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XtraBlatt Ausgabe 02-2023

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Ein teilmobiles<br />

Verfahren zur<br />

Pelletproduktion<br />

muss aus betriebswirtschaftlicher<br />

Sicht<br />

genau geprüft werden.<br />

Der Einsatz von Pellets<br />

rechnet sich dann<br />

nur in den Bereichen<br />

zwischen 45 und 55 €<br />

pro t Mais.<br />

Zur Person<br />

Dr. Dirk Augustin ist<br />

Leiter der Versuchsbetriebe<br />

der Uni<br />

Göttingen.<br />

Der Energiebedarf der mobil eingesetzten Premos<br />

mit ca. 12 l Kraftstoff pro t Pellets erscheint zunächst<br />

recht hoch zu sein. Klingt viel, ist aber<br />

nur 6 % der Energie, die wir über das Gas wieder<br />

zurückbekommen.<br />

Die Pellets sind unter trockenen Bedingungen<br />

dauerhaft lagerstabil. Der Nachteil ist jedoch:<br />

Kommt das Material mit Feuchtigkeit in Berührung,<br />

quillt es sofort auf. Bei Windeinwirkung<br />

können sich die Strohbestandteile in der Umgebung<br />

verteilen.<br />

<strong>XtraBlatt</strong>: Wieviel Mais konnten Sie in der<br />

BGA durch Strohpellets ersetzen?<br />

Dr. Dirk Augustin: Grundsätzlich lässt sich<br />

sagen: In jeder Anlage ist der Einsatz von Strohpellets<br />

möglich. Die Handhabung ist sehr einfach,<br />

zusätzliche Investitionen sind nicht nötig. Im<br />

Labor haben wir mit 1 t Strohpellets 2,2 t Mais mit<br />

einer Trockensubstanz von ca. 35 % ersetzt. In der<br />

Praxis konnten wir nur 2,1 t Mais substituieren,<br />

also 5 % weniger. Als Grund vermuten wir: Die<br />

Gasentstehung mit Strohpellets erfolgt etwas<br />

langsamer als bei den übrigen Substraten. Stroh<br />

hat in der BGA eine etwas höhere Verweildauer,<br />

so dass tendenziell mehr unvergorenes Material<br />

die Kaskaden durchläuft.<br />

<strong>XtraBlatt</strong>: Wo stießen Sie an Grenzen und wo<br />

sind Pellets ein vorteilhaftes Substrat?<br />

Dr. Dirk Augustin: Die Grenze lag bei uns bei<br />

ca. 20 % der TM in der Gesamtration. Bei höheren<br />

Werten war in unserer Anlage die Rührfähigkeit<br />

beeinträchtigt. Aber diese Werte sind natürlich<br />

betriebsindividuell zu betrachten. Sie sind abhängig<br />

von der Ausgangsfütterung der Anlage.<br />

Je niedriger der TS-Gehalt des Substrates ist, um<br />

so mehr Strohpellets können eingesetzt werden.<br />

Die Pellets passen also z. B. zu Anlagen, die viel<br />

Gülle vergären.<br />

Ein guter Zusatz sind Strohpellets auch in allen<br />

Anlagen, die an ihre Ammoniakgrenzen kommen,<br />

z. B. bei viel Hühnertrockenkot im Substrat. Die<br />

Pellets haben ein sehr weites C/N-Verhältnis von<br />

1/93. Für die Wirtschaftlichkeit wichtig ist noch<br />

folgende Tatsache: Bei bis zu 20 % Ersatz durch<br />

Strohpellets steigt der Eigenstrombedarf für den<br />

Prozess nach unseren Berechnungen um bis zu<br />

10 % im Vergleich zur strohlosen Fütterung.<br />

<strong>XtraBlatt</strong>: Welche Vorteile bietet der Einsatz<br />

von Strohpellets als Biogassubstrat?<br />

Dr. Dirk Augustin: Zum einen ergibt sich beim<br />

Einsatz der Pellets ein sehr niedriger Fugatfaktor.<br />

Dieser kennzeichnet das Verhältnis Menge<br />

Substrat zu Gärrest. Mais hat einen Faktor von<br />

knapp 0,8. Bei Stroh beträgt er 0,36, d. h., es fällt<br />

um mehr als die Hälfte weniger Gärrest bei doppeltem<br />

Gasertrag an. Ersetzen wir 2,1 t Maissilage<br />

