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NewHealthGuide 01/2023

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Ausgabe <strong>01</strong>/<strong>2023</strong><br />

Ihr Weg in das digitale Gesundheitssystem<br />

„Innovation ist ein<br />

Teamsport“<br />

Dr. med. Anke Diehl, CTO<br />

der Universitätsmedizin Essen,<br />

im Gespräch<br />

Apps auf Rezept<br />

Wie akzeptiert sind digitale<br />

Gesundheitsanwendungen?<br />

Ein Überblick<br />

Der Medikamentenroboter<br />

Warum es sich lohnt, in<br />

eine voll automatisierte<br />

Klinikapotheke zu investieren<br />

Rettung aus der Ferne<br />

Der Telenotarzt leistet auf<br />

dem Land und in der Stadt<br />

gute Dienste<br />

Fühlen Sie sich digital fit?<br />

Fortbildungen und Online-<br />

Seminare für Klinikpersonal<br />

BEST OF DIGITAL HEALTH +++ BEST OF DIGITAL HEALTH +++<br />

Jetzt auf der<br />

DMEA <strong>2023</strong> vom<br />

25.–27. April<br />

in Berlin!<br />

PREIS: 8,50 EUR


newhealth.guide #1<br />

newhealth.guide #1<br />

B<br />

ei allen neuen Dingen gibt<br />

es Menschen und Institutionen,<br />

die vorangehen. Den<br />

Nachbarn, der schon vor<br />

vielen Jahren eine Photovoltaikanlage<br />

auf sein Dach<br />

montieren ließ, noch bevor<br />

die breite Öffentlichkeit von<br />

der Notwendigkeit überzeugt<br />

war. Die Bekannte, die<br />

als Erste auch weite Strecken<br />

mit dem E-Auto gefahren ist,<br />

noch bevor die Wallbox in<br />

den meisten neu gebauten<br />

Eigenheimen zur Standardausstattung<br />

gehörte.<br />

Und auch im Gesundheitswesen<br />

brauchen wir Einrichtungen und<br />

Menschen, die für diese Einrichtungen<br />

Verantwortung tragen und<br />

bereit sind voranzugehen. Die sich<br />

früher als andere mit dem Thema<br />

Digitalisierung auseinandersetzen<br />

und dieses aktiv und von der Leitungsebene<br />

her vorantreiben.<br />

Liebe Leserinnen,<br />

liebe Leser<br />

Vor Kurzem hatte ich das Vergnügen,<br />

mit einer Expertin zu sprechen,<br />

die in und mit ihrer Institution<br />

ebenfalls vorangeht. Dr. Anke<br />

Diehl, Chief Transformation Officer<br />

der Universitätsmedizin Essen, erklärt<br />

im großen Interview in dieser<br />

Ausgabe, wie man Mitarbeitende<br />

auf dem Weg in die Zukunft mitnehmen<br />

kann, wie Patientinnen<br />

und Patienten ihre Berührungsängste<br />

mit dem Neuen überwinden<br />

und wie Digitalisierung zu<br />

einer empathischen Präzisionsmedizin<br />

führen kann.<br />

Eines der großen Ziele der Digitalisierung<br />

ist es ja eben nicht,<br />

die genuinen ärztlichen und<br />

pfle gerischen Tätigkeiten, insbesondere<br />

die Patientenkontakte,<br />

durch KI oder Roboter zu ersetzen,<br />

sondern durch technische Lösungen<br />

beispielsweise die Pflegekräfte<br />

so zu entlasten, dass sie mehr<br />

Zeit für die Tätigkeiten haben,<br />

derentwegen sie den Pflegeberuf<br />

wahrscheinlich ursprünglich ergriffen<br />

haben. Eine solche Lösung<br />

Dr. med. Gudrun Westermann<br />

Chefredakteurin<br />

stellen wir Ihnen heute vor:<br />

einen Medikamentenroboter.<br />

Durch dessen Einsatz<br />

kommt die Standardmedikation<br />

aus der Klinikapotheke<br />

bereits fertig dosiert,<br />

individuell verpackt und<br />

etikettiert auf der Station<br />

an. So werden die Pflegekräfte<br />

entlastet und haben<br />

mehr Zeit für die Pflege.<br />

Außerdem wenden wir uns<br />

in dieser Ausgabe dem Thema<br />

„Digitale Gesundheitsanwendungen“<br />

zu. DiGA<br />

versprechen einiges: Sie<br />

erzielen bessere Therapieerfolge,<br />

ermöglichen eine<br />

höhere Lebensqualität für<br />

Patienten und Entlastung<br />

fürs Gesundheitssystem –<br />

sind diese Versprechen<br />

auch zu halten? Und wie<br />

ist der Weg einer DiGA von<br />

der Entwicklung bis zur Marktreife?<br />

Alles dazu finden Sie in dieser<br />

Ausgabe im Schwerpunktthema<br />

„DiGA im Aufwind?“ und in unserer<br />

Infografik.<br />

Zu guter Letzt: Große Ereignisse werfen<br />

ihre Schatten voraus. Jetzt im<br />

April ist das die DMEA, bei der das<br />

NewHealth.Guide-Team natürlich<br />

auch präsent sein wird. Zur Vorbereitung<br />

auf die Messe finden Sie in<br />

dieser Ausgabe an vielen Stellen<br />

Hinweise auf besonders interessante<br />

Events. Zum Beispiel spricht Prof.<br />

Sylvia Thun über „Women in Digital<br />

Health“ – eines ihrer Herzensthemen,<br />

wie wir aus dem großen Interview<br />

mit ihr im NewHealth.Guide<br />

2/2022 wissen. Wir sehen uns dort!<br />

COVERFOTO: SEBASTIAN WOLF, FOTOS DIESE SEITE: EVELYN DRAGAN, GETTY IMAGES/STEVICA MRDJA/EYEEM, UMLAUT TELEHEALTHCARE GMBH - PART OF ACCENTURE<br />

