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KonKret - Schweizerisches Rotes Kreuz

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Impressum<br />

Humanité Ausgabe 1/2012<br />

Februar 2012<br />

ISSN 1664-1159<br />

Titelbild und Rückseite: Roland Blattner, Jegenstorf<br />

Herausgeber: <strong>Schweizerisches</strong> <strong>Rotes</strong> <strong>Kreuz</strong>,<br />

Rainmattstrasse 10, Postfach, 3001 Bern<br />

Telefon 031 387 71 11, info@redcross.ch,<br />

www.redcross.ch<br />

Spenden: Postkonto 30-9700-0<br />

Adressänderungen: E-Mail an<br />

aboservice@redcross.ch oder<br />

Telefon 031 387 74 64<br />

Redaktionsadresse: <strong>Schweizerisches</strong><br />

<strong>Rotes</strong> <strong>Kreuz</strong>, Redaktion Humanité,<br />

Postfach, 3001 Bern,<br />

humanite@redcross.ch,<br />

www.magazin-humanite.ch<br />

Redaktion: Tanja Pauli (Redaktionsleitung),<br />

Urs Frieden (Gesundheit und Integration),<br />

Urs Höltschi (Public Fundraising), Isabelle Roos<br />

(Corporate Partnerships), Christine Rüfenacht<br />

(Gesundheit und Integration), Isabel<br />

Rutschmann (Kommunikation), Karl Schuler<br />

(Internationale Zusammenarbeit)<br />

Mitarbeitende dieser Ausgabe: Cécile Eisenring,<br />

Martin Fuhrer, Markus Mader, Marco<br />

Ratschiller, Sandra Weiss, Mario Wüthrich,<br />

Julia Zurfluh<br />

Abo-Kosten: Das Abonnement kostet CHF 6.–<br />

pro Jahr und ist für SRK-Gönnerinnen und<br />

SRK-Gönner im Beitrag enthalten.<br />

Erscheinungsweise: vier Mal jährlich<br />

Sprachen: deutsch und französisch<br />

Gesamtauflage: 110 800<br />

Bildrechte aller Fotos ohne Hinweis:<br />

<strong>Schweizerisches</strong> <strong>Rotes</strong> <strong>Kreuz</strong><br />

Übersetzungen: Übersetzungsdienst SRK<br />

Layout, Lektorat und Druck: Vogt-Schild Druck AG,<br />

Derendingen<br />

Nächste Ausgabe: Juni 2012<br />

2 Humanité 1/2012<br />

neutral<br />

Drucksache<br />

No. 01-12-416447 – www.myclimate.org<br />

© myclimate – The Climate Protection Partnership<br />

4<br />

12<br />

14<br />

18<br />

RepoRt – Jugendrotkreuz<br />

4 Freude schenken<br />

8 Junge Vorbilder für Menschlichkeit<br />

9 «erfahrungen fürs Berufsleben»<br />

12 engagiert – Mitten unter uns<br />

Spielend die neue Heimat entdecken<br />

14 KoNKRet – El Salvador<br />

Katastrophenvorsorge im Land der Vulkane<br />

18 KoNKRet – Letzte Wünsche<br />

«Ach übrigens, wenn ich einmal...»<br />

20 KoNKRet – Japan<br />

Schutz und Würde für Hinterbliebene<br />

24 eRLeBt – Detention<br />

Rückkehrberatung für Menschen in<br />

Ausschaffungshaft<br />

26 ÜBeRZeUGt – Das Rote <strong>Kreuz</strong> in der Schweiz<br />

Für das Alter – mit dem Alter!<br />

29 KReUZ & QUeR<br />

Winterlicher eintopf aus den tropen<br />

Rätsel/Cartoon<br />

20<br />

24<br />

26


© SRK, Caspar Martig<br />

Sinnvoll, vernünftig – cool!<br />

Liebe Leserin, lieber Leser<br />

«Jetzt mach doch mal was Sinnvolles, was Vernünftiges!» Ja, ich kann nachvollziehen,<br />

dass dies von Jugendlichen als Kritik aufgefasst wird. Aber ich verstehe auch,<br />

warum wir Eltern die unbeliebten Mahnungen, die wir als Kind selber zu oft gehört<br />

haben, wiederholen. Wir «meinen es ja nur gut».<br />

Kann etwas «Sinnvolles, Vernünftiges» die Jugendlichen begeistern, nebst allem,<br />

was ihnen dieses Jahrtausend zu bieten hat? Doch, ich glaube schon, wenn wir sie<br />

motivieren und fragen: Möchtest du Teil sein einer Organisation mit fast 150-jähriger<br />

Geschichte? Im Zeichen des berühmtesten Emblems der Welt arbeiten? Grundsätzen<br />

folgen, die alle Menschen und Religionen respektieren? Diese Welt für dich<br />

und die anderen menschenwürdiger machen und dabei selbstständiger werden?<br />

Selber glücklich sein, indem du mit gleichgesinnten Jugendlichen zusammenarbeitest<br />

und andere Menschen glücklicher machst?<br />

All dies ist möglich beim Jugendrotkreuz und klingt nun «echt cool», oder? Die<br />

Jugendlichen können das selber entscheiden. Aber es ist an uns, ihnen Möglichkeiten<br />

für freiwilliges Engagement zu bieten. Beim Lesen der Titelgeschichte ab Seite 4<br />

denke ich erst recht, dass die Jugendarbeit unsere Unterstützung verdient.<br />

Ich wünsche Ihnen anregende, positive Denkanstösse beim Lesen von Humanité.<br />

Herzliche Grüsse<br />

Markus Mader<br />

Direktor des Schweizerischen Roten <strong>Kreuz</strong>es<br />

editorial<br />

Humanité 1/2012 3


Humanité 1/2012 5


eport<br />

Die Jungen brachten die Sonne mit»,<br />

strahlt Kehl-Bewohnerin Nelly Bünzli.<br />

Die ganze Woche war das Alterszentrum<br />

Kehl in Baden in dickem Nebel eingepackt.<br />

Just an diesem Samstag aber<br />

drückt die Sonne durch. Einige Bewohnerinnen<br />

warten schon gespannt im Aufenthaltsraum.<br />

Guetzli backen und verzieren<br />

ist heute angesagt. «Es läuft etwas im<br />

Kehl!», ruft Nelly Bünzli begeistert aus.<br />

Die jungen Rotkreuz-Freiwilligen packen<br />

das Unterfangen «Guetzlen» zielsicher an<br />

und verteilen das Backmaterial. Die Koordinatorin<br />

vom Jugendrotkreuz Aargau,<br />

Jeanine Brunner, freut diese Selbstständigkeit.<br />

Nadine und Raffael rollen den Teig<br />

aus. «Früher backte ich oft Guetzli. Nach<br />

«Die Jungen holen uns die<br />

Sterne vom Himmel, wie nett!»<br />

einer Achseloperation kann ich leider keinen<br />

Teig mehr ausrollen. Schön, dass ich<br />

heute endlich wieder einmal Guetzli backen<br />

kann!», freut sich Nelly Bünzli und<br />

lächelt Nadine an, die ihr eine Ausstechform<br />

in die Hand gibt. Weil der 86-Jährigen<br />

die Kraft fehlt, drücken Nadine und<br />

sie gemeinsam die Form in den Teig. Die<br />

Lieblingsausstechform ist der Stern.<br />

«Die Jungen holen uns die Sterne vom Himmel,<br />

wie nett!», scherzt Nelly Bünzli und<br />

erntet Gelächter. Beim Ausstechen plaudert<br />

die Gruppe und sammelt bereits Ideen<br />

für ihren nächsten gemeinsamen Nachmittag.<br />

Die 21-jährige Nadine schlägt etwas<br />

Spezielles vor: «Wollen wir das nächste<br />

Mal mit der Nintendo Wii spielen? Das<br />

ist eine Spielkonsole für das Fernsehgerät.<br />

Mit einer Fernbedienung kann man Figuren<br />

bewegen.» Nelly Bünzli ist hell begeis-<br />

6 Humanité 1/2012<br />

tert und meint keck: «Ich bin so oder so für<br />

jeden Blödsinn zu haben.» Die Generationen<br />

tauschen sich an diesen gemeinsamen<br />

Nachmittagen problemlos aus. «Bei<br />

den Gesprächen mit den Seniorinnen und<br />

Senioren erfahre ich manchmal Dinge, die<br />

wir später im Geschichtsunterricht behandeln.<br />

Das ist schon cool!», meint der Jüngste<br />

im Bunde, der 15-jährige Raffael. «Ich<br />

wollte meine restliche Zeit neben Schule<br />

Deutlicher, höflicher und<br />

weniger schnell – die<br />

Jugendlichen sprechen anders<br />

als mit Gleichaltrigen<br />

Präzise Handarbeit –<br />

die Guetzli werden<br />

liebevoll dekoriert


Jahrzehntelange Erfahrung: Die Seniorinnen erzählen, wie sie früher Guetzli gebacken haben<br />

