Gesundheitsexperten | Herz und Gefäße
Das Medizin-Journal für Rhein-Main
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<strong>Herz</strong> <strong>und</strong> <strong>Gefäße</strong><br />
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Unser Experte<br />
Wann ist ein<br />
<strong>Herz</strong>katheter sinnvoll?<br />
Effektive Behandlung von koronarer <strong>Herz</strong>krankheit,<br />
Rhythmusstörungen <strong>und</strong> mehr<br />
Prof. Dr. Ralf Lehmann<br />
Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie,<br />
<strong>und</strong> Internistische Intensivmedizin<br />
Herr Prof. Lehmann, Sie haben<br />
vor nunmehr fünf Jahren die Leitung<br />
der Kardiologie bei Asklepios<br />
Langen übernommen <strong>und</strong> die Klinik<br />
in dieser Zeit zu einer überregionalen<br />
Schwerpunktabteilung<br />
ausgebaut. Eine wichtige Rolle im<br />
Rahmen Ihrer zertifizierten Chest-<br />
Pain-Unit für den 24-St<strong>und</strong>en-Einsatz<br />
zur Notfallbehandlung bei<br />
unklaren Brustschmerzen spielt<br />
das <strong>Herz</strong>katheterlabor. Bei welchen<br />
<strong>Herz</strong>erkrankungen kommt ein<br />
<strong>Herz</strong>katheter zum Einsatz?<br />
Ein <strong>Herz</strong>katheter kommt zum Einsatz,<br />
wenn in der vorhergehenden nicht-invasiven<br />
Diagnostik durch EKG, Ultraschall<br />
<strong>und</strong> gegebenenfalls Computertomographie<br />
<strong>und</strong> Magnetresonanztomographie<br />
beispielsweise Verengungen<br />
der <strong>Herz</strong>kranzgefäße festgestellt<br />
wurden. Denn bei der <strong>Herz</strong>katheteruntersuchung<br />
kann nicht nur eine präzise<br />
Diagnostik erfolgen, sondern auch<br />
eine minimalinvasive Behandlung.<br />
Dabei wird ein dünner Katheter<br />
unter Röntgenkontrolle vom Handgelenk,<br />
oder auch der Leiste aus über eine<br />
Arterie bis zum <strong>Herz</strong>en vorgeschoben.<br />
Über diesen Katheter lassen sich verschiedenste<br />
Instrumente zur Diagnostik<br />
<strong>und</strong> Therapie bis an die Engstelle<br />
führen, um diese nicht nur bildlich<br />
darzustellen, sondern auch genauer zu<br />
bestimmen, mittels Ballonkatheter aufzudehnen<br />
<strong>und</strong> gegebenenfalls mit einem<br />
sogenannten Stent (Gefäßstütze) dauerhaft<br />
offen zu halten.<br />
Damit ist die <strong>Herz</strong>katheteruntersuchung<br />
unverzichtbar bei Notfällen wie<br />
<strong>Herz</strong>infarkt oder Angina pectoris wie<br />
auch bei der Behandlung der koronaren<br />
<strong>Herz</strong>krankheit (KHK).<br />
Der <strong>Herz</strong>katheter spielt jedoch<br />
auch bei anderen <strong>Herz</strong>erkrankungen<br />
eine zentrale Rolle. Wie sieht es<br />
zum Beispiel bei <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen<br />
aus? Die werden ja<br />
immer häufiger …<br />
Leider ja, vor allem bei älteren Menschen.<br />
Man geht davon aus, dass fast 20<br />
Prozent aller über 70-Jährigen darunter<br />
leiden. Glücklicherweise benötigen viele<br />
<strong>Herz</strong>rhythmusstörungen keine weitere<br />
Behandlung, es sei denn, der Leidensdruck<br />
für den Patienten ist sehr hoch.<br />
Auf jeden Fall sollte eine Rhythmusstörung<br />
sorgfältig abgeklärt werden.<br />
Das geschieht zunächst über ein<br />
EKG sowie ein Belastungs-EKG, eventuell<br />
auch über ein Langzeit-EKG. Weitere<br />
Informationen liefert dann ein<br />
<strong>Herz</strong>ultraschall. Gegebenenfalls können<br />
auch eine kontinuierliche Monitor-<br />
Überwachung auf der kardiologischen<br />
Überwachungsstation (IMC), eine telemetrische<br />
Monitorüberwachung sowie<br />
ein tragbarer Ereignisrekorder zum Einsatz<br />
kommen.<br />
Aus der Diagnostik ergibt sich die<br />
Therapie: So kann allein schon die Beseitigung<br />
der Ursache, wie zum Beispiel<br />
die Behandlung einer koronaren <strong>Herz</strong>erkrankung<br />
helfen. Ansonsten haben<br />