Inhalt<br />

04<br />

Aktuelles aus der Gesundheitsbranche:<br />

z. B. KI bei der Koloskopie und AR-Brillen,<br />

die helfen können, Stürze zu vermeiden<br />

08<br />

„Bei jedem Change-Prozess ist der Vorstand<br />

entscheidend“: Dr. med. Anke Diehl, Chief Transformation<br />

Officer der Universitätsmedizin Essen, über<br />

Innovationen und neue Standards in Kliniken<br />

14<br />

Von der Idee bis zum Patienten: der Weg einer<br />

digitalen Gesundheitsanwendung (DiGA)<br />

16<br />

Apps auf Rezept: Deutschland nimmt bei DiGA eine<br />

Vorreiterrolle in Europa ein. Aber sind sie auch wirklich<br />

in der Versorgung angekommen?<br />

Newsletter<br />

Ab jetzt das monatliche<br />

Update zu allen<br />

Fragen der Digitalisierung im<br />

Gesundheitswesen<br />

Podcast<br />

Experten und Vorreiter im Interview.<br />

Jeden Monat ein spannendes<br />

Hintergrundgespräch zum Thema<br />

New Health<br />

20<br />

15.000 Einzeldosen pro Tag:<br />

über die Vorteile eines Medikamentenroboters<br />

am Beispiel des UKE in Hamburg<br />

22<br />

Rettung am Schirm: wie Telenotärzte aus der Ferne<br />

agieren und Notfallsanitäter unterstützen können<br />

26<br />

Digital fit genug? Fortbildungen für Klinikpersonal<br />

29<br />

Wichtige Konferenzen und Tagungen im Überblick<br />

30<br />

Spannende Podcasts und neue Fachbücher<br />

Website<br />

Die Plattform für alle Inhalte des<br />

NewHealth.Guide: schnell Wissen<br />

finden und abrufen, Podcasts<br />

laden oder Newsletter bestellen!<br />

2<br />

3


newhealth.guide #1<br />

newhealth.guide #1<br />

News + Trends + Future<br />

Bei aller Erleichterung, die digitale Technologien<br />

mit sich bringen: Sie müssen nachhaltiger<br />

werden! Denn der Energieverbrauch von<br />

Rechenzentren und der Kommunikationsinfrastruktur<br />

ist zu hoch und eine enorme Belastung<br />

für die Umwelt. Auch digitale Endgeräte müssen<br />

deutlich ressourcenschonender werden.<br />

Zu diesem Schluss kommt eine repräsentative<br />

Umfrage des Marktforschungsspezialisten<br />

Umfrage<br />

TÜV mahnt ab<br />

Ipsos: Im Auftrag des TÜV-Verbands befragte<br />

Ipsos 504 Unternehmen ab 25 Mitarbeitenden.<br />

78 Prozent sehen einen dringenden Bedarf, klimafreundlicher<br />

zu agieren. Der TÜV-Verband<br />

fordert deshalb strengere Kriterien für die<br />

Produktentwicklung von Endgeräten sowie für<br />

die Standortwahl von Rechenzentren.<br />

www.tuev-verband.de/pressemitteilungen/<br />

die-digitalisierung-muss-nachhaltiger-werden<br />

FOTOS: DEEPOL BY PLAINPICTURE, WILFRIED GERHARZ<br />

Cyberangriffe<br />

IT-Sicherheit<br />

in Kliniken<br />

Das Gesundheitswesen in<br />

Deutschland hat zunehmend mit<br />

Cyberbedrohungen zu kämpfen.<br />

Im Rahmen des Forschungsprojekts<br />

„MedMax“ an der FH Münster<br />

untersuchen Wissenschaftler<br />

– u. a. unter der Leitung von<br />

Professor Dr. Sebastian Schinzel –<br />

nun, wie sie Hackerangriffe auf<br />

Krankenhäuser detektieren<br />

können. Sie warnen vor großen<br />

Sicherheitslücken im Medizinsektor,<br />

etwa vor mangelnder<br />

Ende-zu-Ende-Verschlüsselung<br />

bei sensiblen Daten, und empfehlen<br />

mit Nachdruck Cybersicherheitstrainings<br />

für alle im<br />

Gesundheitswesen Tätigen.<br />

www.fh-muenster.de/gud/medmax.php<br />

Entlassmanagement<br />

Neue Zusammenarbeit<br />

Die Telekom-Tochter<br />

T-Systems integriert die Entlassmanagement-Plattform<br />

Recare in ihr Krankenhausinformationssystem<br />

(KIS)<br />

iMedOne. So soll die Interoperabilität<br />

im Gesundheitswesen<br />

gefördert und der<br />

Übergang von Patienten<br />

vom Krankenhaus in eine<br />

Reha verbessert werden.<br />

www.recaresolutions.com/recare-one/<br />

4<br />

5


newhealth.guide #1<br />

newhealth.guide #1<br />

News + Trends + Future<br />

Digitale Pathologie<br />

Tempo bei<br />

der Diagnostik<br />

Mit dem neuen Slide Scanner<br />

„Ventana DP 600“ will das<br />

Unternehmen Roche eine<br />

schnellere Diagnostik in der<br />

digitalen Pathologie ermöglichen:<br />

u. a. durch eine höhere<br />

Bildqualität bei der Digitalisierung<br />

und Speicherung von<br />

gefärbten Gewebeproben.<br />

Insgesamt entstehe ein flexiblerer<br />

Workflow (auch beim<br />

Austausch mit Kollegen), außerdem<br />

werde die Kapazität<br />

gesteigert. Der Scanner hat<br />

eine Kapazität von bis zu 240<br />

Objektträgern und kann für<br />

eine Vielzahl von Anwendungen<br />

eingesetzt werden.<br />

www.roche.de<br />

Augmented Reality<br />

AR-Brille verhindert Stürze<br />

Roche zeigt<br />

das neue<br />

digitale Portfolio<br />

auf der<br />

DMEA <strong>2023</strong><br />

Forschende der Universität Konstanz<br />

entwickeln derzeit den Prototyp<br />

einer AR-Brille, die das Gleichgewicht<br />

verbessern und das Sturzrisiko<br />

von älteren Menschen verringern<br />

soll. Optische Anhaltspunkte aus<br />

geometrischen Formen und unterschiedliche<br />

Tiefeninformationen<br />

werden in der Brille eingeblendet<br />

und helfen bei der visuellen Orientierung.<br />

Das Technologie­ Lizenz-<br />

Büro unterstützt die Universität bei<br />

der Patentierung und Vermarktung.<br />

www.tlb.de<br />

Robotik<br />

8,5 Milliarden US-Dollar<br />

wurden im Jahr 2022 auf dem globalen Markt<br />

für chirurgische Roboter schätzungsweise eingenommen.<br />

Zu diesem Schluss kommt ein im Januar<br />

<strong>2023</strong> veröffentlichter Market Research Report von<br />

Markets and Markets. Laut ihrer Prognose handelt<br />

es sich hierbei um einen Aufwärtstrend: 2027 sollen<br />

bereits 18,4 Milliarden US-Dollar erreicht werden.<br />

Die chirurgischen Roboter bieten eine größere<br />

Geschicklichkeit als die menschliche Hand. Dies<br />

ist nur ein Vorteil, der dazu beiträgt, dass der<br />

Chirurgieroboter-Markt stetig wächst. Auch der<br />

technologische Fortschritt sowie die steigende<br />

Nachfrage nach besseren und schnelleren Gesundheitsdienstleistungen<br />

sind hierfür verantwortlich.<br />

www.marketsandmarkets.com/Market-Reports/<br />

surgical-robots-market-256618532.html<br />

FOTOS: UNIVERSITÄT KONSTANZ, STOCKS/VICTOR TORRES, SCIENCE PHOTO LIBRARY/ZEPHYR, LAND NRW/RALPH SONDERMANN<br />

Telekonsile<br />

Wissen klug teilen<br />

Telekonsile bewähren sich als Format, wenn<br />

sich Ärztinnen und Ärzte unterschiedlicher<br />

Kliniken via Video zeitnah über Erkrankte austauschen<br />

möchten. Sie tragen dazu bei, den<br />

Behandlungsstandard und die Effizienz zu verbessern.<br />

Das hat die Studie „Expertise in die<br />

Fläche bringen: Analyse der Covid-19-Telekonsile<br />

und szenariobasierte Handlungsempfehlungen“<br />

ergeben, bei der Wissenschaftler des<br />

Lehrstuhls BWL in Zusammenarbeit mit Intensivmedizinern<br />

der Universitätskliniken Aachen<br />

und Münster die Nutzung von Telekonsilen bei<br />

der Patientenversorgung untersucht haben.<br />

https://tinyurl.com/fernuni-hagen<br />

Künstliche Intelligenz<br />

Darmkrebsvorsorge<br />

Trotz regelmäßiger Darmspiegelungen<br />

ist das Risiko, an Dickdarmkrebs<br />

zu erkranken, bei Patientinnen und<br />

Patienten mit Lynch-Syndrom erhöht.<br />

Das Nationale Zentrum für<br />

erbliche Krebs erkrankungen (NZET)<br />

an der Universität Bonn hat nun herausgefunden,<br />

wie die Effektivität einer<br />

Koloskopie bei diesen Patienten<br />

mithilfe von KI verbessert werden<br />

kann. Die computergestützte Detektion<br />

(CADe) trägt dazu bei, die<br />

Adenom-Detektionsrate (ADR) zu<br />

erhöhen. Die Ergebnisse zeigten,<br />

dass bei KI-gestützten Darmspiegelungen<br />

36 % der Adenome entdeckt<br />

wurden, verglichen mit 26,1 % bei<br />

Standarduntersuchungen. Insbesondere<br />

flache Adenome wurden signifikant<br />

besser erkannt.<br />

www.ukbnewsroom.de<br />

6<br />

7


newhealth.guide #1<br />

newhealth.guide #1<br />

„Innovation<br />

ist ein<br />

Teamsport“<br />

Wie kann man ein Krankenhaus in die Zukunft führen? Welche Strukturen<br />

müssen etabliert werden? Und wie bezieht man Patienten in die Change-<br />

Prozesse ein? Ein Gespräch mit Dr. med. Anke Diehl: Sie ist CTO der<br />

Universitätsmedizin Essen und leitet die Stabsstelle Digitale Transformation<br />

Text<br />

Fotos<br />

Gudrun Westermann<br />

Sebastian Wolf<br />

Dr. med. Anke Diehl<br />

Die Humanmedizinerin ist Chief<br />

Transformation Officer (CTO)<br />

und Leiterin der Stabsstelle<br />

Digitale Transformation an der<br />

Universitätsmedizin Essen<br />

Frau Dr. Diehl, Sie haben in Ihrer<br />

Rolle als Chief Transformation Officer<br />

mit sehr vielen Ebenen und<br />

Bereichen der Universitätsmedizin<br />

Essen zu tun. Können Sie uns<br />

einen Einblick geben, mit welchen<br />

drei, vier Themen Sie sich<br />

vergangene Woche besonders<br />

beschäftigt haben?<br />

In der letzten Woche habe ich mich<br />

mit der Erstellung unseres Patientenportals<br />

beschäftigt. Wir wollen Patientinnen<br />

und Patienten einbinden in<br />

die digitale Medizin, weil sie dadurch<br />

einen ganz anderen Stellenwert bekommen<br />

und sich auch mit uns ganz<br />

anders in Verbindung setzen können.<br />

Dann beschäftigen mich Projekte<br />

der künstlichen Intelligenz,<br />

zum Beispiel unser Förderprojekt<br />

SmartHospital.NRW, unterstützt vom<br />

Wirtschaftsministerium des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen. Da entwickeln<br />

wir Prototypen der künstlichen<br />

Intelligenz, aber auch – ganz<br />

wichtig für uns – Transformation-<br />

Change-Modelle, mit denen wir<br />

vor allem kleinere Kliniken darin unterstützen<br />

wollen, die digitale Transformation<br />

und die Einbettung von<br />

KI voranzutreiben.<br />

Ganz wichtig ist auch die Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Und ich bin viel unterwegs,<br />

