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NewHealthGuide 01/2023

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Ausgabe 01/2023

Ihr Weg in das digitale Gesundheitssystem

„Innovation ist ein

Teamsport“

Dr. med. Anke Diehl, CTO

der Universitätsmedizin Essen,

im Gespräch

Apps auf Rezept

Wie akzeptiert sind digitale

Gesundheitsanwendungen?

Ein Überblick

Der Medikamentenroboter

Warum es sich lohnt, in

eine voll automatisierte

Klinikapotheke zu investieren

Rettung aus der Ferne

Der Telenotarzt leistet auf

dem Land und in der Stadt

gute Dienste

Fühlen Sie sich digital fit?

Fortbildungen und Online-

Seminare für Klinikpersonal

BEST OF DIGITAL HEALTH +++ BEST OF DIGITAL HEALTH +++

Jetzt auf der

DMEA 2023 vom

25.–27. April

in Berlin!

PREIS: 8,50 EUR


newhealth.guide #1

newhealth.guide #1

B

ei allen neuen Dingen gibt

es Menschen und Institutionen,

die vorangehen. Den

Nachbarn, der schon vor

vielen Jahren eine Photovoltaikanlage

auf sein Dach

montieren ließ, noch bevor

die breite Öffentlichkeit von

der Notwendigkeit überzeugt

war. Die Bekannte, die

als Erste auch weite Strecken

mit dem E-Auto gefahren ist,

noch bevor die Wallbox in

den meisten neu gebauten

Eigenheimen zur Standardausstattung

gehörte.

Und auch im Gesundheitswesen

brauchen wir Einrichtungen und

Menschen, die für diese Einrichtungen

Verantwortung tragen und

bereit sind voranzugehen. Die sich

früher als andere mit dem Thema

Digitalisierung auseinandersetzen

und dieses aktiv und von der Leitungsebene

her vorantreiben.

Liebe Leserinnen,

liebe Leser

Vor Kurzem hatte ich das Vergnügen,

mit einer Expertin zu sprechen,

die in und mit ihrer Institution

ebenfalls vorangeht. Dr. Anke

Diehl, Chief Transformation Officer

der Universitätsmedizin Essen, erklärt

im großen Interview in dieser

Ausgabe, wie man Mitarbeitende

auf dem Weg in die Zukunft mitnehmen

kann, wie Patientinnen

und Patienten ihre Berührungsängste

mit dem Neuen überwinden

und wie Digitalisierung zu

einer empathischen Präzisionsmedizin

führen kann.

Eines der großen Ziele der Digitalisierung

ist es ja eben nicht,

die genuinen ärztlichen und

pfle gerischen Tätigkeiten, insbesondere

die Patientenkontakte,

durch KI oder Roboter zu ersetzen,

sondern durch technische Lösungen

beispielsweise die Pflegekräfte

so zu entlasten, dass sie mehr

Zeit für die Tätigkeiten haben,

derentwegen sie den Pflegeberuf

wahrscheinlich ursprünglich ergriffen

haben. Eine solche Lösung

Dr. med. Gudrun Westermann

Chefredakteurin

stellen wir Ihnen heute vor:

einen Medikamentenroboter.

Durch dessen Einsatz

kommt die Standardmedikation

aus der Klinikapotheke

bereits fertig dosiert,

individuell verpackt und

etikettiert auf der Station

an. So werden die Pflegekräfte

entlastet und haben

mehr Zeit für die Pflege.

Außerdem wenden wir uns

in dieser Ausgabe dem Thema

„Digitale Gesundheitsanwendungen“

zu. DiGA

versprechen einiges: Sie

erzielen bessere Therapieerfolge,

ermöglichen eine

höhere Lebensqualität für

Patienten und Entlastung

fürs Gesundheitssystem –

sind diese Versprechen

auch zu halten? Und wie

ist der Weg einer DiGA von

der Entwicklung bis zur Marktreife?

Alles dazu finden Sie in dieser

Ausgabe im Schwerpunktthema

„DiGA im Aufwind?“ und in unserer

Infografik.

Zu guter Letzt: Große Ereignisse werfen

ihre Schatten voraus. Jetzt im

April ist das die DMEA, bei der das

NewHealth.Guide-Team natürlich

auch präsent sein wird. Zur Vorbereitung

auf die Messe finden Sie in

dieser Ausgabe an vielen Stellen

Hinweise auf besonders interessante

Events. Zum Beispiel spricht Prof.

Sylvia Thun über „Women in Digital

Health“ – eines ihrer Herzensthemen,

wie wir aus dem großen Interview

mit ihr im NewHealth.Guide

2/2022 wissen. Wir sehen uns dort!

COVERFOTO: SEBASTIAN WOLF, FOTOS DIESE SEITE: EVELYN DRAGAN, GETTY IMAGES/STEVICA MRDJA/EYEEM, UMLAUT TELEHEALTHCARE GMBH - PART OF ACCENTURE

Inhalt

04

Aktuelles aus der Gesundheitsbranche:

z. B. KI bei der Koloskopie und AR-Brillen,

die helfen können, Stürze zu vermeiden

08

„Bei jedem Change-Prozess ist der Vorstand

entscheidend“: Dr. med. Anke Diehl, Chief Transformation

Officer der Universitätsmedizin Essen, über

Innovationen und neue Standards in Kliniken

14

Von der Idee bis zum Patienten: der Weg einer

digitalen Gesundheitsanwendung (DiGA)

16

Apps auf Rezept: Deutschland nimmt bei DiGA eine

Vorreiterrolle in Europa ein. Aber sind sie auch wirklich

in der Versorgung angekommen?

Newsletter

Ab jetzt das monatliche

Update zu allen

Fragen der Digitalisierung im

Gesundheitswesen

Podcast

Experten und Vorreiter im Interview.

Jeden Monat ein spannendes

Hintergrundgespräch zum Thema

New Health

20

15.000 Einzeldosen pro Tag:

über die Vorteile eines Medikamentenroboters

am Beispiel des UKE in Hamburg

22

Rettung am Schirm: wie Telenotärzte aus der Ferne

agieren und Notfallsanitäter unterstützen können

26

Digital fit genug? Fortbildungen für Klinikpersonal

29

Wichtige Konferenzen und Tagungen im Überblick

30

Spannende Podcasts und neue Fachbücher

Website

Die Plattform für alle Inhalte des

NewHealth.Guide: schnell Wissen

finden und abrufen, Podcasts

laden oder Newsletter bestellen!

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newhealth.guide #1

newhealth.guide #1

News + Trends + Future

Bei aller Erleichterung, die digitale Technologien

mit sich bringen: Sie müssen nachhaltiger

werden! Denn der Energieverbrauch von

Rechenzentren und der Kommunikationsinfrastruktur

ist zu hoch und eine enorme Belastung

für die Umwelt. Auch digitale Endgeräte müssen

deutlich ressourcenschonender werden.

Zu diesem Schluss kommt eine repräsentative

Umfrage des Marktforschungsspezialisten

Umfrage

TÜV mahnt ab

Ipsos: Im Auftrag des TÜV-Verbands befragte

Ipsos 504 Unternehmen ab 25 Mitarbeitenden.

78 Prozent sehen einen dringenden Bedarf, klimafreundlicher

zu agieren. Der TÜV-Verband

fordert deshalb strengere Kriterien für die

Produktentwicklung von Endgeräten sowie für

die Standortwahl von Rechenzentren.

www.tuev-verband.de/pressemitteilungen/

die-digitalisierung-muss-nachhaltiger-werden

FOTOS: DEEPOL BY PLAINPICTURE, WILFRIED GERHARZ

Cyberangriffe

IT-Sicherheit

in Kliniken

Das Gesundheitswesen in

Deutschland hat zunehmend mit

Cyberbedrohungen zu kämpfen.

Im Rahmen des Forschungsprojekts

„MedMax“ an der FH Münster

untersuchen Wissenschaftler

– u. a. unter der Leitung von

Professor Dr. Sebastian Schinzel –

nun, wie sie Hackerangriffe auf

Krankenhäuser detektieren

können. Sie warnen vor großen

Sicherheitslücken im Medizinsektor,

etwa vor mangelnder

Ende-zu-Ende-Verschlüsselung

bei sensiblen Daten, und empfehlen

mit Nachdruck Cybersicherheitstrainings

für alle im

Gesundheitswesen Tätigen.

www.fh-muenster.de/gud/medmax.php

Entlassmanagement

Neue Zusammenarbeit

Die Telekom-Tochter

T-Systems integriert die Entlassmanagement-Plattform

Recare in ihr Krankenhausinformationssystem

(KIS)

iMedOne. So soll die Interoperabilität

im Gesundheitswesen

gefördert und der

Übergang von Patienten

vom Krankenhaus in eine

Reha verbessert werden.

www.recaresolutions.com/recare-one/

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newhealth.guide #1

newhealth.guide #1

News + Trends + Future

Digitale Pathologie

Tempo bei

der Diagnostik

Mit dem neuen Slide Scanner

„Ventana DP 600“ will das

Unternehmen Roche eine

schnellere Diagnostik in der

digitalen Pathologie ermöglichen:

u. a. durch eine höhere

Bildqualität bei der Digitalisierung

und Speicherung von

gefärbten Gewebeproben.

Insgesamt entstehe ein flexiblerer

Workflow (auch beim

Austausch mit Kollegen), außerdem

werde die Kapazität

gesteigert. Der Scanner hat

eine Kapazität von bis zu 240

Objektträgern und kann für

eine Vielzahl von Anwendungen

eingesetzt werden.

www.roche.de

Augmented Reality

AR-Brille verhindert Stürze

Roche zeigt

das neue

digitale Portfolio

auf der

DMEA 2023

Forschende der Universität Konstanz

entwickeln derzeit den Prototyp

einer AR-Brille, die das Gleichgewicht

verbessern und das Sturzrisiko

von älteren Menschen verringern

soll. Optische Anhaltspunkte aus

geometrischen Formen und unterschiedliche

Tiefeninformationen

werden in der Brille eingeblendet

und helfen bei der visuellen Orientierung.

Das Technologie­ Lizenz-

Büro unterstützt die Universität bei

der Patentierung und Vermarktung.

www.tlb.de

Robotik

8,5 Milliarden US-Dollar

wurden im Jahr 2022 auf dem globalen Markt

für chirurgische Roboter schätzungsweise eingenommen.

Zu diesem Schluss kommt ein im Januar

2023 veröffentlichter Market Research Report von

Markets and Markets. Laut ihrer Prognose handelt

es sich hierbei um einen Aufwärtstrend: 2027 sollen

bereits 18,4 Milliarden US-Dollar erreicht werden.

Die chirurgischen Roboter bieten eine größere

Geschicklichkeit als die menschliche Hand. Dies

ist nur ein Vorteil, der dazu beiträgt, dass der

Chirurgieroboter-Markt stetig wächst. Auch der

technologische Fortschritt sowie die steigende

Nachfrage nach besseren und schnelleren Gesundheitsdienstleistungen

sind hierfür verantwortlich.

www.marketsandmarkets.com/Market-Reports/

surgical-robots-market-256618532.html

FOTOS: UNIVERSITÄT KONSTANZ, STOCKS/VICTOR TORRES, SCIENCE PHOTO LIBRARY/ZEPHYR, LAND NRW/RALPH SONDERMANN

Telekonsile

Wissen klug teilen

Telekonsile bewähren sich als Format, wenn

sich Ärztinnen und Ärzte unterschiedlicher

Kliniken via Video zeitnah über Erkrankte austauschen

möchten. Sie tragen dazu bei, den

Behandlungsstandard und die Effizienz zu verbessern.

