Kosten können je<br />
nach Studienstandort und Größe des Zimmers<br />
sowie der Wohnung jedoch stark variieren.<br />
Hinzu kommen ggf. weitere Ausgaben, etwa<br />
für neue Möbel oder Gemeinschaftsanschaffungen<br />
wie Waschmaschine, Kühlschrank,<br />
Toaster. Wer in eine bereits bestehende WG<br />
zieht, profitiert oft davon, dass vieles schon<br />
vorhanden ist.<br />
Mietkaution<br />
Auch für WG-Zimmer ist meist eine Kaution<br />
zu hinterlegen. Diese beträgt maximal drei<br />
Monatskaltmieten, dividiert durch die Anzahl<br />
der WG-Bewohner. Eine Kaution dient als<br />
Sicherheit für den Vermieter und wird beim<br />
Auszug wieder zurückgezahlt.<br />
Achtung: Es ist immer ratsam, den Zustand<br />
des Zimmers zumindest fotografisch zu dokumentieren.<br />
Krankenversicherung<br />
Die meisten Studierenden müssen sich erst<br />
mit 25 Jahren Gedanken um eine Krankenversicherung<br />
machen. Vorher sind sie in den<br />
meisten Fällen durch die sogenannte „Familienversicherung“<br />
über die Eltern mitversichert.<br />
Dies gilt für dual Studierende und Studis, die<br />
mehr als 450 Euro im Monat verdienen, nicht!<br />
Denn an dieser Einkommensgrenze endet die<br />
beitragsfreie Familienversicherung.<br />
Um dich selbst zu versichern, wendest du dich<br />
an eine Krankenkasse deiner Wahl. Hier gilt:<br />
Vorher schlau machen, welche Krankenkasse<br />
dir die meisten Vorteile bietet! Von deinem<br />
monatlichen Brutto-Gehalt gehen rund 16<br />
Prozent an die Krankenkasse; fünfzig Prozent<br />
der Kosten trägt dein Arbeitgeber. Sowohl die<br />
Kosten für die Krankenversicherung als auch<br />
die Beiträge zur gesetzlichen Pflegepflichtversicherung,<br />
zur Rentenversicherung und<br />
zur Arbeitslosenversicherung entrichtet der<br />
Arbeitgeber direkt; darum musst du dich also<br />
nicht kümmern.<br />
Andere Versicherungen: Private<br />
Haftpflichtversicherung<br />
Unaufmerksam den Fahrradlenker geschwenkt<br />
und schon ziert das parkende Auto eine Delle?<br />
Für Schäden an fremdem Eigentum greift die<br />
private Haftpflichtversicherung. Wenn es sich<br />
bei deinem dualen Studium um eine Erstausbildung<br />
handelt und du im Vertrag deiner<br />
Eltern mitversichert bist, musst du dich nicht<br />
um eine eigene Haftpflichtversicherung kümmern.<br />
Also am besten bei der Versicherung<br />
der Eltern nachfragen!<br />
Dasselbe gilt übrigens für eine Rechtsschutzversicherung.<br />
Essen<br />
In vielen größeren Betrieben sorgen Kantinen<br />
für das leibliche Wohl. Unis und Fachhochschulen<br />
haben meist Mensen, um ihre Studis<br />
zu verpflegen. Da Mensen staatlich subventioniert<br />
werden, können sie vergünstigtes Essen<br />
anbieten. Für die betriebseigene Kantine gibt<br />
es für dual Studierende oft Rabatt durch den<br />
Arbeitgeber.<br />
Ansonsten gilt natürlich: Selber Kochen! Das<br />
ist gesund, macht Spaß und ist oft auch günstiger!<br />
Sport<br />
Stichwort Hochschulsport – viele Unis und<br />
Fachhochschulen bieten ihren Studierenden<br />
ein eigenes Sportprogramm an. Auch Vereine<br />
oder Fitness-Studios haben mitunter einen<br />
vergünstigten Studi-Tarif. Und manche Krankenkassen<br />
übernehmen die Kosten für Fitness-<br />
oder Präventionskurse. Wer sich informiert,<br />
kann also sparen!<br />
Alles andere<br />
Wer zu Hause auszieht, merkt schnell: Spülmittel,<br />
Klopapier, Duschgel, auch Dinge des<br />
täglichen Bedarfs leeren das Portemonnaie.<br />
Ob Kino, eine Kanutour mit Freunden oder<br />
Verabredungen zum Kaffee – Wer gleichzeitig<br />
arbeitet und studiert, verdient auch ein bisschen<br />
Freizeitvergnügen! Diesen Faktor also<br />
bei der Kostenkalkulation bloß nicht vergessen!<br />
Text Lina Kerzmann<br />
Foto Shutterstock<br />
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73
H L I<br />
F<br />
E<br />
HOW TO ERSTSEMESTER<br />
1. Der Eintritt ins Studium<br />
Damit Studieninteressierte pünktlich zum<br />
Wintersemester – dann beginnen nämlich<br />
die meisten Studiengänge – mit dem Studium<br />
beginnen können, sollten unbedingt die<br />
Bewerbungsfristen eingehalten werden. Für<br />
einen Studienplatz mit Zulassungsbeschränkung<br />
kann man sich vom 15.04. bis zum<br />
15.07. bewerben. Für zulassungsfreie Studiengänge<br />
findet die Bewerbungsphase je nach<br />
Uni von Mitte August bis Mitte Oktober statt.<br />
An den meisten Unis bewirbt man sich über<br />
ein Bewerbungsportal. Zu einer Bewerbung<br />
gehören auf jeden Fall das Antragsformular<br />
und der Nachweis der Hochschulreife. Je<br />
nach Studiengang oder Universität kann der<br />
Umfang der Bewerbung aber variieren.<br />
Sobald die Zusage der Hochschule gekommen<br />
ist, können die zukünftigen Studierenden sich<br />
immatrikulieren, also einschreiben. Meist<br />
muss man dies persönlich tun. Das Zulassungsschreiben<br />
sollte dabei genau durchgelesen<br />
werden, um keine wichtigen Dokumente<br />
zu vergessen.<br />
2. Hilfe, mein Kontostand! Wie<br />
beantrage ich BAföG?<br />
BAföG zu beantragen, ist oft eine Wissenschaft<br />
für sich. Am besten wird ein Beratungstermin<br />
mit dem BAföG-Amt oder einem<br />
AStA-Mitglied vereinbart. Dort sind dann<br />
auch die Antragsformulare für die Studierenden<br />
verfügbar. Eine weitere Möglichkeit ist<br />
der Online-Antrag. Viele Studentenwerke bieten<br />
bereits ein Online-Portal mit praktischen<br />
Hilfestellungen beim Ausfüllen an. Sollte man<br />
kein BAföG erhalten, kommen vielleicht Stipendien<br />
oder Förderkredite infrage.<br />
3. Was, wann, wo? Mit Überblick<br />
zum Stundenplan<br />
Um einen Stundenplan zu erstellen, sollte<br />
zunächst klar sein, welche Kurse überhaupt<br />
belegt werden müssen. Eine Übersicht steht<br />
im sogenannten Studienverlaufsplan, der sich<br />
in der Studienordnung befindet. Der Plan listet<br />
auf, welche Seminare und Vorlesungen für<br />
die jeweiligen Semester vorgesehen sind. Für<br />
einen Bachelorabschluss sind in der Regel 180<br />