und meinen Hobbys sinnvoll nutzen. Deshalb<br />

habe ich mich entschlossen, beim<br />

Jugendrotkreuz Aargau mitzumachen.<br />

Ich bereite gerne anderen eine Freude»,<br />

erklärt er seine Motivation. «Mir gefällt<br />

auch, dass ich für einmal mit wesentlich älteren<br />

Menschen zusammen bin. Mit ihnen<br />

kann ich für einmal über etwas anderes<br />

sprechen, als mit meinen Kollegen.»<br />

Schon bald strömt der Duft von frisch gebackenen<br />

Guetzli durch den Aufenthaltsraum.<br />

Jetzt gehts ans Dekorieren. Die 92-jährige<br />

Sylvia Zaugg bestreicht mit einer Engelsgeduld<br />

die Schokoladenherzen mit rosarotem<br />

Guss und drückt Zuckersterne drauf. «Sylvia,<br />

bist du Kunstmalerin?», scherzt Nelly<br />

«Wir mussten lernen, uns dem<br />

tempo der älteren Generation<br />

anzupassen.»<br />

Bünzli, «du kannst die Guetzli danach im<br />

Gang bei den Rosenbildern ausstellen.»<br />

Nadine sitzt daneben und hält geduldig<br />

den Guss parat, damit Sylvia Zaugg ihren<br />

Pinsel eintauchen kann. Jedes Guetzli<br />

wird so zu einem kleinen Kunstwerk. «Sehr<br />

schön machen Sie das!», lobt Raffael,<br />

«wollen Sie noch einmal einen Stern verzieren?»<br />

Die jungen Freiwilligen gehen<br />

auf Wünsche und Bedürfnisse der Betagten<br />

ein. Sie führen sie beim Gehen sanft<br />

am Arm, schieben die Rollstühle und sind<br />

ihnen beim Aufstehen behilflich. Diese Aufmerksamkeit<br />

geniessen die Seniorinnen<br />

sichtlich. Bevor die Teller mit den fertig dekorierten<br />

Guetzli überquellen, packen die<br />

Hobby-Bäckerinnen die Backwaren in hübsche<br />

Säcklein ein. «Die anderen auf meinem<br />

Stock werden bestimmt eifersüchtig,<br />

wenn ich mit meinen Guetzli auftauche»,<br />

meint Nelly Bünzli. Die Zeit geht viel zu<br />

schnell vorbei. Schon kommen die Pflegerinnen,<br />

um die Bewohnerinnen abzuholen.<br />

«Nach zwei Stunden müssen wir jeweils<br />

aufhören, weil Menschen in so einem hohen<br />

Alter schneller ermüden. Am Anfang<br />

planten wir immer viel zu viele Aktivitäten.<br />

Wir mussten lernen, uns dem Tempo<br />

anzupassen. Es braucht einfach alles etwas<br />

mehr Zeit», meint Jeanine Brunner.<br />

«Heute hätten wir unser Programm aber<br />

verlängern können», schmunzelt sie und<br />

beugt sich zu Sylvia Zaugg runter. Die<br />

92-jährige Dame widmet sich immer noch<br />

leidenschaftlich der Dekoration und klebt<br />

Sternchen für Sternchen auf die Guetzli.<br />

Nadine sitzt daneben und hält weiterhin<br />

geduldig den Zuckerguss parat.<br />

➥ jugendrotkreuz.ch<br />

Kurz befragt<br />

Jeanine Brunner<br />

Die 26-Jährige koordiniert<br />

und betreut seit 2010 die<br />

Einsätze der jugendlichen<br />

Freiwilligen beim Jugendrotkreuz<br />

Aargau.<br />

report<br />

Warum besuchen die Jugendlichen<br />

betagte Menschen?<br />

Die Idee kam von den Jugendlichen<br />

selbst. Sie wünschten ein generationsübergreifendes<br />

Projekt und kamen mit<br />

dieser Idee auf uns zu. Wir nahmen<br />

Kontakt mit dem Alterszentrum Kehl<br />

auf und wurden mit offenen Armen<br />

empfangen. Es freut mich, dass wir<br />

das Programm frei gestalten dürfen<br />

und man somit den Jugendlichen Vertrauen<br />

entgegenbringt. Aber auch die<br />

Betagten haben grosse Freude am<br />

Austausch zwischen den Generationen.<br />

Kann man sagen, die Jugendlichen<br />

werden reifer durch ein<br />

solches engagement?<br />

Ja, dieses Engagement ist für die Freiwilligen<br />

eine gute Lebensschule. Wir<br />

beobachten regelmässig, dass die<br />

Jugendlichen in ihren Einsätzen selbstständiger,<br />

selbstsicherer und reifer<br />

werden. Unsere Freiwilligen wirken<br />

erwachsener als andere Jugendliche<br />

in ihrem Alter.<br />

Hilft das soziale engagement<br />

beim beruflichen Werdegang?<br />

Die Jugendlichen erhalten einen Sozialzeitausweis,<br />

der ihr Engagement<br />

bestätigt. Dieser Sozialzeitausweis<br />

ist vor allem bei der Stellensuche<br />

nützlich. Sie heben sich so von ihren<br />

Gleichaltrigen ab. Zudem erhalten<br />

die Freiwilligen kostenlose Weiterbildungskurse,<br />

die ihnen für ihr Engagement<br />

sowie persönlich etwas<br />

nützen.<br />

➥ srk­aargau.ch/jugendrotkreuz<br />

Humanité 1/2012 7


eport<br />

Das Jugendrotkreuz sorgt im Durchgangszentrum für Asylsuchende für ein kindergerechtes Programm<br />

Jugendrotkreuz<br />

Junge Vorbilder für Menschlichkeit<br />

Beim Jugendrotkreuz (JRK) engagieren sich Jugendliche in den Bereichen Gesundheit und Integration. Sie<br />

setzen sich in ihrer Freizeit für Menschen ein, die besonders auf Hilfe angewiesen sind. Dabei ist ihr Engagement<br />

so vielfältig wie die Jugendlichen selbst.<br />

TExT: JULIA ZURFLUH BILDER: ANDRI PoL<br />

Ich möchte jungen Menschen mit einer Behinderung<br />

die Möglichkeit geben, Dinge<br />

zu unternehmen oder sich wie die Nichtbehinderten<br />

ohne Eltern mit Freunden zu<br />

treffen.» Die 20-jährige Rea engagiert sich<br />

im Jugendrotkreuz Basel und verbringt einen<br />

Teil ihrer Freizeit mit Manuela, die auf<br />

den Rollstuhl angewiesen ist.<br />

So wie Rea setzen sich rund 500 Jugendliche<br />

und junge Erwachsenen im JRK ein. Mitmachen<br />

können alle zwischen 15 und 30<br />

Jahren, die sich in ihrer Freizeit sinnvoll engagieren<br />

wollen. Die Einsatzmöglichkeiten<br />

sind vielfältig. Beispielsweise organisieren<br />

die jungen Freiwilligen in Durchgangszentren<br />

für asylsuchende Kinder Spielnachmit-<br />

8 Humanité 1/2012<br />

tage, damit diese für einmal ihren Alltag<br />

vergessen können. oder sie fördern im<br />

Nachhilfeunterricht fremdsprachige Kinder.<br />

Wiederum andere gestalten Unterhaltungsnachmittage<br />

im Altersheim wie die Jugendlichen<br />

in unserer Geschichte ab Seite 4. Beim<br />

Projekt «Sport und Kochen» des Zürcher<br />

Jugendrotkreuz ermöglichen die Freiwilligen<br />

benachteiligten Kindern eine tolle Sportwoche<br />

und bringen ihnen nebenbei die Grundsätze<br />

einer gesunden Ernährung näher.<br />

Die jungen Freiwilligen treffen bei ihren<br />

Einsätzen nicht nur Gleichgesinnte und<br />

haben viel Spass, sondern erwerben auch<br />

wichtige Fähigkeiten. «Ich lerne beim JRK<br />

vieles, was mich kein Buch lehren kann»,<br />

meint Melanie vom Jugendrotkreuz Zürich.<br />

Die jungen Freiwilligen erweitern<br />

ihren Horizont, lernen die Lebensrealität<br />

anderer Menschen kennen und sammeln<br />

Erfahrungen. Gemeinsam können die Jugendlichen<br />

etwas bewegen. Mitdenken<br />

und mitbestimmen ist im Jugendrotkreuz<br />

angesagt. «Wir dürfen bei allen Aktivitäten<br />

mitbestimmen. So können wir gemeinsam<br />

das JRK weiterentwickeln. Das gefällt<br />

mir», fügt Eva vom Jugendrotkreuz Zürich<br />

nicht ohne Stolz an.<br />

Das Jugendrotkreuz gibt es in den Kantonen<br />

Zürich, St. Gallen, Aargau, Basel-Stadt,<br />

Neuenburg, Freiburg, Genf und Tessin.<br />

➥ facebook.com/SwissRedCrossYouth


Jugendrotkreuz<br />

report<br />

«erfahrungen fürs berufsleben»<br />

Carine Fleury war schon als Jugendliche aktiv beim Jugendrotkreuz (JRK). Dem Engagement in ihrer Jugend<br />

hat sie einen Erfahrungsschatz zu verdanken, dessen Wert sie heute hoch einschätzt. Nicht nur für ihre heutige<br />

Arbeit beim Schweizerischen Roten <strong>Kreuz</strong> als Leiterin des Kompetenzzentrums Jugend und Freiwilligenarbeit.<br />

INTERVIEW: TANJA PAULI<br />

Carine Fleury, warum haben Sie als Jugendliche<br />

das Rote <strong>Kreuz</strong> ausgewählt?<br />

Als ich 1999 an der Universität in Genf<br />

studierte, wollte ich nebenbei etwas<br />

Sinnvolles machen und hatte Freunde,<br />

die sich schon beim Roten <strong>Kreuz</strong> engagierten.<br />

Ich habe internationale Beziehungen<br />

studiert und das IKRK sowie die<br />

ganze Rotkreuzbewegung war natürlich<br />

ein Thema. Ich glaube, dass eine grosse<br />

organisation mit ihrem Netzwerk mehr<br />

erreichen kann. Es gibt in fast jedem<br />

Land eine Rotkreuz-Gesellschaft. Das<br />

hat mich schon als junge Studentin beeindruckt.<br />

So habe ich in Genf als Freiwillige<br />

angefangen und wurde später<br />

Koordinatorin beim JRK.<br />

Was ist die Aufgabe einer Koordinatorin<br />

beim JRK?<br />

Das ist vergleichbar mit der Arbeit in einer<br />

Personalabteilung. Jugendliche für<br />

die Freiwilligenarbeit suchen, Gespräche<br />

mit ihnen führen, um abzuklären, für welchen<br />

Bereich sie sich eignen oder wo ihre<br />

Interessen liegen. Jugendarbeit ist toll,<br />

weil man einfach alles lernt. Ein bisschen<br />

Projektmanagement, Marketing und je<br />

nach dem Fundraising, weil es auch Geld<br />

braucht. Man muss managen, coachen<br />

und manchmal auch etwas verkaufen<br />

können. Es ist unglaublich vielfältig, und<br />

ich habe in dieser Zeit prägende Erfahrungen<br />

gemacht, die lehrreich waren für<br />

mein späteres Berufsleben.<br />

Was braucht es, um ein Jugendrotkreuz<br />

zu gründen?<br />

Es braucht eine Kerngruppe mit starken<br />

Persönlichkeiten, um etwas voranzutreiben,<br />

und eine Finanzierung. Auch<br />

die Freiwilligenarbeit kostet, denn sie<br />

muss organisiert und koordiniert werden.<br />

Nicht zu vergessen, dass man Jugendliche<br />

noch etwas mehr führen und<br />

betreuen muss als Erwachsene. Dann<br />

braucht es eine Führungsperson, die<br />

nicht zwangsläufig auch jung sein muss.<br />

Aber sie muss die Jugendlichen verstehen,<br />

einen guten Draht zu ihnen haben<br />

und motivieren können. Wir vom SRK-<br />

Kompetenzzentrum Jugend in Bern unterstützen<br />

die SRK-Kantonalverbände,<br />

wenn sie ein Jugendrotkreuz gründen<br />

möchten. Als Anhaltspunkt dienen die<br />

Leitlinien zur Jugendarbeit, welche die<br />

Rotkreuzversammlung 2011 genehmigt<br />

hat. Jugendliche, die in ihrem Kanton<br />

noch kein JRK finden, können sich ebenfalls<br />

bei uns oder ihrem Kantonalverband<br />

melden.<br />

Es gibt einen obligatorischen Einführungskurs,<br />

dessen kurzweiliges, abwechslungsreiches<br />

Programm speziell auf die Jugendlichen<br />

zugeschnitten ist und diverse<br />

Weiterbildungen zu speziellen Themen.<br />

Zum Beispiel, wie man mit Kindern mit<br />

Migrationshintergrund arbeitet, oder im<br />

Umgang mit älteren oder behinderten<br />

Menschen. Im Modul «Leadership» lernen<br />

Jugendliche, die in einer Kerngruppe<br />

mehr Einfluss nehmen wollen, wie man<br />

Verantwortung übernimmt.<br />

Werden Sie angefragt für Referenzen<br />

bei der Lehrstellensuche?<br />

Carine Fleury, 33, leitet das SRK-Kompetenzzentrum<br />

Jugend und Freiwilligenarbeit<br />

Ja, das kommt öfters vor. Jugendliche, die<br />

sich engagieren, haben natürlich einen<br />

Pluspunkt mehr auf dem Arbeitsmarkt.<br />

Gibt es genügend Jugendliche, die<br />

sich engagieren wollen?<br />

Ja, ich glaube nicht, dass das Problem<br />

bei den Jugendlichen liegt. Man hört häufig,<br />

sie würden sich nur für oberflächliche<br />

Dinge interessieren. Das stimmt nicht.<br />

Viele Jugendliche sind Idealisten und<br />

wollen in einer Nonprofit-organisation<br />

arbeiten und etwas für die Allgemein-<br />

heit tun. Ich sehe die Jugendlichen<br />

als «Changemaker» und nicht als die<br />

«Troublemaker».<br />

➥ jugendrotkreuz.ch<br />

Humanité 1/2012 9


der letzte wille kann<br />

ein neuer anfang sein.<br />

Bitte senden Sie mir gratis den Testament-Ratgeber<br />

Name<br />

Bitte nehmen Sie Kontakt mit mir auf<br />

Vorname<br />

Strasse/Nr.<br />

PLZ/Ort<br />

Tel. Geburtsdatum<br />

Bestellung<br />

<strong>Schweizerisches</strong> <strong>Rotes</strong> <strong>Kreuz</strong>, Rainmattstr. 10,<br />

Postfach, 3001 Bern, E-Mail: aboservice@redcross.ch<br />

Postkonto 30-9700-0, www.redcross.ch/legat<br />

Mit einer letztwilligen Verfügung stellen Sie sicher, dass Ihr Vermögen<br />

in Ihrem Sinn verteilt wird. Der kostenlose Testament-Ratgeber des<br />

Schweizerischen Roten <strong>Kreuz</strong>es hilft Ihnen dabei. Damit Ihre Werte<br />

weiter leben.