Das hat die Studie „Expertise in die

Fläche bringen: Analyse der Covid-19-Telekonsile

und szenariobasierte Handlungsempfehlungen“

ergeben, bei der Wissenschaftler des

Lehrstuhls BWL in Zusammenarbeit mit Intensivmedizinern

der Universitätskliniken Aachen

und Münster die Nutzung von Telekonsilen bei

der Patientenversorgung untersucht haben.

https://tinyurl.com/fernuni-hagen

Künstliche Intelligenz

Darmkrebsvorsorge

Trotz regelmäßiger Darmspiegelungen

ist das Risiko, an Dickdarmkrebs

zu erkranken, bei Patientinnen und

Patienten mit Lynch-Syndrom erhöht.

Das Nationale Zentrum für

erbliche Krebs erkrankungen (NZET)

an der Universität Bonn hat nun herausgefunden,

wie die Effektivität einer

Koloskopie bei diesen Patienten

mithilfe von KI verbessert werden

kann. Die computergestützte Detektion

(CADe) trägt dazu bei, die

Adenom-Detektionsrate (ADR) zu

erhöhen. Die Ergebnisse zeigten,

dass bei KI-gestützten Darmspiegelungen

36 % der Adenome entdeckt

wurden, verglichen mit 26,1 % bei

Standarduntersuchungen. Insbesondere

flache Adenome wurden signifikant

besser erkannt.

www.ukbnewsroom.de

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newhealth.guide #1

newhealth.guide #1

„Innovation

ist ein

Teamsport“

Wie kann man ein Krankenhaus in die Zukunft führen? Welche Strukturen

müssen etabliert werden? Und wie bezieht man Patienten in die Change-

Prozesse ein? Ein Gespräch mit Dr. med. Anke Diehl: Sie ist CTO der

Universitätsmedizin Essen und leitet die Stabsstelle Digitale Transformation

Text

Fotos

Gudrun Westermann

Sebastian Wolf

Dr. med. Anke Diehl

Die Humanmedizinerin ist Chief

Transformation Officer (CTO)

und Leiterin der Stabsstelle

Digitale Transformation an der

Universitätsmedizin Essen

Frau Dr. Diehl, Sie haben in Ihrer

Rolle als Chief Transformation Officer

mit sehr vielen Ebenen und

Bereichen der Universitätsmedizin

Essen zu tun. Können Sie uns

einen Einblick geben, mit welchen

drei, vier Themen Sie sich

vergangene Woche besonders

beschäftigt haben?

In der letzten Woche habe ich mich

mit der Erstellung unseres Patientenportals

beschäftigt. Wir wollen Patientinnen

und Patienten einbinden in

die digitale Medizin, weil sie dadurch

einen ganz anderen Stellenwert bekommen

und sich auch mit uns ganz

anders in Verbindung setzen können.

Dann beschäftigen mich Projekte

der künstlichen Intelligenz,

zum Beispiel unser Förderprojekt

SmartHospital.NRW, unterstützt vom

Wirtschaftsministerium des Landes

Nordrhein-Westfalen. Da entwickeln

wir Prototypen der künstlichen

Intelligenz, aber auch – ganz

wichtig für uns – Transformation-

Change-Modelle, mit denen wir

vor allem kleinere Kliniken darin unterstützen

wollen, die digitale Transformation

und die Einbettung von

KI voranzutreiben.

Ganz wichtig ist auch die Öffentlichkeitsarbeit.

Und ich bin viel unterwegs,

beispielsweise mit dem

Interop Council, aber auch mit der

nationalen Digitalstrategie des Gesundheitsministeriums.

Das sind viele, ganz unterschiedliche

Projekte. Ist eine solche

Woche ungewöhnlich? Anders

gefragt: Wie sieht Ihr Alltag aus?

Einen normalen Alltag gibt es eigentlich

nicht. Es geht ja um Innovation.

Und Innovation ist immer ein

Teamsport. Digitalisierung bindet

wirklich alle Professionen ein. Man

muss die Kompetenzen und das

Domänenwissen von ITlern, von

der Medizintechnik, von der Pflege

einbeziehen und auf Augenhöhe

arbeiten. Sich wirklich als Team

zusammensetzen, diskutieren, die

Möglichkeiten ausloten und dann

innovative Dinge ausprobieren und

erforschen: sei es in der digitalen

Medizin, der Telemedizin oder bei

KI-Anwendungen.

Was sehen Sie als die großen

Säulen, die am Anfang der Digitalisierung

einer Klinik stehen?

Sie haben kleinere Krankenhäuser

erwähnt, die Sie unterstützen

wollen. Wo fängt man da an?

Und warum ist die Rolle eines

Chief Transformation Officer dabei

so wichtig?

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newhealth.guide #1

Mitsprache

Ob Patientenportal oder

KI-Diagnose: An der UME

wurde eigens ein Beirat

für Digitalisierung etabliert,

der bei neuen Projekten

Anwenderfeedback gibt

Zuerst muss man eine Statusanalyse

machen, um die technische Infrastruktur

einer Klinik zu überprüfen.

Wir haben dafür einen KI-Readiness-Check

entwickelt, der verschiedene

Bereiche, also die Technik

als solche, die Datenstruktur,

aber auch den ganzen Komplex

Datenschutz und Datensicherheit

abfragt. Außerdem muss die Zuständigkeit

definiert werden, zum

Beispiel einer Stabsstelle Digitale

Transformation – sonst wird es nicht

funktionieren. Nach dieser Analyse

kann man sich verschiedener Tools

bedienen oder Empfehlungen einholen,

um zu entscheiden, wie man

weiter vorgeht.

Bei jedem Change-Prozess ist der

Vorstand entscheidend – und das

ist auch der Grund, warum das an

der Universitätsmedizin Essen so

gut funktioniert hat, denn der Vorstandsvorsitzende

hat den Weg

zum Smart Hospital direkt angestoßen.

Prinzipiell muss der Vorstand

komplett dahinterstehen, muss das

wollen und fördern. Dann kann

man auch an der Basis die Menschen

mitnehmen und für die kulturelle

Transformation begeistern.

Man muss eine Vision schaffen.

Was bedeutet die Digitalisierung

bzw. der Wandel zum Smart Hospital

für die Mitarbeitenden? Wie

nehmen sie die Transformation an?

Wir haben als Uniklinik den Vorteil,

dass Mitarbeitende an universitären

Einrichtungen immer einen sehr

jungen Altersdurchschnitt haben.

Digitalisierung im Alltag hat uns alle

ereilt und die jüngere Generation

ist damit sehr vertraut.

Menschen, die im Versorgungsbereich

in einer Klinik tätig sind, haben

genau dieses Thema gewählt, das

heißt, sie wollen mit Menschen

arbeiten. Da kann Digitalisierung

entlasten, Effizienz schaffen. Man

hat mehr Zeit für die Patienten.

Man muss transportieren, dass es

bei der Digitalisierung nicht darum

voranzutreiben? Es gibt sicher

viele Anbieter und Systeme auf

dem Markt – wie finden Kliniken

die richtigen externen Partner?

Tatsächlich haben wir hier in

Deutschland das Problem, dass

wir im Gegensatz zu vielen anderen,

auch europäischen Ländern

eine geringe zentrale Steuerung

haben. Dadurch wird begünstigt,

dass proprietäre Systeme entwickelt

werden, mit denen eine Gewinngeht,

Personalstellen abzubauen,

sondern darum, empathische Medizin

zu ermöglichen und den Menschen

dafür Freiraum zu geben.

Was ändert sich für die Patienten

im Zuge der Digitalisierung? Welche

Rückmeldung bekommen

Sie von Patienten?

Wir haben uns die Mühe gemacht

und einen Beirat für Digitalisierung

und KI gegründet, der aus Personen

im Alter von 18 bis 70 Jahren

besteht. Verschiedene Geschlechter,

aber auch unterschiedliche

kulturelle Hintergründe. Dadurch

können wir die ganze Bandbreite

der Bevölkerung abdecken. Diesem

Beirat stellen wir neue Projekte

immer vor und versuchen, möglichst

viel Feedback einzuholen.

Prinzipiell hat die Pandemie der

digitalen Medizin sehr geholfen.

Dennoch muss sich in der ganzen

Struktur, wie wir mit Daten und Gesundheitsdaten

umgehen, noch einiges

ändern in Deutschland.

Digitalisierung in Krankenhäusern

– das ist ja ein Schlagwort,

mit dem vieles gemeint sein kann:

angefangen damit, dass Papier

eingespart wird, bis hin zur Gewinnung

wertvoller medizinischer

Erkenntnisse mit KI. Haben Sie ein

konkretes Beispiel, wo die Digitalisierung

für Mitarbeitende und

auch für die Klinik einen Vorteil

bzw. eine Erleichterung bringt?

Ich habe zum Beispiel elf Jahre in

der Radiologie gearbeitet, und

wenn man Bilder befundet im ärztlichen

Dienst, gibt es diese Anfälligkeit

für menschliche Fehler. Die

ist auch dadurch begründet, dass

man beispielsweise bei Messungen

selbst an digitalen Bildern sehr ungenau

arbeitet. Das heißt, ich habe

eine Ungenauigkeit in der Auswertung,

die für den Kliniker aber wesentlich

ist, wenn er beurteilen möchte,

ob eine Therapie erfolgreich war.

Die KI in der Bildauswertung ist mittlerweile

sehr ausgereift. Sie kann im

Bruchteil einer Sekunde sagen, ob

beispielsweise das Volumen eines

Tumors zu- oder abgenommen hat.

Und wenn ich dann nicht nur Bilddaten,

sondern zusätzlich Labordaten

und klinische Symptome miteinander

verknüpfen kann, ist das eine

sehr hilfreiche Entscheidungsunterstützung.

Die brauchen wir.

Die künstliche Intelligenz führt

uns zum Smart Hospital, das die

UM Essen ja schon früh als Ziel

ausgerufen hat. Was macht ein

Smart Hospital aus? Sehen Sie es

als eine Weiterentwicklung oder

als den Endzustand der Digitalisierung,

den Sie anstreben?

Das Smart Hospital ist der Weg, wie

wir diesen Kulturwandel, den wir

erleben – eingebettet in nationale

Entscheidungen und technische Entwicklung

–, beschreiten, um wirklich

empathische Medizin umzusetzen.

Das Smart Hospital sollte wie eine zentrale

Steuerungseinheit sein, die den

Patienten auf seinem Weg begleitet.

Idealerweise könnten wir in

Deutschland wirkliche Präzisionsmedizin

machen. Die Daten, die

wir erheben, sind sehr, sehr gut,

aber wir haben einfach zu wenig

Zugriff auf Daten aus anderen Sektoren.

Wirklich empathische Präzisionsmedizin,

aber auch präventive

Medizin anzubieten und die individuellen

Symptome von Patienten

aufzugreifen, gelingt uns nur, wenn

wir interoperabel Daten zusammenführen

können. Dazu ist Input

von allen Seiten nötig, nicht nur im

Sinne eines Kulturwandels, sondern

als nationale Strategie.

Gerade weil das Thema Digitalisierung

so groß ist, ist es für Kliniken

schwer greifbar, die aktiv

werden wollen. In welche Fallen

können sie tappen, wenn sie sich

bemühen, die Digitalisierung

erzielungsabsicht seitens der Industrie

verbunden ist. Wir versuchen,

das zu glätten, auf nationalem Weg

auch durch das Interop Council.

