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Leseprobe_Die Strauss-Dynastie

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Claus Kegel<br />

<strong>Die</strong><br />

<strong>Dynastie</strong><br />

Eine historisch-biographische Kompilation<br />

Band 1<br />

Von 1801 bis zum Tod von Johann <strong>Strauss</strong> Vater 1849


<strong>Die</strong> <strong>Strauss</strong>-<strong>Dynastie</strong><br />

Band 1


Claus Kegel<br />

DIE STRAUSS-DYNASTIE<br />

EINE HISTORISCH-BIOGRAPHISCHE KOMPILATION<br />

Band 1: Von 1801 bis zum Tod von Johann <strong>Strauss</strong> Vater 1849<br />

Mit einem Vorwort von<br />

Helmut Reichenauer


Claus Kegel: <strong>Die</strong> <strong>Strauss</strong>-<strong>Dynastie</strong>: Eine historisch-biographische Kompilation.<br />

Band 1: Von 1801 bis zum Tod von Johann <strong>Strauss</strong> Vater 1849<br />

Hollitzer Verlag, Wien 2023<br />

Coverabbildung<br />

(Im Uhrzeigersinn, von oben) Johann <strong>Strauss</strong> Vater,<br />

Lithographie von Josef Kriehuber (Public domain);<br />

Eduard <strong>Strauss</strong>, Fotografie<br />

(© Familienarchiv Professor Dr. Eduard <strong>Strauss</strong>);<br />

Johann <strong>Strauss</strong> Sohn, Fotografie von Reichard & Lindner<br />

(© New York Public Library Archives);<br />

Josef <strong>Strauss</strong>, Fotografie von Fritz Luckhardt<br />

(© Wien Museum)<br />

Covergestaltung<br />

Nikola Stevanović<br />

satz<br />

Daoud Sarhandi-Williams<br />

Hergestellt in der EU<br />

Alle Rechte vorbehalten<br />

© Hollitzer Verlag<br />

www.hollitzer.at<br />

ISBN 978-3-99094-168-3


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort von Helmut Reichenauer<br />

Einleitung<br />

Kapitel 1 1801 bis 1829 <strong>Strauss</strong> Vaters Kindheit,<br />

Jugend und frühe Jahre<br />

Kapitel 2 1830 bis 1834 Der Aufstieg zum Walzerheroen<br />

Kapitel 3 1835 bis 1838 Einladungen aus Paris und London<br />

Kapitel 4 <strong>Die</strong> große Reise von Johann <strong>Strauss</strong> 1838 und 1839<br />

Kapitel 5 1840 und 1841 Lanner war beliebter als <strong>Strauss</strong><br />

Kapitel 6 1842 und 1843 Tod von Joseph Lanner<br />

Kapitel 7 1844 und 1845 Debut und Vorboten der Revolution<br />

Kapitel 8 1846 Der erste k. k. Hofball-Musikdirector<br />

Kapitel 9 1847 <strong>Die</strong> Balkanreise von Johann <strong>Strauss</strong> Sohn<br />

Kapitel 10 1848 Das Revolutionsjahr 1848<br />

Kapitel 11 1849 Der frühe Tod von Johann <strong>Strauss</strong> Vater<br />

Kapitel 12 Johann <strong>Strauss</strong> Vaters Märsche<br />

Anhang Werkliste von Johann <strong>Strauss</strong> Vater<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Literatur (Auswahl)<br />

7<br />

9<br />

16<br />

62<br />

110<br />

156<br />

188<br />

220<br />

256<br />

306<br />

342<br />

378<br />

412<br />

442<br />

449<br />

465<br />

475


Vorwort<br />

von Helmut Reichenauer<br />

Im Jahre 2025 ist es wieder einmal so weit: <strong>Die</strong> kultur- und musikinteressierte Welt<br />

richtet ihren Blick auf Johann <strong>Strauss</strong> anlässlich der Wiederkehr seines 200. Geburtstages.<br />

Gemeint ist damit Johann <strong>Strauss</strong> Sohn (1825–1899), dessen umfassendes Werkschaffen<br />

bis zum heutigen Tage die Musikgeschichte der Menschheit bereichert und veredelt<br />

hat. Als „Walzerkönig“ ist der Genannte bereits im 19. Jahrhundert in die Annalen der<br />

abendländischen Kulturgeschichte eingegangen.<br />

Was bis zum heutigen Tage nur marginal im Bewusstsein der Musikrezipienten Platz<br />

gefunden hat, ist die Tatsache, dass die „<strong>Strauss</strong>-<strong>Dynastie</strong>“ eine hochkarätige Musiker-Familie<br />

war, bestehend aus Johann <strong>Strauss</strong> I, den Söhnen Johann <strong>Strauss</strong> II, Josef <strong>Strauss</strong> und<br />

Eduard <strong>Strauss</strong>, sowie im 20. Jahrhundert Johann <strong>Strauss</strong> Enkel und Eduard <strong>Strauss</strong> II., die<br />

allesamt das musikalische Geschehen komponierend und dirigierend in unvergleichlicher<br />

Weise geprägt haben.<br />

<strong>Die</strong>sem Umstand trägt nun Claus Kegel, ein glühender Aficionado der <strong>Strauss</strong>-Musik,<br />

mit einer faszinierenden Dokumentenserie, deren erster Band nun vorliegt, Rechnung. In<br />

jahrzehntelanger akribischer Forschungsarbeit hat der Autor alle ihm verfügbaren Quellen<br />

aus dem Zeitraum von 1801 bis 1920 recherchiert, alles Interessante gespeichert und mit<br />

technischen, ökonomischen, politischen und anderen historischen Ereignissen verknüpft.<br />

