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Unterrichtsmaterial "Kinderrechte in Deutschland" - younicef.de

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Foto: UNICEF/Giacomo Pirozzi<br />

<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

<strong>in</strong> Deutschland<br />

Chancengleichheit<br />

Beteiligung<br />

Gewalt<br />

<strong>Unterrichtsmaterial</strong>ien<br />

für die Klassen 7-10


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Vorwort<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>r haben Rechte<br />

UNICEF engagiert sich weltweit für das Wohl<br />

<strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und für ihre Zukunftsperspektiven.<br />

E<strong>in</strong>en wichtigen Bezugspunkt bil<strong>de</strong>n dabei die<br />

<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong>, die mit <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention<br />

<strong>de</strong>r Vere<strong>in</strong>ten Nationen 1989 beschlossen<br />

wur<strong>de</strong>n. Sie weist je<strong>de</strong>m K<strong>in</strong>d unveräußerliche<br />

Rechte zu, auf e<strong>in</strong>e gesun<strong>de</strong> Entwicklung, auf<br />

Schutz, Fürsorge und Beteiligung.<br />

Die Verwirklichung <strong>de</strong>r <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> ist nicht<br />

nur e<strong>in</strong>e Herausfor<strong>de</strong>rung <strong>in</strong> <strong>de</strong>n sogenannten<br />

Entwicklungslän<strong>de</strong>rn, wo vielfach Armut<br />

und Gewalt die Lebenssituation <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r<br />

bestimmen. Auch <strong>in</strong> Deutschland s<strong>in</strong>d die<br />

<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> nur zum Teil verwirklicht, s<strong>in</strong>d<br />

Wohlbef<strong>in</strong><strong>de</strong>n und Entwicklungschancen für<br />

bestimmte Gruppen von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen<br />

gefähr<strong>de</strong>t.<br />

In <strong>de</strong>r Schule ergeben sich bei <strong>de</strong>r Behandlung<br />

dieser Themen zwei große Herausfor<strong>de</strong>rungen.<br />

Zum e<strong>in</strong>en geht es um die Aufklärung<br />

über Tatsachen: über <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> und<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtsverletzungen. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

sollen die K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendlichen befähigt<br />

wer<strong>de</strong>n, sich an e<strong>in</strong>er positiven Entwicklung<br />

ihrer Umwelt zu beteiligen und auch für ihre<br />

eigenen Rechte e<strong>in</strong>zutreten (Kompetenzen und<br />

Voraussetzungen).<br />

In <strong>de</strong>m vorliegen<strong>de</strong>n <strong>Unterrichtsmaterial</strong><br />

„<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland“ geht es <strong>in</strong><br />

erster L<strong>in</strong>ie darum, dass die Schüler über die<br />

konkrete Situation von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen<br />

vor <strong>de</strong>m H<strong>in</strong>tergrund <strong>de</strong>s k<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtlichen<br />

Rahmens <strong>in</strong> Deutschland nach<strong>de</strong>nken.<br />

2 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

Sie sollen sich <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>r Chancengleichheit von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und<br />

Jugendlichen <strong>in</strong> unserer Gesellschaft befassen,<br />

ihre Beteiligungsmöglichkeiten analysieren und<br />

Gewalt gegen K<strong>in</strong><strong>de</strong>r beleuchten, die es auch<br />

bei uns <strong>in</strong> Deutschland gibt. Dies geschieht<br />

durch kurze Inputs mit überschaubarem<br />

Zeitbedarf, die <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Klassen 7 bis 10<br />

Erkenntnisse und Debatten zu <strong>de</strong>n <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong>n<br />

<strong>in</strong> Deutschland (auch mit Bezug zur<br />

weltweiten Situation) ermöglichen sollen.<br />

Die Vertiefung dieses Themas ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />

Lehrplänen <strong>de</strong>r Sekundarstufe I verb<strong>in</strong>dlich<br />

vorgeschrieben.<br />

Sie f<strong>in</strong><strong>de</strong>n <strong>in</strong> diesen Materialien Lehrer<strong>in</strong>formationen<br />

mit e<strong>in</strong>er kurzen Sachanalyse und mit<br />

Vorschlägen für die Unterrichtsgestaltung,<br />

ferner zu je<strong>de</strong>m Themenbereich drei bis fünf<br />

Arbeitsblätter/Kopiervorlagen. Die Materialien<br />

dienen dazu, e<strong>in</strong> vertieftes Bewusstse<strong>in</strong> für<br />

die eigenen Rechte zu entwickeln, für die<br />

Gefährdung dieser Rechte zu sensibilisieren,<br />

aber auch für die Verwirklichung <strong>de</strong>r <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

zu motivieren.<br />

Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrern, die sich <strong>in</strong>tensiver<br />

o<strong>de</strong>r auch <strong>in</strong> an<strong>de</strong>ren Altersstufen mit <strong>de</strong>n<br />

<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong>n im Unterricht befassen wollen,<br />

stehen weitere Materialien von UNICEF unter<br />

www.unicef.<strong>de</strong>/ueber-uns/mediathek und<br />

www.<strong>younicef</strong>.<strong>de</strong>/elternlehrer.html zur<br />

Verfügung. Unter www.juniorbotschafter.<strong>de</strong><br />

und www.aktionstag-k<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte.<strong>de</strong> f<strong>in</strong><strong>de</strong>n<br />

Sie Anregungen zum aktiven Mitmachen.<br />

Denn die Verwirklichung <strong>de</strong>r <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> geht<br />

uns alle an.<br />

Wir bedanken uns bei Ihnen für Ihr<br />

Interesse.<br />

Köln – im Juni 2012<br />

Marianne Müller-Anto<strong>in</strong>e<br />

UNICEF Deutschland<br />

Vorwort


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Inhalt<br />

Vorwort 2<br />

1.0 Die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

Die UN-K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention – E<strong>in</strong> Überblick 4<br />

Zur Lage <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> Deutschland 5<br />

Zur Lage <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r weltweit 8<br />

M1.1: Die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> – nur e<strong>in</strong> Stück Papier? 10<br />

2.0 Chancengleichheit<br />

Lehrer<strong>in</strong>formationen – Vorschläge für <strong>de</strong>n Unterricht - L<strong>in</strong>ks 11<br />

M2.1: Ich f<strong>in</strong><strong>de</strong> es ungerecht, wenn… 15<br />

M2.2: Willst du Chancengleichheit? 16<br />

M2.3: Weltweite Chancengleichheit? 17<br />

3.0 Beteiligung<br />

Lehrer<strong>in</strong>formationen – Vorschläge für <strong>de</strong>n Unterricht - L<strong>in</strong>ks 18<br />

M3.1: Wenn Jugendliche bestimmen könnten… 23<br />

M3.2: Brief an me<strong>in</strong>e Schüler 24<br />

M3.3: Engagement – ja bitte o<strong>de</strong>r ne<strong>in</strong> danke? 25<br />

M3.4: Frequently asked questions 26<br />

4.0 Gewalt<br />

Lehrer<strong>in</strong>formationen – Vorschläge für <strong>de</strong>n Unterricht - L<strong>in</strong>ks 27<br />

M4.1: Unser Klassenklima 33<br />

M4.2: Was Jugendliche umbr<strong>in</strong>gt 34<br />

M4.3: Gewalt – Statistiken 35<br />

M4.4: Was tun gegen Gewalt? 36<br />

M4.5: K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten – Opfer und Täter von Gewalt 37<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Die <strong>Unterrichtsmaterial</strong>ien „<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> weltweit“ wer<strong>de</strong>n herausgegeben vom<br />

Deutschen Komitee für UNICEF, Hön<strong>in</strong>ger Weg 104, 50969 Köln. © Köln 2012<br />

Redaktion: Marianne Müller-Anto<strong>in</strong>e, Dr. Sebastian Sedlmayr (verantwortl.)<br />

Autor: Georg Krämer (Welthaus Bielefeld)<br />

Fotos: UNICEF<br />

Gestaltung: Christiane Brors, www.christianebrors.<strong>de</strong><br />

Druck: Theissen Medien Gruppe GmbH & Co. KG, Monheim<br />

Bestellungen:<br />

Das Material (I0012) kann kostenfrei bei UNICEF bestellt wer<strong>de</strong>n:<br />