Denn es kann nicht sein, dass immer

wieder neue Schnittstellen entwickelt

werden oder dass alle nach unterschiedlichen

Standards arbeiten.

Wir brauchen, wiederverwendbare

und interoperable Datenstandards,

die einen sektorenübergreifenden

Austausch unterstützen.

Wenn wir das gesamte Gesundheitswesen

betrachten: Manchmal

hat man das Gefühl, es

müsse regelrecht zur Digitalisierung

gedrängt werden, zum

Beispiel durch Gesetze wie das

Krankenhauszukunftsgesetz. Was

sind die Gründe, warum die

Digi talisierung in Deutschland

insgesamt recht langsam vorangeht?

Von welchen Seiten gibt

es Widerstand?

Da sind vor allem die Kosten – Digitalisierung

ist teuer. Alles, was wir momentan

investieren, zum Beispiel in

den Aufbau eines Patientenportals,

um die Patienten in dieses digitale

Bereit für die

Transformation?

Das SmartHospital.

NRW-Konsortium

hat einen KI-

Readiness-Check

entwickelt, der

die technische

Infrastruktur eines

Krankenhauses

überprüft

Spielfeld hineinzuholen, ist teuer. Die

Finanzierung der Gesundheitsversorgung

deckt natürlich bei Weitem

nicht das ab, was man gerne

investieren würde. Daher muss man,

genau wie auch beispielsweise bei

Großgeräten, wirklich strategische

Entscheidungen treffen. Da hat wieder

der Vorstand eine wichtige Rolle,

er muss das Thema vorantreiben

und diese Entscheidungen treffen.

Datenschutz wird häufig als Hindernis

gesehen. Andererseits ist

er enorm wichtig, gerade bei so

etwas Sensiblem wie Patientendaten.

Wie gehen Sie mit diesem

Thema um?

10

11



Dr. Anke

Diehl ist Speaker

bei der Session

„Was bleibt, was

kommt“

am 25. April

DMEA 2023

Hör’ mal!

Es ist uns total wichtig, diese medizinjuristische

Komponente und auch

den Datenschutz umfänglich aufzugreifen.

In der ersten Periode der

Medizininformatik-Initiative waren

wir das einzige Konsortium, das eine

Juristin mit einer vollen Stelle angestellt

hat. Wir haben außerdem eine

eigene Stelle für Data Governance,

wo Datenstrukturen thematisiert

werden mit Fragen wie: Wer darf

welchen Zugriff beantragen? Wie

gehe ich mit den Daten um?

Aber man muss ganz ehrlich sagen,

dass der Föderalismus ein

Haupt-Hinderungsgrund ist. Ein nationales

Projekt wie der sogenannte

Broad Consent der Medizininformatik-Initiative

hat zweieinhalb

Jahre gebraucht, bis er durch alle

Landesdatenschutz behörden und

„Der Vorstand

einer Klinik muss

das Thema

Digitalisierung

vorantreiben“

durch den Bundes datenschutz genehmigt

war – eine Katastrophe.

Die UM Essen ist aktuell auch

auf dem Weg hin zum Green

Hospital, auch hier ist man früh

dran. Inwiefern spielt die Digitalisierung

auch bei dieser Transformation

eine Rolle?

Große Klimaeffekte werden im Gesundheitswesen

durch die Krankenhausbehandlung

verursacht. Hier

kann die Digitalisierung die Aufenthaltsdauer

verkürzen, kann Redundanz,

zum Beispiel bei Laboruntersuchungen,

abschaffen und

Abfall verringern helfen. Mobilität

von Patientinnen und Patienten ist

ebenfalls ein Thema. Wenn sie nicht

mehr zu uns kommen müssen, weil

wir sie per Telemedizin kontaktieren

können, oder sie mit uns digital

Laborwerte austauschen können,

dann sind das alles Aspekte, die

auch proaktiv im Sinne der Nachhaltigkeit

wirken.

Welche revolutionären Dinge sehen

Sie, die die Digitalisierung im

Gesundheitswesen möglich machen

kann, wenn wir einmal zehn

Jahre in die Zukunft blicken?

Eine echte Revolution sehe ich

nicht. Der medizinische Behandlungserfolg

beruht auf dem empathischen

Miteinander von Arzt,

Ärztin und Patient, Patientin. Das

wird sich nie durch Technik ersetzen

lassen. Durch die Technik

kann ich in meiner Entscheidung

unterstützt werden. Auch in der

Therapie, vielleicht auch in der

Verantwortungsübernahme durch

den Patienten oder die Patientin.

Das ist unser Ziel: durch Digitalisierung

und KI eine empathische

Präzisionsmedizin zu ermöglichen,

die auch präventiv wirken kann.

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HEALTH

PODCAST

Überall da, wo

es Podcasts

gibt

Dr. med. Anke Diehl

leitet seit Anfang 2021 die Stabsstelle Digitale Transformation der Universitätsmedizin Essen (UME). Die promovierte Humanmedizinerin

hat viele Jahre klinische Erfahrung in Neurologie, Psychiatrie und Radiologie. Vier Jahre arbeitete sie in der

Neurologie des Alfried Krupp Krankenhauses, bevor sie 1998 in die Neuroradiologie am Universitätsklinikum Essen wechselte.

Zwischen 2004 und 2010 leitete sie ein internationales Studienzentrum am UK Essen, danach sechs Jahre den Fachbereich

Versorgungsstrukturentwicklung am Landeszentrum Gesundheit NRW. 2018 übernahm sie den Posten der Digital Change

Managerin der UME, bis sie ihre jetzige Position dort antrat. 2021 wurde Anke Diehl mit dem German Medical Award in der

Kategorie „Medical Woman of the Year Award 2021 – Medizinerin des Jahres 2021“ ausgezeichnet. Anfang 2021 wurde sie

in das 7-köpfige Expertengremium für Interoperabilität im Gesundheitswesen, das Interop Council, berufen.

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newsletter

www.newhealth.guide

12

IHR WEG IN DAS DIGITALE GESUNDHEITSSYSTEM



Der Antrag

Hersteller, die mit ihrer App

ins DiGA-Verzeichnis aufgenommen

werden möchten,

müssen beim Bundesamt für

Arzneimittel und Medizinprodukte

(BfArM) einen Antrag

stellen. Als Anforderung gilt

u. a., dass es sich um zertifizierte

Medizinprodukte niedriger

Risikoklasse handelt, die nur

vorübergehend angewendet

werden. Das BfArM prüft

zudem Benutzerfreundlichkeit,

Datenschutz und Interoperabilität,

also die Fähigkeit,

mit anderen Systemen zu kommunizieren.

Außerdem müssen

DiGA werbefrei sein.

Die Prüfung

newhealth.guide #1

Im Fast-Track-Verfahren, innerhalb von drei Monaten, prüft

das BfArM die Angaben der Hersteller zum medizinischen

Nutzen und zur Datensicherheit einer DiGA. Laut BfArM ziehen

über 50 Prozent der Hersteller ihren Antrag selbst zurück, weil

sich zum Beispiel zeigt, dass Datenschutzanforderungen

nicht erfüllt werden. Die vorläufig in das DiGA-Verzeichnis

aufgenommenen Apps durchlaufen eine weitere zwölfmonatige

Erprobungsphase bis zur dauerhaften Aufnahme:

Hier muss der Hersteller auch wissenschaftliche Nachweise

für positive Versorgungseffekte der DiGA vorlegen.

newhealth.guide #1

Die Kosten

Das DiGA-Verzeichnis des BfArM

verschafft Ärzten und Psychotherapeuten

einen Überblick über

die Gesundheitsanwendungen,

damit sie gemeinsam mit den

Patienten eine geeignete App

aussuchen können und verordnen.

Die gesetzlichen Krankenkassen

tragen die Kosten – und

diese schwanken zwischen

knapp 200 Euro und 900 Euro für

eine dreimonatige Anwendung.

Die Krankenkassen monieren,

dass sich der Durchschnittspreis

einer DiGA für einen Anwendungszeitraum

von 3 Monaten

– seit der Einführung im Oktober

2020 – von 329 Euro auf etwa

500 Euro erhöht hat.

Die Verordnung

Bislang kommen DiGA hauptsächlich

in der ambulanten

Versorgung zum Einsatz.

Aber auch Klinikärzte können

ihren Patienten nach einer

stationären Behandlung

DiGA verordnen: über das

Entlassrezept. Tageskliniken

und Ambulanzen (vor allem

psychiatrische Einrichtungen)

können Patienten ebenfalls

DiGA verschreiben, wenn

diese zum Beispiel Wartezeiten

auf einen Therapieplatz

übe rbrücken müssen.

Von der Idee bis

zum Patienten

Mit der Einführung der digitalen Gesundheitsanwendungen hat Deutschland

eine Vorreiterrolle in Europa eingenommen. DiGA können Patienten

im Umgang mit ihrer Krankheit zu mehr Souveränität verhelfen und Ärzten

wichtige Informationen liefern

Illustration

Dan Matutina/Agent Pekka

Der Nutzen

Je nach Krankheit können DiGA

Patientinnen und Patienten motivieren,

ihren Lebensstil zu verbessern,

sich etwa mehr zu bewegen oder

gesünder zu ernähren, kurz: notwendige

Verhaltensänderungen in

den Alltag zu integrieren. Zugleich

können Patienten ihre Behandlungsfortschritte

selbst kontrollieren

und dokumentieren. Tauschen sie

Vitalparameter etc. regelmäßig mit

den Behandelnden aus, erhalten

diese auch ein umfassenderes Bild

vom Therapieverlauf.

14

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newhealth.guide #1

Apps auf

Rezept

DiGA auf der

DMEA 2023

Nehmen Sie an einem

DMEA-Rundgang teil

und entdecken Sie die

Chancen der DiGA

(Anmeldung erforderlich).

Alle Infos zu DiGA und

Mobile Health finden

Sie außerdem

in Halle 2.2

Digitale Gesundheitsan wendungen, kurz

DiGA, sollen den Therapieerfolg steigern, die

Lebensqualität der Patienten erhöhen

und das Gesundheitssystem entlasten. Halten

sie, was sie versprechen?

Text

Anja Rech

Dass Deutschland im Bereich

der Digitalisierung

als Vorreiter gepriesen

wird, ist eher selten.

Doch es ist weltweit das

erste Land, in dem digitale Gesundheitsanwendungen

(DiGA) als

Regelleistung von der gesetzlichen

Krankenversicherung erstattet werden.

Seit Herbst 2020 können Ärzte

und Ärztinnen, Psychotherapeuten

und Psychotherapeutinnen „Apps

auf Rezept“ verschreiben. Neben

Apps fürs Smartphone oder Tablet

zählen auch webbasierte Anwendungen

dazu, die über einen Internetbrowser

per Computer und

Laptop genutzt werden.

DiGA sollen laut Kassenärztlicher

Bundesvereinigung (KBV) dabei

helfen, Krankheiten zu erkennen,

zu überwachen, zu behandeln

oder zu lindern. Sie informieren Patientinnen

und Patienten über ihre

Erkrankung und die Behandlung.

Zusätzlich helfen sie ihnen, Verhaltensänderungen,

die ihre Therapie

unterstützen, in den Alltag zu integrieren.

Mit der Dokumentation des

Behandlungsfortschritts liefern sie

den Behandelnden in Praxen und

Krankenhäusern wertvolle Daten.