Da gibt es nichts Erfundenes oder Erdachtes, vielmehr ist es eine Kompilation von Informationen<br />

aus historischen Zeitungen, die dem interessierten Leser das Fenster weit öffnen wird<br />

in eine faszinierende Vergangenheit.<br />

Wer die Lebensgeschichte der <strong>Strauss</strong>-Familie anhand historischer Dokumente neu erfassen<br />

und erforschen möchte, unbeeinflusst von klischeehaften Erzählungen früherer Autoren,<br />

hat nun die Möglichkeit, ein kritisches Bild über das Wirken dieser genialen Musikerfamilie<br />

zu erwerben.<br />

Helmut Reichenauer, Präsident des Kulturvereins Wiener Blut<br />

7


Einleitung<br />

Johann <strong>Strauss</strong> Vater und sein Freund Joseph Lanner haben als Komponisten von Tanzmusik<br />

und als Musikdirektoren mit ihren Orchestern die Entwicklung der Wiener<br />

Musik und insbesondere die Popularität des Wiener Walzers im 19. Jahrhundert am<br />

stärksten geprägt.<br />

Abb. 1<br />

Johann <strong>Strauss</strong> und seine drei Söhne Johann, Josef und Eduard lebten in der Zeit von 1804<br />

bis 1916 und bestimmten maßgeblich die österreichische Unterhaltungsmusikszene jener<br />

Periode.<br />

Der reiselustige Johann <strong>Strauss</strong> Vater trug seine Walzermelodien schon sehr früh vor<br />

allem in die europäischen Metropolen, seine Söhne bereisten als Dirigenten und als Leiter<br />

ihrer eigenen Orchester oder als Leiter fremder Orchester weite Teile von Europa, Russland<br />

und Amerika und sorgten für die weltweite Verbreitung der Wiener Musik.<br />

Eduards ältester Sohn, Johann, setzte als Komponist und Dirigent die Tradition der Familie<br />

weiter fort, ebenso Eduards Enkel Eduard als Dirigent, der in der Abbildung auf dieser<br />

Seite nicht enthalten ist.<br />

Das Leben der Sträusse, deren musikalisches Schaffen und Wirken, die wichtigsten Entwicklungen<br />

in ihrer Heimatstadt Wien, in ihrem Heimatland Österreich, im übrigen habsburgischen<br />

k. k. Reich, in den benachbarten, besonders den deutschen Ländern, aber auch in<br />

Europa und die wesentlichen weltweiten Ereignisse dieser Epoche, die Auswirkungen auf<br />

9


das Schaffen der Musiker-<strong>Dynastie</strong> hatten, sind in diesem Werk chronologisch zusammengefasst<br />

und werden mit zahlreichen Bildern und Dokumenten untermalt.<br />

Es gibt viele Bücher und noch mehr Veröffentlichungen über die Personen und Themen,<br />

daher findet sich in diesem Werk nach Interesse des Autors zusammengetragenes Material,<br />

chronologisch geordnet und um erklärende, inhaltliche Orientierung gebende Textpassagen<br />

ergänzt. <strong>Die</strong> jahrzehntelange intensive Auseinandersetzung mit der <strong>Strauss</strong>-<strong>Dynastie</strong> zeigt<br />

sich in dieser umfangreichen Sammlung.<br />

Der Name <strong>Strauss</strong> wird hier mit „ss“ und nicht mit scharfem ß geschrieben. <strong>Die</strong> Erforschung<br />

der Schreibweise erfolgte durch das Wiener Institut für <strong>Strauss</strong>-Forschung (WISF) durch<br />

Prof. Dr. Eduard <strong>Strauss</strong>, den Ur-Enkel von Eduard <strong>Strauss</strong> und Sohn des letzten ausübenden<br />

Musikers gleichen Namens.<br />

Auszug aus dem Forschungssplitter: 1<br />

„Auf den meisten historischen Plakaten und auf den meisten (Erst)-Druckausgaben der<br />

Kompositionen der Musiker der Familie findet man die Schreibweise <strong>Strauss</strong>. […]<br />

Johann <strong>Strauss</strong> Vater und Sohn unterschrieben sich mit zwei ,sʻ, die in der damals gebräuchlichen<br />

geschriebenen (Kurrent-)Schrift oft mit zwei verschiedenen Zeichen geschrieben<br />

wurden. […]<br />

Auf allen von der Familie beeinflussten Grabinschriften auf den Ehrengräbern des<br />

Wiener Zentralfriedhofs wird der Name mit ss geschrieben! Gleiches gilt von den Grabinschriften<br />

der Familiengräber auf dem Friedhof in Grinzing. Beim Grab in Hietzing ist die<br />

Schreibweise der Schreibschrift beibehalten.<br />

[…] Eduard <strong>Strauss</strong> (Anm.: I.) (unter)schrieb sich als einziger (!) mit ,ßʻ.“<br />

Unterschriften von Johann <strong>Strauss</strong> Vater<br />

(mit dem Zusatz „k. k. Hofballmusikdirector“) und von Johann <strong>Strauss</strong> Sohn.<br />