Tel.: 0221-93650-0, E-Mail: <strong>in</strong>fo@unicef.<strong>de</strong>, Website: www.unicef.<strong>de</strong>/mediathek<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Mit freundlicher Unterstützung:<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 3


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

1.0 Die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

Die UN-K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention<br />

E<strong>in</strong> Überblick<br />

Am 20. November 1989 beschloss die Vollversammlung <strong>de</strong>r<br />

Vere<strong>in</strong>ten Nationen die „Konvention über die Rechte <strong>de</strong>s<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>s“. Alle K<strong>in</strong><strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r Welt erhielten damit verbriefte<br />

Rechte wie zum Beispiel auf Überleben, auf Entwicklung,<br />

auf Schutz und Beteiligung. Die K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention<br />

formuliert weltweit gültige Grundwerte im Umgang mit<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen – das heißt mit jungen Menschen<br />

unter 18 Jahren. Diese Rechte gelten über alle sozialen,<br />

kulturellen und religiösen Unterschie<strong>de</strong> h<strong>in</strong>weg. Sie<br />

be<strong>de</strong>uten e<strong>in</strong>e neue Sicht auf K<strong>in</strong><strong>de</strong>r als eigenständige<br />

Persönlichkeiten und Rechtssubjekte.<br />

Die K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention beruht auf vier Pr<strong>in</strong>zipien:<br />

1. Das Recht auf Gleichbehandlung: Ke<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d darf benachteiligt wer<strong>de</strong>n – sei es wegen<br />

se<strong>in</strong>es Geschlechts, se<strong>in</strong>er Herkunft, se<strong>in</strong>er Staatsbürgerschaft, se<strong>in</strong>er Sprache, Religion o<strong>de</strong>r<br />

Hautfarbe, e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong><strong>de</strong>rung o<strong>de</strong>r wegen se<strong>in</strong>er politischen Ansichten.<br />

2. Wohl <strong>de</strong>s K<strong>in</strong><strong>de</strong>s hat Vorrang: Wann immer Entscheidungen getroffen wer<strong>de</strong>n, die sich auf<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>r auswirken können, muss das Wohl <strong>de</strong>s K<strong>in</strong><strong>de</strong>s vorrangig berücksichtigt wer<strong>de</strong>n – dies<br />

gilt <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Familie genauso wie für staatliches Han<strong>de</strong>ln.<br />

3. Das Recht auf Leben und Entwicklung: Je<strong>de</strong>s Land verpflichtet sich, <strong>in</strong> größtmöglichem<br />

Umfang die Entwicklung <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r zu sichern – zum Beispiel durch Zugang zu mediz<strong>in</strong>ischer<br />

Hilfe, Bildung und Schutz vor Ausbeutung und Missbrauch.<br />

4. Achtung vor <strong>de</strong>r Me<strong>in</strong>ung <strong>de</strong>s K<strong>in</strong><strong>de</strong>s: Alle K<strong>in</strong><strong>de</strong>r sollen als Personen ernst genommen<br />

und respektiert und ihrem Alter und ihrer Reife gemäß <strong>in</strong> Entscheidungen e<strong>in</strong>bezogen wer<strong>de</strong>n.<br />

Seit 1989 haben fast alle Staaten die UN-Konvention über die Rechte <strong>de</strong>s K<strong>in</strong><strong>de</strong>s ratifiziert.<br />

Ausnahmen s<strong>in</strong>d lediglich die USA und Somalia. Doch damit ist we<strong>de</strong>r die Verwirklichung <strong>de</strong>r<br />

<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> noch ihre Umsetzung <strong>in</strong> nationales Recht ohne weiteres gegeben. So for<strong>de</strong>rn<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>r- und Menschenrechtsorganisationen <strong>in</strong> Deutschland schon lange e<strong>in</strong>en an<strong>de</strong>ren Umgang<br />

mit K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn ohne <strong>de</strong>utsche Staatsbürgerschaft, <strong>de</strong>r sich an <strong>de</strong>n <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong>n orientiert,<br />

