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Eröffnungskonzert - 12. Int. Johannes-Brahms-Chorfestival und Wettbewerb

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KONZERTEINFÜHRUNG<br />

Von Raumklang <strong>und</strong> ewigem Licht<br />

Zu den Werken von<br />

Maija Einfelde, Morton Feldman, Thomas Tallis, Jan Sandström, Garth Knox,<br />

Nana Forte <strong>und</strong> György Ligeti<br />

Die Communio in der liturgischen Totenmesse, die mit den Worten »Lux aeterna<br />

luceat eis, Domine« (Das ewige Licht leuchte ihnen, o Herr!) beginnt, inspirierte viele<br />

Komponisten des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts, unter ihnen György Ligeti <strong>und</strong> George Crumb. Auch<br />

die litauische Komponistin Maija Einfelde, Tochter einer Organistin <strong>und</strong> eines Orgelbauers<br />

<strong>und</strong> ehemalige Schülerin des bedeutenden lettischen Symphonikers Jānis Ivanos, hat<br />

den um ewiges Licht, vollkommene Ruhe <strong>und</strong> inneren Frieden kreisenden Text vertont –<br />

mit einer konzentrierten Musik voller weicher Harmoniefolgen <strong>und</strong> leuchtenden Farben,<br />

die einen irisierenden Klangzauber verbreitet. Das am 27. April 2012 vom Lettischen<br />

R<strong>und</strong>funkchor unter der Leitung von Kaspars Putniņšin in der Alten Gertruden-Kirche<br />

in Riga uraufgeführte Stück, das heute in einer Version für Chor mit Begleitung von<br />

Glockenspiel erklingt, liegt wie viele Werke Einfeldes auch in anderen Fassungen vor:<br />

für Chor a cappella sowie für Chor <strong>und</strong> Orchester. Die im Kontext klassischer Harmonik<br />

erdachte Musik, die bisweilen auch in expressiv-dissonante Regionen vordringt, steuert<br />

allmählich einem dichten Höhepunkt entgegen, um dann allmählich wieder zur Ruhe zu<br />

kommen. Mit der Bitte um Frieden hebt die Musik erneut an (»Requiem aeternam dona<br />

eis, Domine, et lux perpetua luceat eis«), bevor das Werk zwischen Trauer <strong>und</strong> Hoffnung<br />

changierend zu den irisierenden Klängen des Glockenspiels in r<strong>und</strong>em Chorklang endet.<br />

The Rothko Chapel komponierte Morton Feldman 1972 als Hommage an seinen Fre<strong>und</strong><br />

Mark Rothko, der wie Franz Kline, Willem de Kooning, Robert Motherwell, Barnett<br />

Newman, Jackson Pollock, Robert Rauschenberg <strong>und</strong> Philip Guston zu den Malern<br />

der New Yorker Schule gehörte, deren abstrakten Expressionismus Feldman in seine<br />

Musik zu übertragen versuchte: Momente wie »All-over« <strong>und</strong> »Non-relational«, mit<br />

denen Pollocks Gemälde beschrieben wurden, in denen fein gesponnene, kalligraphisch<br />

anmutende <strong>und</strong> in vielen Schichten übereinander liegende Netze aus Farbspuren <strong>und</strong><br />

Farbfäden die Leinwand ohne Ausbildung von Hierarchien oder Blickzentren vollständig<br />

überziehen. Benannt ist das etwa 23-minütige Stück für Schlagzeug, Celesta, Viola,<br />

Sopran, Alt <strong>und</strong> doppelten gemischten Chor nach einer Meditationskapelle der Ménil<br />

Fo<strong>und</strong>ation in Houston, Texas, für die Rothko vierzehn großformatige Bilder angefertigt<br />

hatte. Feldman ließ sich von der eindringlichen Wirkung der Gemälde <strong>und</strong> der besonderen<br />

Architektur der Kapelle inspirieren, wobei seine Musik den ganzen Raum durchdringen<br />

sollte: »Meine Wahl der Instrumente (im Sinne von angewandter Kraft, Balance <strong>und</strong><br />

Klangfarbe«, so Feldman, »war sowohl vom Raum der Kapelle als auch den Gemälden<br />

beeinflusst. Rothkos Bilder gehen bis an den äußersten Rand der Leinwand, <strong>und</strong> ich<br />

wollte den gleichen Effekt mit Musik erreichen – dass sie den ganzen achteckigen<br />

Raum durchdringen <strong>und</strong> nicht aus einer gewissen Distanz gehört werden sollte. Das<br />

Resultat ist dem sehr ähnlich, was man auf einer Schallplatte hört: der Klang ist näher,<br />

körperlicher bei dir als in einem Konzertsaal. Der Gesamtrhythmus der Gemälde, so

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