Von Josef und Eduard <strong>Strauss</strong>.<br />

Daraus ist zu erkennen, dass Johann <strong>Strauss</strong> Vater und Sohn ihre Namen mit zwei s geschrieben<br />

haben. Ebenso Josef <strong>Strauss</strong>.<br />

1 https://www.johann-strauss.at/forschung/forschungssplitter/strauss-strauss/<br />

10 <strong>Die</strong> <strong>Strauss</strong>-<strong>Dynastie</strong>


Abb. 2<br />

„Hier ein Beweis für die These aus der Druckschrift: Auf dem Titelblatt der Klavierausgabe<br />

des Walzers ,Das Leben ein Tanz oder Der Tanz ein Lebenʻ von Johann <strong>Strauss</strong> Vater aus<br />

dem Jahr 1831 findet sich in Druckschrift der Vermerk, dass Tobias Haslinger am Graben<br />

Sparkasse Nr 572 situiert ist. Im Wort Sparkasse wird das Verdopplungszeichen verwendet.<br />

Niemand hat je Sparkasse mit ß geschrieben!“<br />

Johann <strong>Strauss</strong> Vater lebte von 1804 bis 1849, er wurde also nur 45 Jahre alt. Sein Freund,<br />

Wegbegleiter und Konkurrent Joseph Lanner verstarb bereits zwei Tage nach seinem 42.<br />

Geburtstag. Aus der Ehe mit Anna <strong>Strauss</strong>, geborene Streim, gingen sechs Kinder hervor.<br />

Der älteste Sohn Johann wurde 1825 geboren und starb mit fast 74 Jahren im Jahr 1899.<br />

Josef <strong>Strauss</strong>, der 1827 als zweiter Sohn geboren wurde, war zeitlebens kränklich und starb<br />

1870, noch nicht 43-jährig.<br />

Nach den beiden Schwestern Anna (1829 bis 1903) und Therese (1831 bis 1915), die<br />

beide unverheiratet blieben, und dem 1834 geborenen und mit zehn Monaten verstorbenen<br />

Sohn Ferdinand wurde als letztes Kind aus der Ehe mit Anna <strong>Strauss</strong> 1835 Eduard geboren.<br />

Er starb 1916 mit fast 82 Jahren.<br />

Johann <strong>Strauss</strong> Vater trennte sich in den 30er-Jahren des 19. Jahrhunderts von seiner<br />

rechtmäßigen Familie und lebte mit der Modistin Emilie Trampusch (oft auch Trambusch<br />

geschrieben) zusammen, mit der er acht uneheliche Kinder zeugte. Emilie war zum Todeszeitpunkt<br />

von Johann <strong>Strauss</strong> Vater ungefähr 35. Sie lebte bis nach 1857, möglicherweise<br />

starb sie 1865.<br />

<strong>Die</strong> Kinder aus dieser Beziehung blieben, soweit sie überhaupt das Erwachsenenalter<br />

erreichten, unbekannt. <strong>Die</strong>se waren, mit Geburts- und Sterbedaten, soweit bekannt. 2<br />

2 Norbert Linke: Maria Anna und Emilie: Zwei Frauen um „Vater“ Johann <strong>Strauss</strong>.<br />

Einleitung<br />

11


Emilie Theresia Johanna, 18. Mai 1835 bis nach 1870, Schauspielerin<br />

Johann Wilhelm, 28. Mai 1836 bis 30. August 1864, Bahnbeamter<br />

Clementina Emilia Elisabetha Theresia, 19. November 1837 bis nach 1878<br />

Carl Joseph, 20. Juli 1840 bis 11. August 1840<br />

Joseph Moritz, 8. Januar 1842 bis 18. Januar 1842<br />

Maria Wilhelmine, 25. April 1843 bis 4. November 1849<br />

Theresia Karolina, 22. September 1844 bis 2. August 1851<br />

Wilhelmine, 26. Mai 1846 bis 8. Juni 1846<br />

Eduards ältester Sohn, Johann <strong>Strauss</strong> Enkel, setzte als letzter direkter Nachfahre die Familientradition<br />

der Komponisten und Musikdirektoren fort. Er wurde 1866 geboren und starb<br />

1939. <strong>Die</strong>ser, auch als Johann <strong>Strauss</strong> junior oder Johann <strong>Strauss</strong> III. bezeichnet, trat zunächst<br />

als Operettenkomponist in Erscheinung. Später gründete er ein eigenes Orchester, mit dem<br />

er für einige Jahre sehr erfolgreich war und auch als Nachfolger seines Vaters die Musik<br />

bei Hof leitete, jedoch ohne Verleihung des Titels „k.k. Hofballmusikdirector“. Als er aber<br />

wegen selbstverschuldeter Krida (die betrügerische oder grob fahrlässige Herbeiführung der<br />

Zahlungsunfähigkeit) verurteilt wurde, war er in Wien nicht mehr haltbar. Er saß seine Strafe<br />

ab, löste seine Kapelle auf und übersiedelte mit seiner Familie und seiner Mutter nach Berlin.<br />

Der Sohn seines Bruders Josef, Eduard II., war bis dato der letzte ausübende Musiker der<br />

<strong>Strauss</strong>-<strong>Dynastie</strong>. Er war Dirigent und starb, nur 59-jährig, im Jahr 1969.<br />

