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E-Paper_Campus_2022_01 (1)

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Winter <strong>2022</strong><br />

www.me2be.de<br />

CAMPUS<br />

STUDIUM IN SCHLESWIG-HOLSTEIN UND HAMBURG


HI,<br />

Hey,<br />

HALLO<br />

FEHLT EUCH RÜCKENWIND?<br />

Nach der Lektüre unserer neuen <strong>Campus</strong>-Ausgabe ganz bestimmt<br />

nicht! Diesmal widmen wir uns schwerpunktmäßig dem Thema Wind.<br />

Besonders der jahrelang gebremste Fortschritt der Windenergie nimmt<br />

aufgrund der welt- und umweltpolitischen Probleme gerade eine<br />

rasante Fahrt auf. Alle Zeichen stehen auf Durchstarten. Das gilt für<br />

Studierende, Forschende und Unternehmen gleichermaßen …<br />

Für uns mehr als ein Grund, genauer hinzuschauen, was Politiker,<br />

Lehrbeauftragte und Studenten zum Thema Wind zu sagen haben.<br />

Wir klären, wo, wie und in welchen Bereichen hierzulande<br />

geforscht wird und wie konkrete Projektarbeit zu<br />

Lösungen selbst bis nach Nepal reichen könnte …<br />

✓<br />

Abi geschafft<br />

✓<br />

FH Westküste gefunden<br />

Jetzt bewerben und durchstarten<br />

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• Betriebswirtschaft<br />

• Elektrotechnik /Informationstechnik<br />

• Green Building Systems<br />

• Immobilienwirtschaft<br />

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• Wirtschaftsrecht<br />

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Ausbau, Umbau und Innovation sind die Stichworte im Bereich der<br />

erneuerbaren Energien, die gerade unsere Region als Ideengeber<br />

und sicheren Rohstofflieferanten in den Fokus der Energiewende<br />

rücken. Um diese Aufgabe zu bewältigen, werden dringend Fachkräfte<br />

gebraucht, die professionell und in enger Zusammenarbeit mit allen<br />

Beteiligten die Windkraftforschung beflügeln. Den Hochschulen<br />

unseres Landes kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu.<br />

In diesem Zusammenhang präsentieren wir in dieser<br />

Ausgabe wieder interessante Studiengänge. Außerdem<br />

haben wir natürlich auch unseren Blick über die gesamte<br />

<strong>Campus</strong>landschaft <strong>2022</strong> schweifen lassen und stellen diverse<br />

Studienmöglichkeiten vor, die ebenfalls euer Interesse wecken könnten…<br />

Und last but not least findet ihr in unserem Serviceteil wichtige Tipps<br />

zu Studienwahl, Studiengebühren u.v.m. Darüber hinaus geben wir euch<br />

Anregungen in Form von Film-, Buch-, Podcast- und Veranstaltungstipps.<br />

Mit diesem dicken <strong>Campus</strong>-Paket wünschen wir euch<br />

für die Studienplanung viele positive Impulse und den<br />

nötigen Rückenwind für einen gelungenen Start.<br />

Viel Spaß bei der Lektüre<br />

Eure ME2BEs<br />

3


06<br />

WILLKOMMEN AUF<br />

DEM CAMPUS<br />

34<br />

WELTWIRTSCHAFT IM KRISENMODUS<br />

Wie Pandemie und Konflikte die Handelswege<br />

beeinflussen<br />

61<br />

STUDENTEN-<br />

PORTRÄS<br />

76<br />

UNI ODER JOB? WARUM NICHT<br />

BEIDES!<br />

Trend duales Studium – nie war praxisnahes Studieren<br />

06<br />

STUDIS ON AIR<br />

Warum Studieren im Norden glücklich macht<br />

36<br />

VOLLE KRAFT VORAUS<br />

Wie Wind die Schifffahrt nachhaltiger machen kann<br />

62<br />

NACHHALTIGE GEBÄUDETECHNIK<br />

TH Lübeck<br />

so beliebt!<br />

10<br />

NACHHALTIGE BILANZ MIT WEITBLICK<br />

Minister Jan Philipp Albrecht über die Energiewende in<br />

Schleswig-Holstein<br />

16<br />

16<br />

22<br />

24<br />

26<br />

28<br />

30<br />

TITELTHEMA<br />

WINDENERGIE<br />

STÜRMISCHE ZEITEN<br />

Wie die Windkraft Forschung und Unternehmen in<br />

Schleswig-Holstein beflügelt – und umgekehrt<br />

„DIE WINDKRAFT BRAUCHT<br />

ALLE INGENIEURE“<br />

In Flensburg arbeiten Forscher und Studierende<br />

an der Zukunft der Windenergie<br />

„ES MACHT KEINEN SINN,<br />

ZURÜCK ZU SCHAUEN“<br />

Diskussion um russisches Gas gibt<br />

Erneuerbaren Rückenwind<br />

WINDKRAFT AM MOUNT EVEREST<br />

Studierende entwerfen Windkraftanlage für<br />

Entwicklungsländer<br />

SONNIG – MIT AUSSICHT<br />

AUF STARKREGEN<br />

Wie der Klimawandel Einfluss auf unser<br />

Wetter nimmt<br />

DER REGENMACHER<br />

Mit Windkraftanlagen gegen Dürre<br />

39<br />

42<br />

46<br />

46<br />

48<br />

50<br />

53<br />

56<br />

58<br />

PIONIERE DER ENERGIEWENDE<br />

Forscher der FH Westküste und der HS Flensburg<br />

erproben den Einsatz von grünem Wasserstoff<br />

SPANNENDE ZEITEN!<br />

Die Energiewende bedeutet mehr als der reine Ausbau<br />

erneuerbarer Energien.<br />

LERNEN<br />

STUDIEREN IM NORDEN<br />

AUS DER PRAXIS IN DIE HOCHSCHULE<br />

Vom Meister zum Professor: Christian Blatt will<br />

Studierenden nachhaltig Spaß am Lernen vermitteln<br />

WISSEN, DAS DIE WELT BEWEGT<br />

Wie vermittelt die Wissenschaft ihre Erkenntnisse der<br />

Gesellschaft?<br />

SPEZIALISIERT FÜR DIE KLEINSTEN<br />

Professorin Liane Simon über den Studiengang<br />

Transdisziplinäre Frühförderung an der MSH<br />

VERNETZT FÜRS KINDESWOHL<br />

MSH-Absolventin Lena Frankemöller berichtet über ihre<br />

Arbeit in der Frühförderung<br />

STUDIENGÄNGE IM FOKUS<br />

KLUGE KÖPFE<br />

Wie Lübecker Gebäudetechnikplaner die Klimawende<br />

vorantreiben<br />

63<br />

65<br />

65<br />

69<br />

72<br />

72<br />

74<br />

GREEN BUILDINGS SYSTEMS<br />

FH Westküste<br />

SPANNENDE<br />

PROJEKTE<br />

EINE SCHULE AUF DEM MEER<br />

Auf dem Schulschiff „Thor Heyerdahl“ segeln 33<br />

Jugendliche um die halbe Welt und erleben Abenteuer.<br />

Sie lernen dabei für die Schule – aber vor allem fürs<br />

Leben.<br />

69<br />

ERLEBEN<br />

RAUS AUS DEM CAMPUS!<br />

Angeschaut, Angelesen,<br />

Abgehört, Ausgegangen<br />

STUDI-<br />

HILFE<br />

WAS KOSTET DIE (DUALE) WELT?<br />

Eine Auflistung der wichtigsten Kostenfaktoren,<br />

die zum (dualen) Studienbeginn auf dich<br />

zukommen.<br />

HOW TO ERSTSEMESTER<br />

So gelingt der Studienbeginn<br />

80<br />

DIGI:BO<br />

80 DIGI:BO<br />

Digitale Berufsorientierung im Unterricht und zu Hause<br />

03<br />

44<br />

38<br />

EDITORIAL<br />

AUSBILDUNG ODER STUDIUM<br />

Welcher Typ bist du?<br />

IMPRESSUM<br />

Mehr CAMPUS gibt es auf www.me2be.de<br />

4<br />

5


STUDIS<br />

ON<br />

AIR<br />

Giulia-Luna (24) studiert im 5. Semester Soziale<br />

Arbeit an der MSH Medical School Hamburg<br />

Text Kristina Krijom,<br />

Robert Otto-Moog,<br />

Katharina Grzeca<br />

Fotos Sebastian Weimar,<br />

Apo Genç<br />

„Nach der Schule habe ich zunächst gearbeitet<br />

und mich mit Studiengängen im Bereich Psychologie<br />

auseinandergesetzt. So bin ich auf<br />

die MSH gestoßen und die Infoveranstaltung<br />

hat mich überzeugt. Statt Psychologie studiere<br />

ich nun allerdings Soziale Arbeit, aber<br />

ich habe diese Entscheidung nicht bereut, da<br />

mir bereits während meiner vorherigen Ausbildung<br />

zur Sozialpädagogischen Assistentin<br />

in einer Kita bewusst geworden ist, wie viel<br />

Freude mir die Arbeit bereitet. Mir war von<br />

Anfang an klar, dass ich ein Studium anschließen<br />

möchte, um später ein breiteres Aufgabenfeld<br />

übernehmen zu können. Im Studium<br />

erfahre ich nun, wie man Menschen in einem<br />

professionellen Rahmen unterstützt. In diesem<br />

Zusammenhang lernt man viele unterschiedliche<br />

‚Werkzeuge’ kennen, um mit Kindern,<br />

Jugendlichen und Erwachsenen arbeiten und<br />

deren Potenziale entdecken und entfalten zu<br />

können. An der MSH schätze ich vor allem die<br />

kleinen Gruppen, die persönliche Atmosphäre<br />

im Umgang mit den Dozentinnen und Dozenten.<br />

Das aktuelle Praxissemester verbringe ich<br />

in einer Einrichtung, die Menschen mit einer<br />

psychischen Erkrankung in den Arbeitsmarkt<br />

integriert. Zurzeit bin ich als studentische<br />

Hilfskraft tätig, was mir praktische Einblicke<br />

in die Arbeit ermöglicht. Anschließend möchte<br />

ich den Master absolvieren und vielleicht als<br />

Dozentin an einer Hochschule arbeiten. An der<br />

MSH gibt es keinen NC, stattdessen kommt es<br />

besonders auf die Motivation und das persönliche<br />

Engagement an. Beim Bewerbungsgespräch<br />

sollten Bewerberinnen und Bewerber<br />

sich für das Thema stark interessieren und idealerweise<br />

Praxiserfahrung vorweisen. Ich wünsche<br />

mir, dass Absolventinnen und Absolventen<br />

der Sozialen Arbeit besser vergütet würden<br />

– auch während der Praxisphasen. Überhaupt<br />

sollte der Bereich Soziale Arbeit eine größere<br />

gesellschaftliche Anerkennung erfahren.”<br />

6<br />

7


Theresa (25) studiert im 3. Semester Transdisziplinäre<br />

Frühförderung an der MSH Medical School Hamburg<br />

„Mir war schon immer bewusst, dass ich später<br />

einen sozialen Beruf ausüben und mit<br />

Kindern arbeiten möchte. Ich komme aus<br />

Aachen, habe in Bielefeld meine Ausbildung<br />

zur Kinderkrankenschwester absolviert und<br />

danach in Köln gearbeitet. Da es mich privat<br />

in den Norden zog und ich bereits mit<br />

dem Fachbereich Frühförderung in Berührung<br />

gekommen bin, habe ich mich für das Studium<br />

Transdisziplinäre Frühförderung an der<br />

MSH entschieden.<br />

Im Mittelpunkt des Studiengangs steht das<br />

Kind mit seinen Bedürfnissen. Unser Job ist<br />

es, die Teilhabe von Kindern an der Gesell-<br />

schaft zu ermöglichen, zu verbessern und mitzugestalten.<br />

Der Studiengang ist sehr umfassend,<br />

aber zugleich praxisnah. Viele unserer<br />

Dozentinnen und Dozenten arbeiten oder forschen<br />

in der Frühförderung und haben diese<br />

mit gestaltet. Sie sind für uns Studierende<br />

sehr nahbar und prägen so die Atmosphäre<br />

an der MSH maßgeblich. In den ersten beiden<br />

Semestern wurden uns die Grundlagen in den<br />

Bereichen Medizin und Inklusion vermittelt.<br />

Ab dem dritten Semester lernen wir unter<br />

anderem die rechtlichen Vorschriften kennen,<br />

aber auch wie wir beim Spielen eine lehrreiche<br />

pädagogische Situation gestalten können.<br />

Das fünfte ist ein Praxissemester, das sechste<br />

dient dann dem Verfassen der Bachelorarbeit.<br />

Nach meinem Abschluss spiele ich mit dem<br />

Gedanken, eine Fortbildung im traumapädagogischen<br />

Bereich zu absolvieren. Für das<br />

Studium sollte man wissen, dass sich Eltern<br />

und Kinder, mit denen man später arbeitet,<br />

oft in Extremsituationen befinden. Man sollte<br />

daher einerseits offen sein und dennoch Grenzen<br />

setzen können. Das Studium hat bei mir<br />

auch den Blick für die Potenziale von Kindern<br />

geschärft und dafür, wo es Menschen in unserer<br />

Gesellschaft an Teilhabe fehlt.”<br />

Jannis (23) studiert im 7. Semester<br />

Nachhaltige Gebäudetechnik an der<br />

Technischen Hochschule Lübeck<br />

Jannis steht kurz vor seiner Bachelorarbeit,<br />

sein Thema ist hochaktuell. „Es gibt ja gegenwärtig<br />

einen Umschwung hin zu erneuerbaren<br />

Energien und weg vom Gas“, sagt der 23-Jährige.<br />

„Das kann allerdings komplex sein.“ Im<br />

Studium lernen Jannis und seine Kommilitonen<br />

deshalb unter anderem, Gebäude detailgenau<br />

zu simulieren. „Da können wir sehen,<br />

was passieren wird, wenn einzelne Parameter<br />

verändert werden“, erklärt er. So kann die<br />

perfekte Anlagentechnik für ein spezifisches<br />

Gebäude gefunden werden. Der Studiengang<br />

selbst orientiert sich laut Jannis stark an der<br />

Praxis. Das mache sich auch bei den Lehrenden<br />

bemerkbar. „Wenn jemand aus der Praxis<br />

kommt, kann er eigentlich immer gute Beispiele<br />

nennen, anstatt stumpf irgendwelche<br />

Kalkulationen zu zeigen.“ Seine Entscheidung<br />

für Lübeck fiel anhand der Inhalte des Studiums.<br />

„Mein Vater arbeitet im Bauwesen,<br />

da war das Interesse schon einmal da. Die<br />

Gebäudetechnik fand ich dann einfach am<br />

spannendsten.“<br />

8<br />

9


Nachhaltige Bilanz<br />

mit Weitblick<br />

Minister Jan Philipp Albrecht über die Energiewende in Schleswig-Holstein<br />

Jan Philipp Albrecht, der scheidende Minister für Energiewende, Landwirtschaft,<br />

Umwelt, Natur und Digitalisierung in Schleswig-Holstein ist ganz zufrieden<br />

mit dem, was er in seiner Amtszeit erreicht hat. „Ich denke, dass es eine<br />

ganze Reihe von Dingen gibt, die wir in den letzten vier Jahren hier über<br />

den Berg gebracht haben“, sagte er in einem Gespräch mit ME2BE über<br />

die Fortschritte bei den erneuerbaren Energien, bei Klimaschutz und<br />

-anpassung. Gerade die Erneuerbaren sind im nördlichsten Bundesland zum<br />

wohl wichtigsten Erfolg geworden – wirtschaftlich wie gesellschaftlich.<br />

Albrecht, dessen Ministerium entscheidend<br />

wichtige Themenbereiche für eine gesellschaftliche<br />

und vor allem wirtschaftliche<br />

Transformation umfasst, ist froh, dass in<br />

Schleswig-Holstein die frühere Entkoppelung<br />

zwischen Wirtschaftswachstum und ökologischer<br />

Nachhaltigkeit zunehmend aufgelöst<br />

wird, dass die Wirtschaft von der Einbahnstraße<br />

reiner Wachstumslogik wegkommt und<br />

in Kreisläufen und Zusammenhängen denkt:<br />

„Wir knüpfen wirtschaftliches Wachstum an<br />

ökologische Nachhaltigkeit und tragen so<br />

dazu bei, dass sich neue technologische Entwicklungen<br />

und neue Perspektiven auch wirtschaftlich<br />

dort ergeben, wo die Nachhaltigkeit<br />

wieder zu einem treibenden Faktor wird.<br />

Das erlebe ich hier.“<br />

Gerade jetzt findet weltweit ein enormer Wandel<br />

statt, denn überall auf der Welt ist eigentlich<br />

klar, dass man sehr schnell vollständig<br />

auf erneuerbare Energien umsteigen muss, um<br />

das Erdklima für die Menschheit noch einigermaßen<br />

erträglich zu halten. Aber auch biologische<br />

und geologische Ressourcen fordern<br />

einen sorgsameren Umgang.<br />

Da ist der Norden nach Albrechts Ansicht weit<br />

fortgeschritten: „Viele Instrumente der Kreislaufwirtschaft,<br />

viele Effizienz-Initiativen und<br />

Jan Philipp Albrecht, Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt,<br />

