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DEUTSCH<br />
Nana Forte absolvierte ihr Kompositionsstudium an der Musikakademie in Ljubljana, an<br />
der Hochschule für Musik »Carl Maria von Weber« in Dresden sowie an der Universität<br />
der Künste in Berlin. Sie schrieb Orchester- <strong>und</strong> Kammermusikwerke, Stücke für<br />
verschiedene Soloinstrumente <strong>und</strong> Chormusik – bereits während ihres Studiums<br />
arbeitete sie mit vielen slowenischen Chören zusammen, wobei einige ihrer Chorwerke<br />
mit Preisen ausgezeichnet wurden. 2007 vertrat sie die Republik Slowenien im Projekt<br />
»European Ensemble Academy«, das vom Deutschen Musikrat anlässlich der deutschen<br />
Unionspräsidentschaft organisiert wurde. Ihr Libera me für zwei gemischte Chöre war<br />
2009 ein Pflichtstück beim Finale des 5. <strong>Int</strong>ernationalen <strong>Wettbewerb</strong>s für junge Chorleiter<br />
»Europa Cantat« in Ljubljana <strong>und</strong> ist seitdem im Repertoire vieler europäischer Chöre.<br />
Ihre Oper Paradies oder nach Eden nach einem Libretto von Maja Haderlap (in dem<br />
Adam <strong>und</strong> Eva eine Chance zum Neubeginn bekommen) hatte am 22. September 2016<br />
im Vorarlberger Landestheater in Bregenz seine erfolgreiche Premiere.<br />
Demgegenüber sorgte die Uraufführung von György Ligetis Apparitions am 19. Juni 1960<br />
in Köln für einen handfesten Skandal – zu sehr unterschied sich diese Musik vom damaligen<br />
Mainstream der Moderne. Denn in dem Orchesterstück, in dem die Klänge zustandhaft<br />
ineinanderfließen, hatte der aus Ungarn geflohene Komponist erstmals seine Vorstellung<br />
von einer Musik realisiert, in der es »weder Melodien noch Akkorde noch Rhythmen«<br />
gibt. Gleiches gilt für Atmosphères, mit dem Ligeti seinen internationalen Durchbruch<br />
hatte – mit einer in sich fluktuierenden Klangflächenkomposition, in der die Gesetze<br />
der Schwerkraft scheinbar außer Kraft gesetzt werden. Kein W<strong>und</strong>er, das Starregisseur<br />
Stanley Kubrick das Werk in seiner epischen Weltraumparabel 2001: A Space Odyssey<br />
verwendete – ebenso wie Ligetis Lux Aeterna für sechzehnstimmigen Chor von 1966. In<br />
ihm gelang es dem Komponisten, die zuvor in seinem revolutionären Orchesterstücken<br />
erprobten Kompositionstechniken wie Mikropolyphonie <strong>und</strong> Clusterharmonik auf die<br />
Vokalmusik zu übertragen, wobei sich die meditativen harmonischen Gebilde aus einem<br />
fluktuierenden Klangfeld herauskristallisieren. Zudem suggerieren die fluktuierenden<br />
Klänge eine illusionäre Raumtiefe, die sich in die Unendlichkeit zu öffnen scheint.<br />
Formal besteht das Werk aus drei Kanons – zwei achtstimmigen für Sopran <strong>und</strong> Alt<br />
bzw. für Tenor <strong>und</strong> Bass <strong>und</strong> einem vierstimmigen für vier Alti. Die Zäsuren zwischen<br />
den Abschnitten werden durch einen dreistimmigen Pianissimo-Akkord auf dem Wort<br />
»Domine« markiert, der im höchsten <strong>und</strong> bzw. im tiefsten Register erklingt. »Als ich<br />
den Film gesehen habe«, so Ligeti, »war ich begeistert. Ich meine, dass meine Musik<br />
in der Auswahl Kubricks ideal zu diesen Weltraum- <strong>und</strong> Geschwindigkeitsfantasien<br />
passt, die im Film vorkommen.« Da Kubrick die Stücke allerdings ohne Wissen <strong>und</strong><br />
Erlaubnis des Komponisten verwendet hatte, gab es ein unschönes Nachspiel. Metro-<br />
Goldwyn-Mayer erklärte, den avisierten Prozess über einen Streitwert von 30.000 US-<br />
Dollar jahrzehntelang auszudehnen <strong>und</strong> bot Ligeti als »Entschädigung« 1000 Dollar an.<br />
»Schließlich«, so der Komponist, »haben sie 3000 Dollar bezahlt.« Dabei war 2001 der<br />
finanziell erfolgreichste Streifen des Filmjahrs 1968 <strong>und</strong> spielte in den Kinos weltweit<br />
über 190 Millionen US-Dollar ein.<br />
Harald Hodeige