beispielsweise mit dem<br />

Interop Council, aber auch mit der<br />

nationalen Digitalstrategie des Gesundheitsministeriums.<br />

Das sind viele, ganz unterschiedliche<br />

Projekte. Ist eine solche<br />

Woche ungewöhnlich? Anders<br />

gefragt: Wie sieht Ihr Alltag aus?<br />

Einen normalen Alltag gibt es eigentlich<br />

nicht. Es geht ja um Innovation.<br />

Und Innovation ist immer ein<br />

Teamsport. Digitalisierung bindet<br />

wirklich alle Professionen ein. Man<br />

muss die Kompetenzen und das<br />

Domänenwissen von ITlern, von<br />

der Medizintechnik, von der Pflege<br />

einbeziehen und auf Augenhöhe<br />

arbeiten. Sich wirklich als Team<br />

zusammensetzen, diskutieren, die<br />

Möglichkeiten ausloten und dann<br />

innovative Dinge ausprobieren und<br />

erforschen: sei es in der digitalen<br />

Medizin, der Telemedizin oder bei<br />

KI-Anwendungen.<br />

Was sehen Sie als die großen<br />

Säulen, die am Anfang der Digitalisierung<br />

einer Klinik stehen?<br />

Sie haben kleinere Krankenhäuser<br />

erwähnt, die Sie unterstützen<br />

wollen. Wo fängt man da an?<br />

Und warum ist die Rolle eines<br />

Chief Transformation Officer dabei<br />

so wichtig?<br />

9


newhealth.guide #1<br />

Mitsprache<br />

Ob Patientenportal oder<br />

KI-Diagnose: An der UME<br />

wurde eigens ein Beirat<br />

für Digitalisierung etabliert,<br />

der bei neuen Projekten<br />

Anwenderfeedback gibt<br />

Zuerst muss man eine Statusanalyse<br />

machen, um die technische Infrastruktur<br />

einer Klinik zu überprüfen.<br />

Wir haben dafür einen KI-Readiness-Check<br />

entwickelt, der verschiedene<br />

Bereiche, also die Technik<br />

als solche, die Datenstruktur,<br />

aber auch den ganzen Komplex<br />

Datenschutz und Datensicherheit<br />

abfragt. Außerdem muss die Zuständigkeit<br />

definiert werden, zum<br />

Beispiel einer Stabsstelle Digitale<br />

Transformation – sonst wird es nicht<br />

funktionieren. Nach dieser Analyse<br />

kann man sich verschiedener Tools<br />

bedienen oder Empfehlungen einholen,<br />

um zu entscheiden, wie man<br />

weiter vorgeht.<br />

Bei jedem Change-Prozess ist der<br />

Vorstand entscheidend – und das<br />

ist auch der Grund, warum das an<br />

der Universitätsmedizin Essen so<br />

gut funktioniert hat, denn der Vorstandsvorsitzende<br />

hat den Weg<br />

zum Smart Hospital direkt angestoßen.<br />

Prinzipiell muss der Vorstand<br />

komplett dahinterstehen, muss das<br />

wollen und fördern. Dann kann<br />

man auch an der Basis die Menschen<br />

mitnehmen und für die kulturelle<br />

Transformation begeistern.<br />

Man muss eine Vision schaffen.<br />

Was bedeutet die Digitalisierung<br />

bzw. der Wandel zum Smart Hospital<br />

für die Mitarbeitenden? Wie<br />

nehmen sie die Transformation an?<br />

Wir haben als Uniklinik den Vorteil,<br />

dass Mitarbeitende an universitären<br />

Einrichtungen immer einen sehr<br />

jungen Altersdurchschnitt haben.<br />

Digitalisierung im Alltag hat uns alle<br />

ereilt und die jüngere Generation<br />

ist damit sehr vertraut.<br />

Menschen, die im Versorgungsbereich<br />

in einer Klinik tätig sind, haben<br />

genau dieses Thema gewählt, das<br />

heißt, sie wollen mit Menschen<br />

arbeiten. Da kann Digitalisierung<br />

entlasten, Effizienz schaffen. Man<br />

hat mehr Zeit für die Patienten.<br />

Man muss transportieren, dass es<br />

bei der Digitalisierung nicht darum<br />

voranzutreiben? Es gibt sicher<br />

viele Anbieter und Systeme auf<br />

dem Markt – wie finden Kliniken<br />

die richtigen externen Partner?<br />

Tatsächlich haben wir hier in<br />

Deutschland das Problem, dass<br />

wir im Gegensatz zu vielen anderen,<br />

auch europäischen Ländern<br />

eine geringe zentrale Steuerung<br />

haben. Dadurch wird begünstigt,<br />

dass proprietäre Systeme entwickelt<br />

werden, mit denen eine Gewinngeht,<br />

Personalstellen abzubauen,<br />

sondern darum, empathische Medizin<br />

zu ermöglichen und den Menschen<br />

dafür Freiraum zu geben.<br />

Was ändert sich für die Patienten<br />

im Zuge der Digitalisierung? Welche<br />

Rückmeldung bekommen<br />

Sie von Patienten?<br />

Wir haben uns die Mühe gemacht<br />

und einen Beirat für Digitalisierung<br />

und KI gegründet, der aus Personen<br />

im Alter von 18 bis 70 Jahren<br />

besteht. Verschiedene Geschlechter,<br />

aber auch unterschiedliche<br />

kulturelle Hintergründe. Dadurch<br />

können wir die ganze Bandbreite<br />

der Bevölkerung abdecken. Diesem<br />

Beirat stellen wir neue Projekte<br />

immer vor und versuchen, möglichst<br />

viel Feedback einzuholen.<br />

Prinzipiell hat die Pandemie der<br />

digitalen Medizin sehr geholfen.<br />

Dennoch muss sich in der ganzen<br />

Struktur, wie wir mit Daten und Gesundheitsdaten<br />

umgehen, noch einiges<br />

ändern in Deutschland.<br />

Digitalisierung in Krankenhäusern<br />

– das ist ja ein Schlagwort,<br />

mit dem vieles gemeint sein kann:<br />

angefangen damit, dass Papier<br />

eingespart wird, bis hin zur Gewinnung<br />

wertvoller medizinischer<br />

Erkenntnisse mit KI. Haben Sie ein<br />

konkretes Beispiel, wo die Digitalisierung<br />

für Mitarbeitende und<br />

auch für die Klinik einen Vorteil<br />

bzw. eine Erleichterung bringt?<br />

Ich habe zum Beispiel elf Jahre in<br />

der Radiologie gearbeitet, und<br />

wenn man Bilder befundet im ärztlichen<br />

Dienst, gibt es diese Anfälligkeit<br />

für menschliche Fehler. Die<br />

ist auch dadurch begründet, dass<br />

man beispielsweise bei Messungen<br />

selbst an digitalen Bildern sehr ungenau<br />

arbeitet. Das heißt, ich habe<br />

eine Ungenauigkeit in der Auswertung,<br />

die für den Kliniker aber wesentlich<br />

ist, wenn er beurteilen möchte,<br />

ob eine Therapie erfolgreich war.<br />

Die KI in der Bildauswertung ist mittlerweile<br />

sehr ausgereift. Sie kann im<br />

Bruchteil einer Sekunde sagen, ob<br />

beispielsweise das Volumen eines<br />

Tumors zu- oder abgenommen hat.<br />

Und wenn ich dann nicht nur Bilddaten,<br />

sondern zusätzlich Labordaten<br />

und klinische Symptome miteinander<br />

verknüpfen kann, ist das eine<br />

sehr hilfreiche Entscheidungsunterstützung.<br />

Die brauchen wir.<br />

Die künstliche Intelligenz führt<br />

uns zum Smart Hospital, das die<br />

UM Essen ja schon früh als Ziel<br />

ausgerufen hat. Was macht ein<br />

Smart Hospital aus? Sehen Sie es<br />

als eine Weiterentwicklung oder<br />

als den Endzustand der Digitalisierung,<br />

den Sie anstreben?<br />

Das Smart Hospital ist der Weg, wie<br />

wir diesen Kulturwandel, den wir<br />

erleben – eingebettet in nationale<br />

Entscheidungen und technische Entwicklung<br />

–, beschreiten, um wirklich<br />

empathische Medizin umzusetzen.<br />

Das Smart Hospital sollte wie eine zentrale<br />

Steuerungseinheit sein, die den<br />

Patienten auf seinem Weg begleitet.<br />

Idealerweise könnten wir in<br />

Deutschland wirkliche Präzisionsmedizin<br />

machen. Die Daten, die<br />

wir erheben, sind sehr, sehr gut,<br />

aber wir haben einfach zu wenig<br />

Zugriff auf Daten aus anderen Sektoren.<br />

Wirklich empathische Präzisionsmedizin,<br />

aber auch präventive<br />

Medizin anzubieten und die individuellen<br />

Symptome von Patienten<br />

aufzugreifen, gelingt uns nur, wenn<br />

wir interoperabel Daten zusammenführen<br />

können. Dazu ist Input<br />

von allen Seiten nötig, nicht nur im<br />

Sinne eines Kulturwandels, sondern<br />

als nationale Strategie.<br />

Gerade weil das Thema Digitalisierung<br />

so groß ist, ist es für Kliniken<br />

schwer greifbar, die aktiv<br />

werden wollen. In welche Fallen<br />

können sie tappen, wenn sie sich<br />

bemühen, die Digitalisierung<br />

erzielungsabsicht seitens der Industrie<br />

verbunden ist. Wir versuchen,<br />

das zu glätten, auf nationalem Weg<br />

auch durch das Interop Council.<br />

Denn es kann nicht sein, dass immer<br />

wieder neue Schnittstellen entwickelt<br />

werden oder dass alle nach unterschiedlichen<br />

Standards arbeiten.<br />

Wir brauchen, wiederverwendbare<br />

und interoperable Datenstandards,<br />

die einen sektorenübergreifenden<br />

Austausch unterstützen.<br />

Wenn wir das gesamte Gesundheitswesen<br />

betrachten: Manchmal<br />

hat man das Gefühl, es<br />

müsse regelrecht zur Digitalisierung<br />

gedrängt werden, zum<br />

Beispiel durch Gesetze wie das<br />

Krankenhauszukunftsgesetz. Was<br />

sind die Gründe, warum die<br />

Digi talisierung in Deutschland<br />

insgesamt recht langsam vorangeht?<br />

Von welchen Seiten gibt<br />

es Widerstand?<br />

Da sind vor allem die Kosten – Digitalisierung<br />

ist teuer. Alles, was wir momentan<br />

investieren, zum Beispiel in<br />

den Aufbau eines Patientenportals,<br />

um die Patienten in dieses digitale<br />

Bereit für die<br />

Transformation?<br />

Das SmartHospital.<br />

NRW-Konsortium<br />

hat einen KI-<br />

Readiness-Check<br />

entwickelt, der<br />

die technische<br />

Infrastruktur eines<br />

Krankenhauses<br />

überprüft<br />

Spielfeld hineinzuholen, ist teuer. Die<br />

Finanzierung der Gesundheitsversorgung<br />

deckt natürlich bei Weitem<br />

nicht das ab, was man gerne<br />

investieren würde. Daher muss man,<br />

genau wie auch beispielsweise bei<br />

Großgeräten, wirklich strategische<br />

Entscheidungen treffen. Da hat wieder<br />

der Vorstand eine wichtige Rolle,<br />

er muss das Thema vorantreiben<br />

und diese Entscheidungen treffen.<br />

Datenschutz wird häufig als Hindernis<br />

gesehen. Andererseits ist<br />

er enorm wichtig, gerade bei so<br />

etwas Sensiblem wie Patientendaten.<br />

Wie gehen Sie mit diesem<br />

Thema um?<br />

10<br />

11


Dr. Anke<br />

Diehl ist Speaker<br />

bei der Session<br />

„Was bleibt, was<br />

kommt“<br />

am 25. April<br />

DMEA <strong>2023</strong><br />

Hör’ mal!<br />

Es ist uns total wichtig, diese medizinjuristische<br />

Komponente und auch<br />

den Datenschutz umfänglich aufzugreifen.<br />

In der ersten Periode der<br />

Medizininformatik-Initiative waren<br />

wir das einzige Konsortium, das eine<br />

Juristin mit einer vollen Stelle angestellt<br />

hat. Wir haben außerdem eine<br />

eigene Stelle für Data Governance,<br />

wo Datenstrukturen thematisiert<br />

werden mit Fragen wie: Wer darf<br />

welchen Zugriff beantragen? Wie<br />

gehe ich mit den Daten um?<br />

Aber man muss ganz ehrlich sagen,<br />

dass der Föderalismus ein<br />

Haupt-Hinderungsgrund ist. Ein nationales<br />

Projekt wie der sogenannte<br />

Broad Consent der Medizininformatik-Initiative<br />

hat zweieinhalb<br />

Jahre gebraucht, bis er durch alle<br />

Landesdatenschutz behörden und<br />

„Der Vorstand<br />

einer Klinik muss<br />

das Thema<br />

Digitalisierung<br />

vorantreiben“<br />

durch den Bundes datenschutz genehmigt<br />

war – eine Katastrophe.<br />

Die UM Essen ist aktuell auch<br />

auf dem Weg hin zum Green<br />

Hospital, auch hier ist man früh<br />

dran. Inwiefern spielt die Digitalisierung<br />

auch bei dieser Transformation<br />

eine Rolle?<br />

Große Klimaeffekte werden im Gesundheitswesen<br />

durch die Krankenhausbehandlung<br />

verursacht. Hier<br />

kann die Digitalisierung die Aufenthaltsdauer<br />

verkürzen, kann Redundanz,<br />

zum Beispiel bei Laboruntersuchungen,<br />

abschaffen und<br />

Abfall verringern helfen. Mobilität<br />

von Patientinnen und Patienten ist<br />

ebenfalls ein Thema. Wenn sie nicht<br />

mehr zu uns kommen müssen, weil<br />

wir sie per Telemedizin kontaktieren<br />

können, oder sie mit uns digital<br />

Laborwerte austauschen können,<br />

dann sind das alles Aspekte, die<br />

auch proaktiv im Sinne der Nachhaltigkeit<br />

wirken.<br />

Welche revolutionären Dinge sehen<br />

Sie, die die Digitalisierung im<br />

Gesundheitswesen möglich machen<br />

kann, wenn wir einmal zehn<br />

Jahre in die Zukunft blicken?<br />

Eine echte Revolution sehe ich<br />

nicht. Der medizinische Behandlungserfolg<br />

beruht auf dem empathischen<br />

Miteinander von Arzt,<br />

Ärztin und Patient, Patientin. Das<br />

wird sich nie durch Technik ersetzen<br />

lassen. Durch die Technik<br />

kann ich in meiner Entscheidung<br />

unterstützt werden. Auch in der<br />

Therapie, vielleicht auch in der<br />

Verantwortungsübernahme durch<br />

den Patienten oder die Patientin.<br />

Das ist unser Ziel: durch Digitalisierung<br />

und KI eine empathische<br />

Präzisionsmedizin zu ermöglichen,<br />

die auch präventiv wirken kann.<br />

JETZT<br />

ABONNIEREN<br />

NEW<br />

HEALTH<br />

PODCAST<br />

Überall da, wo<br />

es Podcasts<br />

gibt<br />

Dr. med. Anke Diehl<br />

leitet seit Anfang 2021 die Stabsstelle Digitale Transformation der Universitätsmedizin Essen (UME). Die promovierte Humanmedizinerin<br />

hat viele Jahre klinische Erfahrung in Neurologie, Psychiatrie und Radiologie. Vier Jahre arbeitete sie in der<br />

Neurologie des Alfried Krupp Krankenhauses, bevor sie 1998 in die Neuroradiologie am Universitätsklinikum Essen wechselte.<br />

Zwischen 2004 und 2<strong>01</strong>0 leitete sie ein internationales Studienzentrum am UK Essen, danach sechs Jahre den Fachbereich<br />

Versorgungsstrukturentwicklung am Landeszentrum Gesundheit NRW. 2<strong>01</strong>8 übernahm sie den Posten der Digital Change<br />

Managerin der UME, bis sie ihre jetzige Position dort antrat. 2021 wurde Anke Diehl mit dem German Medical Award in der<br />

Kategorie „Medical Woman of the Year Award 2021 – Medizinerin des Jahres 2021“ ausgezeichnet. Anfang 2021 wurde sie<br />

in das 7-köpfige Expertengremium für Interoperabilität im Gesundheitswesen, das Interop Council, berufen.<br />