Natur und Digitalisierung in Schleswig-Holstein<br />

Text Hanns-J. Neubert<br />

Fotos Ruprecht Stempell<br />

Illustration Ibou Gueye<br />

11


auch Einsparungen im Energiebereich werden<br />

in Schleswig-Holstein entwickelt, weil man<br />

den Wert von Nachhaltigkeit als einem ökologischen<br />

Faktor mittlerweile auch wirtschaftlich<br />

erfassen kann.“<br />

Diesen Weg müsse man weiter gehen, ist er<br />

überzeugt: „Bis vor kurzem gab es bei vielen<br />

noch Zweifel daran, ob das überhaupt<br />

gelingt. Jetzt ist eigentlich klar, dass wir<br />

keine andere Chance haben, dass wir nur diesen<br />

Weg beschreiten können, um sowohl die<br />

Nachhaltigkeit, die Versorgungssicherheit als<br />

auch die Sicherheitsinteressen unseres Landes<br />

zu erreichen, die wir brauchen.“<br />

Inzwischen produziert Schleswig-Holstein<br />

160 Prozent des eigenen Strombedarfs aus<br />

erneuerbaren Energien. Das Land deckt also<br />

nicht nur seine gesamte Stromnachfrage aus<br />

regenerativen Quellen, sondern es exportiert<br />

auch noch fast 38 Prozent der so erzeugten<br />

Elektrizität in andere Regionen. Das heißt<br />

aber auch, dass Schleswig-Holstein im Wärmebereich,<br />

bei der Mobilität und auch in der<br />

Industrie weiterhin noch auf andere Energiequellen<br />

angewiesen ist, die nicht durch<br />

Erneuerbare ersetzt werden können. „Und da<br />

gilt es jetzt im Bereich der Sektorkopplungen<br />

massiv voranzukommen“, so Albrecht. „Die<br />

erneuerbaren Energien aus dem Strombereich<br />

müssen auch in den Wärme- und Mobilitätsbereich<br />

viel stärker Einzug halten als das bisher<br />

der Fall ist. Das ist ja auch die Richtung,<br />

die die Bundesregierung jetzt einschlägt und<br />

die uns hier in Schleswig-Holstein darin auch<br />

unterstützt.“<br />

„Die erneuerbaren<br />

Energien<br />

aus dem Strombereich<br />

müssen<br />

auch in den<br />

Wärme- und<br />

Mobilitätsbereich<br />

viel stärker<br />

Einzug halten<br />

als das bisher<br />

der Fall ist.“<br />

Unter der Sektorkopplung versteht man die<br />

Vernetzung der Sektoren Elektrizität, Wärmeversorgung,<br />

Verkehr und Industrie, die traditionell<br />

weitgehend unabhängig voneinander<br />

geplant wurden. Heute werden sie alle zusammen<br />

als ein einziges Gesamtsystem angesehen.<br />

Daraus ergeben sich insgesamt weitaus<br />

günstigere klimaschützende Komplettlösungen.<br />

So ist erneuerbarer Strom die Grundlage dafür,<br />

die Wirtschaft zu dekarbonisieren, also kohlenstofffrei<br />

zu bekommen. Mit Techniken,<br />

wie Wärmepumpen, Anlagen für Kraft-Wärme-Kopplung<br />

oder auch Elektroautos lässt<br />

sich der Energieverbrauch noch weiter senken.<br />

Große Energiespeicher außerhalb des<br />

Stromsektors, wie Speicher für Wärme oder<br />

Wasserstoff, können dazu dienen, Schwankungen<br />

der Energieausbeute bei Solar- und<br />

Windkraftanlagen besser der Nachfrage anzupassen,<br />

ohne in teure Batterien investieren<br />

zu müssen. Durch die umfassende Vernetzung<br />

aller Energiesektoren steigt gleichzeitig auch<br />

die Energiesicherheit.<br />

Die größten Nutznießer des Überschussstroms<br />

aus Schleswig-Holstein sind derzeit Dänemark<br />

und Norwegen. Zwischen den schleswig-holsteinischen<br />

Windkraft- und Photovoltaikanlagen<br />

und den norwegischen Wasserkraftwerken<br />

findet beispielsweise ein intensiver Energieaustausch<br />

statt. „Wir würden natürlich sehr<br />

gerne erneuerbaren Strom auch nach Süden<br />

abtransportieren“, so der Energieminister.<br />

„Nur braucht es dafür die Bereitschaft, im<br />

Süden auch Leitungen so zu bauen, wie wir es<br />

hier in Schleswig-Holstein getan haben. Ich<br />

hoffe sehr, dass da jetzt ein Umdenken stattfindet,<br />

und dass die Leitungen sehr schnell<br />

weitergebaut werden.“<br />

Windkraftanlagen sind in Schleswig-Holstein<br />

allgegenwärtig. Sie prägen das Land und sind<br />

wie die Rapsfelder im Frühjahr schon beinahe<br />

Teil seines Charakters. Zwei Prozent der Landesfläche<br />

sind für sie bisher ausgewiesen.<br />

„Meines Erachtens müssen wir uns aber auch<br />

darauf gefasst machen, dass wir noch mehr<br />

Fläche ausweisen müssen. Das werden wir<br />

auch können“, ist der Minister überzeugt.<br />

„Das heißt nicht, dass wir alles zupflastern.<br />

Aber ich glaube, wenn man darüber diskutiert,<br />

auch drei Prozent auszuweisen, dann<br />

ist das nicht unmöglich, sondern ein Beitrag<br />

dazu, tatsächlich die Versorgung mit erneuerbaren<br />

Energien so darzustellen, die wir in den<br />

kommenden Jahren brauchen.“<br />

Dafür nimmt er in Kauf, dass sich der Blick ein<br />

bisschen wandelt, dass man Windkraftanlagen<br />

einfach als gegeben hinnehmen muss, wenn<br />

man will, dass auch weiterhin die Energie zur<br />

Verfügung steht, die Menschen und Unternehmen<br />

im Alltag verbrauchen.<br />

Was die Bürger Schleswig-Holsteins besonders<br />

auszeichnet, ist die große Akzeptanz, die sie<br />

dem Ausbau der regenerativen Energie entgegen<br />

bringen, vor allem der Wind energie. Denn<br />

die Bürger sind gut eingebunden in das große<br />

Projekt der Energiewende, wobei die Regierung<br />

ihr Engagement ja auch fördert. „Das<br />

erfolgt vor allen Dingen durch Bürgerenergie-Projekte,<br />

die hier im Land sehr üblich<br />

sind“, erklärt Albrecht. „Die fördern wir vor<br />

Ort durch einen Fond, der gerade kleine Projekte<br />

besonders unterstützt.“<br />

Für diesen Zweck hat das Land das Sondervermögen<br />

Bürgerenergie.SH bereitgestellt.<br />

Daraus können vorbereitende Maßnahmen<br />

von Projektgruppen mit bis zu 200.000 Euro<br />

gefördert werden. Dazu zählen die Kosten für<br />

Machbarkeitsstudien, Wirtschaftlichkeitsberechnungen,<br />

Umweltverträglichkeitsprüfung,<br />

aber auch Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit,<br />

um noch mehr Bürger zu beteiligen.<br />

Ist so ein Gesamtprojekt umgesetzt, muss<br />

die Zuwendung zurückgezahlt werden – es sei<br />

denn, es hat sich nicht realisieren lassen.<br />

„Wir fördern besonders die Möglichkeiten, die<br />

Energie direkt zu nutzen, etwa im Bereich der<br />

Mobilität oder im Bereich der mittelständischen<br />

Wirtschaft, die sich hier auch um die<br />

Windparks an der Westküste herum etabliert<br />

hat. Die bieten Wachstumsmöglichkeiten im<br />

ländlichen Raum, die sich ansonsten gar nicht<br />

ergeben hätten.“<br />

Unterstützung für den Ausbau kommt auch<br />

von der Windenergieforschung. So betreibt<br />

die Hochschule Flensburg das Wind Energy<br />

Technology Institute, wie es sich international<br />

nennt. Es wurde 2<strong>01</strong>0 als Stiftungsinstitut<br />

gegründet und hat seinen Schwerpunkt in der<br />

Entwicklung von Steuerungen für Windräder,<br />

in der Integration von Komponenten und bei<br />

den Turmkonzepten an der Spitze der Masten.<br />

Da sich an der Finanzierung des Instituts auch<br />

eine Gruppe von Unternehmen aus der Windbranche<br />

beteiligt, arbeiten die Forscher sehr<br />

anwendungsbezogen an konkreten Projekten.<br />

Ein Beispiel sind die hocheffizienten Rotorblätter,<br />

die am Institut entwickelt wurden,<br />

wie Albrecht erklärt. Sie erlauben es, auch<br />

in windschwächeren Standorten die höchste<br />

Ausbeute zu erreichen. Aber es gibt auch<br />

noch andere, sehr spezifische Fragen an die<br />

Elektrotechnik. Etwa bei der so genannten<br />

Blindleistung, die nötig ist, um das öffentliche<br />

Wechselstromnetz stabil zu halten, wenn<br />

Strom aus regenerativen Erzeugungsanlagen<br />

eingespeist wird. Auch die Frage, wie die<br />

Grundlastversorgung mit intelligenten Netzen<br />

wirklich sichergestellt werden kann, ist noch<br />

nicht vollständig geklärt. „Und natürlich geht<br />

es auch um die Nachhaltigkeit beim Bau von<br />

Windkraftanlagen“, ist Albrecht klar. „All das<br />

sind Punkte, bei denen wir noch besser werden<br />

können, als wir das in der Vergangenheit<br />

waren.“<br />

Doch Strom ist nicht alles. Albrecht ist überzeugt,<br />

dass in Zukunft alle nur möglichen<br />

Energieformen gebraucht werden. Dazu zählt<br />

vor allem auch der Wasserstoff. Seine Herstellung<br />

und Nutzung ist zwar energetisch<br />

äußerst ineffektiv, weil sie sehr viel Strom<br />

verbrauchen. Aber in vielen Bereichen ist<br />

eine Dekarbonisierung kaum anders möglich.<br />

So muss es für viele Zwecke flüssige Treibstoffe<br />

auf der Basis von Wasserstoff geben,<br />

beispielsweise Ammoniak als Treibstoff für<br />

Schiffe. „Das heißt unterm Strich, dass wir<br />

einfach erneuerbare Energien ausbauen müssen,<br />

und dass wir, je mehr wir auf Wasserstoff<br />

setzen, auch mehr Erneuerbare brauchen“, so<br />

Albrecht. Deshalb unterstützte die Landesregierung<br />

jetzt auch die Windpark Kremsdorf<br />

GmbH in Ostholstein mit 4,3 Millionen Euro<br />

bei der Anschaffung einer Elektrolyseanlage<br />

zur Herstellung von grünem Wasserstoff aus<br />

Windenergie.<br />

Auch Erdwärme könnte das nördlichste Bundesland<br />

umfangreicher nutzen. Denn in zwei<br />

Kilometern Tiefe hat das Wasser im porösen<br />

Gestein 70 Grad und wäre damit geradezu<br />

ideal für Gebäudeheizungen. Wie man Wärme<br />

aus der Tiefe nutzen könnte, darum kümmert<br />

12<br />

13


WINDENERGIE<br />

CAMPUS STUDIUM COMPANIES PORTRAITS<br />

Wie die Windkraft Forschung und<br />

Unternehmen in Schleswig-Holstein<br />

beflügelt – und umgekehrt .... Seite 16<br />

In Flensburg arbeiten Forscher und<br />

Studierende an der Zukunft der<br />

Windenergie .... Seite 22<br />

Diskussion um russisches Gas gibt<br />

Erneuerbaren Rückenwind .... Seite 24<br />

sich das Kompetenzzentrum Geo-Energie an<br />

der Universität Kiel, das mit zahlreichen Forschungseinrichtungen<br />

und Unternehmen vor<br />

allem in Schleswig-Holstein und im dänischen<br />

Jütland zusammen arbeitet. Für Albrecht hat<br />

die Geothermie aber keine große Priorität.<br />

„Wir haben im kommunalen Bereich Akteure,<br />

die sich dort vernetzen und ihre Kenntnisse<br />

über den möglichen Einsatz von Geothermie<br />

austauschen“, sagt er. „Wir fördern das auch<br />

als Land, weil wir das natürlich als eine Möglichkeit<br />

sehen, dort ebenfalls voranzukommen.<br />

Aber es ist nur ein Baustein von vielen.<br />

Geothermie wird sicherlich nicht den Beitrag<br />

leisten, den beispielsweise Windenergie und<br />

Photovoltaik bei der Energiewende leisten<br />

können. Das ist ein ganz anderes Niveau.“<br />

Eine sichere Energieversorgung bietet aber<br />

noch keine Sicherheit vor den Auswirkungen<br />

des Klimawandels und des Artenschwunds.<br />

Gerade im Land zwischen den Meeren gehört<br />

zur Sicherheit der Menschen die Anpassung<br />

an die Unbilden der Zukunft. Auch die gehört<br />

in Albrechts Ressort als Umwelt-, Natur- und<br />

Landwirtschaftsminister. „Was den Küstenschutz<br />

angeht, da haben wir aus der Vergangenheit<br />

gelernt“, gibt er zu. „Heute haben wir<br />

einen Küstenschutz, der weit in die Zukunft<br />

denkt, immer mit der Perspektive 2100, mitunter<br />

sogar bis 2150.“<br />

Auf Grund der aktuellsten Daten des Weltklimarates<br />

IPCC wurden an der gesamten Westküste<br />

Klimadeiche gebaut. Klimadeiche sind<br />

„Heute haben<br />

wir einen<br />

Küstenschutz,<br />

der weit in die<br />

Zukunft denkt,<br />

immer mit der<br />

Perspektive<br />

2100, mitunter<br />

sogar bis 2150.“<br />

auf acht bis neun Meter Höhe aufgestockte<br />

Deiche. Wegen ihrer weiten Breite von 130<br />

Metern können sie besonders sanft ansteigen,<br />

um auflaufenden Sturmflutbrechern ihre Kraft<br />

zu nehmen. Die Deichkrone ist so breit, dass<br />

auch später noch weitere Erhöhungen möglich<br />

sind.<br />

An der Ostseeküste plant die Regierung<br />

bereits mit möglichen Abbrüchen an den<br />

Steilküsten und entwickelt dazu derzeit die<br />

Strategie Ostseeküste 2100.<br />

„Ich glaube, dass diese Art von vorausschauendem<br />

Planen sowohl im Sinne eines Klimaanpassungsprozesses<br />

als auch der Klimaschutzmaßnahmen<br />

ist. Das wird uns auch weiterhin<br />

beschäftigen“, ist Albrecht überzeugt.<br />

Damit all diese Umstrukturierungen angesichts<br />

des Klimawandels gelingen können,<br />

sind aber auch gut ausgebildete Menschen<br />

nötig, die im wahrsten Sinne des Wortes ihr<br />

Handwerk verstehen. „Für die Energiewende,<br />

ja, den Umbau unserer Gesellschaft, werden<br />

wir einen erheblichen Fachkräftemangel<br />

haben. Insbesondere auch im Bereich der<br />

handwerklichen Tätigkeit. Allein da werden<br />

wir einen riesigen Bedarf für die Sanierung<br />

und den Umbau von Gebäuden haben, den<br />

wir jetzt ankurbeln müssen. Das gilt natürlich<br />

gerade auch im Bereich der Sektorkopplung.<br />

Da wird es viel technisches Know-how brauchen“,<br />

ist Albrecht überzeugt. Auch wenn es<br />

nicht in sein Ministerressort fällt, plädiert<br />

er dafür, die Ausbildung und Weiterbildung<br />

übergreifend im Blick zu behalten, was auch<br />

bedeute, die schulische und die berufliche<br />

Bildung immer mitzudenken. „Denn wir alle<br />

werden am Ende mit neuen Fähigkeiten ausgestattet<br />

werden müssen, weil wir alle einen<br />

Beitrag dazu leisten, unsere Gesellschaft<br />

umzubauen“, sagt der scheidende Minister.<br />

Mitte des Jahres wird Albrecht als Co-Vorstand<br />

zur grünen Heinrich-Böll-Stiftung wechseln.<br />

Dort will er das, was er in Schleswig-Holstein<br />

bewirkte, auf gesamtgesellschaftlicher Ebene<br />

vertiefen und die Dialoge und Debatten über<br />

die anstehenden Transformationsprozesse auf<br />

nationaler, europäischer und globaler Ebene<br />

weiter treiben.<br />

Wie der Klimawandel Einfluss auf unser<br />

Wetter nimmt<br />

.... Seite 28<br />

Wie Wind die Schifffahrt nachhaltiger<br />

machen kann<br />

.... Seite 36<br />

Studierende entwerfen<br />

Windkraftanlage für<br />

Entwicklungsländer .... Seite 26<br />

Mit Windkraftanlagen gegen Dürre<br />

.... Seite 30<br />

Pioniere der Energiewende<br />

.... Seite 39<br />

Wie Pandemie und Konflikte die<br />

Handelswege beeinflussen .... Seite 34<br />

Die Energiewende bedeutet mehr als der<br />

reine Ausbau erneuerbarer Energien<br />

.... Seite 42<br />

14<br />

15


Stürmische<br />

Zeiten<br />

Text Volker Kühn<br />

Fotos Shutterstock, Thyge Weller<br />

CC BY-SA German LNG Terminal<br />

GmbH, Hamburger Energiewerke<br />

Wie die Windkraft Forschung und Unternehmen in<br />

Schleswig-Holstein beflügelt – und umgekehrt


Der Bund will die Windenergie zum Rückgrat der Energieversorgung<br />

ausbauen. Den Hochschulen im Norden kommt dabei eine Schlüsselrolle<br />

zu: Sie müssen die Innovationen liefern und die Fachkräfte ausbilden, um<br />

den Boom zu stemmen. In der Branche herrscht Aufbruchstimmung.<br />

Am Anfang steht ein Fehlschlag von gigantischem<br />

Ausmaß. 100 Meter hoch ist der Turm,<br />

der zu Beginn der Achtziger an der windumtosten<br />

Elbmündung in Schleswig-Holstein<br />

in die Höhe wächst. 340 Tonnen wiegt das<br />

Maschinenhaus, das ein Schwerlastkran auf<br />

die Turmspitze wuchtet. 23 Tonnen bringt<br />

jedes der beiden Rotorblätter auf die Waage,<br />

die Monteure daran befestigen. Growian, die<br />

„Große Windenergie Anlage“, geht am 17.<br />

Oktober 1983 in Betrieb. Das Bundesforschungsministerium<br />

hat den Riesen aufstellen<br />

lassen, um zu prüfen, ob die Windenergie<br />

technisch und kommerziell in der Lage ist,<br />

einen Beitrag zur Deckung des deutschen<br />

Strombedarfs zu leisten.<br />

Kritiker argwöhnen allerdings bald, dass Growian<br />

das genaue Gegenteil beweisen soll.<br />

Denn den etablierten Energieversorgern ist<br />

die Windkraft ein Dorn im Auge. Sie verdienen<br />

ihr Geld mit Atom- und Kohlekraftwerken.<br />

Dezentrale Windräder, am Ende gar in Bürgerhand,<br />

wären eine Gefahr für ihr Geschäftsmodell.<br />

In Zeitungsanzeigen behauptet die<br />

Atomindus trie noch in den Neunzigern, dass<br />

regenerative Energien selbst langfristig niemals<br />

mehr als vier Prozent des Stroms liefern<br />

könnten – zu unsicher sei die Technologie.<br />

Und tatsächlich: Growian ist falsch konstruiert,<br />

die Anlage steht die meiste Zeit still, ein<br />

kontinuierlicher Messbetrieb ist kaum möglich.<br />

1988 wird der Koloss abgerissen.<br />

Windkraft als Antwort<br />

auf Tschernobyl und<br />

den Klimawandel<br />

Heute steht Growian für zweierlei: Einerseits<br />

illustriert das Scheitern der Anlage die enormen<br />

Beharrungskräfte in Teilen von Industrie<br />

und Politik in Deutschland. Andererseits zeigt<br />

sie aber auch, wie diese Widerstände mit Tatkraft<br />

und Forschergeist überwunden werden<br />

können. Denn die Windenergie war mit dem<br />

Aus von Growian keinesfalls tot, im Gegenteil.<br />

Ökopioniere hielten an der Technologie<br />

fest, wenn auch zunächst in viel kleineren<br />

Dimensionen. Beseelt vom Wunsch nach einer<br />

sauberen, autarken Energieversorgung stellten<br />

sie wie im benachbarten Dänemark auch<br />

in Schleswig-Holstein Windräder auf, nicht<br />

selten Marke Eigenbau. Es waren die Ölpreiskrisen<br />

der Siebziger, die sie dabei motivierten,<br />

die Atomkatastrophe von Tschernobyl<br />

1986 und das erwachende Bewusstsein für die<br />

Gefahren durch die Erderhitzung.<br />

Einen echten Schub für die Ökostromerzeugung<br />

brachte das von der rot-grünen Bundesregierung<br />

im Jahr 2000 eingeführte Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />

(EEG). Es legte fest,<br />

dass Strom aus sauberen Quellen noch vor<br />

dem aus Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken<br />

ins Netz eingespeist werden muss. Zudem<br />

garantierte es den Ökostromerzeugern einen<br />

festen Preis je gelieferter Kilowattstunde und<br />

half ihnen so, im Wettbewerb mit der übermächtigen<br />

Energiewirtschaft zu bestehen.<br />

Schon heute erzeugt die<br />

Windenergie ein Viertel<br />

des deutschen Stroms<br />

In der Folge erlebten die Erneuerbaren einen<br />

Boom, von dem Deutschland heute profitiert.<br />

In den ersten sechs Monaten dieses Jahres<br />

lieferten sie ziemlich genau 50 Prozent des<br />

Stroms. Die Hälfte davon wiederum steuerten<br />

Windräder an Land und auf See bei.<br />

Schleswig-Holstein, das so früh wie kaum eine<br />

andere Region auf Windenergie gesetzt hat,<br />

ist noch deutlich weiter. Das Land erzeugt<br />

schon heute weit mehr Ökostrom, als es selbst<br />

verbrauchen kann; der Deckungsgrad liegt bei<br />

160 Prozent. Windräder gehören vielerorts<br />

längst so selbstverständlich zum Landschaftsbild<br />

wie die Leuchttürme an den Küsten und<br />

die rapsbedeckten Hügel im Hinterland.<br />

Erneuerbare schützen<br />

das Klima – und den<br />

Frieden in der Welt<br />

Künftig soll die Bedeutung der Erneuerbaren<br />

noch wachsen. Die Grundlage dafür hat die<br />

Ampelkoalition in Berlin mit ihren ambitionierten<br />

Klimazielen geschaffen. Doch das ist<br />

nicht alles. Seit dem russischen Überfall auf<br />

die Ukraine und der Gaskrise blicken auch Kritiker<br />

anders auf die Energiewende. Während<br />

Öl- und Gasvorkommen in vielen Regionen<br />

der Welt autokratische Machthaber stützen,<br />

Konflikte befeuern oder gar Kriege auslösen,<br />

gelten erneuerbare Energien heute als Friedensgaranten.<br />

„Freiheitsenergien“ nannte sie<br />

Bundesfinanzminister Christian Lindner deshalb<br />

wenige Tage nach Putins Angriff auf die<br />

Ukraine.<br />

Kurzfristig soll vor allem Flüssigerdgas (LNG)<br />

die Abhängigkeit Deutschlands von russischem<br />

Erdgas reduzieren. Dazu werden unter<br />

anderem an der Elbe in Stade und Brunsbüttel<br />

LNG-Terminals gebaut. Daran sollen schon<br />

bald Tankschiffe aus Ländern wie den USA<br />

oder Katar festmachen.<br />

LNG ist bestenfalls eine<br />

Übergangslösung – bis<br />

grüner Wasserstoff<br />

verfügbar ist<br />

Doch LNG schädigt das Klima ähnlich stark<br />

wie Kohle. Mittelfristig müssen deshalb<br />

Ökostrom und mit dessen Hilfe erzeugte klimafreundliche<br />

Gase den Bedarf decken, allen<br />

voran Wasserstoff und Ammoniak. Hätte<br />

Deutschland schon heute eine Alternative zu<br />

russischem Gas, „würde sich Wladimir Putin<br />

sicherlich zweimal überlegen, damit zu drohen,<br />

den Gashahn abzudrehen“, sagt Vincent<br />

Stamer, Handelsökonom am Kieler Institut für<br />

Weltwirtschaft (siehe Artikel Seite 34).<br />

Deutschlands Ziel ist eine Vollversorgung mit<br />

Erneuerbaren spätestens ab 2045. Zu diesem<br />

Zeitpunkt soll das Land klimaneutral sein. Das<br />

heißt, dass dann nicht mehr Treibhausgase in<br />

die Atmosphäre geblasen werden dürfen, als<br />

ihr an anderer Stelle entzogen werden, etwa<br />

durch das Pflanzen von Bäumen oder das Wiedervernässen<br />

von Mooren. Wälder und Moore<br />

sind natürliche CO2-Speicher.<br />

Bis zur Klimaneutralität ist es allerdings noch<br />

ein weiter Weg. Denn auch wenn die Wende<br />

Tschernobyl steht für einen der größten Unfälle in der Geschichte der<br />

Atomenergie. Am 26. April 1986 kam es in Block 4 des Kraftwerks im<br />

Norden der Ukraine zu einer vollständigen Kernschmelze. Durch die<br />

daraus folgenden Explosionen wurde radioaktives Material in die Luft<br />

gestoßen. Radioaktives Material kontaminierte die gesamte Umgebung<br />

und verteilte sich über weite Teile Europas.<br />

Growian war lange Zeit die größte Windkraftanlage der Welt. Der<br />

zweiflüglige Leeläufer (Rotor läuft auf der windabgewandten Seite des<br />

Turmes) hatte eine Nabenhöhe von etwa 100 Metern. Errichtet wurde er<br />

in den 1980er Jahren im Kaiser-Wilhelm-Koog bei Marne.<br />

18<br />

19


Errichtung einer Geothermie-Anlage in Hamburg-<br />

Wilhelmsburg. In der Anlage wird Erdwärme als<br />

natürliche Energiequelle nutzbar gemacht.<br />

Ziel ist eine nahezu CO2-freie Wärmeversorgung<br />

Wilhelmsburger Quartiere. Zur Förderung der<br />

Erdwärme werden zwei Bohrungen benötigt: Über die<br />

Produktionsbohrung wird das warme Thermalwasser<br />

gefördert. Oberirdisch wird dem Thermalwasser über<br />

Wärmetauscher die Wärme entzogen.<br />

Die Nutzung und der weitere Ausbau der<br />

Offshore-Windenergie finden in deutschen<br />

Gewässern vornehmlich außerhalb der<br />

12-Seemeilen-Zone statt. Ein Großteil der<br />

bereits ans Netz angeschlossenen, in Bau<br />

befindlichen bzw. geplanten Projekte liegt<br />

damit in den Hochseegewässern der deutschen<br />

Nord- und Ostsee.<br />

Pläne der German LNG Terminal GmbH (GLNG) zur<br />

Entwicklung des Onshore-LNG-Importterminals<br />

in Brunsbüttel. Das Terminal soll einen wichtigen<br />

Beitrag zur Diversifizierung der Energieimporte<br />

nach Deutschland und Europa leisten.<br />

im Stromsektor schon zur Hälfte geschafft<br />

ist, betrug der Anteil Erneuerbarer an der insgesamt<br />

verbrauchten Energie, im Fachjargon<br />

Primärenergie genannt, im vergangenen Jahr<br />

erst 16 Prozent. Die wichtigsten Energieträger<br />

waren nach wie vor Öl, Gas und Kohle. Um<br />

sie komplett zu ersetzen, muss die Kapazität<br />

vor allem der Wind- und der Solarenergie drastisch<br />

ausgebaut werden.<br />

Sektorenkopplung:<br />

Wie Windenergie in<br />

die Heizung kommt<br />

Das Prinzip, mit dem das gelingen soll, sämtliche<br />

Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft<br />

zu elektrifizieren, trägt einen sperrigen<br />

Namen: Experten sprechen von „Sektorenkopplung“.<br />

„Die erneuerbaren Energien aus dem<br />

Strombereich müssen auch in den Wärme- und<br />

Mobilitätsbereich viel stärker Einzug halten<br />

als das bisher der Fall ist“, erklärt Jan Philipp<br />

Albrecht, der bis Juni Energie- und Klimaminister<br />

in Kiel war (siehe Artikel Seite 10).<br />

Wie genau das funktioniert, wird in Schleswig-Holstein<br />

schon heute erprobt. Im sogenannten<br />

„Reallabor Westküste 100“ etwa<br />

liefern Offshore-Windparks in der Nordsee<br />

sauberen Strom, der an der Raffinerie Heide<br />

im Großmaßstab in grünen Wasserstoff umgewandelt<br />

werden soll. In weiteren Schritten<br />

soll die saubere Energie ein Zementwerk,<br />

Gewerbebetriebe, Haushalte und den Flughafen<br />

Hamburg versorgen. An dem vom Bund<br />

geförderten Projekt ist auch das Institut für<br />

die Transformation des Energiesystems (ITE)<br />

der Fachhochschule Westküste in Heide beteiligt.<br />

„Wir knüpfen<br />

Wachstum an<br />

Nachhaltigkeit“<br />

– Jan Philipp Albrecht<br />

Das Reallabor dient als Skizze zur Dekarbonisierung<br />

ganzer Industrie- und Verkehrszweige.<br />

„Wir knüpfen wirtschaftliches Wachstum an<br />

ökologische Nachhaltigkeit und tragen so<br />

dazu bei, dass sich neue technologische Entwicklungen<br />

und neue Perspektiven auch wirtschaftlich<br />

dort ergeben, wo die Nachhaltigkeit<br />

wieder zu einem treibenden Faktor wird“,<br />

sagt der grüne Ex-Minister Albrecht.<br />

Auch eine andere saubere Energieform könnte<br />

Schleswig-Holstein künftig stärker anzapfen:<br />

die Wärme aus den Tiefen der Erde. Sogenannte<br />

Geothermiebohrungen machen sie<br />

nutzbar. Die Technologie fristet bislang ein<br />

Schattendasein in der Energiewende, besitzt<br />

aber großes Potenzial. Wissenschaftler gehen<br />

davon aus, dass sie bis zu einem Viertel der<br />

Wärme für Industrie und Haushalten liefern<br />

könnte. Erforscht wird sie unter anderem<br />

vom Kompetenzzentrum Geo-Energie an der<br />

Universität Kiel. Im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg<br />

ist eine Bohrung in 1300 Metern<br />

Tiefe kürzlich auf ein vielversprechendes Vorkommen<br />

an heißem Wasser gestoßen, das den<br />

Stadtteil künftig versorgen soll.<br />

Die Windbranche kämpft<br />

um Fachkräfte – und um<br />

die Herzen der Bürger<br />

Mit der Energiewende wächst allerdings nicht<br />

nur der Bedarf an Strom. Auch gut ausgebildete<br />

Fachkräfte werden immer wichtiger. Denn<br />

all die Wärmepumpen, die künftig gebraucht<br />

werden, müssen irgendwie in die Keller kommen,<br />

die Solarmodule auf die Dächer und<br />

die Windräder auf den Acker oder ins Meer.<br />

Doch gerade die Windindustrie scheint für die<br />

anstehende Herkulesaufgabe schlecht gerüstet.<br />

In den vergangenen Jahren ist der Bau<br />

von Windparks in Deutschland fast zum Erliegen<br />

gekommen. Auslöser waren Proteste von<br />

Anwohnern, aber auch politische Weichenstellungen<br />

der Merkel-Regierungen. In der<br />

Folge gingen Tausende Arbeitsplätze verloren,<br />

die heute fehlen.<br />

Die Hochschulen im Norden tragen ihren<br />

Teil dazu bei, die Lücke an Fachkräften zu<br />

schließen. Eine wichtige Rolle dabei spielt<br />

das renommierte Wind Energy Technology<br />

Institute (WETI) an der Hochschule Flensburg.<br />

Auf die 40 Studienplätze pro Jahr kommen<br />

allerdings mehr als 500 Bewerbungen,<br />

wie WETI-Leiter Torsten Faber erklärt (siehe<br />

Interview Seite 22). Er versucht der Windkrise<br />

nicht allein durch die Ausbildung von Ingenieuren<br />

entgegenzuwirken. Auch die Inhalte der<br />

Ausbildung sollen dabei helfen, den Rückhalt<br />

für Windräder zu erhöhen und Steine für die<br />

Energiewende aus dem Weg zu räumen. „Früher<br />

war das Motto dabei immer ‚höher, schneller,<br />

weiter‘. Der Trend geht heute aber mehr in<br />

Richtung Nachhaltigkeit und gesellschaftliche<br />

Akzeptanz“, sagt Faber. Seine Studierenden<br />

haben eine Low-Emission-Turbine entwickelt,<br />

die möglichst leise und optisch dezent arbeiten<br />

soll und eine gute CO2-Bilanz aufweist.<br />

Um die Klimabilanz von Windrädern zu verbessern,<br />

nimmt der WETI-Leiter vor allem<br />

die Komponenten in den Blick, aus denen sie<br />

konstruiert werden. Vor allem Holz könne eine<br />

wichtige Rolle spielen, um den Stahleinsatz<br />

zu reduzieren. Sowohl die Rotorblätter als<br />

auch der Turm von Windrädern könne aus dem<br />

nachwachsenden Rohstoff gebaut werden,<br />

sagt Faber, der allen Widrigkeiten der Vergangenheit<br />

zum Trotz eine Aufbruchstimmung in<br />

der Branche wahrnimmt.<br />

„Windräder<br />

können für<br />

Strom sorgen –<br />

und für Regen.“<br />

Geht es nach den Forschern der Hochschule<br />

Flensburg, leistet die Windenergie künftig<br />

noch auf einem ganz anderen Weg einen Beitrag,<br />

um dem Klimawandel und seinen Folgen<br />

zu begegnen. Windräder sollen in trockenen<br />

Zeiten für Regen sorgen. Das ist die Idee von<br />

Clemens Jauch, Professor am Fachbereich<br />

Energie und Biotechnologie. In Gegenden, die<br />

über mehr Wasser verfügen, als sie benötigen,<br />

sollen Pumpen das kostbare Nasse in die<br />

Rotorblätter transportieren, von wo es über<br />

Düsen in die Luft abgegeben wird. Der Wind<br />

trägt es dann weiter auf trockene Felder, die<br />

bewässert werden müssen. Denn davon wird<br />

es in Zukunft immer mehr geben, der trockene<br />

und heiße Sommer dieses Jahres in Europa<br />

hat einen Vorgeschmack darauf gegeben.<br />

„Der ideale Standort für die Anlagen sind<br />

Flussmündungen, wo sich Süßwasser in Kürze<br />

mit Salzwasser vermischt und damit für uns<br />

unbrauchbar wird“, sagt Jauch. „Dort wird<br />

niemandem das Wasser weggenommen. Denn<br />

hier geht es nicht nur um ein paar Liter, sondern<br />

um viele Kubikmeter – pro Sekunde.“<br />

Windräder als Regenmaschinen – das ist eine<br />

Vision, auf die selbst die Windkraftpioniere<br />

der Siebziger und Achtziger nicht gekommen<br />

sind.<br />

20<br />

21


Text Robert Otto-Moog<br />

Fotos Marcel Schedat<br />

„Die Windkraft braucht<br />

alle Ingenieure“<br />

In Flensburg arbeiten Forscher und Studierende<br />

an der Zukunft der Windenergie<br />

Jahrelang lag der<br />

Windkraftausbau in<br />

Deutschland brach.<br />

Jetzt gibt es eine<br />

Aufbruchstimmung in<br />

der Branche, sagt Torsten<br />

Faber, Leiter des Wind<br />

Energy Technology<br />

Institute an der<br />

Hochschule Flensburg.<br />

Herr Faber, der Windkraftausbau in<br />

Deutschland ist in den vergangenen Jahren<br />

nahezu zum Erliegen gekommen, Zehntausende<br />

Jobs wurden vernichtet. Jetzt sind<br />

die Grünen zurück in der Regierung – wird<br />

damit alles besser für die Branche?<br />

Ich bin sicher, dass demnächst sehr viel passieren<br />

wird – viel mehr, als dass die Branche<br />

überhaupt hinterher kommen kann, die Nachfrage<br />

zu bedienen. Lieferengpässe und Kostensteigerungen<br />

sind heute schon absehbar.<br />

Ich beobachte in jedem Fall eine Aufbruchstimmung.<br />

Am Ende werden wir aber sehen<br />

müssen, wie die neue Regierung das Ganze<br />

vorantreiben wird – oder ob es erst einmal<br />

nur übergeordnete Ziele gibt.<br />

Signalisiert diese Aufbruchstimmung in<br />

der Branche auch für Ihre Studierenden<br />

rosige Aussichten?<br />

Die Aufbruchstimmung gibt es schon länger.<br />

Wir haben zum Jubiläum unseres Instituts<br />

eine Umfrage unter ehemaligen Studentinnen<br />

und Studenten gemacht. Und die hat<br />

noch einmal gezeigt, dass mehr als die Hälfte<br />

unserer Studierenden, die ihre Masterarbeit<br />

in einem Unternehmen schreiben, dort auch<br />

direkt übernommen wird. Der Markt sieht gut<br />

aus, auch wenn es zwischenzeitlich Engpässe<br />

gab und viele gut ausgebildete Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter freigestellt worden sind,<br />

weil Unternehmen wie Senvion pleite gegangen<br />

sind. Inzwischen ist aber wieder klar:<br />

Die Branche braucht unbedingt qualifizierte<br />

Mitarbeiter. Und ganz besonders hoch ist der<br />

Druck im Bereich der Planung.<br />

Wer entscheidet sich denn für ein Studium<br />

bei Ihnen?<br />

Unsere Studierenden kommen von überall auf<br />

der Welt und aus allen Bereichen. Denn in der<br />

Windbranche braucht man alle Ingenieure –<br />

ausnahmslos. Auf die rund 40 Studienplätze,<br />

die wir jedes Jahr anbieten, kommen über<br />

500 Bewerbungen. Das zeigt, wie hoch die<br />

Reputation ist. Wir haben Studierende aus<br />

dem Bauingenieurwesen, Maschinenbau, aus<br />

der Elektrotechnik, dem Schiffsbau und aus<br />

der Luft- und Raumfahrttechnik. All diese<br />

Ingenieure haben aber in der Regel noch kein<br />

detailliertes Verständnis für Windenergieanlagen.<br />

Genau diese Lücke versuchen wir zu<br />

schließen.<br />

Und wie sieht das in der Praxis aus?<br />

Die Ingenieure aus den unterschiedlichen<br />

Disziplinen werden erst einmal zu Generalisten,<br />

um zu verstehen, wie eine Windkraftanlage<br />

funktioniert, was die Besonderheiten<br />

sind. Und dann gehen sie zurück in ihr<br />

Spezialgebiet. Der Maschinenbauer baut also<br />

anschließend Getriebe, der Bauingenieur den<br />

Turm und das Fundament, der E-Techniker den<br />

Generator. Ziel ist es natürlich, in der Windbranche<br />

tätig zu sein – viele als Ingenieurinnen<br />

und Ingenieure. Einige gehen aber auch<br />

in die Planung.<br />

Sie selbst haben den ersten Boom der Windenergie<br />

miterlebt. Was ist heute anders<br />

als vor 20 Jahren?<br />

Damals waren die Fragestellungen ganz andere<br />

als heute. Gesellschaftliche Akzeptanz und<br />

CO2-Bilanz haben damals eine viel kleinere<br />

Rolle gespielt. Es ging einfach erst einmal<br />

darum, die Erneuerbaren auszubauen. Die großen<br />

Anlagenhersteller versuchen zwar auch<br />

heute erst einmal ihre klassischen Produkte<br />

zu verkaufen, um die Nachfrage zu bedienen.<br />

Die greifen da verständlicherweise zunächst<br />

auf bewährte Konzepte zurück. Was aber<br />

nicht heißt, dass neue Ideen keine Relevanz<br />

bekommen werden. Irgendwann wird man<br />

anfangen müssen umzudenken. Rotorblätter<br />

beispielsweise sind aus GFK, ein Werkstoff<br />

aus Kunststoff und Glasfasern. Der ist zum<br />

gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ohne riesigen<br />

Aufwand recycelbar. Heute ist der Fokus ein<br />

ganz anderer. Hinzu kommt, dass Ressourcen<br />

knapp sind. Da geht es der Windenergie nicht<br />

anders als beispielsweise dem Autobau. Und<br />

damit wird auch der Druck auf die Anlagenhersteller<br />

wachsen, sich über andere Alternativen<br />

Gedanken zu machen.<br />

Wirken sich solche Faktoren auch auf Ihr<br />

Institut und den Studiengang aus?<br />

Ja, im dritten Semester beispielsweise bekommen<br />

Studierende immer eine Projektaufgabe<br />

von uns. Früher war das Motto dabei immer<br />

‚Höher, schneller, weiter‘. Der Trend geht<br />

aber heute mehr in Richtung Nachhaltigkeit<br />

und gesellschaftliche Akzeptanz. Also haben<br />

die Studierenden eine Low-Emission-Turbine<br />

entwickelt, die möglichst leise und optisch<br />

dezent sowie – und das war der wichtigste<br />

Punkt – eine möglichst gute CO2-Bilanz<br />

haben soll. Dafür wurden beispielsweise<br />

nachwachsende Werkstoffe wie Holz genutzt<br />

und eben kein GFK für die Rotorblätter oder<br />

Stahl für den Turm. Solche Ideen finden sich<br />

auch in unserer Forschung wieder.<br />

Inwiefern?<br />

Die Forschung am Institut ist getrieben durch<br />

das Know-how der drei Professoren, die die<br />

Stiftungsprofessuren innehaben. Wir haben<br />

unterschiedliche Schwerpunkte. Ich bin<br />

gelernter Zimmermann, Holz ist also mein<br />

Thema. Das ist ein sehr zukunftsträchtiges<br />

Material – gerade im Bereich der erneuerbaren<br />

Energien. Dabei hatten schon die ersten<br />

Anlagen Rotorblätter aus Holz. Ich habe mich<br />

aber ebenfalls intensiv mit dem Turm beschäftigt.<br />

Auch den kann man aus Holz bauen. Und<br />

wenn man ihn abspannt, spart man sogar<br />

Material. Denn das ist immer der CO2-Treiber<br />

bei einer Windkraftanlage. Deshalb haben wir<br />

auch schon anders versucht, den Turm schlanker<br />

zu machen. Wenn er sich immer in die<br />

Hauptwindrichtung drehen kann, brauche ich<br />

keinen zu allen Seiten gleich stabilen Kreisquerschnitt<br />

mehr, sondern kann zum Beispiel<br />

eine Ellipse nutzen. Meine Kollegen haben<br />

andere Spezialfelder. David Schlipf bringt<br />

den Windanlagen mit Laser-Messgeräten, mit<br />

denen Windgeschwindigkeit und Turbulenzen<br />

gemessen werden können, das Sehen bei. Clemens<br />

Jauch kümmert sich als Elektrotechniker<br />

um die Interaktion zwischen Netz und Windenergieanlage.<br />

Und er arbeitet daran, dass<br />

Anlagen die atmosphärische Situation verbessern<br />

können, etwa indem sie an der Küste<br />

Wasser aus dem Boden pumpen und über die<br />

Rotorblätter künstliche Wolken schaffen können.<br />

Sehen wir also schon bald Windkraftanlagen<br />

aus Holz, die die Atmosphäre verbessern?<br />

Ganz so optimistisch bin ich da nicht –<br />

schließlich sind wir nicht das einzige Institut.<br />

Und vor allem sind wir ein verhältnismäßig<br />

kleines mit nur 15 Mitarbeitern. Wir können<br />

aber mit unserem Know-how Impulse geben.<br />

Die Aufbruchstimmung in der gesamten Branche,<br />

die ich beobachte, wird erst einmal nicht<br />

zur Übernahme neuer Ideen führen. Erst einmal<br />

muss der Markt bedient werden – trotz der<br />

allgemeinen Lieferengpässe und der explodierenden<br />

Rohstoffpreise. Das sehen wir weltweit:<br />

Die Nachfrage ist groß, die Anlagenhersteller<br />

haben aber große Schwierigkeiten, sie<br />

zu befriedigen. In welche Richtung es danach<br />

geht, müssen wir abwarten. Die Perspektiven<br />

sind aber riesig.<br />

„Unsere<br />

Studierenden<br />

kommen von<br />

überall auf der<br />

Welt und aus<br />

allen Bereichen.<br />

Denn in der<br />

Windbranche<br />

braucht man<br />

alle Ingenieure<br />

– ausnahmslos.“<br />

22<br />

23


„Es macht keinen Sinn,<br />

zurück zu schauen“<br />

Text Robert Otto-Moog<br />

Fotos Marcel Schedat,<br />

Shutterstock<br />

Diskussion um russisches Gas gibt Erneuerbaren Rückenwind<br />

Der Krieg in der<br />

Ukraine hat die<br />

deutsche Abhängigkeit<br />

von russischem Gas<br />

schmerzlich offengelegt.<br />

Wie die Diskussion<br />

darüber der Windkraft<br />

helfen könnte und was<br />

Robert Habeck besser als<br />

sein Vorgänger macht,<br />

erklärt Torsten Faber.<br />

Die Erdgaspipeline Nord Stream 2, die<br />

in Russland beginnt, ist zu einer Quelle<br />

internationaler politischer Konflikte<br />

geworden. Sie endet im deutschen Küstenort<br />

Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Herr Faber, seit dem russischen Angriffskrieg<br />

auf die Ukraine läuft eine hitzige<br />

Diskussion über die deutsche Abhängigkeit<br />

von russischem Gas. Ist diese Diskussion<br />

eventuell auch eine Chance für die Windkraft?<br />

Das glaube ich auf jeden Fall. Zumal Robert<br />

Habeck als Wirtschaftsminister in meinen<br />

Augen einen sehr guten Job macht. Er kennt<br />

das Feld aus Schleswig-Holstein, wo er für<br />

Erneuerbare Energien zuständig war. Damals<br />

hat er sich Experten geholt, Informationen<br />

besorgt – und auch verstanden. Er ist aktuell<br />

der Richtige für diesen Job, er dreht an<br />

den richtigen Stellschrauben. Das Problem ist<br />

aber, dass das alles nicht schnell genug geht.<br />

Windenergie muss man perspektivisch sehen,<br />

als mittel- bis langfristige Energiequelle.<br />

Diese Perspektive wurde in den vergangenen<br />

Jahren verbaut. Hat Wirtschaftsminister<br />

Habecks Vorgänger Peter Altmaier also<br />

eine Teilschuld, dass wir heute noch immer<br />

so abhängig von fossilen Energieträgern<br />

sind? Immerhin hat er es zu verantworten,<br />

dass der Ausbau der Erneuerbaren massiv<br />

gebremst wurde…<br />

Herr Altmaier hat die Windenergie sogar komplett<br />

ausgebremst. Er hat gesagt, dass es<br />

keinen Sinn mache, Windenergieanlagen zu<br />

installieren, weil die Netze nicht da seien. Um<br />

die hat er sich aber auch nicht gekümmert.<br />

Dieses Henne-Ei-Problem hat dazu geführt,<br />

dass viel zu wenig Windenergie installiert<br />

wurde. Das haben wir verpennt – oder besser:<br />

Herr Altmaier und seine Berater. Dadurch<br />

hat die deutsche Industrie großen Schaden<br />

genommen – gerade die kleineren Unternehmen.<br />

Und heute stehen wir da und haben zu wenig<br />

Windenergie. Und die nötigen Anlagen können<br />

nicht gebaut werden.<br />

Wenn wir also den Schwung aus den ersten<br />

Boom-Jahren mitgenommen hätten –<br />

wären wir jetzt unabhängiger?<br />

Nein. Denn es gibt die Energiewende und es<br />

gibt die Wärmewende. Wenn wir Gas vollständig<br />

durch erneuerbaren Strom ersetzen wollen,<br />

dann geht das nur, wenn wir diesen Strom<br />

nutzen, um selbst Gas zu erzeugen. Allerdings<br />

haben wir da einen schlechten Wirkungsgrad<br />

mit Verlusten von bis zu 50 Prozent. Also<br />

bräuchten wir weit mehr Strom. Mit anderen<br />

Worten: Wir hätten viel gewinnen können,<br />

aber es ist nicht das Ziel, mit Erneuerbaren<br />

Gas zu erzeugen. Das gilt auch für Wasserstoff.<br />

Da wird Energie verschenkt.<br />

Auf der anderen Seite werden Gas- und<br />

Atomkraftwerke von der EU als umweltverträglich<br />

deklariert. Hätte man das nicht<br />

durch mehr Windkraft verhindern können?<br />

Klar. Das ist genau das Überbrückungsproblem,<br />

das wir aktuell haben. Es macht<br />

jetzt aber auch keinen Sinn mehr, zurück zu<br />

schauen. Wir müssen nach vorne blicken: Wie<br />

können wir möglichst schnell die Windkraft<br />

ausbauen? Und da gibt es genügend Probleme<br />

– etwa die Genehmigungsverfahren. Da wächst<br />

gerade der Druck - und die Bereitschaft der<br />

Politik. Viel größer ist das Problem, dass wir<br />

aktuell gar nicht genügend Windkraftanlagen<br />

bekommen, weil es auch hier massive Probleme<br />

bei den Zulieferern gibt. Und das führt<br />

dazu, dass Projekte, die längst geplant sind,<br />

noch immer offen bleiben, weil keiner weiß,<br />

ob die Anlagen kommen. Die Preise sind auch<br />

deutlich gestiegen, obwohl man vor einigen<br />

Jahren noch damit gerechnet hatte, dass sie<br />

weiter deutlich sinken. Das hängt auch mit<br />

der Politik Peter Altmaiers zusammen: Denn<br />

durch den Ausbaustopp gingen viele Anlagenhersteller<br />

in Konkurs – geblieben sind nur ein<br />

paar große.<br />

Schleswig-Holstein will trotzdem optimistisch<br />

vorangehen. CDU und Grüne wollen<br />

das Land bis 2040 klimaneutral machen –<br />

glauben Sie daran?<br />

Ich bin erst einmal optimistisch. Zwar wurde<br />

ich in der Vergangenheit öfter enttäuscht,<br />

aber zumindest gibt es hier offensichtlich<br />

einen politischen Willen. Das große Aber ist<br />

wie immer die Umsetzung. Denn die Politik<br />

kann nur die Genehmigungsverfahren<br />

beschleunigen. Das ist aber nicht ganz ohne,<br />

denn die Baubehörden vor Ort haben noch<br />

ganz andere Sorgen, als den politischen Druck<br />

von oben. Hinzu kommt das erwähnte Problem<br />

mit den fehlenden Anlagen. Die Projektierer<br />

sind da und sind vorbereitet. Wir sehen<br />

ganz klar, dass die in der Lage sind, Projekte<br />

umzusetzen.<br />

Wird es denn überhaupt möglich sein,<br />

Deutschlands Stromerzeugung unabhängig<br />

von fossilen Brennstoffen und Atomkraft<br />

zu machen?<br />

Theoretisch ist das möglich. Es gibt genügend<br />

Analysen, die das zeigen. Die natürlichen Ressourcen<br />

sind da – die waren aber auch schon<br />

vor zehn Jahren da. Besonders in Schleswig-Holstein<br />

sind die Voraussetzungen gut.<br />

Die Frage nach dem Ob ist also längst geklärt.<br />

Das Wie ist das Problem. Jetzt geht es um die<br />

Umsetzung. Und da gibt es eben Hürden.<br />

Sie bilden junge Menschen aus, die genau<br />

diese Hürden einmal überwinden sollen.<br />

Sind Ihre Studierenden motiviert, das zu<br />

tun?<br />

Die jungen Menschen machen sich Gedanken –<br />

um den Krieg, Corona, den Klimawandel. Und<br />

sie fragen sich, wie wir den Karren wieder aus<br />

dem Dreck ziehen können. Bei uns geht es um<br />

den Klimawandel – und um Völkerverständnis.<br />

Denn dazu trägt Windkraft ganz konkret bei –<br />

und unser internationaler Studiengang.<br />

Torsten Faber ist Professor am Fachbereich<br />

Energie und Biotechnologie an der<br />

Hochschule Flensburg. Er lehrt im Bereich<br />

Wind Energy Engineering. Seit der Gründung<br />

2<strong>01</strong>0 leitet er das Wind Energy Technology<br />

Institute (WETI) der Hochschule. Faber ist<br />

gelernter Zimmermann und promovierter<br />

Bauingenieur. Anschließend arbeitete er in<br />

verantwortlicher Position bei einem großen<br />

Zertifizierer von Windkraftanlagen, bevor er<br />

an die Hochschule kam.<br />

25


Extreme Höhen, massive Temperaturschwankungen, eingeschränkte<br />

Transportmöglichkeiten: Die Voraussetzungen, in Nepal Windkraftanlagen<br />

zu errichten, sind denkbar schlecht. Studierende aus Flensburg haben<br />

jedoch eine Anlage für genau diese Umgebung entwickelt.<br />

Text Robert Otto-Moog<br />

Fotos HS Flensburg,<br />

Klimapakt Flensburg<br />

Windkraft am Mount Everest<br />

Studierende entwerfen Windkraftanlage für Entwicklungsländer<br />

Sie freuen sich über das Projektergebnis:<br />

die Studenten Abhishek Sanyal, Flemming<br />

Ohlsen und Mikita Dzemko (v.l.n.r.) an dem<br />

Modell der speziell für Entwicklungsländer<br />

konzipierten Windenergieanlage Optimus 60.<br />

Mehr als 6500 Kilometer liegen zwischen<br />

Nepal und Flensburg. Gemeinsam haben die<br />

Stadt im flachen Norden Deutschlands und<br />

das Land am Himalaya-Gebirge wenig. Eine<br />

Verbindung gibt es seit vergangenem Jahr<br />

trotzdem. Studierende des Master-Studiengangs<br />

„Wind Energy Engineering“ der Hochschule<br />

Flensburg haben eine Windkraftanlage<br />

für die extremen Bedingungen in Nepal entwickelt.<br />

„Langfristig werden Windkraftanlagen<br />

in komplizierteren Umgebungen benötigt<br />

– und dafür braucht es Konzepte“, sagt Studiengangsleiter<br />

Torsten Faber.<br />

Die Entwicklung einer Windkraftanlage steht<br />

für alle Studierenden im dritten Semester an.<br />

Das Besondere in diesem Jahr: Die Windkraftanlage<br />

wurde in Kooperation mit der Fachhochschule<br />

Kiel und der Universität der nepalesischen<br />

Hauptstadt Kathmandu entwickelt.<br />

Und noch etwas hat sich über die vergangenen<br />

Jahre verändert. „Früher war das Motto ‚immer<br />

höher, schneller, weiter‘. Der Trend geht aber<br />

heute mehr in Richtung Nachhaltigkeit und<br />

gesellschaftliche Akzeptanz“, erklärt Faber.<br />

Das Vorgängerprojekt etwa legte viel Wert auf<br />

möglichst geringe Emissionen und damit ein<br />

Maximalmaß an gesellschaftlicher Akzeptanz.<br />

Das spielte auch in diesem Jahr eine Rolle.<br />

„Das Besondere ist, dass die Anlage aus Holz<br />

besteht“, sagt Faber. Der Umweltaspekt spielt<br />

also eine große Rolle – auch übergeordnet.<br />

„Klimaschutz ist die Aufgabe<br />

aller Nationen. Nepal ist<br />

ein ideales Beispiel für diese<br />

Entwicklung“, sagt Professor Rajesh Saiju, der<br />

das Projekt begleitet hat.<br />

Nepal bietet denkbar<br />

schlechte Voraussetzungen<br />

Das Problem: Während Windkraftanlagen in<br />

Deutschland relativ leicht errichtet werden<br />

können, bietet Nepal denkbar schlechte Voraussetzungen:<br />

extreme Höhenlagen, massive<br />

Temperaturschwankungen, starke Windturbulenzen,<br />

eingeschränkte Transportmöglichkeiten,<br />

häufige Erdbeben, schwache Netzanbindungen.<br />

Windkraftanlagen können nicht<br />

einfach per Kran hochgezogen und gewartet<br />

werden, Hubschrauber sind für letzteres oft<br />

zu teuer. Entstanden ist deshalb ein Konzept<br />

namens Optimus 60 – eine Windkraftanlage,<br />

die komplett geklappt werden kann,<br />

um das Aufstellen eines Krans zu umgehen.<br />

Der Rotordurchmesser der Anlage liegt bei 60<br />

Metern, die Nennleistung bei 800 Kilowatt.<br />

Zum Vergleich: Die in den vergangenen Jahren<br />

in Deutschland installierten Onshore-<br />

Wind energieanlagen an Land<br />

haben laut Bundesverband<br />

Windenergie einen Rotor-<br />

durchmesser von etwa 120 Metern und eine<br />

mittlere Nennleistung von 3 bis 3,5 Megawatt.<br />

Trotzdem ist Optimus 60 den Projektteilnehmern<br />

zufolge wirtschaftlich attraktiv<br />

für Entwicklungsländer mit besonderen Herausforderungen<br />

bei der Errichtung und beim<br />

Betrieb von Windkraftanlagen.<br />

Für die Studierenden lag der Reiz vor allem<br />

in der Praxisnähe. „Die Möglichkeit, mit allen<br />

anderen zusammenzuarbeiten, ist spannend –<br />

vor allem an so einem konkreten Projekt mit<br />

hohem Praxisbezug“, sagt Student Flemming<br />

Ohlsen. „Wir mussten uns unter anderem auch<br />

mit der Industrie auseinandersetzen: Was gibt<br />

es schon für Konzepte? Welche Lösungen?<br />

Was kann man übernehmen?“ Dafür wurden<br />

auch internationale Firmen kontaktiert. „Das<br />

Projekt hat einen hohen wissenschaftlichen<br />

Anspruch, und die entwickelte Anlage entspricht<br />

in jeder Hinsicht dem aktuellen Stand<br />

der Technik“, betont er. „Darin liegt auch ein<br />

großer Teil der Motivation.“ Die Entwicklung<br />

der Anlage werde unter realen Bedingungen<br />

durchgeführt und gebe einen sehr<br />

guten Einblick in die tatsächlichen<br />

Tätigkeiten von Ingenieuren in der<br />

Windbranche. So leisten die Studierenden das<br />

Projektmanagement, entwickeln komplexe<br />

Systeme und müssen mit Kommilitonen aus<br />

der ganzen Welt kommunizieren und zusammenarbeiten.<br />

Einige Ideen könnten<br />

umgesetzt werden<br />

Dass Optimus 60 tatsächlich gebaut wird,<br />

glaubt Ohlsen aber nicht – auch wenn die<br />

Anlage umsetzbar wäre. „Der Prototyp für<br />

diese Windkraftanlage würde ungefähr eine<br />

Million Euro kosten“, erklärt er. „Das kann<br />

die Hochschule nicht bewerkstelligen.“ Auch<br />

wenn die Kosten der Anlage in Serienreife<br />

erheblich geringer wären, bräuchte es einen<br />

Investor für den Anfang – und das ist unwahrscheinlich.<br />

Professor Faber ist trotzdem<br />

optimistisch. „Solche Anlagen werden nicht<br />

innerhalb der nächsten fünf Jahre gebaut“,<br />

sagt er. Langfristig würden aber auch Entwicklungsländer<br />

wie Nepal auf Windkraft setzen<br />

müssen. „Ich glaube nicht, dass die Anlagen<br />

dann genau so umgesetzt werden, wie sie die<br />

Studierenden jetzt entwickelt haben. Aber es<br />

gibt eine Reihe von Ideen, die Realität werden<br />

könnten“, sagt Faber. „Das Konzept hat<br />

in meinen Augen Potenzial. Die Studierenden<br />

haben wichtige Vorarbeit geleistet.“<br />

Torsten Faber (oben) und Saiju Rajesh<br />

26<br />

27


Sonnig – mit Aussicht<br />

auf Starkregen<br />

Wie der Klimawandel Einfluss auf unser Wetter nimmt<br />

Klimakrise, Hitzewellen, Hochwasser: Beim 12. Extremwetterkongress in Hamburg<br />

