Junia Magazin 6/2023
Junia ist das Mitgliedermagazin des kfd-Bundesverbandes. Mehr unter: www.junia-magazin.de
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HT<br />
gen. Männer bemerken und kommunizieren Schlafstörungen<br />
anders: Sie berichten eher davon, dass sie<br />
tagsüber weniger leistungsfähig sind, am Tag einen<br />
Schlafdrang verspüren.<br />
Wieso ist es sinnvoll, auch in der Schlafmedizin<br />
nach frauenspezifischen Aspekten zu schauen?<br />
Weil wir immer die hormonelle Situation der Frau<br />
berücksichtigen müssen, denn unsere Hormone<br />
beeinflussen unseren Schlaf. Bei Frauen sehr viel<br />
stärker als bei Männern. Während der Menstruation<br />
schlafen wir schlechter, in der Schwangerschaft und<br />
Stillzeit ist der Schlaf wiederum gestört. In der Prä-Menopause kommt<br />
es zu ersten Hitzewallungen, die uns nicht schlafen lassen, und ältere<br />
Patientinnen nach der Menopause brauchen weniger Schlaf als vorher.<br />
Diese Gruppe denkt dann, sie schlafe schlecht, aber: Wer um 21 Uhr<br />
ins Bett geht, womöglich noch ein Mittagsschläfchen gemacht hat, der<br />
ist dann mitunter um 4 Uhr morgens wiederfit ...<br />
Internistin und Schlafmedizinerin<br />
Martina Wenker, Präsidentin der<br />
Ärztekammer Niedersachsen<br />
Welche Gründe für eine Schlafstörung sind bei Frauen häufig?<br />
Bei Frauen häufiger als bei Männern ist das Restless-Legs-Syndrom:<br />
Wenn ich also abends nicht zur Ruhe komme, wenn in meinen Beinen<br />
eine Bewegungsunruhe herrscht. Oft bringen die Betroffenen das gar<br />
nicht mit Schlafproblemen zusammen, tatsächlich stört es die Nachtruhe<br />
aber sehr. Eisenmangel, Krampfadern, auch eine Schwangerschaft<br />
können Ursachen für Restless-Legs sein. Außerdem können Frauen –<br />
ebenso wie Männer – unter einer Schlaf-Apnoe leiden, also unter Atemaussetzern<br />
durch Schnarchen. Nur: Das Thema ist bei Frauen immer<br />
noch mit Scham behaftet, und gleichzeitig hat die Medizin lange gar<br />
nicht danach geschaut, ob Frauen schnarchen. Dabei schnarchen wir<br />
durchaus genauso wie Männer. Ganz wichtig: Eine Schlaf-Apnoe zeigt<br />
sich bei Frauen häufig erst in höherem Lebensalter, und die Beschwerdesymptomatik<br />
ist anders als bei Männern. Sie leiden häufig nach den<br />
Wechseljahren unter einem Gefühl der Antriebslosigkeit, dauernder<br />
Müdigkeit, auch Depressionen. Dahinter kann eine nicht erkannte<br />
Schlaf-Apnoe stecken. Deshalb ist es als Medizinerin und Mediziner<br />
ganz wichtig, geschlechts-spezifische Symptome zu hinterfragen und<br />
gezielte Nachfragen zu stellen.<br />
Was sind Warnzeichen, dass mein Schlaf gestört sein könnte?<br />
Bedenklich wird es, wenn ich morgens wie gerädert aufwache und<br />
mich tagsüber müde und kraftlos fühle, womöglich sogar spontan<br />
einnicke. Ab und zu kann so etwas vorkommen, aber wenn dieses<br />
Gefühl der Energielosigkeit die Tage öfter oder über einen längeren<br />
Zeitraum beherrscht, sollte ich das abklären lassen. Es macht Sinn, ein<br />
Schlaftagebuch zu führen. Dann sollte ich zunächst mit meinem Hausarzt<br />
sprechen. Der klärt erst einmal ab, ob mich<br />
vielleicht eine neu aufgetretene Krankheit wie<br />
zum Beispiel Rheuma oder Diabetes vom Schlaf<br />
abhält. Niedergelassene Fachärzte können zudem<br />
ein Schlaf-Screening machen, bei dem ich einen<br />
kleinen Koffer mit nach Hause bekomme, der<br />
etwa die Sauerstoffsättigung in der Nacht misst.<br />
Das kann ein erster Hinweis auf eine Schlaf-Apnoe<br />
sein. Erst danach könnte man einen Termin<br />
im Schlaflabor machen.<br />
Frauen leiden oft auch unter dem „Gedankenkarussell“,<br />
grübeln im Bett über Probleme.<br />
Was hilft, um abzuschalten?<br />
Wenn ich mich beim Einschlafen frage, ob ich beispielsweise<br />
wirklich das Licht im Bad ausgeschaltet<br />
habe, oder mir noch einfällt, dass ich morgen<br />
Brot einkaufen muss, dann einfach: Schnell aufstehen,<br />
nachsehen, Zettel schreiben. In Zeiten der<br />
globalen Krisen belasten uns aber natürlich auch schwierigere Probleme.<br />
Da hilft es, nicht um 22 Uhr noch Nachrichten zu schauen,<br />
nicht mit belastenden Bildern ins Bett zu gehen. Und man muss sich<br />
klarmachen: Es gibt Dinge, die werde ich heute Abend in diesem Bett<br />
liegend nicht mehr ändern, ich muss sie loslassen. Hausmittel wie eine<br />
warme Milch mit Honig oder eine Wärmflasche im Bett beruhigen und<br />
sorgen für ein Gefühl der Geborgenheit.<br />
Was kann ich selbst noch tun, um meinen Schlaf zu verbessern?<br />
Wir leben in einer Zeit, in der wir ständig Licht ausgesetzt sind, bis spät<br />
abends sitzen wir vor dem Fernseher, Tablet, Smartphone. Diese ständige<br />
Beleuchtung lässt unseren Körper kein Melatonin ausschütten.<br />
Deshalb gehören diese Dinge auch nicht ins Schlafzimmer. Schaffen Sie<br />
eine schlaffördernde Umgebung, die ruhig, dunkel und kühl ist. Das<br />
Schlafzimmer sollte nicht gleichzeitig Arbeitszimmer sein, auch die Bügelwäsche<br />
sollte sich hier nicht stapeln. Außerdem: Nicht zu spät noch<br />
Sport machen, keinen Kaffee, keinen Alkohol trinken, nicht rauchen.<br />
Und: Lesen Sie vor dem Schlafen ganz analog ein Buch!<br />
Isabelle De Bortoli stellte die Fragen.<br />
FRAUENFRAGEN – SCHLAF<br />
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