magazin podcast website<br />

newsletter<br />

www.newhealth.guide<br />

12<br />

IHR WEG IN DAS DIGITALE GESUNDHEITSSYSTEM


Der Antrag<br />

Hersteller, die mit ihrer App<br />

ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen<br />

werden möchten,<br />

müssen beim Bundesamt für<br />

Arzneimittel und Medizinprodukte<br />

(BfArM) einen Antrag<br />

stellen. Als Anforderung gilt<br />

u. a., dass es sich um zertifizierte<br />

Medizinprodukte niedriger<br />

Risikoklasse handelt, die nur<br />

vorübergehend angewendet<br />

werden. Das BfArM prüft<br />

zudem Benutzerfreundlichkeit,<br />

Datenschutz und Interoperabilität,<br />

also die Fähigkeit,<br />

mit anderen Systemen zu kommunizieren.<br />

Außerdem müssen<br />

DiGA werbefrei sein.<br />

Die Prüfung<br />

newhealth.guide #1<br />

Im Fast-Track-Verfahren, innerhalb von drei Monaten, prüft<br />

das BfArM die Angaben der Hersteller zum medizinischen<br />

Nutzen und zur Datensicherheit einer DiGA. Laut BfArM ziehen<br />

über 50 Prozent der Hersteller ihren Antrag selbst zurück, weil<br />

sich zum Beispiel zeigt, dass Datenschutzanforderungen<br />

nicht erfüllt werden. Die vorläufig in das DiGA-Verzeichnis<br />

aufgenommenen Apps durchlaufen eine weitere zwölfmonatige<br />

Erprobungsphase bis zur dauerhaften Aufnahme:<br />

Hier muss der Hersteller auch wissenschaftliche Nachweise<br />

für positive Versorgungseffekte der DiGA vorlegen.<br />

newhealth.guide #1<br />

Die Kosten<br />

Das DiGA-Verzeichnis des BfArM<br />

verschafft Ärzten und Psychotherapeuten<br />

einen Überblick über<br />

die Gesundheitsanwendungen,<br />

damit sie gemeinsam mit den<br />

Patienten eine geeignete App<br />

aussuchen können und verordnen.<br />

Die gesetzlichen Krankenkassen<br />

tragen die Kosten – und<br />

diese schwanken zwischen<br />

knapp 200 Euro und 900 Euro für<br />

eine dreimonatige Anwendung.<br />

Die Krankenkassen monieren,<br />

dass sich der Durchschnittspreis<br />

einer DiGA für einen Anwendungszeitraum<br />

von 3 Monaten<br />

– seit der Einführung im Oktober<br />

2020 – von 329 Euro auf etwa<br />

500 Euro erhöht hat.<br />

Die Verordnung<br />

Bislang kommen DiGA hauptsächlich<br />

in der ambulanten<br />

Versorgung zum Einsatz.<br />

Aber auch Klinikärzte können<br />

ihren Patienten nach einer<br />

stationären Behandlung<br />

DiGA verordnen: über das<br />

Entlassrezept. Tageskliniken<br />

und Ambulanzen (vor allem<br />

psychiatrische Einrichtungen)<br />

können Patienten ebenfalls<br />

DiGA verschreiben, wenn<br />

diese zum Beispiel Wartezeiten<br />

auf einen Therapieplatz<br />

übe rbrücken müssen.<br />

Von der Idee bis<br />

zum Patienten<br />

Mit der Einführung der digitalen Gesundheitsanwendungen hat Deutschland<br />

eine Vorreiterrolle in Europa eingenommen. DiGA können Patienten<br />

im Umgang mit ihrer Krankheit zu mehr Souveränität verhelfen und Ärzten<br />

wichtige Informationen liefern<br />

Illustration<br />

Dan Matutina/Agent Pekka<br />

Der Nutzen<br />

Je nach Krankheit können DiGA<br />

Patientinnen und Patienten motivieren,<br />

ihren Lebensstil zu verbessern,<br />

sich etwa mehr zu bewegen oder<br />

gesünder zu ernähren, kurz: notwendige<br />

Verhaltensänderungen in<br />

den Alltag zu integrieren. Zugleich<br />

können Patienten ihre Behandlungsfortschritte<br />

selbst kontrollieren<br />

und dokumentieren. Tauschen sie<br />

Vitalparameter etc. regelmäßig mit<br />

den Behandelnden aus, erhalten<br />

diese auch ein umfassenderes Bild<br />

vom Therapieverlauf.<br />

14<br />

15


newhealth.guide #1<br />

Apps auf<br />

Rezept<br />

DiGA auf der<br />

DMEA <strong>2023</strong><br />

Nehmen Sie an einem<br />

DMEA-Rundgang teil<br />

und entdecken Sie die<br />

Chancen der DiGA<br />

(Anmeldung erforderlich).<br />

Alle Infos zu DiGA und<br />

Mobile Health finden<br />

Sie außerdem<br />

in Halle 2.2<br />

Digitale Gesundheitsan wendungen, kurz<br />

DiGA, sollen den Therapieerfolg steigern, die<br />

Lebensqualität der Patienten erhöhen<br />

und das Gesundheitssystem entlasten. Halten<br />

sie, was sie versprechen?<br />

Text<br />

Anja Rech<br />

Dass Deutschland im Bereich<br />

der Digitalisierung<br />

als Vorreiter gepriesen<br />

wird, ist eher selten.<br />

Doch es ist weltweit das<br />

erste Land, in dem digitale Gesundheitsanwendungen<br />

(DiGA) als<br />

Regelleistung von der gesetzlichen<br />

Krankenversicherung erstattet werden.<br />

Seit Herbst 2020 können Ärzte<br />

und Ärztinnen, Psychotherapeuten<br />

und Psychotherapeutinnen „Apps<br />

auf Rezept“ verschreiben. Neben<br />

Apps fürs Smartphone oder Tablet<br />

zählen auch webbasierte Anwendungen<br />

dazu, die über einen Internetbrowser<br />

per Computer und<br />

Laptop genutzt werden.<br />

DiGA sollen laut Kassenärztlicher<br />

Bundesvereinigung (KBV) dabei<br />

helfen, Krankheiten zu erkennen,<br />

zu überwachen, zu behandeln<br />

oder zu lindern. Sie informieren Patientinnen<br />

und Patienten über ihre<br />

Erkrankung und die Behandlung.<br />

Zusätzlich helfen sie ihnen, Verhaltensänderungen,<br />

die ihre Therapie<br />

unterstützen, in den Alltag zu integrieren.<br />

Mit der Dokumentation des<br />

Behandlungsfortschritts liefern sie<br />

den Behandelnden in Praxen und<br />

Krankenhäusern wertvolle Daten.<br />

Die gesetzliche Basis dafür<br />

wurde mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz<br />

(DVG) geschaffen.<br />

Die Kassen erstatten nur Produkte,<br />

die ein Prüfverfahren beim Bundesinstitut<br />

für Arzneimittel und Medizinprodukte<br />

(BfArM) durchlaufen haben<br />

und im DiGA-Verzeichnis unter<br />

diga.bfarm.de gelistet sind.<br />

Es geht auch ohne Rezept<br />

Zum 1. Februar <strong>2023</strong> umfasste das<br />

DiGA-Verzeichnis nach Angaben<br />

des BfArM 41 solcher Anwendungen,<br />

14 Anträge waren noch in<br />

Bearbeitung. 26 Produkte waren<br />

vorläufig aufgenommen, dürfen<br />

also eingesetzt werden, obwohl sie<br />

noch keinen ausreichenden positiven<br />

Versorgungseffekt bewiesen<br />

haben – eine Besonderheit beim<br />

Zulassungsprozess von DiGA.<br />

Der GKV-Spitzenverband berichtet,<br />

dass bis Ende September 2022<br />

164.000 DiGA in Anspruch genommen<br />

wurden; die Kassen gaben dafür<br />

55,5 Millionen Euro aus. Wobei die<br />

Patientinnen und Patienten auch<br />

ohne Rezept an eine DiGA kommen:<br />

Sie können direkt bei ihrer gesetzlichen<br />

Krankenkasse einen Antrag<br />

auf Genehmigung stellen. Diese<br />

zahlt, wenn die entsprechende Indikation<br />

vorliegt. Der behandelnde<br />

Arzt muss dies nicht nachweisen.<br />

Beispiele aus der Praxis<br />

Die Hamburger Onkologin Prof. Dr.<br />

Pia Wülfing hat – ausgehend von<br />

einer Website und einem Podcast –<br />

die DiGA „Pink! Coach“ entwickelt,<br />

die Brustkrebs-Patientinnen durch<br />

Therapie und Nachsorge begleitet.<br />

Ihr Anliegen war es, Betroffenen<br />

16<br />

und Angehörigen digitale Informationen<br />

zur Verfügung zu stellen,<br />

die fachlich kompetent, aber auch<br />

verständlich und einfühlsam aufbereitet<br />

sind. „In der Hektik des<br />

Klinikalltags ist ja meist zu wenig<br />

Zeit für ausführliche Gespräche<br />

und Zuwendung“, erläutert sie. Die<br />

App leitet zu gesünderen Lebensgewohnheiten<br />

an. Diese können<br />

nachweislich Nebenwirkungen der<br />

Krebsbehandlung verringern und<br />

das Wohlbefinden verbessern.<br />

Eine echte Versorgungslücke füllt<br />

die App „Kalmeda“ gegen chronischen<br />

Tinnitus. „Sie bietet eine vollständige<br />

Verhaltenstherapie – und<br />

das ist die einzige wirksame Behandlung<br />

gemäß Leitlinie“, berichtet<br />

Dr. Uso Walter, Hals-Nasen-Ohren-<br />

Arzt aus Duisburg, der die App entwickelt<br />

hat. Sie zählt mit 30.000 Verordnungen<br />

zu den am häufigsten<br />

genutzten DiGA. Nicht nur gebe es<br />

zu wenig Behandlungsplätze, erklärt<br />

der Arzt, sondern für Tinnitus dürfe<br />

man nur dann eine Verhaltenstherapie<br />

verordnen, wenn gleichzeitig<br />

eine psychiatrische Erkrankung vorliege.<br />

„So weit wollen wir es aber<br />

gar nicht kommen lassen.“ Weil die<br />

vom BfArM geforderte Studie hochsignifikant<br />

die Wirksamkeit belegte,<br />

ist die App dauerhaft ins DiGA-Verzeichnis<br />

aufgenommen.<br />

FOTO: GETTY IMAGES/STEVICA MRDJA/EYEEM<br />

Erst ausprobieren, dann<br />

nachjustieren!<br />

Die wichtigsten Fragen und Antworten zu DiGA<br />

❱ Was kosten DiGA?<br />

In den ersten zwölf Monaten können<br />

die Hersteller den Preis frei gestalten.<br />

Erst danach beginnen die Preisverhandlungen<br />

mit dem GKV-Spitzenverband.<br />

Die Kosten schwanken ak tuell<br />

zwischen knapp 200 und mehr als 900<br />

Euro für eine 90-tägige Anwen dung.<br />

Im Oktober 2020 betrug der Durchschnittspreis<br />

dafür noch 329 Euro, heute<br />

liegt er bei etwa 500 Euro. Daran<br />

entzündet sich Kritik: „Wir sehen, dass<br />

die Apps in der GKV-Erstattung plötzlich<br />

deutlich mehr kosten als vorher. Es<br />

ist ein Unding, dass die Preise im ersten<br />

Jahr quasi frei festgesetzt und sogar<br />

erhöht werden können“, rügt Dr. Jens<br />

Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker<br />

Krankenkasse. Im Dezember<br />

2021 wurde eine Höchstpreisgrenze<br />

eingeführt, die die TK jedoch als „Papiertiger“<br />

bezeichnet. Sie reduziere<br />

den Preis einer Anwendung lediglich<br />

um durchschnittlich 6,6 Prozent.<br />

DiGA-Entwickler Dr. Uso Walter – dessen<br />

DiGA eine der preisgünstigsten<br />

17<br />

im Verzeichnis ist – argumentiert, dass<br />

die Entwicklung einer solchen Anwendung<br />

zwischen einer und fünf<br />

Millionen Euro kostet. „Auch die laufenden<br />

Kosten sind hoch“, sagt er.<br />

„Man muss ständig nachbessern, weil<br />

sich Voraussetzungen in den App-<br />

Stores ändern oder neue Handy typen<br />

auf den Markt kommen.“ Außerdem<br />

helfe seine Tinnitus-App den Kassen,<br />

Geld zu sparen, denn sie ersetze eine<br />

psychologische Behandlung, die bis<br />

zum Vierfachen kosten würde.<br />

❱❱


newhealth.guide #1<br />

❱ Für welche Krankheiten<br />

eignen sich DiGA?<br />

Der Großteil – 19 Produkte – ist für<br />

psychische Erkrankungen zugelassen.<br />

Am häufigsten verschrieben<br />

wurden laut DiGA-Report der Techniker<br />

Krankenkasse Apps gegen<br />

Rückenschmerzen, Tinnitus und Migräne.<br />

Andere beziehen sich auf Erkrankungen<br />

von Organen wie Herz<br />

oder Atemwegen, auf Adipositas,<br />

drei begleiten Brustkrebs-Patientinnen.<br />

„DiGA sind da am sinnvollsten,<br />

wo ‚sprechende Medizin‘ nötig ist,<br />

etwa bei psychischen Erkrankungen<br />

wie Depressionen und Phobien,<br />

aber auch bei Migräne“, sagt Prof.<br />

David Matusiewicz (siehe rechts).<br />

„Denn wie eine Art Chatbot geben<br />

sie Tipps und helfen, das eigene Verhalten<br />

zu reflektieren.“<br />

❱ Wie funktioniert die<br />

Verschreibung?<br />

nen. Eine Zuzahlung fällt nicht an.<br />

Die Verschreibung erfolgt zeitlich<br />

befristet für 90 Tage, kann aber verlängert<br />

werden.<br />

❱ Welche Anforderungen<br />

müssen DiGA erfüllen, um<br />

dauerhaft ins Verzeichnis<br />

aufgenommen zu werden?<br />

Innerhalb eines Jahres müssen alle<br />

DiGA mit einer evidenzbasierten<br />

Studie einen positiven Versorgungseffekt<br />

nachweisen. Das BfArM bietet<br />

dazu eine Beratung an. „Nachdem<br />

uns die Behörde ankündigte, dass<br />

unser Studiendesign die geforderten<br />

wissenschaftlichen Standards nicht<br />

erfüllen würde, haben wir uns professionelle<br />

Hilfe geholt“, erzählt Dr.<br />

Walter. „Auch wenn das viel Geld<br />

kostet, hat es sich für uns gelohnt.“<br />

❱ Wie kommen DiGA in<br />

der Medizinwelt an?<br />

Bis Dezember 2021 hatten laut<br />

TK-Report rund vier Prozent der Ärztinnen<br />

und Ärzte Rezepte für DiGA<br />

ausgestellt; eine Studie der Stiftung<br />

Gesundheit kommt im November<br />

2022 auf über ein Drittel. „Aber<br />

viele Ärzte kennen diese Möglichkeiten<br />

noch gar nicht“, ist Prof.<br />

Matusiewicz überzeugt. Auch der<br />

GKV-Spitzenverband urteilt, dass<br />

DiGA noch nicht in der Versorgung<br />

angekommen sind: Zwischen Januar<br />

und September 2022 habe<br />

sich die monatliche Menge der<br />

Freischaltcodes auf einem nahezu<br />

unveränderten Niveau zwischen<br />

10.000 und 12.000<br />

DiGA bewegt.<br />