haben rund 100 Experten neueste Erkenntnisse vorgestellt. Dabei ging es auch<br />

darum, wie wichtig Wettervorhersagen für Wind- und Sonnenenergie sind.<br />

Text Robert Otto­Moog<br />

Fotos DWD Rüdiger Manig,<br />

Ulf Köhler, Klaus Adler, Hans<br />

Richard Henkes<br />

Starkregen, Dürre, Waldbrände, Hochwasser:<br />

„Der Klimawandel ist längst kein exotisches<br />

Phänomen mehr, das uns in Form von Extremwetter<br />

in den TV­Berichten aus fernen Ländern<br />

begegnet. Wir erleben die Klimaveränderung<br />

inzwischen direkt vor unserer Haustür und<br />

sind selbst unmittelbar betroffen.“ Mit einer<br />

deutlichen Warnung hat Tobias Fuchs, Vorstand<br />

für Klima und Umwelt beim Deutschen<br />

Wetterdienst (DWD), den 12. Extremwetterkongress<br />

in Hamburg eröffnet. Drei Tage lang<br />

haben rund 100 Wissenschaftler und Experten<br />

in Hamburg neueste Erkenntnisse vorgestellt.<br />

Dabei ging es um konkrete Dinge, wie Kombinationen<br />

von Extrem wettern, Klimawandel<br />

oder Versicherungen gegen Stürme und<br />

Dürren, aber auch um Kommunikation und<br />

„Klima angst“.<br />

Fuchs verwies auf die Hochwasserkatastrophe<br />

im Sommer 2021 in West­ und Mitteleuropa<br />

sowie die hohen Temperaturen und die Trockenheit<br />

in diesem Jahr. „Die Böden waren<br />

fast flächendeckend ausgetrocknet, was die<br />

Landwirtschaft deutlich beeinträchtigt hat.“<br />

Er sprach sogar von einem für Deutschland<br />

„bald typischem Sommer“.<br />

Die Experten rechnen mit<br />

noch mehr Wetterextremen<br />

„Der Klimawandel verändert auch hierzulande<br />

die Intensität und Häufigkeit von Wetterextremen,<br />

wie zum Beispiel Starkregen, Trockenphasen<br />

oder Hitzewellen“, sagte Fuchs.<br />

Das sei durch Studien belegbar. Angesichts<br />

immer neuer Rekordwerte bei den Treibhausgasemissionen<br />

gehe der Deutsche Wetterdienst<br />

davon aus, dass die Erderwärmung<br />

absehbar nur eine Richtung kenne und wir<br />

künftig mit noch ausgeprägteren Wetterextremen<br />

rechnen müssten. „Dieser Zug ist aufs<br />

Gleis gesetzt und lässt sich auch mit Blick auf<br />

weitere globale Krisen wie die Coronapandemie<br />

und den Ukraine­Krieg wohl vorerst kaum<br />

stoppen.“ Mit massivem Klimaschutz könnte<br />

dieser Zug allerdings noch etwas abgebremst<br />

werden. „Und mit schneller Anpassung an die<br />

inzwischen unvermeidlichen Folgen des Klimawandels<br />

können wir die Auswirkungen von<br />

Extremwetter etwas dämpfen“, resümierte<br />

Fuchs.<br />

Eine düstere Prognose gab auch Jochem<br />

Marotzke, Direktor des Max­Planck­Instituts<br />

für Meteorologie, ab: „Egal was wir als<br />

Menschheit tun: Wir werden das Ziel des Pariser<br />

Klimaabkommens, die Erderwärmung auf<br />

unter 1,5 Grad zu beschränken, innerhalb<br />

der nächsten Dekade vermutlich verfehlen.<br />

In allen Szenarien, die wir durchgerechnet<br />

haben, überschreiten wir 1,5 Grad in den<br />

2030er Jahren.“ Das bedeute allerdings längst<br />

nicht, dass in der Zukunft alles verloren sei.<br />

„Sollte es gelingen, sehr schnell die weltweiten<br />

Emissionen herunterfahren, würde sich<br />

das Klima ungefähr bei 1,6 Grad einpendeln<br />

und sich dann gegen Ende des 21. Jahrhunderts<br />

wieder etwas abkühlen“, prognostizierte<br />

Marotzke.<br />

Treibhausgase auf<br />

Null? – Das scheint<br />

wenig wahrscheinlich<br />

Allerdings müssten bis 2050 die Treibhausgasemissionen<br />

auf Netto­Null heruntergefahren<br />

werden. Das bedeute, dass Bereiche, in denen<br />

– wie beispielsweise in der Landwirtschaft<br />

– die Emissionen schwer herunterzufahren<br />

sind, kompensiert werden müssten, „indem<br />

aktiv CO2 aus der Atmosphäre herausgezogen<br />

wird“. Dafür seien 30 Jahre Zeit. Plausibel sei<br />

das aktuell allerdings nicht. „Es gibt in der<br />

Gesellschaft eine erhebliche Bewegung hin<br />

zur Dekarbonisierung – aber diese Bewegung<br />

ist nicht stark genug, nicht entschlossen<br />

genug und nicht schnell genug“, kritisierte<br />

Marotzke. Die Abkehr von fossilen Energien<br />

finde „noch gar nicht statt“. „Die Investitionen<br />

in fossile Energien sind heute noch viel<br />

größer als die in regenerative Energiequellen.“<br />

Trotzdem gebe es keine Alternative, als<br />

die Emissi onen drastisch herunterzufahren.<br />

Steigen die Temperaturen bis zum Ende des<br />

Jahrhunderts allerdings weiter, erlebt die<br />

Erde aus Sicht der Experten einen „Climate<br />

Backflip“, unter anderem mit einem 15 bis 25<br />

Meter höheren Meeresspiegel.<br />

Angesichts solcher Aussichten fühlt sich<br />

ARD­Meteorologe Sven Plöger nach eigener<br />

Aussage manchmal wie in einem Film, in dem<br />

die Welt vor dem Untergang bewahrt werden<br />

müsse. „Da schaut man auf den Fernseher und<br />

fragt sich, warum die Protagonisten im Film<br />

nicht begreifen, wo sie stehen. Und so schaue<br />

ich als studierter Meteorologe manchmal in<br />

die Welt und denke: Warum hören wir diese<br />

ganzen Dinge, die uns die Wissenschaft sagt,<br />

seit 30, 40 Jahren, schaffen aber nicht den<br />

Transfer zur Erkenntnis und zum Handeln?“<br />

Überall in der Welt sei die Veränderung zu<br />

sehen. „Wir können sie nicht nur in Daten<br />

erfassen, wir können sie spüren“, sagte Plöger<br />

zum Auftakt des Kongresses.<br />

Vorhersagen helfen gegen<br />

Engpässe im Stromnetz<br />

Im Anschluss schauten Experten auch auf die<br />

politische Situation. Schließlich wurde nach<br />

der Bundestagswahl noch einmal bekräftigt,<br />

Solar­ und Windkraft schnell auszubauen.<br />

„Aus unserer Sicht ist es eine gute Idee,<br />

beides intensiv auszubauen – weil Wind und<br />

Sonne zwei Energieträger sind, die sich im<br />

jährlichen Verlauf gut ergänzen“, betonte<br />

Frank Kaspar vom DWD, der zusammen mit<br />

seiner Kollegin Vanessa Funkel die Wetterund<br />

Klimaabhängigkeit des Energiesystems<br />

beleuchtete. Denn neben Windkraftanlagen<br />

und Solarzellen sind auch die Stromnetze auf<br />

genaue Wettervorhersagen angewiesen. „Dass<br />

das Energiesystem wetter­ und klimaabhängig<br />

ist, wissen wir alle“, sagte Funkel. Dabei sei<br />

nicht nur die Erzeugung von Energie wetterabhängig,<br />

sondern auch der Verbrauch. „Es<br />

ist ein ganzheitliches Problem.“ Wenn man<br />

den im Norden erzeugten Strom in den Süden<br />

transportieren muss, brauche man zuverlässige<br />

Prognosen, um die Verteilung zu planen.<br />

Schon heute bereiteten Nebel, Schnee, Wolken<br />

und Saharastaub bei der PV­Einspeisung<br />

Probleme. Bei der Windkraft seien Sturmfronten,<br />

Turbulenzen oder Wetterwechsel problematisch.<br />

„Das sind Wetterlagen, die gar nicht<br />

so leicht vorhersagbar sind“, sagte sie. „Wir<br />

haben allerdings viele Möglichkeiten, in der<br />

Wettervorhersage Anpassungen vorzunehmen<br />

– wir können an vielen Schrauben drehen und<br />

machen das auch.“<br />

28<br />

29


Text Robert Otto-Moog<br />

Fotos HS Flensburg,<br />

Shutterstock<br />

Der<br />

Regenmacher<br />

Mit Windkraftanlagen gegen Dürre<br />

Trockene Felder, leere Flüsse, brennende Wälder: Wassermangel ist ein<br />

weltweites Problem. Clemens Jauch will den Wasserkreislauf wieder in<br />

Schwung bringen. Der Professor am Fachbereich Energie und Biotechnologie<br />

der Hochschule Flensburg entwickelt Windkraftanlagen, die Wolken erzeugen<br />

sollen – und so Wasser von der Küste ins Landesinnere schicken.<br />

Waldbrand in Nordkalifornien.<br />

30<br />

31


Herr Jauch, normalerweise beschäftigen<br />

Sie sich damit, wie Windstrom ins Netz<br />

gelangt. Jetzt aber wollen Sie es regnen<br />

lassen. Wie sind Sie auf die Idee gekommen,<br />

mit Windkraftanlagen Niederschlag<br />

zu erzeugen?<br />

Die Auslöser waren für mich die Buschbrände<br />

in Australien 2<strong>01</strong>9 und 2020 sowie die Waldbrände<br />

an der Westküste der USA im Sommer<br />

2020. Da ist einfach noch einmal sehr offensichtlich<br />

geworden, was eigentlich längst<br />

bekannt ist: dass wir ein massives Problem<br />

mit dem Klima haben und ein ganz massives<br />

Problem mit Wetterextremen. Und eines<br />

dieser Extreme ist der Mangel an Süßwasser.<br />

Dabei braucht es noch nicht einmal diese großen<br />

Beispiele. Das Thema Wasserknappheit<br />

betrifft wirklich jeden – auch die Landwirte<br />

hier in Schleswig-Holstein, das eigentlich<br />

als relativ niederschlagsreiche Region gilt,<br />

haben damit zu kämpfen, dass der Boden in<br />

zwei Metern Tiefe noch viel zu trocken ist –<br />

eine Spätfolge des extrem trockenen Sommers<br />

2<strong>01</strong>8. Das Problem ist überall offensichtlich.<br />

Also habe ich mir Gedanken gemacht, was<br />

man tun könnte.<br />

„Dass wir ein<br />

Problem mit<br />

Wassermangel haben,<br />

ist offensichtlich.“<br />

Und trotzdem scheint es nicht unbedingt<br />

naheliegend, sich in Ihrem Fachbereich<br />

damit zu befassen, das Wetter zu beeinflussen<br />

…<br />

Ja, im Prinzip stimmt das. Ich bin Experte für<br />

Windenergietechnik. Allerdings gibt es aber<br />

seit jeher sehr viele Überschneidungen mit<br />

verschiedenen Grunddisziplinen. Eine Windenergieanlage<br />

ist zwar ein Kraftwerk für elektrischen<br />

Strom, sie interagiert aber gleichzeitig<br />

mit der Atmosphäre. Da existieren schon<br />

sehr viele Schnittmengen. Es liegt deshalb<br />

gar nicht fern, dass man auch mal über den<br />

eigenen Tellerrand hinaus schaut. Dass wir ein<br />

Problem mit Wassermangel haben, ist offensichtlich.<br />

Für mich kam dann noch das Wissen<br />

hinzu, dass eine Windenergieanlage riesiges<br />

Potenzial besitzt, Wasser in die Atmosphäre<br />

zu bringen.<br />

Inwiefern?<br />

Wasser muss verdunsten, um in die Atmosphäre<br />

zu kommen. Temperatur, Luftfeuchtigkeit<br />

und Windgeschwindigkeit haben<br />

einen massiven Einfluss darauf, wie schnell<br />

Verdunstung stattfinden kann. Wind überstreicht<br />

normalerweise horizontale Flächen<br />

– also Gewässer – auf der Erdoberfläche. Die<br />

Rotorblätter einer Windenergieanlage bilden<br />

hingegen eine senkrechte Fläche, durch<br />

die der Wind hindurchweht. Da hat der Wind<br />

viel mehr Möglichkeiten, Wasser in die Atmosphäre<br />

zu blasen. Hinzu kommt, dass der<br />

Rotor sich dreht und eine Art Fahrtwind entsteht.<br />

An der Spitze von so einem Rotorblatt<br />

gibt es üblicherweise Windgeschwindigkeiten<br />

von weit über 200 Kilometer pro Stunde. Das<br />

ist irrwitzig hoch – und wahnsinnig vorteilhaft<br />

für die Verdunstung von Wasser.<br />

Trotzdem müssen die Windräder das Wasser<br />

von irgendwo her nehmen. Produziert das<br />

nicht noch mehr Wassermangel?<br />

Der ideale Standort für die Anlagen sind<br />

Flussmündungen, wo sich Süßwasser in Kürze<br />

mit Salzwasser vermischt und damit für uns<br />

unbrauchbar wird. Dort wird niemandem das<br />

Wasser weggenommen. Denn hier geht es<br />

nicht nur um ein paar Liter, sondern um viele<br />

Kubikmeter – pro Sekunde. Auf gar keinen Fall<br />

dürfte Grundwasser angezapft werden. Und<br />

wichtig ist die Windrichtung, denn die Wolken<br />

sollen schließlich ins Landesinnere getragen<br />

werden und nicht aufs Meer.<br />

Wie gut werden Sie den Ort des Niederschlags<br />

steuern können?<br />

Regen gibt es erst, wenn die Luft vollständig<br />

mit Wasserdampf gesättigt ist. Wenn wir mit<br />

den Windenergieanlagen also für eine Luftfeuchtigkeit<br />

von 100 Prozent sorgen, dann<br />

regnet es potenziell direkt hinter dem Windpark.<br />

Wenn das Wasser in der Atmosphäre<br />

jedoch mit dem Wind über weitere Distanzen<br />

transportiert werden soll, dann wollen<br />

wir eigentlich eher 90 Prozent erreichen.<br />

Der ausschlaggebende Punkt ist, wann wir<br />

eine Verringerung der Lufttemperatur haben,<br />

was ebenfalls für eine Sättigung und damit<br />

für Regen sorgen würde. Wo das Wasser runterkommt,<br />

lässt sich dann zwar anhand von<br />

Tageszeiten, Windgeschwindigkeiten und<br />

Windrichtung oder auch Bergen abschätzen<br />

– punktgenau wird sich der Niederschlagsort<br />

aber nicht bestimmen lassen. Und das ist ein<br />

großer Vorteil: Denn diese Art der Bewässerung<br />

über die Atmosphäre wäre vollkommen<br />

diskriminierungsfrei. Niemand würde bewusst<br />

bevorzugt oder benachteiligt werden, was<br />

bedeutet, dass die Bewässerung sowohl für<br />

Menschen als auch für das Ökosystem von<br />

Nutzen wäre.<br />

Sie wollen das Wasser mit Pumpen zu den<br />

Rotorblättern schaffen. Das verbraucht<br />

Energie. Werden Ihre Windräder überhaupt<br />

noch Strom für die Netze erzeugen?<br />

Der Energiebedarf für den Transport des Wassers<br />

in die Rotorblätter hängt von der Windgeschwindigkeit<br />

und der benötigten Wassermenge<br />

ab. Je stärker der Wind weht, umso<br />

mehr Leistung kann eine Windenergieanlage<br />

produzieren. Allerdings muss sie auch umso<br />

mehr Wasser emittieren, da die zu befeuchtende<br />

Luft ja auch immer schneller vorbeizieht.<br />

Ob eine Windenergieanlage also noch<br />

elektrische Leistung ins Netz einspeisen<br />

kann, hängt von den vorherrschenden Gegebenheiten<br />

ab. Man darf aber auch die Windrichtung<br />

nicht außer Acht lassen. Schließlich<br />

soll das Wasser ja in eine bestimmte Richtung<br />

transportiert werden. Immer dann, wenn die<br />

vorherrschende Windrichtung gar nicht zu<br />

dem zu befeuchtenden Gebiet weht, werden<br />

die Windenergieanlagen überhaupt nicht im<br />

Bewässerungsmodus betrieben. Das heißt,<br />

sie werden dann als ganz normale Windenergieanlagen<br />

Strom produzieren, die sie in das<br />

Netz einspeisen.<br />

Wenn es wenig Strom gibt und keine<br />

gezielte Bewässerung, scheinen Ihre Anlagen<br />

auf den ersten Blick wenig lukrativ zu<br />

sein. Wer soll einmal die Windräder bezahlen?<br />

Das stimmt nicht ganz. Es gibt drei Betriebsmodi<br />

für solche Anlagen, zwei davon haben<br />

eine direkte Auswirkung auf die unmittelbare<br />

Umgebung. Zum einen können die Anlagen<br />

zur direkten Bewässerung von Böden hinter<br />

den Anlagen genutzt werden, wenn die Luft<br />

nämlich sofort gesättigt wird. Dann schicken<br />

die Rotorblätter die Tropfen nur wenige<br />

hundert Meter weit. Zum anderen sorgen die<br />

Anlagen für lokale Abkühlung. Denn Verdunstung<br />

führt als Nebeneffekt mit sich, dass der<br />

Luft Energie – also Wärme – entzogen wird.<br />

Dadurch wird Verdunstung in der Umgebung<br />

reduziert. Der dritte Modus ist der vorhin<br />

beschriebene Transport von Wasser über weite<br />

Strecken. Aber es stimmt: Der Bau der Anlagen<br />

wird nicht irgendwelchen klassischen<br />

Marktmodellen gehorchen, wie wir sie derzeit<br />

kennen. Strom kann man in Kilowattstunden<br />

abrechnen. Aber wer vergütet es, wenn ich<br />

mit einer Gießkanne Wasser verteile? Das ist<br />

eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ich<br />

denke also, dass eher Staaten solche Anlagen<br />

kaufen könnten.<br />

Wie weit ist Ihre Idee denn schon fortgeschritten?<br />

2020 hatte ich die Idee und in der Zwischenzeit<br />

habe ich zusammen mit dem Meteorologen<br />

Prof. Dr. Stefan Emeis eine erste Studie<br />

durchgeführt, in der wir den Wasserbedarf<br />

und den Leistungsbedarf für ein konkretes<br />

Beispielszenario berechnet haben. Außerdem<br />

ist vor einigen Monaten eine erste Masterarbeit<br />

zu einem Teilaspekt fertig geworden.<br />

Dabei ging es darum, welche Komponenten<br />

gebraucht werden: Was für Pumpen brauchen<br />

wir? Welche Düsen und wie viele davon? Welchen<br />

Leitungsquerschnitt? Welche zusätzliche<br />

Technik? Nach und nach werden immer mehr<br />

Arbeiten kommen, die sich mit bestimmten<br />

Bereichen beschäftigen. Eine derzeit laufende<br />

Arbeit beschäftigt sich damit, wie das austretende<br />

Wasser die Aerodynamik der Rotorblätter<br />

verbessern und die Schallemissionen der<br />

Rotorblätter verringern könnte. Die Anlagen<br />

wären dadurch also ganz nebenbei effektiver<br />

und leiser. Es gibt also jede Menge Themen,<br />

die wir gerade angehen. Nach den Masterarbeiten<br />

kommen dann Promotionen, wo sich<br />

Doktoranden drei oder vier Jahre eingehend<br />

mit dem Thema beschäftigen und weitere<br />

Detailfragen klären. Irgendwann sind wir<br />

dann hoffentlich so weit, dass eine Firma ein<br />

Forschungsprojekt starten will.<br />

Wann werden wir die ersten Ihrer Windkraftanlagen<br />

sehen?<br />

Da wage ich keine Prognose. Eigentlich müssten<br />

wir die Technik erst einmal im Kleinen<br />

entwickeln – das ist der klassische Weg. Die<br />

Vorteile bei der Verdunstung kommen allerdings<br />

erst bei großen Anlagen zum Tragen.<br />

Aber so weit sind wir ohnehin noch gar nicht.<br />

Allerdings bin ich mir sicher, dass es irgendwann<br />

Windenergieanlagen geben wird, die<br />

die Atmosphäre beeinflussen. Ich weiß aus<br />

meinen Berechnungen, dass es funktionieren<br />

wird. Und wir haben keine Alternative. Die<br />

klassische Bewässerung ist teuer, energieintensiv<br />

und diskriminierend. Nimmt jemand<br />

Wasser aus dem Oberlauf eines Flusses, um es<br />

auf sein Feld zu bringen, dann fehlt es flussabwärts.<br />

Das Wasser aus den Windenergieanlagen<br />

wird ohne elektrischen Energieaufwand<br />

landeinwärts transportiert – und es wurde<br />

niemandem weggenommen.<br />

32<br />

33


Weltwirtschaft im<br />

Krisenmodus<br />

Wie Pandemie und Konflikte die Handelswege beeinflussen<br />

Text Robert Otto-Moog<br />

Fotos IfW<br />

Die Mitarbeiter des Kieler Instituts für Weltwirtschaft haben das große<br />

Ganze im Blick. Aktuell beschäftigen sie sich vor allem mit Krisen.<br />

Einer von ihnen ist Vincent Stamer. Er beobachtet internationale<br />

Handelsströme – und was Krieg und Pandemie mit ihnen machen.<br />

Die Weltwirtschaft kommt nicht zur Ruhe:<br />

Corona-Pandemie, Container-Knappheit, Rohstoffmangel,<br />

explodierende Kosten – und jetzt<br />

der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine.<br />

Kein Wunder, dass sich auch das Kieler Institut<br />

für Weltwirtschaft (IfW) aktuell vor allem<br />

mit Krisen beschäftigt. „Das ist eine unheimlich<br />

wichtige Aufgabe, zu beobachten, was<br />

jetzt gerade passiert und zu den relevantesten<br />

Themen Daten und Analysen bereitzustellen“,<br />

sagt Vincent Stamer. Der 30-Jährige ist wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter am Institut und<br />