Credit Points nötig. Pro Semester sollte man<br />
also etwa 30 Credit Points erreichen. Auf der<br />
Website der jeweiligen Hochschule stehen die<br />
passenden Kurse und Vorlesungen, die dann<br />
zu einem Stundenplan zusammengestellt werden<br />
können.<br />
Wichtig ist, sich in der Anmeldephase für die<br />
jeweiligen Kurse auch einzutragen. Da viele<br />
Kurse schnell voll sind, ist eine rasche Entscheidung<br />
ratsam.<br />
4. Ein Semester – was ist das<br />
eigentlich?<br />
Ein Semester dauert immer sechs Monate und<br />
lässt sich in drei Teile gliedern: die Anmeldephase,<br />
die Vorlesungszeit und die Prüfungsphase.<br />
Während der Anmeldephase trägt<br />
man sich für seine Seminare und Vorlesungen<br />
ein, dies geschieht meist über das jeweilige<br />
Hochschulportal. In der Vorlesungszeit finden<br />
diese dann statt. Am Ende eines jeden Semesters<br />
steht schließlich die Prüfungsphase an,<br />
in der man seine Klausuren und Hausarbeiten<br />
schreibt.<br />
5. Mitarbeiter des Monats – Wie<br />
bekomme ich einen Job?<br />
Ein Job bringt nicht nur Geld, sondern auch<br />
jede Menge wichtige praktische Erfahrungen.<br />
Geeignete Jobs kann man in der Jobbörse der<br />
Universität oder am schwarzen Brett in der<br />
Mensa finden. Auch auf der Internetseite des<br />
Arbeitsamts kann man gezielt nach Werkstudentenjobs<br />
in der Region suchen.<br />
6. Oase der Ruhe oder<br />
Partyzentrale: Wie finde ich eine<br />
Wohnung?<br />
Gerade zu Semesterbeginn ist die Wohnungssuche<br />
eine wahre Herausforderung. Anstatt<br />
sich eine eigene Wohnung zu suchen, kann<br />
man sich auch beim Studentenwerk auf einen<br />
Platz in einem Wohnheim bewerben. Eine<br />
andere Möglichkeit ist das sogenannte Wohnen<br />
für Hilfe, das heißt, man lebt mit einer<br />
älteren Person oder einer Familie zusammen<br />
und bezahlt seine Miete durch vereinbarte<br />
Hausarbeiten. Wer schnell den Kontakt zu<br />
anderen Studenten sucht, für den ist wohl<br />
eine Wohngemeinschaft genau das Richtige.<br />
Angebote sind in der Regel auf den gängigen<br />
Internetportalen oder am Schwarzen Brett zu<br />
finden.<br />
7. Neue Stadt, neue Freunde:<br />
Wie knüpfe ich neue Kontakte?<br />
Viele ziehen für ihr Studium von zuhause<br />
weg – neue Freunde zu finden ist da manchmal<br />
gar nicht so leicht. Besonders die Veranstaltungen<br />
für Erstsemester eignen sich, um<br />
schnell mit anderen in Kontakt zu treten. Man<br />
erhält nicht nur organisatorische Infos, sondern<br />
es finden ebenfalls Kneipentouren und<br />
<strong>Campus</strong>-Rallyes statt. Auch die Freizeit- und<br />
Sportangebote der Universität eignen sich<br />
hervorragend, neue Leute kennenzulernen,<br />
die meisten Erstsemester sind neu in der<br />
Stadt und suchen Freunde.<br />
8. Lost on <strong>Campus</strong>? Tipps zur<br />
Orientierung<br />
Ein Uni-<strong>Campus</strong> kann auf den ersten Blick<br />
sehr unübersichtlich wirken. Deshalb sollte<br />
man unbedingt an den <strong>Campus</strong>- und Bibliotheksführungen<br />
teilnehmen. Neben wichtigen<br />
Infos über die Uni erfahren Erstsemester dort<br />
oft wertvolle Insider-Tipps rund ums <strong>Campus</strong>leben.<br />
In den Wochen vor Semesterstart finden sogenannte<br />
Orientierungswochen statt. Man wird<br />
nicht nur inhaltlich auf das Studium vorbereitet,<br />
sondern kann sich auch über Abläufe<br />
an der Universität informieren und sich mit<br />
Kommilitonen austauschen.<br />
So gelingt der Studienbeginn<br />
Besonders in der Anfangszeit haben es Erstsemester an einer Uni nicht gerade<br />
leicht. Eine unbekannte Umgebung, neue Menschen und ungewohnte Abläufe<br />
können da schnell verunsichern. Um Uni-Neulingen diese Zeit zu erleichtern, haben<br />
wir die wichtigsten Fragen für einen reibungslosen Studienbeginn beantwortet<br />
– und eine Übersicht mit zentralen Begriffen aus dem Uni-Alltag erstellt.<br />
Text Elisabeth Witten<br />
GLOSSAR<br />
Akademisches Viertel – steht hinter einer<br />
Veranstaltung die lateinische Kürzung c.t.<br />
(cum tempore – mit Zeit) bedeutet das, dass<br />
sie eine viertel Stunde später anfängt. 8 Uhr<br />
c.t. – 8:15 Uhr<br />
Achtung! Steht dahinter ein s.t. (sine tempore<br />
– ohne Zeit) beginnt die Veranstaltung<br />
wie angegeben.<br />
AStA – Allgemeiner Studierendenausschuss<br />
(vertritt die Interessen der Studierenden)<br />
Credit Points – Leistungspunkte im Studium<br />
Fachschaft – Studentenvertretung für den<br />
jeweiligen Studiengang<br />
Kommilitonen – so werden die Mitstudenten<br />
genannt<br />
Kolloquium – fachliche Gesprächsrunde ohne<br />
feste Formalien<br />
Matrikelnummer – die Identifikationsnummer<br />
im Studentenverzeichnis. Diese Nummer<br />
sollte man sich unbedingt merken, da sie oft<br />
angegeben werden muss. Für Vergessliche: sie<br />
steht auch auf dem Studentenausweis.<br />
SWS – Semesterwochenstunden, eine SWS<br />
dauert in der Regel 45 Minuten, für die meisten<br />
Seminare sind deshalb 2 SWS angegeben<br />
Immatrikulation – die Anmeldung an einer<br />
Hochschule<br />
Exmatrikulation – die Abmeldung von einer<br />
Hochschule<br />
74<br />
75
Text Marc Asmuß, Kristina<br />
Krijom<br />
Illustrationen Ibou Gueye<br />
Uni oder Job?<br />
Warum nicht beides!<br />
Trend duales Studium – nie war<br />
praxisnahes Studieren so beliebt!<br />
Die Anzahl der dual Studierenden hat sich seit 2<strong>01</strong>0 mehr als verdoppelt.<br />
Dabei ist das duale Studium keine Ausbildung für all jene, die sich nicht<br />
entscheiden können, im Gegenteil. Die Studierenden haben die Wahl<br />
aus einer Vielzahl an Studiengängen, Hochschulen und Unternehmen.<br />
Besonders gefragt sind BWL, Ingenieurwesen, Informatik, aber auch Soziale<br />
Arbeit und ökologische Berufe. Aber nicht nur bei den Studierenden<br />
ist das praxisnahe Studium beliebt, auch Unternehmen haben die<br />
Vorteile der engen Zusammenarbeit mit den Hochschulen erkannt.<br />
Seit wann gibt es das<br />
