26.06.2023 Aufrufe

Mach Et 267: Queer durch Europa

Während sich bei den Rechten für queere Personen in vielen Europas einiges tut, sind sie zeitgleich auch harten Angriffen ausgesetzt. Einige Staaten in Europa machen mit LGBTIQ-feindlichen Gesetzen und Gesetzentwürfen von sich reden. Das zeigt: Kein Fortschritt ist selbstverständlich. Queere Rechte sind Menschenrechte und die müssen jederzeit verteidigt werden.

Während sich bei den Rechten für queere Personen in vielen Europas einiges tut, sind sie zeitgleich auch harten Angriffen ausgesetzt. Einige Staaten in Europa machen mit LGBTIQ-feindlichen Gesetzen und Gesetzentwürfen von sich reden.
Das zeigt: Kein Fortschritt ist selbstverständlich. Queere Rechte sind Menschenrechte und die müssen jederzeit verteidigt werden.

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Warum wir ein FINTA*-Statut<br />

für unerlässlich halten<br />

Von Anke Niggemann und Jurek Schülke<br />

Cis Frauen verwenden <strong>durch</strong>schnittlich<br />

doppelt so viel Zeit am Tag für unbezahlte<br />

Sorgearbeit wie cis Männer. Cis<br />

Frauen verdienen bei gleicher formaler<br />

Qualifikation sechs Prozent weniger als<br />

cis Männer. Cis Frauen sind doppelt so<br />

häufig von sexueller Belästigung und<br />

Gewalt am Arbeitsplatz betroffen wie<br />

cis Männer. Grund für diese strukturellen<br />

Ungerechtigkeiten ist das patriarchale<br />

System, in dem wir leben. Der Begriff<br />

„Patriarchat“ bedeutet wörtlich genommen<br />

„Väterherrschaft“ und wird ganz im<br />

Allgemeinen als ein System bezeichnet,<br />

das maßgeblich von cis Männern kontrolliert<br />

wird. Es führt dazu, dass wir uns in<br />

einer Welt bewegen, die von und für cis<br />

Männer gemacht ist.<br />

Sei es die medizinische Versorgung, die<br />

Handhabbarkeit technischer Geräte oder<br />

die Temperatur in Büroräumen, all dies<br />

ist auf cis Männer normiert. Wenn wir<br />

über patriarchale Strukturen sprechen,<br />

reicht es aber nicht aus nur die Unterdrückung<br />

von cis Frauen zu markieren und<br />

zu betrachten. Denn dies macht viele<br />

Menschen unsichtbar, die ebenfalls unter<br />

der patriarchalen Unterdrückung leiden.<br />

Intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans*<br />

und agender Personen sind ebenfalls signifikant<br />

häufiger von Gewalt betroffen,<br />

erleben häufiger sexuelle Belästigung<br />

und leisten mehr emotionale Arbeit als<br />

cis Männer. Ein Feminismus, der cis Frauen<br />

als einzige betroffene Gruppe patriarchaler<br />

Gewalt in den Fokus stellt, und<br />

andere diskriminierte Gruppen im Kampf<br />

um Gleichberechtigung ausschließt,<br />

spielt der kapitalistischen und patriarchalen<br />

Unterdrückung direkt in die Hände.<br />

Er spielt cis Frauen und genderqueere<br />

Menschen gegeneinander aus. Das ist<br />

antifeministisch!<br />

Auch vor der politischen Landschaft<br />

macht das Patriarchat nicht Halt. Wenn<br />

wir uns die Verteilung der Sitze im Bundestag<br />

anschauen, sind davon ziemlich<br />

viele mit cis Männern besetzt. Doch auch<br />

schon auf viel kleinerer Ebene hinterlässt<br />

Foto: Grüne Jugend Köln<br />

Gemeinsam für Vielfalt – auch bei strömendem Regen: Die GRÜNE JUGEND Köln beim CSD 2021<br />