schreibt an seiner Dissertation. Er beschäftigt<br />

sich viel mit Containerschifffahrt, etwa der<br />

Havarie der „Ever Given“ im Suezkanal, davor<br />

aber auch mit dem Airbus-Boeing-Konflikt<br />

und mit dem Brexit. Aktuell ist der Krieg in<br />

der Ukraine hinzugekommen. Wirtschaftsforschung<br />

als Krisenforschung eben.<br />

Stamer ist Handelsökonom und inzwischen<br />

gefragter Experte. Studiert hat er an der<br />

Brown University im US-Bundesstaat Rhode<br />

Island, später an der Ludwig-Maximilians-Universität<br />

München. Zwischendurch arbeitete<br />

der 30-Jährige für JPMorgan Chase und die<br />

Boston Consulting Group. In München war<br />

Stamer am ifo Institut für Wirtschaftsforschung,<br />

wo er sich unter Gabriel Felbermayr<br />

auf Handelspolitik spezialisierte. Als Felbermayr<br />

nach Kiel ans IfW wechselte, um dessen<br />

Präsident zu werden, nahm er Stamer<br />

mit, der hier seine Promotion begann. Felbermayr<br />

ist inzwischen weiter gezogen, Stamer<br />

blieb. „Wenn man mich am Anfang des<br />

Masters in München gefragt hätte, ob ich in<br />

die Forschung will, dann hätte ich auf keinen<br />

Fall gesagt“, erinnert er sich. „Aber mir hat<br />

die empirische, sehr datengetriebene Arbeit<br />

unheimlich viel Spaß gemacht.“<br />

Forscher sorgen für<br />

Analysen und Prognosen<br />

Aktuell beschäftigt sich Stamer auch mit dem<br />

Krieg in der Ukraine und dessen Auswirkungen<br />

auf die Weltwirtschaft. Schon Wochen bevor<br />

bekannt wurde, dass der Handel zwischen<br />

Russland und Deutschland massiv eingebrochen<br />

ist, hatte Stamer auf seinem Schreibtisch<br />

Daten, die genau das voraussagten.<br />

„Schon Mitte März war der Umschlag an den<br />

drei größten Containerhäfen Russlands um 50<br />

Prozent eingebrochen.“ Es sei spannend zu<br />

sehen, „dass die eigenen Daten funktionieren“<br />

und dass die Wissenschaft mit Analysen<br />

und Prognosen einen Beitrag leisten kann.<br />

Der Konflikt in der Ukraine und die dadurch<br />

für jeden sichtbare Abhängigkeit Deutschlands<br />

von russischem Gas hat eine Debatte<br />

um Handelsbeziehungen mit autokratischen<br />

Staaten aufgeworfen. Jahrelang hat Deutschland<br />

Russland durch Handelsbeziehungen<br />

finanziell gestärkt – und kommt heute nicht<br />

ohne russisches Gas aus. Um die Lieferungen<br />

aus Russland zu kappen, verhandelte Bundeswirtschaftsminister<br />

Robert Habeck (Grüne)<br />

mit dem umstrittenen Golfstaat Katar – und<br />

geriet dafür heftig in die Kritik. „Der Glaube<br />

ist, dass wir in Deutschland immer alles richtig<br />

machen und nur, wenn wir in Ausnahmesituationen<br />

nach Katar reisen und Gas kaufen,<br />

dann machen wir das Geschäft mit dem<br />

Teufel, mit dem Beelzebub“, rechtfertigte sich<br />

der Vizekanzler in der ZDF-Sendung Markus<br />

Lanz. Und er fügte hinzu: „Wenn wir unseren<br />

Alltag leben, wenn wir unsere Autos tanken,<br />

wenn wir unser Hack aufs Mettbrötchen draufschmieren,<br />

immer sind wir auf der Seite der<br />

Guten? Das können nur Leute glauben, die<br />

noch nie im Schweinestall waren.“<br />

Ethische<br />

Handelsbeziehungen<br />

sind möglich –<br />

zumindest langfristig<br />

Dass es innerhalb kürzester Zeit möglich sein<br />

wird, nur noch mit „guten“ Staaten zu handeln,<br />

glaubt auch Stamer nicht. Auf lange<br />

Sicht sehe das aber anders aus. „Mittel- und<br />

langfristig sind die Wirtschaftszweige viel flexibler<br />

und adaptiver, als wir weithin denken“,<br />

prognostiziert der Wissenschaftler. „Man kann<br />

seine Handelspartner durchaus dazu bringen,<br />

zum Beispiel unter ethischen Voraussetzungen<br />

Produkte herzustellen. Wenn wir einen starken<br />

Handel unter Demokratien haben, dann<br />

besteht auch die Möglichkeit, autokratisch<br />

regierte Staaten zum Umdenken zu bringen.“<br />

Hätte Deutschland schon heute eine Alternative<br />

zu russischem Gas, „würde sich Wladimir<br />

Putin sicherlich zweimal überlegen, damit zu<br />

drohen, den Gashahn abzudrehen“. Trotzdem:<br />

Zu glauben, dass autokratische Staaten durch<br />

Handel automatisch zu lupenreinen Demokratien<br />

würden, wäre falsch. „Das sieht man eben<br />

an Russland“, sagt Stamer. „Aber wir wissen<br />

auch nicht, wie die Welt aussähe, wenn wir<br />

nicht mit Autokratien handeln würden. Vielleicht<br />

hätte Putin die Ukraine schon 2<strong>01</strong>4<br />

komplett angegriffen statt auf der Krim Halt<br />

zu machen.“<br />

Aus Stamers Sicht sind die aktuellen Krisen<br />

und Konflikte Teile einer Gesamtentwicklung.<br />

„Die Globalisierung, die in den 90er und<br />

frühen 2000er Jahren noch ziemlich kräftig<br />

vorangeschritten ist, hat seit der Finanzkrise<br />

an Fahrt verloren“, stellt er fest. „Das sieht<br />

man zum Beispiel an den Freihandelsabkommen<br />

wie TTIP, das zwischen Europa und den<br />

USA nie zustande gekommen ist – vor allem<br />

wegen des gesellschaftlichen Widerstands.“<br />

Hinzu komme der Makrotrend, dass alles teurer<br />

wird. „Die Transportkosten steigen, Ressourcen<br />

werden knapp. Das führt vor allem zur<br />

Inflation.“ Die Krisen machten uns bewusst,<br />

wie abhängig wir vom internationalen Handel<br />

seien. „Aber auch, wie stark wir eigentlich in<br />

der Vergangenheit vom Freihandel profitiert<br />

haben“, betont der Kieler Wissenschaftler.<br />

Stamer sieht die<br />

Weltwirtschaft am<br />

Scheideweg<br />

Hinzu komme der Trend zur Nationalisierung.<br />

Die hohe Zustimmung für Marine le Pen in<br />

Frankreich, die Präsidentschaft Donald Trumps<br />

und die in manchen Bundesländern große<br />

Unterstützung für die AfD seien „Symptome“<br />

von wirtschaftlicher Abgehängtheit – und für<br />

die wird oft die Globalisierung verantwortlich<br />

gemacht. „Die Rufe nach Nationalisierung<br />

von Wirtschaft werden immer stärker“, diagnostiziert<br />

Stamer, der die Welt an „einem<br />

Scheideweg“ sieht. „Entweder stärken wir den<br />

Freihandel und sorgen dafür, dass möglichst<br />

alle Menschen davon profitieren, etwa durch<br />

die Verteilung des Profits. Oder wir machen<br />

weiter wie bisher. Dann sind Deglobalisierung<br />

und Nationalisierung von Wirtschaft kaum<br />

noch aufzuhalten.“<br />

Vincent Stamer<br />

34<br />

35


Volle<br />

Kraft<br />

voraus<br />

Wie Wind die Schifffahrt nachhaltiger machen kann<br />

Die internationale Schifffahrt ist für 2,5 Prozent des<br />

weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Das ist<br />

mehr, als die gesamte Bundesrepublik Deutschland<br />

ausstößt. Um das zu ändern, könnten Schiffe schon<br />

bald wieder mit Windkraft unterwegs sein.<br />

Text Robert Otto-Moog<br />

Fotos FH Kiel Kaja Grope /<br />

Joachim Kläschen<br />

Tausende von Jahren beherrschten Segelschiffe<br />

die Meere, machten Überseehandel<br />

möglich, entschieden Kriege und trugen<br />

Entdecker in die entlegensten Gegenden der<br />

Welt. Und irgendwann dann war es vorbei.<br />

So wie Autos die Kutschen von den Straßen<br />

drängten, ersetzten erst Dampfmaschinen,<br />

dann Dieselmotoren die Segel – zumindest in<br />

der kommerziellen Schifffahrt. Segler wie Kai<br />

Graf nutzen allerdings weiterhin den Wind,<br />

um übers Meer zu gleiten. „Segeln ist für mich<br />

angewandte Strömungsmechanik“, sagt Graf.<br />

Und das nicht nur im Familienurlaub. Denn<br />

Graf ist Professor an der Fachhochschule Kiel,<br />

sein Spezialgebiet ist die Strömungsmechanik<br />

von Segelyachten. Das, was er für Schiffbauer<br />

in seinem Strömungskanal herausfindet, wird<br />

oft nur wenige Monate später bei den größten<br />

Segelregatten der Welt angewendet. „Das hat<br />

mit meinem Hobby-Segeln dann nicht mehr<br />

viel zu tun“, sagt Graf.<br />

Das Grundprinzip aber bleibt gleich: Der Wind<br />

treibt das Schiff an – entweder direkt oder<br />

indirekt, indem sich der Segler den am Segel<br />

entstehenden Unterdruck zu Nutze macht. An<br />

der Fachhochschule Kiel gibt es einen sogenannten<br />

Twist-Flow-Windkanal. Der ist genau<br />

auf die Forschung an Segeln abgestimmt. „Am<br />

Boden spüren wir ein laues Lüftchen, wenn<br />

wir uns nach oben bewegen, wird der Wind<br />

immer stärker – und das spielt für Segel eine<br />

große Rolle“, erklärt Graf. Im Windkanal der<br />

FH wird genau das berücksichtigt.<br />

Längst gibt es mehr<br />

als nur Segel<br />

Graf und seine Kollegen kümmern sich vornehmlich<br />

um den Leistungssport. Doch im<br />

Twist-Flow-Windkanal werden auch andere<br />

Segel – oder ihre Artverwandten – getestet.<br />

Immerhin sind Segel längst nicht mehr die<br />

einzigen Schiffsantriebe, die sich den Wind<br />

nutzbar machen. So lief bereits in den 1920er<br />

Jahren das erste von sogenannten Flettner-Rotoren<br />

angetriebene Schiff in Kiel vom<br />

Stapel. Die Rotoren gleichen großen rotierenden<br />

Säulen, die durch den Wind eine Kraft<br />

quer zur Anströmung erzeugen. Heute nutzt<br />

etwa der Windkraftanlagenhersteller Enercon<br />

ein mit Flettner-Rotoren ausgestattetes<br />

Frachtschiff.<br />

Zwischen Rostock und dem dänischen Gedser<br />

fährt seit Kurzem die Scandlines-Fähre<br />

„Copenhagen“, bei der ein Rotor die Emissionen<br />

um vier bis fünf Prozent verringern<br />

soll. Die 2<strong>01</strong>1 aufgelöste Beluga-Reederei<br />

experimentierte zudem mit zwölf mal sieben<br />

Meter großen Lenkdrachen vor Frachtschiffen.<br />

„In unserer Hochschule spielt<br />

der maritime Umweltschutz eine<br />

große Rolle. Und dazu gehört<br />

natürlich auch das Problem<br />

der fossilen Brennstoffe.“<br />

Prof. Dr. Kai Graf<br />

Heute wird das System der Firma SkySails bei<br />

großen Yachten genutzt.<br />

„Es hat sich noch nicht das eine System<br />

durchgesetzt“, sagt Graf. „Es gibt weltweit<br />

einige Akteure, die Rotoren nutzen. Flugdrachen<br />

sind noch immer als Prototypen für<br />

Schiffsantriebe in der Erprobung.“ Auch sogenannten<br />

„Wing-Sails“ – Flugzeugflügeln nicht<br />

unähnliche vertikale Segel – werde viel zugetraut,<br />

sagt Graf. So erprobt der französische<br />

Reifenhersteller Michelin aufblasbare Segel ab<br />

Ende <strong>2022</strong> in der Praxis. Ein Frachtschiff der<br />

französischen Compagnie Maritime Nantaise<br />

soll dann zweimal in der Woche mit Unterstützung<br />

des Windes zwischen Großbritannien<br />

und Spanien verkehren.<br />

Das klassische Segel dürfte in der kommerziellen<br />

Schifffahrt allerdings wenig Bedeutung<br />

haben, prognostiziert Graf: zu wartungsintensiv,<br />

zu platzraubend, zu aufwändig zu bedienen.<br />

Lediglich für Nischenprodukte werden<br />

alte Segler heute noch benutzt. Das Hamburger<br />

Unternehmen Timbercoast etwa transportiert<br />

Kaffee, Kakao und Rum mit dem mehr als<br />

100 Jahre alten Gaffelschoner Avontuur aus<br />

Mittelamerika nach Deutschland. Ähnliche<br />

Projekte gibt es auch in anderen europäischen<br />

Ländern. In Kanada baut das Unternehmen<br />

Sailcargo sogar einen neuen Drei-Mast-Toppsegelschoner,<br />

dessen Elektro-Motor von Solarund<br />

Windenergie gefüttert werden soll. Meist<br />

sind die Waren eher exklusiv: Kaffee, Kakao,<br />

Kurkuma, Vanille. Container können nicht<br />

transportiert werden.<br />

Wasserstoff ist nur<br />

ein Übergang<br />

Dass künftig auf den Weltmeeren wieder mehr<br />

gesegelt wird, davon ist Graf trotzdem fest<br />

überzeugt. Die Ölpreise steigen, das Weltklima<br />

wird durch die schwimmenden Container-Giganten<br />

stark belastet. Die gesamte Schifffahrt<br />

ist für rund 2,5 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen<br />

verantwortlich. „Es macht<br />

einfach Sinn, die Windenergie direkt zu nutzen“,<br />

betont der Professor. Das sei auch weit<br />

sinnvoller, als mit Windenergie Wasserstoff zu<br />

produzieren, mit dem dann Strom für einen<br />

Elektromotor erzeugt wird, der dann wiederum<br />

das Schiff antreibt. So wie es seit Kurzem<br />

bei der „REM Energy“, einem Spezialschiff<br />

für Offshore-Windparks in der Nordsee praktiziert<br />

wird. „Da geht viel Energie verloren“,<br />

sagt Graf. Schon heute sind Systeme in der<br />

36<br />

37


Pioniere der Energiewende<br />

Ein Versuchsaufbau am Windkanal der FH Kiel<br />

Entwicklung, teilweise in der Prototyp-Erprobung,<br />

mit denen Frachter mit Unterstützung<br />

des Windes rund 20 Prozent Treibstoff einsparen<br />

können – mit Luft nach oben.<br />

Einen Haken gibt es allerdings bei allen Systemen:<br />

Sie benötigen Platz an Deck. Und genau<br />

dort stehen bei den größten Frachtern teils<br />

Tausende Container. „Wir werden die Systeme<br />

also zuerst bei den Schiffen sehen, die ihre<br />

Ladung unter Deck transportieren“, vermutet<br />

Graf. So plant die schwedische Reederei Wallenius<br />

Marine aktuell ein Autotransportschiff<br />

namens „Oceanbird“, bei dem fünf 80 Meter<br />

hohe Flügelsegel für den Antrieb sorgen sollen<br />

– die Autos stehen allesamt unter Deck.<br />

Ein Motor wird dann nur noch zum Manövrieren<br />

im Hafen eingesetzt. Dass solche Schiffe<br />

schon bald flächendeckend unterwegs sind,<br />

glaubt Graf aber nicht. Dafür müsste erst ein<br />

komplettes Umdenken stattfinden. „Am Ende<br />

wird das alles zu neuen Schiffstypen führen<br />

müssen – und damit auch zu ganz anderen<br />

Transportketten.“<br />

Dass sich etwas tut, dafür sorgt auch die<br />

FH Kiel. Hier werden zwar klassische Schiffbauingenieure<br />

ausgebildet; laut Graf kommen<br />

sie aber auch in Kontakt mit Windantrieben –<br />

sobald die Kernkompetenzen vorhanden sind.<br />

„In unserer Hochschule spielt der maritime<br />

Umweltschutz eine große Rolle. Und dazu<br />

gehört natürlich auch das Problem der fossilen<br />

Brennstoffe“, sagt er. Das werde irgendwann<br />

auch dazu führen, dass sich Studierende<br />

noch mehr mit alternativen Antrieben auseinandersetzen,<br />

ist sich der Kieler Professor für<br />

Strömungsmechanik sicher. Und schon heute<br />

bietet sein Feld große Vorteile. Denn das,<br />

was Graf analysiert, kann er oft schon wenige<br />

Monate später in der Realität beobachten.<br />

„Wer Bedarf an Windkanaluntersuchungen von<br />

Segelantrieben hat, kommt zu uns. Unsere<br />

Ergebnisse werden dann praktisch umgesetzt“,<br />

sagt er. „Wir sehen, was aus unserer<br />

Arbeit geworden ist – das ist der besondere<br />

Reiz des Ingenieurberufs und spannend zu<br />

verfolgen.“<br />

Mit seinen zahlreichen Windparks ist Schleswig-<br />

Holstein prädestiniert für Herstellung von grünem<br />

Wasserstoff. Forscher der FH Westküste und der HS<br />

Flensburg erproben seinen Einsatz in Pilotprojekten.<br />

IMPRESSUM<br />

ME2BE CAMPUS IST EIN PRODUKT DER ME2BE<br />

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PROJEKTLEITUNG<br />

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LEKTORAT<br />

Erhard Mich<br />

ART DIREKTION<br />

Katharina Grzeca – grafik@me2be.de<br />

TEXT<br />

Kristina Krijom, Volker Kühn, Robert Otto-Moog,<br />

Katharina Grzeca, Anja Nacken, Sophie Blady, Stella<br />

Kennedy, Lina Kerzmann, Elisabeth Witten, Marc<br />

Asmuß, ME2BE, Lutz Timm, Christian Dorbandt,<br />

Hanns-J. Neubert<br />

FOTO<br />

Sebastian Weimar, Apo Genç, Christina Kloodt, Stella<br />

Kennedy, Shutterstock, Thyge Weller CC BY-SA, German<br />

LNG Terminal GmbH, Hamburger Energiewerke,<br />

Marcel Schedat, HS Flensburg, Klimapakt Flensburg,<br />

DWD Rüdiger Manig, Ulf Köhler, Klaus Adler, Hans<br />

Richard Henkes, IfW, Boggus/Freepik, Penguin, Ilze<br />

Kitshoff / Netflix, Warner Bros., Magellan Verlag,<br />

Delius Klasing, SWR, HUSUM WIND /Ulrich Mertens,<br />

LNK, DOTI Mathias Ibeler, Söne Dwenger, Patrick<br />

Kraft, Anna Leste-Matzen, UKSH Akademie, Ruprecht<br />

Stempell, FH Kiel Kaja Grope / Joachim Kläschen<br />

ILLUSTRATION<br />

Ibou Gueye, Shutterstock<br />

COVER<br />

Ibou Gueye<br />

DRUCKEREI<br />

VDD AG, 09603 Großschirna<br />

1. Auflage<br />

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© <strong>2022</strong> für alle Beiträge der ME2BE MEDIEN GmbH<br />

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Nachdruck, Aufnahme in Onlinediensten und Internet<br />

sowie Vervielfältigung auf Datenträgern jeglicher Art<br />

– auch auszugsweise – nur nach vorheriger schriftlicher<br />

Zustimmung des Verlages. Der Verlag haftet<br />

nicht für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos<br />

und Videos und übernimmt keinerlei Haftung für die<br />

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auf Anfrage.<br />

1<br />

2,2<br />

H<br />

Wasserstoff<br />

1,0079<br />

0,09<br />

Wenn Ökonomen die überragende Bedeutung eines Rohstoffs betonen<br />

wollen, erklären sie ihn gern zum „neuen Öl“. Mal sind es Daten, die<br />

als „Öl des 21. Jahrhunderts“ die Digitalisierung ankurbeln, mal ist<br />

es Lithium für Autobatterien. Wenn in diesen Tagen vom neuen Öl<br />

die Rede ist, dann meist in Zusammenhang mit grünem Wasserstoff.<br />

Er soll die Nachfolge des Erdöls antreten, das seit mehr als einem<br />

Jahrhundert die Weltwirtschaft anheizt, aber eben auch das Klima.<br />

38<br />

39


„Viele kennen CO2 nur als Treibhausgas.<br />

Künftig werden wir es immer stärker<br />

auch als Rohstoff für klimaneutrale<br />

Treibstoffe brauchen.“<br />

chert und steht so zur Nutzung für weitere<br />

Prozesse in der Raffinerie zur Verfügung, aber<br />

auch zur Beimischung im regionalen Erdgasnetz.<br />

Die entstehende Abwärme des Elektrolyseurs<br />

soll in einem Wärmenetz genutzt werden,<br />

um Gewerbebetriebe zu versorgen.<br />

Text Volker Kühn<br />

Fotos HS, Flensburg, Christina<br />

Kloodt<br />

Grafik Boggus/Freepik<br />

In der Theorie sind die Einsatzmöglichkeiten<br />

fast grenzenlos. Wasserstoff könnte<br />

Autos, Züge, Flugzeuge und Containerschiffe<br />

antreiben, er könnte die Hochöfen von Stahlfabriken<br />

befeuern, Wohnungen heizen und in<br />

Gaskraftwerken zur Stromerzeugung verbrannt<br />

werden. Und da er grün ist, wird nicht eine<br />

einzige Tonne CO2 frei.<br />

Ist Wasserstoff also das<br />

Zauberelixier, das die<br />

Menschheit von ihren<br />

Treibhausgasen befreit?<br />

„Da wäre ich vorsichtig“, sagt Oliver Opel,<br />

Professor für die energetische Optimierung<br />

von Gebäuden an der FH Westküste. „Wasserstoff<br />

kann uns in vielen Bereichen weiterhelfen,<br />

aber nicht in jedem Anwendungsfall ist<br />

der Einsatz sinnvoll“, so Opel, der zugleich<br />

Sprecher des Kompetenzzentrums Erneuerbare<br />

Energien und Klimaschutz Schleswig­Holstein<br />

(EEK.SH) ist.<br />

Der Grund für seine Skepsis ist, dass grüner<br />

Wasserstoff kein Rohstoff ist, wie viele glauben,<br />

sondern ein aufwändig hergestelltes<br />

Gas. Es lässt sich nicht wie Öl und Erdgas<br />

aus der Erde pumpen, vielmehr ist es nur ein<br />

Energieträger, der Ökostrom in Form von Gas<br />

speichert. Das Problem: Zur Erzeugung von<br />

Wasserstoff werden große Mengen Ökostrom<br />

gebraucht, und in diesem Produktionsprozess,<br />

Elektrolyse genannt, geht viel Energie verloren.<br />

Wo immer möglich, ist es daher effizienter,<br />

Prozesse direkt zu elektrifizieren, als<br />

den Umweg über das Gas zu gehen. E­Autos<br />

etwa nutzen die eingesetzte Energie um ein<br />

Vielfaches besser aus als Brennstoffzellenfahrzeuge,<br />

in denen Wasserstoff umgesetzt<br />

wird. Je mehr grüner Wasserstoff in Industrie,<br />

Verkehr und Gebäuden zum Einsatz kommen<br />

soll, desto mehr Windräder und Solarparks<br />

braucht man auch, um ihn herzustellen. „Von<br />

der Frage, wie stark wir auf Wasserstoff setzen,<br />

hängt ab, ob wir künftig in Deutschland<br />

einen Strombedarf von eher 1000 oder 3000<br />

Terawattstunden haben“, sagt Opel. „Letztlich<br />

hängt die Nutzung von der Verfügbarkeit<br />

erneuerbaren Stroms ab.“<br />

Doch auch wenn der Einsatz von grünem Wasserstoff<br />

Grenzen hat – in vielen Bereichen ist<br />

er unverzichtbar, wenn die Welt klimaneutral<br />

werden soll. Die chemische Industrie etwa<br />

benötigt ihn, um daraus weitere Produkte<br />

herzustellen. Bislang verwendet sie dazu fast<br />

ausschließlich sogenannten grauen Wasserstoff.<br />

Der wird aus fossilem Erdgas erzeugt,<br />

wobei ebenso viel CO2 in die Atmosphäre<br />

gelangt wie bei der direkten Verbrennung des<br />

Gases. Grüner Wasserstoff wäre die saubere<br />

Alternative.<br />

Sinnvoll ist der Einsatz von grünem Wasserstoff<br />

dagegen, wenn zur Elektrolyse Stromüberschüsse<br />

aus erneuerbaren Quellen genutzt<br />

werden. Gerade in Schleswig­Holstein mit seinen<br />

vielen Windrädern müssen die Turbinen<br />

oft ausgerechnet dann abgestellt werden,<br />

wenn sie bei Starkwind besonders viel Strom<br />

liefern könnten. Schuld ist das Stromnetz, das<br />

(noch) nicht in der Lage ist, die großen Windstrommengen<br />

abzutransportieren. Statt den<br />

überschüssigen Windstrom gewissermaßen<br />

wegzuwerfen, könnte er Elektrolyseure antreiben,<br />

um grünen Wasserstoff zu erzeugen.<br />

Wie sich das Gas anschließend weiternutzen<br />

lässt, erforscht Professor Hinrich Uellendahl<br />

im Projekt „Testlabor Sektorkopplung“ an der<br />

Hochschule Flensburg. Der Europäische Fonds<br />

für regionale Entwicklung (EFRE) fördert die<br />

Forschung. In einer Pilotanlage wird dabei<br />

grüner Wasserstoff mit dem CO2 aus einer<br />

Biogasanlage zusammengebracht. So lässt<br />

sich Methan erzeugen. Es besitzt die chemische<br />

Qualität von Erdgas und kann direkt<br />

ins Gasleitungsnetz eingespeist werden, um<br />

etwa Wohnungen zu heizen und industrielle<br />

Prozesse anzutreiben. „Auf diese Weise lässt<br />

sich grüner Wasserstoff mit der bereits bestehenden<br />

Erdgasinfrastruktur nutzen“, erklärt<br />

Uellendahl, der wie Opel auch Sprecher des<br />

EEK.SH ist.<br />

Genau das ist das Ziel, das sich hinter dem<br />

Begriff „Sektorkopplung“ verbirgt: Strom in<br />

Sektoren verfügbar zu machen, die bislang<br />

überwiegend andere Energieformen einsetzen.<br />

Uellendahls Projekt konzentriert sich dabei<br />

nicht allein auf die Kopplung von Stromund<br />

Wärmesektor – auch die Herstellung von<br />

Treibstoffen und Chemikalien aus Wasserstoff<br />

und CO2, den sogenannten E­Fuels, wird in<br />

Flensburg erprobt. Diese CO2­neutralen Treibstoffe<br />

werden unter anderem im Flugverkehr<br />

gebraucht. Denn für diesen Sektor kommt die<br />

direkte Elektrifizierung bislang kaum infrage<br />

– die Batterien für Flugzeuge wären viel zu<br />

groß und schwer. Ausgerechnet das Klimagift<br />

CO2 könnte so dazu beitragen, Flugzeuge von<br />

ihrem Klimaproblem zu befreien.<br />

Wie die Sektorkopplung im industriellen Maßstab<br />

funktioniert, ist Gegenstand eines vom<br />

Bund geförderten Projekts, an dem Oliver<br />

Opel beteiligt ist: dem sogenannten „Reallabor<br />

Westküste 100“. Dabei soll Strom von<br />

Offshore­ Windrädern in der Nordsee genutzt<br />

werden, um grünen Wasserstoff in einem Elektrolyseur<br />

zu erzeugen, der an der Raffinerie<br />

Heide im Kreis Dithmarschen steht. Das Gas<br />

wird in einer Salzkaverne unterirdisch gespei­<br />

Prof. Dr. Hinrich Uellendahl, Professor<br />

am Fachbereich Maschinenbau,<br />

Verfahrenstechnik und Maritime<br />

Technologien an der Hochschule<br />

Flensburg<br />

Auch ein Zementwerk ist an „Westküste 100“<br />

beteiligt. Ähnlich wie die Biogasanlage im<br />

Flensburger Pilotprojekt soll es CO2 zur Verfügung<br />

stellen. Das Klimagas wird nicht<br />

nur beim Einsatz von Brennstoffen in der<br />

Zementherstellung frei, es entweicht auch aus<br />

dem Ausgangsmaterial des Zements. Zusammen<br />

mit dem grünen Wasserstoff lassen sich<br />

aus dem CO2 in weiteren Prozessschritten<br />

sogenannte E­Fuels herstellen, also klimaneutrale<br />

Treibstoffe. „Viele kennen CO2 nur als<br />

Treibhausgas“, sagt Opel. „Künftig werden wir<br />

es immer stärker auch als Rohstoff für klimaneutrale<br />

Treibstoffe brauchen.“ Womit nicht<br />

gesagt sein soll, dass CO2 gleich das „Öl des<br />

21. Jahrhundert“ wäre.<br />

Prof. Dr. Oliver<br />

Opel, Professor<br />

für energetische<br />

Optimierung von<br />

Gebäuden an der<br />

Fachhochschule<br />

Westküste<br />

40


Spannende Zeiten!<br />

Text Anja Nacken<br />

Fotos Apo Genç<br />

Die Energiewende bedeutet mehr als der<br />

reine Ausbau erneuerbarer Energien.<br />

Standortfragen und Umstrukturierungen sind das Thema von Simon Brinkmann<br />

(35) als Head of Industrial Park Marketing bei Covestro in Brunsbüttel. Er kennt<br />

die herausfordernden Aufgaben in Zeiten der Energiewende und muss einen klaren<br />

Überblick behalten. ME2BE hat mit ihm ein persönliches Gespräch über seinen<br />

Werdegang, sein jetziges Aufgabengebiet und die anstehenden Anforderungen geführt.<br />

Herr Brinkmann, erzählen Sie uns doch<br />

zunächst etwas über Ihren Werdegang.<br />

Ich bin in Hannover geboren und in Soltau<br />

aufgewachsen. Nach meinem Abitur habe ich<br />

aufgrund meiner familiären Vorprägung (Anm.<br />

der Redaktion: Sowohl der Vater als auch ein<br />

Onkel sind Ingenieure in der Chemiebranche)<br />

ein Diplomstudium an der TU Hamburg-Harburg<br />

als Diplomingenieur für Verfahrenstechnik<br />

absolviert. Danach überlegte ich, eine<br />

Promotion anzustreben, habe mich aber dann<br />

dagegen entschieden, weil ich mich eher als<br />

Generalist sehe und mich nicht zu tief in<br />

einem Fachbereich verlieren wollte. Stattdessen<br />

schloss ich dann ein zweites Studium als<br />

Wirtschaftsingenieur ab.<br />

An welcher Universität absolvierten Sie das<br />

Studium?<br />

An der Leuphana Universität Lüneburg. Dort<br />

habe ich meinen Master im Bereich Management<br />

& Engineering erreicht.<br />

Eine Masterthesis gestützt durch Einblicke<br />

in das Unternehmen Covestro?<br />

Genau! Ich habe hier in Brunsbüttel eine<br />

Praktikumsstelle bekommen und parallel dazu<br />

meine Masterarbeit im Bereich Industriepark-Management<br />

und Marketing geschrieben.<br />

Laut Ihrer Vita haben Sie aber auch während<br />

Ihrer Zeit in Lüneburg dort den Fair-<br />

Five GmbH Kaffee- und Einzelhandelsbetrieb<br />

mit gegründet. Wie kam es dazu?<br />

Das hat sich während meiner Studienzeit<br />

ergeben und war eine ganz spannende Sache.<br />

Wir haben damals den Kaffeehandel und den<br />

Vertrieb aufgebaut und Erfahrungen dahingehend<br />

gesammelt, wie man eine GmbH gründet,<br />

wie man als Gesellschafter arbeitet und<br />

vieles mehr. Es war eine Zeit des Ausprobierens<br />

und Experimentierens und sie war sehr<br />

hilfreich für meine berufliche Entwicklung.<br />

Und wie ging es danach für Sie beruflich<br />

weiter?<br />

Anscheinend hinterließ ich einen guten Eindruck<br />

bei Covestro, denn ich habe kurz vor<br />

Beendigung meiner Masterarbeit nach einer<br />

Anstellungsmöglichkeit gefragt, und daraufhin<br />

wurde mir meine damalige Position im<br />

Industriepark-Marketing mit dem Schwerpunkt<br />

Betreuung der Partnerfirmen angeboten.<br />

Eine sehr interessante Aufgabe, da Covestro<br />

an diesem Standort ja nicht nur eigene<br />

Produktionsanlagen unterhält, sondern den<br />

Industrie park auch als Vermarktungsfläche<br />

betreibt. An dieser Schnittstelle im Industriepark-Marketing<br />

habe ich damals angefangen.<br />

Das bedeutet, dass Covestro eine Art Untervermietung<br />

der Parkflächen betreibt?<br />

Covestro teilt sich als Eigentümer der Flächen<br />

und der Infrastruktur<br />

sowie des Kraftwerks<br />

und der Abwasserbehandlungsanlagen<br />

mit seinen Partnerfirmen<br />

die vorhandenen<br />

Anlagen. Um<br />

diese Zusammenarbeit<br />

perfekt zu<br />

realisieren, muss<br />

alles vertraglich und<br />

selbstverständlich<br />

auch kommerziell<br />

einwandfrei geregelt<br />

sein. Natürlich gilt<br />

dieses Angebot für<br />

Unternehmen, die<br />

in einem ähnlichen<br />

Segment tätig sind,<br />

da die Anforderungen seitens der Genehmigungsverfahren,<br />

der Sicherstellung der Qualitätsstandards<br />

und der benötigten Utilities,<br />

wie zum Beispiel Gas, kompliziert sind und<br />

sich der Aufwand gegenüber den Synergieeffekten<br />

rechnen muss.<br />

Nun könnten aber angesichts der momentanen<br />

Lage für energieintensive Unternehmen<br />

wie Covestro und Partnerfirmen<br />

schwierige Zeiten anstehen. Wie schätzen<br />

Sie die derzeitige Lage ein?<br />

Das ist zweigeteilt. Ich kann nicht als Fachmann<br />

für die Zukunft der Vermarktung unserer<br />

Chemieprodukte sprechen, aber im Falle der<br />

Vermarktung unserer Flächen in Brunsbüttel<br />

kann ich sagen, dass die Zeit noch nie so<br />

spannend war. Der Park ist ein wichtiger Drehpunkt<br />

für anlandende erneuerbare Energien<br />

und Energieimporte. Hier reden wir von Projekten<br />

wie LNG-Terminal, Ammoniak-Terminal,<br />

OFF-SHORE Windparks und dem Ausbau des<br />

Projekts SuedLink. Wir haben viele Anfragen<br />

bezüglich einer Ansiedlung neuer Firmen am<br />

Standort Brunsbüttel. Aber natürlich machen<br />

wir uns andererseits vor dem Hintergrund der<br />

enormen Preissteigerung für Gas oder sogar<br />

der Einstellung russischer Gaslieferungen um<br />

unsere momentanen Produktionskapazitäten<br />

Sorgen – noch sind wir auf fossile Rohstoffe<br />

angewiesen.<br />

Covestro hat es sich zum Ziel gesetzt, bis<br />

2035 klimaneutral zu sein. Wie ist der<br />

Stand bei der Verfolgung dieses Zieles?<br />

Wir haben Anfang des Jahres <strong>2022</strong> zwei<br />

Handlungsbereiche zur Verbesserung unserer<br />

Emissionen mit den Namen Scope 1 und<br />

Scope 2 formuliert, die bis 2030 beziehungsweise<br />

2035 umgesetzt werden sollen. Scope<br />

1 betrifft die direkten Emissionen, die unsere<br />

Produktionsanlagen durch die Verfeuerung<br />

von Erdgas produzieren; Scope 2 betrifft die<br />

indirekten Emissionen, die zum Beispiel bei<br />

der fossilen Herstellung von Strom entstehen.<br />

Die Lösungsansätze zur Bewältigung dieser<br />

Probleme sind keineswegs neu, sondern<br />

gehen auf konkrete Projektideen zurück, die<br />

wir schon seit längerem mit Erfolg angestoßen<br />

haben. Mit der Veröffentlichung beziehungsweise<br />

der schriftlichen Festlegung der<br />

Ziele haben wir uns öffentlich verpflichtet,<br />

auf diesem Weg zu bleiben und Themen wie<br />

Energieeinsparungen sowie den Ausbau einer<br />

noch effizienteren Kreislaufwirtschaft mit<br />

Tempo voranzutreiben.<br />

Ambitionierte Ziele! Haben Sie keine<br />

Angst, ausgebremst zu werden?<br />

Stimmt, das sind ambitionierte Ziele, aber<br />

Covestro sieht sich in der Verpflichtung, die<br />

Herausforderungen anzunehmen. Dennoch<br />

muss man natürlich auch die Verbindungen<br />

und Abhängigkeiten im Gesamtprozess einer<br />

gelungenen Energiewende im Blick haben<br />

und darf diese nicht unterschätzen. Viele<br />

alternative Stromanlagen entsprechen noch<br />

nicht den Voraussetzungen einer ausreichenden<br />

Erzeugungskapazität, die ein Unternehmen<br />

unserer Größenordnung braucht. Ebenso<br />

bedarf es bei der Umstellung auf neue Brennstoffe<br />

oftmals umfangreicher Umbaumaßnahmen<br />

der technischen Anlagen, und nicht<br />

zuletzt mangelt es bis dato an notwendigen<br />

wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seitens<br />

der Politik und einem letztendlich ausbalancierten<br />

marktwirtschaftlichen Preisgefüge.<br />

Eine große Aufgabe, die auch jede Menge<br />

Geld kosten wird.<br />

Die Voraussetzungen haben sich durch den<br />

Krieg in der Ukraine und die steigende Inflation<br />

nochmal verändert. Aber wir haben als<br />

Unternehmen verstanden, dass eine Transformation<br />

stattfinden muss, und wir wollen diese<br />

aktiv mitgestalten. Das kostet natürlich Geld,<br />

aber letztendlich lohnt sich der Einsatz!<br />

Auch für die Zukunft der nachfolgenden<br />

Generation. Was würden Sie sich für diese<br />

wünschen?<br />

Wir müssen uns als Gesellschaft darüber im<br />

Klaren sein, dass es ohne Verzicht nicht möglich<br />

sein wird, unseren Kindern eine lebenswerte<br />

Welt zur Verfügung zu stellen. Dies ist<br />

die große Aufgabe meiner Generation. Das ist<br />

nicht leicht zu kommunizieren und umzusetzen,<br />

denn auch die Politik suggeriert, dass wir<br />

alles über technischen Fortschritt schaffen<br />

könnten und wir als Gesellschaft immer weiter<br />

wachsen müssten, aber ich glaube, dass<br />

wir erkennen müssen, dass manchmal einfach<br />

weniger mehr sein wird. Weniger Konsum von<br />

nicht nachhaltigen Produkten und Waren wird<br />

helfen, weniger Rohstoffe zu verbrauchen.<br />

42<br />

43


LERNEN<br />

CAMPUS STUDIUM COMPANIES PORTRAITS<br />

Vom Meister zum Professor: Christian Blatt<br />

will Studierenden nachhaltig Spaß am<br />

Lernen vermitteln .... Seite 46<br />

Wie vermittelt die Wissenschaft ihre<br />

Erkenntnisse der Gesellschaft?<br />

.... Seite 48<br />

Professorin Liane Simon über den<br />

Studiengang Transdisziplinäre<br />

Frühförderung an der MSH .... Seite 50<br />

MSH-Absolventin Lena<br />

Frankemöller berichtet<br />

über ihre Arbeit in der<br />

Frühförderung<br />

.... Seite 53<br />

Wie Lübecker Gebäudetechnikplaner die<br />

Klimawende vorantreiben .... Seite 58<br />

Studiengänge im<br />

Fokus .... Seite 56<br />

44<br />

45


Aus der Praxis in<br />

die Hochschule<br />

Vom Meister zum Professor: Christian Blatt will<br />

Studierenden nachhaltig Spaß am Lernen vermitteln<br />

Christian Blatt hat drei Berufe gelernt, heute lehrt er an der Technischen<br />

Hochschule Lübeck. Im Studiengang „Nachhaltige Gebäudetechnik“ will er<br />

Studierende befähigen, Gebäude künftig energetisch nachhaltig bauen zu lassen.<br />

Es gibt Leben, die reichen für mehr als eine<br />

Biografie. Bei Christian Blatt etwa ist das so<br />

– zumindest beruflich. Der 52-Jährige hat in<br />

seiner Jugend das Tischlerhandwerk gelernt,<br />

wurde später Parkettleger, dann Estrichleger<br />

– in allen Berufen brachte er es bis zum Meistertitel.<br />

„Ich habe alle Jobs sehr gemocht“,<br />

sagt Blatt. Trotzdem studierte er Bauphysik,<br />

machte seinen Master und ist seit vergangenem<br />

Jahr Professor für Gebäudesimulation<br />

und -optimierung an der Technischen Hochschule<br />

Lübeck.<br />

Mit seinem außergewöhnlichen Weg durch<br />

verschiedene Gewerke und der langen Praxiserfahrung<br />

ist Blatt im Grunde eine Idealbesetzung<br />

für den Studiengang „Nachhaltige<br />

Gebäudetechnik“. In Lübeck werden Klimaschutz<br />

und Nachhaltigkeit, Physik, Baukonstruktion<br />

und Anlagentechnik in dem Studiengang<br />

vereint. „Wir planen im Prinzip<br />

ganzheitlich, sehr umfassend“, betont Blatt,<br />

„und nachhaltig“. Letzteres spiegelt sich seit<br />

2021 auch im Namen des Studiengangs wider.<br />

„Es geht zwar noch immer um die Gebäudetechnik,<br />

aber insbesondere auch um regenerative<br />

Energien“, ergänzt er. „Wenn wir ein<br />

Gebäude heute planen, dann schauen wir<br />

auch, was in 25 Jahren sein wird. Und dann<br />

sollten Gas und Öl hoffentlich keine Rolle<br />

mehr spielen.“<br />

Mit Software werden<br />

Gebäude schon vor<br />

dem Bau optimiert<br />

Blatt selbst hält zehn verschiedene Vorlesungen<br />

an der TH. Sein Spezialgebiet aber ist die<br />

Gebäudesimulation. „Da stecke ich voll drin“,<br />

sagt er. Die angehenden Gebäudetechnikerinnen<br />

und -techniker lernen bei ihm, mithilfe<br />

von Software Gebäude zu planen. „Man kann<br />

beispielsweise voraussagen, wo Fenster verschattet<br />

werden müssen“, erklärt Blatt. So<br />

werden Gebäude schon im Voraus energetisch<br />

optimiert. Einige Studierende fokussieren sich<br />

etwa auf Wärmepumpen, andere auf Brennstoffzellen<br />

– ein naheliegender Fels im Windenergie-Land<br />

Schleswig-Holstein.<br />

Auch wenn nach wie vor Bauingenieure,<br />

Stadtplaner und Architekten ihre eigenen Studiengänge<br />

haben, sammeln die angehenden<br />

Gebäudetechniker auch interdisziplinär Erfahrungen.<br />

„Das ist ja nach dem Studium auch<br />

der Fall, dass Gewerke übergreifend gearbeitet<br />

wird“, sagt Blatt. Dass viele seiner Studierenden<br />

heute direkt aus der Schule an die TH<br />

kommen, sieht Blatt nicht als Problem. „Es ist<br />

immer gut, wenn man praktische Erfahrungen<br />

gesammelt hat“, sagt er. Aber durch Praktika<br />

und später auch im Beruf würden die Studierenden<br />

die ebenfalls sammeln.<br />

Und auf dem Arbeitsmarkt sind ohnehin<br />

alle Absolventen des Studiengangs gefragt,<br />

sagt Blatt. „Die werden schon in den ersten<br />

„Ich finde das noch immer<br />

faszinierend: Lernen ist so schön,<br />

was da für Glückshormone<br />

frei werden können!“<br />

Semestern von Unternehmen umworben“,<br />

betont der Professor. „Der Markt ist riesig.“<br />

Viele Studierende arbeiten früh als Werksstudenten.<br />

„Eigentlich sind hier alle gut ausgelastet<br />

– aber die Betriebe lassen nicht locker.“<br />

Das mache sich auch materiell bemerkbar. Es<br />

sei erstaunlich, wie gut einige Studierende<br />

bereits während ihrer Bachelorarbeit technisch<br />

ausgestattet würden, sagt Blatt. „Die<br />

bekommen zum Teil von den Betrieben beispielsweise<br />

hochgerüstete Tablets, später<br />

gute Angebote für Autos und Wohnungen<br />

– das ist ziemlich beeindruckend.“ Trotzdem<br />

sei die Zahl der Studierenden noch relativ<br />

gering. „Wir sind einfach nicht so bekannt,<br />

wie andere Studiengänge“, vermutet Blatt.<br />

Text Robert Otto-Moog<br />

Fotos Sebastian Weimar<br />

Faszination fürs Lernen<br />

ist bis heute geblieben<br />

Blatt selbst hat seinen Weg in den Beruf<br />

noch anders gestartet – wobei auch er seinen<br />

ersten Job früh sicher hatte. Schon seine<br />

Großeltern besaßen einen Handwerksbetrieb,<br />

früh half er in der Tischlerei des Vaters aus.<br />

„Es war klar für mich, dass ich da arbeiten<br />

werde“, erinnert er sich. Trotzdem wollte er<br />

mehr. Von der Tischlerei zur Verarbeitung<br />

von Parkett wechselte Blatt aus praktischen<br />

Gründen. „Das war praktischer, da nicht so<br />

viele Maschinen benötigt werden“, erklärt<br />

er. Also machte er zusätzlich zum Tischlermeister<br />

noch den Parkettlegermeister – und<br />

zur Sicherheit den Estrichlegermeister. „Man<br />

kann unglaublich viele Fehler machen“, sagt<br />

er. „Ich wollte alles genau verstehen.“ 20<strong>01</strong><br />

machte er sich selbständig, arbeitete wenig<br />

später auch als öffentlich bestellter und vereidigter<br />

Sachverständiger.<br />

Was Blatt aber vor allem auf der Meisterschule<br />

entdeckt hat, war seine Faszination<br />

fürs Lernen. „Bis dahin wusste ich gar nicht,<br />

wie das wirklich geht. Ich habe mir Bücher<br />

übers Lernen gekauft“, erinnert er sich. „Das<br />

war der Wahnsinn: Als ob in meinem Kopf<br />

vorher ein Stau war.“ Mit 36 Jahren wagte<br />

Arbeiterkind Blatt dann den Sprung an die<br />

Hochschule für Technik in Stuttgart, um seinen<br />

Bachelor in Bauphysik zu machen. „Ich<br />

konnte durch meine Erfahrung die meisten<br />

Module vernachlässigen und musste mich vor<br />

allem auf Mathematik fokussieren – das habe<br />

ich geliebt.“ Der Betrieb lief nebenbei weiter,<br />

später übernahm diesen sein Bruder. „Diese<br />

Doppelbelastung hält man nicht lange aus“,<br />

erinnert sich Blatt.<br />

Anschließend schloss der heute 52-Jährige<br />

ein Masterstudium in Baustoffkunde, Bauchemie<br />

und Instandsetzung an der TU München<br />

ab. An seiner Dissertation arbeitet er noch.<br />

„Jetzt bin ich erst einmal in Lübeck Professor<br />

und bereite die Lehre vor. Meine Promotion<br />

will ich aber noch unbedingt abschließen“,<br />

sagt er. Den Antrieb dazu hat er behalten.<br />

„Ich finde das noch immer faszinierend: Lernen<br />

ist so schön, was da für Glückshormone<br />

frei werden können! Das ist seit der Meisterschule<br />

da, und ich freue mich bis heute übers<br />

Lernen.“<br />

46<br />

47


Wissen, was die Welt bewegt<br />

Wie vermittelt die Wissenschaft ihre Erkenntnisse der Gesellschaft<br />

Die Zeit des unbegrenzten Wachstums scheint endgültig<br />

an ihr Ende gekommen zu sein. Transformationsprozesse<br />

durchdringen immer mehr Bereiche des täglichen Lebens und<br />

fordern Antworten für ein neues Verständnis von Wohlstand,<br />

Lebensformen und gesellschaftlichem Zusammenhalt:<br />

Wie wollen wir künftig leben und arbeiten?<br />

Text Sophie Blady<br />

Fotos Sebastian Weimar<br />

Die Technische Hochschule Lübeck<br />

Die Technische Hochschule Lübeck ist eine Hochschule für Angewandte Wissenschaften<br />

und ging 2<strong>01</strong>8 aus der FH Lübeck hervor. Die fachlichen Schwer punkte der Hochschule<br />

liegen in den Bereichen Technik, Naturwissenschaften, Wirtschaft und Architektur.<br />

Mit rund 130 Professorinnen und Professoren in vier Fachbereichen bietet sie zurzeit<br />

über 30 Bachelor- und Masterstudiengänge an. Weitere Besonderheiten: einzigartige<br />

<strong>Campus</strong>-Allianz mit Universität und Universitätsklinikum, hoher Grad an Wissensund<br />