duale Studium?<br />
Das praxisorientierte Studium ist kein Novum.<br />
Bereits Ende der 1960er Jahre wurden Fachhochschulen<br />
staatlich anerkannt und damit<br />
deren Abschlüsse aufgewertet. Eine dieser<br />
Institutionen ist die Hochschule Flensburg.<br />
In den 1990er Jahren wurden die Abschlüsse<br />
der Berufsakademien denen der dualen Studiengänge<br />
an Fachhochschulen gleichgestellt.<br />
Eine dieser Hochschulen ist die Nordakademie<br />
in Elmshorn. Unter dem Motto „Der beste<br />
Nachwuchs kommt aus den eigenen Reihen“<br />
blickt die private Hochschule 2<strong>01</strong>8 unter der<br />
Trägerschaft norddeutscher Unternehmen auf<br />
eine 25-jährige Geschichte zurück.<br />
Die anfänglich primär technisch orientierten<br />
Studiengänge der Fachhochschulen und<br />
Berufsakademien differenzieren sich seither<br />
stetig weiter aus. Mittlerweile können Schülerinnen<br />
und Schüler aus einem breiten Spektrum<br />
an Fächern wählen: ob Public Administration<br />
an der Fachhochschule für Verwaltung<br />
und Dienstleitung in Altenholz, Soziale Arbeit<br />
oder Angewandte Psychologie an der Medical<br />
School Hamburg oder Architektur an der<br />
„hochschule 21“.<br />
Was ist eigentlich ein<br />
duales Studium?<br />
Es gibt nicht das eine Konzept des dualen Studiums.<br />
Grundsätzlich gilt: Bei einem dualen<br />
Studium teilt sich das Studium in zwei, bei<br />
trialen Studiengängen in drei Ausbildungsorte<br />
auf. Zulassungsvoraussetzungen sind die Allgemeine<br />
oder Fachgebundene Hochschulreife.<br />
Die meisten dieser Studiengänge sind jedoch<br />
dual strukturiert. Studierende absolvieren ein<br />
reguläres Bachelorstudium an einer Fachhochschule,<br />
Berufsakademie, Verwaltungs- oder<br />
Wirtschaftsakademie. In der vorlesungsfreien<br />
Zeit finden dann Praxisphasen in den Unternehmen<br />
statt, die an die Lehrinhalte des Studiums<br />
geknüpft sind. Dauer und Anordnung<br />
des Praxisanteils variieren je nach Studiengang<br />
und Hochschulen.<br />
Beim trialen Modell der FH Westküste können<br />
beispielsweise in vier, statt sechs Jahren<br />
gleich zwei anerkannte Abschlüsse erworben<br />
werden. Die Studierenden besuchen zusätzlich<br />
die Berufsschule, in der sie eine IHK-Prüfung<br />
(zum Bankkaufmann oder Industriekaufmann<br />
(m/w/d)) ablegen und somit zusätzlich über<br />
eine vollwertige Berufsausbildung verfügen.<br />
Kein Abi – und jetzt?<br />
Wer über eine abgeschlossene Ausbildung und<br />
über mindestens drei Jahre Berufserfahrung<br />
verfügt, hat die Chance, auch ohne die übliche<br />
Hochschulzugangsberechtigung ein duales<br />
Studium zu absolvieren. Eine Fortbildung<br />
zum Betriebswirt, Techniker oder Meister kann<br />
sich ebenso als Türöffner erweisen. Zusätzlich<br />
erwarten viele Bundesländer die Teilnahme an<br />
einem Beratungsgespräch. Da Unternehmen,<br />
die mit Hochschulen kooperieren, oft eine<br />
Fachgebundene oder Allgemeine Hochschulreife<br />
voraussetzen, haben bewerberinnen und<br />
Bewerber ohne Abitur bessere Chancen bei<br />
Hochschulen und Berufsakademien, die nicht<br />
explizit mit Partnerunternehmen zusammenarbeiten.<br />
Das gilt auch für diejenigen, die auf<br />
76<br />
77
Auf einen Blick<br />
Die Vor- und Nachteile des dualen Studiums<br />
sind eine Frage der Perspektive und des persönlichen<br />
Interesses. Letztlich muss jeder<br />
selbst entscheiden, welche Studienbedingungen<br />
positiv oder negativ zu bewerten sind.<br />
ein praxisintegrierendes duales Studium, statt<br />
auf ein ausbildungsintegrierendes setzen.<br />
Wie sieht ein „klassisches“<br />
duales Studium aus?<br />
Das klassische duale Studium dauert drei bis<br />
vier Jahre und beginnt zum Wintersemester.<br />
Jedes Semester besteht aus zwölf Wochen<br />
Theorieanteil an einer Hochschule sowie einer<br />
anschließenden Praxisphase im Unternehmen.<br />
In den ersten drei bis vier Semestern wird<br />
Grundlagenwissen vermittelt. Anschließend<br />
werden Schwerpunkte in Kernfächern vertiefend<br />
behandelt. Am Ende jedes Theorieblocks<br />
stehen die Klausuren an.<br />
Die Bewerbung um einen Studienplatz erfolgt<br />
in der Regel nur über das jeweilige Unternehmen.<br />
Dieses hat, da das duale Studium ein<br />
Gemeinschaftsprojekt ist, bereits mit einer<br />
Hochschule einen entsprechenden Studienverlaufsplan<br />
erarbeitet.<br />
Beliebte Studiengänge sind aufgrund der<br />
begrenzten Plätze stark umkämpft. Mehrstufige<br />
Bewerbungsverfahren und eine Vorlaufzeit<br />
bei Bewerbungen sind keine Seltenheit.<br />
Du möchtest die<br />
Welt retten?<br />
Es gibt viele Möglichkeiten, die Welt ein klein<br />
wenig zu verändern, zum Beispiel durch die<br />
Nutzung regenerativer Energien. Die Hochschule<br />
Flensburg bietet zum Beispiel den<br />
dualen Studiengang Regenerative Energietechnik<br />
an. In Zusammenarbeit mit der Deutschen<br />
Windtechnik AG kannst du Energie- und<br />
Umwelttechnik oder an der FH Westküste<br />
Umweltgerechte Gebäudesystemtechnik studieren.<br />
Wer lieber mit Menschen arbeiten<br />
möchte, kann das duale Studium Soziale<br />
Arbeit und die staatliche Anerkennung als<br />
Sozialarbeiter und Sozialarbeiter (m/w/d) bei<br />
der Stadt Elmshorn erwerben.<br />
An wen richtet sich<br />
ein duales Studium?<br />
Duale, besonders aber triale Studiengänge<br />
sind aufgrund ihrer kompakt strukturierten<br />
Lehrinhalte mit einem hohen Arbeitsaufwand<br />
verbunden und erfordern ein diszipliniertes<br />
Arbeiten. Damit das Studium in der Regelstudienzeit<br />
absolviert werden kann, ist es nicht<br />
vorgesehen, dass nebenbei fachfremde Seminare<br />
belegt werden, und während der vorlesungsfreien<br />
Zeit finden die Praxisphasen in<br />
den Partnerunternehmen statt. Zum Ausgleich<br />
stehen den Studis jedoch gesetzlich geregelte<br />
Urlaubstage zu.<br />
Die gemeinsame Planung des Studienziels<br />
durch Unternehmen und Hochschule in<br />
Verbindung mit den kleinen Seminargruppen<br />