durch 1 t Strohpellets, benötigen wir beim Einsatz<br />

von Pellets noch nicht einmal ein Drittel des Gärrestlagervolumens<br />

von Mais. Das ist ein enormer<br />

Vorteil für alle Anlagen mit knappem Gärrestlager,<br />

wenn im zeitigen Frühjahr eine Ausbringung von<br />

Gärrest noch nicht erlaubt oder nicht möglich ist.<br />

Haben sich Biogasanlagenbetreiber für diesen<br />

Fall Strohpellets zur Seite gelegt, so können sie<br />

das Lagervolumen der Anlage mit der dreifachen<br />

Gasmenge ausnutzen.<br />

Den größten Vorteil sehe ich aber in folgendem<br />

Sachverhalt: Wir bekommen bei der Stromproduktion<br />

aus Biogas keine Vergütung für die Einsparung<br />

von Treibhausgasen (THG). EEG-Anlagen<br />

nehmen nicht am CO2-Zertifikate-Markt teil. Diese<br />

Möglichkeit bietet sich jedoch im Mobilitätssektor.<br />

Strohpellets sind hier im Gegensatz zu Mais,<br />

Zuckerrüben und GPS ein nachhaltiges Substrat<br />

für die Produktion von nachhaltigem Biomethan.<br />

Das Gas, das aus Strohpellets erzeugt wird, kann<br />

unter diesen Bedingungen bis zu viermal so viel<br />

erzielen, wie das aus Mais. Das ist enorm! Bisher<br />

nutzen diesen Sektor nur wenige große Anlagen.<br />

Es werden aber zusehends mehr.<br />

<strong>XtraBlatt</strong>: Welche Kosten sind für die Strohpellets<br />

anzusetzen?<br />

Dr. Dirk Augustin: Bei ungestörtem Betrieb<br />

der Premos haben wir über mehrere Tage eine<br />

Schlagkraft von fast 5,6 t pro Stunde erreicht. Die<br />

Betriebskosten inklusive Rüstzeit lagen dann bei<br />

66 €. Wenn die Schlagkraft geringer war, wie z. B.<br />

morgens und abends in der Taubildung, konnten<br />

wir im Durchschnitt 3,8 t Pellets pro Stunde produzieren.<br />

Die Betriebskosten waren dann bei 88 €<br />

je t Pellets anzusetzen.<br />

Produziert man zunächst Quaderballen und setzt<br />

die Premos später ein, dann schnellen die Kosten,<br />

die ich eben nannte, in die Höhe. So ein teilmobiles<br />

Verfahren muss aus betriebswirtschaftlicher Sicht<br />

genau geprüft werden. Der Einsatz von Pellets<br />

rechnet sich dann tatsächlich nur in den Bereichen<br />

zwischen 45 und 55 € pro t Mais.<br />

<strong>XtraBlatt</strong>: Was zeigt ein Vergleich der Kosten<br />

für Strohpellets mit denen vom Maissubstrat?<br />

Dr. Dirk Augustin: Um das zu beurteilen, müssen<br />

wir den Gleichgewichtspreis betrachten. Das<br />

ist der Preis, bei dem beide Substrate die gleiche<br />

Wirtschaftlichkeit bringen. Bei der Ermittlung<br />

dieses Preises haben wir die Verdaulichkeit von<br />

Strohpellets im Vergleich zu Mais und den höheren<br />

Strompreis beim Einsatz von Pellets berücksichtigt.<br />

Hinzu kommen die unterschiedlichen<br />

Ausbringkosten für das Gärsubstrat aufgrund des<br />

unterschiedlichen Anfalls. Bei Pellets habe ich<br />

weniger Gärsubstrat und deshalb geringere Ausbringkosten.<br />

Grundsätzlich sind wir bei unseren<br />

Berechnungen von einem Nährstoffkreislauf in<br />

der Region der BGA ausgegangen.<br />

Bei einer günstigen Maissituation, wie z. B. 35 €<br />

für 1t Silage, siliert im Silo, dürfen Pellets bei 5 €<br />

Ausbringkosten für Gärrest 93 € kosten. Steigen<br />

die Ausbringkosten aber auf z. B. 10 € je t an, was<br />

gar nicht so selten ist, dürfte der Landwirt 99 € für<br />

1 t Pellets zahlen. Diese Produktionskosten sind<br />

machbar, wenn kein Preis für den Nährstoffentzug<br />