Technologietransfer, internationale Studienangebote, moderne Ausstattung.<br />

Fundierte Antworten liefern Forscherinnen<br />

und Forscher, die sich intensiv mit dem Klimawandel,<br />

der Digitalisierung, der Nachhaltigen<br />

Gebäudetechnik und vielen weiteren Themen<br />

auseinandersetzen, um zukunftsorientierte<br />

Lösungen zu entwickeln. Nie zuvor wirkten<br />

sich wissenschaftliche Erkenntnisse so gravierend<br />

auf unsere alltägliche Lebenssituation<br />

aus wie in der Coronapandemie. Nie zuvor war<br />

die Art und Weise, wie Forschungsergebnisse<br />

kommuniziert werden, so bedeutsam für politische<br />

und gesellschaftliche Entscheidungen.<br />

Auch in Talkshows, Podcasts, auf YouTube<br />

und in Zeitungen werden hochkomplexe<br />

Zusammenhänge so kommuniziert, dass ein<br />

fachfremdes Publikum diese einordnen und<br />

verstehen kann. Laut dem Wissenschaftsbarometer<br />

<strong>2022</strong> geben 62 Prozent der Befragten<br />

an, dass sie der Wissenschaft und der Forschung<br />

eher oder voll und ganz vertrauen und<br />

dass dieser Bereich sehr viel mehr Gehör in<br />

der Öffentlichkeit bekommen sollte. Mit dem<br />

CAMPUS-Magazin gibt ME2BE jenen Forschenden<br />

daher eine Stimme, die sich mit zukunftsrelevanten<br />

Themen wie Windkraft, Ressourcen<br />

und Weltwirtschaft auseinandersetzen. Wir<br />

eröffnen Schülerinnen und Schülern Einblicke<br />

in vielfältige Studiengänge und Themengebiete,<br />

so dass sie aktiv ihre Zukunft gestalten<br />

können.<br />

Welche beruflichen Möglichkeiten das Thema<br />

Wissenschaftskommunikation bietet, erfahren<br />

wir von Johanna Helbing. Sie studierte europäische<br />

Medienkultur in Weimar und Lyon und<br />

arbeitet heute als Kommunikationsreferentin<br />

an der TH Lübeck.<br />

Frau Helbing, nachdem Sie Ihr Studium<br />

beendet haben, bewarben Sie sich um ein<br />

Volontariat an der TH Lübeck. Was macht<br />

das Volontariat an einer Hochschule aus?<br />

Das Volontariat an einer Hochschule ist thematisch<br />

enger gefasst als bei einer Zeitung<br />

und beschäftigt sich vorrangig mit den Fachgebieten<br />

der Hochschule. An der TH Lübeck<br />

sind das die Bereiche Angewandte Naturwissenschaften,<br />

Bauwesen, Maschinenbau, Elektrotechnik,<br />

Wirtschaft und Informatik.<br />

Wie gestaltet sich Ihre Zusammenarbeit<br />

mit den Professorinnen und Professoren?<br />

Ich arbeite sehr eng mit den Kolleginnen und<br />

Kollegen aus der Forschung zusammen. Meine<br />

Aufgabe ist es, mithilfe unterschiedlicher<br />

Medien und Veranstaltungsformen der Öffentlichkeit<br />

die neuesten Erkenntnisse zugänglich<br />

zu machen. Dabei stellt sich immer zuerst die<br />

Frage, wen wollen wir erreichen und welche<br />

Form der Kommunikation eignet sich dafür am<br />

besten?<br />

Wie wecken Sie das Interesse für komplexe<br />

Themen bei unterschiedlichen Zielgruppen?<br />

Um beispielsweise die Akteure der Baubranche<br />

über neue Erkenntnisse zum Thema nachhaltiges<br />

Bauen aufzuklären, organisierte ich<br />

in Zusammenarbeit mit Professor Fiedler ein<br />

Symposium für die Vertreter der Handwerkskammer<br />

und der Handelskammer. Das erklärte<br />

Ziel: In einen offenen Dialog mit den Menschen<br />

zu treten, die unsere Erkenntnisse aus<br />

der Forschung in die Tat umsetzen.<br />

Geht es jedoch darum, bei einem fachfremden<br />

Publikum Interesse zu wecken, bietet<br />

sich ein Science-Slam (Anm. der Red.: Dabei<br />

handelt es sich um ein populärwissenschaftliches<br />

Format, bei dem Wissenschaftler ihre<br />

Forschungsthemen in Kurzform dem Publikum<br />

präsentieren, das die Beiträge anschließend<br />

bewertet.) in entspannter Atmosphäre an.<br />

Aber auch unser Junior <strong>Campus</strong> an der TH<br />

Lübeck ist eine Form der Wissenschaftskommunikation.<br />

Kürzlich organisierten wir eine<br />

Weihnachtsexpedition, bei der Kinder lernen<br />

konnten, wie Licht entsteht und sich verhält.<br />

Was macht den Reiz der Wissenschaftskommunikation<br />

an einer Hochschule aus?<br />

Besonders interessant an meiner Tätigkeit<br />

als Kommunikationsreferentin ist es, über die<br />

Begeisterung der Professorinnen und Professoren<br />

einen Zugang zu komplexen Themengebieten<br />

zu erhalten und diese für eine breite<br />

Öffentlichkeit zugänglich zu machen und in<br />

eine verständliche Sprache zu übersetzen –<br />

Denn Wissen schafft Zukunft!<br />

Bachelorstudiengänge<br />

• Allgemeine Elektrotechnik<br />

• Angewandte Chemie<br />

• Architektur<br />

• Bauingenieurwesen<br />

• Betriebswirtschaftslehre<br />

• Biomedizintechnik<br />

• Chemie- und Umwelttechnik (auslaufend)<br />

• Elektrotechnik – Energiesysteme und<br />

Automation<br />

• Elektrotechnik – Kommunikationssysteme<br />

• Hörakustik<br />

• Informatik / Softwaretechnik<br />

• Informationstechnologie und Design<br />

• IT-Sicherheit (online)<br />

• Maschinenbau<br />

• Medieninformatik (online)<br />

• Nachhaltige Gebäudetechnik<br />

• Physikalische Technik<br />

• Regenerative Energien (online)<br />

• Stadtplanung<br />

• Umweltingenieurwesen und -management<br />

• Wirtschaftsingenieurwesen<br />

• Wirtschaftsingenieurwesen Lebensmittelindustrie<br />

• Wirtschaftsingenieurwesen (online)<br />

Masterstudiengänge<br />

• Architektur<br />

• Angewandte Informationstechnik<br />

• Bauingenieurwesen<br />

• Betriebswirtschaftslehre<br />

• Biomedical Engineering<br />

• Hörakustik und Audiologische Technik<br />

• Informatik/Softwaretechnik für<br />

verteilte Systeme<br />

• Mechanical Engineering<br />

• Medical Microtechnology<br />

• Medieninformatik (online)<br />

• Regulatory Affairs<br />

• Stadtplanung<br />

• Technische Biochemie<br />

• Water Engineering<br />

• Wirtschaftsingenieurwesen<br />

Spezielle Studienangebote:<br />

Studium mit integrierter Lehre – „StudiLe“<br />

Das Studium mit integrierter Lehre verbindet<br />

eine betriebliche Ausbildung mit einem Bachelorstudium<br />

an der TH Lübeck. Die vollständige<br />

Liste der möglichen Ausbildungsberufe ist auf<br />

www.StudiLe.de veröffentlicht. Passend zum<br />

Ausbildunsgberuf kann einer von sechs Bachelorstudiengängen<br />

gewählt werden:<br />

• Bauingenieurwesen<br />

• Betriebswirtschaftslehre<br />

• Elektrotechnik – Energiesysteme und<br />

Automation<br />

• Elektrotechnik – Kommunikationssysteme<br />

• Informatik / Softwaretechnik<br />

• Maschinenbau<br />

Internationale Doppelabschlüsse<br />

Im Double Degree Program führen die internationalen<br />

Studiengänge Elektrotechnik (ISE),<br />

Wirtschaftsingenieurwesen (ISW) und Maschinenbau<br />

(ISM) zu zwei Abschlüssen: dem<br />

Bachelor of Science der TH Lübeck sowie dem<br />

Bachelor of Science der Partnerhochschule<br />

Milwaukee School of Engineering (MSOE),<br />

Wisconsin, USA.<br />

Technische Hochschule Lübeck<br />

Mönkhofer Weg 239<br />

23562 Lübeck<br />

T. +49 (0) 451-300 6<br />

F. +49 (0) 451-300 5100<br />

kontakt@th-luebeck.de<br />

www.th-luebeck.de<br />

48<br />

49


„Es ist nur eine Phase“, hören Mütter und Väter oft, die sich Sorgen um ihre<br />

Sprösslinge machen. Was aber, wenn dem nicht so ist? Wenn es tatsächlich<br />

Handlungsbedarf gibt und der Nachwuchs Hilfe bei bestimmten Entwicklungsschritten<br />

benötigt? Dann sind die Absolvierenden des Studiengangs Transdisziplinäre<br />

Frühförderung (B. A.) gefragt. Prof. Dr. Liane Simon erklärt uns, wie die Studierenden<br />

an der MSH die komplexen pädagogischen Zusammenhänge an der Hochschule<br />

erlernen und warum es so vieler unterschiedlicher Disziplinen bedarf, um die<br />

Kleinsten unserer Gesellschaft bestmöglich auf ihr Leben vorzubereiten.<br />

Spezialisiert für<br />

die Kleinsten<br />

Professorin Liane Simon über den Studiengang<br />

Transdisziplinäre Frühförderung an der MSH<br />

Text Sophie Blady<br />

Fotos Sebastian Weimar<br />

Der Studiengang Transdisziplinäre Frühförderung<br />

wurde 2<strong>01</strong>0 an der MSH gegründet,<br />

da in der Fachcommunity aus Forschenden<br />

und Expertinnen und Experten die Notwendigkeit<br />

laut wurde, dass die Fachleute in<br />

der Frühförderung nicht ausreichend auf<br />

die Arbeit mit Kleinkindern und Familien<br />

spezialisiert seien. Warum ist die MSH dazu<br />

prädestiniert, diesem Mangel mit einem<br />

Studiengang entgegenzuwirken?<br />

Man erkannte in der Frühförderung, dass verschiedene<br />

Fachbereiche zusammenkommen<br />

müssen, um einschätzen zu können, ob die<br />

Entwicklung eines Säuglings oder Kleinkindes<br />

so stark beeinträchtigt ist, dass ein Handlungsbedarf<br />

besteht. Wenn interdisziplinäre<br />

Frühförderung gut umgesetzt wird, führt es<br />

dazu, dass die Fachleute so besser zusammenarbeiten<br />

und voneinander lernen. Erst wenn<br />

dies der Fall ist, sprechen wir von transdisziplinärem<br />

Wissen. Unsere Studierenden sind<br />

Spezialisten im pädagogischen Bereich, eignen<br />

sich jedoch zusätzlich Wissen der Fachrichtungen<br />

Medizin, Physiotherapie, der Logopädie,<br />

der Ergotherapie und der Psychologie<br />

an. Das interprofessionelle und interdisziplinäre<br />

Konzept der MSH bietet beste Voraussetzungen<br />

für fächerübergreifendes Lernen und<br />

Forschen. In Seminaren wie Statistik treffen<br />

beispielsweise Medizinstudenten auf Studierende<br />

der Frühförderung und können so mitund<br />

voneinander lernen.<br />

Warum spielt die Interdisziplinarität<br />

besonders in der Frühförderung eine entscheidende<br />

Rolle?<br />

In der Frühförderung von Kindern müssen wir<br />

besonders genau beobachten, ob bereits eine<br />

Unterstützung notwendig ist oder ob es für<br />

den Moment ausreicht, nur die Eltern zu beraten,<br />

und welche Profession mit dem Kind oder<br />

den Eltern arbeiten soll. Die Behandlung lässt<br />

sich in einem Team aus verschiedenen Professionen<br />

sehr individuell und genau aufeinander<br />

abstimmen. Da die Studierenden an der<br />

MSH bereits während ihres Studiums Einblicke<br />

in die Aufgaben der unterschiedlichen Berufsgruppen<br />

erhalten, können sie die Diagnostik<br />

differenziert durchführen.<br />

Der Studiengang Transdisziplinäre Frühförderung<br />

ist Bestandteil der Fakultät Art,<br />

Health and Social Science. Welche Anknüpfungspunkte<br />

gibt es mit der Kunst?<br />

Die ästhetische Bildung bildet einen wichtigen<br />

Schwerpunkt im Studiengang der<br />

Frühförderung. Zum einen, weil wir aus der<br />

Forschung wissen, wie entscheidend Tätigkeiten<br />

wie Tanzen, Singen und Basteln in der<br />

Frühkindpädagogik sind. Zum anderen nutzen<br />

wir die musischen Fähigkeiten für die Förderung<br />

der sogenannten Responsivität (dem<br />

Antwortverhalten) der Eltern: Da Frühchen<br />

in der Regel etwas verzögert auf die Ansprache<br />

der Eltern reagieren, schauen diese aus<br />

50<br />

51


Unwissenheit oft zu früh weg und verhindern<br />

so unbewusst die Kommunikation mit ihrem<br />

Kind. Mit Hilfe kreativer Methoden helfen wir<br />

Eltern, feinfühliger auf die Bedürfnisse ihres<br />

Kindes einzugehen und es in seinen Reaktionen<br />

zu bestärken.<br />

Wie gestaltet sich das Wechselspiel von<br />

Theorie und Praxis im Studium an der MSH?<br />

Nahezu alle Lehrenden sind auch in der Praxis<br />

tätig und bieten den Studierenden bereits ab<br />

dem ersten Semester die Möglichkeit, in Frühförderzentren<br />

oder anderen Einrichtungen zu<br />

hospitieren, um erste Einblicke in das Berufsleben<br />

zu bekommen. Praktische Erfahrungen<br />

sind daher im gesamten Studienverlauf vorgesehen.<br />

Tiefergehende Einblicke und erste<br />

Berufserfahrungen sammeln die Studierenden<br />

in einem verpflichtenden Praxissemester im<br />

dritten Studienjahr.<br />

Lena Frankemöller ist überzeugt: Für dieses Studium würde sie sich immer wieder<br />

entscheiden. Die 29-Jährige arbeitet bei der Frühförderung Norderstedt, einer<br />

interdisziplinären Frühförderstelle in Schleswig-Holstein. Im Jahr 2<strong>01</strong>3 begann sie<br />

das Studium „Transdisziplinäre Frühförderung” an der MSH Medical School Hamburg<br />

und schloss dieses 2<strong>01</strong>6 mit dem Bachelor ab. Über ihr Studium, ihre Begeisterung<br />

zum Beruf und wofür sie sich mehr Bewusstsein wünscht, hat sie ME2BE erzählt.<br />

Vernetzt fürs Kindeswohl<br />

MSH-Absolventin Lena Frankemöller berichtet<br />

über ihre Arbeit in der Frühförderung<br />

An wen richtet sich das Angebot der Frühförderung?<br />

Frühförderung kann direkt nach der Geburt<br />

beginnen und endet in der Regel mit dem Eintritt<br />

in die Schule. In diesem Zeitraum haben<br />

Eltern ein Recht darauf, sich mit allen Sorgen,<br />

die die Entwicklung ihres Kindes betrifft, an<br />

die Frühförderstellen vor Ort zu wenden und<br />

eine Beratung in Anspruch zu nehmen.<br />

Neben praktischen Erfahrungen nimmt<br />

auch die Forschung einen wichtigen Part<br />

im Studium der angehenden Pädagogen<br />

ein. Wie werden die Studierenden an die<br />

Wissenschaft herangeführt?<br />

Die Studierenden sind aktiv an der Forschungsarbeit<br />

der Lehrenden beteiligt, beispielsweise<br />

an Erhebungen für meinen Forschungsschwerpunkt<br />

„Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit,<br />

Behinderung und Gesundheit”<br />

(ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO).<br />

Die Studierenden haben Interviews mit Fachleuten<br />

aus der Frühförderung geführt und<br />

zum Beispiel Erkenntnisse darüber gewonnen,<br />

wie es ihnen gelingt, die ICF zu nutzen, aber<br />

auch, was sie benötigen, um ICF-basiert zu<br />

diagnostizieren, und ob die Bezahlung angemessen<br />

ist, wenn sie sich mit anderen Fachleuten<br />

austauschen. Die Ergebnisse solcher<br />

Umfragen präsentiere ich nach gründlicher<br />

Auswertung auf Kongressen oder bei der WHO.<br />

Welche beruflichen Möglichkeiten warten<br />

auf die Absolvierenden des Studiengangs<br />

Transdisziplinäre Frühförderung?<br />

In Deutschland gibt es über 1200 Frühförderstellen,<br />

die händeringend auf der Suche nach<br />

Fachleuten sind. Zudem existieren Einrichtungen<br />

der Frühen Hilfe, die auf das Kindeswohl<br />

fokussiert sind und von den Jugendämtern<br />

organisiert werden. Auch Kindertagesstätten<br />

beschäftigen vermehrt Pädagogen der Frühförderung,<br />

um das inklusive Konzept umzusetzen.<br />

Weitere Berufsmöglichkeiten bieten<br />

Jugendämter im Bereich der Hilfen für Erziehung<br />

oder im Allgemeinen Sozialen Dienst.<br />

Zur Person<br />

Liane Simon forscht im Bereich „Internationale<br />

Klassifikation der Funktionsfähigkeit,<br />

Behinderung und Gesundheit” (ICF)<br />

der Weltgesundheitsorganisation (WHO).<br />

Thema ist eine neue Form der Klassifikation,<br />

die von der Weltgesundheitsorganisation<br />

entwickelt wurde, weil Diagnosen<br />

bisher zwar einen weltweiten Überblick<br />

darüber geben, welche Krankheiten wo<br />

auftauchen, aber nicht darüber, wie das<br />

Syndrom behandelt wird. Eine Arbeitsgruppe<br />

der WHO bemängelte dies. Es<br />

bedurfte also einer Diagnostik, die den<br />

Kontext mit einbezieht und das Kind und<br />

die Bedürfnisse der Familie berücksichtigt.<br />

Daraufhin wurde die ICF entwickelt, eine<br />

fach- und länderübergreifend einheitliche<br />

Terminologie zur Beschreibung des funktionalen<br />

Gesundheitszustandes, der Behinderung,<br />

der sozialen Beeinträchtigung und<br />

der relevanten Umgebungsfaktoren eines<br />

Menschen. Im Bereich der Frühförderung<br />

ist die Diagnostik nach der ICF seit 2007<br />

verpflichtend.<br />

Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse ist<br />

Liane Simon seit zehn Jahren dafür zuständig,<br />

den Studiengang Transdisziplinäre<br />

Frühförderung an der MSH mit den Anforderungen<br />

in der Praxis abzugleichen und<br />

neueste wissenschaftliche wie praktische<br />

Erkenntnisse in den Lehrplan zu integrieren.<br />

Text Sophie Blady,<br />

Kristina Krijom<br />

Fotos Sebastian Weimar<br />

„Ich arbeite heute dort, wo ich im fünften<br />

Semester mein Praktikum absolviert habe: bei<br />

der Frühförderung Norderstedt. Hier habe ich<br />

nach meinem Abschluss zunächst auf Honorarbasis<br />

und seit 2<strong>01</strong>8 in einer Festanstellung<br />

gearbeitet. Mir war bereits in der Grundschule<br />

bewusst, dass ich später einmal mit Kindern<br />

arbeiten möchte, denn mein großes Vorbild<br />

war meine Lehrerin. Nach meinem Abitur<br />

verbrachte ich ein Jahr in New York. Während<br />

dieser Zeit schickte mir eine ehemalige<br />

Klassenkameradin den Link zum Studiengang<br />

Transdisziplinäre Frühförderung an der MSH,<br />

und ich wusste sofort: Damit kann ich mich<br />

identifizieren, das möchte ich machen. Daraufhin<br />

habe ich mich beworben und den Studienplatz<br />

erhalten.<br />

Am Studium der Transdisziplinären Frühförderung<br />

gefällt mir vor allem, dass man mit<br />

Kindern von der Geburt bis zum Schuleintritt<br />

arbeitet. Auch die Zusammenarbeit mit Kindern<br />

mit Beeinträchtigungen oder besonderen<br />

Bedürfnissen interessiert mich und ich finde<br />

es wichtig, ihnen die bestmögliche Unterstützung<br />

zu bieten. Die transdisziplinäre Ausrichtung<br />

des Studiums, die den Familien eine Vernetzung<br />

eröffnet, ist ein weiterer Punkt, der<br />

mich überzeugt. In dieser Form ist das Studium<br />

einzigartig. In pädagogischen Seminaren<br />

behandeln wir Themen der frühkindlichen<br />

Entwicklung, darüber hinaus besuchen wir<br />

Lehrveranstaltungen in den Fächern Logopä-<br />

52<br />

53


„Das Studium hat mir auch vor<br />

Augen geführt, was gesellschaftlich<br />

noch nicht funktioniert und was<br />

das für die Familien bedeutet.“<br />

die, Physiotherapie, Ergotherapie, Psychologische<br />

und Medizinische Grundlagen, Statistik<br />

und Ethik. Dieses breitgefächerte Studium ist<br />

von Beginn an so angelegt, dass die Arbeit<br />

mit Familien nur dann Sinn ergibt, wenn<br />

sich alle Professionen, die in diesem Bereich<br />

arbeiten, austauschen und transdisziplinär<br />

vernetzen.<br />

Die Lernatmosphäre ist durch die kleine Kursgröße<br />

sehr familiär. Die Dozentinnen und<br />

Dozenten sind zuverlässig, nahbar und der<br />

Austausch vermutlich lebhafter als bei größeren<br />

Vorlesungen an Universitäten. Die Fallbeispiele<br />

sind sehr konkret, und die meisten<br />

Dozentinnen und Dozenten arbeiten auch<br />

noch in dem Bereich und kennen die Praxis<br />

genau. An der MSH kennt man sich und wird<br />

mit seinem Namen angesprochen. Dadurch,<br />

dass der Bereich der Frühförderung in<br />

Deutschland gut vernetzt ist, trifft man seine<br />

Professorinnen und Professoren immer wieder.<br />

An den Einstieg ins Berufsleben erinnere ich<br />

mich gerne. Wir Studierende waren alle nach<br />

unserem Abschluss weiterhin vernetzt und<br />

durften feststellen, dass wir durch das Studium<br />

optimal auf das Berufsleben vorbereitet<br />

wurden. In unserem Berufsfeld herrscht ein<br />

großer Bedarf, daher sind wir mit offenen<br />

Armen empfangen worden. Die ersten positiven<br />

Entwicklungen bei den Kindern zu sehen,<br />

ist auch eine besondere Erfahrung. In meiner<br />

Einrichtung wurde ich sehr herzlich empfangen.<br />

Die ersten zwei Jahre wurden mir sogar<br />

,Paten‘ zur Seite gestellt, die ein offenes Ohr<br />

für meine Fragen hatten. An meiner Arbeit<br />

mit Kindern schätze ich besonders, dass sie<br />

sehr impulsiv und glücklich sein können und<br />

vor allem direkt kommunizieren. Ich arbeite<br />

gerne mit den ganz Kleinen, weil sie noch<br />

nicht so gesellschaftlich geprägt und dadurch<br />

authentischer sind. Das bringt so viel Leichtigkeit<br />

in die Arbeit und Freude. Betrachten<br />

zu dürfen, wie sich ihre Welt minütlich erweitert,<br />

das ist etwas ganz Besonderes für mich.<br />

Jedes Kind, das eine Bewilligung zur Frühförderung<br />

besitzt, wird in einem gewissen<br />

Umfang betreut. Aktuell arbeite ich bei 32<br />

Wochenstunden mit zehn Familien und elf<br />

Kindern. Der Tag beginnt im Büro und mit<br />

dem Zusammentragen von fördernden Spielmaterialien.<br />

Vormittags bin ich meist in Kitas<br />

unterwegs und begleite die betreffenden Kinder<br />

entweder in der Gruppe oder in der Einzelförderung.<br />

Meine Arbeit dreht sich hier oft<br />

Lena Frankemöller hat das<br />

Studium Transdisziplinäre<br />

Frühförderung an der MSH<br />

Medical School Hamburg<br />

2<strong>01</strong>6 abgeschlossen und<br />

arbeitet mit Prof. Dr. Liane<br />

Simon in der Frühförderstelle<br />

Norderstedt.<br />

um die Frage, was das Kind braucht, um an der<br />

Situation teilnehmen zu können. Für manche<br />

ist die Lösung ein Zelt, manchen ist es zu laut<br />

und Ohrenschützer können Abhilfe schaffen.<br />

Mit den Kita-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern<br />

setzen wir gemeinsame Ziele und stehen<br />

im regelmäßigen Austausch. Am Nachmittag<br />

arbeiten wir im häuslichen Umfeld der Kinder<br />

und haben so die Möglichkeit, mit den<br />

Eltern zu sprechen. Grundsätzlich stehen wir<br />

im Dialog mit allen verantwortlichen Institutionen:<br />

mit dem Kinderarzt, Therapeuten,<br />

dem Jugendamt. Dabei ist unsere Arbeit für<br />

die Eltern stets transparent.<br />

Wer mit dem Gedanken spielt, transdisziplinäre<br />

Frühförderung zu studieren, sollte für<br />

die Verschiedenheiten kindlicher Entwicklung<br />

und unterschiedlichen Kulturen offen sein.<br />

Man sollte selbständig und selbstorganisiert<br />

arbeiten können, viel Empathie mitbringen<br />

und Freude an Kindern bis zu sechs Jahren<br />

haben. Das Studium beginnen manche direkt<br />

nach dem Abitur, andere haben bereits eine<br />

Ausbildung als Erzieherin oder Erzieher oder<br />

Kinderkrankenschwester oder -pfleger absolviert<br />

oder andere Erfahrungen.<br />

Neben der pädagogischen Arbeit geht es viel<br />

um Informationsaustausch und Aufklärungsarbeit<br />

und darum, den Eltern Angebote aufzuzeigen.<br />

Es ist ein Berufsfeld mit akutem<br />

Bedarf an Fachkräften. Ich würde den Beruf<br />

immer wieder wählen und bin nach wie vor<br />

begeistert. Dem Studium wünsche ich noch<br />

mehr Resonanz und dass sich mehr Menschen<br />

für eine Tätigkeit im sozialen Bereich entscheiden.<br />

Das Studium hat mir auch vor Augen geführt,<br />

was gesellschaftlich noch nicht funktioniert<br />

und was das für die Familien bedeutet. Ich<br />

plädiere dafür, niedrigschwellige Unterstützungsangebote<br />

für Familien auszubauen.<br />

Eine deutliche Diskrepanz sehe ich zwischen<br />

dem eigenen Anspruch an die Arbeit und den<br />

finanziellen Mitteln, die bereitgestellt werden.<br />

Mehr Zeit für die Vor- und Nachbereitung<br />

wäre zum Beispiel sehr wichtig.”<br />

Fotos: MSH, Sebastian Weimar<br />

Die MSH Medical School Hamburg<br />

Die MSH Medical School Hamburg – University of Applied Sciences and Medical<br />

University ist eine private, staatlich anerkannte Hochschule mit Sitz in der Hamburger<br />

HafenCity. Sie wurde 2009 von der Geschäftsführerin Ilona Renken-Olthoff gegründet.<br />

Zahlreiche Bachelor- und Masterstudiengänge wurden seither erfolgreich akkreditiert<br />

bzw. reakkreditiert und gewährleisten ein Höchstmaß an Qualität und Transparenz.<br />

2<strong>01</strong>9 erhielt die MSH Medical School Hamburg von der Behörde für Wissenschaft,<br />

Forschung und Gleichstellung der Freien und Hansestadt Hamburg zudem die staatliche<br />

Anerkennung zur Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten auf Universitätsniveau<br />

und bietet seither den Staatsexamensstudiengang Humanmedizin an.<br />

Fakultät Gesundheitswissenschaften<br />

Bachelorstudiengänge:<br />

• Advanced Nursing Practice<br />

• Logopädie<br />

• Medical Controlling and Management<br />

• Medizinpädagogik<br />

• Physiotherapie<br />

• Rescue Management<br />

• Sportwissenschaft<br />

Masterstudiengänge:<br />

• Clinical Research<br />

• Digital Health Management<br />

• Exercise in Neurological Sciences<br />

• Gesundheits- und Pflegepädagogik<br />

• Krankenhausmanagement<br />

• Medical and Health Education<br />

• Sportwissenschaft: Leistungsdiagnostik<br />

und Trainingssteuerung<br />

• Sportpsychologie<br />

Fakultät Humanwissenschaften<br />

Bachelorstudiengänge:<br />

• Psychologie<br />

Masterstudiengänge:<br />

• Arbeits- und Organisationspsychologie<br />

• Medizinpädagogik<br />

• Psychotherapie<br />

• Psychologie mit Schwerpunkt Klinische<br />

Psychologie und Psychotherapie<br />

• Psychologie mit Schwerpunkt Rechtspsychologie<br />

Fakultät Medizin<br />

Staatsexamen:<br />

• Humanmedizin<br />

Fakultät Art, Health and Social Science<br />

Bachelorstudiengänge:<br />

• Kunsttherapie<br />

• Musiktherapie<br />

• Tanztherapie<br />

• Theatertherapie<br />

• Expressive Arts in Social Transformation<br />

• Soziale Arbeit<br />

• Transdisziplinäre Frühförderung<br />

Masterstudiengänge:<br />

• Intermediale Kunsttherapie<br />

• Kunstanaloges Coaching<br />

• Soziale Arbeit<br />

• Sexualwissenschaft<br />

NC-freies Studium: Die Studiengänge an der<br />

MSH Medical School Hamburg sind NC-frei.<br />

Studiengebühren : Neben einer einmaligen<br />

Einschreibegebühr kommen monatliche Kosten<br />

für das Studium hinzu. Die Beträge unterscheiden<br />

sich je nach Studiengang und Studienart.<br />

Die Studiengebühren können durch<br />

Stipendien, Studienkredite oder das BAföG<br />

bezuschusst werden.<br />

MSH Medical School Hamburg<br />

University of Applied Sciences and Medical<br />

University<br />

Am Kaiserkai 1<br />

20457 Hamburg<br />

Telefon 040 361 226 40<br />

info@medicalschool-hamburg.de<br />

www.medicalschool-hamburg.de<br />

54<br />

55


Studiengänge<br />

im<br />

Fokus<br />

Text Kristina Krijom | Illustrationen Ibou Gueye<br />

NEUER STUDIENSTANDORT:<br />

Physiotherapie und<br />

Pflege in Neumünster<br />

studieren<br />

Ab dem Sommersemester 2023 wird Neumünster Hochschulstandort und bietet Studierenden<br />

die Möglichkeit, den Studiengang Physiotherapie oder den dualen Studiengang Pflege<br />

aufzunehmen. Die Fachhochschule Kiel kooperiert mit dem Friedrich-Ebert-Krankenhaus und<br />

bietet insgesamt 100 neue Studienplätze, um so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.<br />

Zunächst soll es keine Zulassungsbeschränkungen für die Studiengänge geben. Staatlich<br />

anerkannte Pflegefachschulen in Schleswig-Holstein und Hamburg ergänzen den dualen<br />

Studiengang Pflege. Theorie und Praxis lernen die Studierenden an der Hochschule, der Pflegefachschule<br />

und den Praxiseinrichtungen. Auch in Flensburg<br />

und Lübeck soll bald Pflege studiert werden können. So<br />

richtet die Hochschule Flensburg mit 40 Plätzen einen<br />

neuen Bachelor-Studiengang Pflege ein und ein<br />

weiterer berufsbegleitender Studiengang ist an der<br />

Uni Lübeck geplant.<br />

Weitere Informationen zum Studienangebot<br />

der FH Kiel findest du unter www.fh-kiel.de<br />

INTERDISZIPLINÄRER<br />

BACHELOR IN HAMBURG:<br />

LIBERAL ARTS<br />

AND SCIENCES<br />

Die Exzellenzuniversität Hamburg baut –<br />

nach niederländischem Vorbild – den neuen<br />

achtsemestrigen Bachelor-Studiengang<br />

Liberal Arts and Sciences auf.<br />

Die Besonderheit des Programms liegt in<br />

seinen interdisziplinären Studienprofilen aus<br />

den Geistes-, Natur- und Sozialwissenschaften.<br />

Mit ihnen soll den Herausforderungen<br />

des 21. Jahrhunderts begegnet, aber auch<br />

für historische Entwicklungen sensibilisiert<br />

werden.<br />

Mit Hilfe projektorientierter Lehrformate<br />

soll das vernetzte Denken im Mittelpunkt<br />

stehen und Lernenden die Möglichkeit<br />

geben, theoretisches Wissen praktisch<br />

umzusetzen. Im Sommersemester <strong>2022</strong><br />

fanden bereits die zwei „Liberal Arts and<br />

Sciences“-Veranstaltungen „Wissen und<br />

Gesellschaft“ und „Interdisziplinäre Begegnungen“<br />

statt.<br />

Weitere Informationen unter<br />

www.uni-hamburg.de<br />

MSH MEDICAL SCHOOL HAMBURG:<br />

Master Intermediale Kunsttherapie<br />

Der neue Studiengang Intermediale Kunsttherapie an der MSH Medical School Hamburg<br />

qualifiziert Absolventen für die kunsttherapeutische Tätigkeit im klinischen, pädagogischen,<br />

heilpädagogischen und sozialen Bereich. Er befähigt zudem zur Zusammenarbeit<br />

in interprofessionellen Behandlungsteams. Ziel ist es, Menschen und ihre individuellen<br />

und sozialen Entwicklungs- und Veränderungsprozesse mit Hilfe bildnerisch-intermedialer<br />

Techniken und Verfahrensweisen zu begleiten. Neben der Vermittlung kunsttherapeutischer,<br />

wissenschaftlicher und künstlerischer Kompetenzen umfasst das<br />

Studium medizinisches Wissen und klinische Diagnostik und bereitet so auf die<br />

Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams vor.<br />

Weitere Infos unter www.medicalschool-hamburg.de<br />

TU HAMBURG UND HAMBURG MEDIA SCHOOL:<br />

MASTER DIGITALER JOURNALISMUS<br />

Der digitale Journalismus wandelt sich rasant. Der interdisziplinäre, berufsbegleitende Masterstudiengang<br />

Digitaler Journalismus – entsprungen der Partnerschaft zwischen TU Hamburg<br />

und Hamburg Media School – zollt diesem Wandel Tribut und lehrt den zeitgeistlichen<br />

Umgang mit neuen Tools und Darstellungsformen. Ab dem Wintersemester <strong>2022</strong> können<br />

Studierende von der Kooperation der Partnerinstitutionen profitieren. Sie erwartet eine enge<br />

Verzahnung von digitaler Contententwicklung und IT sowie digitalem Journalismus, der den<br />

Anforderungen unserer Zeit entspricht. Das Studium vermittelt innovative und praxisnahe<br />

Inhalte und fördert die Studierenden auf ihrem individuellen beruflichen Weg. Bewerben<br />

können sich Journalistinnen und Journalisten mit Berufserfahrung deutschlandweit, denn<br />

das Studium ist so aufgebaut, dass es ortsunabhängig studiert werden kann.<br />

www.hamburg.de/bwfgb/1612<strong>01</strong>06/neuer-studiengang-digiter-jounalismus<br />

NEUER STUDIENGANG<br />

AN DER FH KIEL:<br />

REVIVAL DER<br />

ARCHITEKTEN<br />

DUAL STUDIEREN AN DER HOCHSCHULE<br />

SCHLESWIG-HOLSTEIN (DHSH):<br />

SOZIALE ARBEIT IN KIEL<br />

INNOVATIVER MASTER<br />

IN AUGSBURG:<br />

DESIGN TRIFFT<br />

INGENIEURSKUNST<br />

TU HAMBURG:<br />

GREEN TECHNOLOGIES:<br />

ENERGIE, WASSER, KLIMA<br />

Zum Wintersemester 2023 soll an der Fachhochschule<br />

Kiel der Studiengang Architektur<br />

eingerichtet werden und so dem Fachkräftemangel<br />

begegnen. Vorübergehend wird<br />

dieser auf unterschiedliche Standorte auf<br />

dem <strong>Campus</strong> – und externe Standorte – verteilt<br />

werden. Ein gemeinsamer Neubau gibt<br />

dann beiden Studiengängen Architektur und<br />

Bauingenieurwesen langfristig die passende<br />

Verortung auf dem <strong>Campus</strong> und soll Synergien<br />

in Bezug auf die gemeinsame Nutzung<br />

von Räumen ermöglichen. In Planung ist<br />

auch eine Halle für besondere Schweißverfahren<br />

geben, die von Studierenden beider<br />

Studiengänge genutzt werden kann.<br />

Ab dem Wintersemester 2023 bietet die Duale Hochschule<br />

Schleswig-Holstein (DHSH) erstmalig den dualen Studiengang<br />

Soziale Arbeit in Kiel an. Das im Land einmalige duale Studienmodell<br />

bietet Studierenden sich abwechselnde Phasen in Partnerunternehmen<br />

und Einheiten an der Hochschule. Binnen dreieinhalb<br />

Jahren ermöglicht es Studierenden den Bachelorabschluss<br />

Bachelor of Arts (B. A.) Soziale Arbeit, und zugleich die Berechtigung,<br />

die Berufsbezeichnung Sozialarbeiter/-in bzw. Sozialpädagoge/-in<br />

zu tragen. Für den Start seien zunächst 40 Studienplätze<br />

geplant. Neben Lehrinhalten der Sozialen Arbeit stehen Bezugswissenschaften wie<br />