führt zu einem überdurchschnittlichen<br />
Betreuungsverhältnis der Studierenden durch<br />
die Lehrenden. Wer also einen klar strukturierten<br />
Studienverlauf mit enger Zusammenarbeit<br />
und intensiver Unterstützung bevorzugt,<br />
ist mit einem dualen Studium gut beraten.<br />
Ebenso all jene, die in möglichst kurzer Zeit<br />
ein wissenschaftliches Studium samt beruflicher<br />
Ausbildung erlangen möchten.<br />
Wie sieht es mit<br />
dem Gehalt und<br />
Studiengebühren aus?<br />
Das duale Studium bietet neben vielen weiteren<br />
Vorteilen eine monatliche Vergütung.<br />
Häufig orientiert sich diese an gängigen Ausbildungsgehältern.<br />
Manche Unternehmen bieten<br />
auch einen Tarifvertrag. Ob ein Betrieb<br />
bei einem notwendigen Umzug für das duale<br />
Studium Mietkostenzuschuss, Urlaubs- oder<br />
Weihnachtsgeld zahlt, hängt vom Unternehmen<br />
ab. Fallen Studiengebühren an, so<br />
werden diese mit der monatlichen Ausbildungsvergütung<br />
verrechnet. Wer finanzielle<br />
Unterstützung benötigt, hat je nach Voraussetzung<br />
die Option, BAföG oder andere Studienfinanzierungen<br />
zu beantragen.<br />
Vorteile<br />
• die Kombination aus wissenschaftlicher<br />
Theorievermittlung und einem hohen<br />
Praxisanteil<br />
• die unmittelbare Anwendung theoretischen<br />
Wissens im Praxismodul<br />
• der Erhalt einer Ausbildungsvergütung<br />
(während des gesamten Studiums)<br />
• die eventuelle Zahlung der Semesterbeiträge<br />
durch die Unternehmen<br />
• die persönliche Betreuung und enge<br />
Zusammenarbeit sowohl im Unternehmen<br />
als auch an der Hochschule<br />
• die größeren finanziellen Mittel sowie die<br />
bessere Ausstattung der Fachhochschulen,<br />
Berufs- und Wirtschaftsakademien<br />
aufgrund ihrer direkten Kooperation mit<br />
Unternehmen<br />
• die Möglichkeit eines Auslandssemesters<br />
auch im dualen Studium<br />
• geringere Abbruchquoten<br />
Nachteile<br />
• begrenzte Anzahl von Studienplätzen und<br />
starke Konkurrenz bei beliebten Unternehmen<br />
• geringe Vergleichbarkeit aufgrund der<br />
unterschiedlichen Studienordnungen<br />
• gute bis überdurchschnittliche Noten<br />
erforderlich<br />
• Ausbildungsleitungen lassen sich häufig<br />
die Leistungsnachweise vorlegen<br />
• keine Semesterferien (dafür ca. 24 Tage<br />
Urlaub im Jahr)<br />
• Studiengänge in der Regel auf Wirtschafts-,<br />
Ingenieurswissenschaften sowie<br />
Informatik fokussiert<br />
• eventuelle Nachzahlung der Studiengebühren<br />
für den Fall des Studienabbruchs<br />
78<br />
79
Ausbildungsberufe<br />
Duales Studium<br />
Unternehmen<br />
Ratgeber<br />
DIGI:BO – Digitale Berufsorientierung<br />
im Unterricht und zu Hause<br />
Kennst du schon diese Ausbildungsberufe?<br />
Wasserbauer (m/w/d)<br />
Dir ist bewusst, dass mehr als zwei Drittel<br />
der Erdoberfläche von Wasser bedeckt<br />
sind? Deshalb wundert es dich auch<br />
kaum, dass rund 25% unserer Güter<br />
auf dem Seeweg transportiert werden?<br />
Und weil auch die Personenschifffahrt<br />
immer wichtiger wird, weißt du, dass es<br />
Experten geben muss, die dafür sorgen,<br />
dass die Seewege sicher sein müssen?<br />
Umweltschutztechnischer<br />
Assistent (m/w/d)<br />
Du willst mehr tun, als nur privat Müll zu<br />
trennen oder das Auto so oft wie möglich<br />
stehen zu lassen? Du möchtest Wissenschaftler<br />
unterstützen, die im Umwelt-,<br />
Klima- und Naturschutz arbeiten? Ein<br />
erster Schritt in diese Richtung ist die<br />
Ausbildung zum Umweltschutztechnischen<br />
Assistenten.<br />
Gärtner – Garten- und<br />
Landschaftsbau (m/w/d)<br />
Du willst was bewegen, mit deiner<br />
Arbeit etwas Sinnvolles erschaffen und<br />
deine Umwelt aktiv verändern? Vom<br />
Plan bis zur fertigen Außenanlage,<br />
Landschaftsgärtner sind vielseitig<br />
und kreativ, denn ihr Aufgabenfeld ist<br />
enorm breit, das macht den Beruf so<br />
abwechslungsreich.<br />
Das in Schleswig-Holstein verankerte Online-Portal DIGI:BO bietet Schülerinnen und Schülern<br />
sowie Lehrkräften Informationen und Materialien für eine umfassende und vielseitige<br />
Berufsorientierung. DIGI:BO beruht auf einem pädagogischen Konzept und steht im Einklang<br />
mit dem „Landeskonzept für Berufliche Orientierung an weiterführenden Schulen in<br />
Schleswig-Holstein“.<br />
Du möchtest (vorerst) nicht studieren? Dann klick<br />
dich durch über 300 Ausbildungsberufe und 70<br />
duale Studiengänge und finde heraus, was am<br />
besten zu dir passt.<br />
Du brauchst Tipps für deinen Bewerbungsprozess?<br />
Dann besuche unseren Ratgeber, lade dir Vorlagen<br />
runter oder lass dich von der Vielfalt an möglichen<br />
Karrierewegen überraschen.<br />
Entdecke Ausbildungsbetriebe in deiner Nähe<br />
und lerne deren Azubis und Ausbildungs-<br />
Verantwortliche kennen.<br />
Entdecke und orientiere dich auf<br />
www.digibo.school<br />
TEXT ME2BE | FOTO LNK, Sebastian Weimar, Shutterstock, DOTI Mathias Ibeler, Söne Dwenger | ILLUSTRATION Ibou Gueye<br />
Möchtest du ein duales Studium absolvieren?<br />
Green Building Systems<br />
Du möchtest die Energiewende aktiv mitgestalten<br />
und interessierst dich für Energieeffizienz<br />
und Gebäudeautomation?<br />
Dann könnte dir das duale Ingenieurstudium<br />
Green Building Systems die idealen<br />
beruflichen Perspektiven eröffnen. Du<br />
lernst, Bestandsbauten energetisch zu<br />
prüfen und zu verbessern, erneuerbare<br />
Energien in die Gebäudesystematik einzuplanen<br />
und energieeffiziente Lösungen<br />
für Bauten zu erstellen. Werde zum Nachhaltigkeitsexperten<br />
im Gebäudesektor<br />
mit sehr guten Berufsaussichten.<br />
Offshore-Anlagentechnik<br />
Du liebst das Meer, Maschinen und<br />
Schiffe? Dann ist das duale Studium<br />
Offshore-Anlagentechnik vielleicht<br />
genau das Richtige für dich. Es verbindet<br />
Maschinen- und Schiffbau und lehrt<br />
zum Beispiel die Konstruktion und Entwicklung<br />
hoch beanspruchter Anlagen im<br />