das Patriarchat seine Spuren. Sei es bei<br />

der Menge der Redebeiträge oder der<br />

Uhrzeiten von Arbeitsgruppen. Als politischer<br />

feministischer Jugendverband<br />

setzen wir uns mit dieser patriarchalen<br />

Unterdrückung nicht nur als Einzelpersonen,<br />

sondern auch auf einer formalen,<br />

organisatorischen Ebene auseinander.<br />

Wir alle sind nicht frei von patriarchalen<br />

Denkstrukturen und Verhaltensweisen.<br />

Umso wichtiger ist, dass wir diesen (formal)<br />

entgegenwirken. Ein wichtiger Aspekt<br />

ist für uns als GRÜNE JUGEND Köln<br />

hierbei unser FINTA*-Statut (Frauen, inter*,<br />

nicht-binäre, trans* und agender<br />

Personen).<br />

Auch bei den GRÜNEN ist der Feminismus<br />

ein Grundbaustein der Partei. In der<br />

Beschäftigung mit den eigenen Strukturen<br />

kommt die Partei bisher zu einer<br />

anderen Lösung: Ein Frauen-Statut, das<br />

sich die GRÜNEN 1986 gaben. Doch ein<br />

Frauen-Statut bezieht nicht alle unter<br />

dem Patriarchat leidende Gruppen bei<br />

der Besetzung von Ämtern und Gremien<br />

mit ein. Das FINTA*-Statut der GRÜNEN<br />

JUGEND schließt hingegen alle Gruppen<br />

ein, die unter dem Patriarchat leiden.<br />

Dieses Statut beinhaltet eine FINTA*-<br />

Mindestquotierung bei Ämtern und Vortragenden,<br />

ebenso eine harte FINTA*-<br />

Quote bei Redelisten. Das bedeutet im<br />

Klartext, wenn sich nur noch cis Männer<br />

melden, wird die Debatte beendet. Natürlich<br />

werden wir mit dem FINTA*-Statut<br />

nicht jegliche patriarchale Diskriminierung<br />

ausgleichen, ihr vorbeugen oder sie<br />

unterbinden, dennoch führt es dazu, dass<br />

wir uns mit dem Thema Gleichberechtigung<br />

in verschiedenen Bereichen dauerhaft<br />

auseinandersetzen.<br />

Durch FINTA*-Vortragende werden<br />

FINTA*-Personen in der GRÜNEN JUGEND<br />

beispielsweise gezielt ermutigt, Verantwortung<br />

zu übernehmen. Die Grüne Partei,<br />

die an sich selbst den Anspruch hat,<br />

eine feministische Partei zu sein, geht<br />

hier unseres Erachtens noch nicht den<br />

konsequenten, nächsten Schritt. Um das<br />

Patriarchat zu überwinden und eine Geschlechtergerechtigkeit<br />

zu erzielen, müssen<br />

wir alle Betroffenen mitdenken und<br />

uns zusammenschließen.<br />

Begriffserklärungen:<br />

• cis ist eine Person, die sich mit dem Geschlecht<br />

identifiziert, das ihr bei der Geburt zugeschrieben<br />

wurde<br />

• intergeschlechtlich ist eine Person, die mit einem<br />

Körper geboren wurde, der nicht den medizinischen<br />

Normen von „weiblich“ oder „männlich“<br />

entspricht<br />

• nicht-binär ist eine Person, die sich nicht (nur) als<br />

weiblich oder männlich identifiziert<br />

• trans* ist eine Person, die sich nicht mit dem<br />

Geschlecht identifiziert, das ihr bei der Geburt zugeschrieben<br />

wurde<br />

• agender ist eine Person, die sich nicht mit einem<br />

Geschlecht identifiziert und/oder kein Bezug zu<br />

dem Konzept Geschlecht hat<br />

• FINTA* (Frauen, inter*, nicht-binär und agender):<br />

Akronym für alle vom Patriarchat unterdrückten<br />

Geschlechtsidentitäten. Oft werden auch die<br />

Begriffe FLINTA*, FINT* oder FIT* verwendet<br />

So erreicht ihr uns:<br />

www.gruene-jugend-koeln.de<br />

Instagram: @gjkoeln<br />

Facebook: Grüne Jugend Köln<br />

kontakt@gruene-jugend-Koeln.de<br />

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MACH ET • NR. <strong>267</strong> • JULI 2023

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