Grenzenlos Winter 2023 Printausgabe
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
46 GLETSCHERFORSCHUNG<br />
47<br />
SCHMELZENDE<br />
RIESEN:<br />
DAS STILLE<br />
VERSCHWINDEN<br />
DER GLETSCHER<br />
Welche gravierenden Auswirkungen hat der<br />
Klimawandel auf die Gletscher? Mit dieser<br />
Frage beschäftigen sich die Wissenschaftler<br />
der höchstgelegenen Umweltforschungsstation<br />
knapp unterhalb der Zugspitze: das<br />
Schneefernerhaus.<br />
Vor 20.000 Jahren war der absolute Höchststand<br />
der letzten Eiszeit. Das weitreichende<br />
Eisstromnetz in den Alpen führte dazu, dass<br />
nur noch die größten Gipfel und Gebirgsgrate<br />
aus der spiegelglatten Eisoberfläche rausragten. Die<br />
großen Eismassen schoben sich über das Land und<br />
formten das majestätische Antlitz der Alpen und das<br />
idyllische Alpen vorland mit seinen tiefen Mulden und<br />
verborgenen Senken. Vor 10.000 Jahren ging diese frostige<br />
Zeit zu Ende und das Schmelzwasser kreierte riesige<br />
Urstrom täler, wie beispielsweise das Tal der Elbe. Heute<br />
gibt es im Alpenraum nur noch rund 4.000 Gletscher,<br />
davon vier in Bayern – ein Unterschied wie Tag und<br />
Nacht –, denn ab Mitte des 19. Jahrhunderts begann das<br />
große Schmelzen.<br />
Laura Schmidt ist für die Presse und Öffentlichkeitsarbeit<br />
des Schneefernerhauses, das auf 2.650 Metern<br />
Höhe liegt, zuständig. Sie schafft es, besonders komplexe<br />
Forschungsergebnisse für jedermann verständlich nach<br />
außen zu tragen. Schließlich wird dieser Ort von Wissenschaftlern<br />
aus unterschiedlichen Fach gebieten genutzt,<br />
sodass es immer wieder etwas neues Spannendes zu<br />
berichten gibt. Angefangen bei der Atmosphärenforschung<br />
über die Wolken dynamik und Hydrologie<br />
bis hin zur Beobachtung des Pollenflugs und natürlich<br />
den Gletschern. Dabei werden die Datenreihen<br />
der Gletscher mit verschiedenen Mess methoden wie<br />
Satelliten verfahren laufend aktualisiert.<br />
Schnee, Schnee und noch mehr Schnee<br />
„Ein Gletscher entwickelt sich über mehrere Jahre, wenn<br />
mehr Schnee hinzukommt als abschmilzt. Sobald der<br />
Schnee liegen bleibt und dichter wird, entsteht nach<br />
einem Jahr Firn. Erst wenn dieser länger überdauert, formt<br />
sich ein Gletscher. Schließlich beginnt er bergabwärts in<br />
Richtung Tal zu fließen. Wann das genau passiert, hängt<br />
mit der Hangneigung, der Eismasse, der Beschaffenheit<br />
des Felsbettes und der Temperatur zusammen. Grundsätzlich<br />
besteht ein Gletscher aus einem oberen Teil, das<br />
als Nährgebiet bezeichnet wird, und einem unteren Teil,<br />
das Zehrgebiet genannt wird. Das Eis bewegt sich im<br />
Nährgebiet schneller als im Zehrgebiet“, erklärt Schmidt.<br />
Meter für Meter bewegt sich das Eis nur langsam voran.<br />
Unten angekommen entsteht oft, aber nicht immer, eine<br />
lang gestreckte und schmale Gletscherzunge. Dort bildet<br />
sich Schmelzwasser, welches die umliegenden Flüsse und<br />
Bäche füllt.<br />
In den Alpen existieren derzeit nur noch kleine<br />
Gletscher, die jedoch nicht weiterwachsen können.<br />
Woran das liegt, weiß Schmidt ganz genau: „Für den<br />
Gletscher schwund gibt es eine Vielzahl an Gründen,<br />
die alle zusammen spielen: Höhere Lufttemperaturen,<br />
Bilder: Laura Schmidt<br />
GRENZENLOS · WINTER <strong>2023</strong>/24