Johann <strong>Strauss</strong> Vater und seine drei Söhne komponierten ungefähr 1.500 Musikstücke,<br />

welche zur Veröffentlichung gelangten, wobei Arrangements von Werken anderer Komponisten<br />

als Tanzmusik nicht mitgezählt sind. Rund 1.200 Stücke sind als Einspielungen von<br />

Orchestern und Ensembles auf Tonträgern verfügbar.<br />

<strong>Die</strong> Liste der Werke von Johann <strong>Strauss</strong> Vater endet mit dem Opus 252. Rund 35 Werke<br />

wurden ohne Opus-Zahl veröffentlicht. <strong>Die</strong> Opus-Liste von Johann <strong>Strauss</strong> Sohn endet mit<br />

der Nummer 479. Er komponierte fünf Werke zusammen mit Josef <strong>Strauss</strong>, zwei Werke komponierten<br />

die drei Brüder gemeinsam.<br />

Darüber hinaus komponierte Johann <strong>Strauss</strong> Sohn 14 Operetten und eine Oper. <strong>Die</strong><br />

15 Ouvertüren, neben zahlreichen Tänzen aus den Bühnenwerken wurden ebenso veröffentlicht<br />

wie rund 60 sonstige Werke, die ohne Opus-Zahlen gedruckt wurden.<br />

Josef <strong>Strauss</strong> komponierte in seinem kurzen Leben und in den nur 17 Jahren, die er als<br />

Musiker, anfangs als „Genie wider Willen“, tätig war, immerhin 283 Werke mit Opus-Zahl,<br />

die im Druck erschienen. Josef <strong>Strauss</strong> war ein Ingenieur. Seinem Bruder Johann schrieb er<br />

einmal: „Meine Liebe zur Musik wird sich nicht in ¾ Takten ergehen – ich fühle auch nicht<br />

das rechte Berufensein darin in mir.“ Weitere 500 Werke oder Arrangements von Kompositionen<br />

anderer Meister, die Josef für das <strong>Strauss</strong>-Orchester umgearbeitet hatte, wurden nicht<br />

gedruckt. Knapp 100 dieser Werke sind nachzuweisen. Auch Eduard <strong>Strauss</strong> war ein fleißiger<br />

Komponist. Seine Opus-Liste endet mit dem 300. Werk, wobei einige Zahlen übersprungen<br />

wurden.<br />

In den späteren Jahren hatte Eduard zunehmend Schwierigkeiten, Musikverlage für den<br />

Druck und die Veröffentlichung seiner Werke zu finden. Selbst die Karnevals-Widmungen<br />

der späten Jahre wurden nicht verlegt. Auch er hat mehr als 300 Werke ohne Opus-Zahl und<br />

Arrangements für Orchester geschaffen.<br />

12 <strong>Die</strong> <strong>Strauss</strong>-<strong>Dynastie</strong>


DER STAMMBAUM DER FAMILIE STRAUSS<br />

(Musiker sind in Grossbuchstaben geschrieben) Abb. 3<br />

Einleitung<br />

13


Wie viele Musikstücke fremder Komponisten die Sträusse für Unterhaltung und Tanzmusik<br />

arrangiert haben, ist nicht mehr genau festzustellen, auch deshalb, weil Eduard Anfang<br />

des 20. Jahrhunderts das Notenarchiv des <strong>Strauss</strong>-Orchesters verbrannt hat. Es folgen<br />

später Einzelheiten über die Spekulationen um diesen Akt. Eduard schrieb 1906 in seinen<br />

„Erinnerungen“ 3 , dass Josef rund 500 und er selbst 309 solcher Arrangements geschaffen<br />

habe.<br />

Im Stammbaum der Familie <strong>Strauss</strong> folgen auf Johann <strong>Strauss</strong> Vater vier weitere Johann<br />

<strong>Strauss</strong>. Zunächst der berühmteste, Johann <strong>Strauss</strong> Sohn, der Schöpfer des „Donauwalzers“<br />

und der „Fledermaus“; danach Johann <strong>Strauss</strong> Enkel, der älteste Sohn von Eduard <strong>Strauss</strong> I.,<br />

der in Wien „der schöne Edi“ genannt wurde, also ein Neffe des berühmtesten Johann, der<br />

ebenfalls Komponist und Kapellmeister war, sowie dessen Sohn, den er ebenfalls Johann<br />

nannte, wie auch dieser wiederum seinen einzigen Sohn Johann nannte.<br />

Der zweite Sohn des schönen Edi erhielt den Namen Josef, den Namen des viel zu früh<br />

verstorbenen „Genies wider Willen“. <strong>Die</strong>ser Josef nannte seinen ältesten Sohn auch wieder<br />

Josef.<br />

Nach dem „schönen Edi“ nannte jeder seiner Söhne einen Nachkommen auf den Namen<br />

Eduard. Der Sohn von Johann <strong>Strauss</strong> Enkel verstarb jedoch gleich nach der Geburt. Josefs<br />

Sohn Eduard wurde der (bislang) letzte ausübende Musiker der Familie <strong>Strauss</strong>, er komponierte<br />

allerdings nicht und verstarb in der intensivsten Phase seines Musikerdaseins mit<br />

nur 59 Jahren. Sein einziger Sohn heißt ebenfalls Eduard, Prof. Dr. Eduard <strong>Strauss</strong>, Jurist,<br />