Prof. Matusiewiecz<br />

hält eine<br />

Art Außendienst<br />

Aktiv in<br />

eigener Sache<br />

Patienten können<br />

mithilfe einer<br />

DiGA zum Beispiel<br />

ihreVitalparameter<br />

kontrollieren<br />

Die verordnungsrelevanten Informationen<br />

stellt das BfArM im DiGA-<br />

Verzeichnis zur Verfügung. Zusätzlich<br />

sollen diese künftig auch im Praxisverwaltungssystem<br />

auftauchen.<br />

Die Anwendungen haben eine<br />

Pharmazentralnummer (PZN), die<br />

auf dem Rezeptvordruck angegeben<br />

werden muss. „Die Verordnung<br />

ist für Ärzte budgetneutral, sie können<br />

nicht in Regress genommen<br />

werden“, stellt Dr. Uso Walter klar.<br />

Auf Basis des Rezepts erhalten die<br />

Versicherten einen Freischaltcode,<br />

mit dem sie die DiGA im App-Store<br />

herunterladen und aktivieren könfür<br />

nötig, um Ärztinnen und Ärzten<br />

Sinn und Nutzen der DiGA zu erklären.<br />

Genau das setzt Dr. Walter<br />

mit seiner Tinnitus-App bereits um:<br />

Er kooperiert dazu mit einem Pharmaunternehmen.<br />

„Damit erreichen<br />

wir die Ärzte wirklich und schaffen<br />

Reichweite“, erklärt er.<br />

❱ Wie verläuft die Zulassung?<br />

DiGA werden mit einem Fast-Track-<br />

Verfahren zugelassen. Das BfArM<br />

prüft innerhalb von drei Monaten<br />

die Angaben der Hersteller zu Nutzen<br />

und Sicherheit. Diese Hürde ist für<br />

die Hersteller hoch: Über 50 Prozent<br />

der Anträge wurden laut BfArM von<br />

den Antragstellern selbst zurückgezogen,<br />

weil sich im Prüfungsverfahren<br />

zeigte, dass zum Beispiel wesentliche<br />

Datenschutzanforderungen<br />

nicht erfüllt werden und die Hersteller<br />

dies auch nicht im vorgegebenen<br />

Zeitrahmen beheben konnten.<br />

Reichen die Daten über positive<br />

Versorgungseffekte nicht aus, wird<br />

die App vorläufig aufgenommen.<br />

„Die Erprobungszeit kann einmalig<br />

auf Antrag des Herstellers verlängert<br />

werden“, sagt BfArM-Pressesprecher<br />

Michael Kasiske.<br />

❱ Wie wird das Fast-Track-<br />

Verfahren beurteilt?<br />

„Aus Sicht des BfArM ist das Verfahren<br />

sehr gut angelaufen und<br />

hat sich bewährt“, urteilt Kasiske.<br />

„Wir sehen großes Interesse von<br />

Herstellern daran und stehen im<br />

engen Austausch mit anderen<br />

europäischen Ländern, die das in<br />

Deutschland inzwischen gut etablierte<br />

Verfahren als Vorlage für<br />

entsprechende eigene Ansätze<br />

nutzen möchten.“ Auch Prof. Matusiewicz<br />

hält den Weg für gelungen:<br />

„Erst mal ausprobieren und<br />

dann nachjustieren, das funktioniert<br />

bei DiGA.“ Die Krankenkassen<br />

und manche Ärzte bemängeln<br />

dagegen, dass hier Geld für eine<br />

Leistung ausgegeben werde, die<br />

nach einem Jahr möglicherweise<br />

als ungeeignet vom Markt verschwindet.<br />

„Bereits für die Listung<br />

beim BfArM muss es eine aussagekräftige<br />

Datengrundlage geben“,<br />

fordert TK-Chef Dr. Jens Baas. „Die<br />

bisherigen Anforderungen reichen<br />

nicht, um den Nutzen einer App<br />

abzuschätzen.“<br />

FOTOS: GETTY IMAGES/FRESHSPLASH, PRAMUDIYA<br />

Interview<br />

Im Oktober 2020 wurde die erste<br />

DiGA gelistet, im Frühjahr 2021<br />

haben Sie das erste umfassende<br />

Buch* dazu herausgegeben. Was<br />

war Ihre Intention?<br />

DiGA verändern gerade die Versorgungsrealität<br />

des Gesundheitswesens<br />

in Deutschland. Ich sehe<br />

sie als einen Meilenstein für die<br />

Innovationsfähigkeit des Gesundheitswesens.<br />

Mein Ziel war, mit dem<br />

Buch eine unabhängige Plattform<br />

zu schaffen, die alle Beteiligten und<br />

alle wissenschaftlichen Disziplinen<br />

einbindet. Ich will den Markt mitgestalten<br />

und Trends setzen.<br />

Wie ist die Resonanz auf die Einführung<br />

von DiGA?<br />

Zweigeteilt: Deutschland erhält viel<br />

Zuspruch für diese Innovationsleistung<br />

und gilt als Vorbild für andere<br />

Länder. Die Krankenkassen sind<br />

skeptisch, weil sie Geld für eine Leistung<br />

ausgeben, deren Evidenz erst<br />

im Nachhinein belegt wird. Aber<br />

„Ich sehe<br />

Anja Rech<br />

David Matusiewicz<br />

und Siemens<br />

Healthineers veranstalten<br />

zur DMEA am 26. April<br />

das Side Event „NXT LEVEL<br />

NET WORKN“ in der<br />

Siemens Mosaikhalle,<br />

Rohrdamm 85,<br />

Berlin<br />

die Evaluation<br />

kritisch“<br />

Haben DiGA das Potenzial, in der Therapie<br />

selbstverständlich zu werden? Ein<br />

Gespräch mit Prof. Dr. David Matusiewicz,<br />

Experte für Medizinmanagement<br />

der Markt konsolidiert sich bereits:<br />

Viele DiGA hören nach dem Erprobungsjahr<br />

auf, weil sie es nicht<br />

schaffen, positive Versorgungseffekte<br />

zu belegen. Ich sehe allerdings<br />

die Evaluation, wie sie derzeit<br />

läuft, kritisch.<br />

Was würden Sie ändern?<br />

Wird über die geforderten Studien<br />

alles Relevante erfasst? DiGA können<br />

positive Versorgungseffekte haben,<br />

die in der Praxis spürbar sind,<br />

sich aber nicht in Studien nachweisen<br />

lassen. Wir müssen auch die<br />

Outcome-Ebene sehen, etwa, ob<br />

sich die Lebensqualität der Nutzer<br />

verbessert. Ich fände es spannend,<br />

wenn PROMs, Patient-Reported<br />

Outcome Measures, also das Feedback<br />

der Nutzer, in der Auswertung<br />

berücksichtigt würden. Man sollte<br />

den Herstellern, die bisher keine ausreichenden<br />

Belege haben, noch<br />

eine Chance lassen. Hier muss es<br />

eine Nachjustierungsphase geben.<br />

Wie riskant ist die Entwicklung einer<br />

DiGA für die Hersteller?<br />

Die meisten Anwendungen werden<br />

von Start-ups entwickelt. Hardware,<br />

Software, Entwicklungs- und Zertifizierungskosten,<br />

das sind Investitionen<br />

in sechsstelliger Höhe. Damit<br />

hängen an jeder App Existenzen. Es<br />

gibt Unternehmen, die nach dem<br />

Bescheid vom BfArM aufgegeben<br />

haben. Ein Vorteil ist jedoch, dass<br />

die Evidenz erst nach einem Jahr<br />

belegt werden muss. Das ist ein vergüteter<br />

Vertrauensvorschuss.<br />

Wo sehen Sie die größten Erfolgsmöglichkeiten<br />

für DiGA?<br />

Sie sind am sinnvollsten, wo „sprechende<br />

Medizin“ nötig ist, etwa bei<br />

psychischen Erkrankungen wie Depressionen<br />

und Phobien, aber auch<br />

bei Migräne. Ihre große Stärke ist,<br />

dass Patienten die Therapie in ihrem<br />

Tempo machen können. Im Bereich<br />

Bewegungsschmerzen kann es mit<br />

DiGA gelingen, Medikamente zu<br />

ersetzen. Anwendungen gegen<br />

Schlafstörungen können dazu beitragen,<br />

dass Patienten langfristig<br />

keine Schlafmittel brauchen. Solche<br />

Effekte sind durchaus realistisch.<br />

Dann wird die Medizin durch die<br />

Technologie revolutioniert.<br />

Wie verändern DiGA das Verhältnis<br />

zwischen Arzt und Patienten?<br />

Aus dem bilateralen Verhältnis wird<br />

ein Dreiergespräch: Der Patient<br />

kommuniziert mit der DiGA, diese<br />

erstellt Berichte, auf die der Arzt zugreifen<br />

kann. Er hat ein Instrument<br />

mehr zur Verfügung, das verleiht<br />

ihm mehr Kompetenz, und der Patient<br />

erhält mehr Souveränität und<br />

erfährt mehr Transparenz.<br />

Gibt es Bereiche, in denen noch<br />

DiGA fehlen?<br />

Ja, in der Prävention, den klassischen<br />

Themenfeldern Ernährung,<br />

Bewegung, Schlaf. Hier könnte<br />

man mit DiGA Krankheiten vorbeugen,<br />

sodass eine Therapie gar<br />

nicht erst nötig wird. Außerdem sind<br />

solche Anwendungen für die Pflege<br />

sinnvoll. Erste sogenannte DiPA<br />

werden derzeit entwickelt.<br />

18<br />

*A. Jorzig, D. Matusiewicz (Hrsg.):<br />

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA). medhochzwei 19


newhealth.guide #1<br />

Wohl<br />

dosiert +<br />

Text<br />

Hendrik Bensch<br />

Warum setzen nur wenige Krankenhausapotheken in Deutschland<br />

auf eine Unit-Dose-Versorgung? Sie erhöht die Arzneimitteltherapiesicherheit<br />

und entlastet Pflegekräfte, wie das UKE in Hamburg zeigt<br />

Als Dr. Michael Baehr vor mehr als 15 Jahren<br />

während des Neubaus des Universitätsklinikums<br />

Hamburg-Eppendorf (UKE) über<br />

die Baustelle ging, kam er ins Grübeln.<br />

Der Leiter der Krankenhausapotheke hatte<br />

dem Vorstand versprochen, nach dem Umbau die<br />

gesamte Klinik mit einem Unit-Dose-System zu versorgen:<br />

kontrolliert<br />

Künftig sollte die Klinikapotheke die Arzneimittel automatisiert<br />

und patientenindividuell zusammen stellen,<br />

verpacken und dann auf die Stationen liefern. Ob<br />

diese große Umstellung gelingen würde? „Ich hatte<br />

zwischendurch Zweifel, ob das klappt“, erzählt der<br />

UKE-Chefapotheker heute. Rückblickend ist die Umstellung<br />

für ihn ein großer Erfolg: „Das war das Beste,<br />

FOTOS: PLAINPICTURE/YVONNE RÖDER, UKE UNIVERSITÄTSKLINIKUM HAMBURG-EPPENDORF (2)<br />

was ich in meinem ganzen<br />

Berufs leben gemacht<br />

habe: Es hat die<br />

Apotheke und die Klinik<br />

vorangebracht und vor<br />

allem die Arzneimitteltherapiesicherheit<br />

erhöht.“<br />

In der Klinikapotheke<br />

des UKE stehen zwei<br />

Medikamentenautomaten,<br />

beide etwa so groß<br />

wie eine Kühl-Gefrier­<br />

Kombination. Jeder der<br />

Auto maten enthält 330<br />

Vorratskanister mit Arzneimitteln.<br />

Täglich spucken<br />

sie 15.000 Einzeldosen aus und verpacken sie in kleine<br />

Tüten – immer nur ein Arzneimittel je Tüte. Darauf finden<br />

sich alle wichtigen Informationen: vom Namen des<br />

Patienten und des Medikaments über die Zimmernummer<br />

bis hin zu Hinweisen zur Einnahme. Anschließend wird<br />

noch einmal kontrolliert: Eine Maschine fotografiert<br />

jede Tüte und vergleicht Form, Farbe und Anzahl der<br />

Pillen in der Tüte mit den digital hinterlegten Werten.<br />

„Wir können uns zur Kontrolle jede der vier Millionen Tüten<br />

im Nach hinein anschauen“, sagt Michael Baehr.<br />

1.700 Patientinnen und Patienten werden auf diese<br />

Weise am UKE täglich versorgt.<br />

Zusammen mit allen einzeln dosierten nicht oralen<br />

Präparaten, wie etwa Ampullen oder Infusionsflaschen,<br />

gelangen die Medikamente über einen Transportdienst<br />

auf die Stationen – zur Abendgabe und für die<br />

nächsten 24 Stunden. Dort nehmen die Pflegekräfte<br />

die Lieferungen entgegen und vergleichen sie mit den<br />

verordneten Medikamenten. Hat sich die Verordnung<br />

in der Zwischenzeit geändert, nehmen die Pflegekräfte<br />

Tüten heraus oder ergänzen Arzneimittel aus dem Stationsvorrat<br />

– zum Beispiel dann, wenn kurzfristig Fieber-,<br />

Schmerz- oder Blutdruckmittel verordnet wurden. „Aus<br />

dem Stationsvorrat kommt aber nur ein geringer Teil“,<br />

sagt Michael Baehr. 96 Prozent aller Gaben, die die<br />

Patientinnen und Patienten erhalten, hat das Unit­<br />

Dose-System bereitgestellt, hat eine UKE-Untersuchung<br />

ergeben. Im Patientenzimmer dokumentieren die Pflegekräfte<br />

dann die Medikamentengabe in der elektronischen<br />

Patientenakte.<br />

So entsteht durch den gesamten Prozess eine<br />

lücken lose Qualitätskontrolle. „Jede Berufsgruppe kann<br />

jederzeit sehen, wer wann was verordnet hat“, erklärt<br />

der UKE-Chefapotheker. Und das ist seiner Ansicht nach<br />

nur einer von vielen Vorteilen der Unit-Dose-Versorgung.<br />

So benötigt das UKE seit der Umstellung weniger Platz<br />

auf den Stationen für die Medikamente. Auf den Intensivstationen<br />

stehen heute nur noch wenige Schränke.<br />

Auf den anderen Stationen gibt es nur mehr einen<br />

kleinen Handvorrat. „Zudem lassen sich dadurch die<br />

Pflegekräfte deutlich entlasten“, sagt Chefapotheker<br />

Baehr. „Wer heute noch hoch qualifiziertes Pflegepersonal<br />

nachts Tabletten sortieren lässt, ist auf dem<br />

Ein Erfolg auf ganzer Linie<br />

Dr. Michael Baehr leitet seit 1991 die Klinikapotheke des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf.<br />

Die Umstellung auf ein Unit-Dose-System war „das Beste, was ich in meinem Berufsleben<br />

gemacht habe“. Täglich verpacken die beiden Medikamentenautomaten 15.000 Einzeldosen<br />

Holzweg“, ist sich Baehr sicher. Darüber hinaus konnte<br />

das UKE mit der Umstellung die Arzneimitteltherapiesicherheit<br />

erhöhen.<br />

Das hat unter anderem auch das Universitäts klinikum<br />

Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel in einer Studie festgestellt.<br />

2<strong>01</strong>8 hat es den Medikationsprozess auf zwei internistischen<br />