Die gesetzliche Basis dafür

wurde mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz

(DVG) geschaffen.

Die Kassen erstatten nur Produkte,

die ein Prüfverfahren beim Bundesinstitut

für Arzneimittel und Medizinprodukte

(BfArM) durchlaufen haben

und im DiGA-Verzeichnis unter

diga.bfarm.de gelistet sind.

Es geht auch ohne Rezept

Zum 1. Februar 2023 umfasste das

DiGA-Verzeichnis nach Angaben

des BfArM 41 solcher Anwendungen,

14 Anträge waren noch in

Bearbeitung. 26 Produkte waren

vorläufig aufgenommen, dürfen

also eingesetzt werden, obwohl sie

noch keinen ausreichenden positiven

Versorgungseffekt bewiesen

haben – eine Besonderheit beim

Zulassungsprozess von DiGA.

Der GKV-Spitzenverband berichtet,

dass bis Ende September 2022

164.000 DiGA in Anspruch genommen

wurden; die Kassen gaben dafür

55,5 Millionen Euro aus. Wobei die

Patientinnen und Patienten auch

ohne Rezept an eine DiGA kommen:

Sie können direkt bei ihrer gesetzlichen

Krankenkasse einen Antrag

auf Genehmigung stellen. Diese

zahlt, wenn die entsprechende Indikation

vorliegt. Der behandelnde

Arzt muss dies nicht nachweisen.

Beispiele aus der Praxis

Die Hamburger Onkologin Prof. Dr.

Pia Wülfing hat – ausgehend von

einer Website und einem Podcast –

die DiGA „Pink! Coach“ entwickelt,

die Brustkrebs-Patientinnen durch

Therapie und Nachsorge begleitet.

Ihr Anliegen war es, Betroffenen

16

und Angehörigen digitale Informationen

zur Verfügung zu stellen,

die fachlich kompetent, aber auch

verständlich und einfühlsam aufbereitet

sind. „In der Hektik des

Klinikalltags ist ja meist zu wenig

Zeit für ausführliche Gespräche

und Zuwendung“, erläutert sie. Die

App leitet zu gesünderen Lebensgewohnheiten

an. Diese können

nachweislich Nebenwirkungen der

Krebsbehandlung verringern und

das Wohlbefinden verbessern.

Eine echte Versorgungslücke füllt

die App „Kalmeda“ gegen chronischen

Tinnitus. „Sie bietet eine vollständige

Verhaltenstherapie – und

das ist die einzige wirksame Behandlung

gemäß Leitlinie“, berichtet

Dr. Uso Walter, Hals-Nasen-Ohren-

Arzt aus Duisburg, der die App entwickelt

hat. Sie zählt mit 30.000 Verordnungen

zu den am häufigsten

genutzten DiGA. Nicht nur gebe es

zu wenig Behandlungsplätze, erklärt

der Arzt, sondern für Tinnitus dürfe

man nur dann eine Verhaltenstherapie

verordnen, wenn gleichzeitig

eine psychiatrische Erkrankung vorliege.

„So weit wollen wir es aber

gar nicht kommen lassen.“ Weil die

vom BfArM geforderte Studie hochsignifikant

die Wirksamkeit belegte,

ist die App dauerhaft ins DiGA-Verzeichnis

aufgenommen.

FOTO: GETTY IMAGES/STEVICA MRDJA/EYEEM

Erst ausprobieren, dann

nachjustieren!

Die wichtigsten Fragen und Antworten zu DiGA

❱ Was kosten DiGA?

In den ersten zwölf Monaten können

die Hersteller den Preis frei gestalten.

Erst danach beginnen die Preisverhandlungen

mit dem GKV-Spitzenverband.

Die Kosten schwanken ak tuell

zwischen knapp 200 und mehr als 900

Euro für eine 90-tägige Anwen dung.

Im Oktober 2020 betrug der Durchschnittspreis

dafür noch 329 Euro, heute

liegt er bei etwa 500 Euro. Daran

entzündet sich Kritik: „Wir sehen, dass

die Apps in der GKV-Erstattung plötzlich

deutlich mehr kosten als vorher. Es

ist ein Unding, dass die Preise im ersten

Jahr quasi frei festgesetzt und sogar

erhöht werden können“, rügt Dr. Jens

Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker

Krankenkasse. Im Dezember

2021 wurde eine Höchstpreisgrenze

eingeführt, die die TK jedoch als „Papiertiger“

bezeichnet. Sie reduziere

den Preis einer Anwendung lediglich

um durchschnittlich 6,6 Prozent.

DiGA-Entwickler Dr. Uso Walter – dessen

DiGA eine der preisgünstigsten

17

im Verzeichnis ist – argumentiert, dass

die Entwicklung einer solchen Anwendung

zwischen einer und fünf

Millionen Euro kostet. „Auch die laufenden

Kosten sind hoch“, sagt er.

„Man muss ständig nachbessern, weil

sich Voraussetzungen in den App-

Stores ändern oder neue Handy typen

auf den Markt kommen.“ Außerdem

helfe seine Tinnitus-App den Kassen,

Geld zu sparen, denn sie ersetze eine

psychologische Behandlung, die bis

zum Vierfachen kosten würde.

❱❱



newhealth.guide #1

❱ Für welche Krankheiten

eignen sich DiGA?

Der Großteil – 19 Produkte – ist für

psychische Erkrankungen zugelassen.

Am häufigsten verschrieben

wurden laut DiGA-Report der Techniker

Krankenkasse Apps gegen

Rückenschmerzen, Tinnitus und Migräne.

Andere beziehen sich auf Erkrankungen

von Organen wie Herz

oder Atemwegen, auf Adipositas,

drei begleiten Brustkrebs-Patientinnen.

„DiGA sind da am sinnvollsten,

wo ‚sprechende Medizin‘ nötig ist,

etwa bei psychischen Erkrankungen

wie Depressionen und Phobien,

aber auch bei Migräne“, sagt Prof.

David Matusiewicz (siehe rechts).

„Denn wie eine Art Chatbot geben

sie Tipps und helfen, das eigene Verhalten

zu reflektieren.“

❱ Wie funktioniert die

Verschreibung?

nen. Eine Zuzahlung fällt nicht an.

Die Verschreibung erfolgt zeitlich

befristet für 90 Tage, kann aber verlängert

werden.

❱ Welche Anforderungen

müssen DiGA erfüllen, um

dauerhaft ins Verzeichnis

aufgenommen zu werden?

Innerhalb eines Jahres müssen alle

DiGA mit einer evidenzbasierten

Studie einen positiven Versorgungseffekt

nachweisen. Das BfArM bietet

dazu eine Beratung an. „Nachdem

uns die Behörde ankündigte, dass

unser Studiendesign die geforderten

wissenschaftlichen Standards nicht

erfüllen würde, haben wir uns professionelle

Hilfe geholt“, erzählt Dr.

Walter. „Auch wenn das viel Geld

kostet, hat es sich für uns gelohnt.“

❱ Wie kommen DiGA in

der Medizinwelt an?

Bis Dezember 2021 hatten laut

TK-Report rund vier Prozent der Ärztinnen

und Ärzte Rezepte für DiGA

ausgestellt; eine Studie der Stiftung

Gesundheit kommt im November

2022 auf über ein Drittel. „Aber

viele Ärzte kennen diese Möglichkeiten

noch gar nicht“, ist Prof.

Matusiewicz überzeugt. Auch der

GKV-Spitzenverband urteilt, dass

DiGA noch nicht in der Versorgung

angekommen sind: Zwischen Januar

und September 2022 habe

sich die monatliche Menge der

Freischaltcodes auf einem nahezu

unveränderten Niveau zwischen

10.000 und 12.000

DiGA bewegt.

Prof. Matusiewiecz

hält eine

Art Außendienst

Aktiv in

eigener Sache

Patienten können

mithilfe einer

DiGA zum Beispiel

ihreVitalparameter

kontrollieren

Die verordnungsrelevanten Informationen

stellt das BfArM im DiGA-

Verzeichnis zur Verfügung. Zusätzlich

sollen diese künftig auch im Praxisverwaltungssystem

auftauchen.

Die Anwendungen haben eine

Pharmazentralnummer (PZN), die

auf dem Rezeptvordruck angegeben

werden muss. „Die Verordnung

ist für Ärzte budgetneutral, sie können

nicht in Regress genommen

werden“, stellt Dr. Uso Walter klar.

Auf Basis des Rezepts erhalten die

Versicherten einen Freischaltcode,

mit dem sie die DiGA im App-Store

herunterladen und aktivieren könfür

nötig, um Ärztinnen und Ärzten

Sinn und Nutzen der DiGA zu erklären.

Genau das setzt Dr. Walter

mit seiner Tinnitus-App bereits um:

Er kooperiert dazu mit einem Pharmaunternehmen.

„Damit erreichen

wir die Ärzte wirklich und schaffen

Reichweite“, erklärt er.

❱ Wie verläuft die Zulassung?

DiGA werden mit einem Fast-Track-

Verfahren zugelassen. Das BfArM

prüft innerhalb von drei Monaten

die Angaben der Hersteller zu Nutzen

und Sicherheit. Diese Hürde ist für

die Hersteller hoch: Über 50 Prozent

der Anträge wurden laut BfArM von

den Antragstellern selbst zurückgezogen,

weil sich im Prüfungsverfahren

zeigte, dass zum Beispiel wesentliche

Datenschutzanforderungen

nicht erfüllt werden und die Hersteller

dies auch nicht im vorgegebenen

Zeitrahmen beheben konnten.

Reichen die Daten über positive

Versorgungseffekte nicht aus, wird

die App vorläufig aufgenommen.

„Die Erprobungszeit kann einmalig

auf Antrag des Herstellers verlängert

werden“, sagt BfArM-Pressesprecher

Michael Kasiske.

❱ Wie wird das Fast-Track-

Verfahren beurteilt?

„Aus Sicht des BfArM ist das Verfahren

sehr gut angelaufen und

hat sich bewährt“, urteilt Kasiske.

„Wir sehen großes Interesse von

Herstellern daran und stehen im

engen Austausch mit anderen

europäischen Ländern, die das in

Deutschland inzwischen gut etablierte

Verfahren als Vorlage für

entsprechende eigene Ansätze

nutzen möchten.“ Auch Prof. Matusiewicz

hält den Weg für gelungen:

„Erst mal ausprobieren und

dann nachjustieren, das funktioniert

bei DiGA.“ Die Krankenkassen

und manche Ärzte bemängeln

dagegen, dass hier Geld für eine

Leistung ausgegeben werde, die

nach einem Jahr möglicherweise

als ungeeignet vom Markt verschwindet.

„Bereits für die Listung

beim BfArM muss es eine aussagekräftige

Datengrundlage geben“,

fordert TK-Chef Dr. Jens Baas. „Die

bisherigen Anforderungen reichen

nicht, um den Nutzen einer App

abzuschätzen.“

FOTOS: GETTY IMAGES/FRESHSPLASH, PRAMUDIYA

Interview

Im Oktober 2020 wurde die erste

DiGA gelistet, im Frühjahr 2021

haben Sie das erste umfassende

Buch* dazu herausgegeben. Was

war Ihre Intention?

DiGA verändern gerade die Versorgungsrealität

des Gesundheitswesens

in Deutschland. Ich sehe

sie als einen Meilenstein für die

Innovationsfähigkeit des Gesundheitswesens.