Richter, Senatspräsident am Oberlandesgericht in Wien i. R. und Vorsitzender des „Wiener<br />

Institutes für <strong>Strauss</strong>-Forschung“.<br />

Auch Karoline, die einzige Tochter des ersten Josef <strong>Strauss</strong>, nannte ihre Buben aus der<br />

Ehe mit Anton Aigner Johann und Josef, der dritte und letzte Sohn erhielt den Namen Emmerich.<br />

Johann <strong>Strauss</strong> Sohn, der „Walzerkönig“, war zwar dreimal verheiratet, alle drei Ehen<br />

blieben kinderlos.<br />

Der zuvor genannte Prof. Dr. Eduard <strong>Strauss</strong>, dem wir bereits die Aufklärung zur Schreibweise<br />

des Namens <strong>Strauss</strong> und die Übernahme derselben hier verdanken, bittet ausdrücklich<br />

darum, dass bei jeder Erwähnung des Namens Johann <strong>Strauss</strong> der Zusatz „Vater“, „Sohn“<br />

oder „Enkel“ benutzt wird, da zahlreiche Menschen angesichts der dominanten Bekanntheit<br />

von Johann <strong>Strauss</strong> Sohn die Existenz des biologischen Gründers der <strong>Strauss</strong>-<strong>Dynastie</strong> und<br />

den in seiner Zeit ebenso genialen und damals ebenso beliebten Johann <strong>Strauss</strong> Vater als<br />

Komponisten gar nicht kennen. Selbst das bekannteste und noch heute, 175 Jahre nach der<br />

Entstehung, jährlich weltweit sicherlich zigtausende Male gespielte Werk, der „Radetzky-<br />

Marsch“ von <strong>Strauss</strong> Vater, wird häufig dem Sohn zugeschrieben.<br />

Um Johann <strong>Strauss</strong> Vater die ihm gebührende Aufmerksamkeit zukommen zu lassen,<br />

bittet Prof. Dr. <strong>Strauss</strong>, diesem Wunsch zu folgen und die zuvor genannten Zusätze zu verwenden,<br />

auch wenn den <strong>Strauss</strong>-Kennerinnen und -Kennern aufgrund der chronologischen<br />

Schilderung der Ereignisse wohl bekannt ist, von welchem Johann <strong>Strauss</strong> jeweils die Rede<br />

ist. Denn zum Beispiel kann Johann <strong>Strauss</strong> Sohn während der Schaffensperiode von Joseph<br />

Lanner noch nicht gemeint sein, weil er bei Lanners Tod erst 17 Jahre alt war und es sich<br />

3 Eduard <strong>Strauss</strong> „Erinnerungen“ Fritz Deutike, Leipzig und Wien 1906.<br />

14 <strong>Die</strong> <strong>Strauss</strong>-<strong>Dynastie</strong>


ei Erwähnung von „<strong>Strauss</strong> und Lanner“ eindeutig um Johann <strong>Strauss</strong> Vater handeln muss;<br />

oder dass eindeutig Johann <strong>Strauss</strong> Sohn gemeint sein muss, wenn von Bühnenwerken die<br />

Rede ist.<br />

Bereits zu Beginn dieser Einleitung wurde die Collage mit den Abbildungen der fünf<br />

komponierenden Sträusse verwendet. Am Anfang eines jeden Kapitels werden <strong>Strauss</strong> Vater<br />

und seine drei Söhne zum deutlichen Hinweis darauf abgebildet, dass dieses Werk keinem<br />

einzelnen, sondern der <strong>Dynastie</strong> <strong>Strauss</strong> gewidmet ist. Außerdem befinden sich hier in der<br />

Einleitung ein Stammbaum und reichlich Statistik über den Gründer der <strong>Dynastie</strong> und seine<br />

drei genialen Söhne. Den Interessentinnen und Interessenten an der gesamten historischbiographischen<br />

Arbeit werden also die Familienmitglieder ausführlich vorgestellt.<br />

Eine Biographie muss unbedingt die Kindheits- und Jugendjahre der Schlüsselpersonen<br />

beinhalten. Johann <strong>Strauss</strong> dürfte erstmals im Jahr 1819 als Aushilfsgeiger vor Publikum<br />

gestanden sein und 1823 zum ersten Mal ein festes Mitglied eines Trios oder eines Quartetts<br />

geworden sein. Im Jahr darauf debütierte er als Dirigent der Lannerʼschen Kapelle,<br />

ohne dass die Wiener Bevölkerung und die Wiener Presse an seiner Person nennenswertes<br />

Interesse gezeigt haben dürften. Trotzdem gehören die Ereignisse in jenen Jahren in dieses<br />

Werk hinein und nehmen daher die ersten Seiten der Kompilation in Anspruch, ohne dass<br />

Johann <strong>Strauss</strong> den Mittelpunkt bildet. Sie handeln überwiegend von Kriegsgeschehen und<br />

politischen Angelegenheiten.<br />

Eine Anmerkung zu den verwendeten Zitaten und Textstellen:<br />

<strong>Die</strong> Herkunft der Zitate ist im Quellennachweis erklärt. In den Originalen wird zwischen<br />

historischem Präsens und Vergangenheit gewechselt. <strong>Die</strong> Originalquellen wurden hier zeitlich<br />

vereinheitlicht und dahingehend fallweise in die Vergangenheitsform abgeändert.<br />