Offshore-Bereich. Auch Ozeanographie,<br />
Wetterkunde und Meeresforschung sind<br />
Bestandteile des Studienplans und auf<br />
Absolventen wartet ein vielseitiges Einsatzgebiet<br />
in einer zukunftsweisenden<br />
und spannenden Branche.<br />
Schiffbau und Maritime Technik<br />
Das Meer besitzt für dich eine geradezu<br />
magische Anziehungskraft? Schiffe<br />
haben dich schon immer fasziniert und<br />
ein Tüftler bist du noch dazu? Dann<br />
ist das duale Studium Schiffbau und<br />
Maritime Technik womöglich genau das<br />
Richtige für dich. Du lernst alles, um in<br />
der Schiffbauindustrie tätig zu sein –<br />
von der Planung und Entwicklung bis<br />
zum Bau von Fluss- und Seeschiffen der<br />
verschiedensten Arten und Größen. Auf<br />
dich wartet ein technisch ausgerichtetes<br />
Studium in einer gefragten Branche.<br />
80<br />
81
Ausbildungsberufe<br />
Duales Studium<br />
Unternehmen<br />
Ratgeber<br />
Hast du schon diese Ausbildungsbetriebe entdeckt?<br />
Hier berichten Azubis und Studierende von ihren Erfahrungen.<br />
Land Schleswig-Holstein<br />
Thomas Beton GmbH<br />
Grasweg 47, 24118 Kiel<br />
Kreisverwaltung Dithmarschen<br />
Stettiner Str. 30, 25746 Heide<br />
UKSH Akademie Lübeck<br />
Ratzeburger Allee 160, 23562 Lübeck<br />
Die Landesverwaltung Schleswig-Holstein<br />
ist der größte Arbeitgeber zwischen<br />
Nord- und Ostsee. Wer für die Landesverwaltung<br />
Schleswig-Holstein arbeitet,<br />
tut etwas Sinnvolles für die Gesellschaft<br />
– genau genommen für 2,9 Millionen<br />
Menschen im echten Norden. Ob in der<br />
Allgemeinen Verwaltung, bei der Landespolizei,<br />
beim Küstenschutz oder in der<br />
Schule: Die Berufsperspektiven sind sehr<br />
vielseitig und abwechslungsreich.<br />
Seit mehr als 60 Jahren gehört Thomas<br />
Beton zu den führenden Herstellern und<br />
Lieferanten von hochwertigen Transportbetonen<br />
an mehr als 25 Standorten im<br />
Norden Deutschlands. Das Unternehmen<br />
arbeitet auf lokaler, nationaler und internationaler<br />
Ebene. Der Teamgedanke<br />
steht bei Thomas Beton im Vordergrund.<br />
Die Mitarbeiter haben Freude an dem,<br />
was sie tun, sind motiviert und voller<br />
Energie. Das macht sie zu dem, was sie<br />
sind – Die Betonspezialisten!<br />
Die Region Dithmarschen besitzt mit dem<br />
ChemCoast Park das landesweit größte<br />
Industriegebiet, und das grüne Land<br />
lockt jährlich unzählige Touristen an die<br />
Nordsee. Die meisten der rund 134.000<br />
Einwohner leben in den beiden größten<br />
Städten Heide und Brunsbüttel. Kreisstadt<br />
und somit Sitz der Kreisverwaltung<br />
ist Heide. Für die Verwaltungsaufgaben<br />
beschäftigt die Kreisverwaltung rund 500<br />
Angestellte und Beamte, davon etwa 25<br />
Auszubildende und Studierende.<br />
Das Universitätsklinikum Schleswig-<br />
Holstein (UKSH) zählt zu den größten<br />
Universitätskliniken in Deutschland<br />
und Europa. An den beiden Standorten<br />
Kiel und Lübeck stellt das öffentliche<br />
Unternehmen mit seinen Angeboten<br />
die medizinische Maximalversorgung in<br />
Schleswig-Holstein sicher. Mit seinen rund<br />
14.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />
gehört das UKSH zu den landesweit<br />
größten Arbeitgebern und Ausbildungsunternehmen.<br />
Für die medizinischen<br />
Studiengänge sind die Universitäten<br />
zuständig. Die dualen Studiengänge und<br />
Berufsausbildungen werden an der UKSH<br />
Akademie durchgeführt.<br />
Duales Studium:<br />
• Public Administration – Allgemeine<br />
Verwaltung<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.bom.me2be.de/firmenportrait/<br />
land-schleswig-holstein/<br />
Ausbildung:<br />
• Baustoffprüfer (m/w/d)<br />
• Berufskraftfahrer (m/w/d)<br />
• Industriekaufmann (m/w/d)<br />
• Verfahrensmechaniker (m/w/d)<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.bom.me2be.de/firmenportrait/<br />
thomas-beton-gmbh/<br />
Ausbildung und Studium:<br />
• Forstwirt (m/w/d)<br />
• Kaufmann für Büromanagement<br />
(m/w/d)<br />
• Verwaltungsfachangestellter (m/w/d)<br />
• Public Administration – Allgemeine<br />
Verwaltung<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.west.digibo.school/firmenportrait/<br />
kreisverwaltung-dithmarschen/<br />
Ausbildung:<br />
• Anästhesietechnischer Assistent<br />
(m/w/d)<br />
• Diätassistent (m/w/d)<br />
• Krankenpflegehelfer (m/w/d)<br />
• Medizinischer Fachangestellter (m/w/d)<br />
• Medizinisch-technischer Radiologieassistent<br />
(m/w/d)<br />
• Operationstechnischer Assistent<br />
(OTA) (m/w/d)<br />
• Pflegefachkraft (m/w/d)<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.süd.digibo.school/firmenportrait/<br />
uksh-akademie-luebeck/<br />
TEXT Sophie Blady, ME2BE, Kristina Krijom, Lutz Timm | FOTO Patrick Kraft, Christina Kloodt, Anna Leste-Matzen, Sebastian Weimar, UKSH Akademie,<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.west.digibo.school/firmenportrait/<br />
gmsh/<br />
Angelika befindet sich in der Ausbildung zur Technischen<br />
Systemplanerin bei der GMSH<br />
Claas, Duales Studium / Groß- und Außenhandelskaufmann und BWL<br />
Fachbereich Handel (Bachelor of Arts), Schröder Heide<br />
„Bereits nach meinem Abitur war mir klar, dass ich in Richtung Wirtschaft gehen<br />
möchte. Ich habe zunächst ein Jahr Freiwilligen-Wehrdienst bei der Marine absolviert.<br />
Durch Erzählungen meiner Freunde, die direkt mit einem Studium angefangen haben,<br />
wurde mir jedoch bewusst, dass ich nicht nur an der Theorie interessiert bin, sondern<br />
praktischen Bezug brauche. Außerdem fand ich die Idee, eine Ausbildung mit einem<br />
Studium zu verbinden, auch aus zeitlichen Gründen sehr reizvoll. Da ich hier aus der<br />
Gegend komme, habe ich mich für Unternehmen aus der Region interessiert und<br />
festgestellt, dass das Angebot vor Ort für ein duales Studium nicht besonders groß ist.<br />
Die Baustoff-Branche hat mir aber sehr zugesagt, und ich bin dann nach einem Bewerbungsgespräch<br />