Sicheres blut im libanon<br />

Im Süden Libanons setzt sich das Schweizerische<br />

Rote <strong>Kreuz</strong> (SRK) für einen sicheren,<br />

professionellen Blutspendedienst<br />

in fünf Spitälern ein. Diese werden vom<br />

Palästinensischen Roten Halbmond für<br />

die Flüchtlinge aus Palästina betrieben. In<br />

Libanon leben seit Jahrzehnten 340 000<br />

palästinensische Flüchtlinge und über die<br />

Hälfte von ihnen in Flüchtlings-Camps.<br />

für Kinder in der Schweiz<br />

Ende Januar verkauft das Rote <strong>Kreuz</strong> traditionell<br />

Mimosen, um die Kinder in der<br />

Schweiz zu unterstützen, die in bescheidenen<br />

Verhältnissen aufwachsen. Mit<br />

dem Verkaufserlös werden zum Beispiel<br />

Ferienlager oder Musikstunden finanziert.<br />

Für diese Aktion, die vor allem in der<br />

Westschweiz stattfindet, engagieren sich<br />

jedes Jahr zahlreiche Freiwillige.<br />

© Carmela Harshani odoni 2009<br />

75000 geschenke für einen guten zweck<br />

2 5 Weihnachten kann noch mehr bedürftige<br />

Menschen und gemeinnützige organisationen<br />

unterstützen als im letzten Jahr.<br />

Die alljährliche Sammelaktion der SRG SSR,<br />

der Schweizerischen Post und des Schweizerischen<br />

Roten <strong>Kreuz</strong>es (SRK) hat über die<br />

Festtage rund 75 000 Pakete erhalten, das<br />

ist ein Zuwachs von 3000 Paketen. Wer kein<br />

passendes «Weihnachtsgeschenk» zu Hause<br />

hatte, unterstützte die Aktion mit einem virtuellen<br />

Paket über die Internetseite. «Diese Unterstützung<br />

hat den Vorteil, dass wir einkaufen<br />

können, was noch fehlt und besonders<br />

wichtig ist für Menschen, die mit dem Nötigsten<br />

auskommen müssen», erklärt der Leiter<br />

der Sammelaktion, Josef Reinhardt. Er freute<br />

sich auch über die tatkräftige Hilfe von über<br />

zwanzig Prominenten aus Politik, Wirtschaft,<br />

Sport, Kultur und Fernsehen. Sie stellten sich<br />

einen Nachmittag lang zur Verfügung, um<br />

beim Sortieren der Geschenke zu helfen. So<br />

© SRK, oliver Matthys<br />

Sichere unterkünfte für pakistanische familien<br />

Das Schweizerische Rote <strong>Kreuz</strong> (SRK) baut<br />

in der pakistanischen Provinz Sindh drei<br />

Dörfer mit insgesamt 700 Häusern neu<br />

auf. Die künftigen Bewohner von Häusern<br />

des SKR beteiligen sich nicht nur aktiv an<br />

den Bauarbeiten, sie sind auch verantwortlich<br />

für den Einkauf des Materials. Die<br />

Auszahlungen hierfür erfolgt durch das<br />

SRK in fünf Tranchen. Durch Ratenzahlung<br />

erfolgt eine Kontrolle über den Bauprozess.<br />

«Für die meisten Familienoberhäupter<br />

und vor allem für die Frauen ist es das<br />

erste Mal im Leben, dass sie über ein<br />

packten zum Beispiel Nationalrat und Berner<br />

Stadtpräsident Alexander Tschäppät,<br />

Allianz Suisse Verwaltungsratspräsident<br />

Ulrich Zimmerli oder Musikwelle-Moderator<br />

Joël Gilgen (Bild) tatkräftig mit an.<br />

Die Waren werden nun je zur Hälfte in<br />

Kurz & bündig<br />

eigenes Konto verfügen», sagt der Delegationsleiter<br />

Mark Ita. Jedes Haus kommt<br />

auf 3000 Franken zu stehen. Der Hausbau<br />

schreitet gut voran.<br />

In derselben Region von Dadu erstellt<br />

das SRK auch die Wasserversorgung für<br />

6300 Einwohner. In neun Dörfern werden<br />

Freiwillige des lokalen Roten Halbmondes<br />

ausgebildet für Gesundheitsberatungen.<br />

Schwere Fluten haben im Sommer 2010<br />

in grossen Teilen Pakistans immense Schäden<br />

angerichtet.<br />

➥ redcross.ch/pakistan<br />

der Schweiz und in osteuropa gerecht<br />

verteilt. Viele Familien und organisationen<br />

sind auf diese Form von Hilfe jedes<br />

Jahr angewiesen. Deshalb wird die Aktion<br />

2012/13 zum 16. Mal stattfinden.<br />

➥ 2xweihnachten.ch<br />

Humanité 1/2012 11


engagiert<br />

Mitten unter uns<br />

Spielend die neue Heimat<br />

entdecken<br />

Jeden Montag öffnet Andrea Haas der kleinen Janani ihr Herz und ihre Tür. Das Programm mitten unter uns des<br />

Schweizerischen Roten <strong>Kreuz</strong>es hilft dem Mädchen aus Sri Lanka, in der Schweiz Wurzeln zu fassen.<br />

TExT: CHRISTINE RÜFENACHT BILDER: RoLAND BLATTNER<br />

Sie ist für mich beinahe wie ein drittes<br />

Kind», sagt Andrea Haas von der siebenjährigen<br />

Janani. Die beiden leben fast<br />

Tür an Tür in Binningen bei Basel. Jeden<br />

Montagnachmittag besucht Janani die Familie<br />

Haas in ihrem grossen Haus. Das immer<br />

fröhliche Mädchen kommt hierher, um<br />

12 Humanité 1/2012<br />

Schweizerdeutsch zu sprechen und sich<br />

mit dem hiesigen Alltag vertraut zu machen.<br />

Und natürlich, um mit dem sechsjährigen<br />

Silvan und der vierjährigen Nina zu<br />

spielen. Wie von selbst macht die in der<br />

Schweiz geborene Janani, deren Eltern<br />

aus Sri Lanka stammen, ihre ersten Schritte<br />

zu einer erfolgreichen Integration. «Sie hat<br />

sich enorm entwickelt und ist richtig aufgeblüht»,<br />

stellt Andrea Haas nach einem Jahr<br />

fest. Vor allem spricht Janani schon viel<br />

besser Mundart. Umgekehrt geben Silvan<br />

und Nina manchmal vor, sie würden Tamil<br />

reden, wie ihre Mutter lächelnd erwähnt.