An vielen Stellen dieser Kompilation schien es passend, einzelne Wörter oder Wortfolgen<br />

in der damals verwendeten Schreibweise und im damals üblichen Sprachgebrauch<br />

beizubehalten. <strong>Die</strong>se Wörter oder Wortfolgen sind in Anführungszeichen gesetzt, sie werden<br />

aber nicht wie Zitate behandelt und die einzelnen Quellen werden im Quellennachweis<br />

nicht aufgeführt. Überwiegend sind es Übernahmen aus Annoncen, Berichten und Besprechungen<br />

von Konzerten, Bällen und Festivitäten, die den damaligen Tageszeitungen aus<br />

„ANNO Historische Zeitungen und Zeitschriften“ der Österreichischen Nationalbibliothek<br />

entnommen wurden.<br />

In der Folge wird Wikipedia mit seinen Einträgen zu einzelnen Jahren als Quelle genutzt,<br />

um einen Überblick über die damaligen Ereignisse zu schaffen.<br />

Auf eine einheitliche Schreibweise, insbesondere von Werktiteln, Veranstaltungsstätten<br />

wie Sälen und Casinos, Ortschaften oder Ortsteilen, Personentiteln, aber auch von Namen<br />

wurde im 19. Jahrhundert wenig Wert gelegt. Nicht zuletzt aufgrund der vielen Zitate aus<br />

unterschiedlichsten Quellen findet sich auch im vorliegenden Werk keine vereinheitlichte<br />

Schreibung.<br />

Einleitung<br />

15


Kapitel 1<br />

1801 bis 1829 <strong>Strauss</strong> Vaters Kindheit, Jugend und frühe Jahre


1801<br />

JOSEPH LANNER<br />

Am 12. April 1801 wurde in Sankt Ulrich bei Wien Joseph Lanner, der spätere Freund,<br />

Wegbegleiter, Arbeitgeber und Kontrahent von Johann <strong>Strauss</strong> Vater, geboren.<br />

Das Lanner-Haus im 7. Bezirk von Wien in der Mechitaristengasse Nr. 5, Abb. 1<br />

rechts Joseph Lanner, Lithographie von Josef Kriehuber, um 1825. Abb. 2<br />

„Seine Eltern waren der Handschuhmachergeselle Martin Lanner und die Wirtschafterin<br />

Maria Anna Lanner geb. Scherhauff. Eine zunächst begonnene Graveurlehre an der Akademie<br />

der bildenden Künste schloss er nicht ab. Über seine Anfänge als Musiker ist sehr<br />

wenig bekannt. Bereits als Kind begann er Tanzstücke zu komponieren. Seine musikalische<br />

Laufbahn begann er im Alter von 12 Jahren, als er dem Orchester seines Lehrmeisters<br />

Michael Pamer als Violinist beitrat. Hier lernte er später auch Johann <strong>Strauss</strong> Vater kennen,<br />

dessen langjähriger Freund, aber auch musikalischer Konkurrent er werden sollte. Später<br />

leitete er ein Orchester, das aus einem von ihm gegründeten Terzett hervorgegangen war.“ 1<br />

Im Jahre 1829 wurde Lanner zum Musikdirektor der Redoute berufen, kurze Zeit später<br />

nahm er zusätzlich die Leitung der Wiener Bürgerregimentskapelle wahr. Es folgten mehrere<br />

Anstellungen als Musikdirektor in verschiedenen Hotels und Etablissements.<br />

„Am 28. November 1828 heiratete Joseph Lanner Franziska Jahns. Ihre Kinder waren<br />

die Tänzerin Katharina Lanner, der Komponist und Dirigent August Lanner und die ebenfalls<br />

hochbegabte, früh verstorbene Franziska Karoline Lanner (1836–1853). Lanner, dessen<br />

Ehe am 21. September 1842 gerichtlich ‚von Tisch und Bett getrennt‘ wurde, lebte ab<br />

1 https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Lanner<br />

17


ca. 1838 mit der Wiener Fleischhauerstochter Marie Kraus zusammen. Am 6. Oktober 1843<br />

kam in Oberdöbling sein posthumer Sohn Joseph Carl Maria Kraus zur Welt.“ 2<br />

ANNA STREIM, DIE SPÄTERE FRAU ANNA STRAUSS<br />

Am 30. August 1801 wurde Maria Anna Streim, die spätere Anna <strong>Strauss</strong>, geboren.<br />

Sie „war die Tochter des Liechtentaler Wirts Josef Streim und dessen Frau Maria Anna<br />

Streim geborene Rober. Als sie am 11. Juli 1825 Johann <strong>Strauss</strong> Vater (1804–1849) heiratete<br />

erwartete sie bereits ein Kind von ihm. […] Anna soll auch sehr musikalisch gewesen<br />

sein.“ 3<br />

1804<br />

JOHANN STRAUSS VATER<br />

Anna <strong>Strauss</strong>, geborene Streim Abb. 3<br />

Johann Baptist <strong>Strauss</strong>, der später als Johann <strong>Strauss</strong> Vater die Walzerdynastie <strong>Strauss</strong> begründen<br />

wird, kam am 14. März 1804 in der Leopoldstadt in Wien als drittes Kind von Franz<br />

Borgias <strong>Strauss</strong> (geboren 1764 in Wien) und Barbara Dollmann (geboren 1770 in Wien) zur<br />