auch genommen worden. Die Ausbildung gliedert sich in theoretische<br />
Blöcke an der Uni und praktische Blöcke im Unternehmen. Im Unternehmen gibt es<br />
ausbildende Phasen, in denen man, je nach Interessenlage, in die unterschiedlichen<br />
Arbeitsbereiche eingeteilt wird. Ich habe in der Logistik und im Vertrieb gearbeitet<br />
und dort alle Stationen durchlaufen, aber auch Projektarbeiten des Unternehmens an<br />
anderen Standorten unterstützt. Jetzt bin ich im Bereich Marketing und E-Commerce<br />
tätig und werde meine anstehende Bachelorarbeit ‚Sales channel development – Analyse<br />
und Bewertung der kundenorientierten Vertriebsstrategie der Unternehmensgruppe’<br />
innerhalb dieses Themenkomplexes anfertigen. Der Bereich interessiert mich<br />
brennend und hier sehe ich auch meine Zukunft. Als dualer Student muss man sich<br />
im Regelfall dazu verpflichten, zwei Jahre nach Abschluss im Unternehmen zu bleiben,<br />
immerhin investiert das Unternehmen ja auch viel in die Ausbildung. In meinem Fall<br />
kann ich sagen, dass ich das sehr gerne mache, da die Chemie stimmt und noch viel<br />
Entwicklungspotential da ist, denn die gute Unternehmensphilosophie und die flachen<br />
Hierarchien ermöglichen, dass man viel bewegen und mitgestalten kann. Meine persönlichen<br />
Ziele sind stetige Weiterentwicklung und weiterführende Karrierestufen bis<br />
hin zur Führungskraft.”<br />
„Hallo, ich bin Angelika und werde Technische Systemplanerin. Den Beruf habe ich zum<br />
ersten Mal während des Girls’ Days bei der GMSH entdeckt und war von der Mischung<br />
aus technischen Inhalten und kreativer Arbeit fasziniert. Nach einem Praktikum wusste<br />
ich: Das wird mein Beruf!’ Zu meinen Aufgaben gehört, digitale Zeichnungen von technischen<br />
Systemen anzufertigen, aber auch an deren Planung mitzuwirken. Typische<br />
Gebäudesysteme sind Trinkwasserleitungen oder Heizungsanlagen. Für alle Anlagen<br />
gibt es bautechnische Bestimmungen, die berücksichtigt werden müssen. Daraus<br />
ergeben sich für mich als angehende Systemplanerin verschiedene Anforderungen:<br />
Bei einer Gebäudebesichtigung muss ich mir technische Systeme räumlich vorstellen<br />
können, mich mit Kolleginnen und Kollegen austauschen und anschließend die Systeme<br />
zeichnen und dokumentieren. Bei diesem teamorientierten Arbeiten ist es mir<br />
besonders wichtig, dass ich mich in meiner Umgebung wohl fühle. Und das ist bei der<br />
GMSH zu einhundert Prozent der Fall. Ich werde von allen unterstützt und freue mich<br />
auf jeden neuen Ausbildungstag!“<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.west.digibo.school/firmenportrait/<br />
schroeder-bauzentrum/<br />
82<br />
83
Ausbildungsberufe<br />
Duales Studium<br />
Unternehmen<br />
Ratgeber<br />
DIGI:BO unterstützt dich in deinem Prozess der Berufs- und<br />
Lebensorientierung.<br />
Die Bewerbung<br />
Die Bewerbung ist der erste Schritt des<br />
Auswahlverfahrens um einen Ausbildungsplatz.<br />
Anhand deiner Bewerbungsunterlagen<br />
treffen die Personalverantwortlichen<br />
ihre Entscheidung: Eignet sich<br />
die Bewerberin oder der Bewerber für<br />
die angebotene Ausbildung?<br />
Das gehört in deine Bewerbung<br />
Zeugnisse und Bescheinigungen<br />
Zeugnisse und Bescheinigungen zeigen<br />
deinem zukünftigen Arbeitgeber, welche<br />
Qualifikationen du wirklich besitzt. Sie<br />
belegen deine Angaben im Anschreiben<br />
und im Lebenslauf. Die Personalverantwortlichen<br />
bekommen so ein objektives<br />
Bild von dir.<br />
• falls verlangt, ein Gesundheitszeugnis<br />
oder polizeiliches<br />
Führungszeugnis<br />
Alle Dokumente sollten nicht gelocht<br />
und ausschließlich einseitig beschrieben<br />
sein. Klarsichthüllen brauchst du keine.<br />
Ebenfalls unerwünscht sind Eselsohren,<br />
Flecken und natürlich Rechtschreibfehler.<br />
Um einen positiven Eindruck zu vermitteln,<br />
sollte die Bewerbung formal und<br />
inhaltlich tadellos sein und die Qualifikation<br />
und Motivation der Bewerberin<br />
oder des Bewerbers zeigen. Deine Bewerbungsunterlagen<br />
sollten unbedingt aus<br />
diesen drei Teilen bestehen:<br />
• Anschreiben<br />
• Lebenslauf<br />
• Zeugnisse<br />
Diese Anlagen solltest du mitschicken:<br />
• Abschlusszeugnis oder die zwei<br />
letzten Schulzeugnisse<br />
• Arbeitszeugnisse /<br />
Praktikumsnachweise<br />
• Empfehlungsschreiben<br />
• Zertifikate (z.B. von Sprachkursen<br />
oder Lehrgängen)<br />
• Bescheinigung über Ehrenämter<br />
Wer möchte, kann seiner Bewerbung<br />
noch ein Deckblatt, wahlweise mit einem<br />
Inhaltsverzeichnis, sowie ein Motivationsschreiben<br />
beilegen. Falls du dich dafür<br />
entscheidest, der Bewerbung ein Foto<br />
beizufügen, kommt es auf das Deckblatt<br />
oder auf den Lebenslauf.<br />
Das Anschreiben<br />
Ausbildungsarten und<br />
Karrierewege<br />
Gehalt und Finanzen<br />
Das Praktikum<br />
Die Bewerbung<br />
Der Ausbildungsstart<br />
Business Knigge<br />
Das Auswahlverfahren<br />
Rechte und Pflichten<br />
Duales Studium<br />
TEXT ME2BE, Christian Dorbandt | ILLUSTRATION Shutterstock<br />
Das Anschreiben ist das Herzstück<br />
der Bewerbung und kommt bei den<br />
Unterlagen ganz nach vorne. Es muss<br />
fehlerfrei sein, sollte den Umfang von<br />
einer DIN-A4-Seite nicht überschreiten<br />
und bestimmte formale Anforderungen<br />
erfüllen.<br />
1. Der Briefkopf<br />
Du beginnst links oben mit dem<br />
Absender, also mit deinem vollständigen<br />
Namen und deiner Adresse. Darunter<br />
folgt der Adressat, also Name und<br />
Anschrift des Unternehmens. Ist ein<br />
zuständiger Mitarbeiter bekannt, muss<br />
auch dieser vermerkt werden. Eine<br />
Zeile unter dem Adressaten notierst du<br />
rechtsbündig den Ort und das Datum des<br />
Anschreibens. Wenige Zeilen darunter<br />
folgt linksbündig und in Fettdruck deine<br />
Betreffzeile.<br />
2. Die Begrüßung<br />
Ist ein konkreter Ansprechpartner<br />
bekannt, wird dieser auch direkt genannt.<br />
Solltest du keinen Ansprechpartner herausfinden,<br />