angesetzt wird. Das gilt immer dann, wenn<br />

der abgebende Landwirt die Nährstoffe über den<br />

Gärrest zurückbekommt oder er, wie in einigen<br />

viehreichen Regionen, kein Interesse an den Nährstoffen<br />

hat. Man sieht, dass bei einem niedrigen<br />

Maispreis die Bedingungen für Pellets sehr günstig<br />

sein müssen, um aus rein wirtschaftlichen Gründen<br />

konkurrieren zu können.<br />

<strong>XtraBlatt</strong>: Was ist, wenn der Mais teurer ist,<br />

was im vergangenen Jahr nicht selten war?<br />

Dr. Dirk Augustin: Betrachtet man die Situation,<br />

dass der Maispreis wie im vergangenen Jahr bei<br />

55 € siliert auf der Platte liegt – einschließlich<br />

Silierverlusten, so können Anlagen bis zu 144 € je<br />

Tonne für Pellets zahlen. In diesem Fall sind die<br />

Pellets auch für EEG-Anlagen sehr interessant.<br />

Zusammenfassend kann man sagen: Bei einer<br />

günstigen Maissituation sind Strohpellets rein<br />

wirtschaftlich gesehen nur knapp bis nicht vorteilhaft.<br />

Wird Mais aber wieder teurer, weil er z. B.<br />

weiter transportiert werden muss, sind die Pellets<br />

bereits jetzt wirtschaftlich.<br />

Zusätzlich kommen Vorteile der Pelletverwendung<br />

hinzu wie das geringere Lagervolumen, die bessere<br />

Lagerfähigkeit und vor allem das Schließen von<br />

Lücken. Viele BGA-Betreiber halten fast 20 % der<br />

Lagermenge an Mais vor. Das bindet Kapital und<br />

begrenzt möglicherweise auch die Erweiterung der<br />

Anlage. Nutze ich Strohpellets, habe ich z. B. nach<br />

einer schlechten Maisernte bei Bedarf zusätzliches<br />

Substrat.<br />

<strong>XtraBlatt</strong>: Was spricht dafür, Strohpelleteinstreu<br />

aus der Tierhaltung zu vergären?<br />

Dr. Dirk Augustin: Ich bin ein großer Freund<br />

davon, solche Kaskaden zu nutzen. Mist und Gülle<br />

gehören in eine BGA. Wenn das über Pellets geht,<br />

ist das in den meisten Tierhaltungen aus Arbeitsund<br />

Tierschutzgründen außerdem ein großer<br />

Vorteil – wegen der guten Handhabbarkeit, der<br />

geringeren Staubbelastung und der erhitzungsbedingt<br />

verminderten Keimbelastung. Wir haben<br />

den Weg über den Stall in unserem Projekt aber<br />

nicht extra untersucht.<br />

<strong>XtraBlatt</strong>: Sehen Sie eine Zukunft für Strohpellets<br />

in der Biogassparte?<br />

Dr. Dirk Augustin: Ich glaube, dass wir in Zukunft<br />

zur Biogasproduktion grundsätzlich mehr<br />

Mist und Gülle aus der Tierhaltung verwenden.<br />

Vermutlich werden auch vermehrt Pellets eingesetzt,<br />

auch wegen des Tierschutzes. Angesichts<br />

der hohen Konkurrenzsituation der Nutzung<br />

unserer knappen Ackerflächen müssen wir meiner<br />

Meinung nach mit einem insgesamt höheren<br />

Preisniveau für Mais rechnen. Somit werden die<br />

Pellets wettbewerbsfähiger. Die größten Chancen<br />

für Strohpellets sehe ich aber bei den großen, für<br />

den Mobilitätssektor produzierenden BGA. Mit<br />

dem Auslaufen des EEG gehen sicherlich auch<br />

weitere Anlagen in diesen Sektor, so dass sie verstärkt<br />

alternative Substrate nutzen werden.<br />

Bei einer günstigen<br />

Maissituation um<br />

35 €/t Silage sind<br />

Strohpellets rein<br />

wirtschaftlich gesehen<br />

nur knapp bis nicht<br />

vorteilhaft. Wird Mais<br />

wieder teurer, sind die<br />

Pellets bereits jetzt<br />

wirtschaftlich.<br />

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