Mein Ziel war, mit dem

Buch eine unabhängige Plattform

zu schaffen, die alle Beteiligten und

alle wissenschaftlichen Disziplinen

einbindet. Ich will den Markt mitgestalten

und Trends setzen.

Wie ist die Resonanz auf die Einführung

von DiGA?

Zweigeteilt: Deutschland erhält viel

Zuspruch für diese Innovationsleistung

und gilt als Vorbild für andere

Länder. Die Krankenkassen sind

skeptisch, weil sie Geld für eine Leistung

ausgeben, deren Evidenz erst

im Nachhinein belegt wird. Aber

„Ich sehe

Anja Rech

David Matusiewicz

und Siemens

Healthineers veranstalten

zur DMEA am 26. April

das Side Event „NXT LEVEL

NET WORKN“ in der

Siemens Mosaikhalle,

Rohrdamm 85,

Berlin

die Evaluation

kritisch“

Haben DiGA das Potenzial, in der Therapie

selbstverständlich zu werden? Ein

Gespräch mit Prof. Dr. David Matusiewicz,

Experte für Medizinmanagement

der Markt konsolidiert sich bereits:

Viele DiGA hören nach dem Erprobungsjahr

auf, weil sie es nicht

schaffen, positive Versorgungseffekte

zu belegen. Ich sehe allerdings

die Evaluation, wie sie derzeit

läuft, kritisch.

Was würden Sie ändern?

Wird über die geforderten Studien

alles Relevante erfasst? DiGA können

positive Versorgungseffekte haben,

die in der Praxis spürbar sind,

sich aber nicht in Studien nachweisen

lassen. Wir müssen auch die

Outcome-Ebene sehen, etwa, ob

sich die Lebensqualität der Nutzer

verbessert. Ich fände es spannend,

wenn PROMs, Patient-Reported

Outcome Measures, also das Feedback

der Nutzer, in der Auswertung

berücksichtigt würden. Man sollte

den Herstellern, die bisher keine ausreichenden

Belege haben, noch

eine Chance lassen. Hier muss es

eine Nachjustierungsphase geben.

Wie riskant ist die Entwicklung einer

DiGA für die Hersteller?

Die meisten Anwendungen werden

von Start-ups entwickelt. Hardware,

Software, Entwicklungs- und Zertifizierungskosten,

das sind Investitionen

in sechsstelliger Höhe. Damit

hängen an jeder App Existenzen. Es

gibt Unternehmen, die nach dem

Bescheid vom BfArM aufgegeben

haben. Ein Vorteil ist jedoch, dass

die Evidenz erst nach einem Jahr

belegt werden muss. Das ist ein vergüteter

Vertrauensvorschuss.

Wo sehen Sie die größten Erfolgsmöglichkeiten

für DiGA?

Sie sind am sinnvollsten, wo „sprechende

Medizin“ nötig ist, etwa bei

psychischen Erkrankungen wie Depressionen

und Phobien, aber auch

bei Migräne. Ihre große Stärke ist,

dass Patienten die Therapie in ihrem

Tempo machen können. Im Bereich

Bewegungsschmerzen kann es mit

DiGA gelingen, Medikamente zu

ersetzen. Anwendungen gegen

Schlafstörungen können dazu beitragen,

dass Patienten langfristig

keine Schlafmittel brauchen. Solche

Effekte sind durchaus realistisch.

Dann wird die Medizin durch die

Technologie revolutioniert.

Wie verändern DiGA das Verhältnis

zwischen Arzt und Patienten?

Aus dem bilateralen Verhältnis wird

ein Dreiergespräch: Der Patient

kommuniziert mit der DiGA, diese

erstellt Berichte, auf die der Arzt zugreifen

kann. Er hat ein Instrument

mehr zur Verfügung, das verleiht

ihm mehr Kompetenz, und der Patient

erhält mehr Souveränität und

erfährt mehr Transparenz.

Gibt es Bereiche, in denen noch

DiGA fehlen?

Ja, in der Prävention, den klassischen

Themenfeldern Ernährung,

Bewegung, Schlaf. Hier könnte

man mit DiGA Krankheiten vorbeugen,

sodass eine Therapie gar

nicht erst nötig wird. Außerdem sind

solche Anwendungen für die Pflege

sinnvoll. Erste sogenannte DiPA

werden derzeit entwickelt.

18

*A. Jorzig, D. Matusiewicz (Hrsg.):

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA). medhochzwei 19



newhealth.guide #1

Wohl

dosiert +

Text

Hendrik Bensch

Warum setzen nur wenige Krankenhausapotheken in Deutschland

auf eine Unit-Dose-Versorgung? Sie erhöht die Arzneimitteltherapiesicherheit

und entlastet Pflegekräfte, wie das UKE in Hamburg zeigt

Als Dr. Michael Baehr vor mehr als 15 Jahren

während des Neubaus des Universitätsklinikums

Hamburg-Eppendorf (UKE) über

die Baustelle ging, kam er ins Grübeln.

Der Leiter der Krankenhausapotheke hatte

dem Vorstand versprochen, nach dem Umbau die

gesamte Klinik mit einem Unit-Dose-System zu versorgen:

kontrolliert

Künftig sollte die Klinikapotheke die Arzneimittel automatisiert

und patientenindividuell zusammen stellen,

verpacken und dann auf die Stationen liefern. Ob

diese große Umstellung gelingen würde? „Ich hatte

zwischendurch Zweifel, ob das klappt“, erzählt der

UKE-Chefapotheker heute. Rückblickend ist die Umstellung

für ihn ein großer Erfolg: „Das war das Beste,

FOTOS: PLAINPICTURE/YVONNE RÖDER, UKE UNIVERSITÄTSKLINIKUM HAMBURG-EPPENDORF (2)

was ich in meinem ganzen

Berufs leben gemacht

habe: Es hat die

Apotheke und die Klinik

vorangebracht und vor

allem die Arzneimitteltherapiesicherheit

erhöht.“

In der Klinikapotheke

des UKE stehen zwei

Medikamentenautomaten,

beide etwa so groß

wie eine Kühl-Gefrier­

Kombination. Jeder der

Auto maten enthält 330

Vorratskanister mit Arzneimitteln.

Täglich spucken

sie 15.000 Einzeldosen aus und verpacken sie in kleine

Tüten – immer nur ein Arzneimittel je Tüte. Darauf finden

sich alle wichtigen Informationen: vom Namen des

Patienten und des Medikaments über die Zimmernummer

bis hin zu Hinweisen zur Einnahme. Anschließend wird

noch einmal kontrolliert: Eine Maschine fotografiert

jede Tüte und vergleicht Form, Farbe und Anzahl der

Pillen in der Tüte mit den digital hinterlegten Werten.

„Wir können uns zur Kontrolle jede der vier Millionen Tüten

im Nach hinein anschauen“, sagt Michael Baehr.

1.700 Patientinnen und Patienten werden auf diese

Weise am UKE täglich versorgt.

Zusammen mit allen einzeln dosierten nicht oralen

Präparaten, wie etwa Ampullen oder Infusionsflaschen,

gelangen die Medikamente über einen Transportdienst

auf die Stationen – zur Abendgabe und für die

nächsten 24 Stunden. Dort nehmen die Pflegekräfte

die Lieferungen entgegen und vergleichen sie mit den

verordneten Medikamenten. Hat sich die Verordnung

in der Zwischenzeit geändert, nehmen die Pflegekräfte

Tüten heraus oder ergänzen Arzneimittel aus dem Stationsvorrat

– zum Beispiel dann, wenn kurzfristig Fieber-,

Schmerz- oder Blutdruckmittel verordnet wurden. „Aus

dem Stationsvorrat kommt aber nur ein geringer Teil“,

sagt Michael Baehr. 96 Prozent aller Gaben, die die

Patientinnen und Patienten erhalten, hat das Unit­

Dose-System bereitgestellt, hat eine UKE-Untersuchung

ergeben. Im Patientenzimmer dokumentieren die Pflegekräfte

dann die Medikamentengabe in der elektronischen

Patientenakte.

So entsteht durch den gesamten Prozess eine

lücken lose Qualitätskontrolle. „Jede Berufsgruppe kann

jederzeit sehen, wer wann was verordnet hat“, erklärt

der UKE-Chefapotheker. Und das ist seiner Ansicht nach

nur einer von vielen Vorteilen der Unit-Dose-Versorgung.

So benötigt das UKE seit der Umstellung weniger Platz

auf den Stationen für die Medikamente. Auf den Intensivstationen

stehen heute nur noch wenige Schränke.

Auf den anderen Stationen gibt es nur mehr einen

kleinen Handvorrat. „Zudem lassen sich dadurch die

Pflegekräfte deutlich entlasten“, sagt Chefapotheker

Baehr. „Wer heute noch hoch qualifiziertes Pflegepersonal

nachts Tabletten sortieren lässt, ist auf dem

Ein Erfolg auf ganzer Linie

Dr. Michael Baehr leitet seit 1991 die Klinikapotheke des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf.

Die Umstellung auf ein Unit-Dose-System war „das Beste, was ich in meinem Berufsleben

gemacht habe“. Täglich verpacken die beiden Medikamentenautomaten 15.000 Einzeldosen

Holzweg“, ist sich Baehr sicher. Darüber hinaus konnte

das UKE mit der Umstellung die Arzneimitteltherapiesicherheit

erhöhen.

Das hat unter anderem auch das Universitäts klinikum

Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel in einer Studie festgestellt.

2018 hat es den Medikationsprozess auf zwei internistischen

Stationen umgestellt. Das Ergebnis: Mit hilfe

der Unit-Dose-Versorgung sank die durchschnittliche

Fehlerrate von 1,38 auf 0 Stellfehler pro Patient – wobei

die Endkontrolle hier ein Apotheker übernimmt.

Trotz der zahlreichen Vorteile gibt es bisher nur

relativ wenige Krankenhausapotheken in Deutschland,

die auf eine Unit-Dose-Versorgung setzen.

Zwar werden es von Jahr zu Jahr mehr, ihr Anteil lag

2020 jedoch nur bei neun Prozent. Die Kosten sind

kein Grund, auf eine Unit-Dose-Versorgung zu verzichten,

meint Michael Baehr. Ein Medikamentenautomat

im UKE hat etwa 200.000 Euro gekostet.

Rechnet man die Ausgaben für den Umbau, die

Kontrolleinheit und die weitere Einrichtung hinzu,

kommt man auf etwa eine Million Euro – eine vergleichsweise

geringe Summe bei einem Umsatz von

1,4 Milliarden Euro. „Bei den Einsparungen, die man

an vielen Stellen erzielt, zählt das Kostenargument

nicht“, so Baehr. Auch die Klinikgröße ist für ihn kein

Argument gegen ein Unit­ Dose-System. Bevor das

UKE loslegte, habe es geheißen, das sei nur etwas

für kleine Kliniken, berichtet Baehr. „Wir haben gezeigt:

Es geht auch in einem Krankenhaus der Maximalversorgung.“

Dr. Swantje Eisend, Leiterin der

Arbeitsgruppe „Unit-Dose“ beim Bundesverband

Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), sieht

das ähnlich: „Jedes Krankenhaus und jede Krankenhausapotheke

kann grundsätzlich ein Unit-Dose-System

einführen.“

Das UKE arbeitet derzeit daran, den Medikationsprozess

weiterzuentwickeln: In einem Forschungsprojekt

geht es um den 3D-Druck von Arzneimitteln.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Klinikapotheke

wollen zeigen, dass sich der 3D-Druck in

den digitalen Medikationsprozess des UKE integrieren

und zudem mit Algorithmus-gestützten Daten von Patientinnen

und Patienten kombinieren lässt.