lautet deine Begrüßung: Sehr<br />
geehrte Damen und Herren, …<br />
3. Die Einleitung<br />
Du erklärst kurz, wie du auf das<br />
Stellenangebot aufmerksam geworden<br />
bist und warum du dich auf diese Stelle<br />
bewirbst. Hat im Vorfeld ein Telefonat<br />
stattgefunden, weil du dich nach einem<br />
Ansprechpartner erkundigen oder herausfinden<br />
wolltest, ob die angebotene<br />
Stelle bereits vergeben ist, solltest du<br />
unbedingt einleitend darauf aufmerksam<br />
machen, zum Beispiel indem du<br />
schreibst: „Vielen Dank für das freundliche<br />
Telefonat am Montagvormittag. Wie<br />
bereits besprochen, bin ich über Ihre<br />
Internetseite auf Ihr Ausbildungsangebot<br />
aufmerksam geworden.“<br />
4. Die Erklärung<br />
Du begründest, warum genau dieses Stellenangebot<br />
UND dieses Unternehmen<br />
für dich so reizvoll sind. Du solltest überzeugend<br />
darstellen, welche Fähigkeiten<br />
und Motivationen du für diesen Beruf<br />
mitbringst. Keine falsche Bescheidenheit!<br />
Denn nun gilt es zu erläutern, warum<br />
ausgerechnet du der geeignete Azubi in<br />
spe bist!<br />
5. Die Verabschiedung<br />
Abschließend solltest du immer um eine<br />
Einladung zu einem persönlichen Bewerbungsgespräch<br />
bitten. Eine Zeile darunter<br />
folgt nochmals dein Name und deine<br />
1.<br />
2.<br />
3.<br />
4.<br />
5.<br />
Max Mustermann<br />
Musterstraße 99<br />
12345 Musterstadt<br />
Krankenhaus Schuster GmbH<br />
Frau Schuster<br />
Schusterstraße 66<br />
54321 Schusterstadt<br />
Bewerbung um einen Ausbildungsplatz zum Pflegefachmann<br />
Sehr geehrte Frau Schuster,<br />
auf Ihrer Internetseite habe ich das Ausbildungsangebot zum Pflegefachmann<br />
entdeckt. Da mich die Arbeit im Gesundheitswesen allgemein interessiert,<br />
der Umgang mit Kindern aber im Besonderen, bewerbe ich mich<br />
hiermit um einen Ausbildungsplatz in Ihrem Hause.<br />
Der Bereich Gesundheits- und Kinderkrankenpflege ist für mich besonders<br />
interessant, da der persönliche Umgang mit Menschen und insbesondere<br />
mit Kindern für mich von großer Bedeutung ist. Zudem habe ich in meiner<br />
Freizeit bereits verschiedene Kurse als Rettungsschwimmer absolviert.<br />
Das Städtische Krankenhaus XY vereint verschiedenste Fachbereiche unter<br />
einem Dach. Daher sehe ich gerade bei Ihnen sehr gute Möglichkeiten,<br />
während der Ausbildung das Gesundheitswesen in Theorie und Praxis umfassend<br />
kennenzulernen.<br />
Ich besuche das Heinrich-Heine-Gymnasium in Plön und befinde mich in<br />
den Abiturvorbereitungen für Juni diesen Jahres. Die naturwissenschaftlichen<br />
Fächer – vor allem Biologie – liegen mir besonders. In den letzten<br />
Herbstferien habe ich ein zweiwöchiges Praktikum in einem Heikendorfer<br />
Sanitätshaus absolviert. Hier hat mich die individuelle und empathische<br />
Kundenberatung durch das Fachpersonal stark beeindruckt. So würde neben<br />
den medizinischen Aspekten auch der persönliche Umgang mit Patienten<br />
für mich eine sehr wichtige Rolle spielen.<br />
Über die Einladung zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch würde ich<br />
mich sehr freuen.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Max Mustermann<br />
Musterstadt, den TT.MM.JJJJ<br />
Weitere Tipps und ein Musteranschreiben zum<br />
Download findest du auf<br />
www.west.digibo.school/ratgeber/die-bewerbung/<br />
handschriftliche Signatur (die du bei einer<br />
Online-Bewerbung einscannst oder ggf.<br />
in kursiver Schreibschrift hinzufügst).<br />
Achtung bei Mustervorlagen für dein<br />
Anschreiben! Sie sollten vor allem als<br />
Ideengeber dienen und nicht blind<br />
kopiert werden. Achte beim Anschreiben<br />
auf die individuelle Note.<br />
84<br />
85
Der Lebenslauf<br />
Der Lebenslauf gibt dem Personalverantwortlichen<br />
einen klaren Überblick<br />
über deine Kompetenzen, Fähigkeiten,<br />
Erfahrungen und bisherigen Ausbildungsschritte.<br />
Er liegt bei den Bewerbungsunterlagen<br />
hinter dem Anschreiben und<br />
sollte sehr übersichtlich gestaltet sein.<br />
1. Der Kopf<br />
Du beginnst oben mit der Überschrift:<br />
Lebenslauf. Linksbündig darunter<br />
folgen deine Kontaktdaten mit Name,<br />
Familienstand (z.B. ledig), Anschrift, Telefonnummer(n)<br />
und E-Mail-Adresse. Dem<br />
neuen Gleichbehandlungsgesetz zufolge<br />
müssen keine Angaben zu Alter, Familienstand,<br />
Kindern und Religion gemacht<br />
werden. Auch ein Bewerbungsfoto darf,<br />
rechtlich gesehen, nicht vom Arbeitgeber<br />
gefordert werden.<br />
2. Das Bewerbungsfoto<br />
Falls du deinen Bewerbungsunterlagen<br />
freiwillig ein Foto beifügen möchtest,<br />
wähle ein qualitativ gutes und seriöses<br />
Bild aus. Es empfiehlt sich, professionelle<br />
Bewerbungsfotos von einem Fotografen<br />
erstellen zu lassen. Der kann dir auch<br />
die entsprechenden Tipps geben, wie du<br />
dich auf dem Bild präsentierst: freundlich,<br />
aber nicht albern. Aufgeweckt, aber<br />
nicht überdreht. Seriös und kompetent,<br />
aber nicht eingebildet. Wähle ordentliche<br />
Kleidung und eine nette Frisur.<br />
Hier gibt´s noch mehr ...<br />
3. Dein Bildungsweg<br />
Der Lebenslauf wird nicht in vollständigen<br />
Sätzen formuliert, sondern tabellarisch<br />
aufgebaut – und zwar rückwärts in<br />
der Zeitfolge. Nenne die Schulen, die du<br />
besucht hast.<br />
4. Praktische Erfahrungen<br />
Solltest du bereits Erfahrungen in der<br />
Arbeitswelt gesammelt haben – prima!<br />
Falls nicht – auch kein Problem. Denn<br />
es zählen auch andere außerschulische<br />
Aktivitäten, die berufsvorbereitenden<br />
Charakter besitzen.<br />
5. Kenntnisse und besondere<br />
Fähigkeiten<br />
Muttersprache, verhandlungssicher, fließend,<br />
sehr gute Kenntnisse, gute Kenntnisse,<br />
Grundkenntnisse. So lauten die<br />
Einstufungen für Fremdsprachenkenntnisse.<br />
„Muttersprache“ ist dann relevant,<br />
solltest du dich auf eine Stelle in einem<br />
ausländischen Unternehmen bewerben.<br />