Nina, Janani und Silvan<br />

sind in kurzer Zeit<br />

gute Freunde geworden<br />

und haben viel Spass<br />

zusammen<br />

Seit einem Jahr<br />

wächst Janani<br />

zweisprachig auf<br />

etwas weitergeben<br />

Neben der Betreuung ihrer beiden Kinder<br />

arbeitet die 33-jährige Andrea Haas<br />

regelmässig im Familienbetrieb mit. Die<br />

gelernte Bäckerin-Konditorin hätte sich<br />

gerne als Tagesmutter engagiert. Leider<br />

war das nicht möglich. Dank der Aktion<br />

mitten unter uns des Roten <strong>Kreuz</strong>es Baselland<br />

kann sie nun ein Kind betreuen und<br />

zugleich Gutes tun. «Es ist gut zu spüren,<br />

dass Janani und ihre Familie in unserem<br />

Land willkommen sind», betont Andrea<br />

Haas. Da der Vater des Mädchens<br />

tagsüber und die Mutter nachts arbeitet,<br />

haben sie nur selten Zeit, etwas mit ihrer<br />

Tochter zu unternehmen. Andrea Haas<br />

geht deshalb oft mit ihr ins Schwimmbad<br />

oder in die Bibliothek.<br />

Spielend einfach<br />

Vor einem Jahr sind sich die Familie Haas<br />

und Janani zum ersten Mal begegnet. Sie<br />

verstanden sich auf Anhieb: Schon nach<br />

wenigen Minuten verschwand das Mädchen<br />

mit Silvan und Nina im Kinderzimmer.<br />

Seither klingen das Jauchzen und<br />

Gastgeberin<br />

Andrea Haas<br />

freut sich, dass<br />

die drei Kinder so<br />

gut miteinander<br />

auskommen<br />

Lachen der drei jeden Montag durch das<br />

Haus. «Ich bin immer wieder überrascht,<br />

wie glücklich und zufrieden sie zusammen<br />

sind», sagt Andrea Haas. Auch die Eltern<br />

von Janani wussten nach einem Besuch bei<br />

der Gastfamilie, dass ihr Nesthäkchen dort<br />

gut aufgehoben ist.<br />

Kurz befragt<br />

Corinne Sieber<br />

Als Leiterin Soziales und Integration<br />

beim Roten <strong>Kreuz</strong><br />

Baselland ist Corinne Sieber<br />

auch für mitten unter uns<br />

verantwortlich. Sie informiert<br />

über das Programm, sucht<br />

Familien und bringt sie<br />

miteinander in Kontakt.<br />

engagiert<br />

Welche Rolle übernimmt das SRK?<br />

Meist wenden sich Lehrpersonen an<br />

uns, um ein Kind für das Programm<br />

anzumelden. Damit beginnt die Hintergrundarbeit:<br />

Wir besuchen die Familie,<br />

um zu erfahren, was sie von der künftigen<br />

Gastfamilie erwartet, und um das<br />

Kind kennenzulernen. Danach organisieren<br />

wir ein Treffen mit einer Familie,<br />

die uns geeignet erscheint. Wir begleiten<br />

die Familien und bleiben mit ihnen<br />

und je nachdem auch mit den Lehrpersonen<br />

in Kontakt. So können wir den<br />

Kindern wenn nötig gezielt auch andere<br />

Unterstützung anbieten, um sie zu<br />

fördern oder ihnen weiterzuhelfen.<br />

Wer eignet sich als Gastgeberin<br />

oder Gastgeber?<br />

Die Freiwilligen müssen bereit sein, ein<br />

Kind während mindestens sechs Monaten<br />

einmal pro Woche bei sich aufzunehmen.<br />

Wir suchen aufgeschlossene,<br />

interessierte Familien oder Einzelpersonen,<br />

die gerne ein Kind begleiten<br />

möchten und vertrauenswürdig sind.<br />

Was halten die Beteiligten von<br />

mitten unter uns?<br />

Das Programm bringt allen etwas. Familien<br />

mit Migrationshintergrund freuen<br />

sich, dass sich ihre Kinder besser<br />

und schneller einleben. Die Kinder<br />

fühlen sich wohl, wenn sie sich in einer<br />

Umgebung entfalten können, die<br />

von Vertrauen geprägt ist. Und nicht<br />

zuletzt erleben die Freiwilligen und ihr<br />

Umfeld die Begegnungen als sehr bereichernd.<br />

Das SRK sucht weitere freiwillige Gastgeberinnen<br />

und Gastgeber:<br />

➥ redcross.ch/mittenunteruns<br />

Humanité 1/2012 13


Die Morgensonne taucht die Bucht<br />

von Jiquilisco in ein sanftes, goldenes<br />

Licht. Am seichten Ufer dümpeln ein<br />

paar bunte Fischerboote, gleich dahinter<br />

beginnen die Mangroven, am Horizont<br />

schimmern blau El Salvadors Vulkane<br />

Usulután, San Miguel und San Vicente.<br />

Felix Saravia lässt aufmerksam den Blick<br />

über das Wasser gleiten. Vielleicht 50<br />

Meter vom Ufer entfernt tollen ein paar<br />

Halbwüchsige im Wasser. Plötzlich werden<br />

sie abgetrieben, rufen um Hilfe. Felix<br />

Saravia schnappt sich eine Boje und<br />

stösst mit der Trillerpfeife einen gellenden<br />

Signalton aus. Sofort kommen seine<br />

Teamkollegen angelaufen, stürzen sich<br />

ins Wasser und kraulen zu den Ertrinkenden.<br />

Mit geübten Griffen werden sie ans<br />

Ufer gezogen und dort im dunklen Vulkansand<br />

wiederbelebt. Da muss eines der<br />

opfer vor Lachen laut prusten und spuckt<br />

das geschluckte Wasser in einem riesigen<br />

Schwall dem Retter auf die Brust.<br />

Die Rettungsschwimmer des<br />

Roten <strong>Kreuz</strong>es<br />

Carlos Umanzos ist erst 12 Jahre alt und<br />

neu in der Rettungsschwimmertruppe des<br />

Roten <strong>Kreuz</strong>es. Deshalb hat er bei der<br />

Katastrophenschutzübung eines der opfer<br />

gemimt, bis er angesichts seiner eigenen<br />

schauspielerischen Fähigkeiten einen<br />

Im katastrophenanfälligen<br />

el Salvador an der pazifikküste<br />

haben viele Menschen nie<br />

schwimmen gelernt.<br />

Lachkrampf bekam. Der Halbwüchsige ist<br />

zusammen mit einem Freund vor einem<br />

Jahr zu der Truppe gestossen und brennt<br />

schon darauf, so bald wie möglich den<br />

Rettungsschwimmerkurs zu absolvieren<br />

und dann zum Einsatz zu kommen. Ein<br />

Dutzend junge Männer sind mit Eifer<br />

dabei, schwimmen zweimal, dreimal,<br />

viermal hinaus und trainieren die lebenswichtigen<br />

Handgriffe. «Wir sind zwar<br />

alle gute Schwimmer, aber jemand aus<br />

dem Wasser zu ziehen, muss immer wieder<br />

geübt werden», erzählt Gruppenleiter<br />

Felix Saravia, mit 31 Jahren der Älteste.<br />

Sein Team besteht aus durchtrainierten<br />

Bauernjungs, die sich im Alltag vom<br />

Mais- und Bohnenanbau ernähren und<br />

Alle Beteiligten üben<br />

eine Evakuierung, weil<br />

im Katastrophenfall jede<br />

Minute zählt<br />

Felix Saravia,<br />

Rettungsschimmer des<br />

Roten <strong>Kreuz</strong>es, bei einer<br />

Rettungsübung<br />

in einfachen Hütten rund um die Bucht<br />

leben. Sie bilden die freiwillige Rettungstruppe<br />

des Roten <strong>Kreuz</strong>es, ausgebildet<br />

mit Schweizer Unterstützung. Zu tun ist<br />

eine Menge. Nach einer Studie des UN-<br />

Büros zur Koordinierung humanitärer<br />

Angelegenheiten (ocha) ist El Salvador<br />

weltweit das Land mit dem höchsten Anteil<br />

an Risikozonen: 88,7 Prozent eines<br />

<strong>KonKret</strong><br />

Landes, das halb so gross ist wie die<br />

Schweiz. In hundert Jahren erlebten die<br />

Salvadorianer zwölf schwere Erdbeben,<br />

zwei Tsunamis, acht Vulkanausbrüche<br />

und mehrere Dutzend Überschwemmungen.<br />

In den Ferien arbeiten die Rotkreuzhelfer<br />

als Rettungsschwimmer an den Stränden.<br />

«Der Pazifik ist tückisch mit seinen Strö-<br />

Humanité 1/2012 15


<strong>KonKret</strong><br />

mungen, und viele meiner Landsleute<br />

können nicht richtig schwimmen», weiss<br />

Felix Saravia. Das ganze Jahr über bildet<br />

er ausserdem mit Unterstützung des<br />

SRK «Gesundheitspromotoren» aus. Das<br />

sind junge Leute wie Flor Bonilla, 22, die<br />

einfache Hygienemassnahmen wie Wasser<br />

abkochen und Müll sammeln in ihrer<br />

Gemeinde organisieren. Doch die grösste<br />

Gefahr droht vom Lempa-Fluss. Der<br />

Lempa ist schon in normalen Zeiten ein<br />

imposanter Fluss, der sich über mehrere<br />

Arme und Hunderte von Metern erstreckt<br />

und das kleine mittelamerikanische Land<br />

ziemlich genau in der Mitte durchschneidet.<br />

Er bringt den Regen aus den Bergen,<br />

flussaufwärts befinden sich drei Staudämme.<br />

Dramatisch wird es, wenn ein<br />

Hurrikanausläufer über dem Land tobt –<br />

und das geschieht im Zuge des Klimawandels<br />

immer häufiger. Innerhalb von<br />

wenigen Tagen können 1500 Millimeter<br />

Niederschlag fallen – so viel wie sonst<br />

im ganzen Jahr. Zuletzt geschah das im<br />

oktober 2011.<br />

Statt Chaos geplante Nothilfe<br />

Bei so viel Niederschlag öffnen die Staudämme<br />

die Schleusen. Flussabwärts, an<br />

der Mündung des Lempa in den Pazifik,<br />

wo Felix Saravia und sein Rettungsteam leben,<br />

steht dann alles unter Wasser. 9500<br />

Menschen mussten rund um die Bucht evakuiert<br />

werden. Tag und Nacht waren der<br />

Gruppenleiter und seine Helfer vom Roten<br />

<strong>Kreuz</strong> im Einsatz, retteten Menschen aus<br />

den Fluten, versorgten Verletzte, organi-<br />

16 Humanité 1/2012<br />

sierten die Belegung und Nahrungsmittelausgabe<br />

in den Notunterkünften.<br />

«Das hat dieses Mal super geklappt»,<br />

sagt SRK-Logistiker Roberto Castillos.<br />

«Dank den Vorbereitungsarbeiten hatten<br />

wir einen gut funktionierenden Krisenstab,<br />

in dem Armee, Polizei, Katastrophenschutz,<br />

Gemeinde, <strong>Rotes</strong> <strong>Kreuz</strong>,<br />

Die mit Hilfe des SRK gebauten<br />

Notunterkünfte halten den<br />

Hurrikans stand.<br />

NGos und die Kirchen gemeinsam die<br />

Bergungsarbeiten koordiniert haben.»<br />

Das war nicht immer so. Roberto Castillos,<br />

seit den Zeiten des Bürgerkriegs der<br />

80er-Jahre für diverse Rot-<strong>Kreuz</strong>-organisationen<br />

tätig, kann sich noch gut an<br />

Die Gesundheitspromotoren<br />

sorgen für<br />

bessere Hygiene in den<br />

Dörfern und werden mit<br />

Unterstützung des SRK<br />

ausgebildet<br />

Mit verletzten Personen<br />

muss im Ernstfall gerechnet<br />

werden, deshalb<br />

wird diese Situation<br />

nachgestellt<br />

apropoS<br />

Vorsorge nützt allen<br />

Die Rückversicherung Swiss Re unterstützt<br />

das SRK seit Jahren in El Salvador<br />

und Honduras im Bereich Katastrophenvorsorge.<br />

Die beiden organisationen<br />

wollen die nächsten drei Jahre noch<br />

enger zusammenarbeiten und gehen<br />

2012 eine offizielle Partnerschaft ein.<br />

Diese beinhaltet die Zusammenarbeit<br />

in der Katastrophenvorsorge, in der<br />

Katastrophennothilfe und für den Wiederaufbau<br />

nach Katastrophen. Dabei<br />

profitiert das SRK vom Fachwissen der<br />

Swiss Re und diese wiederum von der<br />

langjährigen Erfahrung des SRK in der<br />

Entwicklungszusammenarbeit.<br />

Hurrikan Mitch 1998 erinnern: «Damals<br />

war es ein einziges Chaos, niemand<br />

wusste, wo wie viele opfer waren, die<br />

Hilfe wurde am Strassenrand planlos<br />

in die Menge gegeben oder von Hubschraubern<br />

abgeworfen.»<br />

Gemeindeversammlung in der<br />

Notunterkunft<br />

Nicht nur bei der organisation hat die<br />

Schweizer Effizienz ihre Spuren hinterlassen.<br />

Hilfreich sind auch die Notunterkünfte,<br />

die dank Unterstützung des SRK<br />

in Gemeinschaftsarbeit entstanden. Die<br />

Fundamente 1,80 Meter tief im Boden<br />

und damit erdbebensicher, der Fussboden<br />

1,60 m hoch über der Erde und<br />

damit überflutungssicher, ausgestattet<br />

mit einer Gemeinschaftsküche und acht<br />

Kompostlatrinen. Rund 300 Leute finden<br />

in der Notunterkunft Schutz. In ruhigen<br />

Zeiten finden darin Gemeindeversammlungen<br />

statt. Zwei solcher Notunterkünfte<br />

stehen bereits, eine dritte ist im<br />

Bau. «Die Unterkunft in meiner Heimatgemeinde<br />

El Angel hat uns schon zweimal<br />

gute Dienste geleistet», sagt Felix<br />

Saravia. Und als der Präsident des Landes<br />

in einer Radioansprache die gute<br />

Prävention und Katastrophenhilfe lobt,<br />

ist er zu Recht sichtlich stolz auf das,<br />

was er und seine Truppe geleistet haben.<br />

➥ redcross.ch/elsalvador


<strong>KonKret</strong><br />

letzte Wünsche<br />

«ach übrigens, wenn ich<br />

einmal…»<br />

Wir sprechen ungern darüber und den passenden Moment gibt es nicht. Sollen wir daher den Angehörigen unsere<br />

Wünsche für «die Zeit nach uns» schriftlich hinterlassen? «Wenn ich einmal nicht mehr selbst bestimmen<br />

kann» heisst der neue Ratgeber des Schweizerischen Roten <strong>Kreuz</strong>es (SRK). Bestatter Stefan Bärtschi erzählt im<br />

Interview, wie er darüber denkt und warum das Thema nicht tabu sein sollte.<br />