Stationen umgestellt. Das Ergebnis: Mit hilfe<br />

der Unit-Dose-Versorgung sank die durchschnittliche<br />

Fehlerrate von 1,38 auf 0 Stellfehler pro Patient – wobei<br />

die Endkontrolle hier ein Apotheker übernimmt.<br />

Trotz der zahlreichen Vorteile gibt es bisher nur<br />

relativ wenige Krankenhausapotheken in Deutschland,<br />

die auf eine Unit-Dose-Versorgung setzen.<br />

Zwar werden es von Jahr zu Jahr mehr, ihr Anteil lag<br />

2020 jedoch nur bei neun Prozent. Die Kosten sind<br />

kein Grund, auf eine Unit-Dose-Versorgung zu verzichten,<br />

meint Michael Baehr. Ein Medikamentenautomat<br />

im UKE hat etwa 200.000 Euro gekostet.<br />

Rechnet man die Ausgaben für den Umbau, die<br />

Kontrolleinheit und die weitere Einrichtung hinzu,<br />

kommt man auf etwa eine Million Euro – eine vergleichsweise<br />

geringe Summe bei einem Umsatz von<br />

1,4 Milliarden Euro. „Bei den Einsparungen, die man<br />

an vielen Stellen erzielt, zählt das Kostenargument<br />

nicht“, so Baehr. Auch die Klinikgröße ist für ihn kein<br />

Argument gegen ein Unit­ Dose-System. Bevor das<br />

UKE loslegte, habe es geheißen, das sei nur etwas<br />

für kleine Kliniken, berichtet Baehr. „Wir haben gezeigt:<br />

Es geht auch in einem Krankenhaus der Maximalversorgung.“<br />

Dr. Swantje Eisend, Leiterin der<br />

Arbeitsgruppe „Unit-Dose“ beim Bundesverband<br />

Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), sieht<br />

das ähnlich: „Jedes Krankenhaus und jede Krankenhausapotheke<br />

kann grundsätzlich ein Unit-Dose-System<br />

einführen.“<br />

Das UKE arbeitet derzeit daran, den Medikationsprozess<br />

weiterzuentwickeln: In einem Forschungsprojekt<br />

geht es um den 3D-Druck von Arzneimitteln.<br />

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Klinikapotheke<br />

wollen zeigen, dass sich der 3D-Druck in<br />

den digitalen Medikationsprozess des UKE integrieren<br />

und zudem mit Algorithmus-gestützten Daten von Patientinnen<br />

und Patienten kombinieren lässt.<br />

20<br />

21


newhealth.guide #1<br />

newhealth.guide #1<br />

Aller Anfang in Aachen<br />

Seit 2<strong>01</strong>4 sind Telenotärzte<br />

wie Notfallmediziner Dr. Frederik<br />

Hirsch in Aachen im Einsatz.<br />

Sie konnten dort bis heute rund<br />

50.000 Menschen versorgen<br />

Arzt<br />

im Ohr<br />

Ein Telenotarzt gehört an mehreren<br />

Standorten in Deutschland bereits zur<br />

Regelversorgung. Das Konzept<br />

könnte sich bundesweit bewähren –<br />

nicht nur in ländlichen Regionen<br />

Text<br />

Christian Heinrich<br />

FOTO: UMLAUT TELEHEALTHCARE GMBH - PART OF ACCENTURE<br />

Wir brauchen einen<br />

Notarzt! Ein<br />

alarmierender<br />

Satz, der mittlerweile<br />

nicht nur für<br />

Notsitu ationen gilt, in denen ein<br />

Mensch medizinische Hilfe braucht.<br />

Er ist auch politisch und strukturell<br />

wörtlich zu nehmen – und als Hilferuf<br />

zu verstehen. Denn unter den Anästhesisten<br />

und Notfallmedizinern in<br />

den Kliniken fehlt es immer häufiger<br />

an Freiwilligen, die bereit sind, Notarztschichten<br />

zu übernehmen. Es ist<br />

in vielen Gegenden Deutschlands<br />

– nicht nur in ländlichen Regionen,<br />

auch in städtischen Gebieten – nur<br />

noch eine Frage der Zeit, bis Rettungswachen<br />

nicht mehr rund um<br />

die Uhr mit Notärzten besetzt sind.<br />

Schon heute kann die Patientenversorgung<br />

unter Druck geraten,<br />

selbst wenn eine Notärztin oder<br />

ein Notarzt Dienst hat. Denn was<br />

ist, wenn dieser auf einem Einsatz<br />

ist und ein weiterer Notruf eingeht?<br />

Dann verschieben sich alle folgenden<br />

Einsätze um wenige Minuten.<br />

Auf diese Minuten kommt es aber<br />

manchmal an.<br />

Wer eine nachhaltige Lösung für<br />

das Dilemma sucht, könnte nach<br />

Aachen gehen. Nach Greifswald.<br />

Oder nach Hessen, in den Main-<br />

Kinzig-Kreis. An all diesen Standorten<br />

gibt es einen sogenannten<br />

Telenotarzt. Dabei handelt es sich<br />

nicht um Modellprojekte, sondern<br />

um ein etabliertes Konzept. „Wir haben<br />

in Aachen 2006 mit einem Forschungsprojekt<br />

angefangen – seit<br />

2<strong>01</strong>4 ist der Telenotarzt dort im Regelrettungsdienst.<br />

Mittlerweile sind ungefähr<br />

50.000 Patienten via Telenotarzt<br />

versorgt worden“, sagt der<br />

Notfallmediziner Dr. Frederik Hirsch,<br />

der langjährige Erfahrung als Telenotarzt<br />

hat und heute die Kundenbetreuung<br />

bei umlaut telehealthcare<br />

leitet. Das ist die Betreiberfirma<br />

des Telenotarztes in Aachen, die<br />

zum IT-Unternehmen Accenture<br />

gehört. Dass er sich enthusiastisch<br />

22<br />

23


newhealth.guide #1<br />

newhealth.guide #1<br />

gibt hinsichtlich des Projekts, ist<br />

deshalb nicht verwunderlich. Aber<br />

auch wenn man sich bei den Notfallsanitätern<br />

draußen im Einsatz<br />

oder bei anderen Telenotärzten<br />

umhört, ist die Begeisterung so<br />

groß, dass es nur noch eine Frage<br />

der Zeit zu sein scheint, bis sich das<br />

Modell bundesweit durchsetzt.<br />

Das Prinzip ist denkbar einfach:<br />

Der Telenotarzt sitzt in einer Ret-<br />

Livebilder. So kann er im engen<br />

Austausch mit den Rettungskräften<br />

agieren – durch sie gewissermaßen<br />

vor Ort sein.<br />

Mareike Strunz arbeitet als Notfallsanitäterin<br />

in Aachen regelmäßig<br />

mit dem Telenotarzt zusammen.<br />

Das Konzept sei keine Notlösung, im<br />

Gegenteil: Es verbessere die Qualität<br />

der Versorgung, sagt die 28-Jährige.<br />

„Wir sind zum Beispiel vor ein<br />

„Digitalisierung<br />

und Innovation im<br />

Rettungswesen“ am<br />

26. April<br />

um 11 Uhr auf der<br />

DMEA <strong>2023</strong><br />

Die Zusammenarbeit spart auf allen Seiten Zeit<br />

Aus dem Rettungswagen werden die Vitalparameter der Patienten an den Telenotarzt gesendet,<br />

der sich an einem zentralen Ort – Rettungswache oder Klinik – befindet. Über eine Kamera erhält<br />

er zudem Livebilder und kann in Absprache mit den Notfallsanitätern die Patienten versorgen<br />

