6 Interview„Ich war mit mirselbst im Gespräch“Ob auf dem Roten Sofa, beim Campen oder als Talkshow-Moderatorin – werregelmäßig das NDR Fernsehen einschaltet, kennt sie: Bettina Tietjen. Mit ihrerfröhlichen, direkten Art und dem ansteckenden Lachen ist sie eines der populärstenGesichter des NDR. Außerdem hat sie schon drei Bestseller geschrieben.Uns hat sie erzählt, wie sie sich gesund hält, was sie mit Riesen-Zucchinisanstellt und an welchen Stellen ihres Tagebuchs sie herzhaft lachen musste.VON INGA KLEINE
Frau Tietjen, Sie sind schon seit 1993 beimNDR Fernsehen und werden als durch unddurch norddeutsch wahrgenommen. Dabeistammen Sie aus Wuppertal. Wie viel Rheinlandsteckt heute noch in Ihnen?Gar nicht so wenig. Ich bin ja eher positiv und fröhlich undmeistens gut gelaunt – das ist definitiv eher rheinisch. Genausowie meine direkte Art, ich habe kein Problem damit, Dingeunverblümt anzusprechen, und mache nicht viel Brimboriumdrumherum. Aber ich glaube, mittlerweile bin ich eine guteFifty-fifty-Kombination aus Wuppertal und Hamburg.Wie war Ihr erster Eindruck von den Hamburgern?Am Anfang fand ich die Hamburger arrogant und extremzurückhaltend, selbst die Freunde meines Mannes. Ich kamdamals aus Berlin nach Hamburg und fand alles ganz andershier, das war ein harter Kontrast. Und ich habe mich immerschlecht gekleidet gefühlt. Aber mit der Zeit habe ich vieles zuschätzen gelernt, zum Beispiel die verlässliche norddeutscheArt. Wenn man die Herzen der Norddeutschen einmal gewonnenhat, dann hat man die auch für immer. Das finde ich ganztoll! Ich ziehe hier auch nicht wieder weg!Sie kommen gerade vom Yoga. Was mögen Sie daran undwas macht es mit Ihnen?„Nach einer Stunde Yoga hat man viel mehr Platz im eigenenKörper“, sagt meine Yogalehrerin immer. Und ich finde, sie hatrecht. Außerdem hat Yoga von allem etwas: Es hat mit Atmenzu tun, mit Runterkommen, Nachinnenhorchen. Es bringt michzur Ruhe und entspannt mich. Außerdem finde ich das Dehnenund Stretchen wichtig. Denn gerade, wenn man viel amSchreibtisch nach vorn übergebeugt sitzt, kann man mit Yogagut gegenarbeiten.Was machen Sie noch, um sich fit zu halten?Eigentlich bin ich immer gejoggt, aber ich habe gemerkt, dassdas doch ganz schön auf die Gelenke geht und deshalb walkeich jetzt. Meistens schaffe ich es ein bis zwei Mal die Woche,meinen Schweinehund zu überreden, acht Kilometer durchden Wald zu gehen. Wenn ich das mal nicht gemacht habe,roste ich ein, alles tut weh, ich komme schwerer aus demBett – die Klassiker in meinem Alter. Außerdem fahre ich vielFahrrad und ernähre mich recht gesund.Haben Sie ein gesundes Lieblingsgericht?Mein neuestes Lieblingsgericht sind Zucchinipuffer mitJoghurtdip. Mein Mann und mein Sohn haben während desLockdowns drei Hochbeete gebaut, die ich seitdem regelmäßigbepflanze. Im Moment explodieren die Zucchinis zu denreinsten Riesen-Oschis und ich lasse mir immer wieder etwasNeues einfallen, wie ich das Gemüse verarbeiten kann.Viel mache ich auch mit Tomaten, vor allem Salat. ImFrühjahr hat mir Judith Rakers, die ja ganz viel Homefarmingmacht, einen kleinen Tomatensetzling geschenkt, der zu einemdicken Busch mit gelben Eiern geworden ist, die total leckerschmecken.Apropos Gesundheit: Sie haben ein Buch über dieDemenzerkrankung Ihres Vaters geschrieben. Haben SieEinmal im Monatempfängt sieam Freitagabendprominente Gäste inder „NDR Talkshow“(im Bild mit ihremTalkshow-KollegenJohannes Wimmer).Das ist Bettina TietjenInterview 7Bettina Tietjen, geboren 1960 in Wuppertal, arbeitete nach ihremMagisterabschluss in Germanistik, Romanistik und Kunstgeschichteals Moderatorin, Reporterin und Autorin für RIAS Berlin,Deutsche Welle, WDR und diverse Printmedien. Seit 1993 ist siebeim NDR Fernsehen Gastgeberin auf dem Roten Sofa der Sendung„DAS!“. Einmal im Monat empfängt sie am Freitagabendprominente Gäste in der „NDR Talkshow“. Seit 2020 ist sie außerdemin der Sendereihe „Tietjen campt“ mit ihrem Wohnmobil inNorddeutschland unterwegs. Ihre Bücher „Unter Tränen gelacht“,„Tietjen auf Tour“ und „Früher war ich auch mal jung“ waren alleSpiegel-Bestseller. Bettina Tietjen ist verheiratet, hat zwei erwachseneKinder und lebt mit ihrem Mann in Hamburg.aus Ihrer eigenen Erfahrung einen Tipp für Angehörige vonDemenzkranken?Am wichtigsten ist es, die Menschen nicht abzuschieben undzu denken: „Der kann ja eh nichts mehr, den kann man garnicht mehr ernst nehmen.“ Man sollte den Kranken immerauf Augenhöhe begegnen und versuchen, die Veränderungmitzugehen, den Menschen so akzeptieren, wie er gewordenist. Und ganz wichtig: mit ins Leben nehmen, in die Familie,ins Restaurant oder spazieren gehen. Wenn man jemanden imZimmerchen versteckt, wie sollen andere dann erfahren, wasDemenz ist? Und wenn jemand komisch guckt, dann sagen:„Ja, das ist Demenz, das betrifft Sie vielleicht auch irgendwannmal.“Auch Ihr neuestes Buch „Früher war ich auch mal jung“ist sehr persönlich. Es geht um Ihre Tagebücher, die Sie alsJugendliche geschrieben haben. Was hat Sie beim LesenIhrer alten Tagebücher am meisten an sich selbst beeindruckt?Wie ernsthaft und reflektiert ich war. Ich habe damals ganz interessanteGedanken gehabt über das Leben und seinen Sinn,den Glauben, wie wir versuchen sollten, Gutes zu tun undunsere Zeit zu nutzen. Es war sehr interessant, mit mir selbstins Gespräch zu kommen, zu erfahren, wie ich war, als ich jungwar. Ich habe dadurch viel gelernt, auch, warum ich heute sobin, wie ich bin und dort gelandet bin, wo ich stehe. Allein fürmich war das schon ein wichtiger Prozess.Gab es auch Stellen, an denen Sie herzhaft lachen mussten?Ja, mehrfach. Ich habe da Sachen reingeschrieben, die echtzum Schießen sind. Vor allem was das Feiern und Jungs