Psychologie, Pädagogik oder Gesundheitswissenschaften im Fokus. Wahlpflichtmodule wie<br />

Präventions- und Schutzkonzepte, Sozialmanagement, Digitalisierung und künstliche Intelligenz<br />

ermöglichen weitere Vertiefungen. Mit Praxisprojekten, die Fragestellungen aus den<br />

Partnereinrichtungen aufgreifen oder aber den Transfer wissenschaftlicher Methoden in die<br />

Betriebspraxis anstreben, findet eine enge Verzahnung von Hochschule und Unternehmen<br />

statt.<br />

Wer zahlenaffin ist und dennoch einen Blick<br />

für Ästhetik besitzt, könnte sich von dem<br />

neuen interdisziplinären Bachelorstudiengang<br />

Creative Engineering an der Hochschule<br />

Augsburg angesprochen fühlen.<br />

Der erstmals zum Wintersemester <strong>2022</strong>/23<br />

angebotene Studiengang ist an der Fakultät<br />

für Elektrotechnik und der Fakultät für<br />

Gestaltung angesiedelt. Er kombiniert Ingenieurwissenschaften<br />

und Design und lehrt<br />

Studierende, technische Systeme ganzheitlich<br />

zu entwerfen und Prototypen umzusetzen.<br />

Je nach Schwerpunktsetzung ist es<br />

möglich, entweder den Abschluss Bachelor<br />

of Engineering oder den Abschluss Bachelor<br />

of Arts zu erhalten.<br />

Startschuss für den neuen Studiengang „Green Technologies:<br />

Energie, Wasser, Klima“ an der TU Hamburg. Seit dem Wintersemester<br />

2021/22 können Studierende im Rahmen des Studiengangs<br />

lernen, Herausforderungen wie dem Klimawandel, einer<br />

wachsende Weltbevölkerung, dem globalen Müllproblem sowie<br />

dem steigenden Energie- und Ressourcenverbrauch zu begegnen<br />

und innovative Lösungsansätze zu entwickeln. Angesprochen<br />

sind vor allem Studieninteressierte, die sich für Mathe, Technik,<br />

Chemie und Physik begeistern und Freude an lösungsorientiertem<br />

Denken mitbringen. Der Studiengang Green Technologies<br />

lehrt Studierende, vorhandene Technologien zu optimieren und<br />

neue Ansätze praktisch umzusetzen. In den ersten Semestern<br />

stehen Grundlagenkenntnisse im Fokus. Im vierten Semester<br />

wählen Studierende einen fachlichen Schwerpunkt der vier<br />

Vertiefungsrichtungen „Energiesysteme“, „Wasser“, „Bioressourcentechnologie“<br />

oder „Energietechnik“.<br />

Mehr Infos unter www.fh-kiel.de<br />

Mehr Infos unter www.dhsh.de<br />

Weitere Infos unter www.hs-augsburg.de<br />

Mehr Infos unter www.stuhhdium.de<br />

56<br />

57


Kluge<br />

Köpfe<br />

WIE LÜBECKER<br />

GEBÄUDETECHNIKPLANER<br />

DIE KLIMAWENDE<br />

VORANTREIBEN<br />

Text Volker Kühn<br />

Foto Christina Kloodt<br />

Der Gebäudesektor gilt als das Stiefkind der Energiewende, der Umstieg auf<br />

treibhausgasneutrale Energien kommt nirgendwo langsamer voran. Sebastian<br />

Fiedler leitet den Studiengang Nachhaltige Gebäudetechnik an der TH Lübeck.<br />

Im Interview erklärt er, wie sich das Klimaproblem des Bauwesens lösen<br />

lässt – und welchen Beitrag die Lübecker Absolventen dazu leisten.<br />

Herr Professor Fiedler, fast jede dritte<br />

Tonne CO2 in Deutschland stammt aus dem<br />

Gebäudesektor. Zugleich hat der Bereich<br />

2020 als einziger seine Emissionsziele verfehlt.<br />

Warum gibt es keine Fortschritte?<br />

Dass es keine Fortschritte gibt, würde ich<br />

nicht unterschreiben. Ein Teil der Zielverfehlung<br />

2020 liegt sicher an der Coronapandemie:<br />

Viele arbeiten im Homeoffice und verbrauchen<br />

dort mehr Strom und Wärme als in Zeiten, zu<br />

denen sie sonst im Büro gesessen hätten.<br />

Zeitgleich wird auch in der Firma geheizt, weil<br />

auch dort ein Teil der Angestellten arbeitet.<br />

Aber das hat mit den strukturellen Problemen<br />

natürlich nichts zu tun. Es ist richtig, dass der<br />

Gebäudesektor noch ein erhebliches Potenzial<br />

zur CO2-Einsparung besitzt, das bislang nicht<br />

ausreichend genutzt wird.<br />

Was muss passieren, damit sich das ändert?<br />

In der Fachwelt ist man sich ziemlich einig,<br />

dass sich der Fokus verschieben muss. Bislang<br />

ging es beim Klimaschutz in Gebäuden vor<br />

allem um die Frage der Dämmung: Der Bedarf<br />

an Heizenergie sollte durch eine bessere Wärmedämmung<br />

reduziert werden. Das ist grundsätzlich<br />

auch richtig, allerdings erreichen wir<br />

inzwischen in vielen Projekten schon einen<br />

hohen Dämmstandard, sodass weitere Einsparungen<br />

nur mit überproportionalem Aufwand<br />

zu realisieren wären. Deshalb rückt jetzt die<br />

Frage in den Mittelpunkt, mit welcher Art<br />

von Energie wir unsere Häuser versorgen. Es<br />

kommt darauf an, dass sie treibhausgasneutral<br />

erzeugt wird. Die Energiewirtschaft und<br />

die Bauwirtschaft müssen zusammengedacht<br />

werden – anders ist das Klimaproblem des<br />

Gebäudesektors nicht zu lösen. Der Verbrauch<br />

muss erstens runter und zweitens durch saubere<br />

Energie gedeckt werden.<br />

Was bedeutet das konkret? Wie heizen wir<br />

künftig unsere Häuser?<br />

In urbanen Räumen werden Nah- und Fernwärmenetze<br />

eine tragende Rolle spielen. Bei<br />

der Wärmeerzeugung im Gebäude selbst wird<br />

es im Regelfall darauf hinauslaufen, Gaskessel<br />

durch Wärmepumpen zu ersetzen. Die<br />

Heizkörper werden dann nicht mehr durch<br />

das Verbrennen von fossilem Erdgas erwärmt,<br />

sondern durch strombetriebene Wärmepumpen,<br />

die anstelle des Gaskessels an den bestehenden<br />

Heizkreislauf angeschlossen werden.<br />

Die Anlagen sind sehr effizient, weil sie bis<br />

zu vier Fünftel ihrer Energie aus Umweltwärmequellen<br />

ziehen. Selbst wenn draußen Frost<br />

herrscht, nehmen sie noch Energie auf. Der<br />

Strom aus dem Netz wird lediglich eingesetzt,<br />

um das für das Heizen notwendige Temperaturniveau<br />

zu erreichen.<br />

Noch stammt allerdings nur knapp die<br />

Hälfte dieses Stroms aus erneuerbaren<br />

Quellen.<br />

Richtig. Deshalb müssen die erneuerbaren<br />

Energien ausgebaut werden, bis wir zu einer<br />

Vollversorgung kommen. Es gibt drei Faktoren,<br />

die die Klimabilanz im Haushalt beeinflussen:<br />

Suffizienz, Effizienz und Konsistenz.<br />

Suffizienz betrifft den Wohnraum, also die<br />

Frage, wie viele Quadratmeter pro Person<br />

zur Verfügung stehen. Effizienz betrifft die<br />

Frage, wie viel Energie man braucht, um<br />

diesen Wohnraum nutzbar zu machen. Und<br />

bei der Konsistenz dreht es sich darum, wie<br />

viel Treibhausgas bei der Erzeugung dieser<br />

Energie freigesetzt wird. Wenn das Wohnen<br />

klimaneutral sein soll, muss einer der drei<br />

Faktoren null betragen. Bei der Größe des<br />

Wohnraums und dem Energiebedarf ist das<br />

nicht möglich. Also muss der Ausstoß in der<br />

Erzeugung auf null sinken. Das ist einfache<br />

Mathematik.<br />

Mit dem Einbau einer Wärmepumpe steigt<br />

allerdings der Stromverbrauch. Wird es<br />

dadurch teurer?<br />

Prinzipiell ist Ökostrom die günstigste Form<br />

der Energieversorgung. ‚Die Sonne schickt<br />

uns keine Rechnung‘, hat der Autor Franz Alt<br />

schon in den Neunzigern geschrieben. Wenn<br />

sich Erneuerbare erst einmal flächendeckend<br />

durchgesetzt haben, können fossile Brennstoffe<br />

nicht mehr mithalten, schon weil sie<br />

viel zu rohstoffintensiv sind. Es stimmt zwar,<br />

dass der Strompreis vor allem durch Abgaben<br />

und Steuern in den vergangenen Jahren stark<br />

gestiegen ist. Aber den Prognosen zufolge<br />

wird sich das mittelfristig wieder ändern, ab<br />

58<br />

59


2030 oder 2035 etwa. Zudem ist der Gaspreis<br />

zuletzt noch sehr viel stärker gestiegen.<br />

Sie leiten den Studiengang Nachhaltige<br />

Gebäudetechnik. An welchem Punkt beim<br />

klimafreundlichen Umbau des Gebäudesektors<br />

kommen Ihre Studierenden ins Spiel?<br />

Wir bilden in Lübeck Planer für Gebäudetechnik<br />

aus. Bislang ist das ein Bereich, in dem<br />

häufig Absolventen aus dem Maschinenbau<br />

oder der Elektrotechnik tätig sind, also aus<br />

Studiengängen, die nicht unmittelbar mit<br />

Gebäuden zu tun haben. Viele von ihnen<br />

machen ihren Job richtig gut, bekommen<br />

aber in ihrem Studium keine ganzheitliche<br />

Herangehensweise für die Zusammenarbeit<br />

mit Architekten, Tragwerksplanern, Bauausführenden,<br />

Bauherren und Nutzern vermittelt,<br />

sondern vor allem den fachlichen Fokus auf<br />

ihre jeweilige Aufgabe.<br />

Was ist daran schlimm, sofern sie diese<br />

Aufgabe gut erledigen?<br />

Ein Gebäude ist keine Produktionsmaschine,<br />

an die man als Ingenieur einen Haken setzen<br />

kann, wenn sie bauplangemäß funktioniert.<br />

Es ist ein Lebensraum, in dem man wohnt, in<br />

dem man arbeitet, in dem man sich trifft, in<br />

dem man ins Konzert geht, was auch immer.<br />

Da kommen unterschiedlichste Bereiche mit<br />

jeweils eigenen Anforderungen zusammen,<br />

die in den Fächern Maschinenbau und Elektrotechnik<br />

naturgemäß nicht behandelt werden.<br />

Das ist in unserem Studiengang anders. Wir<br />

bilden Planer aus, die aus dem Gebäudezusammenhang<br />

heraus denken können, den<br />

gesamten Kontext sehen und mögliche Wechselwirkungen<br />

erkennen. Ich will damit nicht<br />

sagen, dass Maschinenbauer das nicht auch<br />

lernen könnten. Aber sie müssen sich dieses<br />

Denken erst im Nachhinein aneignen. Wir<br />

geben es unseren Studierenden von Beginn<br />

an mit.<br />

Wie viele beginnen im Schnitt bei Ihnen<br />

das Studium?<br />

Es sind etwas mehr als 20 Studierende pro<br />

Jahr, aber es dürfen gern noch mehr werden!<br />

Man darf allerdings nicht vergessen, dass es<br />

ein MINT-Fach ist, das gewisse naturwissenschaftliche<br />

Ansprüche stellt. Dazu gehören<br />

etwa Thermodynamik, Strömungslehre oder<br />

Grundlagen in Informatik. Das müssen die<br />

Studierenden draufhaben, um nicht nur die<br />

heutige Gebäudetechnik zu verstehen, sondern<br />

auch das, was in Zukunft noch kommen<br />

kann – über die Wärmepumpe haben wir ja<br />

bereits gesprochen.<br />

Schaffen es alle Studierende bis zum<br />

Abschluss?<br />

Nein, nicht alle schließen das Studium ab.<br />

Manche wechseln zum Beispiel auch in einen<br />

anderen Studiengang. Das Schöne an der<br />

TH Lübeck ist, dass wir hier ein Biotop mit<br />

allen Bereichen des Bauwesens haben, über<br />

die Fachdisziplinen und Maßstäbe hinweg<br />

von ganz klein bis ganz groß: Architektur,<br />

Bauingenieurwesen, Gebäudetechnik und<br />

Stadtplanung. In den Grundlagenvorlesungen<br />

sitzen die Studierenden häufig zusammen und<br />

lernen sich untereinander und die anderen<br />

Studiengänge kennen. Da gibt es dann einige,<br />

die nach den ersten Semestern wechseln, weil<br />

ihnen einer der anderen Studiengänge noch<br />

attraktiver erscheint. Umgekehrt kommen<br />

auch immer wieder Studierende zu uns. In<br />

den höheren Semestern gibt es gemeinsame<br />

Projekte, bei denen man dann als angehende<br />

Fachleute zusammenarbeitet. Die Breite unseres<br />

Studienangebotes im Bauwesen kommt<br />

den Studierenden also in jedem Fall zugute.<br />

STUDENTEN-<br />

PORTRÄTS<br />

Alicia<br />

STUDENTEN-PORTRÄTS<br />

60<br />

61


„DAS SPANNENDE IST,<br />

DASS MAN NICHT NUR DIE<br />

GEBÄUDETECHNIK BETRACHTET,<br />

SONDERN AUCH VIEL AUS<br />

ANDEREN FACHDISZIPLINEN<br />

MITBEKOMMT.“<br />

„MICH HAT<br />

INTERESSIERT, WIE<br />

WIR NACHHALTIG MIT<br />

ENERGIE UMGEHEN<br />

KÖNNEN.“<br />

„DAS SPANNENDE IST,<br />

DASS MAN NICHT NUR<br />

DIE GEBÄUDETECHNIK<br />

BETRACHTET, SONDERN<br />

AUCH VIEL AUS ANDEREN<br />

FACHDISZIPLINEN<br />

MITBEKOMMT.“<br />

„BESONDERS DIE NÄHE ZU<br />

DEN PROFESSOREN SCHÄTZE<br />

ICH SEHR.“<br />

STUDENTEN-PORTRÄTS<br />

Alicia, 24<br />

studiert im 7. Semester Nachhaltige Gebäudetechnik an der Technischen<br />

Hochschule Lübeck.<br />

Der Weg zur Gebäudetechnik führte für Alicia über eine ungewöhnliche<br />

Ausbildung. „Ich habe eine Lehre zur Bürokauffrau gemacht“,<br />

sagt die 24-Jährige. „Ich habe aber gemerkt, dass das auf Dauer<br />

nichts für mich ist.“ Da sie ihren Ausbildungsplatz allerdings im elterlichen<br />

Bauunternehmen hatte, war die Richtung für Alicia allerdings<br />

schnell klar. „Ich habe gemerkt, dass mich das interessiert.<br />

Als ich dann den Studiengang entdeckt hatte, wollte ich auf jeden<br />

Fall an die Hochschule.“ Nach dem Abschluss seien die Möglichkeiten<br />

schier unendlich. „Man kann als Planer arbeiten, als Bauleitung<br />

oder sich spezifisch für ein bestimmtes Gewerk entscheiden,<br />

man kann ins Gebäudemanagement, in Bauphysikbüros. Oder man<br />

macht sich selbständig als Energieberater“, ergänzt Alicia. Durch<br />

ihr Studium betrachtet sie Häuser heute anders. „Man fährt an einem<br />

Gebäude vorbei und fragt sich, was man daran ändern könnte<br />

oder welche Technik verwendet wurde“, sagt sie.<br />

Robin, 27<br />

hat im Frühjahr seinen Bachelor im Studiengang Nachhaltige Gebäudetechnik<br />

an der Technischen Hochschule Lübeck absolviert.<br />

Seit März ist Robin mit dem Studium fertig. Probleme, einen Job zu<br />

finden, hatte er keine, sagt er. „Ich habe ein paar Bewerbungen geschrieben<br />

und wurde jedes Mal zum Gespräch eingeladen. Am Ende<br />

hat man die Qual der Wahl.“ Der 27-Jährige arbeitet inzwischen in<br />

einem kleinen Planungsbüro. „Ich habe mich für die technische<br />

Gebäudeausrüstung entschieden, wobei es auch noch viele andere<br />

spannende Bereiche gegeben hätte“, sagt er. Für das Studium an<br />

der TH Lübeck hat sich Robin entschieden, da es seinem Interesse<br />

an Technik und an Nachhaltigkeit entsprochen habe. „Mich<br />

hat interessiert, wie wir nachhaltig mit Energie umgehen können“,<br />

sagt er. Das Studium habe einen sehr vielseitigen Blick auf Gebäude<br />

ermöglicht. In seiner Bachelorarbeit hat Robin folgerichtig<br />

untersucht, wie man mit einer Wasserstoff-Brennstoffzelle den<br />

CO2-Abdruck der Technischen Hochschule verringern könnte. „Ich<br />

fand den Gedanken einfach interessant, da Wasserstoff komplett<br />

regenerativ erzeugt werden kann“, sagt er.<br />

Patrick, 31<br />

hat 2020 seinen Bachelor im Studiengang Nachhaltige Gebäudetechnik<br />

an der Technischen Hochschule Lübeck absolviert.<br />

Als Patrick sein Studium in Lübeck begann, trug der Studiengang<br />

noch den Namen Energie- und Gebäudeingenieurwesen. Mit dem<br />

Thema Nachhaltigkeit hatte sich der 31-Jährige bereits beschäftigt.<br />

In seiner Bachelorarbeit befasste sich Patrick mit der Wirtschaftlichkeit<br />

von Brennstoffzellen. „Es sollte darum gehen, wie<br />

Wasserstoff, der das ganze Jahr über mit überschüssigem Strom aus<br />

Photovoltaik-Zellen erzeugt wird, im Winter zum Heizen und zur<br />

Stromerzeugung genutzt werden kann“, erklärt Patrick, der inzwischen<br />

in einem Ingenieurbüro für die Planung von Gebäudetechnik<br />

arbeitet. Vor seinem Studium hat der 31-Jährige eine Ausbildung<br />

zum Anlagenmechaniker für Sanitär, Heizung und Klimatechnik<br />

abgeschlossen. „Ich habe nach drei Jahren Gesellentätigkeit geschaut,<br />

wie ich mich weiterentwickeln könnte und mich dann für<br />

ein Studium entschieden, weil ich dadurch am breitesten aufgestellt<br />

bin“, sagt er. Der Studiengang in Lübeck habe ideal zu seiner<br />

Ausbildung gepasst. „Und das Spannende ist, dass man nicht<br />

nur die Gebäudetechnik betrachtet, sondern auch viel aus anderen<br />

Fachdisziplinen mitbekommt“, sagt Patrick.<br />

Jim, 27<br />

studiert im 5. Semester Green Buildings Systems an der FH Westküste.<br />

„Zum Studium bin ich über den zweiten Bildungsweg gekommen.<br />

Zuvor habe ich eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-,<br />

Heizungs- und Klimatechnik absolviert und einen Meistertitel<br />

im Installateur- und Heizungsbauerhandwerk erworben. Deswegen<br />

wollte ich unbedingt an eine praxisnahe Fachhochschule. Die habe<br />

ich in Heide gefunden. Besonders die Nähe zu den Professoren<br />

schätze ich sehr. Da der Studiengang recht klein ist, ist sogar eine<br />

individuelle Betreuung möglich, in der ein spontanes Telefonat mit<br />

einer Professorin oder einem Professor nicht unüblich ist. Für mich<br />

ist die Erzeugung von regenerativer oder ‚sauberer’ Energie und<br />

die Reduzierung von Wärmeverlusten ein Schwerpunkt. Besonders<br />

wichtig ist für mich die Transmission von ‚Altlasten’. Sprich: Je<br />

weniger Wärmebedarf ein Gebäude hat, umso weniger Energie muss<br />

auch bereitgestellt werden. Aktuell befinde ich mich im Praxissemester<br />

bei einem Ingenieurbüro, das sich mit der Planung technischer<br />

Gebäudeausrüstung beschäftigt. Diese Tätigkeit könnte ich<br />

mir durchaus für später vorstellen. Allerdings würde ich auch gern<br />

bei einem Hersteller für Wärmepumpen arbeiten, da mich dieses<br />

Thema sehr interessiert. Forschung finde ich ebenfalls spannend,<br />

besonders die Thermodynamik von verschiedenen Erzeugern der<br />

Wärme- und Kältetechnik.“<br />

STUDENTEN-PORTRÄTS<br />

Text Robert Otto-Moog | Foto Sebastian Weimar<br />

Text Robert Otto-Moog | Foto Sebastian Weimar<br />

Text Robert Otto-Moog | Foto Sebastian Weimar<br />

Text Robert Otto-Moog | Foto Christina Kloodt<br />

62<br />

63


„DER STUDIENGANG IST<br />

BESONDERS, DA WIR SEIT DEM<br />

ERSTEN SEMESTER DEN BEZUG<br />

ZUR PRAXIS HABEN.“<br />

„DAS THEMA<br />

‚GREEN BUILDING‘<br />

HAT EINE ENORME<br />

BEDEUTUNG.“<br />

Text & Fotos Stella<br />

Kennedy<br />

STUDENTEN-PORTRÄTS<br />

Franziska, 24<br />

studiert im 5. Semester Green Buildings Systems an der FH Westküste.<br />

„Green Building wird in Zukunft immer wichtiger, und die Alternativen<br />

zu herkömmlichen Lösungen beim Bauen werden sehr schnell<br />

immer besser. Es ist notwendig, Gebäude als Ganzes zu betrachten,<br />

unabhängig von den einzelnen Gewerken. Wir müssen ganzheitliche<br />

Lösungen finden. Das lernen wir im Studium. Dabei bleiben wir<br />

auch immer auf dem Laufenden, was Neuerungen angeht. Ich bin<br />

über das Handwerk zu meinem Studiengang gekommen. Während<br />

meiner Lehre zur Tischlerin habe ich gemerkt, dass ich das Bauwesen<br />

sehr spannend finde. Anschließend suchte ich nach entsprechenden<br />

Studiengängen und bin auf umweltgerechte Gebäudesystemtechnik<br />

gestoßen. Der Studiengang ist besonders, da wir seit<br />

dem ersten Semester den Bezug zur Praxis haben. Aktuell bin ich<br />

im fünften Semester. Das ist bei uns das Praxissemester. Das heißt,<br />

wir arbeiten 20 Wochen als Praktikanten in einem Unternehmen,<br />

das wir uns selbst aussuchen können. Ich bin in Heide geblieben<br />

in einem Planungsbüro für Technische Gebäudeausrüstung (TGA).<br />

In den vergangenen beiden Monaten habe ich gemerkt, dass mir<br />

das Planen der unterschiedlichen Gewerke und Anlagen besonders<br />

gefällt. Ich kann mir vorstellen, auch zukünftig in diesem Bereich<br />

zu arbeiten.“<br />

Text Robert Otto-Moog | Foto Christina Kloodt<br />

Darius, 25<br />

studiert im 7. Semester Green Buildings Systems an der FH Westküste.<br />

„Für den Studiengang habe ich mich entschieden, weil ich an den<br />

technischen Aspekten von Gebäuden sehr interessiert bin. Hinzu<br />

kommt die klare Ausrichtung auf die Integration von erneuerbaren<br />

Energien. Das Thema ‚Green Building‘ hat eine enorme Bedeutung.<br />

Durch ökologisches Bauen können viele Ressourcen im Gebäudesektor<br />

eingespart werden – insbesondere auch durch die Verwendung<br />

von erneuerbaren Energien und die Modernisierung der Heizungsanlagen.<br />

In unserem Studiengang haben wir eine große Nähe<br />

zu den Professorinnen und Professoren und die Lerngruppen sind<br />

klein. Das ermöglicht gute Diskussionen, um Themen und Lernstoff<br />

zu vertiefen. In wenigen Wochen starte ich mit meiner Bachelor<br />

Thesis – danach würde ich gern wie bisher an der Planung von Gebäuden<br />

arbeiten. Als langfristiges Ziel möchte ich meinen Schwerpunkt<br />

auf die Bereiche Energieeffizienz und Automation legen.“<br />

Text Robert Otto-Moog | Foto Christina Kloodt<br />

Eine Schule auf dem Meer<br />

Auf dem Schulschiff „Thor Heyerdahl“ segeln 33 Jugendliche<br />

um die halbe Welt und erleben Abenteuer. Sie lernen<br />

dabei für die Schule – aber vor allem fürs Leben.<br />

Ein klarer Aprilmorgen am Hafen von Kiel. Möwen kreischen, geschäftiges Treiben<br />

auf den Stegen, eine Sonne, die über dem strahlend blauen Morgenhimmel<br />

aufgegangen ist. Aber der Menschenmenge am Ufergelände ist das egal,<br />

sie hält Ausschau. Alle Blicke gehen aufs Wasser, und da in der Ferne sieht<br />