tungswache oder einer Klinik mit<br />

Headset an mehreren Bildschirmen.<br />

Zum Notfallort begeben sich zunächst<br />

eine Notfallsanitäterin oder<br />

ein Rettungssanitäter. Die Geräte<br />

im Rettungswagen, die die Vitalparameter<br />

erfassen – darunter etwa<br />

das EKG und der Sensor zur Messung<br />

der Sauerstoffsättigung –, senden<br />

die Daten in Echtzeit auf den<br />

Bildschirm des Telenotarztes. Eine<br />

Kamera im Auto liefert ihm zudem<br />

kollaps erlitten, das Herz schlug zu<br />

langsam. Also startete Strunz eine<br />

Beutel-Masken-Beatmung und verabreichte<br />

Adrenalin. „Ich habe<br />

oft nicht einmal bestimmte Fragen<br />

an den Telenotarzt. Aber dadurch,<br />

dass ich ihn im Ohr habe, fühle ich<br />

mich manchmal sicherer in meinem<br />

Handeln“, sagt Mareike Strunz.<br />

So könne sie sich bei der Gabe des<br />

Adrenalins noch einmal in Bezug<br />

paar Tagen zu einer gestürzten<br />

Person gerufen worden. Bei einem<br />

solchen Einsatz wird erst einmal kein<br />

Notarzt mitalarmiert. Vor Ort haben<br />

wir aber schnell gemerkt, dass die<br />

Sturzursache einen schwerwiegenden<br />

internistischen Hintergrund<br />

hatte. Also habe ich bis zum Eintreffen<br />

des Notarztes den Telenotarzt<br />

kontaktiert – und hatte ihn Sekunden<br />

später im Ohr“, erzählt Strunz.<br />

Die Patientin hatte einen Kreislaufauf<br />

die richtige Dosierung rückversichern.<br />

Bis der fahrende Notarzt<br />

eingetroffen war, hatten Mareike<br />

Strunz und ihr Kollege die Patientin<br />

so weit stabilisiert, dass man eine<br />

Reanimation vermeiden konnte.<br />

Doch in nur wenigen Fällen geht<br />

es darum, mithilfe des Telenotarztes<br />

die Zeit zu überbrücken, bis ein<br />

Notarzt eingetroffen ist. „Studien<br />

zeigen, dass ein Notarzt nur in ungefähr<br />

15 Prozent der Einsätze tat-<br />

FOTOS: UMLAUT TELEHEALTHCARE GMBH - PART OF ACCENTURE<br />

sächlich mit seinen Händen tätig<br />

werden muss“, sagt Hirsch. Meistens<br />

ist das Wissen des Notarztes<br />

gefragt. Und dieses kann er auch<br />

aus der Ferne bereitstellen.<br />

„In Aachen haben wir die Erfahrung<br />

gemacht, dass sich mit dem<br />

Telenotarztsystem die Notarztquote,<br />

also die Zahl der Einsätze mit Notärzten<br />

vor Ort, um mehr als die Hälfte<br />

reduzieren lässt“, so Hirsch. Und weil<br />

die Anfahrtswege entfallen, kann<br />

der Telenotarzt in der gleichen Zeit<br />

deutlich mehr Einsätze übernehmen:<br />

Ein Telenotarzteinsatz dauert<br />

durchschnittlich 12 Minuten – ein<br />

Einsatz des Notarzteinsatzfahrzeugs<br />

(NEF) dauert mit 53 Minuten mehr<br />

als viermal so lange. Summa summarum<br />

bedeutet das: Die zunehmend<br />

knappe Ressource Notarzt<br />

kann effizienter genutzt werden.<br />

Und wie fühlt sich die Arbeit<br />

als Telenotarzt an? Florian Blankenburg,<br />

Oberarzt in der Klinik für<br />

Anästhesiologie, Operative Intensivmedizin<br />

und Schmerzmedizin<br />

am Klinikum Barmherzige Brüder<br />

im bayerischen Straubing, hat hier<br />

im Rahmen eines Modellprojekts<br />

als Telenotarzt gearbeitet. „Als<br />

Notarzt nehme ich die Situation<br />

vor Ort mit allen Sinnen wahr: Wie<br />

riecht es hier? Wie sieht es rundum<br />

aus, welchen Eindruck macht der<br />

Patient? Klar, als Telenotarzt habe<br />

ich kein so vollständiges Bild wie<br />

vor Ort“, sagt Blankenburg. „Aber<br />

das Telenotarztsystem ist so gut,<br />

dass ich dieses Manko schnell ausblenden<br />

konnte.“<br />

Entscheidend sei, dass man den<br />

Rettungskräften vor Ort vertraue.<br />

„Sie sind meine Augen und Ohren,<br />

wenn man so will. Idealerweise<br />

kennt man die Kollegen von gemeinsamen<br />

Einsätzen“, erklärt Blankenburg.<br />

Aber auch wenn nicht,<br />

wenn man beispielsweise in eine<br />

andere Region Deutschlands geschaltet<br />

werde, weil der Telenotarzt<br />

dort schon in einem Einsatz ist, sei<br />

das in der Regel kein Problem. Im<br />

Lauf der Zeit hat Blankenburg die<br />

Arbeit als Telenotarzt immer mehr<br />

schätzen gelernt: „Gerade Fälle<br />

wie die Versorgung eines Schlaganfalls<br />

oder die Gabe von Schmerzmitteln<br />

kann ich als Telenotarzt<br />

Der Telenotarzt-<br />

Einsatz dauert<br />

im Durchschnitt<br />

12 Minuten.<br />

Ein Notarzt-<br />

Einsatz vor Ort<br />

hingegen<br />

53 Minuten<br />

meist wunderbar vom Bildschirm<br />

aus betreuen. Ich kann deutlich<br />

mehr Einsätze in der gleichen Zeit<br />

machen, das ist in gewisser Hinsicht<br />

befriedigend.“<br />

Auch Blankenburg sagt: Der<br />

Telenotarzt sei der nächste logische<br />

Schritt in der Weiterentwicklung<br />

des Rettungswesens. Die für den<br />

Telenotarzt notwendigen Zusatzqualifikationen<br />

stellen übrigens für<br />

Fachärzte der Anästhesie, der Allgemein-<br />

oder Inneren Medizin, die<br />

regelmäßig als Notarzt arbeiten,<br />

keine große Hürde dar: Eine Fortbildung<br />

zum Telenotarzt dauert in<br />

Nordrhein-Westfalen drei Tage.<br />

Es gibt nur einen theoretischen<br />

Fall, in dem das Konzept Telenotarzt<br />

für den Patienten zum Nachteil<br />

werden kann: Wenn die Rettungsleitstelle<br />

einen Notruf bekommt, der<br />

nahelegt, dass kein Notarzt vor Ort<br />

gebraucht wird und stattdessen<br />

ein Telenotarzt übernehmen kann.<br />

Wenn der Notfallsanitäter dann am<br />

Einsatzort feststellt, dass doch ein<br />

Notarzt nötig ist, trifft dieser erst verspätet<br />

ein. Solche Fälle gibt es aber<br />

auch ohne Telenotarzt: Denn nicht<br />

immer schickt die Rettungsleitstelle<br />

automatisch auch einen Notarzt<br />

los. Bis zu dessen Ankunft kann der<br />

Notfallsanitäter die Versorgung immerhin<br />

gemeinsam mit einem Telenotarzt<br />

im Ohr leisten.<br />

Abgesehen von solchen vereinzelten,<br />

eher theoretischen Fällen,<br />

überwiegen die Vorteile des Telenotarztes.<br />

So verkürzt sich etwa das<br />

arztfreie Intervall nach einem Notruf:<br />

Denn sobald eine nicht-ärztliche<br />

Einsatzkraft eingetroffen ist,<br />

kann der Telenotarzt dazugeschaltet<br />

werden, die Einsatzkräfte vor Ort<br />

handeln dann unter ärztlicher Delegation<br />

und Anleitung.<br />

Trotzdem, das betonen alle Beteiligten:<br />

Der Telenotarzt kann und<br />

soll den herkömmlichen Notarzt<br />

nicht ersetzen. Deshalb gilt an allen<br />

Standorten: Wenn absehbar ist,<br />

dass ein Notarzt gebraucht wird,<br />

etwa bei einem polytraumatisierten<br />

Patienten und einer zu erwartenden<br />

Reanimation, erscheint er<br />

vor Ort. Typische Einsätze, die auch<br />

ein Telenotarzt gut abdecken kann,<br />

sind beispielsweise die Versorgung<br />

von Schmerzen und die Schlaganfallversorgung.<br />

Basierend auf den positiven<br />

Erfahrungen in Straubing, hat<br />

das Kabinett in Bayern 2021 beschlossen,<br />

den Telenotarzt in die<br />

Regelversorgung aufzunehmen.<br />

In Nordrhein-Westfalen (NRW) unterzeichnete<br />

NRW-Gesundheitsminister<br />

Karl-Josef Laumann bereits<br />

2020 eine Absichtserklärung, das<br />

Telenotarztsystem in NRW bis 2025<br />

flächendeckend auszubauen.<br />

In naher Zukunft könnte der<br />

Telenotarzt also ein wichtiger Baustein<br />

in der Rettungsmedizin in ganz<br />

Deutschland sein. Eine Win-win-Situation<br />

für die Kliniken, die durch ihn<br />

ein Stück weit Entlastung erfahren,<br />

sowie für die Patientinnen und Patienten.<br />

Denn sie erhalten nicht nur<br />

eine garantierte, sondern in vielen<br />

Fällen auch eine verbesserte medizinische<br />

Versorgung.<br />

24<br />

25


newhealth.guide #1<br />

newhealth.guide #1<br />

In der Gesundheitsbranche entwickeln sich neue Technologien rasant<br />

weiter. Die Anwendung digitaler Tools und das Wissen darüber<br />

werden im klinischen Alltag immer wichtiger. Wo sich Gesundheitsfachkräfte<br />

weiterbilden können und welche Angebote es gibt, finden Sie hier!<br />

YouTube-Plattform<br />

Global School of Surgery<br />

Digitale<br />

Kompetenz<br />

erwerben<br />

Text<br />

Eigentlich waren die englischsprachigen Videos<br />

von Operationen, die das Universitätsspital Zürich<br />

(USZ) auf YouTube startete, für lokale Assistenzärzte<br />

gedacht. Aber sie fanden international<br />

mit 600.000 Views so großen Anklang, dass<br />

die Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie<br />

am USZ im Januar das YouTube-Fortbildungsprogramm<br />

„Global School of Surgery“<br />

gründete. Das kostenfreie Online-Curriculum<br />

bietet Chirurgen die Möglichkeit, sich digital auf<br />

hohem fachlichem Niveau weiterzubilden. Es<br />

gilt als große Chance, die chirurgischen Standards<br />

vor allem in strukturschwachen Regionen<br />

nachhaltig zu verbessern.<br />

Infos unter: www.usz.ch<br />

Anna-Lena Wolfarth<br />

Digital Health<br />

in der Hauptstadt<br />

studieren?<br />

Infos zu weiteren<br />

Studienoptionen gibt<br />

es am 26. April in<br />

Halle 1.2<br />

DMEA <strong>2023</strong><br />

26<br />

Weiterbildung<br />

Kurs „Digital Health“<br />

Die Digitalisierung bringt im Klinikalltag<br />

große Veränderungen mit sich. Vor allem<br />

leitende Mitarbeitende, Projektmanager in<br />

Arztpraxen, Kliniken und Medizinischen Versorgungszentren<br />

stehen vor neuen Herausforderungen,<br />

die sie in ihrem dicht getakteten Joballtag<br />

on top bewältigen müssen. Der dreimonatige<br />

Online-Kurs „Digital Health“ der Apollon Hochschule<br />

der Gesundheitswirtschaft bereitet all<br />

jene, die die Digitalisierung im Gesundheitswesen<br />

mitgestalten wollen, auf diese Umstellungen<br />

vor. Neben einer begrifflichen Klärung und den<br />

ethischen, rechtlichen und politischen Grundlagen<br />

lernen Sie an konkreten Anwendungsbeispielen<br />

zur Digitalen Medizin, Smart Hospital und<br />

Healing Architecture, wie Sie die Entwicklungen<br />

und Trends auf Ihr Arbeitsumfeld anwenden. Sie<br />

können den Online-Kurs jederzeit beginnen: Die<br />

Lern inhalte werden in Textform, als Audioformate<br />

und in tutorieller Betreuung vermittelt und<br />

durch Quizaufgaben vertieft. Nach Abschluss<br />

der Weiterbildung mit erfolgreicher Bearbeitung<br />

einer Fallaufgabe erhalten Sie ein Hochschulzertifikat.<br />

Der Kurs kann als reiner Online-Kurs mit<br />

digitalen Kursbüchern und Lernmaterialien (Kosten<br />

5<strong>01</strong> Euro) oder mit gedruckten Studienheften<br />

(540 Euro) abgeschlossen werden.<br />

Infos unter: apollon-hochschule.de/weiterbildung/digital-health<br />

FOTOS: UNIVERSITÄTSSPITAL ZÜRICH, UMIT TIROL(2)<br />

Studium<br />

Medizinische Informatik (M.Sc.)<br />

Die Privatuniversität UMIT Tirol, die in Hall nahe<br />

Innsbruck liegt, hat sich auf die neuen Berufsund<br />

Forschungsfelder im Gesundheitswesen<br />

und in der Technik spezialisiert. Nach dem Motto<br />

„Informatik für Menschen – Informatik mit Menschen“<br />

bildet sie Interessenten u. a. im Masterstudium<br />

„Medizinische Informatik“ zu interdisziplinären<br />

IT-Experten aus, und zwar online. In<br />

den ersten beiden Semestern des zweijährigen<br />

Studiengangs lernen Sie die fachlichen Grundlagen<br />

zu klinischen Informationssystemen,<br />

Health Data & Decision Science, TeleHealth und<br />

Biomedizinischer Technik. Ab dem dritten Semester<br />

vertiefen Sie Ihr Wissen nach individuellem<br />

Interesse. In Kooperation mit internationalen<br />

Partneruniversitäten, in Mitarbeit am Institut für<br />

Medizinische Informatik etc. können Sie dieses<br />

Wissen darüber hinaus vertiefen. Das Studium<br />

ist so gestaltet, dass es mit Engagement neben<br />

einer Teilzeit-Berufstätigkeit umsetzbar ist. Die<br />

Kosten liegen bei 490 Euro pro Semester. Schon<br />

jetzt kann man sich für den nächsten Start im<br />

Oktober <strong>2023</strong> anmelden.<br />

Infos unter: umit-tirol.at<br />

AIQNET: Gewinn für Patienten, Kliniken und<br />

Medtech-Unternehmen<br />

Das Gesundheitswesen steckt voller ungenutzter Informationen,<br />

die enormes Potenzial bergen. AIQNET ist ein digitales<br />

Ökosystem, das medizinische Daten mit Hilfe von KI<br />

strukturiert, um sie für Forschung, Diagnose und Behandlung<br />

nutzbar zu machen. Durch die Schaffung von Interoperabilität und unter Gewährleistung aller relevanten rechtlichen<br />

und ethischen Rahmenbedingungen bietet AIQNET Antworten auf viele drängende Fragen der Gesundheitsversorgung.<br />

Die Konsortialpartner des vom BMWK geförderten Projektes aus Kliniken, Softwareentwicklung und<br />

Medizintechnik heben gemeinsam die Potenziale von Gesundheitsdaten zum Vorteil aller: Krankenhäuser können<br />

die Daten für Forschung, Diagnose und Therapie nutzen. Ärztinnen und Ärzte erhalten Informationen für optimale<br />

Behandlungsentscheidungen und werden von Routineaufgaben in der Datenerfassung entlastet. Medizintechnikunterneh-men<br />

gewinnen die Möglichkeit, medizinische Daten im Rahmen von klinischen Studien zu verwenden,<br />

um den gesetzlichen Pflichten zur Qualitäts- und Leistungsbewertung ihrer Produkte gerecht zu werden. All dies<br />

kommt einer besseren Patientenversorgung zugute – die Patienten werden dank der richtigen Therapie oder dem<br />

passenden Medizintechnikprodukt schneller geheilt entlassen.<br />

AIQNET treibt dafür die Kollaborationen zwischen Herstellern, IT-Spezialisten und Kliniken intensiv voran und bietet<br />

allen Stakeholdern entlang der Wertschöpfungsketten von Medizinprodukten die Möglichkeit, sich zu vernetzen und<br />

neue Kooperationsmöglichkeiten auszuloten. Denn die Etablierung des AIQNET-Ökosystems als übergreifende, breit<br />

akzeptierte Lösung für Datenextraktion, intelligente Daten-Analyse und Datenaustausch für Kliniken und Hersteller<br />

wird desto aussichtsreicher, je intensiver die Zusammenarbeit aller Beteiligten ist.<br />

AIQNET wird auf der DMEA, Europas Leitmesse zur Digitalisierung im Gesundheitswesen, vom 25. bis 27. April<br />

<strong>2023</strong> vertreten sein und ein kostenloses Matchmaking-Event anbieten.<br />

Weitere Infos: https://aiqnet.eu/<br />

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newhealth.guide #1<br />

Elke Zens (CEO der ilvi GmbH) im Interview:<br />

Prozesssicherheit und Kosteneffizienz<br />

durch Digitalisierung<br />

Im Interview mit dem New Health Guide erklärt Elke Zens, CEO der ilvi GmbH, wie das steirische Unternehmen<br />

durch innovative Softwarelösungen die Gesundheitsversorgung der Zukunft sicherstellt.<br />