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newhealth.guide #1

newhealth.guide #1

Aller Anfang in Aachen

Seit 2014 sind Telenotärzte

wie Notfallmediziner Dr. Frederik

Hirsch in Aachen im Einsatz.

Sie konnten dort bis heute rund

50.000 Menschen versorgen

Arzt

im Ohr

Ein Telenotarzt gehört an mehreren

Standorten in Deutschland bereits zur

Regelversorgung. Das Konzept

könnte sich bundesweit bewähren –

nicht nur in ländlichen Regionen

Text

Christian Heinrich

FOTO: UMLAUT TELEHEALTHCARE GMBH - PART OF ACCENTURE

Wir brauchen einen

Notarzt! Ein

alarmierender

Satz, der mittlerweile

nicht nur für

Notsitu ationen gilt, in denen ein

Mensch medizinische Hilfe braucht.

Er ist auch politisch und strukturell

wörtlich zu nehmen – und als Hilferuf

zu verstehen. Denn unter den Anästhesisten

und Notfallmedizinern in

den Kliniken fehlt es immer häufiger

an Freiwilligen, die bereit sind, Notarztschichten

zu übernehmen. Es ist

in vielen Gegenden Deutschlands

– nicht nur in ländlichen Regionen,

auch in städtischen Gebieten – nur

noch eine Frage der Zeit, bis Rettungswachen

nicht mehr rund um

die Uhr mit Notärzten besetzt sind.

Schon heute kann die Patientenversorgung

unter Druck geraten,

selbst wenn eine Notärztin oder

ein Notarzt Dienst hat. Denn was

ist, wenn dieser auf einem Einsatz

ist und ein weiterer Notruf eingeht?

Dann verschieben sich alle folgenden

Einsätze um wenige Minuten.

Auf diese Minuten kommt es aber

manchmal an.

Wer eine nachhaltige Lösung für

das Dilemma sucht, könnte nach

Aachen gehen. Nach Greifswald.

Oder nach Hessen, in den Main-

Kinzig-Kreis. An all diesen Standorten

gibt es einen sogenannten

Telenotarzt. Dabei handelt es sich

nicht um Modellprojekte, sondern

um ein etabliertes Konzept. „Wir haben

in Aachen 2006 mit einem Forschungsprojekt

angefangen – seit

2014 ist der Telenotarzt dort im Regelrettungsdienst.

Mittlerweile sind ungefähr

50.000 Patienten via Telenotarzt

versorgt worden“, sagt der

Notfallmediziner Dr. Frederik Hirsch,

der langjährige Erfahrung als Telenotarzt

hat und heute die Kundenbetreuung

bei umlaut telehealthcare

leitet. Das ist die Betreiberfirma

des Telenotarztes in Aachen, die

zum IT-Unternehmen Accenture

gehört. Dass er sich enthusiastisch

22

23



newhealth.guide #1

newhealth.guide #1

gibt hinsichtlich des Projekts, ist

deshalb nicht verwunderlich. Aber

auch wenn man sich bei den Notfallsanitätern

draußen im Einsatz

oder bei anderen Telenotärzten

umhört, ist die Begeisterung so

groß, dass es nur noch eine Frage

der Zeit zu sein scheint, bis sich das

Modell bundesweit durchsetzt.

Das Prinzip ist denkbar einfach:

Der Telenotarzt sitzt in einer Ret-

Livebilder. So kann er im engen

Austausch mit den Rettungskräften

agieren – durch sie gewissermaßen

vor Ort sein.

Mareike Strunz arbeitet als Notfallsanitäterin

in Aachen regelmäßig

mit dem Telenotarzt zusammen.

Das Konzept sei keine Notlösung, im

Gegenteil: Es verbessere die Qualität

der Versorgung, sagt die 28-Jährige.

„Wir sind zum Beispiel vor ein

„Digitalisierung

und Innovation im

Rettungswesen“ am

26. April

um 11 Uhr auf der

DMEA 2023

Die Zusammenarbeit spart auf allen Seiten Zeit

Aus dem Rettungswagen werden die Vitalparameter der Patienten an den Telenotarzt gesendet,

der sich an einem zentralen Ort – Rettungswache oder Klinik – befindet. Über eine Kamera erhält

er zudem Livebilder und kann in Absprache mit den Notfallsanitätern die Patienten versorgen

tungswache oder einer Klinik mit

Headset an mehreren Bildschirmen.

Zum Notfallort begeben sich zunächst

eine Notfallsanitäterin oder

ein Rettungssanitäter. Die Geräte

im Rettungswagen, die die Vitalparameter

erfassen – darunter etwa

das EKG und der Sensor zur Messung

der Sauerstoffsättigung –, senden

die Daten in Echtzeit auf den

Bildschirm des Telenotarztes. Eine

Kamera im Auto liefert ihm zudem

kollaps erlitten, das Herz schlug zu

langsam. Also startete Strunz eine

Beutel-Masken-Beatmung und verabreichte

Adrenalin. „Ich habe

oft nicht einmal bestimmte Fragen

an den Telenotarzt. Aber dadurch,

dass ich ihn im Ohr habe, fühle ich

mich manchmal sicherer in meinem

Handeln“, sagt Mareike Strunz.

So könne sie sich bei der Gabe des

Adrenalins noch einmal in Bezug

paar Tagen zu einer gestürzten

Person gerufen worden. Bei einem

solchen Einsatz wird erst einmal kein

Notarzt mitalarmiert. Vor Ort haben

wir aber schnell gemerkt, dass die

Sturzursache einen schwerwiegenden

internistischen Hintergrund

hatte. Also habe ich bis zum Eintreffen

des Notarztes den Telenotarzt

kontaktiert – und hatte ihn Sekunden

später im Ohr“, erzählt Strunz.

Die Patientin hatte einen Kreislaufauf

die richtige Dosierung rückversichern.

Bis der fahrende Notarzt

eingetroffen war, hatten Mareike

Strunz und ihr Kollege die Patientin

so weit stabilisiert, dass man eine

Reanimation vermeiden konnte.

Doch in nur wenigen Fällen geht

es darum, mithilfe des Telenotarztes

die Zeit zu überbrücken, bis ein

Notarzt eingetroffen ist. „Studien

zeigen, dass ein Notarzt nur in ungefähr

15 Prozent der Einsätze tat-

FOTOS: UMLAUT TELEHEALTHCARE GMBH - PART OF ACCENTURE

sächlich mit seinen Händen tätig

werden muss“, sagt Hirsch. Meistens

ist das Wissen des Notarztes

gefragt. Und dieses kann er auch

aus der Ferne bereitstellen.

„In Aachen haben wir die Erfahrung

gemacht, dass sich mit dem

Telenotarztsystem die Notarztquote,

also die Zahl der Einsätze mit Notärzten

vor Ort, um mehr als die Hälfte

reduzieren lässt“, so Hirsch. Und weil

die Anfahrtswege entfallen, kann

der Telenotarzt in der gleichen Zeit

deutlich mehr Einsätze übernehmen:

Ein Telenotarzteinsatz dauert

durchschnittlich 12 Minuten – ein

Einsatz des Notarzteinsatzfahrzeugs

(NEF) dauert mit 53 Minuten mehr

als viermal so lange. Summa summarum

bedeutet das: Die zunehmend

knappe Ressource Notarzt

kann effizienter genutzt werden.

Und wie fühlt sich die Arbeit

als Telenotarzt an? Florian Blankenburg,

Oberarzt in der Klinik für

Anästhesiologie, Operative Intensivmedizin

und Schmerzmedizin

am Klinikum Barmherzige Brüder

im bayerischen Straubing, hat hier

im Rahmen eines Modellprojekts

als Telenotarzt gearbeitet. „Als

Notarzt nehme ich die Situation

vor Ort mit allen Sinnen wahr: Wie

riecht es hier? Wie sieht es rundum

aus, welchen Eindruck macht der

Patient? Klar, als Telenotarzt habe

ich kein so vollständiges Bild wie

vor Ort“, sagt Blankenburg. „Aber

das Telenotarztsystem ist so gut,

dass ich dieses Manko schnell ausblenden

konnte.“

Entscheidend sei, dass man den

Rettungskräften vor Ort vertraue.

„Sie sind meine Augen und Ohren,

wenn man so will. Idealerweise

kennt man die Kollegen von gemeinsamen

Einsätzen“, erklärt Blankenburg.

Aber auch wenn nicht,

wenn man beispielsweise in eine

andere Region Deutschlands geschaltet

werde, weil der Telenotarzt

dort schon in einem Einsatz ist, sei

das in der Regel kein Problem. Im

Lauf der Zeit hat Blankenburg die

Arbeit als Telenotarzt immer mehr

schätzen gelernt: „Gerade Fälle

wie die Versorgung eines Schlaganfalls

oder die Gabe von Schmerzmitteln

kann ich als Telenotarzt

Der Telenotarzt-

Einsatz dauert

im Durchschnitt

12 Minuten.

Ein Notarzt-

Einsatz vor Ort

hingegen

53 Minuten

meist wunderbar vom Bildschirm

aus betreuen. Ich kann deutlich

mehr Einsätze in der gleichen Zeit

machen, das ist in gewisser Hinsicht

befriedigend.“

Auch Blankenburg sagt: Der

Telenotarzt sei der nächste logische

Schritt in der Weiterentwicklung

des Rettungswesens. Die für den

Telenotarzt notwendigen Zusatzqualifikationen

stellen übrigens für

Fachärzte der Anästhesie, der Allgemein-

oder Inneren Medizin, die

regelmäßig als Notarzt arbeiten,

keine große Hürde dar: Eine Fortbildung

zum Telenotarzt dauert in

Nordrhein-Westfalen drei Tage.

Es gibt nur einen theoretischen

Fall, in dem das Konzept Telenotarzt

für den Patienten zum Nachteil

werden kann: Wenn die Rettungsleitstelle

einen Notruf bekommt, der

nahelegt, dass kein Notarzt vor Ort

gebraucht wird und stattdessen

ein Telenotarzt übernehmen kann.

Wenn der Notfallsanitäter dann am

Einsatzort feststellt, dass doch ein

Notarzt nötig ist, trifft dieser erst verspätet

ein. Solche Fälle gibt es aber

auch ohne Telenotarzt: Denn nicht

immer schickt die Rettungsleitstelle

automatisch auch einen Notarzt

los. Bis zu dessen Ankunft kann der

Notfallsanitäter die Versorgung immerhin

gemeinsam mit einem Telenotarzt

im Ohr leisten.

Abgesehen von solchen vereinzelten,

eher theoretischen Fällen,

überwiegen die Vorteile des Telenotarztes.

So verkürzt sich etwa das

arztfreie Intervall nach einem Notruf:

Denn sobald eine nicht-ärztliche

Einsatzkraft eingetroffen ist,

kann der Telenotarzt dazugeschaltet

werden, die Einsatzkräfte vor Ort

handeln dann unter ärztlicher Delegation

und Anleitung.

Trotzdem, das betonen alle Beteiligten:

Der Telenotarzt kann und

soll den herkömmlichen Notarzt

nicht ersetzen. Deshalb gilt an allen

Standorten: Wenn absehbar ist,

dass ein Notarzt gebraucht wird,

etwa bei einem polytraumatisierten

Patienten und einer zu erwartenden

Reanimation, erscheint er

vor Ort. Typische Einsätze, die auch

ein Telenotarzt gut abdecken kann,

sind beispielsweise die Versorgung

von Schmerzen und die Schlaganfallversorgung.