Welt. Seine Schwester Ernestine war sechs Jahre älter und wird noch einige Male erwähnt<br />

werden. Eine weitere Schwester, Anna, verstarb bereits 1802 gleich nach der Geburt.<br />

2 https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Lanner<br />

3 https://www.johann-strauss.at/forschung/biografien/anna-streim/<br />

18 Kapitel 1


Abb. 4 / 5<br />

Geburtshaus von Johann <strong>Strauss</strong> Vater (heute Floßgasse 7), um 1906 demoliert. Damals eine<br />

Bierwirtschaft, gepachtet von den Eltern Johanns von 1803 bis 1808. Der Text auf der Gedenktafel<br />

lautet: „In diesem Haus wurde Johann <strong>Strauss</strong> Vater, der Kunst- und Zeitgenosse<br />

Lannerʼs, am 14. März 1804 geboren.“<br />

Auszug aus dem Stadtplan von Carl Graf Vasquez ca. 1830,<br />

bearbeitet von Claus Kegel. Abb. 6<br />

1801 bis 1829 <strong>Strauss</strong> Vaters Kindheit, Jugend und frühe Jahre<br />

19


Während der Kindheitsjahre von Johann <strong>Strauss</strong> Vater, Anna Streim und Joseph Lanner<br />

bestimmten die Napoleonischen Kriege das Leben in ganz Europa mit all ihren Schrecken<br />

und Entbehrungen für die Bevölkerungen. <strong>Die</strong> nächsten Kapitel beschreiben daher in Stichworten<br />

die wichtigsten Ereignisse jener Jahre, in denen diese drei Personen aufwuchsen.<br />

Am 18. Mai 1804 wurde Napoleon Bonaparte zum Kaiser Napoleon I. Frankreichs proklamiert,<br />

am 2. Dezember 1804 krönte er sich im Beisein von Papst Pius VII. in der Kathedrale<br />

Notre-Dame de Paris selbst zum Kaiser der Franzosen.<br />

Napoleon Bonaparte Abb. 7 Kaiser Franz II Abb. 8<br />

Kaiser Franz II. des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation proklamierte am 11.<br />

August 1804 das Erbkaisertum Österreich, um seine kaiserliche Hausmacht zu erhalten und<br />

damit die Ranggleichheit mit Napoleon I. zu wahren. Franz nahm den Titel eines erblichen<br />

Kaisers von Österreich an und wurde als solcher als Franz I. bezeichnet. Das Heilige Römische<br />

Reich Deutscher Nation war damit aufgelöst. 4<br />

Weitere Ereignisse 5<br />

Technik<br />

Am 21. Februar bestand die erste Schienendampflokomotive der Welt, gebaut von Richard<br />

Trevithick, erfolgreich ihre Probefahrt.<br />

4 https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_II._(HRR)<br />

5 https://de.wikipedia.org/wiki/1804<br />

20 Kapitel 1


Geboren<br />

Juni: Michail Iwanowitsch Glinka, russischer Komponist († 1857).<br />

September: Eduard Mörike, deutscher Lyriker und Erzähler († 1875).<br />

Gestorben<br />

12. Februar: Immanuel Kant, deutscher Philosoph (* 1724).<br />

1805 6<br />

Der Dritte Koalitionskrieg, auch Zweiter Napoleonischer Krieg, fiel in das Jahr 1805. Er<br />

wurde ausgetragen zwischen Frankreich und seinen deutschen Verbündeten, insbesondere<br />

Württemberg, Bayern und Baden, und den Alliierten um Großbritannien, Russland, Österreich,<br />

Schweden und Neapel. Den Truppen Napoleons I. gelang am 13. November die Einnahme<br />

Wiens.<br />

<strong>Die</strong> erste Besetzung verlief kampflos: Drei französische Marschälle kamen mit weißer<br />

Fahne über die Taborbrücke, die damals einzige und stark verteidigte Donaubrücke, und<br />

überzeugten den österreichischen Befehlshaber, dass der Krieg eigentlich schon vorbei sei.<br />

Im Anschluss lockte Napoleon die Russen und Österreicher durch geschickte Vortäuschung<br />

eigener Schwäche in die Schlacht bei Austerlitz, die er am 2. Dezember 1805 gewann.<br />

Zwar wurde die französische Flotte am 21. Oktober 1805 bei Trafalgar von Nelson<br />

vernichtend geschlagen, aber auf dem Kontinent bedeutete Austerlitz die Entscheidung. Am<br />

26. Dezember 1805 wurde mit Österreich der Friedensvertrag von Pressburg geschlossen.<br />

<strong>Die</strong> Bedingungen waren hart. <strong>Die</strong> Habsburgermonarchie verlor Tirol und Vorarlberg an<br />

Bayern und ihre letzten italienischen Besitzungen fielen an das napoleonische Königreich<br />

Italien.<br />

Geboren<br />

27. Januar: Sophie Friederike von Bayern (Sophie von Österreich), Tochter von König<br />

Maximilian I. von Bayern († 1872) Mutter des späteren Kaisers Franz Josephs I.<br />