INTERVIEW: TANJA PAULI<br />

18 Humanité 1/2012


Stefan Bärtschi, was halten Sie von einer<br />

Broschüre, die sich damit befasst, was<br />

Angehörige im Todesfall wissen sollten?<br />

Ich finde es gut, dass das SRK dieses<br />

Tabuthema aufgreift und eine solche Broschüre<br />

erarbeitet hat. Man schiebt das<br />

Thema von sich weg. Auch wir versuchen<br />

zu erreichen, dass die Leute sich damit<br />

befassen und beraten unverbindlich.<br />

Und wenn man den Angehörigen alle<br />

Entscheidungen überlassen möchte?<br />

Auch dann ist es sinnvoll, genau das<br />

schriftlich festzuhalten. Denn woher sollen<br />

die Angehörigen dies sonst wissen?<br />

Selbstverständlich kann und soll man über<br />

seine Wünsche nach dem Tod sprechen,<br />

aber nach Jahren erinnert man sich nur<br />

© istockphoto<br />

Den perfekten Moment<br />

für dieses Gespräch gibt es<br />

nicht, aber irgendwann ist<br />

es für immer zu spät<br />

noch wage an das Gesagte. Und oft wird<br />

es erst noch zu wenig deutlich gesagt.<br />

Werden schriftlich formulierte Wünsche<br />

immer respektiert?<br />

Ja, ich halte mich daran. Es ist meine Philosophie,<br />

im Sinne einer verstorbenen Person<br />

zu handeln und sie zu respektieren. Wenn<br />

Denn eigentlich wissen doch<br />

alle ungefähr, was sie möchten<br />

und sonst ganz bestimmt,<br />

was sie gar nicht wollen.<br />

die Angehörigen keine Anweisungen der<br />

verstorbenen Person mitbringen, frage ich<br />

sie, ob sie danach gesucht haben. Es ist<br />

schon vorgekommen, dass wir nachträglich<br />

noch einige Details änderten, weil die<br />

Hinterbliebenen erst einen Tag später auf<br />

ein entsprechendes Dokument gestossen<br />

sind. In diesem Beruf muss man sehr flexibel<br />

sein; daher ist es für mich auch kein<br />

Problem, wenn eine ganze Trauerfeier<br />

umgestellt werden muss. Ich sehe mich als<br />

Anwalt der verstorbenen Person und für<br />

mich gilt, was sie geschrieben hat. Insbesondere<br />

natürlich, wenn ein Sterbevorsorgevertrag<br />

mit uns abgeschlossen wurde.<br />

In diesem Fall kann ich die Wünsche der<br />

verstorbenen Person sogar auf rechtlichem<br />

Weg durchsetzen.<br />

Sind ohne Sterbevorsorgevertrag<br />

schriftlich festgehaltene Wünsche für<br />

die Hinterbliebenen gedacht?<br />

Ja, und für den Bestatter, wenn es keine<br />

Angehörigen gibt. Es ist eine grosse Erleichterung<br />

für Hinterbliebene, wenn sie<br />

das Gefühl haben, das Richtige zu tun.<br />

Es kommt oft vor, dass Hinterbliebene mit<br />

klaren Anweisungen zu mir kommen. Von<br />

der gewünschten Kleidung, ob im offenen<br />

Sarg aufgebahrt werden soll oder nicht,<br />

bis zur Musikauswahl – alles ist oft bis ins<br />

Detail festgelegt und passt zur verstorbenen<br />

Person, was eine Trauerfeier besonders<br />

berührend und persönlich machen<br />

kann.<br />

Schätzen es die Angehörigen, wenn<br />

sogar die Details geregelt wurden?<br />

Ich weiss es aus eigener Erfahrung. Leider<br />

ist mein Vater vorletztes Jahr ver storben.<br />

Er hat uns gesagt, dass alles, was wir<br />

<strong>KonKret</strong><br />

brauchen, in einer braunen Mappe sei.<br />

Tatsächlich hatte auch er alles bis ins<br />

kleinste Detail durchdacht. Und etwas<br />

Wichtiges hätten wir ganz anders gemacht,<br />

ohne seine schriftliche Wünsche.<br />

Mir hat es geholfen, zu wissen, dass alles,<br />

was wir tun, ganz in seinem Sinn ist.<br />

Kommt es oft vor, dass die Angehörigen<br />

sich nicht einigen können?<br />

Meistens geht es gut. Aber es gibt Familien,<br />

die sich nach vielen Jahren das erste<br />

Mal wieder sehen und sich in dieser heiklen<br />

Situation zusammen an einen Tisch<br />

setzen müssen, um schwierige Entscheidungen<br />

zu fällen. Ich habe zwei Brüder erlebt,<br />

die waren offensichtlich schon länger<br />

zerstritten. Sie wussten nicht, was ihr verstorbener<br />

Vater gewollt hätte und konnten<br />

sich in keinem Punkt einigen. Schliesslich<br />

fragten sie mich, wie ich entscheiden würde.<br />

Ich riet ihnen: «Gehen Sie zusammen<br />

einen Kaffee trinken, lassen Sie sich Zeit.<br />

Ich warte auf Sie.» Nach der Trauerfeier<br />

hatte ich den Eindruck, dass dieses Gespräch<br />

den Grundstein gelegt hat für eine<br />

Versöhnung. Es hat mich gefreut, dass ich<br />

dazu etwas beitragen konnte.<br />

Was sagen Sie, wenn sich jemand<br />

nicht mit dem Thema befassen möchte<br />

aus der unterschwelligen Angst, das<br />

Schicksal damit herauszufordern?<br />

Ich habe auch schriftlich festgehalten, was<br />

ich dereinst möchte, weil ich diese Entscheidungen<br />

meinen Angehörigen abnehmen<br />

will. Ich rate, den Ratgeber bei Gelegenheit<br />

durchzulesen und auszufüllen, wenn<br />

es passt. Denn eigentlich wissen doch alle<br />

ungefähr, was sie möchten und sonst ganz<br />

bestimmt, was sie gar nicht wollen.<br />

➥ Die Broschüre des SRK, «Wenn ich<br />

einmal nicht mehr selbst bestimmen<br />

kann – wichtige Informationen für<br />

Angehörige», ist bei der Geschäftsstelle<br />

des SRK in Bern erhältlich.<br />

Stefan bärtschi<br />

Seit 20 Jahren arbeitet der 48-Jährige<br />

als Bestatter. Auf diesen Beruf<br />

ist der ehemalige Automechaniker<br />

über Umwege gekommen. Er ist<br />

Inhaber eines Bestattungsunternehmens<br />

mit Niederlassungen in Bern<br />

und Thun.<br />

Humanité 1/2012 19


<strong>KonKret</strong><br />

Japan<br />

Schutz und Würde für<br />

Hinterbliebene<br />

Im japanischen Onagawa ermöglicht das Schweizerische Rote <strong>Kreuz</strong> (SRK) den Bau eines Alterswohnheims<br />

mit Akutklinik. Viele ältere Japanerinnen und Japaner in der Katastrophenregion haben kaum noch Angehörige.<br />

Martin Fuhrer, Leiter Internationale Zusammenarbeit des SRK, besuchte kürzlich das Katastrophengebiet.<br />

INTERVIEW: KARL SCHULER<br />

20 Humanité 1/2012


© IFRC<br />

Nirgendwo ist die<br />

Lebenserwartung höher<br />

als in Japan, aber nicht<br />

alle bleiben vor Gebrechen<br />

verschont<br />

Martin Fuhrer, was sind Ihre Eindrücke<br />

bald ein Jahr nach der schweren<br />

Naturkatastrophe?<br />

Es sieht auch heute noch aus wie nach<br />

einem Bombenangriff. Die Städte Ishinomaki<br />

und onagawa an der nordöstlichen<br />

Küste, die wir besuchten, sind noch nicht<br />

wieder aufgebaut. Allerdings sind die<br />

riesigen Schuttmassen weggeräumt. Es<br />

stapeln sich überall Riesenberge, wobei<br />

ein eigentliches Recycling stattfindet: hier<br />

ein Berg aus Plastik und Autos, dort einer<br />

aus Zement, daneben wiederum ein Turm<br />

aus Holzabfällen. Wohin mit den Tausenden<br />

von Tonnen? Dies ist noch nicht entschieden.<br />

Wo leben die Menschen, die ihr Obdach<br />

verloren?<br />

Bereits ein halbes Jahr nach der Katastrophe<br />

konnten die Zehntausenden von<br />

obdachlosen die Massenunterkünfte verlassen<br />

und in relativ komfortable Wohncontainer<br />

einziehen. Dies ist eine grosse<br />

Leistung der Behörden. Allerdings hat der<br />

definitive Wiederaufbau der Wohnhäuser<br />

noch nicht begonnen, da die Landfrage<br />

nicht geklärt ist. Auch ist unklar, ob die<br />

Städte so nahe an der ungeschützten Küste<br />

wieder aufgebaut werden oder eher<br />

«es fällt auf, dass der grosse<br />

teil der Zurückgebliebenen<br />

ältere Menschen sind.»<br />

etwas zurückversetzt auf den Hügeln. Vor<br />

allem jüngere Leute haben die nördliche<br />

Küstenregion verlassen, da ihnen die<br />

Regierung für die Neuansiedlung in den<br />

Städten des Südens eine Starthilfe offeriert.<br />

Es fällt auf, dass der grosse Teil der<br />

Zurückgebliebenen ältere Menschen sind.<br />

Sie besuchten die Menschen in<br />

den provisorischen Wohnsiedlungen.<br />

Wie geht es ihnen?<br />

Wir begleiteten eine psychologisch ausgebildete<br />

Helferin des Japanischen Roten<br />

<strong>Kreuz</strong>es bei ihren Hausbesuchen. Materiell<br />

geht es den meist älteren Menschen<br />

zwar wieder einigermassen gut, doch<br />

wirken sie vielfach apathisch und wie<br />

gelähmt. Der psychosoziale Dienst des<br />

apropoS<br />

Der Mundschutz schützt die Seniorin davor, sich allenfalls mit einer Erkältung anzustecken<br />