Längst nicht mehr wegzudenken ist der<br />
Umgang mit Computern. Von Vorteil ist<br />
jegliche Fähigkeit, die speziell für das<br />
Unternehmen, bei dem du dich bewirbst,<br />
relevant ist.<br />
6. Hobbys und Interessen<br />
Was dich bewegt und was dich begeistert,<br />
fügt dem Ganzen eine persönliche Note<br />
hinzu. Und das ist nicht zu unterschätzen!<br />
1.<br />
3.<br />
4.<br />
5.<br />
6.<br />
Max Mustermann<br />
Musterstraße 99<br />
12345 Musterstadt<br />
Krankenhaus Schuster GmbH<br />
Frau Schuster<br />
Name: Schusterstraße 66 Max Mustermann<br />
Familienstand:<br />
54321 Schusterstadt ledig<br />
Anschrift: Musterstraße 99<br />
12345 Musterstadt<br />
Telefon: 1234 - 56 78 90<br />
E-Mail:<br />
Max@Mustermann.de<br />
Bewerbung um einen Ausbildungsplatz zum Pflegefachmann<br />
Sehr geehrte Frau Schuster,<br />
auf Ihrer Internetseite habe ich das Ausbildungsangebot zum Pflegefachmann<br />
entdeckt. Da mich die Arbeit im Gesundheitswesen allgemein inte-<br />
Bildungsweg:<br />
ressiert, der Umgang mit Kindern aber im Besonderen, bewerbe ich mich<br />
2005-2<strong>01</strong>3: hiermit um einen Ausbildungsplatz Heinrich-Heine-Gymnasium Ihrem in Hause. Kiel-Heikendorf<br />
20<strong>01</strong>-2005: Grundschule in Kiel-Friedrichsort<br />
Der Bereich Gesundheits- und Kinderkrankenpflege ist für mich besonders<br />
interessant, da der persönliche Umgang mit Menschen und insbesondere<br />
Praktische mit Kindern Erfahrungen: für mich von großer Bedeutung ist. Zudem habe ich in meiner<br />
Freizeit bereits verschiedene Kurse als Rettungsschwimmer absolviert.<br />
2<strong>01</strong>0-2<strong>01</strong>3: AG Hausaufgabenhilfe für Schüler der Unter- und Mittelstufe<br />
Das Städtische Krankenhaus XY vereint verschiedenste Fachbereiche unter<br />
2<strong>01</strong>2: zweiwöchiges Praktikum im Sanitätshaus Doose in Heikendorf<br />
einem Dach. Daher sehe ich gerade bei Ihnen sehr gute Möglichkeiten,<br />
2<strong>01</strong>0-2<strong>01</strong>1: Teilnahme an mehreren Kursen bei der DLRG<br />
während der Ausbildung das Gesundheitswesen in Theorie und Praxis umfassend<br />
kennenzulernen.<br />
Kenntnisse und besondere Fähigkeiten:<br />
Ich besuche das Heinrich-Heine-Gymnasium in Plön und befinde mich in<br />
Englisch: den Abiturvorbereitungen Fließend für Juni diesen Jahres. Die naturwissenschaftlichen<br />
Fächer – vor Gute allem Kenntnisse Biologie – liegen mir besonders. In den letzten<br />
Spanisch:<br />
Latein: Herbstferien habe Grundkenntnisse<br />
ich ein zweiwöchiges Praktikum in einem Heikendorfer<br />
Sanitätshaus absolviert. Hier hat mich die individuelle und empathische<br />
EDV-Kenntnisse:<br />
Kundenberatung durch Word, das Excel, Fachpersonal Photoshop, CMS stark beeindruckt. So würde neben<br />
den medizinischen Aspekten auch der persönliche Umgang mit Patienten<br />
für<br />
Sonstige Kenntnisse:<br />
mich eine sehr<br />
Erste<br />
wichtige<br />
Hilfe-Schein,<br />
Rolle<br />
Erste<br />
spielen.<br />
Hilfe-Schein für Babys und Kleinkinder,<br />
Rettungsschwimmer-Abzeichen der DLRG<br />
Über die Einladung zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch würde ich<br />
Führerschein: B, C1, C1E<br />
mich sehr freuen.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Hobbys:<br />
Interessen:<br />
Max Mustermann<br />
Musterstadt, den TT.MM.JJJJ<br />
LEBENSLAUF<br />
Handball, Schwimmen, Kochen, Reisen<br />
Sport im Allgemeinen, südamerikanische Kultur<br />
Musterstadt, den TT.MM.JJJJ<br />
Weitere Tipps und ein Musterlebenslauf zum<br />
Download findest du auf<br />
www.ost.me2be.de/ratgeber/die-bewerbung/<br />
Mache dich interessant. Je nach angestrebtem<br />
Berufsweg ist zum Beispiel das<br />
Interesse an Medien oder fremden Kulturen<br />
eine gute Möglichkeit, besondere<br />
Interessen zu betonen. Deine sportlichen<br />
Aktivitäten solltest du nennen, denn sie<br />
sind ein Indiz für Teamfähigkeit, Ausdauer<br />
sowie Ehrgeiz. Ehrenämter sowie<br />
soziales Engagement solltest du auf jeden<br />
Fall erwähnen.<br />
2.<br />
EINFACH DIE<br />
ZUKUNFT ANPACKEN.<br />
WARUM NICHT?<br />
„Wie finde ich einen Beruf, der wirklich zu<br />
mir passt?“ Jedes Jahr suchen Tausende<br />
Schulabgänger innen und -abgänger eine<br />
passende Antwort auf diese Frage. Es<br />
gibt allerdings noch weitere Fragen, die<br />
auf dem Weg in das Arbeitsleben eine<br />
wichtige Rolle spielen. So müssen sich die<br />
Suchenden nicht nur auf einen Beruf festlegen,<br />
sondern auch für einen der zahlreichen<br />
Ausbildungswege entscheiden:<br />
Mache ich eine duale oder schulische<br />
Ausbildung? Beginne ich ein Studium<br />
an einer Fachhochschule, Universität<br />
oder im dualen System? Und wenn<br />
ich mich für einen Beruf entschieden<br />
habe, wie finde ich den passenden<br />
Ausbildungsplatz? Wie schreibe ich eine<br />
Bewerbung und wie verhalte ich mich<br />
in einem Vorstellungsgespräch? Wie<br />
wird meine Ausbildung vergütet, welche<br />
Abgaben muss ich von meinem Lohn<br />
entrichten, und welche Zuschüsse stehen<br />
mir zu wenn ich mit meinem Geld nicht<br />
auskomme?<br />
Die wichtigsten<br />
Antworten, Tipps<br />
und Ratschläge<br />
findest du im Ratgeber<br />
unter www.<br />
ost.me2be.de/<br />
ratgeber.<br />
TEXT ME2BE, Christian Dorbandt | ILLUSTRATION Shutterstock<br />
„Bei Covestro bin ich gefragt. Wenn wir daran arbeiten,<br />
dass Kunststoff zum Rohstoff der Zukunft wird, trage<br />
ich meinen Teil dazu bei – und mache Umweltschutz jeden<br />
Tag greifbarer.” Alissa ist Chemikantin und #1ofUs!<br />
Machst du mit? Dann werde auch du #1ofUs und starte<br />
durch mit einer Ausbildung bei Covestro!<br />
Covestro.DE<br />
covestro.com/ausbildung<br />
CovestroDE<br />
Unsere Ausbildungsmöglichkeiten am Standort<br />
Brunsbüttel:<br />
• Chemikant:in<br />
• Chemielaborant:in<br />
• Elektroniker:in für Automatisierungstechnik<br />
• Industriemechaniker:in<br />
86
noch<br />
MEHR<br />
AMPUS<br />
auf<br />
ME2BE.DE