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Ein weiterer<br />
Gipfelsieg<br />
John Irving, mittlerweile 81 Jahre alt, kennt keinerlei Ruhestand. Im Gegenteil.<br />
Mit dem knapp 1100 Seiten umfassenden Epos „Der letzte Sessellift“<br />
steuert er einen weiteren erzählerischen Gipfelsieg an.<br />
Jeder wichtige Autor hegt und<br />
pflegt beim Schreiben seine Eigenheiten<br />
und Rituale. John Irving<br />
sorgt für eine spezielle Variante.<br />
Rund eineinhalb Jahre lang sammelt<br />
er Material für sein jeweils<br />
nächstes Werk, ehe die Dichtkunst<br />
folgt. Mit der von ihm patentierten<br />
„Methode Irving“. Er beginnt, stets<br />
handschriftlich, seine Romane mit<br />
dem allerletzten Satz und erzählt<br />
die Geschichte von hinten nach<br />
vorn. Bis er beim Anfangssatz gelandet<br />
ist – und der muss perfekt<br />
und vollendet sein.<br />
Dieser Schreib-Umkehr sind bisher<br />
14 Weltbestseller zu verdanken, darunter<br />
„Garp“ und „Owen Meany“.<br />
In mehr als 35 Sprachen wurden<br />
Irvings Werke übersetzt, einige imposante<br />
Verfilmungen folgten. Nun<br />
folgt der fünfzehnte Geniestreich<br />
des in Toronto lebenden, 81 Jahre<br />
alten US-Sprachgiganten.<br />
„Der letzte Sessellift“ ist, wie alle<br />
Epen des großen Moralisten, geprägt<br />
durch dessen Zuneigung für<br />
Randfiguren, Außenseiter, Verlierer.<br />
Humor und Tragik halten<br />
John Irving<br />
Der letzte Sessellift<br />
Übers. v. Anna-Nina Kroll,<br />
Peter Torberg<br />
Diogenes, 1088 Seiten<br />
Euro 37,10<br />
ISBN 978-3-257-07222-8<br />
E-Book 978-3-257-61343-8<br />
sich die Waage, an Gesellschaftskritik<br />
besteht keinerlei Mangel.<br />
Die Familiensaga beginnt 1941 im<br />
Ski-Dorado Aspen. Rachel Brewster,<br />
18 Jahre alt, geht bei den Skimeisterschaften<br />
sang- und klanglos<br />
unter. Aber sie ist schwanger.<br />
Dies erfährt sie, als sie in ihre Heimat<br />
New Hampshire zurückkehrt.<br />
Die Nachricht löst eine massive<br />
Familienkrise aus.<br />
Erzählt wird die wahrhaftig mörderische<br />
und gespenstische Geschichte<br />
aus der Perspektive von<br />
Rachels Sohn Adam, der all die<br />
Mauern des Schweigens durchbrechen<br />
will, die ihn umgeben. Als er<br />
bei seinen Recherchen nach Aspen<br />
zurückkehrt, tut sich eine spukreiche<br />
Vergangenheit auf. Alles Weitere:<br />
brillant, furios, schräg, ein<br />
Pflichtbuch – aber bitte doch von<br />
vorn nach hinten lesen und nicht<br />
umgekehrt.<br />
6 Buchmedia Magazin 50