<strong>KonKret</strong><br />

SRK­Hilfe in Japan<br />

Das Schweizerische Rote <strong>Kreuz</strong> (SRK)<br />

hat gleich nach dem Erdbeben das<br />

Nothilfe-Programm des Japanischen<br />

Roten <strong>Kreuz</strong>es mit einer Million Franken<br />

unterstützt. Damit wurde in den<br />

Notunterkünften die Trinkwasserversorgung<br />

hergestellt und die Wohn-<br />

Container mit Haushaltgeräten wie<br />

Reis- und Nudelkocher und Waschmaschinen<br />

ausgerüstet. Den Grossteil<br />

seiner Mittel setzt das SRK für den<br />

Bau eines Alters- und Pflegeheims für<br />

100 Bewohnerinnen und Bewohner<br />

sowie einer Akutklinik mit 20 Betten<br />

in der stark zerstörten Stadt onagawa<br />

ein. Der Bau wird im Mai 2012 bezugsbereit<br />

sein. An den Gesamtkosten<br />

von 22 Millionen sind die Glückskette<br />

und die Caritas beteiligt.<br />

Roten <strong>Kreuz</strong>es ist sehr wichtig. Unsere<br />

Begleiterin erklärte uns, dass die Leute<br />

nicht gewohnt sind, ihre Gefühle zu zeigen.<br />

Durch die Katastrophe sind sie aus<br />

ihrer gewohnten Bahn geworfen worden<br />

und haben nun grosse Mühe, sich in dieser<br />

neuen Situation zurechtzufinden und<br />

zu improvisieren. Dies ist ein kultureller<br />

Aspekt der japanischen Gesellschaft.<br />

Humanité 1/2012 21


<strong>KonKret</strong><br />

In Massenunterkünften<br />

improvisierten die Obdachlosen<br />

während sechs<br />

Monaten ihr tägliches<br />

Leben<br />

Gebrechliche Menschen<br />

sind auf ein Alters- und<br />

Pflegeheim angewiesen,<br />

wenn sie keine Angehörigen<br />

mehr haben<br />

KoMMentar<br />

Der alte Mann und das Meer<br />

TExT: MARTIN FUHRER<br />

Das Erdbeben und der anschliessende Tsunami<br />

hat bis zu 20 000 Menschen getötet<br />

und über eine Viertelmillion obdachlos gemacht.<br />

Das sind kaum vorstellbare Zahlen.<br />

Es sind die Einzelschicksale, die nahe gehen<br />

und die man – anders als Zahlen – ein<br />

Leben lang nicht vergisst. Der 70-jährige<br />

Fischer Katsumi hat mir erzählt, wie er das<br />

stärkste Erdbeben in der Geschichte Japans<br />

und das ganze letzte Jahr erlebt hat. Seit er<br />

sich zu erinnern vermag, lebt Katsumi im<br />

Hafen der Stadt onagawa. Der 11. März<br />

2011 hat sein Leben radikal verändert. Er<br />

entkam der Katastrophe nur mit dem nackten<br />

Leben. Zusammen mit seiner Frau vermochte<br />

er sich vor der riesigen Welle auf<br />

die nahe gelegene Anhöhe in Sicherheit<br />

22 Humanité 1/2012<br />

Warum entschied sich das SRK<br />

für den Bau eines Alters- und Pflegeheimes?<br />

Das Spitalgebäude in der Kleinstadt<br />

onagawa wurde vom Tsunami stark beschädigt.<br />

Nun wird es in ein Alters- und<br />

Pflegeheim für 100 Betagte umgebaut,<br />

dem eine Akutklinik mit 20 Betten angegliedert<br />

wird. Da allgemein eine zu hohe<br />

Spitaldichte besteht, ist diese Umnutzung<br />

sinnvoll. Wegen der Abwanderung der<br />

zu bringen. Sein Haus mit dem gesamten<br />

Hab und Gut und sein geliebter Fischkutter<br />

wurden von der Welle überflutet, und es ist<br />

keine Spur mehr davon zurückgeblieben.<br />

Die ersten Monate nach der Katastrophe<br />

lebten Katsumi und seine Frau in einer<br />

Turnhalle auf ein paar wenigen Quadratmeter,<br />

die man ihnen zugewiesenen hat.<br />

Zusammen mit Hunderten von anderen älteren<br />

Menschen lebten sie in dieser Halle.<br />

Im oktober wurde ihnen eine provisorische<br />

Container-Unterkunft in einer neuen Siedlung<br />

zugeteilt. Hier verfügen sie wenigstens<br />

über ihren eigenen Privatraum, können<br />

selber kochen und verbringen täglich viele<br />

Stunden vor dem kleinen Fernseher. Doch<br />

Katsumi wirkt traurig und abgemagert und<br />

fühlt sich krank. Er wird einige Tage zur<br />

Untersuchung im Spital verbringen müssen.<br />

Das Meer, auf dem der Fischer sein Leben<br />

jüngeren Leute ist die traditionelle Versorgung<br />

der Eltern durch ihre Kinder in diesem<br />

eher ländlich geprägten Gebiet nicht<br />

mehr gewährleistet. Viele der älteren<br />

Menschen leben allein und in bescheidenen<br />

Verhältnissen. Durch die Naturkatastrophe<br />

wurden sie zusätzlich traumatisiert.<br />

Wir wollen deshalb dazu beitragen, dass<br />

sie ihren Lebensabend in Schutz und<br />

Würde verbringen dürfen.<br />

➥ redcross.ch/japan<br />

Martin Fuhrer<br />

Martin Fuhrer (rechts) leitet beim SRK die Internationale<br />

Zusammenarbeit. In den letzten Jahren hat er diverse<br />

Länder besucht, die von Naturkatastrophen heimgesucht<br />

wurden. Links im Bild der Fischer Katsumi.<br />

verbrachte, hat ihm alles genommen. Der<br />

alte Mann wird nie mehr mit dem Kutter<br />

ausfahren können. Nun hofft er, zusammen<br />

mit seiner Frau im neuen Alters- und Pflegeheim<br />

aufgenommen zu werden.


Die Natur kann jederzeit zuschlagen.<br />

Nur handfeste Lösungen können uns davor schützen.<br />

Die Klimaveränderung zeigt Folgen: Überschwemmungen und Stürme ereignen sich häufi ger, das Ausmass<br />

nimmt zu. Was tun? Sollen sich die Bewohner aus den Gefahrenregionen zurückziehen? Sollen die gefährdeten<br />

Gebiete durch Dämme, Entwässerungssysteme und strengere Bauvorschriften noch besser geschützt werden?<br />

Oder soll das fi nanzielle Risiko versichert und der Wiederaufbau gefördert werden? Für uns bei Swiss Re steht<br />

jedenfalls fest: Wir müssen uns rasch an den globalen Klimawandel anpassen. Deshalb unterstützen wir Länder<br />

und Kommunen bei der Entwicklung von Strategien zum Schutz gegen die Kräfte der Natur.<br />

Mehr noch: Aus Risiko formen wir Chancen.<br />

Erfahren Sie mehr auf www.swissre.com<br />

Swiss Re ist offi zieller Partner des Schweizerischen Roten <strong>Kreuz</strong>es. Zusammen<br />

tragen wir dazu bei, die Gesellschaft widerstandsfähiger zu machen. Wir engagieren<br />

uns gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden, soziale und wirtschaftliche Nachteile<br />

zu mindern und neue Wege der Katastrophenprävention aufzuzeigen.


erlebt<br />

detention<br />

rückkehrberatung für<br />

Menschen in ausschaffungshaft<br />

Durch das Projekt Detention des Schweizerischen Roten <strong>Kreuz</strong>es (SRK) arbeiten Menschen in Ausschaffungshaft an<br />

einer neuen Perspektive. Auseinandersetzungen und Aggressionen können so gemildert oder aufgefangen werden.<br />

Die SRK-Sozialarbeiterin Carine Elmiger ist seit über zwei Jahren dabei und zieht eine positive Zwischenbilanz.<br />

TExT: URS FRIEDEN<br />

Carine Elmiger hat einen schwierigen<br />

Job im unendlichen Gebiet zwischen<br />

Anspruch und Wirklichkeit: Sie berät<br />

Männer und Frauen, die sich in Ausschaffungshaft<br />

befinden. Das 2008 gestartete<br />

Projekt heisst Detention (englisch für Inhaftierung,<br />

Gewahrsam) und beschäftigt<br />

in sieben Kantonen 13 qualifizierte SRK-<br />

Mitarbeitende.<br />

Carine Elmiger, die Detention im Kanton<br />

Bern leitet, ist überzeugt, in den letzten<br />

© SRK, Gabriela Feldmann<br />

24 Humanité 1/2012<br />

© SRK, Gabriela Feldmann<br />

zwei Jahren zahlreichen Menschen in<br />

einer verzweifelten Situation wichtige<br />

Hilfe gewährt zu haben: «Einerseits<br />

schauen wir mit den Personen die Situation<br />

während des Ausschaffungsverfahrens<br />

an und beantworten ihre Fragen,<br />

damit sie besser einschätzen können,<br />

was auf sie zukommt. Andererseits bieten<br />

wir ihnen den Rahmen, um sich<br />

mit ihrer Rückführung und somit Rückkehr<br />

in ihr Heimatland auseinanderzusetzen.»<br />

Carine Elmiger, Leiterin<br />

Projekt Detention im<br />

Kanton Bern, erklärt, was<br />

ihre Arbeit bewirkt<br />

Diese Menschen seien mit hohen Erwartungen<br />

nach Europa gekommen und würden<br />

nun mit der harten Realität konfrontiert,<br />

dass für sie hier kaum Platz ist.<br />

Aus humanitären Gründen<br />

sinnvoll<br />

Das Angebot sei auch deshalb wichtig,<br />

weil sich nach dem Wegweisungsentscheid<br />

Wut und Enttäuschung aufstauen.<br />

«Diese starken Emotionen können wir<br />

auffangen und die Enttäuschung teilweise<br />

lindern. Die Betroffenen erhalten<br />

durch unsere Abklärungen und Beratungen<br />

einen Überblick über ihre Situation<br />

und dadurch gelingt es ihnen, diese<br />

auch besser zu verstehen», so Elmiger.<br />

Die Beraterinnen sind davon überzeugt,<br />

dass auch Personen in der Ausschaffungshaft<br />

Zugang zur Rückkehrberatung<br />

«Die starken emotionen können<br />

wir auffangen und die enttäuschung<br />

teilweise lindern.»<br />

haben sollen, damit sie ihre Rückkehr<br />

möglichst gut vorbereiten können. Auf<br />

diese Weise kann die Integration im<br />

Heimatland unterstützt werden. «Wir<br />

thematisieren ihre Fähigkeiten, Ressourcen,<br />

das soziale Netz und erarbeiten mit<br />

ihnen so eine mögliche Perspektive für<br />

die nächste Zukunft.» Diesen Prozess zu<br />

begleiten ist nötig, weil die Menschen in<br />

ihrer Situation kaum eine Perspektive sehen<br />

und oftmals das Gefühl haben, ver-


Die Betroffenen erhalten in den Beratungen einen Überblick über ihre Situation und akzeptieren dadurch besser,<br />

dass sie zurückreisen müssen (Symbolbild)<br />

sagt zu haben. Wenn sie hingegen den<br />

Entscheid akzeptieren, werden persönliche<br />

Ressourcen frei, die für die Rückkehr<br />

und das Leben im Heimatland dringend<br />

benötigt werden.<br />

Zudem: Wenn Betroffene dank des Wirkens<br />

der Detention-Beraterinnen weniger<br />

lang im Ausschaffungsgefängnis bleiben<br />

müssen und ihre Rückkehr ohne Anwendung<br />

von Zwangsmassnahmen erfolgen<br />

kann, ist das für alle besser.<br />

positives Fazit<br />

Die Universität Genf hat im Lauf des Jahres<br />

2011 Detention qualitativ evaluiert.<br />

Das Team unter Prof. Sandro Cattacin<br />

kam dabei unter anderem zum Ergebnis,<br />

dass das SRK durch seine Anwesenheit<br />

in den Ausschaffungsgefängnissen die<br />

Rechte und Würde der auszuschaffenden<br />

Menschen schütze und andererseits das<br />

Thema des Lebens nach einer Rückkehr<br />

überhaupt einführe.<br />

Aber ist diese Arbeit für die SRK-Mitarbeitenden<br />

nicht frustrierend? Carine Elmiger<br />

sagt es so: «Wir müssen mit kleinen Erfolgserlebnissen<br />

auskommen. Man spürt<br />

immer wieder, dass die Person dankbar<br />

ist für die Gespräche, die Empathie und<br />

die Klärung der Fragen. Und wenn wir in<br />

Einzelfällen zu einem Integrationsprojekt<br />

verhelfen konnten, dann freut mich das.»<br />

Eben habe sie die Rückmeldung bekommen,<br />

dass ein ehemaliger Klient aus<br />

Westafrika nun einen kleinen Handel mit<br />

Taschen, Schuhen und Kleidern aus China<br />

betreibe und jetzt davon leben könne.<br />

➥ srk­bern.ch/detention<br />

apropoS<br />

erlebt<br />

perspektiven­ und<br />

Rückkehrberatung Detention<br />

Detention wird seit 2008 umgesetzt mit<br />

derzeit 13 SRK-Mitarbeitenden. Die ausgebildete<br />

Sozialarbeiterin Carine Elmiger<br />

(39) leitet Detention im Kanton Bern<br />

und arbeitet mit zwei Mitarbeiterinnen<br />

im Teilzeitpensum. Die Perspektiven- und<br />

Rückkehrberatung durch das SRK wird<br />

in den Kantonen Basel, Bern, Freiburg,<br />

Tessin, Uri, Wallis und Zürich angeboten.<br />

Ausser im Kanton Uri betreut der<br />

jeweilige SRK-Kantonalverband das Projekt.<br />

Für die nationale Projektleitung und<br />

Koordination sowie für die Beratungen<br />

in Uri ist die nationale Geschäftsstelle<br />

des SRK in Bern verantwortlich.<br />

Humanité 1/2012 25<br />

© jupiterimages


überzeugt<br />

das rote <strong>Kreuz</strong> in der Schweiz<br />

für das alter – mit dem alter!<br />

2012 ist das «Europäische Jahr des aktiven Alterns und der Solidarität zwischen den Generationen». Dieses<br />