22. April: Johann Philipp Holzmann, Bauunternehmer und Gründer der Baufirma Philipp<br />

Holzmann AG († 1870)<br />

Gestorben<br />

14. August: Friederike von Hessen-Darmstadt, Frau von König Friedrich Wilhelm II. (Preußen)<br />

(geboren 1751) und Mutter des regierenden preußischen Königs.<br />

1806<br />

Am 29. März starb Franz <strong>Strauss</strong>, ein Bruder von Johann <strong>Strauss</strong> Vater, im Alter von nur<br />

sieben Monaten. Sein genaues Geburtsdatum im Jahr 1805 ist nicht bekannt.<br />

6 https://de.wikipedia.org/wiki/1805<br />

1801 bis 1829 <strong>Strauss</strong> Vaters Kindheit, Jugend und frühe Jahre<br />

21


Ereignisse 7<br />

Politik<br />

<strong>Die</strong> Herrscher Bayerns (Maximilian Joseph) und Württembergs (Friedrich) wurden zu Königen.<br />

Am 6. August endete das Heilige Römische Reich, da Kaiser Franz II. aus dem Hause Habsburg-Lothringen<br />

die Kaiserkrone niederlegte.<br />

9. Oktober: Friedrich Wilhelm III. erklärte Frankreich den Krieg.<br />

Im Oktober schlug Napoleon in der Schlacht bei Jena und Auerstedt die preußische Armee<br />

und zog mit seinen Truppen in Berlin ein.<br />

28. November: Der russische Zar Alexander I. trat in den Krieg gegen Napoleon mit ein.<br />

20. Dezember: Der sächsische Kurfürst Friedrich August III. wurde zum König proklamiert<br />

und lenkte die Geschicke des Königreichs Sachsen als Friedrich August I.<br />

24. Dezember: <strong>Die</strong> vorausgegangene russische Besetzung der Donaufürstentümer Moldawien<br />

und Walachei löste die Kriegserklärung des Osmanischen Reiches an den Zaren aus.<br />

Wirtschaft<br />

1. Juni: In Preußen wurde Papiergeld, sogenannte „Tresorscheine“, ausgegeben.<br />

Kultur<br />

19. Oktober: Johann Wolfgang von Goethe und Christiane Vulpius wurden in der Sakristei<br />

der Weimarer Jakobskirche getraut. Er vollendete 1806 die Trilogie „Faust“ und veröffentlichte<br />

den ersten Teil.<br />

Ausserdem<br />

26. Februar: Kaiser Napoleon I. erteilte den Auftrag zum Bau eines Triumphbogens in Paris.<br />

1807<br />

8<br />

7. Januar: Russische Truppen marschierten in Bukarest ein.<br />

Im Juni und Juli wurden zunächst der russisch-französische Waffenstillstand und dann der<br />

preußisch-französische Waffenstillstand geschlossen.<br />

6. Juli: Napoleon traf den preußischen König Friedrich Wilhelm III. und seine Frau Luise<br />

in Tilsit.<br />

9. Juli: Der Frieden von Tilsit beendete den Vierten Koalitionskrieg.<br />

Im November wurde das Schottengymnasium in Wien eröffnet, welches später die <strong>Strauss</strong>-<br />

Söhne besuchten.<br />

Geboren<br />

Juli: Giuseppe Garibaldi, Guerillakämpfer († 1882).<br />

7 https://de.wikipedia.org/wiki/1806<br />

8 https://de.wikipedia.org/wiki/1807<br />

22 Kapitel 1


10. November: Robert Blum, deutscher Politiker der Märzrevolution und Abgeordneter<br />

(† 1848).<br />

1808<br />

<strong>Die</strong> Familie <strong>Strauss</strong> übersiedelte im Jahr 1808 von der Floßgasse in die nicht allzu weit entfernte<br />

Weintraubengasse, wo Vater Franz Borgias <strong>Strauss</strong> künftig die Bierwirtschaft „Zum guten<br />

Hirten“ führte. Johanns Mutter Barbara hatte im Jahr zuvor eine weitere Tochter, Josefa,<br />

geboren. Ernestine <strong>Strauss</strong> war damals zehn Jahre alt, Johann gerade vier.<br />

Auszug aus dem Stadtplan von Carl Graf Vasquez ca. 1830. Abb. 9<br />

Kaiser Franz I. heiratete am 6. Januar 1808 in Wien in dritter Ehe seine Cousine Prinzessin<br />

Maria Ludovika Beatrix von Modena (1787–1816).<br />

Kaiser Franz war zuvor schon zwei Mal verheiratet gewesen und war bereits 13-facher<br />

Vater. <strong>Die</strong> beiden letzten Ehen blieben beide kinderlos.<br />

Ebenfalls 1808 wurde der Apollosaal eröffnet, ein Vergnügungsetablissement im ehemaligen<br />

Wiener Vorort Schottenfeld, in der damaligen Zieglergasse 15 im heutigen 7. Wiener<br />

Gemeindebezirk. Der Arzt und Mechaniker Sigmund Wolffsohn (1767–1852), der 1795<br />

eine Maschinen- und Bandagenfabrik gegründet hatte, baute im Bereich der heutigen Apollogasse<br />

einen Vergnügungssaal, der am 10. Januar 1808 eröffnet wurde. Der Tanzsaal bot<br />

8.000 Besuchern Platz. Wolffsohn verdiente Unsummen mit der Produktion von gut beweglichen<br />

Ersatzgliedern und künstlichen Körperteilen aller Art für die unzähligen Versehrten<br />

aus den jahrzehntelangen Kriegen jener Zeit in Europa.<br />

1801 bis 1829 <strong>Strauss</strong> Vaters Kindheit, Jugend und frühe Jahre<br />

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