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Liebe Freundinnen und Freunde - Cartell Rupert Mayer

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Herbstkapitel 2009 in Regensburg <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

Rede von Oberbürgermeister Hans Schaidinger anlässlich des 60-jährigen Bestehens des<br />

<strong>Cartell</strong>s <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong> am 24. Oktober 2009 im Historischen Reichssaal des Alten Rathauses<br />

Am Ort der Reichstage<br />

Regensburgs Geschichte <strong>und</strong> Gegenwart bietet uns mannigfaltige Zeugnisse von<br />

Menschen <strong>und</strong> Ereignissen, die vom Ringen um religiöse Standpunkte in bewegten<br />

Zeiten künden, denn Gesellschaft <strong>und</strong> Politik unseres Kulturkreises sind ohne den<br />

Fixpunkt Religion <strong>und</strong> ihre ethische Kraft nicht zu denken.<br />

Die Stadt Regensburg <strong>und</strong> dieser<br />

Reichssaal sind bis zum Ende des Immerwährenden<br />

Reichstags 1806 oft genug<br />

glanzvolle Bühne dafür gewesen.<br />

Der Reichstag, der ab 1663 als Gesandtenkongress<br />

bis zum Ende des alten<br />

Reiches 1806 permanent in Regensburg<br />

getagt hat, war ja so etwas wie ein<br />

erstes europäisches Parlament.<br />

Dabei wird geflissentlich vergessen,<br />

dass der Reichstag das höchst komplizierte<br />

Geflecht der im Westfälischen<br />

Frieden 1648 ausgehandelten Machtbalance<br />

in der Mitte Europas mit Leben<br />

erfüllt <strong>und</strong> den Menschen über lange<br />

Zeit einigermaßen friedliche Verhältnisse<br />

beschert hat.<br />

Toleranz musste damals geübt werden<br />

in der evangelischen Reichsstadt<br />

Regensburg. Dazu verpflichtete schon<br />

die starke Stellung der katholischen Elemente<br />

mit Bischof <strong>und</strong> Klöstern innerhalb<br />

der Stadtmauern.<br />

Kurfürstenkollegium, Reichsfürstenrat<br />

<strong>und</strong> Reichsstädtekollegium tagten getrennt.<br />

Für ein Reichsgesetz aber waren<br />

übereinstimmende Beschlüsse notwendig.<br />

Nur in Religionsfragen galt ein abweichendes<br />

Verfahren. Man trennte sich<br />

über die Stände hinweg in einen Corpus<br />

evangelicorum <strong>und</strong> einen Corpus catholicorum.<br />

Sie können sich vorstellen, dass es<br />

bei den oft widerstreitenden Interessen<br />

Zeit <strong>und</strong> viel Geduld gekostet hat, bis ein<br />

Reichsgesetz über Steuern, Heerzüge<br />

oder territoriale Abgrenzungen unter<br />

Dach <strong>und</strong> Fach war.<br />

Hier in diesem Saal wurde auch am<br />

25. Februar 1803 der Reichsdeputationshauptschluss<br />

verkündet, mit dem das<br />

Reich kurz vor seinem Ende territorial,<br />

staats- <strong>und</strong> kirchenrechtlich neu gestaltet<br />

worden ist. Eine schwierige Geburt,<br />

oft genug unter erheblichen Schmerzen.<br />

Fast alle geistlichen Fürstentümer<br />

wurden dabei aufgelöst. Unter den ganz<br />

Herbstkapitel 2009 in Regensburg <strong>Cartell</strong><br />

RUPERT<br />

MAYER<br />

wenigen Ausnahmen, denen dieses<br />

Schicksal erspart blieb, war auch Regensburg.<br />

Hier herrschte der Kurerzkanzler<br />

Carl von Dalberg, der auch das Erzbischofsamt<br />

inne hatte. Dalberg war es<br />

auch, der mit der Unterzeichnung der<br />

Rheinb<strong>und</strong>akte 1806 dem Reich den<br />

Todesstoß versetzt <strong>und</strong> so den Kaiser<br />

zum Abdanken genötigt hat.<br />

Ich erwähne diese historischen Ereignisse<br />

mit ihren handelnden Personen,<br />

um auf das religiöse Moment im<br />

Auf <strong>und</strong> Ab der Geschichte zu verweisen.<br />

Wie stellte doch Romano Guardini<br />

in seinen R<strong>und</strong>funkansprachen in den<br />

50er Jahren des vergangenen Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

unter dem Motto „Der Glaube in<br />

unserer Zeit” fest – <strong>und</strong> zwar gültig für<br />

Vergangenheit, Gegenwart <strong>und</strong> Zukunft:<br />

„Der Schöpfer hat den Menschen<br />

seine Welt in die Hände gegeben, dass<br />

er in ihr lebe, sein Werk vollbringe <strong>und</strong><br />

das Reich Gottes baue.”<br />

Guardini spricht damit die Verantwortung<br />

eines jeden von uns an. Genau<br />

das ist auch das zentrale Anliegen Ihres<br />

<strong>Cartell</strong>s Pater <strong>Rupert</strong> <strong>Mayer</strong>. Man muss<br />

die Gegebenheiten, die wir vorfinden,<br />

annehmen <strong>und</strong> sich bemühen, etwas<br />

Besseres daraus zu machen.<br />

Beispielhaft nennt der Regensburger<br />

Kirchenhistoriker Karl Hausberger<br />

die vom Reichsdeputationshauptschluss<br />

1803 ausgelöste Säkularisation nicht nur<br />

als Ursprung großer materieller Probleme<br />

für die Kirchen <strong>und</strong> Klöster. Diese<br />

spezifische „Entweltlichung” sei auf lange<br />

Sicht auch ein Gewinn für die<br />

katholische Kirche gewesen. Fruchtbare<br />

Kräfte für eine gr<strong>und</strong>legende Erneuerung<br />

aus religiös-kirchlichen Wurzeln<br />

seien freigesetzt worden.<br />

Hier darf natürlich eine Regensburger<br />

Persönlichkeit nicht unerwähnt<br />

bleiben, die wie kaum eine zweite den<br />

Auftrag der Religion erfüllt hat, sich in<br />

die Angelegenheit der Welt einzumischen.<br />

Es ist der Regensburger Bischof<br />

Johann Michael Sailer.<br />

Der Jesuitenzögling empfing 1822<br />

im Regensburger Dom die Bischofsweihe.<br />

Als Lehrer des Kronprinzen Ludwig<br />

in Landshut hatte Sailer großen<br />

Einfluss auf den späteren bayerischen<br />

König Ludwig I. Sailer hat über den<br />

König wesentlichen Anteil daran, dass<br />

Bayern wieder ein christkatholisches<br />

Land werden konnte <strong>und</strong> nach den Exzessen<br />

eines Montgelas wieder Klöster<br />

in Bayern gegründet beziehungsweise<br />

revitalisiert wurden.<br />

Als einer der Protagonisten des religiösen<br />

Wiedererwachens in Bayern gelangte<br />

Sailer gar in den Ruf eines bayerischen<br />

„Kirchenvaters”.<br />

Am Ende des 19. <strong>und</strong> zu Beginn des<br />

20. Jahrh<strong>und</strong>erts waren es verdiente<br />

Regensburger Bürger wie die Verleger<br />

Josef Habbel, Heinrich Held <strong>und</strong> Friedrich<br />

Pustet, die sich als Christen ihrer<br />

Zeit in das politische <strong>und</strong> soziale Leben<br />

einmischten <strong>und</strong> dem politischen Katholizismus<br />

in Bayern charakteristische<br />

Züge verliehen haben.<br />

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