Motto trifft auch auf das Engagement des Schweizerischen Roten <strong>Kreuz</strong>es (SRK) zu. Denn es bietet eine Vielfalt<br />

von Dienstleistungen an, welche sich direkt an ältere Menschen und an ihr Umfeld richten.<br />

TExT: MARIo WÜTHRICH<br />

Die Dienstleistungen des SRK werden<br />

nicht nur von Menschen in der zweiten<br />

Lebenshälfte genutzt, sondern ermöglichen<br />

es ihnen auch, einer spannenden<br />

und sinnbringenden freiwilligen Tätigkeit<br />

nachzugehen. Eine aktive Lebensgestaltung<br />

im Alter ist von zentraler Bedeutung.<br />

Gerade für das SRK leisten ältere Menschen<br />

als freiwillige Mitarbeitende grosse<br />

26 Humanité 1/2012<br />

Dienste für die Bevölkerung und leben so<br />

die Solidarität zwischen den Generationen.<br />

Ich denke da beispielsweise an die<br />

Fahrerinnen und Fahrer im SRK-Fahrdienst,<br />

an die sozialkompetenten Frauen und<br />

Männer im Besuchs- und Begleitdienst,<br />

und an einfühlsame Menschen, die beim<br />

Ausfüllen einer Patientenverfügung beratend<br />

zur Seite stehen. oder sie bekleiden<br />

Mit dem Notruf lebt die Benutzerin so selbsständig wie bisher – nur mit mehr Sicherheit<br />

nicht zuletzt ein Ehrenamt in den kantonalen<br />

und nationalen SRK-Gremien. «Aktives<br />

Altern» – und damit die Selbstständigkeit<br />

im Alter – fördern die Dienstleistungen<br />

des SRK ebenfalls. Denn viele ältere Menschen<br />

wünschen sich nichts mehr, als trotz<br />

gesundheitlicher Probleme so lange wie<br />

möglich im gewohnten häuslichen Umfeld<br />

zu wohnen. Der SRK-Notruf und der SRK-<br />

© SRK Zürich


Aktiv nach dem Berufsleben:<br />

Im SRK-Fahrdienst<br />

sind die meisten<br />

Fahrerinnen und Fahrer<br />

im Rentenalter<br />

Betreuung zu Hause<br />

ist möglich, wenn die<br />

Angehörigen unterstützt<br />

werden<br />

Fahrdienst helfen mit, dies zu ermöglichen.<br />

Dank der Unterstützung der Allianz Suisse<br />

und Spenden sind diese Dienstleistungen<br />

für alle erschwinglich.<br />

Anstieg der Lebenserwartung<br />

Der Anstieg der Lebenserwartung kann für<br />

uns alle eine durchaus positive Entwick-<br />

Im Mittelpunkt des Wirkens<br />

steht beim SRK der Mensch und<br />

nicht seine Krankheit, seine<br />

Behinderung oder sein Alter.<br />

lung bedeuten, bringt aber auch gesellschaftliche<br />

Konsequenzen und Herausforderungen<br />

mit sich. Pflegende Angehörige,<br />

welche immer mehr gefordert sind und<br />

an die Grenzen der Belastbarkeit gelangen,<br />

seien hier als ein Beispiel erwähnt.<br />

Für sie bietet das SRK Entlastungsdienste,<br />

Tageszentren für ältere Menschen organisieren<br />

Ferien und Ausflüge, welche den<br />

pflegenden Angehörigen ebenfalls eine<br />

Verschnaufpause ermöglichen. Schweizweit<br />

gibt es unzählige Angebote für pflegende<br />

Angehörige. Das richtige Angebot<br />

zu finden, kann jedoch zeitraubend und<br />

aufwändig sein. In regionalen SRK-Beratungs-<br />

und Informationsstellen finden Angehörige<br />

die nötige Unterstützung. Diese<br />

Angebote gilt es auszubauen.<br />

Der Mensch im Zentrum<br />

Der Rotkreuz-Grundsatz «Menschlichkeit»<br />

wird hochgehalten im SRK. Im Mittelpunkt<br />

des Wirkens steht der Mensch und nicht<br />

seine Krankheit, seine Behinderung oder<br />

sein Alter. Gerade die älteren Generationen<br />

sind heute so heterogen wie wohl<br />

noch nie zuvor. Das SRK ist in seiner Arbeit<br />

gefordert, einem Bild des Alter(n)s<br />

zu entsprechen, welches Einschränkungen<br />

einbindet, aber die Kompetenzen und<br />

Ressourcen älterer Menschen nicht ausser<br />

Acht lässt. Viel mehr sollen diese wo immer<br />

möglich in den Fokus gestellt werden.<br />

Wir sind gefordert, uns mit dem Thema Al-<br />

© Peter Moser-Kamm<br />

© SRK, Roland Blattner<br />

© SRK Zürich<br />

apropoS<br />

überzeugt<br />

Für manche Familie Gold<br />

wert: die Unterstützung<br />

der Grosseltern<br />

Passend zum Thema organisiert das SRK<br />

am Donnerstag, 20. September 2012,<br />

seine 10. Nationale Fachtagung und<br />

veröffentlicht diverse Publikationen. Weitere<br />

Informationen folgen in der nächsten<br />

Ausgabe.<br />

ter auseinanderzusetzen und mögliche negative<br />

Altersbilder durch objektive Bilder<br />

des Alterns zu ersetzen. Auch wenn dank<br />

der sozialpolitischen Errungenschaften in<br />

der Schweiz viele ältere Menschen heute<br />

in einer hohen materiellen Sicherheit leben,<br />

gibt es andere, die mit geringen Mitteln<br />

auskommen müssen. Das Thema der<br />

Altersarmut kann in der Schweiz nicht ad<br />

acta gelegt werden. Es gilt die Solidarität<br />

zwischen den Generationen zu fördern,<br />

damit Altern zu einer Erfolgsgeschichte<br />

für uns alle wird. Das Schweizerische Rote<br />

<strong>Kreuz</strong> wird sich auch in Zukunft «für das<br />

Alter – mit dem Alter!» engagieren.<br />

➥ redcross.ch/entlastung<br />

Mario Wüthrich<br />

Der 43-jährige Familienvater ist<br />

Gerontologe HF und arbeitet seit<br />

acht Jahren für das SRK als stv. Abteilungsleiter<br />

im Bereich Beratung<br />

und Entlastung.<br />

Humanité 1/2012 27


Kurz & bündig<br />

© istockphoto<br />

freizeitangebote allen zugänglich machen<br />

Chaise rouge («roter Stuhl», abgeleitet<br />

vom Kinosessel) heisst der Begleitdienst<br />

des Roten <strong>Kreuz</strong>es Waadt für Menschen<br />

mit Behinderung. Dank ihm müssen<br />

behinderte Menschen nicht mehr auf den<br />

Ausgang verzichten, wenn sie anderweitig<br />

keine Begleitung finden. Speziell<br />

ausgebildete Freiwillige begleiten sie zu<br />

Freizeit- und Kulturveranstaltungen und<br />

Motorrad-ambulanzen für Swasiland<br />

Unter dem Namen «ride4africa» schenkt<br />

eine Gruppe von Motorradfahrern dem<br />

Roten <strong>Kreuz</strong> in Swasiland 12 Motorräder<br />

mit einer Liegenpritsche im Seitenwa-<br />

© ride4africa<br />

28 Humanité 1/2012<br />

helfen ihnen, Hindernisse im öffentlichen<br />

Raum zu überwinden. Die Dienstleistung<br />

ist für jedes Budget erschwinglich, weil<br />

nur eine Beteiligung an den Fahrspesen<br />

verlangt wird. Für die Aktion Chaise<br />

rouge, die von den kantonalen Behörden<br />

unterstützt wird, arbeitet das Rote <strong>Kreuz</strong><br />

mit Pro Infirmis Waadt zusammen.<br />

➥ la­chaise­rouge.ch<br />

gen. Sie dienen nun im südlichen Afrika<br />

als Ambulanzfahrzeuge. Die 9000 km<br />

lange Fahrt durch den Kontinent wurde<br />

von freiwilligen Fahrerinnen und Fahrern<br />

in Etappen bewältigt. Gestartet ist der<br />

Tross Ende oktober 2011 in Ägypten.<br />

Am 10. Januar 2012 konnten die Motorrad-Ambulanzen<br />

in Anwesenheit des<br />

SRK-Arztes Martin Weber dem Swasiländischen<br />

Roten <strong>Kreuz</strong> übergeben werden.<br />

Der Arzt war auf der letzten Etappe einer<br />

der Fahrer. «Es war ein humanitäres<br />

Abenteuer mit einem sinnvollen Ziel»,<br />

sagt Initiator Daniel Sollberger.<br />

Die dreirädrigen Ambulanzen werden<br />

künftig Kranke und Verletzte zu den<br />

Rotkreuz-Kliniken transportieren. Das<br />

Schweizerische Rote <strong>Kreuz</strong> unterstützt in<br />

diesem kleinen Land seit mehreren Jahren<br />

sowohl die Aids-Aufklärung als auch<br />

das Therapieprogramm in den Kliniken<br />

des Swasiländischen Roten <strong>Kreuz</strong>es.<br />

➥ ride4afrika.ch<br />

Computerkurse für das<br />

SrK-pflegepersonal<br />

Die upc cablecom und das Schweizerische<br />

Rote <strong>Kreuz</strong> sind auf Anfang 2012 eine<br />

Projektpartnerschaft eingegangen. Ziel<br />

der Partnerschaft ist der Aufbau und die<br />

Durchführung von Computerkursen für die<br />

Pflegehelferinnen und Pflegehelfer, welche<br />

vom SRK ausgebildet werden. Heute verlangen<br />

viele Heime und organisationen,<br />

die im Pflegebereich tätig sind, dass auch<br />

das Hilfspflegepersonal beim Führen der<br />

Pflegedokumentation mithilft und grundlegende<br />

Computerkenntnisse hat.<br />

fasnachtskostüm aus<br />

dem SrK-nähatelier<br />

Im Nähatelier «Hinterhof 165» vom<br />

Roten <strong>Kreuz</strong> Basel-Stadt nähen rund<br />

15 Frauen aus verschiedenen Ländern<br />

Kostüme für die Fasnacht. Die Näherinnen<br />

sind sowohl Migrantinnen als auch<br />

Schweizerinnen, die über gute Nähkenntnisse<br />

verfügen, aber aus verschiedenen<br />

Gründen keiner regelmässigen Arbeit<br />

nachgehen. Die Frauen erhalten durch<br />

die Anleitung einer ausgebildeten Schneiderin<br />

eine Zusatzqualifizierung, und das<br />

Vorweisen einer Arbeitsbestätigung erhöht<br />

ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt.<br />

Zu der Kundschaft zählen Cliquen und<br />

Einzelpersonen. Die Näherinnen erhalten<br />

jeweils die Hälfte des vereinbarten Kostümpreises<br />

als Lohn. Auftragsanfragen<br />

fürs nächste Jahr nimmt das Nä hatelier<br />

vom SRK Basel-Stadt per E-Mail entgegen:<br />

hinterhof165@srk-basel.ch<br />

© SRK Basel-Stadt


Dank der verbesserten Kochstelle müssen die Köchinnen von Cerro Verde beim Zubereiten der Gerichte nicht mehr den<br />

schädlichen Rauch einatmen<br />

el Salvador<br />

Winterlicher eintopf<br />

aus den tropen<br />

Als Selbstversorgerinnen bereiten El Salvadors Bäuerinnen am Sonntag und an<br />