Basierend auf den positiven

Erfahrungen in Straubing, hat

das Kabinett in Bayern 2021 beschlossen,

den Telenotarzt in die

Regelversorgung aufzunehmen.

In Nordrhein-Westfalen (NRW) unterzeichnete

NRW-Gesundheitsminister

Karl-Josef Laumann bereits

2020 eine Absichtserklärung, das

Telenotarztsystem in NRW bis 2025

flächendeckend auszubauen.

In naher Zukunft könnte der

Telenotarzt also ein wichtiger Baustein

in der Rettungsmedizin in ganz

Deutschland sein. Eine Win-win-Situation

für die Kliniken, die durch ihn

ein Stück weit Entlastung erfahren,

sowie für die Patientinnen und Patienten.

Denn sie erhalten nicht nur

eine garantierte, sondern in vielen

Fällen auch eine verbesserte medizinische

Versorgung.

24

25



newhealth.guide #1

newhealth.guide #1

In der Gesundheitsbranche entwickeln sich neue Technologien rasant

weiter. Die Anwendung digitaler Tools und das Wissen darüber

werden im klinischen Alltag immer wichtiger. Wo sich Gesundheitsfachkräfte

weiterbilden können und welche Angebote es gibt, finden Sie hier!

YouTube-Plattform

Global School of Surgery

Digitale

Kompetenz

erwerben

Text

Eigentlich waren die englischsprachigen Videos

von Operationen, die das Universitätsspital Zürich

(USZ) auf YouTube startete, für lokale Assistenzärzte

gedacht. Aber sie fanden international

mit 600.000 Views so großen Anklang, dass

die Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie

am USZ im Januar das YouTube-Fortbildungsprogramm

„Global School of Surgery“

gründete. Das kostenfreie Online-Curriculum

bietet Chirurgen die Möglichkeit, sich digital auf

hohem fachlichem Niveau weiterzubilden. Es

gilt als große Chance, die chirurgischen Standards

vor allem in strukturschwachen Regionen

nachhaltig zu verbessern.

Infos unter: www.usz.ch

Anna-Lena Wolfarth

Digital Health

in der Hauptstadt

studieren?

Infos zu weiteren

Studienoptionen gibt

es am 26. April in

Halle 1.2

DMEA 2023

26

Weiterbildung

Kurs „Digital Health“

Die Digitalisierung bringt im Klinikalltag

große Veränderungen mit sich. Vor allem

leitende Mitarbeitende, Projektmanager in

Arztpraxen, Kliniken und Medizinischen Versorgungszentren

stehen vor neuen Herausforderungen,

die sie in ihrem dicht getakteten Joballtag

on top bewältigen müssen. Der dreimonatige

Online-Kurs „Digital Health“ der Apollon Hochschule

der Gesundheitswirtschaft bereitet all

jene, die die Digitalisierung im Gesundheitswesen

mitgestalten wollen, auf diese Umstellungen

vor. Neben einer begrifflichen Klärung und den

ethischen, rechtlichen und politischen Grundlagen

lernen Sie an konkreten Anwendungsbeispielen

zur Digitalen Medizin, Smart Hospital und

Healing Architecture, wie Sie die Entwicklungen

und Trends auf Ihr Arbeitsumfeld anwenden. Sie

können den Online-Kurs jederzeit beginnen: Die

Lern inhalte werden in Textform, als Audioformate

und in tutorieller Betreuung vermittelt und

durch Quizaufgaben vertieft. Nach Abschluss

der Weiterbildung mit erfolgreicher Bearbeitung

einer Fallaufgabe erhalten Sie ein Hochschulzertifikat.

Der Kurs kann als reiner Online-Kurs mit

digitalen Kursbüchern und Lernmaterialien (Kosten

501 Euro) oder mit gedruckten Studienheften

(540 Euro) abgeschlossen werden.

Infos unter: apollon-hochschule.de/weiterbildung/digital-health

FOTOS: UNIVERSITÄTSSPITAL ZÜRICH, UMIT TIROL(2)

Studium

Medizinische Informatik (M.Sc.)

Die Privatuniversität UMIT Tirol, die in Hall nahe

Innsbruck liegt, hat sich auf die neuen Berufsund

Forschungsfelder im Gesundheitswesen

und in der Technik spezialisiert. Nach dem Motto

„Informatik für Menschen – Informatik mit Menschen“

bildet sie Interessenten u. a. im Masterstudium

„Medizinische Informatik“ zu interdisziplinären

IT-Experten aus, und zwar online. In

den ersten beiden Semestern des zweijährigen

Studiengangs lernen Sie die fachlichen Grundlagen

zu klinischen Informationssystemen,

Health Data & Decision Science, TeleHealth und

Biomedizinischer Technik. Ab dem dritten Semester

vertiefen Sie Ihr Wissen nach individuellem

Interesse. In Kooperation mit internationalen

Partneruniversitäten, in Mitarbeit am Institut für

Medizinische Informatik etc. können Sie dieses

Wissen darüber hinaus vertiefen. Das Studium

ist so gestaltet, dass es mit Engagement neben

einer Teilzeit-Berufstätigkeit umsetzbar ist. Die

Kosten liegen bei 490 Euro pro Semester. Schon

jetzt kann man sich für den nächsten Start im

Oktober 2023 anmelden.

Infos unter: umit-tirol.at

AIQNET: Gewinn für Patienten, Kliniken und

Medtech-Unternehmen

Das Gesundheitswesen steckt voller ungenutzter Informationen,

die enormes Potenzial bergen. AIQNET ist ein digitales

Ökosystem, das medizinische Daten mit Hilfe von KI

strukturiert, um sie für Forschung, Diagnose und Behandlung

nutzbar zu machen. Durch die Schaffung von Interoperabilität und unter Gewährleistung aller relevanten rechtlichen

und ethischen Rahmenbedingungen bietet AIQNET Antworten auf viele drängende Fragen der Gesundheitsversorgung.

Die Konsortialpartner des vom BMWK geförderten Projektes aus Kliniken, Softwareentwicklung und

Medizintechnik heben gemeinsam die Potenziale von Gesundheitsdaten zum Vorteil aller: Krankenhäuser können

die Daten für Forschung, Diagnose und Therapie nutzen. Ärztinnen und Ärzte erhalten Informationen für optimale

Behandlungsentscheidungen und werden von Routineaufgaben in der Datenerfassung entlastet. Medizintechnikunterneh-men

gewinnen die Möglichkeit, medizinische Daten im Rahmen von klinischen Studien zu verwenden,

um den gesetzlichen Pflichten zur Qualitäts- und Leistungsbewertung ihrer Produkte gerecht zu werden. All dies

kommt einer besseren Patientenversorgung zugute – die Patienten werden dank der richtigen Therapie oder dem

passenden Medizintechnikprodukt schneller geheilt entlassen.

AIQNET treibt dafür die Kollaborationen zwischen Herstellern, IT-Spezialisten und Kliniken intensiv voran und bietet

allen Stakeholdern entlang der Wertschöpfungsketten von Medizinprodukten die Möglichkeit, sich zu vernetzen und

neue Kooperationsmöglichkeiten auszuloten. Denn die Etablierung des AIQNET-Ökosystems als übergreifende, breit

akzeptierte Lösung für Datenextraktion, intelligente Daten-Analyse und Datenaustausch für Kliniken und Hersteller

wird desto aussichtsreicher, je intensiver die Zusammenarbeit aller Beteiligten ist.

AIQNET wird auf der DMEA, Europas Leitmesse zur Digitalisierung im Gesundheitswesen, vom 25. bis 27. April

2023 vertreten sein und ein kostenloses Matchmaking-Event anbieten.

Weitere Infos: https://aiqnet.eu/

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newhealth.guide #1

Elke Zens (CEO der ilvi GmbH) im Interview:

Prozesssicherheit und Kosteneffizienz

durch Digitalisierung

Im Interview mit dem New Health Guide erklärt Elke Zens, CEO der ilvi GmbH, wie das steirische Unternehmen

durch innovative Softwarelösungen die Gesundheitsversorgung der Zukunft sicherstellt.

Termine 2023

Die jüngsten Entwicklungen im Digital-Health-Bereich aus erster Hand

erfahren, Denkanstöße bekommen und Ideen austauschen: Hier ist ein

Überblick über wichtige Kongresse, Tagungen und Konferenzen

New Health Guide: Herzlich willkommen, Frau Zens.

Wir freuen uns sehr, Sie als CEO der ilvi GmbH für ein Interview

im New Health Guide zu begrüßen. Könnten Sie

kurz beschreiben, was Ihr Unternehmen, die ilvi GmbH,

macht und was Ihre Mission ist?

Elke Zens: Wir sind ein steirisches Unternehmen und

entwickeln innovative Softwarelösungen für das Ge-

sundheitswesen, welche die Dokumentations- und

Arbeitsprozesse in Krankenhäusern, Pflegeheimen bis

hin zum Home-Care-Bereich digitalisieren und dadurch

das medizinische Personal entlasten. Mit der daraus

entstehenden Steigerung der Dokumentationsqualität,

Prozesssicherheit und Kosteneffizienz tragen wir dazu

bei, die Gesundheitsversorgung unserer Zukunft sicher-

zustellen.

New Health Guide: Was macht Ihre Lösung innovativ

und können Sie sie uns näher beschreiben?

Elke Zens: Unsere ilviCLINIC Lösung ist eine mobile

Anwendung zur sicheren Datenerfassung am Point of

Care. Patient:innen können eindeutig identifiziert und

zugehörige Daten (z.B.: Vitalwerte, Biometrie, Ernährungsprotokoll,

etc.) einfach erfasst und sofort ans gewünschte

Zielsystem (z.B.: Krankenhausinformations-

system, Pflegedokumentationssystem) übermittelt

werden. Darüber hinaus können verschiedenste An-

wendungen wie Kommunikation, Ticketsysteme oder

Reinigungsmanagement sicher über ilviCLINIC durch

das medizinische Personal bedient werden. Die handschriftliche

Dokumentation entfällt und daraus entstehende

Fehlerquellen sowie unnötige Wege des Pflege-

personals werden vermieden.

New Health Guide: Was unterscheidet Ihre Lösung von

der Konkurrenz?

Elke Zens: ilviCLINIC ist individuell konfigurierbar, an

die Bedürfnisse des jeweiligen Einsatzortes flexibel anpassbar

und erlaubt aufgrund des offenen Plattform-

konzepts die Integration von Drittanwendungen und

medizinsicher Geräte. So können bereits vorhandene

Applikationen wie beispielsweise Anwendungen zur

Erfassung von Wundbildern in ilviCLINIC integriert

und ein entsprechender Datenaustausch mit dem gewünschten

Zielsystem ermöglicht werden. Durch die-

sen Ansatz ist ilviCLINIC eine zukunftssichere Lösung

und an die sich ständig verändernden Gegebenheiten

in der klinischen Umgebung adaptierbar. Darüber hinaus

sind ilvi-Lösungen mit der bestehenden IT-Infra-

struktur und in sich selbst interoperabel und tragen zur

Komplexitätsreduktion der IT-Landschaft bei.

New Health Guide: Gibt es weitere Pläne für die Zukunft

von ilviCLINIC?