wir bei behandlungsbedürftigen <strong>Herz</strong>rhythmusstörungen<br />
vier therapeutische<br />
Säulen: die medikamentöse, die Wiederherstellung<br />
des Rhythmus über die sogenannte<br />
Kardioversion, die Verödung<br />
von bestimmten Erregungsherden im<br />
<strong>Herz</strong>en über die Katheterablation <strong>und</strong><br />
die Implantation eines Kardioverter-<br />
Defibrillators (ICD).<br />
Im Akutfall ist die Kardioversion<br />
eine sehr effektive <strong>und</strong> sichere Option,<br />
die unter Mini-Narkose durchgeführt<br />
wird. Ihr Nachteil ist aber, dass sich in<br />
vielen Fällen die Rhythmusstörung nach<br />
einiger Zeit wieder einstellt. Wenn eine<br />
Rhythmusstörung erst in späteren Jahren<br />
auftritt, besteht jedoch durchaus die<br />
Möglichkeit, dass eine Kardioversion<br />
genügt, damit der Patient viele Jahre<br />
Ruhe hat. Gegebenenfalls kann man das<br />
auch wiederholen.<br />
Bei Vorhofflimmern hat sich die Katheter-Ablation<br />
bewährt, die langfristig<br />
bessere Ergebnisse als die medikamentöse<br />
Therapie bringt. Dabei wird ein<br />
Katheter von der Leiste her über die<br />
große Hohlvene bis zum rechten Vorhof<br />
geschoben, über den gestörte Erregungsstellungen<br />
mit hochfrequentem<br />
Strom (Hitze) oder mit Kälte verödet<br />
werden. Die Erfolgsquote liegt beim<br />
ersten Eingriff bei etwa 70 Prozent,<br />
beim zweiten Eingriff deutlich höher.<br />
Das Ganze ist mittlerweile ein Routineeingriff<br />
mit einer sehr niedrigen Komplikationsrate,<br />
eignet sich aber nicht für<br />
jeden Patienten.<br />
Ein eingesetzter Defibrillator kann<br />
bei Kammerflimmern einen plötzlichen<br />
<strong>Herz</strong>tod vermeiden. Dabei handelt es<br />
sich um ein Gerät, das einem Schrittmacher<br />
gleicht <strong>und</strong> das unter lokaler<br />
Betäubung im <strong>Herz</strong>katheterlabor eingesetzt<br />
wird. Wir implantieren dazu in<br />
Langen alle erforderlichen Schrittmachersysteme<br />
(Ein- Zweikammerschrittmacher,<br />
CRT-P) <strong>und</strong> Defibrillatoren<br />
(CRT-D, ICD) sowie Ereignisrekorder.<br />
Im <strong>Herz</strong>katheterlabor können<br />
zudem heute <strong>Herz</strong>probleme behandelt<br />
werden, die früher nur über<br />
eine offene Operation möglich<br />
waren, nicht wahr?<br />
Das ist richtig. Wir behandeln damit<br />
strukturelle <strong>Herz</strong>erkrankungen interventionell,<br />
also „von innen“. So können<br />
wir beispielsweise ein Loch in der <strong>Herz</strong>scheidewand<br />
(Vorhof- oder Ventrikelseptumdefekt)<br />
über den Katheter mit<br />
einem „Schirmchen“ verschließen. Ein<br />
solches „Schirmchen“ kommt auch beim<br />
Verschluss des linken <strong>Herz</strong>ohrs bei<br />
Schlaganfallrisiko-Patienten zum Einsatz.<br />
So können sich dort keine Blutgerinnsel<br />
mehr bilden.<br />
In zwei großen Studien zeigte sich,<br />
dass ein Vorhofohrverschluss mindestens<br />
ebenso wirksam vor einem Schlaganfall<br />
schützt wie blutverdünnende Medikamente.<br />
Gleichzeitig wird das Risiko<br />
einer schweren Blutung reduziert.<br />
Auch ein Teil der <strong>Herz</strong>klappenerkrankungen<br />
(zum Beispiel Aortenklappenstenose,<br />
Mitralklappeninsuffizienz)<br />
können mithilfe von kathetergestützten<br />
Verfahren (zum Beispiel. TAVI <strong>und</strong><br />
Mitraclip) behandelt werden. Hier ist<br />
die interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />
mit einer herzchirurgischen Abteilung<br />
wichtig, um das beste Behandlungsverfahren<br />
für jeden einzelnen Patienten<br />
gemeinsam festzulegen. Wir haben diesbezüglich<br />
eine enge Kooperation mit der<br />
Universitätsklinik Frankfurt aufgebaut.<br />
Kontakt<br />
Asklepios Klinik Langen<br />
Röntgenstraße 20 · 63225 Langen<br />
Telefon: (0 61 03) 9 12-6 13 38 · Fax: (0 61 03) 9 12-18 41 · ra.lehmann@asklepios.com<br />
www.asklepios.com<br />
Das Medizin-Journal für Rhein-Main l November 2023<br />
www.rmm.de