man ihn auch schon, den majestätischen alten Dreimaster, der durch die<br />

Kieler Bucht einbiegt in die Schwentine und direkt auf sie zugleitet.<br />

64<br />

65


Sie ist wieder zurück, sie ist da: die Thor<br />

Heyerdahl! Das Schulschiff, was die vergangenen<br />

sechseinhalb Monate unterwegs war und<br />

um die halbe Welt gesegelt ist. Und mit ihm<br />

33 Jugendliche aus ganz Deutschland, für die<br />

das Schiff das vergangene halbe Jahr Schule,<br />

Zuhause und das größte Abenteuer ihres<br />

Lebens war.<br />

Jedes Jahr im<br />

Winterhalbjahr unterwegs:<br />

das Klassenzimmer<br />

unter Segeln<br />

Seit 2008 segelt der Dreimaster jedes Jahr von<br />

Mitte Oktober bis Ende April als „Klassenzimmer<br />

unter Segeln“ (KuS) über die Weltmeere.<br />

KuS ist ein Schulprojekt, das von der Friedrich-Alexander-Universität<br />

Erlangen-Nürnberg<br />

durchgeführt wird. Dabei verbringen Schülerinnen<br />

und Schüler der gymnasialen Jahrgangsstufe<br />

rund die Hälfte ihrer 10. Klasse<br />

an Bord des Dreimasttoppsegelschoners. Die<br />

Reise, die den Spuren der großen Entdecker<br />

wie Alexander von Humboldt oder Christoph<br />

Kolumbus folgen möchte, führte sie dabei von<br />

Deutschland über die Kanaren und Kap Verde<br />

bis in die Karibik und über die Azoren wieder<br />

zurück.<br />

Laut Dr. Ruth Merk, die das Projekt leitet<br />

und bei dieser Tour vier Monate mit an Bord<br />

war, ist die Zeit auf dem Schiff viel mehr als<br />

nur Schule: „Wir werden hier zu einer richtigen<br />

Lebensgemeinschaft“, sagt sie. „Zu einer<br />

Familie“. Denn wer zusammen kocht, lernt,<br />

segelt, aber auch unter Deck die Klos putzt –<br />

der hält zusammen und schließt Freundschaften<br />

fürs Leben.<br />

„Ich hab‘ das noch<br />

nie erlebt, so eine<br />

Gruppengemeinschaft“<br />

Das bestätigt Schülerin Lilian Marciniak (16).<br />

Sie geht auf das Hamburger Gymnasium Süderelbe<br />

und war bei der letzten Tour dabei: „Ich<br />

hab‘ das noch nie erlebt, so eine Gruppengemeinschaft.<br />

Das werde ich nie vergessen.“<br />

Die 16-Jährige erzählt, dass sie schon als<br />

Kind von dem Schulschiff erfuhr. „Ich hatte<br />

die Kika-Serie ‚KlasseSegelAbenteuer‘ angeschaut,<br />

in der eine der ersten Touren von<br />

einem Kamerateam begleitet wurde“, sagt sie.<br />

Als Lilian dann mit vierzehn von der Möglichkeit<br />

liest mitzureisen, bewirbt sie sich und<br />

bangt um einen der rund dreißig Plätze. Nachdem<br />

sie die schriftliche Bewerbungsphase<br />

passiert hat, nimmt sie mit fünfzig anderen<br />

Bewerbern an dem obligatorischen rund fünftägigen<br />

Probetörn teil, der wegen Corona<br />

diesmal online stattfand. „Da wird geschaut,<br />

wer gut in die Gruppe passt – bei so langer<br />

Zeit auf engstem Raum ist das ja total wichtig“,<br />

erklärt die Schülerin.<br />

Zu Lilians Freude erlebt sie kurze Zeit später<br />

neben der Zusage eine Überraschung: „Witzigerweise<br />

ist als Teil der Stammbesetzung eine<br />

dabei, die damals in der Serie als Schülerin<br />

mitgefahren war“, sagt sie lachend.<br />

Ein Unterricht der<br />

ganz besonderen Art<br />

Für Lilian ist die Reiseerfahrung nicht nur<br />

sozial bereichernd, auch schulisch nimmt sie<br />

viel mit: „Man sitzt nicht nur stumpf am Tisch<br />

und lernt, wie an einer normalen Schule“,<br />

sagt sie. „Stattdessen haben wir viel mehr<br />

Experimente gemacht. Erst wurde was ausprobiert<br />

und dann wurde erklärt: Deshalb ist das<br />

so, so funktioniert das“, hebt sie hervor. „Man<br />

hatte viel mehr das Gefühl, wirklich etwas zu<br />

lernen, was man irgendwann wirklich braucht,<br />

weil man direkt so eine Vergleichsmöglichkeit<br />

hatte.“<br />

Diese Art der Wissensvermittlung ist Ruth<br />

Merk besonders wichtig. Sie betont, dass die<br />

klassische Aufarbeitung des Schulmaterials<br />

nur ungefähr 35 bis 40 Prozent des Zeitumfanges<br />

einnimmt, den die Jugendlichen von<br />

der Schule daheim gewohnt wären. Doch auch<br />

während der restlichen Zeit werde gelernt –<br />

nur nicht auf konventionelle Art.<br />

„Wenn zum Beispiel ein fliegender Fisch an<br />

Deck landet, dann kommt der im Bio-Unterricht<br />

auf den Tisch. Wenn wir auf einen Vulkan<br />

gehen, dann erfahren wir bei der Exkursion<br />

mehr zum Thema Vulkanismus. Wenn wir<br />

durch den Regenwald wandern, wird tropischer<br />

Regelwald zum Unterrichtsinhalt“, sagt<br />

Merk. Alle Lerninhalte würden mit der Realität<br />

verknüpft werden, betont sie. Zum Glück<br />

passen die meisten Themen auch mit dem<br />

bayrischen Lehrplan überein, an dem sich das<br />

KuS-Projekt orientiert.<br />

Auf Deck, unter Deck<br />

oder an Land – gelernt<br />

wird überall<br />

Der Unterricht selbst finde dabei entweder<br />

unter Deck in der Messe statt – also dem<br />

„Wohnzimmer“ des Schiffs, der Klassen- und<br />

Freizeitraum zugleich sei – oder in wärmeren<br />

Gegenden, wie in der Karibik, an Deck. Dabei,<br />

erzählt Lilian, war die Beziehung zu den Lehrern<br />

freundschaftlich und auf Augenhöhe:<br />

„An Bord haben wir uns alle geduzt, irgendwie<br />

war das auch fürs Lernen förderlich – so<br />

eine lustige, entspannte Stimmung zwischen<br />

den Erwachsenen und uns“, erinnert sich die<br />

Schülerin.<br />

Das Leben findet für die Jugendlichen aber<br />

nicht nur auf hoher See statt. Neben dem<br />

Besuch einiger kleiner Inselstaaten in der<br />

Karibik gibt es auch mehrwöchige Landaufenthalte.<br />

Insgesamt viermal sind die Jugendlichen<br />

während der Reise an Land, um Flora,<br />

Fauna, Kultur und Geschichte der jeweiligen<br />

Länder zu studieren – diesmal wegen des Vulkanausbruchs<br />

auf La Palma und Erdbeben auf<br />

den Azoren – aber zum Teil etwas anders als<br />

ursprünglich geplant.<br />

Ein Abenteuer, das<br />

Menschlichkeit lehrt<br />

„Unsere Reise war wirklich ein Abenteuer<br />

– von Anfang bis Ende“, erzählt Lilian. Am<br />

eindrücklichsten findet sie ein Ereignis, was<br />

gleich am Anfang, in der ersten Etappe passierte:<br />

„Ich hatte zu der Zeit Backschaft, stand<br />

also in der Küche und kochte, aber unser Ausguck<br />

entdeckte zwei Männer, die auf einem<br />

winzigen Schlauchboot mitten auf dem Meer<br />

dahintrieben.“ Sie erzählt, wie die Schiffsmannschaft<br />

ein „Person-über-Bord“-Manöver<br />

fährt und den Männern Essen, Getränke und<br />

Rettungswesten zuwirft.<br />

Später erfahren sie, dass es sich um zwei<br />

somalische Geflüchtete handelt, die von Calais<br />

in Frankreich nach Großbritannien übersetzen<br />

wollten, aber abgetrieben worden waren.<br />

„Wären sie weiter auf die Nordsee getrieben,<br />

wären sie wahrscheinlich nicht mehr gefunden<br />

worden“, sagt Lilian. „Als es dunkel<br />

wurde, entschied unser Kapitän, dass wir sie<br />

an Bord nehmen – obwohl wir das rechtlich<br />

nicht durften.“ Am Abend dann seien beide<br />

Männer von der Küstenwache abgeholt worden.<br />

Zurück bleibt eine Gruppe, die das Erlebnis<br />

stark mitgenommen, die der Akt des Helfens<br />

aber zusammengeschweißt hat.<br />

24 Stunden in einem<br />

Wald auf den Azoren<br />

allein für sich<br />

Nun ist ein Monat seit der Rückkehr der Thor<br />

Heyerdahl vergangen. Lilian ist aber noch<br />

immer bewegt: „Ich habe auch so viel über<br />

mich selbst gelernt“, sagt sie. Gefördert hätten<br />

das die sogenannten Solo-Zeiten, die den<br />

Schülern aufgetragen wurden. „Das war ein<br />

fester Zeitraum, in dem man sich hinsetzen<br />

sollte, um einfach nur nachzudenken“, erinnert<br />

sie sich. „Anfangs ging das eine halbe<br />

Stunde, dann waren es drei Stunden und<br />

zuletzt wurde es gesteigert auf ein 24-Stunden-Solo.“<br />

Dabei seien die Schüler 24 Stunden<br />

in einem Wald auf den Azoren allein für<br />

sich gewesen, ausgestattet mit Rucksäcken,<br />

Hängematten und Schlafsäcken. „Das war eine<br />

so wahnsinnig tolle Erfahrung, das würde ich<br />

sofort nochmal machen“, erzählt sie begeistert.<br />

Mußestunden, um das Geschehene Revue<br />

passieren zu lassen und zu reflektieren.<br />

„Während des halben Jahres ist mir auch<br />

aufgefallen, wie wenig ich mein Handy noch<br />

brauche“, ergänzt Lilian. „Mir wurde bewusst,<br />

dass wir uns viel mehr mit den Dingen befasst<br />

haben, die um uns herum waren, als auf Instagram<br />

zu gucken, was die neusten Updates<br />

sind“, sagt sie. Diese aktive Auseinandersetzung<br />

mit der meist fremden Umwelt habe<br />

bei ihr zu einem neuen Bewusstsein geführt<br />

und sie erzählt, dass sie heute ihr Handy viel<br />

weniger benutze als davor.<br />

33 Jugendliche, ein Schiff und sechseinhalb<br />

Monate Zeit. Das Klassenzimmer unter Segeln<br />

schafft etwas, was eine kostbare Seltenheit<br />

in unserem schnelllebigen digitalen Zeitalter<br />

ist: Jugendlichen beizubringen, was Gemeinschaft<br />

heißt – auch Bedürftigeren gegenüber.<br />

Aber auch, was es heißt, achtsam zu sein mit<br />

sich. Ohne Handy, ohne Strom, in der Natur<br />

oder auf dem Wasser. Eine Schule für nichts<br />

Geringeres als das Leben selbst.<br />

www.thor-heyerdahl.de<br />

66


SERVICE<br />

sehen<br />

SEHEN<br />

Angeschaut<br />

Earthstorm: Naturgewalten<br />

auf der Spur<br />

.... Seite 69<br />

Angeschaut<br />

Film-Tipps<br />

Angelesen<br />

Buch-Tipps .... Seite 70<br />

Was kostet die (duale) Welt? .... Seite 72<br />

H<br />

I<br />

L<br />

F<br />

E<br />

How to Erstsemester<br />

So gelingt der Studienbeginn .... Seite 74<br />

Abgehört<br />

Podcast-Tipps .... Seite 71<br />

Ausgegangen<br />

Veranstaltungs-Tipps .... Seite 71<br />

Uni oder Job? Warum nicht beides!<br />

Trend duales Studium – nie war praxisnahes Studieren<br />

so beliebt! .... Seite 76<br />

Text Anja Nacken | Fotos Ilze Kitshoff / Netflix, Warner Bros.<br />

Earthstorm: Naturgewalten auf der Spur<br />

(Victoria Weaver <strong>2022</strong>)<br />

Seit Oktober <strong>2022</strong> zeigt Netflix in seiner<br />

beeindruckenden Dokumentationsserie<br />

„Earthstorm: Naturgewalten auf der Spur“ die<br />

Entstehung, die Ausmaße und die weltweite<br />

Zunahme zerstörerischer Naturereignisse. Tornados,<br />

Erdbeben, Vulkanausbrüche und Hurrikans<br />

der jüngsten Vergangenheit werden mittels<br />

spektakulärer Aufnahmen visualisiert und<br />

machen das tatsächliche Ausmaß der Katastrophen<br />

für den Zuschauer begreifbar. Berichte<br />

von Überlebenden, Helfern und Wissenschaftlern<br />

über Erlebtes und die Folgen für Mensch<br />

und Natur decken schonungslos die Realität<br />

auf. Der Vierteiler zeigt die Verletzbarkeit des<br />

Lebens auf diesem Planeten und wirft existentielle<br />

Fragen nach der Beherrschbarkeit<br />

der Natur und den Folgen der von Menschen<br />

verursachten Klimakatastrophe auf.<br />

Zu sehen bei Netflix.<br />

Der Junge, der den Wind einfing<br />

(Chiwetel Ejiofor, 2<strong>01</strong>9)<br />

Das Regiedebüt des oscarnominierten britischen<br />

Schauspielers Chiwetel Ejiofor (12<br />

Years A Slave) basiert auf dem gleichnamigen<br />

autobiografischen Bestseller von William<br />

Kamkwamba. Der 14-jährige William (Maxwell<br />

Simba) wächst als Sohn eines Bauern (Chiwetel<br />

Ejifor) in einem ärmlichen Dorf im<br />

südostafrikanischen Staat Malawi auf. Die<br />

Eltern versuchen trotz dürftiger Mittel ihren<br />

Kindern eine Schulbildung zu ermöglichen,<br />

bis zuerst Überschwemmungen und dann Dürren<br />

die Ernten und damit die Existenzgrundlage<br />

der Familien vernichten. Der begabte<br />

und sehr an Naturwissenschaften und Technik<br />

interessierte William muss aus Geldmangel<br />

die Schule verlassen, darf aber mithilfe<br />

eines Lehrers die Schulbibliothek heimlich<br />

weiterhin nutzen. Auf dem Höhepunkt der<br />

sich anschließenden größten Hungersnot<br />

dieser Zeit schafft William das Unglaubliche:<br />

Das Buch „Using Energy“ beflügelt ihn zum<br />

Bau einer Windmühle, die, obwohl nur aus<br />

Schrottteilen zusammengebastelt, Elektrizität<br />

erzeugt und mittels einer Pumpe dafür sorgt,<br />

dass die Felder seines Dorfes wieder bewässert<br />

werden können.<br />

Der in London als Sohn nigerianischer Einwanderer<br />

geborene Chiwetel Ejiofor erzählt<br />

mit „Der Junge, der den Wind einfing“<br />

auf wunderschöne Weise eine afrikanische<br />

Erfolgsgeschichte, die ohne Hollywood-Pathos<br />

auskommt und sowohl visuell als auch<br />

erzählerisch absolut überzeugt.<br />

Zu sehen auf DVD oder bei Netflix.<br />

Der Sturm<br />

(Wolfgang Petersen, 2000)<br />

Mit diesem Film hat der kürzlich verstorbene<br />

Ostfriese Wolfgang Petersen (u.a. „Das<br />

Boot“) einmal mehr sein Können als Regisseur<br />

für das große Hollywood-Kino bewiesen.<br />

Das auf einer wahren Begebenheit beruhende<br />

Action-Drama (mit George Clooney und Mark<br />

Wahlberg in den Hauptrollen) ist den zahllosen<br />

Fischern aus Gloucester im US-Bundesstaat<br />

Massachusetts gewidmet, die seit dem<br />

17. Jahrhundert ihr Leben auf See ließen.<br />

Schlechte Fangergebnisse und wirtschaftliche<br />

Not zwingen Captain Billy Tyne und eine<br />

zwielichtige Crew trotz schlechten Wetters zu<br />

einer Ausfahrt nach Fangsaisonende. Ziel ist<br />

das von der US-Ostküste weit entfernte Flemish<br />

Cap in der Hoffnung, mit einem letzten<br />

lukrativen Schwertfischfang dem Ruin zu entkommen.<br />

Der Fang ist erfolgreich, aber auf<br />

hoher See braut sich ein Jahrhundertsturm<br />

zusammen. Den Sturm abzuwarten scheidet<br />

aufgrund einer defekten Eismaschine als<br />

Option aus. Der Fang muss schnellstmöglich<br />

an Land. Die Crew steuert mitten in diese<br />

unberechenbare Naturgewalt und kämpft<br />

fortan ums nackte Überleben. Billy Tyne entscheidet<br />

sich schließlich doch zur Umkehr und<br />

damit für die Rettung seiner aufopferungsbereiten<br />

Mannschaft. Da erfasst eine Riesenwelle<br />

das Schiff…<br />

Die 100-Millionen-Dollar-Produktion ist ein<br />

Klassiker und preisgekrönt. Der Film liefert<br />

atemberaubende Action mit Unterhaltungsfaktor<br />

und hält sich doch an die ungeschönte<br />

Wahrheit.<br />

Zu sehen auf DVD und online bei verschiedenen<br />

Streaming-Anbietern.<br />

68<br />

69


lesen<br />

LESEN<br />

hören<br />

HÖREN<br />

erleben<br />

ERLEBEN<br />

Angelesen<br />

Abgehört<br />

Ausgegangen<br />

Buch-Tipps<br />

Podcast-Tipps<br />

Veranstaltungs-Tipps<br />

Sturm<br />

Christoph Scheuring<br />

Die militante Klima- und Tierschützerin Nora<br />

aus Deutschland ist von einem Gericht zu<br />

Sozialstunden auf einem kanadischen Fischkutter<br />

verurteilt. Dort begegnet sie dem jungen,<br />

wortkargen Fischer Johan, dessen Überleben<br />

und das seiner Familie nur durch das<br />

in Noras Augen abscheuliche Töten gesichert<br />

ist. Unterschiedlicher könnten die Welten der<br />

beiden nicht sein und ein gegenseitiges Verständnis<br />

für die Ansichten des anderen scheint<br />

unvorstellbar. Ganz im Gegenteil! Vorurteile<br />

und Verachtung prägen den Umgang miteinander.<br />

Als aber das Schiff draußen auf dem<br />

Atlantik in einen lebensbedrohlichen Hurrikan<br />

gerät, der die normalen menschlichen Gesetze<br />

außer Kraft setzt, ändern die beiden Protagonisten<br />

die Sicht aufeinander. Dem SPIE-<br />

GEL-, Stern- und ZEIT-Journalisten Christoph<br />

Scheuring gelingt mit diesem Roman ein Brückenschlag<br />

zwischen unterschiedlichen Wünschen,<br />

veränderbaren Haltungen und gemeinsamen<br />

Werten. Dass Toleranz auch wehtun<br />

kann und vielleicht sogar muss, beschreibt<br />

Christoph Scheuring eindrucksvoll.<br />

Ein besonderes Buch, das so viel mehr als<br />

Umweltschutz und -aktivismus thematisiert.<br />

Verlag: magellan 2020 | Preis: 18,00<br />

Erneuerbare Energien zum Verstehen<br />

und Mitreden<br />

Christian Holler, Joachim Gaukel, Harald<br />

Lesch, Florian Lesch<br />

Wissenschaftliche Fakten haben oftmals<br />

den Ruf, schwer verständlich zu sein. Ganz<br />

anders in diesem gemeinsamen Buch der<br />

Wissenschaftler und Autoren Christian Holler,<br />

Joachim Gaukel sowie Harald und Florian<br />

Lesch. Ausgehend vom Thema Nutzung fossiler<br />

Energien und deren Auswirkungen auf<br />

unsere Umwelt werden gesicherte Tatsachen,<br />

die ein Umdenken und einen Umbau der Energieversorgung<br />

erfordern, erläutert. Zusätzlich<br />

werden die erneuerbaren Energiequellen verständlich<br />

vorgestellt. Neben der Beschreibung<br />

der einzelnen Energieformen geht es vor allem<br />

um deren Verfügbarkeit und wie viel sie leisten<br />

können. Denn über allem steht die Frage:<br />

Können wir mit erneuerbaren Energien unseren<br />

großen Energiebedarf stillen? Das Buch<br />

enthält zahlreiche anschauliche Illustrationen<br />

und liefert einen einfallsreich bebilderten<br />

Kompass für die Welt der erneuerbaren<br />

Energien – ausgezeichnet von der Stiftung<br />

Buchkunst als eines der schönsten deutschen<br />

Bücher.<br />

Das richtige Buch für alle, die mitdenken,<br />

mitreden und mitentscheiden wollen über die<br />

Energien der Zukunft.<br />

Verlag: C.Bertelsmann 2021 | Preis: 18,00<br />

Allein gegen den Wind – Nonstop in<br />

343 Tagen um die Welt<br />

Wilfried Erdmann<br />

Allein schon die Vita des berühmten Einhandseglers<br />

und Autors Wilfried Erdmann<br />

liest sich wie ein Abenteuerroman. Erdmann,<br />

heute wohnhaft in einem kleinen Dorf an der<br />

Schlei, haben Extreme und Grenzerfahrungen<br />

sein ganzes Leben lang fasziniert und<br />

ihn insbesondere in seiner Königsdisziplin<br />

„Segeln“ zu spektakulären und dekorierten<br />

Höchstleistungen geführt. Seine erste Weltumseglung<br />

im Alleingang startete er bereits<br />

in den 60er-Jahren. Wer aber meint, dass so<br />

einen „alten Seebären“ nichts mehr herausfordern<br />

kann, sollte das Buch „Allein gegen<br />

den Wind“ lesen. Darin schildert Erdmann<br />

ungeschönt einen seiner gefährlichsten Törns<br />

(2000/20<strong>01</strong>) um die Welt, der bislang nur fünf<br />

Seglern überhaupt gelang. 343 Tage stellte er<br />

sich auf seiner lediglich 10,60 m langen Alu-<br />

Yacht KATHENA NUI der abenteuerlichen Herausforderung:<br />

Eine Weltumsegelung in Ost-<br />

West-Richtung – gegen die vorherrschenden<br />

westlichen Winde!<br />

Die 343 Tage von Wilfried Erdmann auf See<br />

zwischen Stürmen, Flauten, Zweifeln, Einsamkeit,<br />

aber auch fantastischen Momenten bieten<br />

selbst für Landratten spannenden Lesestoff<br />

über eine einmalige Reise, die größte<br />

publizistische Resonanz in deutschen und<br />

internationalen Medien erhielt.<br />

Verlag: Delius Klasing 2<strong>01</strong>7 | Preis: 16,90<br />

Text Anja Nacken | Fotos Magellan Verlag, Penguin, Delius Klasing<br />

Text Anja Nacken | Fotos SWR, HUSUM WIND / Ulrich Mertens, Shutterstock<br />

FAKT ab! EINE WOCHE WISSENSCHAFT<br />

Kuh oder Nordsee – wer ist schlimmer fürs<br />

Klima oder popeln auch Affen in der Nase?<br />

Im SWR2-Podcast ‚Fakt ab!‘ sprechen junge<br />

Wissenschaftsjournalisten wöchentlich über<br />

große, kleine und kuriose Forschungsfragen<br />

und diskutieren deren erstaunliche Ergebnisse.<br />

Dabei geht es alles andere als wissenschaftlich-staubtrocken<br />

zu. Diesem Podcast<br />

gelingt eine sowohl witzige, spannende als<br />

auch konkrete Wissensvermittlung in Form<br />

eines entspannten Talks. Absolut hörenswert!<br />

www.swr.de/swr2/wissen/podcast-fakt-abeine-woche-wissenschaft-100.html<br />

FA Wind (<strong>2022</strong>) Podcast der<br />

Fachagentur Windenergie<br />

Die Fachagentur Windenergie an Land (FA<br />

Wind) hat „die Förderung des Umwelt- und<br />

Klimaschutzes durch die Begleitung und<br />

Unterstützung des natur- und umweltverträglichen<br />

Ausbaus der Windenergie an Land<br />

und ihre Systemintegration sowie die Förderung<br />

von Bildung und Wissenschaft in diesem<br />

Bereich“ zum Ziel. Der Podcast liefert<br />

wichtiges Grundlagenwissen über Windenergie.<br />

Dabei kommen verschiedene Experten,<br />

wie z.B. Prof. Dr. Andreas Reuter, Leiter des<br />

Fraunhofers IWES oder Energieexperte Prof.<br />

Dr. Volker Quaschning, zu Wort, die das Thema<br />

gemäß ihrer jeweiligen fachlichen Kompetenz<br />

verständlich erläutern.<br />

www.fachagentur-windenergie.de<br />

HUSUM WIND 2023<br />

12-15.9.2023<br />

Transforming Energy – HUSUM WIND 2023<br />

mit Jobmesse WINDCareer<br />

Wind ist für die Transformation des Energiesystems<br />

der wichtigste Treiber. Auf der<br />

HUSUM WIND trifft sich die gesamte Branche.<br />

Zahlreiche Aussteller aus dem In- und Ausland<br />

zeigen den neuesten Stand der Technik<br />

und die jüngsten Entwicklungen im Bereich<br />

der erneuerbaren Energien. Wie der berufliche<br />

Einstieg in diese stetig wachsende Branche<br />

gelingen kann? Genau darum geht es am letzten<br />

Tag der HUSUM WIND mit der Jobmesse<br />

WINDCareer.<br />

Rund 30 verschiedene Unternehmen, Hochschulen<br />

sowie andere Aus- und Weiterbildungseinrichtungen<br />

stellen sich vor. Schülerinnen<br />

und Schüler, Auszubildende sowie<br />

Studierende haben die Möglichkeit, direkt<br />

mit den Personalverantwortlichen und Mitarbeitenden<br />

der Unternehmen zu sprechen.<br />

Sie erfahren mehr über berufliche Perspektiven,<br />

spannende Jobangebote und erhalten<br />

Tipps für ihre Karriereplanung. Ein vielfältiges<br />

Rahmenprogramm macht die WINDCareer<br />

komplett. Für den Besuch der HUSUM WIND<br />

und der WINDCareer am letzten Messetag, 15.<br />

September, gibt es ein reduziertes Kombi-Ticket.<br />

Aktuelle Infos sind auf der Website der<br />

Messe zu finden.<br />

Messe Husum & Congress | Am Messeplatz<br />

12-18 | 25813 Husum<br />

Infos unter: www.husumwind.com<br />

Multivan Windsurf Cup<br />

25.-28. August 2023<br />

Der Multivan Windsurf Cup ist die ranghöchste<br />

deutsche Regattaserie im Windsurfen. Er<br />

besteht aus jährlich vier bis sieben Tourstopps<br />

an den schönsten Stränden von Nordund<br />

Ostsee oder auch ausgewählten Spots im<br />

Binnenland. Die Internationalen Deutschen<br />

Meisterschaften beim Multivan Surf Cup auf<br />

Sylt sind alljährlich in der letzten Woche im<br />

Juli mit über 120.000 Besuchern der Saisonhöhepunkt<br />

für die Windsurfer.<br />

Im Rahmen des Multivan Windsurf Cups werden<br />

mehrere Disziplinen ausgetragen: Racing<br />

(Formula Windsurfing) als taktische Disziplin,<br />

Foil Slalom und Fin Slalom als technische Disziplinen<br />

und Wave als Expression-Disziplin.<br />

Die Teilnehmer können sich auf einzelne Disziplinen<br />

konzentrieren oder auch in mehreren<br />

oder sogar allen antreten.<br />

Kitesurf Masters | Seebrücke Heiligenhafen<br />

| 23774 Heiligenhafen<br />

Mehr Infos unter: www.windsurfcup.de<br />

70<br />

71


WAS<br />

KOST€T<br />

DIE (DUALE)<br />

WELT?<br />

Du überlegst, dual zu studieren? Hier eine Auflistung der wichtigsten<br />

Kostenfaktoren, die zum (dualen) Studienbeginn auf dich zukommen.<br />

Studiengebühren<br />

Das Beste zuerst. Die meisten Unternehmen,<br />

die ein duales Studium anbieten, übernehmen<br />

die anfallenden Studiengebühren komplett<br />

oder größtenteils. Bietet ein Unternehmen<br />

erst seit kurzem ein duales Studium an und<br />

hat noch keinen Vertrag mit einer Hochschule<br />

abgeschlossen, könnte es sein, dass du die<br />

Studiengebühren selbst tragen musst.<br />

WG-Zimmer<br />

Die Mietkosten für ein WG-Zimmer belaufen<br />

sich auf etwa 300 bis 450 Euro warm (inkl.<br />

Internet und Strom). Die Kosten können je<br />

nach Studienstandort und Größe des Zimmers<br />

sowie der Wohnung jedoch stark variieren.<br />

Hinzu kommen ggf. weitere Ausgaben, etwa<br />

für neue Möbel oder Gemeinschaftsanschaffungen<br />

wie Waschmaschine, Kühlschrank,<br />

Toaster. Wer in eine bereits bestehende WG<br />

zieht, profitiert oft davon, dass vieles schon<br />

vorhanden ist.<br />

Mietkaution<br />

Auch für WG-Zimmer ist meist eine Kaution<br />

zu hinterlegen. Diese beträgt maximal drei<br />

Monatskaltmieten, dividiert durch die Anzahl<br />

der WG-Bewohner. Eine Kaution dient als<br />

Sicherheit für den Vermieter und wird beim<br />

Auszug wieder zurückgezahlt.<br />

Achtung: Es ist immer ratsam, den Zustand<br />

des Zimmers zumindest fotografisch zu dokumentieren.<br />

Krankenversicherung<br />

Die meisten Studierenden müssen sich erst<br />

mit 25 Jahren Gedanken um eine Krankenversicherung<br />

machen. Vorher sind sie in den<br />

meisten Fällen durch die sogenannte „Familienversicherung“<br />

über die Eltern mitversichert.<br />

Dies gilt für dual Studierende und Studis, die<br />

mehr als 450 Euro im Monat verdienen, nicht!<br />

Denn an dieser Einkommensgrenze endet die<br />

beitragsfreie Familienversicherung.<br />

Um dich selbst zu versichern, wendest du dich<br />

an eine Krankenkasse deiner Wahl. Hier gilt:<br />

Vorher schlau machen, welche Krankenkasse<br />

dir die meisten Vorteile bietet! Von deinem<br />

monatlichen Brutto-Gehalt gehen rund 16<br />

Prozent an die Krankenkasse; fünfzig Prozent<br />

der Kosten trägt dein Arbeitgeber. Sowohl die<br />

Kosten für die Krankenversicherung als auch<br />

die Beiträge zur gesetzlichen Pflegepflichtversicherung,<br />

zur Rentenversicherung und<br />

zur Arbeitslosenversicherung entrichtet der<br />

Arbeitgeber direkt; darum musst du dich also<br />

nicht kümmern.<br />

Andere Versicherungen: Private<br />

Haftpflichtversicherung<br />

Unaufmerksam den Fahrradlenker geschwenkt<br />

und schon ziert das parkende Auto eine Delle?<br />

Für Schäden an fremdem Eigentum greift die<br />

private Haftpflichtversicherung. Wenn es sich<br />

bei deinem dualen Studium um eine Erstausbildung<br />

handelt und du im Vertrag deiner<br />

Eltern mitversichert bist, musst du dich nicht<br />

um eine eigene Haftpflichtversicherung kümmern.<br />

Also am besten bei der Versicherung<br />

der Eltern nachfragen!<br />

Dasselbe gilt übrigens für eine Rechtsschutzversicherung.<br />

Essen<br />

In vielen größeren Betrieben sorgen Kantinen<br />

für das leibliche Wohl. Unis und Fachhochschulen<br />

haben meist Mensen, um ihre Studis<br />

zu verpflegen. Da Mensen staatlich subventioniert<br />

werden, können sie vergünstigtes Essen<br />

anbieten. Für die betriebseigene Kantine gibt<br />

es für dual Studierende oft Rabatt durch den<br />

Arbeitgeber.<br />

Ansonsten gilt natürlich: Selber Kochen! Das<br />

ist gesund, macht Spaß und ist oft auch günstiger!<br />

Sport<br />

Stichwort Hochschulsport – viele Unis und<br />

Fachhochschulen bieten ihren Studierenden<br />

ein eigenes Sportprogramm an. Auch Vereine<br />

oder Fitness-Studios haben mitunter einen<br />

vergünstigten Studi-Tarif. Und manche Krankenkassen<br />

übernehmen die Kosten für Fitness-<br />

oder Präventionskurse. Wer sich informiert,<br />

kann also sparen!<br />

Alles andere<br />

Wer zu Hause auszieht, merkt schnell: Spülmittel,<br />

Klopapier, Duschgel, auch Dinge des<br />

täglichen Bedarfs leeren das Portemonnaie.<br />

Ob Kino, eine Kanutour mit Freunden oder<br />

Verabredungen zum Kaffee – Wer gleichzeitig<br />

arbeitet und studiert, verdient auch ein bisschen<br />

Freizeitvergnügen! Diesen Faktor also<br />

bei der Kostenkalkulation bloß nicht vergessen!<br />

Text Lina Kerzmann<br />

Foto Shutterstock<br />

72<br />

73


H L I<br />

F<br />

E<br />

HOW TO ERSTSEMESTER<br />

1. Der Eintritt ins Studium<br />

Damit Studieninteressierte pünktlich zum<br />

Wintersemester – dann beginnen nämlich<br />

die meisten Studiengänge – mit dem Studium<br />

beginnen können, sollten unbedingt die<br />

Bewerbungsfristen eingehalten werden. Für<br />

einen Studienplatz mit Zulassungsbeschränkung<br />

kann man sich vom 15.04. bis zum<br />

15.07. bewerben. Für zulassungsfreie Studiengänge<br />

findet die Bewerbungsphase je nach<br />

Uni von Mitte August bis Mitte Oktober statt.<br />

An den meisten Unis bewirbt man sich über<br />

ein Bewerbungsportal. Zu einer Bewerbung<br />

gehören auf jeden Fall das Antragsformular<br />

und der Nachweis der Hochschulreife. Je<br />

nach Studiengang oder Universität kann der<br />

Umfang der Bewerbung aber variieren.<br />

Sobald die Zusage der Hochschule gekommen<br />

ist, können die zukünftigen Studierenden sich<br />

immatrikulieren, also einschreiben. Meist<br />

muss man dies persönlich tun. Das Zulassungsschreiben<br />

sollte dabei genau durchgelesen<br />

werden, um keine wichtigen Dokumente<br />

zu vergessen.<br />

2. Hilfe, mein Kontostand! Wie<br />

beantrage ich BAföG?<br />

BAföG zu beantragen, ist oft eine Wissenschaft<br />

für sich. Am besten wird ein Beratungstermin<br />

mit dem BAföG-Amt oder einem<br />

AStA-Mitglied vereinbart. Dort sind dann<br />

auch die Antragsformulare für die Studierenden<br />

verfügbar. Eine weitere Möglichkeit ist<br />

der Online-Antrag. Viele Studentenwerke bieten<br />

bereits ein Online-Portal mit praktischen<br />

Hilfestellungen beim Ausfüllen an. Sollte man<br />

kein BAföG erhalten, kommen vielleicht Stipendien<br />

oder Förderkredite infrage.<br />

3. Was, wann, wo? Mit Überblick<br />

zum Stundenplan<br />

Um einen Stundenplan zu erstellen, sollte<br />

zunächst klar sein, welche Kurse überhaupt<br />

belegt werden müssen. Eine Übersicht steht<br />

im sogenannten Studienverlaufsplan, der sich<br />

in der Studienordnung befindet. Der Plan listet<br />

auf, welche Seminare und Vorlesungen für<br />

die jeweiligen Semester vorgesehen sind. Für<br />

einen Bachelorabschluss sind in der Regel 180<br />

Credit Points nötig. Pro Semester sollte man<br />

also etwa 30 Credit Points erreichen. Auf der<br />

Website der jeweiligen Hochschule stehen die<br />

passenden Kurse und Vorlesungen, die dann<br />

zu einem Stundenplan zusammengestellt werden<br />

können.<br />

Wichtig ist, sich in der Anmeldephase für die<br />

jeweiligen Kurse auch einzutragen. Da viele<br />

Kurse schnell voll sind, ist eine rasche Entscheidung<br />

ratsam.<br />

4. Ein Semester – was ist das<br />

eigentlich?<br />

Ein Semester dauert immer sechs Monate und<br />

lässt sich in drei Teile gliedern: die Anmeldephase,<br />

die Vorlesungszeit und die Prüfungsphase.<br />

Während der Anmeldephase trägt<br />

man sich für seine Seminare und Vorlesungen<br />

ein, dies geschieht meist über das jeweilige<br />

Hochschulportal. In der Vorlesungszeit finden<br />

diese dann statt. Am Ende eines jeden Semesters<br />

steht schließlich die Prüfungsphase an,<br />

in der man seine Klausuren und Hausarbeiten<br />

schreibt.<br />

5. Mitarbeiter des Monats – Wie<br />

bekomme ich einen Job?<br />

Ein Job bringt nicht nur Geld, sondern auch<br />

jede Menge wichtige praktische Erfahrungen.<br />

Geeignete Jobs kann man in der Jobbörse der<br />

Universität oder am schwarzen Brett in der<br />

Mensa finden. Auch auf der Internetseite des<br />

Arbeitsamts kann man gezielt nach Werkstudentenjobs<br />

in der Region suchen.<br />

6. Oase der Ruhe oder<br />

Partyzentrale: Wie finde ich eine<br />

Wohnung?<br />

Gerade zu Semesterbeginn ist die Wohnungssuche<br />

eine wahre Herausforderung. Anstatt<br />

sich eine eigene Wohnung zu suchen, kann<br />

man sich auch beim Studentenwerk auf einen<br />

Platz in einem Wohnheim bewerben. Eine<br />

andere Möglichkeit ist das sogenannte Wohnen<br />

für Hilfe, das heißt, man lebt mit einer<br />

älteren Person oder einer Familie zusammen<br />

und bezahlt seine Miete durch vereinbarte<br />

Hausarbeiten. Wer schnell den Kontakt zu<br />

anderen Studenten sucht, für den ist wohl<br />

eine Wohngemeinschaft genau das Richtige.<br />

Angebote sind in der Regel auf den gängigen<br />

Internetportalen oder am Schwarzen Brett zu<br />

finden.<br />

7. Neue Stadt, neue Freunde:<br />

Wie knüpfe ich neue Kontakte?<br />

Viele ziehen für ihr Studium von zuhause<br />

weg – neue Freunde zu finden ist da manchmal<br />

gar nicht so leicht. Besonders die Veranstaltungen<br />

für Erstsemester eignen sich, um<br />

schnell mit anderen in Kontakt zu treten. Man<br />

erhält nicht nur organisatorische Infos, sondern<br />

es finden ebenfalls Kneipentouren und<br />

<strong>Campus</strong>-Rallyes statt. Auch die Freizeit- und<br />

Sportangebote der Universität eignen sich<br />

hervorragend, neue Leute kennenzulernen,<br />

die meisten Erstsemester sind neu in der<br />

Stadt und suchen Freunde.<br />

8. Lost on <strong>Campus</strong>? Tipps zur<br />

Orientierung<br />

Ein Uni-<strong>Campus</strong> kann auf den ersten Blick<br />

sehr unübersichtlich wirken. Deshalb sollte<br />

man unbedingt an den <strong>Campus</strong>- und Bibliotheksführungen<br />

teilnehmen. Neben wichtigen<br />

Infos über die Uni erfahren Erstsemester dort<br />

oft wertvolle Insider-Tipps rund ums <strong>Campus</strong>leben.<br />

In den Wochen vor Semesterstart finden sogenannte<br />

Orientierungswochen statt. Man wird<br />

nicht nur inhaltlich auf das Studium vorbereitet,<br />

sondern kann sich auch über Abläufe<br />

an der Universität informieren und sich mit<br />

Kommilitonen austauschen.<br />

So gelingt der Studienbeginn<br />

Besonders in der Anfangszeit haben es Erstsemester an einer Uni nicht gerade<br />

leicht. Eine unbekannte Umgebung, neue Menschen und ungewohnte Abläufe<br />

können da schnell verunsichern. Um Uni-Neulingen diese Zeit zu erleichtern, haben<br />

wir die wichtigsten Fragen für einen reibungslosen Studienbeginn beantwortet<br />

– und eine Übersicht mit zentralen Begriffen aus dem Uni-Alltag erstellt.<br />

Text Elisabeth Witten<br />

GLOSSAR<br />

Akademisches Viertel – steht hinter einer<br />

Veranstaltung die lateinische Kürzung c.t.<br />

(cum tempore – mit Zeit) bedeutet das, dass<br />

sie eine viertel Stunde später anfängt. 8 Uhr<br />

c.t. – 8:15 Uhr<br />

Achtung! Steht dahinter ein s.t. (sine tempore<br />

– ohne Zeit) beginnt die Veranstaltung<br />

wie angegeben.<br />

AStA – Allgemeiner Studierendenausschuss<br />

(vertritt die Interessen der Studierenden)<br />

Credit Points – Leistungspunkte im Studium<br />

Fachschaft – Studentenvertretung für den<br />

jeweiligen Studiengang<br />

Kommilitonen – so werden die Mitstudenten<br />

genannt<br />

Kolloquium – fachliche Gesprächsrunde ohne<br />

feste Formalien<br />

Matrikelnummer – die Identifikationsnummer<br />

im Studentenverzeichnis. Diese Nummer<br />

sollte man sich unbedingt merken, da sie oft<br />

angegeben werden muss. Für Vergessliche: sie<br />

steht auch auf dem Studentenausweis.<br />

SWS – Semesterwochenstunden, eine SWS<br />

dauert in der Regel 45 Minuten, für die meisten<br />

Seminare sind deshalb 2 SWS angegeben<br />

Immatrikulation – die Anmeldung an einer<br />

Hochschule<br />

Exmatrikulation – die Abmeldung von einer<br />

Hochschule<br />

74<br />

75


Text Marc Asmuß, Kristina<br />

Krijom<br />

Illustrationen Ibou Gueye<br />

Uni oder Job?<br />

Warum nicht beides!<br />

Trend duales Studium – nie war<br />

praxisnahes Studieren so beliebt!<br />

Die Anzahl der dual Studierenden hat sich seit 2<strong>01</strong>0 mehr als verdoppelt.<br />