Elke Zens: Ja, wir arbeiten stets daran neue Use Cases

unserer Kund:innen umzusetzen. So bieten wir seit kur-

zem auch Self-Service Lösungen für Patient:innen und

Bewohner:innen an, um beispielsweise eigenständig

Speisen zu bestellen, Vitalwerte zu erfassen oder auch

Anwesenheiten zu dokumentieren. Ebenso haben wir

Lösungen für den Home Care Bereich sowie weitere innerklinische

und ambulante Anwendungen, die das Leben

des medizinischen Personals erleichtern und Kos-

ten einsparen.

Gerne bieten wir kostenlose Informationsgespräche an,

um tiefere Einblicke in unsere Produkte zu gewähren

und die individuellen Bedürfnisse unserer Kund:innen

zu besprechen.

New Health Guide: Vielen Dank für Ihre Zeit, Frau Zens.

Wir sind schon gespannt, was Sie uns beim nächsten

Mal über ilvi berichten können.

*

+43 (0) 5 0747 300

office@ilvi.io

15.

Juni

10. Medtech 2023 Mainz

Bereits zum 10. Mal findet die

Branchentagung der Medizintechnik

in Rheinland-Pfalz statt.

Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht,

die Zusammenarbeit

zwischen Medizintechnikunternehmen,

IT-Unternehmen,

Dienstleistern, Instituten und

Krankenkassen zu stärken. On

top nehmen an der Ausstellung

„Medizin – Technik und

Forschung“ jährlich ca. 25 bis

30 Aussteller teil.

www.standortgesundheitswirtschaft.rlp.de/

22.–24.

Juni

Healthcare Hackathon

Mainz

Interdisziplinäre Teams aus

Behandelnden und Patienten

arbeiten gemeinsam an

kreativen Lösungen für die

Gesundheitsversorgung der

Zukunft. Dabei stehen das

Krankenhauszukunftsgesetz,

Nachhaltigkeit in Kliniken und

die Entwicklung des Arbeitsplatzes

im Fokus.

www.healthcarehackathon.info

Impressum

#1 / 2023

28.

Juni

TREFFpunkt Gesundheitsindustrie

Stuttgart

Das Networking-Event hat

sich den Hashtag #Zeitenwende

auf die Fahnen geschrieben:

Akteure aus Wirtschaft

und Wissenschaft tauschen

ihre Erfahrungen und Ideen

für die Gesundheitsbranche

aus. Auf dem Programm:

Trends, aktuelle Entwicklungen

sowie regulatorische

Herausforderungen.

www.treffpunktgesundheitsindustrie.de

1.–2.

Juli

ICIMTH Athen, Griechenland

Die International Conference

on Informatics, Management

and Technology in

Health care findet dieses Jahr

zum 21. Mal statt, vor allem

biomedi zinische und klinische

Informatik spielen eine Rolle.

www.icimth.com

Herausgeber: DHD Digital Health Development AG, Stolkgasse 25–45,

D-50667 Köln, mail@dhd.ag, Tel. +49 0221 466 884-0

Vorstand: Detlef Koenig, detlef.koenig@dhd.ag

Chefredakteurin: Dr. Gudrun Westermann,

gudrun.westermann@newhealth.guide

Redaktion und Gestaltung: Storyboard GmbH, Wiltrudenstraße 5,

D-80805 München

Anzeigen: Thomas Müller, thomas.mueller@newhealth.guide

Druck: Druckerei Laub GmbH & Co KG, Brühlweg 28, D-74834 Elztal-Dallau

Copyright: © DHD Digital Health Development AG 2023; alle Rechte

vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher

Genehmigung des Herausgebers.

DMEA–Tipps

25.04.–27.04.2023

Interoperabilität

Kongress: Neue Perspektiven der

Gesundheitsdatennutzung und -auswertung

Dienstag, 25. April 2023 // 11:15–12:45 Uhr // Stage A, Halle 5.2

DMEA Seminar: Interoperabilität gestalten und umsetzen

Mittwoch, 26. April 2023 // 14:30–17:30 Uhr //

Seminar Room, Halle 6.3

bvitg Debattierclub: Ermöglicher oder Verhinderer?

Wie Datenschutz die Digitalisierung des Gesundheitswesens

beeinflusst

Dienstag, 25. April 2023 // 14:25–15:10 Uhr // Box 1, Halle 4.2

Telemedizin

Kongress: Telemedizinische Dienste in Routineanwendung

Dienstag, 25. April 2023 // 11:15–12:45 Uhr // Stage B, Halle 6.2

Der TI-Messenger als Gamechanger: Worin liegt

der Nutzen?

Mittwoch, 26. April 2023 // 12:10–12:55 Uhr // Hub 1, Halle 1.2

Best Practice: Implementierung

DMEA sparks: Erfolgreiche Implementierung von

innovativen Digital Health Lösungen in der (Uni-)Klinik

Donnerstag, 27. April 2023 // 10:15–11:00 Uhr // Box 2, Halle 6.2

Kongress: Umsetzung des Krankenhauszukunftsgesetzes

Donnerstag, 27. April 2023 // 11:15–12:45 Uhr // Stage A, Halle 5.2

Specials:

Women in Digital Health

Donnerstag, 27. April 2023 // 13:10–14:40 Uhr // Box 2, Halle 6.2 //

unter anderem mit Prof. Dr. Sylvia Thun

Was bleibt, was kommt?

Dienstag, 25. April 2023 // 16:20–17:05 Uhr // Stage B, Halle 6.2 //

unter anderem mit Dr. Anke Diehl

www.dmea.de

Handelsnamen: Die Wiedergabe von Handelsnamen, Warenbezeichnungen

usw. auch ohne besondere Kennzeichnung berechtigt nicht zu der Annahme,

dass solche Namen frei und von jedermann benutzt werden dürften. Für den

Inhalt außerhalb des redaktionellen Teils (insbes. Anzeigen, Industrieinformationen

usw.) übernehmen Redaktion und Herausgeber keine Gewähr.

Autoren, die mit vollem Namen genannt werden und nicht Mitglied der

Redaktion sind, veröffentlichen ihren Beitrag in alleiniger Verantwortung.

Datenschutzinformation: Verantwortliche Stelle im Sinne des Datenschutzrechts

ist Acxiom Deutschland GmbH, Speicherstraße 57–59, 60327 Frankfurt

am Main. Nähere Informationen auch zu unserer Datenschutzbeauftragten

erhalten Sie unter: www.acxiom.de/datenschutz. Die Verarbeitung Ihrer

Daten erfolgt auf Grundlage von Artikel 6 I 1 f) DSGVO, damit wir Ihnen

interessengerechte Informationen und Angebote zukommen lassen

können. Wenn Sie künftig keine Informationen des werbenden Unternehmens

erhalten möchten, wenden Sie sich bitte direkt an dieses Unternehmen.

Einen generellen Widerspruch zur Verarbeitung Ihrer Daten für

Werbezwecke können Sie an die Acxiom Deutschland GmbH richten.

Weitere Informationen:

www.newhealth.guide

S

Businesspark 6 | A-8200 Gleisdorf

29



newhealth.guide #1

Schon gehört,

gelesen, gewusst?

Ob Sie für den Weg zur Arbeit einen Podcast brauchen oder sich

intensiver in aktuelle Themen einarbeiten möchten: Hier ist

eine Auswahl an spannenden Formaten und neuer Fachliteratur

JETZT

www.newhealth.guide

ENTDECKEN

DIE NEUE

MEDIENMARKE

Für das

Krankenhaus

der Zukunft

PODCASTS BÜCHER

health terminal

Hier dreht sich alles

um die Digitalisierung

des Schweizer

Gesundheitswesens.

Wie bringt man mit

digitalen Tools Mehrwert

ins System? Wie

lassen sich Bilddaten sinnvoll archivieren?

Best Cases, Unternehmensporträts sowie

Experteninterviews liefern Impulse, die

auch für Deutschland relevant sind.

mal

angenommen

Im Zukunfts-

Podcast der

„tagesschau“,

„mal angenommen“,

lassen sich die

Moderatoren in der Folge „KI in

der Medizin? Was dann?“ (vom 15.

Dezember 2022) auf das Gedankenexperiment

ein: Leben wir

länger, wenn Ärzte und Ärztinnen

durch Computer ersetzt werden?

Inga Bergen (Hrsg.):

Visionäre der Gesundheit

Wer sind die Menschen, die

mit ihren Ideen Innovationen

in der Gesundheitsbranche

anstoßen? Was treibt

sie an und wo sehen sie Ausbaupotenzial?

Im Buch zum

gleichnamigen Podcast

„Visionäre der Gesundheit“

berichten Experten von

spannenden Technologien.

Medizinisch Wissenschaftliche

Verlagsgesellschaft

ÄrzteTag

Einige Folgen

des Podcasts

der „Ärzte

Zeitung“ haben

auch die

Digitalisie rung

zum Thema,

wie die vom 29. November 2022.

Hier nimmt bvitg-Chef Gerrit Schick

Stellung zur Frage „TI-Pauschale

statt Kostenerstattung – eine gute

Lösung?“ und spricht über Entwicklungen

in der Gesundheits-IT.

Marktplatz

Gesundheitswesen

Mobile Assistenzroboter,

Internet der

Dinge im Gesundheitswesen

oder gelebte

Innovationskultur: Die

Macher des – ebenfalls

Schweizer – Podcasts haben mit ihren

Themen „Management & Führung im

Gesundheitswesen“ im Blick und diskutieren

mit Experten wichtige Trends.

Die nächste Ausgabe des NewHealth.Guide erscheint am 19. Juni 2023.

Peter Gocke (Hrsg.):

Das digitale Krankenhaus

Die Gesundheitsbranche

muss digitaler werden –

und das möglichst schnell.

Doch wie gelingt ein

reibungsloser Wandel?

„Das digitale Krankenhaus“

stellt hierfür Werkzeuge zur

Ve rfügung: vom technologischen

Basiswissen bis hin

zu ethischen Aspekten.

Medizinisch Wissenschaftliche

Verlagsgesellschaft

E-Paper

Wer unser Magazin

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E-Paper finden Sie auf

www.newhealth.guide

eHealth-

Podcast

Zur Zielgruppe

des „eHealth-

Podcasts“

zählen vor

allem IT-Mitarbeitende

von

Kliniken, technikaffine Ärzte und

Medizinstudierende. Die Bandbreite

reicht von „Akzeptanz von

DiGA“ über „Qualitätssicherung

in der Strahlentherapie“ bis zu

„Update zur Telematikstruktur“.

FOTOS: MWV MEDIZINISCH WISSENSCHAFTLICHE VERLAGS­

GESELLSCHAFT, HEALTHINAL GMBH, ARD-HAUPTSTADTSTUDIO/

THOMAS KIEROK, ALFRED ANGERER, SPRINGER MEDIZIN

VERLAG GMBH/ÄRZTE ZEITUNG/BVITG, EHEALTH-PODCAST

UNSER HERZ

SCHLÄGT

FÜR DIGITALE

MEDIZIN

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www.newhealth.guide

30

IHR WEG IN DAS DIGITALE GESUNDHEITSSYSTEM



eHealth

Terminal ST-1506

PIN-PAD

LIVE ERLEBEN

BEI EINEM ERFRI-

SCHUNGSGETRÄNK

Besuchen Sie uns

auf der DMEA

Halle 1.2

Stand B-108

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DIE IDEALE ERGÄNZUNG

ZUM TERMINAL:

DAS PIN-PAD ZUR SEPARATEN

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Weitere Informationen

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