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THE NEW INSIDER, No. LIII, #482, September 2023

Ausgabe September 2023 von Osnabrücks größtem Stadtmagazin.

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TITELSTORY<br />

FLIEGT UNS DIE<br />

GASTRO<br />

UM DIE OHREN?<br />

Osnabrücker Locations kämpfen ums Überleben<br />

Die Küche bleibt kalt. Und das immer öfter. Oder bald für immer? Ob Restaurant,<br />

Gaststätte oder Biergarten – in der Gastronomie in Osnabrück Stadt<br />

und Land gehören neue Öffnungszeiten zum Alltag. Immer häufiger stehen Gäste<br />

vor verschlossenen Türen, denn der Personalmangel stellt nach wie vor ein<br />

großes Problem dar. Hinzu kommen steigende Energie- und Personalkosten sowie<br />

höhere Einkaufspreise. Doch das ist nicht alles: Im Verlauf der Corona-Pandemie<br />

hatte die Bundesregierung die Mehrwertsteuer für die Gastronomie von<br />

19 auf 7 Prozent gesenkt – nun läuft diese Regelung aber zum Jahresende aus.<br />

Steigen spätestens dann die Preise für die Gäste? Wird der Restaurantbesuch<br />

künftig zum Luxus? Oder müssen Restaurants sogar dichtmachen? So viel steht<br />

fest: Die Lage ist ernst.<br />

ein<br />

Bericht<br />

von TNI-Redakteur<br />

Dominik Lapp<br />

Viele Gaststätten und Restaurants haben bereits<br />

einen zusätzlichen Ruhetag eingelegt.<br />

„Einige Häuser streichen den Mittagstisch<br />

komplett. Und oft schließt die Küche abends<br />

deutlich früher. Die Gastronomie kocht und<br />

bedient nur noch auf Sparflamme“, sagt<br />

Peter Buddenberg von der Gewerkschaft<br />

Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Region<br />

Osnabrück. Allein für die Friedensstadt<br />

registriert die Bundesagentur für<br />

Arbeit in der Hotellerie und Gastronomie<br />

aktuell wöchentlich neue freie Stellen. Wer<br />

in der Küche klarkommt, kann vielerorts<br />

sofort anfangen: Köche und Küchenhilfen<br />

(auch als Quereinsteiger) werden händeringend<br />

gesucht. Aber auch um<br />

den Nachwuchs macht sich das<br />

Gastgewerbe Sorgen. Die<br />

Ausbildungen zu<br />

Restaurantund<br />

Hotelf<br />

a c h l e u t e n<br />

oder zum Koch<br />

sind nur wenige<br />

von vielen Chancen<br />

in Osnabrücker<br />

Betrieben. Etliche<br />

Ausbildungsstellen<br />

sind noch vakant.<br />

Gewerkschaft fordert<br />

höhere Löhne<br />

In der Branche müsse sich einiges ändern,<br />

so Buddenberg: „Höhere Löhne und bessere<br />

Arbeitszeiten sind der Schlüssel für<br />

mehr Personal“, macht der Gewerkschafter<br />

klar. Konkret peilt er dabei für die Zukunft<br />

mindestens 3.000 Euro brutto pro Monat für<br />

alle an, die nach der Ausbildung in Vollzeit<br />

arbeiten. „Das ist ein fairer Einstiegslohn.“<br />

Doch von fairen Löhnen seien viele Beschäftigte<br />

der Branche heute immer noch weit<br />

entfernt: „Tatsächlich schrammen Köche<br />

und Kellner in Osnabrück ziemlich oft nah<br />

an der Mindestlohnkante von 12 Euro pro<br />

Stunde entlang. Ein Großteil der Betriebe<br />

zahlt noch immer keinen Tariflohn. Das ist<br />

ein Unding, wenn man gute Leute sucht“,<br />

sagt der NGG-Geschäftsführer.<br />

Derweil ächzt die Osnabrücker Gastroszene<br />

unter steigenden Kosten. Die Mehrwertsteuersenkung<br />

war ein erfolgreiches Instrument,<br />

die gastronomischen Betrieb effektiv<br />

zu entlasten. Der Osnabrücker Bundestagsabgeordnete<br />

Manuel Gava fordert deshalb<br />

eine Verstetigung. „Gerade vor dem Hintergrund<br />

der gestiegenen Lebensmittelkosten<br />

und der Inflation seit dem russischen Angriffskrieg<br />

gegen die Ukraine ist die Gastronomie<br />

in Deutschland auf Entlastungen<br />

angewiesen“, erklärt Gava. „Wir dürfen die<br />

Gastronominnen und Gastronomen nicht im<br />

Stich und mit dieser Situation alleine lassen.<br />

Für Städte und Gemeinden hat das Gastrogewerbe<br />

eine große Strahlkraft und lädt<br />

Menschen in die Orte ein. Eine<br />

dauerhafte Senkung<br />

der Mehrwertsteuer auf 7 Prozent ist da ein<br />

entscheidendes Mittel, für das ich mich in<br />

Berlin klar einsetze“, betont der Politiker,<br />

der bereits im Austausch mit der Branche ist<br />

und ein Gipfeltreffen plant.<br />

Steigende Verkaufspreise<br />

Tobias Neumann, der die Steakmeisterei<br />

und den Cateringservice Whobert betreibt,<br />

erklärt auf TNI-Nachfrage: „Die Mehrwertsteuersenkung<br />

war in der Wahrnehmung<br />

der Kunden dazu gedacht, die Endpreise<br />

zur Mobilisierung von Gästen zu senken.<br />

Doch die Steuer ist vielmehr gesenkt worden,<br />

um für Liquidität bei den Unternehmen<br />

zu sorgen! Darüber hinaus sei die erhöhte<br />

Mehrwertsteuer in der Speisengastro eine<br />

deutsche Ungerechtigkeit: Die Pizza im Restaurant<br />

wird mit 19 Prozent und als Lieferung<br />

nach Hause mit 7 Prozent besteuert. „In<br />

fast allen anderen europäischen Ländern ist<br />

diese Ungerechtigkeit<br />

bereits korrigiert<br />

worden“,<br />

so Neumann.<br />

Die Steuersenkung<br />

wurde<br />

in den vergangenen<br />

zwei<br />

Jahren dazu genutzt,<br />

um Löhne<br />

zu erhöhen,<br />

für bessere Arbeitsbedingungen<br />

zu sorgen<br />

und insgesamt die vielen Preissteigerungen<br />

in sämtlichen Bereichen zu kompensieren.<br />

Der Steakmeisterei-Chef erklärt: „Wird jetzt<br />

die Mehrwertsteuer wieder erhöht, bedeutet<br />

das für unsere Branche, dass die aktuelle<br />

Kompensationsrechnung nicht weiter funktioniert.<br />

Die bisherigen Preissteigerungen<br />

müssen weitergegeben werden und sorgen<br />

auf jeden Fall dafür, dass Verkaufspreise<br />

in der Gastronomie um 15 bis 35 Prozent<br />

steigen werden – optimistisch gerechnet!“<br />

Tobias Neumann<br />

4

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