Dabei ist das duale Studium keine Ausbildung für all jene, die sich nicht<br />

entscheiden können, im Gegenteil. Die Studierenden haben die Wahl<br />

aus einer Vielzahl an Studiengängen, Hochschulen und Unternehmen.<br />

Besonders gefragt sind BWL, Ingenieurwesen, Informatik, aber auch Soziale<br />

Arbeit und ökologische Berufe. Aber nicht nur bei den Studierenden<br />

ist das praxisnahe Studium beliebt, auch Unternehmen haben die<br />

Vorteile der engen Zusammenarbeit mit den Hochschulen erkannt.<br />

Seit wann gibt es das<br />

duale Studium?<br />

Das praxisorientierte Studium ist kein Novum.<br />

Bereits Ende der 1960er Jahre wurden Fachhochschulen<br />

staatlich anerkannt und damit<br />

deren Abschlüsse aufgewertet. Eine dieser<br />

Institutionen ist die Hochschule Flensburg.<br />

In den 1990er Jahren wurden die Abschlüsse<br />

der Berufsakademien denen der dualen Studiengänge<br />

an Fachhochschulen gleichgestellt.<br />

Eine dieser Hochschulen ist die Nordakademie<br />

in Elmshorn. Unter dem Motto „Der beste<br />

Nachwuchs kommt aus den eigenen Reihen“<br />

blickt die private Hochschule 2<strong>01</strong>8 unter der<br />

Trägerschaft norddeutscher Unternehmen auf<br />

eine 25-jährige Geschichte zurück.<br />

Die anfänglich primär technisch orientierten<br />

Studiengänge der Fachhochschulen und<br />

Berufsakademien differenzieren sich seither<br />

stetig weiter aus. Mittlerweile können Schülerinnen<br />

und Schüler aus einem breiten Spektrum<br />

an Fächern wählen: ob Public Administration<br />

an der Fachhochschule für Verwaltung<br />

und Dienstleitung in Altenholz, Soziale Arbeit<br />

oder Angewandte Psychologie an der Medical<br />

School Hamburg oder Architektur an der<br />

„hochschule 21“.<br />

Was ist eigentlich ein<br />

duales Studium?<br />

Es gibt nicht das eine Konzept des dualen Studiums.<br />

Grundsätzlich gilt: Bei einem dualen<br />

Studium teilt sich das Studium in zwei, bei<br />

trialen Studiengängen in drei Ausbildungsorte<br />

auf. Zulassungsvoraussetzungen sind die Allgemeine<br />

oder Fachgebundene Hochschulreife.<br />

Die meisten dieser Studiengänge sind jedoch<br />

dual strukturiert. Studierende absolvieren ein<br />

reguläres Bachelorstudium an einer Fachhochschule,<br />

Berufsakademie, Verwaltungs- oder<br />

Wirtschaftsakademie. In der vorlesungsfreien<br />

Zeit finden dann Praxisphasen in den Unternehmen<br />

statt, die an die Lehrinhalte des Studiums<br />

geknüpft sind. Dauer und Anordnung<br />

des Praxisanteils variieren je nach Studiengang<br />

und Hochschulen.<br />

Beim trialen Modell der FH Westküste können<br />

beispielsweise in vier, statt sechs Jahren<br />

gleich zwei anerkannte Abschlüsse erworben<br />

werden. Die Studierenden besuchen zusätzlich<br />

die Berufsschule, in der sie eine IHK-Prüfung<br />

(zum Bankkaufmann oder Industriekaufmann<br />

(m/w/d)) ablegen und somit zusätzlich über<br />

eine vollwertige Berufsausbildung verfügen.<br />

Kein Abi – und jetzt?<br />

Wer über eine abgeschlossene Ausbildung und<br />

über mindestens drei Jahre Berufserfahrung<br />

verfügt, hat die Chance, auch ohne die übliche<br />

Hochschulzugangsberechtigung ein duales<br />

Studium zu absolvieren. Eine Fortbildung<br />

zum Betriebswirt, Techniker oder Meister kann<br />

sich ebenso als Türöffner erweisen. Zusätzlich<br />

erwarten viele Bundesländer die Teilnahme an<br />

einem Beratungsgespräch. Da Unternehmen,<br />

die mit Hochschulen kooperieren, oft eine<br />

Fachgebundene oder Allgemeine Hochschulreife<br />

voraussetzen, haben bewerberinnen und<br />

Bewerber ohne Abitur bessere Chancen bei<br />

Hochschulen und Berufsakademien, die nicht<br />

explizit mit Partnerunternehmen zusammenarbeiten.<br />

Das gilt auch für diejenigen, die auf<br />

76<br />

77


Auf einen Blick<br />

Die Vor- und Nachteile des dualen Studiums<br />

sind eine Frage der Perspektive und des persönlichen<br />

Interesses. Letztlich muss jeder<br />

selbst entscheiden, welche Studienbedingungen<br />

positiv oder negativ zu bewerten sind.<br />

ein praxisintegrierendes duales Studium, statt<br />

auf ein ausbildungsintegrierendes setzen.<br />

Wie sieht ein „klassisches“<br />

duales Studium aus?<br />

Das klassische duale Studium dauert drei bis<br />

vier Jahre und beginnt zum Wintersemester.<br />

Jedes Semester besteht aus zwölf Wochen<br />

Theorieanteil an einer Hochschule sowie einer<br />

anschließenden Praxisphase im Unternehmen.<br />

In den ersten drei bis vier Semestern wird<br />

Grundlagenwissen vermittelt. Anschließend<br />

werden Schwerpunkte in Kernfächern vertiefend<br />

behandelt. Am Ende jedes Theorieblocks<br />

stehen die Klausuren an.<br />

Die Bewerbung um einen Studienplatz erfolgt<br />

in der Regel nur über das jeweilige Unternehmen.<br />

Dieses hat, da das duale Studium ein<br />

Gemeinschaftsprojekt ist, bereits mit einer<br />

Hochschule einen entsprechenden Studienverlaufsplan<br />

erarbeitet.<br />

Beliebte Studiengänge sind aufgrund der<br />

begrenzten Plätze stark umkämpft. Mehrstufige<br />

Bewerbungsverfahren und eine Vorlaufzeit<br />

bei Bewerbungen sind keine Seltenheit.<br />

Du möchtest die<br />

Welt retten?<br />

Es gibt viele Möglichkeiten, die Welt ein klein<br />

wenig zu verändern, zum Beispiel durch die<br />

Nutzung regenerativer Energien. Die Hochschule<br />

Flensburg bietet zum Beispiel den<br />

dualen Studiengang Regenerative Energietechnik<br />

an. In Zusammenarbeit mit der Deutschen<br />

Windtechnik AG kannst du Energie- und<br />

Umwelttechnik oder an der FH Westküste<br />

Umweltgerechte Gebäudesystemtechnik studieren.<br />

Wer lieber mit Menschen arbeiten<br />

möchte, kann das duale Studium Soziale<br />

Arbeit und die staatliche Anerkennung als<br />

Sozialarbeiter und Sozialarbeiter (m/w/d) bei<br />

der Stadt Elmshorn erwerben.<br />

An wen richtet sich<br />

ein duales Studium?<br />

Duale, besonders aber triale Studiengänge<br />

sind aufgrund ihrer kompakt strukturierten<br />

Lehrinhalte mit einem hohen Arbeitsaufwand<br />

verbunden und erfordern ein diszipliniertes<br />

Arbeiten. Damit das Studium in der Regelstudienzeit<br />

absolviert werden kann, ist es nicht<br />

vorgesehen, dass nebenbei fachfremde Seminare<br />

belegt werden, und während der vorlesungsfreien<br />

Zeit finden die Praxisphasen in<br />

den Partnerunternehmen statt. Zum Ausgleich<br />

stehen den Studis jedoch gesetzlich geregelte<br />

Urlaubstage zu.<br />

Die gemeinsame Planung des Studienziels<br />

durch Unternehmen und Hochschule in<br />

Verbindung mit den kleinen Seminargruppen<br />

führt zu einem überdurchschnittlichen<br />

Betreuungsverhältnis der Studierenden durch<br />

die Lehrenden. Wer also einen klar strukturierten<br />

Studienverlauf mit enger Zusammenarbeit<br />

und intensiver Unterstützung bevorzugt,<br />

ist mit einem dualen Studium gut beraten.<br />

Ebenso all jene, die in möglichst kurzer Zeit<br />

ein wissenschaftliches Studium samt beruflicher<br />

Ausbildung erlangen möchten.<br />

Wie sieht es mit<br />

dem Gehalt und<br />

Studiengebühren aus?<br />

Das duale Studium bietet neben vielen weiteren<br />

Vorteilen eine monatliche Vergütung.<br />

Häufig orientiert sich diese an gängigen Ausbildungsgehältern.<br />

Manche Unternehmen bieten<br />

auch einen Tarifvertrag. Ob ein Betrieb<br />

bei einem notwendigen Umzug für das duale<br />

Studium Mietkostenzuschuss, Urlaubs- oder<br />

Weihnachtsgeld zahlt, hängt vom Unternehmen<br />

ab. Fallen Studiengebühren an, so<br />

werden diese mit der monatlichen Ausbildungsvergütung<br />

verrechnet. Wer finanzielle<br />

Unterstützung benötigt, hat je nach Voraussetzung<br />

die Option, BAföG oder andere Studienfinanzierungen<br />

zu beantragen.<br />

Vorteile<br />

• die Kombination aus wissenschaftlicher<br />

Theorievermittlung und einem hohen<br />

Praxisanteil<br />

• die unmittelbare Anwendung theoretischen<br />

Wissens im Praxismodul<br />

• der Erhalt einer Ausbildungsvergütung<br />

(während des gesamten Studiums)<br />

• die eventuelle Zahlung der Semesterbeiträge<br />

durch die Unternehmen<br />

• die persönliche Betreuung und enge<br />

Zusammenarbeit sowohl im Unternehmen<br />

als auch an der Hochschule<br />

• die größeren finanziellen Mittel sowie die<br />

bessere Ausstattung der Fachhochschulen,<br />

Berufs- und Wirtschaftsakademien<br />

aufgrund ihrer direkten Kooperation mit<br />

Unternehmen<br />

• die Möglichkeit eines Auslandssemesters<br />

auch im dualen Studium<br />

• geringere Abbruchquoten<br />

Nachteile<br />

• begrenzte Anzahl von Studienplätzen und<br />

starke Konkurrenz bei beliebten Unternehmen<br />

• geringe Vergleichbarkeit aufgrund der<br />

unterschiedlichen Studienordnungen<br />

• gute bis überdurchschnittliche Noten<br />

erforderlich<br />

• Ausbildungsleitungen lassen sich häufig<br />

die Leistungsnachweise vorlegen<br />

• keine Semesterferien (dafür ca. 24 Tage<br />

Urlaub im Jahr)<br />

• Studiengänge in der Regel auf Wirtschafts-,<br />

Ingenieurswissenschaften sowie<br />

Informatik fokussiert<br />

• eventuelle Nachzahlung der Studiengebühren<br />

für den Fall des Studienabbruchs<br />

78<br />

79


Ausbildungsberufe<br />

Duales Studium<br />

Unternehmen<br />

Ratgeber<br />

DIGI:BO – Digitale Berufsorientierung<br />

im Unterricht und zu Hause<br />

Kennst du schon diese Ausbildungsberufe?<br />

Wasserbauer (m/w/d)<br />

Dir ist bewusst, dass mehr als zwei Drittel<br />

der Erdoberfläche von Wasser bedeckt<br />

sind? Deshalb wundert es dich auch<br />

kaum, dass rund 25% unserer Güter<br />

auf dem Seeweg transportiert werden?<br />

Und weil auch die Personenschifffahrt<br />

immer wichtiger wird, weißt du, dass es<br />

Experten geben muss, die dafür sorgen,<br />

dass die Seewege sicher sein müssen?<br />

Umweltschutztechnischer<br />

Assistent (m/w/d)<br />

Du willst mehr tun, als nur privat Müll zu<br />

trennen oder das Auto so oft wie möglich<br />

stehen zu lassen? Du möchtest Wissenschaftler<br />

unterstützen, die im Umwelt-,<br />

Klima- und Naturschutz arbeiten? Ein<br />

erster Schritt in diese Richtung ist die<br />

Ausbildung zum Umweltschutztechnischen<br />

Assistenten.<br />

Gärtner – Garten- und<br />

Landschaftsbau (m/w/d)<br />

Du willst was bewegen, mit deiner<br />

Arbeit etwas Sinnvolles erschaffen und<br />

deine Umwelt aktiv verändern? Vom<br />

Plan bis zur fertigen Außenanlage,<br />

Landschaftsgärtner sind vielseitig<br />

und kreativ, denn ihr Aufgabenfeld ist<br />

enorm breit, das macht den Beruf so<br />

abwechslungsreich.<br />

Das in Schleswig-Holstein verankerte Online-Portal DIGI:BO bietet Schülerinnen und Schülern<br />

sowie Lehrkräften Informationen und Materialien für eine umfassende und vielseitige<br />

Berufsorientierung. DIGI:BO beruht auf einem pädagogischen Konzept und steht im Einklang<br />

mit dem „Landeskonzept für Berufliche Orientierung an weiterführenden Schulen in<br />

Schleswig-Holstein“.<br />

Du möchtest (vorerst) nicht studieren? Dann klick<br />

dich durch über 300 Ausbildungsberufe und 70<br />

duale Studiengänge und finde heraus, was am<br />

besten zu dir passt.<br />

Du brauchst Tipps für deinen Bewerbungsprozess?<br />

Dann besuche unseren Ratgeber, lade dir Vorlagen<br />

runter oder lass dich von der Vielfalt an möglichen<br />

Karrierewegen überraschen.<br />

Entdecke Ausbildungsbetriebe in deiner Nähe<br />

und lerne deren Azubis und Ausbildungs-<br />

Verantwortliche kennen.<br />

Entdecke und orientiere dich auf<br />

www.digibo.school<br />

TEXT ME2BE | FOTO LNK, Sebastian Weimar, Shutterstock, DOTI Mathias Ibeler, Söne Dwenger | ILLUSTRATION Ibou Gueye<br />

Möchtest du ein duales Studium absolvieren?<br />

Green Building Systems<br />

Du möchtest die Energiewende aktiv mitgestalten<br />

und interessierst dich für Energieeffizienz<br />

und Gebäudeautomation?<br />

Dann könnte dir das duale Ingenieurstudium<br />

Green Building Systems die idealen<br />

beruflichen Perspektiven eröffnen. Du<br />

lernst, Bestandsbauten energetisch zu<br />

prüfen und zu verbessern, erneuerbare<br />

Energien in die Gebäudesystematik einzuplanen<br />

und energieeffiziente Lösungen<br />

für Bauten zu erstellen. Werde zum Nachhaltigkeitsexperten<br />

im Gebäudesektor<br />

mit sehr guten Berufsaussichten.<br />

Offshore-Anlagentechnik<br />

Du liebst das Meer, Maschinen und<br />

Schiffe? Dann ist das duale Studium<br />

Offshore-Anlagentechnik vielleicht<br />

genau das Richtige für dich. Es verbindet<br />

Maschinen- und Schiffbau und lehrt<br />

zum Beispiel die Konstruktion und Entwicklung<br />

hoch beanspruchter Anlagen im<br />

Offshore-Bereich. Auch Ozeanographie,<br />

Wetterkunde und Meeresforschung sind<br />

Bestandteile des Studienplans und auf<br />

Absolventen wartet ein vielseitiges Einsatzgebiet<br />

in einer zukunftsweisenden<br />

und spannenden Branche.<br />

Schiffbau und Maritime Technik<br />

Das Meer besitzt für dich eine geradezu<br />

magische Anziehungskraft? Schiffe<br />

haben dich schon immer fasziniert und<br />

ein Tüftler bist du noch dazu? Dann<br />

ist das duale Studium Schiffbau und<br />

Maritime Technik womöglich genau das<br />

Richtige für dich. Du lernst alles, um in<br />

der Schiffbauindustrie tätig zu sein –<br />

von der Planung und Entwicklung bis<br />

zum Bau von Fluss- und Seeschiffen der<br />

verschiedensten Arten und Größen. Auf<br />

dich wartet ein technisch ausgerichtetes<br />

Studium in einer gefragten Branche.<br />

80<br />

81


Ausbildungsberufe<br />

Duales Studium<br />

Unternehmen<br />

Ratgeber<br />

Hast du schon diese Ausbildungsbetriebe entdeckt?<br />

Hier berichten Azubis und Studierende von ihren Erfahrungen.<br />

Land Schleswig-Holstein<br />

Thomas Beton GmbH<br />

Grasweg 47, 24118 Kiel<br />

Kreisverwaltung Dithmarschen<br />

Stettiner Str. 30, 25746 Heide<br />

UKSH Akademie Lübeck<br />

Ratzeburger Allee 160, 23562 Lübeck<br />

Die Landesverwaltung Schleswig-Holstein<br />

ist der größte Arbeitgeber zwischen<br />

Nord- und Ostsee. Wer für die Landesverwaltung<br />

Schleswig-Holstein arbeitet,<br />

tut etwas Sinnvolles für die Gesellschaft<br />

– genau genommen für 2,9 Millionen<br />

Menschen im echten Norden. Ob in der<br />

Allgemeinen Verwaltung, bei der Landespolizei,<br />

beim Küstenschutz oder in der<br />

Schule: Die Berufsperspektiven sind sehr<br />

vielseitig und abwechslungsreich.<br />

Seit mehr als 60 Jahren gehört Thomas<br />

Beton zu den führenden Herstellern und<br />

Lieferanten von hochwertigen Transportbetonen<br />

an mehr als 25 Standorten im<br />

Norden Deutschlands. Das Unternehmen<br />

arbeitet auf lokaler, nationaler und internationaler<br />

Ebene. Der Teamgedanke<br />

steht bei Thomas Beton im Vordergrund.<br />

Die Mitarbeiter haben Freude an dem,<br />

was sie tun, sind motiviert und voller<br />

Energie. Das macht sie zu dem, was sie<br />

sind – Die Betonspezialisten!<br />

Die Region Dithmarschen besitzt mit dem<br />

ChemCoast Park das landesweit größte<br />

Industriegebiet, und das grüne Land<br />

lockt jährlich unzählige Touristen an die<br />

Nordsee. Die meisten der rund 134.000<br />

Einwohner leben in den beiden größten<br />

Städten Heide und Brunsbüttel. Kreisstadt<br />

und somit Sitz der Kreisverwaltung<br />

ist Heide. Für die Verwaltungsaufgaben<br />

beschäftigt die Kreisverwaltung rund 500<br />

Angestellte und Beamte, davon etwa 25<br />

Auszubildende und Studierende.<br />

Das Universitätsklinikum Schleswig-<br />

Holstein (UKSH) zählt zu den größten<br />

Universitätskliniken in Deutschland<br />

und Europa. An den beiden Standorten<br />

Kiel und Lübeck stellt das öffentliche<br />

Unternehmen mit seinen Angeboten<br />

die medizinische Maximalversorgung in<br />

Schleswig-Holstein sicher. Mit seinen rund<br />

14.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

gehört das UKSH zu den landesweit<br />

größten Arbeitgebern und Ausbildungsunternehmen.<br />

Für die medizinischen<br />

Studiengänge sind die Universitäten<br />

zuständig. Die dualen Studiengänge und<br />

Berufsausbildungen werden an der UKSH<br />

Akademie durchgeführt.<br />

Duales Studium:<br />

• Public Administration – Allgemeine<br />

Verwaltung<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.bom.me2be.de/firmenportrait/<br />

land-schleswig-holstein/<br />

Ausbildung:<br />

• Baustoffprüfer (m/w/d)<br />

• Berufskraftfahrer (m/w/d)<br />

• Industriekaufmann (m/w/d)<br />

• Verfahrensmechaniker (m/w/d)<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.bom.me2be.de/firmenportrait/<br />

thomas-beton-gmbh/<br />

Ausbildung und Studium:<br />

• Forstwirt (m/w/d)<br />

• Kaufmann für Büromanagement<br />

(m/w/d)<br />

• Verwaltungsfachangestellter (m/w/d)<br />

• Public Administration – Allgemeine<br />

Verwaltung<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.west.digibo.school/firmenportrait/<br />

kreisverwaltung-dithmarschen/<br />

Ausbildung:<br />

• Anästhesietechnischer Assistent<br />

(m/w/d)<br />

• Diätassistent (m/w/d)<br />

• Krankenpflegehelfer (m/w/d)<br />

• Medizinischer Fachangestellter (m/w/d)<br />

• Medizinisch-technischer Radiologieassistent<br />

(m/w/d)<br />

• Operationstechnischer Assistent<br />

(OTA) (m/w/d)<br />

• Pflegefachkraft (m/w/d)<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.süd.digibo.school/firmenportrait/<br />

uksh-akademie-luebeck/<br />

TEXT Sophie Blady, ME2BE, Kristina Krijom, Lutz Timm | FOTO Patrick Kraft, Christina Kloodt, Anna Leste-Matzen, Sebastian Weimar, UKSH Akademie,<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.west.digibo.school/firmenportrait/<br />

gmsh/<br />

Angelika befindet sich in der Ausbildung zur Technischen<br />

Systemplanerin bei der GMSH<br />

Claas, Duales Studium / Groß- und Außenhandelskaufmann und BWL<br />

Fachbereich Handel (Bachelor of Arts), Schröder Heide<br />

„Bereits nach meinem Abitur war mir klar, dass ich in Richtung Wirtschaft gehen<br />

möchte. Ich habe zunächst ein Jahr Freiwilligen-Wehrdienst bei der Marine absolviert.<br />

Durch Erzählungen meiner Freunde, die direkt mit einem Studium angefangen haben,<br />

wurde mir jedoch bewusst, dass ich nicht nur an der Theorie interessiert bin, sondern<br />

praktischen Bezug brauche. Außerdem fand ich die Idee, eine Ausbildung mit einem<br />

Studium zu verbinden, auch aus zeitlichen Gründen sehr reizvoll. Da ich hier aus der<br />

Gegend komme, habe ich mich für Unternehmen aus der Region interessiert und<br />

festgestellt, dass das Angebot vor Ort für ein duales Studium nicht besonders groß ist.<br />

Die Baustoff-Branche hat mir aber sehr zugesagt, und ich bin dann nach einem Bewerbungsgespräch<br />

auch genommen worden. Die Ausbildung gliedert sich in theoretische<br />

Blöcke an der Uni und praktische Blöcke im Unternehmen. Im Unternehmen gibt es<br />

ausbildende Phasen, in denen man, je nach Interessenlage, in die unterschiedlichen<br />

Arbeitsbereiche eingeteilt wird. Ich habe in der Logistik und im Vertrieb gearbeitet<br />

und dort alle Stationen durchlaufen, aber auch Projektarbeiten des Unternehmens an<br />

anderen Standorten unterstützt. Jetzt bin ich im Bereich Marketing und E-Commerce<br />

tätig und werde meine anstehende Bachelorarbeit ‚Sales channel development – Analyse<br />

und Bewertung der kundenorientierten Vertriebsstrategie der Unternehmensgruppe’<br />

innerhalb dieses Themenkomplexes anfertigen. Der Bereich interessiert mich<br />

brennend und hier sehe ich auch meine Zukunft. Als dualer Student muss man sich<br />

im Regelfall dazu verpflichten, zwei Jahre nach Abschluss im Unternehmen zu bleiben,<br />

immerhin investiert das Unternehmen ja auch viel in die Ausbildung. In meinem Fall<br />

kann ich sagen, dass ich das sehr gerne mache, da die Chemie stimmt und noch viel<br />

Entwicklungspotential da ist, denn die gute Unternehmensphilosophie und die flachen<br />

Hierarchien ermöglichen, dass man viel bewegen und mitgestalten kann. Meine persönlichen<br />

Ziele sind stetige Weiterentwicklung und weiterführende Karrierestufen bis<br />

hin zur Führungskraft.”<br />

„Hallo, ich bin Angelika und werde Technische Systemplanerin. Den Beruf habe ich zum<br />

ersten Mal während des Girls’ Days bei der GMSH entdeckt und war von der Mischung<br />

aus technischen Inhalten und kreativer Arbeit fasziniert. Nach einem Praktikum wusste<br />

ich: Das wird mein Beruf!’ Zu meinen Aufgaben gehört, digitale Zeichnungen von technischen<br />

Systemen anzufertigen, aber auch an deren Planung mitzuwirken. Typische<br />

Gebäudesysteme sind Trinkwasserleitungen oder Heizungsanlagen. Für alle Anlagen<br />

gibt es bautechnische Bestimmungen, die berücksichtigt werden müssen. Daraus<br />

ergeben sich für mich als angehende Systemplanerin verschiedene Anforderungen:<br />

Bei einer Gebäudebesichtigung muss ich mir technische Systeme räumlich vorstellen<br />

können, mich mit Kolleginnen und Kollegen austauschen und anschließend die Systeme<br />

zeichnen und dokumentieren. Bei diesem teamorientierten Arbeiten ist es mir<br />

besonders wichtig, dass ich mich in meiner Umgebung wohl fühle. Und das ist bei der<br />

GMSH zu einhundert Prozent der Fall. Ich werde von allen unterstützt und freue mich<br />

auf jeden neuen Ausbildungstag!“<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.west.digibo.school/firmenportrait/<br />

schroeder-bauzentrum/<br />

82<br />

83


Ausbildungsberufe<br />

Duales Studium<br />

Unternehmen<br />

Ratgeber<br />

DIGI:BO unterstützt dich in deinem Prozess der Berufs- und<br />

Lebensorientierung.<br />

Die Bewerbung<br />

Die Bewerbung ist der erste Schritt des<br />

Auswahlverfahrens um einen Ausbildungsplatz.<br />

Anhand deiner Bewerbungsunterlagen<br />

treffen die Personalverantwortlichen<br />

ihre Entscheidung: Eignet sich<br />

die Bewerberin oder der Bewerber für<br />

die angebotene Ausbildung?<br />

Das gehört in deine Bewerbung<br />

Zeugnisse und Bescheinigungen<br />

Zeugnisse und Bescheinigungen zeigen<br />

deinem zukünftigen Arbeitgeber, welche<br />

Qualifikationen du wirklich besitzt. Sie<br />

belegen deine Angaben im Anschreiben<br />

und im Lebenslauf. Die Personalverantwortlichen<br />

bekommen so ein objektives<br />

Bild von dir.<br />

• falls verlangt, ein Gesundheitszeugnis<br />

oder polizeiliches<br />

Führungszeugnis<br />

Alle Dokumente sollten nicht gelocht<br />

und ausschließlich einseitig beschrieben<br />

sein. Klarsichthüllen brauchst du keine.<br />

Ebenfalls unerwünscht sind Eselsohren,<br />

Flecken und natürlich Rechtschreibfehler.<br />

Um einen positiven Eindruck zu vermitteln,<br />

sollte die Bewerbung formal und<br />

inhaltlich tadellos sein und die Qualifikation<br />

und Motivation der Bewerberin<br />

oder des Bewerbers zeigen. Deine Bewerbungsunterlagen<br />

sollten unbedingt aus<br />

diesen drei Teilen bestehen:<br />

• Anschreiben<br />

• Lebenslauf<br />

• Zeugnisse<br />

Diese Anlagen solltest du mitschicken:<br />

• Abschlusszeugnis oder die zwei<br />

letzten Schulzeugnisse<br />

• Arbeitszeugnisse /<br />

Praktikumsnachweise<br />

• Empfehlungsschreiben<br />

• Zertifikate (z.B. von Sprachkursen<br />

oder Lehrgängen)<br />

• Bescheinigung über Ehrenämter<br />

Wer möchte, kann seiner Bewerbung<br />

noch ein Deckblatt, wahlweise mit einem<br />

Inhaltsverzeichnis, sowie ein Motivationsschreiben<br />

beilegen. Falls du dich dafür<br />

entscheidest, der Bewerbung ein Foto<br />

beizufügen, kommt es auf das Deckblatt<br />

oder auf den Lebenslauf.<br />

Das Anschreiben<br />

Ausbildungsarten und<br />

Karrierewege<br />

Gehalt und Finanzen<br />

Das Praktikum<br />

Die Bewerbung<br />

Der Ausbildungsstart<br />

Business Knigge<br />

Das Auswahlverfahren<br />

Rechte und Pflichten<br />

Duales Studium<br />

TEXT ME2BE, Christian Dorbandt | ILLUSTRATION Shutterstock<br />

Das Anschreiben ist das Herzstück<br />

der Bewerbung und kommt bei den<br />

Unterlagen ganz nach vorne. Es muss<br />

fehlerfrei sein, sollte den Umfang von<br />

einer DIN-A4-Seite nicht überschreiten<br />

und bestimmte formale Anforderungen<br />

erfüllen.<br />

1. Der Briefkopf<br />

Du beginnst links oben mit dem<br />

Absender, also mit deinem vollständigen<br />

Namen und deiner Adresse. Darunter<br />

folgt der Adressat, also Name und<br />

Anschrift des Unternehmens. Ist ein<br />

zuständiger Mitarbeiter bekannt, muss<br />

auch dieser vermerkt werden. Eine<br />

Zeile unter dem Adressaten notierst du<br />

rechtsbündig den Ort und das Datum des<br />

Anschreibens. Wenige Zeilen darunter<br />

folgt linksbündig und in Fettdruck deine<br />

Betreffzeile.<br />

2. Die Begrüßung<br />

Ist ein konkreter Ansprechpartner<br />

bekannt, wird dieser auch direkt genannt.<br />

Solltest du keinen Ansprechpartner herausfinden,<br />

lautet deine Begrüßung: Sehr<br />

geehrte Damen und Herren, …<br />

3. Die Einleitung<br />

Du erklärst kurz, wie du auf das<br />

Stellenangebot aufmerksam geworden<br />

bist und warum du dich auf diese Stelle<br />

bewirbst. Hat im Vorfeld ein Telefonat<br />

stattgefunden, weil du dich nach einem<br />

Ansprechpartner erkundigen oder herausfinden<br />

wolltest, ob die angebotene<br />

Stelle bereits vergeben ist, solltest du<br />

unbedingt einleitend darauf aufmerksam<br />

machen, zum Beispiel indem du<br />

schreibst: „Vielen Dank für das freundliche<br />

Telefonat am Montagvormittag. Wie<br />

bereits besprochen, bin ich über Ihre<br />

Internetseite auf Ihr Ausbildungsangebot<br />

aufmerksam geworden.“<br />

4. Die Erklärung<br />

Du begründest, warum genau dieses Stellenangebot<br />

UND dieses Unternehmen<br />

für dich so reizvoll sind. Du solltest überzeugend<br />

darstellen, welche Fähigkeiten<br />

und Motivationen du für diesen Beruf<br />

mitbringst. Keine falsche Bescheidenheit!<br />

Denn nun gilt es zu erläutern, warum<br />

ausgerechnet du der geeignete Azubi in<br />

spe bist!<br />

5. Die Verabschiedung<br />

Abschließend solltest du immer um eine<br />

Einladung zu einem persönlichen Bewerbungsgespräch<br />

bitten. Eine Zeile darunter<br />

folgt nochmals dein Name und deine<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

5.<br />

Max Mustermann<br />

Musterstraße 99<br />

12345 Musterstadt<br />

Krankenhaus Schuster GmbH<br />

Frau Schuster<br />

Schusterstraße 66<br />

54321 Schusterstadt<br />

Bewerbung um einen Ausbildungsplatz zum Pflegefachmann<br />

Sehr geehrte Frau Schuster,<br />

auf Ihrer Internetseite habe ich das Ausbildungsangebot zum Pflegefachmann<br />

entdeckt. Da mich die Arbeit im Gesundheitswesen allgemein interessiert,<br />

der Umgang mit Kindern aber im Besonderen, bewerbe ich mich<br />

hiermit um einen Ausbildungsplatz in Ihrem Hause.<br />

Der Bereich Gesundheits- und Kinderkrankenpflege ist für mich besonders<br />

interessant, da der persönliche Umgang mit Menschen und insbesondere<br />

mit Kindern für mich von großer Bedeutung ist. Zudem habe ich in meiner<br />

Freizeit bereits verschiedene Kurse als Rettungsschwimmer absolviert.<br />

Das Städtische Krankenhaus XY vereint verschiedenste Fachbereiche unter<br />

einem Dach. Daher sehe ich gerade bei Ihnen sehr gute Möglichkeiten,<br />

während der Ausbildung das Gesundheitswesen in Theorie und Praxis umfassend<br />

kennenzulernen.<br />

Ich besuche das Heinrich-Heine-Gymnasium in Plön und befinde mich in<br />

den Abiturvorbereitungen für Juni diesen Jahres. Die naturwissenschaftlichen<br />

Fächer – vor allem Biologie – liegen mir besonders. In den letzten<br />

Herbstferien habe ich ein zweiwöchiges Praktikum in einem Heikendorfer<br />

Sanitätshaus absolviert. Hier hat mich die individuelle und empathische<br />

Kundenberatung durch das Fachpersonal stark beeindruckt. So würde neben<br />

den medizinischen Aspekten auch der persönliche Umgang mit Patienten<br />

für mich eine sehr wichtige Rolle spielen.<br />

Über die Einladung zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch würde ich<br />

mich sehr freuen.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Max Mustermann<br />

Musterstadt, den TT.MM.JJJJ<br />

Weitere Tipps und ein Musteranschreiben zum<br />

Download findest du auf<br />

www.west.digibo.school/ratgeber/die-bewerbung/<br />

handschriftliche Signatur (die du bei einer<br />

Online-Bewerbung einscannst oder ggf.<br />

in kursiver Schreibschrift hinzufügst).<br />

Achtung bei Mustervorlagen für dein<br />

Anschreiben! Sie sollten vor allem als<br />

Ideengeber dienen und nicht blind<br />

kopiert werden. Achte beim Anschreiben<br />

auf die individuelle Note.<br />

84<br />

85


Der Lebenslauf<br />

Der Lebenslauf gibt dem Personalverantwortlichen<br />

einen klaren Überblick<br />

über deine Kompetenzen, Fähigkeiten,<br />

Erfahrungen und bisherigen Ausbildungsschritte.<br />

Er liegt bei den Bewerbungsunterlagen<br />

hinter dem Anschreiben und<br />

sollte sehr übersichtlich gestaltet sein.<br />

1. Der Kopf<br />

Du beginnst oben mit der Überschrift:<br />

Lebenslauf. Linksbündig darunter<br />

folgen deine Kontaktdaten mit Name,<br />

Familienstand (z.B. ledig), Anschrift, Telefonnummer(n)<br />

und E-Mail-Adresse. Dem<br />

neuen Gleichbehandlungsgesetz zufolge<br />

müssen keine Angaben zu Alter, Familienstand,<br />

Kindern und Religion gemacht<br />

werden. Auch ein Bewerbungsfoto darf,<br />

rechtlich gesehen, nicht vom Arbeitgeber<br />

gefordert werden.<br />

2. Das Bewerbungsfoto<br />

Falls du deinen Bewerbungsunterlagen<br />

freiwillig ein Foto beifügen möchtest,<br />

wähle ein qualitativ gutes und seriöses<br />

Bild aus. Es empfiehlt sich, professionelle<br />

Bewerbungsfotos von einem Fotografen<br />

erstellen zu lassen. Der kann dir auch<br />

die entsprechenden Tipps geben, wie du<br />

dich auf dem Bild präsentierst: freundlich,<br />

aber nicht albern. Aufgeweckt, aber<br />

nicht überdreht. Seriös und kompetent,<br />

aber nicht eingebildet. Wähle ordentliche<br />

Kleidung und eine nette Frisur.<br />

Hier gibt´s noch mehr ...<br />

3. Dein Bildungsweg<br />

Der Lebenslauf wird nicht in vollständigen<br />

Sätzen formuliert, sondern tabellarisch<br />

aufgebaut – und zwar rückwärts in<br />

der Zeitfolge. Nenne die Schulen, die du<br />

besucht hast.<br />

4. Praktische Erfahrungen<br />

Solltest du bereits Erfahrungen in der<br />

Arbeitswelt gesammelt haben – prima!<br />

Falls nicht – auch kein Problem. Denn<br />

es zählen auch andere außerschulische<br />

Aktivitäten, die berufsvorbereitenden<br />

Charakter besitzen.<br />

5. Kenntnisse und besondere<br />

Fähigkeiten<br />

Muttersprache, verhandlungssicher, fließend,<br />

sehr gute Kenntnisse, gute Kenntnisse,<br />

Grundkenntnisse. So lauten die<br />

Einstufungen für Fremdsprachenkenntnisse.<br />

„Muttersprache“ ist dann relevant,<br />

solltest du dich auf eine Stelle in einem<br />

ausländischen Unternehmen bewerben.<br />

Längst nicht mehr wegzudenken ist der<br />

Umgang mit Computern. Von Vorteil ist<br />

jegliche Fähigkeit, die speziell für das<br />

Unternehmen, bei dem du dich bewirbst,<br />

relevant ist.<br />

6. Hobbys und Interessen<br />

Was dich bewegt und was dich begeistert,<br />

fügt dem Ganzen eine persönliche Note<br />

hinzu. Und das ist nicht zu unterschätzen!<br />

1.<br />

3.<br />

4.<br />

5.<br />

6.<br />

Max Mustermann<br />

Musterstraße 99<br />

12345 Musterstadt<br />

Krankenhaus Schuster GmbH<br />

Frau Schuster<br />

Name: Schusterstraße 66 Max Mustermann<br />

Familienstand:<br />

54321 Schusterstadt ledig<br />

Anschrift: Musterstraße 99<br />

12345 Musterstadt<br />

Telefon: 1234 - 56 78 90<br />

E-Mail:<br />

Max@Mustermann.de<br />

Bewerbung um einen Ausbildungsplatz zum Pflegefachmann<br />

Sehr geehrte Frau Schuster,<br />

auf Ihrer Internetseite habe ich das Ausbildungsangebot zum Pflegefachmann<br />

entdeckt. Da mich die Arbeit im Gesundheitswesen allgemein inte-<br />

Bildungsweg:<br />

ressiert, der Umgang mit Kindern aber im Besonderen, bewerbe ich mich<br />

2005-2<strong>01</strong>3: hiermit um einen Ausbildungsplatz Heinrich-Heine-Gymnasium Ihrem in Hause. Kiel-Heikendorf<br />

20<strong>01</strong>-2005: Grundschule in Kiel-Friedrichsort<br />

Der Bereich Gesundheits- und Kinderkrankenpflege ist für mich besonders<br />

interessant, da der persönliche Umgang mit Menschen und insbesondere<br />

Praktische mit Kindern Erfahrungen: für mich von großer Bedeutung ist. Zudem habe ich in meiner<br />

Freizeit bereits verschiedene Kurse als Rettungsschwimmer absolviert.<br />

2<strong>01</strong>0-2<strong>01</strong>3: AG Hausaufgabenhilfe für Schüler der Unter- und Mittelstufe<br />

Das Städtische Krankenhaus XY vereint verschiedenste Fachbereiche unter<br />

2<strong>01</strong>2: zweiwöchiges Praktikum im Sanitätshaus Doose in Heikendorf<br />

einem Dach. Daher sehe ich gerade bei Ihnen sehr gute Möglichkeiten,<br />

2<strong>01</strong>0-2<strong>01</strong>1: Teilnahme an mehreren Kursen bei der DLRG<br />

während der Ausbildung das Gesundheitswesen in Theorie und Praxis umfassend<br />

kennenzulernen.<br />

Kenntnisse und besondere Fähigkeiten:<br />

Ich besuche das Heinrich-Heine-Gymnasium in Plön und befinde mich in<br />

Englisch: den Abiturvorbereitungen Fließend für Juni diesen Jahres. Die naturwissenschaftlichen<br />

Fächer – vor Gute allem Kenntnisse Biologie – liegen mir besonders. In den letzten<br />

Spanisch:<br />

Latein: Herbstferien habe Grundkenntnisse<br />

ich ein zweiwöchiges Praktikum in einem Heikendorfer<br />

Sanitätshaus absolviert. Hier hat mich die individuelle und empathische<br />

EDV-Kenntnisse:<br />

Kundenberatung durch Word, das Excel, Fachpersonal Photoshop, CMS stark beeindruckt. So würde neben<br />

den medizinischen Aspekten auch der persönliche Umgang mit Patienten<br />

für<br />

Sonstige Kenntnisse:<br />

mich eine sehr<br />

Erste<br />

wichtige<br />

Hilfe-Schein,<br />

Rolle<br />

Erste<br />

spielen.<br />

Hilfe-Schein für Babys und Kleinkinder,<br />

Rettungsschwimmer-Abzeichen der DLRG<br />

Über die Einladung zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch würde ich<br />

Führerschein: B, C1, C1E<br />

mich sehr freuen.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Hobbys:<br />

Interessen:<br />

Max Mustermann<br />

Musterstadt, den TT.MM.JJJJ<br />

LEBENSLAUF<br />

Handball, Schwimmen, Kochen, Reisen<br />

Sport im Allgemeinen, südamerikanische Kultur<br />

Musterstadt, den TT.MM.JJJJ<br />

Weitere Tipps und ein Musterlebenslauf zum<br />

Download findest du auf<br />

www.ost.me2be.de/ratgeber/die-bewerbung/<br />

Mache dich interessant. Je nach angestrebtem<br />

Berufsweg ist zum Beispiel das<br />

Interesse an Medien oder fremden Kulturen<br />

eine gute Möglichkeit, besondere<br />

Interessen zu betonen. Deine sportlichen<br />

Aktivitäten solltest du nennen, denn sie<br />

sind ein Indiz für Teamfähigkeit, Ausdauer<br />

sowie Ehrgeiz. Ehrenämter sowie<br />

soziales Engagement solltest du auf jeden<br />

Fall erwähnen.<br />

2.<br />

EINFACH DIE<br />

ZUKUNFT ANPACKEN.<br />

WARUM NICHT?<br />

„Wie finde ich einen Beruf, der wirklich zu<br />

mir passt?“ Jedes Jahr suchen Tausende<br />

Schulabgänger innen und -abgänger eine<br />

passende Antwort auf diese Frage. Es<br />

gibt allerdings noch weitere Fragen, die<br />

auf dem Weg in das Arbeitsleben eine<br />

wichtige Rolle spielen. So müssen sich die<br />

Suchenden nicht nur auf einen Beruf festlegen,<br />

sondern auch für einen der zahlreichen<br />

Ausbildungswege entscheiden:<br />

Mache ich eine duale oder schulische<br />

Ausbildung? Beginne ich ein Studium<br />

an einer Fachhochschule, Universität<br />

oder im dualen System? Und wenn<br />

ich mich für einen Beruf entschieden<br />

habe, wie finde ich den passenden<br />

Ausbildungsplatz? Wie schreibe ich eine<br />

Bewerbung und wie verhalte ich mich<br />

in einem Vorstellungsgespräch? Wie<br />

wird meine Ausbildung vergütet, welche<br />

Abgaben muss ich von meinem Lohn<br />

entrichten, und welche Zuschüsse stehen<br />

mir zu wenn ich mit meinem Geld nicht<br />

auskomme?<br />

Die wichtigsten<br />

Antworten, Tipps<br />

und Ratschläge<br />

findest du im Ratgeber<br />

unter www.<br />

ost.me2be.de/<br />

ratgeber.<br />

TEXT ME2BE, Christian Dorbandt | ILLUSTRATION Shutterstock<br />

„Bei Covestro bin ich gefragt. Wenn wir daran arbeiten,<br />

dass Kunststoff zum Rohstoff der Zukunft wird, trage<br />

ich meinen Teil dazu bei – und mache Umweltschutz jeden<br />

Tag greifbarer.” Alissa ist Chemikantin und #1ofUs!<br />

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durch mit einer Ausbildung bei Covestro!<br />

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Brunsbüttel:<br />

• Chemikant:in<br />

• Chemielaborant:in<br />

• Elektroniker:in für Automatisierungstechnik<br />

• Industriemechaniker:in<br />

86


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ME2BE.DE

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