Balancer Nr. 88, 1/2024
Schwerpunktthema: Fürsorge, soziale Arbeit
Schwerpunktthema: Fürsorge, soziale Arbeit
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Pakete für
Nachbar:innen
annehmen
30
Pro
Von Christian Zuckerstätter
Ich verbringe bedingt durch die Behinderung recht
viel Zeit zu Hause. Trotzdem ist es geradezu ein ungeschriebenes
Gesetz, dass ich gerade dann nicht da
bin, wenn ein Paket für mich ankommt. Und das ist,
ebenfalls behinderungs-bedingt, nicht selten der Fall.
Einkaufen online per Knopfdruck ist eben viel einfacher,
als wenn es mit langen Wegen verbunden ist.
Insbesondere dann, wenn es sich um große und/oder
schwere Güter handelt. Und insbesondere auch bei
erschwerten Bedingungen im Winter.
Bei den zahlreichen privaten Zustelldiensten ist es
eine ungeschriebene Selbstverständlichkeit, dass
Pakete bei Nachbar:innen abgegeben werden. Ich
nehme häufig Pakete für Nachbar:innen entgegen,
weil ich untertags zu Hause bin, während die anderen
am Arbeitsplatz sind. Umgekehrt, wenn ich Pakete
erhalte und nicht da bin, werde ich per SMS verständigt,
dass das Packerl vor der Wohnungstür liegt oder
bei dem oder der Nachbarn:in hinterlegt wurde. Alles
simpel, einfach – nicht so bei der Post, da werden die
Pakete wieder abtransportiert und ich muss sie bei
der nächstgelegenen Post-Filiale abholen. Das hat
mitunter fast unüberwindliche Folgen für mich.
Hier ein Beispiel: ein 24 Kilo schweres Paket kam
an und ich war nicht da … im Postkastl fand ich
den Bescheid, wo es abzuholen sei … schon ahnend,
was auf mich zukommt nahm ich ein kleines
Möbeltransport-Wagerl mit … der Transport war kein
Kinderspiel … mit der U-Bahn, mit dem Aufzug – alles
machbar, aber alles anstrengend … vor meinem
Haus blieb ich schließlich in der dort querenden
Straßenbahnschiene mit dem Rad meines Wagerls
stecken … die Straßenbahn hinter mir bimmelte wild
und im verzweifelten Versuch, das Wagerl zu lösen,
brach das Rad ab … das Happy End – eine junge Frau
mit kleinem Kind, die grad des Weges kam, half mir
aus der Patsche, befreite das Wagerl aus der Schiene
und bot sich dann sogar an, mir das Paket bis vor die
Wohnungstür zu tragen!! Somit Ende gut, alles gut,
aber das alles wäre mir erspart geblieben, wenn das
Paket bei Nachbar:innen gelandet wäre …
Für mich ist das „Pakete für Nachbarn übernehmen“
bzw. umgekehrt eine geradlinige, unkomplizierte
Lösung, die ich richtiggehend genieße. Nicht zuletzt
auch deswegen, weil ich dadurch mit Nachbar:innen
in Kontakt komme, die ich vielleicht noch nie zu
Gesicht bekommen habe. Somit ist es für mich nicht
nur zweckmäßig, sondern auch höchst kommunikativ.
Contra
Von Helga Hiebl
Und schon wieder liegen zwei riesige Pakete für unsere
Nachbar:innen bei uns im Vorraum! Seitdem
mein Partner hauptsächlich im Home-Office arbeitet,
hat sich das anscheinend auch bei den diversen
Zustellfirmen und leider auch bei der Post herumgesprochen
und so werden sämtliche Pakete für
das Wohnhaus bei uns abgeladen. Was anfangs als
freundlicher Nachbarschaftsdienst begann, gerät zunehmend
außer Kontrolle und bringt für uns vermehrt
Ärger und Mühsal.
Da liegen sie nun, man weiß nicht wann oder ob sie
je abgeholt werden, oft müssen wir aktiv die Packerl