Festtagen einen ebenso einfachen wie schmackhaften Eintopf zu. Im Dorf Cerro<br />

Verde ist die Zubereitung dank der verbesserten Kochstelle leichter als früher.<br />

TExT: KARL SCHULER BILDER: FLoRIAN KoPP<br />

Das Dorf Cerro Verde – Grüner Hügel –<br />

macht seinem Namen alle Ehre, liegt<br />

ren Familien das tägliche Ei und bei besonderen<br />

Gelegenheiten ein gutes Stück<br />

es doch an einem ganzjährlich belaubten Fleisch. In Cerro Verde ist jede Hausfrau<br />

Hang. Denn im Hügelland der Provinz Usu- stolz auf ihre Hühnerschar. Es braucht<br />

lután im osten des Landes wachsen vor hier kein spezielles Label, um die gross-<br />

allem Kaffeebäume und Bananenstauden. zügige Freilandhaltung zu garantieren.<br />

In den Kaffeeanbau-Gebieten arbeiten die Meistens werden sie auch biologisch<br />

meisten Einwohner als billige Tagelöhner ernährt. Doch werden sie noch so glück-<br />

auf den grösseren Plantagen. Daneben lich gehalten – sie landen trozdem eines<br />

bewirtschaften sie selber meist noch ein Tages im Kochtopf. Ein langer Transport<br />

kleines Stück Land von einer halben oder bleibt ihnen erspart, denn sie dienen der<br />

einer Hektare zur Selbstversorgung. Selbstversorgung.<br />

Im Jahr 2001 wurde Cerro Verde von ei- In den Eintopf gelangen auch die selbst<br />

nem Erdbeben schwer in Mitleidenschaft gezogenen Tomaten, Kartoffeln, Zwie-<br />

gezogen. In der Folge konnten 60 Famibeln und weitere Gemüsesorten, die hier<br />

lien mit der Unterstützung des Cruz Roja das Prädikat biologisch verdienen. Denn<br />

Suiza SRK ihre Häuser neu aufbauen. Die in Cerro Verde entstanden nicht nur neue<br />

früheren Blechhütten wichen soliden Häu- Häuser mit sanierten Kochstellen, die<br />

sern. Für die Frauen war dabei die verbes- Bevölkerung wurde auch zum biologiserte<br />

Kochstelle vor allem wichtig. Dank schen Anbau von Gemüse und Früchten<br />

des Rauchabzugs ist ihre Gesundheit heu- geschult. Dabei entstand sogar ein Kochte<br />

weniger gefährdet und sie sparen erst buch traditioneller Rezepte mit lokalen<br />

noch Feuerholz. Ganz allgemein schuf der Produkten. Der salvadorianische Eintopf<br />

Wiederaufbau durch das SRK eine besse- von Cerro Verde, der diesem Rezeptbuch<br />

re Wohn- und Lebensqualität.<br />

entstammt, ist ebenso schmackhaft wie<br />

Auch in El Salvador ist das Huhn das gesund.<br />

günstigste Haustier und sichert den ärme- ➥ magazin­humanite.ch/rezepte<br />

rezept<br />

<strong>Kreuz</strong> & quer<br />

Die «Sopa de pollo» ist besser und gesünder als Fast food<br />

Salvadorianische Hühnersuppe<br />

nach Bauernart<br />

Für 4 Personen<br />

Zutaten<br />

1 Freilandpoulet, 1 kleine Zwiebel<br />

geviertelt, 4 Kartoffeln, 3 Stangen<br />

Sellerie, 2–4 Karotten, 4 Tomaten,<br />

1<br />

/4 Kohlkopf, Reis, Salz, 1 Bund gehackte<br />

Petersilie, 1 kleines Bündel<br />

frischer, gehackter Koriander (frisch),<br />

1 Zitrone, 1 Packung Mais- oder Weizentortillas.<br />

Zubereitung<br />

Das Poulet in 6 grosse Stücke zerteilen<br />

und in Salzwasser mit der Zwiebel<br />

halb gar kochen (ca. 10 Minuten auf<br />

kleinem Feuer). Derweil den Reis mit<br />

Salz kochen, mit zerpflückter Petersilie<br />

mischen und warm stellen.<br />

Das Gemüse wird ebenfalls in grosse<br />

Stücke zerteilt und zum halbgaren Huhn<br />

dazugegeben, salzen und ca. 15–20<br />

Minuten leicht köcheln, bis alles gar ist.<br />

Koriander und den Reis zum Schluss<br />

dazugeben. Mit Zitrone beträufeln und<br />

mit den warmen Tortillas servieren.<br />

Humanité 1/2012 29


kreuz & quer<br />

Für Humanité zeichnet «Karma» alias Marco Ratschiller. Er ist Cartoonist und Chefredaktor des Satire-Magazins Nebelspalter.<br />

labyrinth<br />

Vom Start bis ans Ziel wird der Weg mit feinen Linien markiert.<br />

Den gefundenen Weg ausfüllen – und schon erscheint das Bild.<br />

30 Humanité 1/2012<br />

(C) Conceptis Puzzles<br />

4002201<br />

HuMANITé 4/2011<br />

Lösungswort des letzten <strong>Kreuz</strong>worträtsels:<br />

FUeR ANDeRe DA SeIN<br />

Wir gratulieren den Gewinnerinnen<br />

und Gewinnern:<br />

Beat Adam, Biberstein<br />

Helene Bürgin, Riggisberg<br />

Denis Gutknecht, Geneveys-Coffrane<br />

Markus Lussi, Schaffhausen<br />

Valentin Tschinder, Volketswil<br />

Übrige Lösungen der letzten<br />

Ausgabe:<br />

1<br />

8<br />

2<br />

3<br />

7<br />

6<br />

4<br />

5<br />

9<br />

5<br />

1<br />

6<br />

3<br />

4<br />

7<br />

2<br />

9<br />

8<br />

7<br />

3<br />

5<br />

2<br />

4<br />

9<br />

8<br />

1<br />

6<br />

9<br />

2<br />

7<br />

6<br />

1<br />

8<br />

3<br />

5<br />

4<br />

6<br />

9<br />

4<br />

1<br />

5<br />

8<br />

7<br />

3<br />

2<br />

3<br />

4<br />

8<br />

9<br />

5<br />

2<br />

6<br />

1<br />

7<br />

3<br />

5<br />

6<br />

9<br />

1<br />

4<br />

2<br />

8<br />

7<br />

4<br />

5<br />

9<br />

1<br />

7<br />

3<br />

8<br />

2<br />

6<br />

4<br />

7<br />

1<br />

5<br />

8<br />

2<br />

6<br />

9<br />

3<br />

2<br />

8<br />

3<br />

4<br />

9<br />

6<br />

5<br />

7<br />

1<br />

9<br />

2<br />

8<br />

7<br />

6<br />

3<br />

5<br />

4<br />

1<br />

7<br />

6<br />

1<br />

2<br />

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5<br />

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4<br />

3<br />

8<br />

4<br />

3<br />

6<br />

9<br />

7<br />

1<br />

2<br />

5<br />

8<br />

3<br />

5<br />

7<br />

2<br />

4<br />

1<br />

6<br />

9<br />

5<br />

6<br />

9<br />

8<br />

2<br />

1<br />

3<br />

7<br />

4<br />

6<br />

9<br />

4<br />

5<br />

3<br />

1<br />

7<br />

8<br />

2<br />

2<br />

1<br />

7<br />

4<br />

3<br />

5<br />

9<br />

6<br />

8<br />

06010016104<br />

1<br />

7<br />

2<br />

8<br />

6<br />

9<br />

4<br />

3<br />

5<br />

06010026030<br />

Die Lösung zum Sudoku, zum Wortsuchspiel<br />

und zum Labyrinth finden Sie<br />

jeweils in der nächsten Ausgabe oder<br />

im Internet.<br />

➥ magazin-humanite.ch<br />

4002004


<strong>Kreuz</strong>worträtsel<br />

geWinnen<br />

Artikel bestellen: ➥ redcross.ch/shop<br />

Wir verlosen unter allen korrekt eingeschickten<br />

Lösungswörtern des <strong>Kreuz</strong>worträtsels<br />

fünf Wasseruhren. Die Wasser-<br />

Tischuhr in modernem Design braucht<br />

keine Batterien. Nur gelegentlich etwas<br />

Wasser in den Tank füllen und schon<br />

sehen Sie, wie die Zeit verrinnt.<br />

Senden Sie das Lösungswort und Ihre<br />

Adresse in einem E-Mail an<br />

crosswords@redcross.ch oder<br />

auf einer Postkarte an:<br />

<strong>Schweizerisches</strong> <strong>Rotes</strong> <strong>Kreuz</strong><br />

Magazin «Humanité»<br />

postfach, 3001 Bern<br />

Einsendeschluss: 16. April 2012<br />

Wortsuchspiel<br />

Sudoku<br />

2 1<br />

9<br />

2<br />

kreuz & quer<br />

Füllen Sie die leeren Felder mit<br />

den Zahlen von 1 bis 9. Dabei<br />

darf jede Zahl in jeder Zeile,<br />

jeder Spalte und in jedem der<br />

neun 3 x 3-Blöcke nur einmal<br />

vorkommen.<br />

Finden Sie die 20 Wörter horizontal, vertikal und diagonal.<br />

Die Buchstaben können für mehrere Wörter gelten.<br />

1<br />

5<br />

7<br />

3<br />

8<br />

1<br />

5<br />

3<br />

2<br />

4<br />

1<br />

9<br />

5<br />

8<br />

2<br />

6<br />

1<br />

4<br />

2<br />

6<br />

7<br />

8<br />

6<br />

8<br />

7<br />

3<br />

4<br />

7<br />

3<br />

5<br />

8<br />

4<br />

9<br />

6 5<br />

Conceptis Puzzles 06010016105<br />

2<br />

9<br />

6<br />

8<br />

6<br />

1<br />

3<br />

9<br />

8<br />

5<br />

4<br />

1<br />

2<br />

9<br />

7<br />

5<br />

6<br />

4<br />

3<br />

Conceptis Puzzles 06010026031<br />

Humanité 1/2012 31


Jahrzehnte trennen die<br />

generationen. das Jugendrotkreuz<br />

verbindet sie<br />

und fördert das soziale<br />

engagement der Jugend.<br />

unsere Hilfe braucht<br />

ihre Spende.<br />

Postkonto 30-9700-0

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