Termine <strong>2023</strong><br />

Die jüngsten Entwicklungen im Digital-Health-Bereich aus erster Hand<br />

erfahren, Denkanstöße bekommen und Ideen austauschen: Hier ist ein<br />

Überblick über wichtige Kongresse, Tagungen und Konferenzen<br />

New Health Guide: Herzlich willkommen, Frau Zens.<br />

Wir freuen uns sehr, Sie als CEO der ilvi GmbH für ein Interview<br />

im New Health Guide zu begrüßen. Könnten Sie<br />

kurz beschreiben, was Ihr Unternehmen, die ilvi GmbH,<br />

macht und was Ihre Mission ist?<br />

Elke Zens: Wir sind ein steirisches Unternehmen und<br />

entwickeln innovative Softwarelösungen für das Ge-<br />

sundheitswesen, welche die Dokumentations- und<br />

Arbeitsprozesse in Krankenhäusern, Pflegeheimen bis<br />

hin zum Home-Care-Bereich digitalisieren und dadurch<br />

das medizinische Personal entlasten. Mit der daraus<br />

entstehenden Steigerung der Dokumentationsqualität,<br />

Prozesssicherheit und Kosteneffizienz tragen wir dazu<br />

bei, die Gesundheitsversorgung unserer Zukunft sicher-<br />

zustellen.<br />

New Health Guide: Was macht Ihre Lösung innovativ<br />

und können Sie sie uns näher beschreiben?<br />

Elke Zens: Unsere ilviCLINIC Lösung ist eine mobile<br />

Anwendung zur sicheren Datenerfassung am Point of<br />

Care. Patient:innen können eindeutig identifiziert und<br />

zugehörige Daten (z.B.: Vitalwerte, Biometrie, Ernährungsprotokoll,<br />

etc.) einfach erfasst und sofort ans gewünschte<br />

Zielsystem (z.B.: Krankenhausinformations-<br />

system, Pflegedokumentationssystem) übermittelt<br />

werden. Darüber hinaus können verschiedenste An-<br />

wendungen wie Kommunikation, Ticketsysteme oder<br />

Reinigungsmanagement sicher über ilviCLINIC durch<br />

das medizinische Personal bedient werden. Die handschriftliche<br />

Dokumentation entfällt und daraus entstehende<br />

Fehlerquellen sowie unnötige Wege des Pflege-<br />

personals werden vermieden.<br />

New Health Guide: Was unterscheidet Ihre Lösung von<br />

der Konkurrenz?<br />

Elke Zens: ilviCLINIC ist individuell konfigurierbar, an<br />

die Bedürfnisse des jeweiligen Einsatzortes flexibel anpassbar<br />

und erlaubt aufgrund des offenen Plattform-<br />

konzepts die Integration von Drittanwendungen und<br />

medizinsicher Geräte. So können bereits vorhandene<br />

Applikationen wie beispielsweise Anwendungen zur<br />

Erfassung von Wundbildern in ilviCLINIC integriert<br />

und ein entsprechender Datenaustausch mit dem gewünschten<br />

Zielsystem ermöglicht werden. Durch die-<br />

sen Ansatz ist ilviCLINIC eine zukunftssichere Lösung<br />

und an die sich ständig verändernden Gegebenheiten<br />

in der klinischen Umgebung adaptierbar. Darüber hinaus<br />

sind ilvi-Lösungen mit der bestehenden IT-Infra-<br />

struktur und in sich selbst interoperabel und tragen zur<br />

Komplexitätsreduktion der IT-Landschaft bei.<br />

New Health Guide: Gibt es weitere Pläne für die Zukunft<br />

von ilviCLINIC?<br />

Elke Zens: Ja, wir arbeiten stets daran neue Use Cases<br />

unserer Kund:innen umzusetzen. So bieten wir seit kur-<br />

zem auch Self-Service Lösungen für Patient:innen und<br />

Bewohner:innen an, um beispielsweise eigenständig<br />

Speisen zu bestellen, Vitalwerte zu erfassen oder auch<br />

Anwesenheiten zu dokumentieren. Ebenso haben wir<br />

Lösungen für den Home Care Bereich sowie weitere innerklinische<br />

und ambulante Anwendungen, die das Leben<br />

des medizinischen Personals erleichtern und Kos-<br />

ten einsparen.<br />

Gerne bieten wir kostenlose Informationsgespräche an,<br />

um tiefere Einblicke in unsere Produkte zu gewähren<br />

und die individuellen Bedürfnisse unserer Kund:innen<br />

zu besprechen.<br />

New Health Guide: Vielen Dank für Ihre Zeit, Frau Zens.<br />

Wir sind schon gespannt, was Sie uns beim nächsten<br />

Mal über ilvi berichten können.<br />

<br />

*<br />

+43 (0) 5 0747 300<br />

office@ilvi.io<br />

15.<br />

Juni<br />

10. Medtech <strong>2023</strong> Mainz<br />

Bereits zum 10. Mal findet die<br />

Branchentagung der Medizintechnik<br />

in Rheinland-Pfalz statt.<br />

Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht,<br />

die Zusammenarbeit<br />

zwischen Medizintechnikunternehmen,<br />

IT-Unternehmen,<br />

Dienstleistern, Instituten und<br />

Krankenkassen zu stärken. On<br />

top nehmen an der Ausstellung<br />

„Medizin – Technik und<br />

Forschung“ jährlich ca. 25 bis<br />

30 Aussteller teil.<br />

www.standortgesundheitswirtschaft.rlp.de/<br />

22.–24.<br />

Juni<br />

Healthcare Hackathon<br />

Mainz<br />

Interdisziplinäre Teams aus<br />

Behandelnden und Patienten<br />

arbeiten gemeinsam an<br />

kreativen Lösungen für die<br />

Gesundheitsversorgung der<br />

Zukunft. Dabei stehen das<br />

Krankenhauszukunftsgesetz,<br />

Nachhaltigkeit in Kliniken und<br />

die Entwicklung des Arbeitsplatzes<br />

im Fokus.<br />

www.healthcarehackathon.info<br />

Impressum<br />

#1 / <strong>2023</strong><br />

28.<br />

Juni<br />

TREFFpunkt Gesundheitsindustrie<br />

Stuttgart<br />

Das Networking-Event hat<br />

sich den Hashtag #Zeitenwende<br />

auf die Fahnen geschrieben:<br />

Akteure aus Wirtschaft<br />

und Wissenschaft tauschen<br />

ihre Erfahrungen und Ideen<br />

für die Gesundheitsbranche<br />

aus. Auf dem Programm:<br />

Trends, aktuelle Entwicklungen<br />

sowie regulatorische<br />

Herausforderungen.<br />

www.treffpunktgesundheitsindustrie.de<br />

1.–2.<br />

Juli<br />

ICIMTH Athen, Griechenland<br />

Die International Conference<br />

on Informatics, Management<br />

and Technology in<br />

Health care findet dieses Jahr<br />

zum 21. Mal statt, vor allem<br />

biomedi zinische und klinische<br />

Informatik spielen eine Rolle.<br />

www.icimth.com<br />

Herausgeber: DHD Digital Health Development AG, Stolkgasse 25–45,<br />

D-50667 Köln, mail@dhd.ag, Tel. +49 0221 466 884-0<br />

Vorstand: Detlef Koenig, detlef.koenig@dhd.ag<br />

Chefredakteurin: Dr. Gudrun Westermann,<br />

gudrun.westermann@newhealth.guide<br />

Redaktion und Gestaltung: Storyboard GmbH, Wiltrudenstraße 5,<br />

D-80805 München<br />

Anzeigen: Thomas Müller, thomas.mueller@newhealth.guide<br />

Druck: Druckerei Laub GmbH & Co KG, Brühlweg 28, D-74834 Elztal-Dallau<br />

Copyright: © DHD Digital Health Development AG <strong>2023</strong>; alle Rechte<br />

vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher<br />

Genehmigung des Herausgebers.<br />

DMEA–Tipps<br />

25.04.–27.04.<strong>2023</strong><br />

Interoperabilität<br />

Kongress: Neue Perspektiven der<br />

Gesundheitsdatennutzung und -auswertung<br />

Dienstag, 25. April <strong>2023</strong> // 11:15–12:45 Uhr // Stage A, Halle 5.2<br />

DMEA Seminar: Interoperabilität gestalten und umsetzen<br />

Mittwoch, 26. April <strong>2023</strong> // 14:30–17:30 Uhr //<br />

Seminar Room, Halle 6.3<br />

bvitg Debattierclub: Ermöglicher oder Verhinderer?<br />

Wie Datenschutz die Digitalisierung des Gesundheitswesens<br />

beeinflusst<br />

Dienstag, 25. April <strong>2023</strong> // 14:25–15:10 Uhr // Box 1, Halle 4.2<br />

Telemedizin<br />

Kongress: Telemedizinische Dienste in Routineanwendung<br />

Dienstag, 25. April <strong>2023</strong> // 11:15–12:45 Uhr // Stage B, Halle 6.2<br />

Der TI-Messenger als Gamechanger: Worin liegt<br />

der Nutzen?<br />

Mittwoch, 26. April <strong>2023</strong> // 12:10–12:55 Uhr // Hub 1, Halle 1.2<br />

Best Practice: Implementierung<br />

DMEA sparks: Erfolgreiche Implementierung von<br />

innovativen Digital Health Lösungen in der (Uni-)Klinik<br />

Donnerstag, 27. April <strong>2023</strong> // 10:15–11:00 Uhr // Box 2, Halle 6.2<br />

Kongress: Umsetzung des Krankenhauszukunftsgesetzes<br />

Donnerstag, 27. April <strong>2023</strong> // 11:15–12:45 Uhr // Stage A, Halle 5.2<br />

Specials:<br />

Women in Digital Health<br />

Donnerstag, 27. April <strong>2023</strong> // 13:10–14:40 Uhr // Box 2, Halle 6.2 //<br />

unter anderem mit Prof. Dr. Sylvia Thun<br />

Was bleibt, was kommt?<br />

Dienstag, 25. April <strong>2023</strong> // 16:20–17:05 Uhr // Stage B, Halle 6.2 //<br />

unter anderem mit Dr. Anke Diehl<br />

www.dmea.de<br />

Handelsnamen: Die Wiedergabe von Handelsnamen, Warenbezeichnungen<br />

usw. auch ohne besondere Kennzeichnung berechtigt nicht zu der Annahme,<br />

dass solche Namen frei und von jedermann benutzt werden dürften. Für den<br />

Inhalt außerhalb des redaktionellen Teils (insbes. Anzeigen, Industrieinformationen<br />

usw.) übernehmen Redaktion und Herausgeber keine Gewähr.<br />

Autoren, die mit vollem Namen genannt werden und nicht Mitglied der<br />

Redaktion sind, veröffentlichen ihren Beitrag in alleiniger Verantwortung.<br />

Datenschutzinformation: Verantwortliche Stelle im Sinne des Datenschutzrechts<br />

ist Acxiom Deutschland GmbH, Speicherstraße 57–59, 60327 Frankfurt<br />

am Main. Nähere Informationen auch zu unserer Datenschutzbeauftragten<br />

erhalten Sie unter: www.acxiom.de/datenschutz. Die Verarbeitung Ihrer<br />

Daten erfolgt auf Grundlage von Artikel 6 I 1 f) DSGVO, damit wir Ihnen<br />

interessengerechte Informationen und Angebote zukommen lassen<br />

können. Wenn Sie künftig keine Informationen des werbenden Unternehmens<br />

erhalten möchten, wenden Sie sich bitte direkt an dieses Unternehmen.<br />

Einen generellen Widerspruch zur Verarbeitung Ihrer Daten für<br />

Werbezwecke können Sie an die Acxiom Deutschland GmbH richten.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.newhealth.guide<br />

S<br />

Businesspark 6 | A-8200 Gleisdorf<br />

29


newhealth.guide #1<br />

Schon gehört,<br />

gelesen, gewusst?<br />

Ob Sie für den Weg zur Arbeit einen Podcast brauchen oder sich<br />

intensiver in aktuelle Themen einarbeiten möchten: Hier ist<br />

eine Auswahl an spannenden Formaten und neuer Fachliteratur<br />

JETZT<br />

www.newhealth.guide<br />

ENTDECKEN<br />

DIE NEUE<br />

MEDIENMARKE<br />

Für das<br />

Krankenhaus<br />

der Zukunft<br />

PODCASTS BÜCHER<br />

health terminal<br />

Hier dreht sich alles<br />

um die Digitalisierung<br />

des Schweizer<br />

Gesundheitswesens.<br />

Wie bringt man mit<br />

digitalen Tools Mehrwert<br />

ins System? Wie<br />

lassen sich Bilddaten sinnvoll archivieren?<br />

Best Cases, Unternehmensporträts sowie<br />

Experteninterviews liefern Impulse, die<br />

auch für Deutschland relevant sind.<br />

mal<br />

angenommen<br />

Im Zukunfts-<br />

Podcast der<br />

„tagesschau“,<br />

„mal angenommen“,<br />

lassen sich die<br />

Moderatoren in der Folge „KI in<br />

der Medizin? Was dann?“ (vom 15.<br />

Dezember 2022) auf das Gedankenexperiment<br />

ein: Leben wir<br />

länger, wenn Ärzte und Ärztinnen<br />

durch Computer ersetzt werden?<br />

Inga Bergen (Hrsg.):<br />

Visionäre der Gesundheit<br />

Wer sind die Menschen, die<br />

mit ihren Ideen Innovationen<br />

in der Gesundheitsbranche<br />

anstoßen? Was treibt<br />

sie an und wo sehen sie Ausbaupotenzial?<br />

Im Buch zum<br />

gleichnamigen Podcast<br />

„Visionäre der Gesundheit“<br />

berichten Experten von<br />

spannenden Technologien.<br />

Medizinisch Wissenschaftliche<br />

Verlagsgesellschaft<br />

ÄrzteTag<br />

Einige Folgen<br />

des Podcasts<br />

der „Ärzte<br />

Zeitung“ haben<br />

auch die<br />

Digitalisie rung<br />

zum Thema,<br />

wie die vom 29. November 2022.<br />

Hier nimmt bvitg-Chef Gerrit Schick<br />

Stellung zur Frage „TI-Pauschale<br />

statt Kostenerstattung – eine gute<br />

Lösung?“ und spricht über Entwicklungen<br />

in der Gesundheits-IT.<br />

Marktplatz<br />

Gesundheitswesen<br />

Mobile Assistenzroboter,<br />

Internet der<br />

Dinge im Gesundheitswesen<br />

oder gelebte<br />

Innovationskultur: Die<br />

Macher des – ebenfalls<br />

Schweizer – Podcasts haben mit ihren<br />

Themen „Management & Führung im<br />

Gesundheitswesen“ im Blick und diskutieren<br />

mit Experten wichtige Trends.<br />

Die nächste Ausgabe des NewHealth.Guide erscheint am 19. Juni <strong>2023</strong>.<br />

Peter Gocke (Hrsg.):<br />

Das digitale Krankenhaus<br />

Die Gesundheitsbranche<br />

muss digitaler werden –<br />

und das möglichst schnell.<br />

Doch wie gelingt ein<br />

reibungsloser Wandel?<br />

„Das digitale Krankenhaus“<br />

stellt hierfür Werkzeuge zur<br />

Ve rfügung: vom technologischen<br />

Basiswissen bis hin<br />

zu ethischen Aspekten.<br />

Medizinisch Wissenschaftliche<br />

Verlagsgesellschaft<br />

E-Paper<br />

Wer unser Magazin<br />

weiterempfehlen<br />

oder einen Beitrag teilen<br />

möchte: Das<br />

E-Paper finden Sie auf<br />

www.newhealth.guide<br />

eHealth-<br />

Podcast<br />

Zur Zielgruppe<br />

des „eHealth-<br />

Podcasts“<br />

zählen vor<br />

allem IT-Mitarbeitende<br />

von<br />

Kliniken, technikaffine Ärzte und<br />

Medizinstudierende. Die Bandbreite<br />

reicht von „Akzeptanz von<br />

DiGA“ über „Qualitätssicherung<br />

in der Strahlentherapie“ bis zu<br />

„Update zur Telematikstruktur“.<br />

FOTOS: MWV MEDIZINISCH WISSENSCHAFTLICHE VERLAGS­<br />

GESELLSCHAFT, HEALTHINAL GMBH, ARD-HAUPTSTADTSTUDIO/<br />

THOMAS KIEROK, ALFRED ANGERER, SPRINGER MEDIZIN<br />

VERLAG GMBH/ÄRZTE ZEITUNG/BVITG, EHEALTH-PODCAST<br />

UNSER HERZ<br />

SCHLÄGT<br />

FÜR DIGITALE<br />

MEDIZIN<br />

magazin podcast website<br />

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www.newhealth.guide<br />

30<br />

IHR WEG IN DAS DIGITALE GESUNDHEITSSYSTEM


eHealth<br />

Terminal ST-1506<br />

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BEI EINEM ERFRI-<br />

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Besuchen Sie uns<br />

auf der DMEA<br />

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