Abschiebungen von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn verh<strong>in</strong><strong>de</strong>rt, das Aufenthaltsrecht auf das K<strong>in</strong><strong>de</strong>swohl ausrichtet und<br />

bei <strong>de</strong>r materiellen Versorgung beispielsweise Flüchtl<strong>in</strong>gsk<strong>in</strong><strong>de</strong>r nicht schlechter stellt als<br />

<strong>de</strong>utsche K<strong>in</strong><strong>de</strong>r (Hartz-IV-Bezieher als Vergleichsgruppe). Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund for<strong>de</strong>rt das<br />

„Aktionsbündnis <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong>“ seit längerem auch, die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong>s Grundgesetz aufzunehmen<br />

und dadurch verb<strong>in</strong>dlicher zu machen.<br />

En<strong>de</strong> 2011 hat die UN-Generalversammlung e<strong>in</strong> Zusatzprotokoll verabschie<strong>de</strong>t, das jungen<br />

Menschen unter 18 Jahren e<strong>in</strong> Beschwer<strong>de</strong>recht bei <strong>de</strong>n Vere<strong>in</strong>ten Nationen (UN-Menschenrechtsrat)<br />

dann e<strong>in</strong>räumt, wenn ihre <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> substantiell verletzt wer<strong>de</strong>n und die <strong>in</strong>nerstaatlichen<br />

Wege e<strong>in</strong>er Beschwer<strong>de</strong> ausgeschöpft s<strong>in</strong>d. Diese „Individualbeschwer<strong>de</strong>“ kann im<br />

E<strong>in</strong>zelfall öffentlichkeitswirksam auf Missstän<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Verwirklichung <strong>de</strong>r <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

aufmerksam machen. E<strong>in</strong>e Garantie für e<strong>in</strong>e Durchsetzung <strong>de</strong>r <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> ist sie allerd<strong>in</strong>gs<br />

auch nicht.<br />

4 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

UNICEF-Direktor Anthony Lake<br />

Teil 1.0<br />

Die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

Foto: UNICEF/Günther Sahagun


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Zur Lage <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> Deutschland<br />

Die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> gelten weltweit. Sie s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Maßstab<br />

sowohl <strong>in</strong> <strong>de</strong>n „reichen“ wie auch <strong>in</strong> <strong>de</strong>n „armen<br />

Län<strong>de</strong>rn“. So ist es legitim, nach <strong>de</strong>r Verwirklichung<br />

<strong>de</strong>r <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland zu fragen, auch wenn<br />

wir wissen, dass Lebenschancen und grundlegen<strong>de</strong><br />

Rechte für die K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> Deutschland weitaus besser<br />

verwirklicht s<strong>in</strong>d als für K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> vielen Entwicklungslän<strong>de</strong>rn.<br />

Teil 1.0<br />

Die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

UNICEF lässt regelmäßig von Wissenschaftlern <strong>de</strong>r<br />

Berl<strong>in</strong>er Humboldt-Universität die Lage <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r<br />

<strong>in</strong> Deutschland untersuchen. Die Forscher untersuchen<br />

das „K<strong>in</strong><strong>de</strong>swohl“, <strong>de</strong>f<strong>in</strong>ieren dies aber<br />

nicht nur <strong>in</strong> ökonomischen o<strong>de</strong>r sozialen Kategorien,<br />

son<strong>de</strong>rn verwen<strong>de</strong>n e<strong>in</strong>en vieldimensionalen<br />

Ansatz, <strong>de</strong>r die objektive Lage und die subjektiven<br />

Erwartungen und Empf<strong>in</strong>dungen von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und<br />

Jugendlichen mit e<strong>in</strong>bezieht. Neben objektiven<br />

Faktoren (materielle Versorgung, Gesundheits- und<br />

Bildungs<strong>in</strong>dikatoren, Verhaltensbeschreibungen)<br />

kommen hier also auch subjektive E<strong>in</strong>schätzungen<br />

<strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendlichen (Verhältnis zur Familie<br />

und zu Gleichaltrigen, subjektives Wohlbef<strong>in</strong><strong>de</strong>n)<br />

zum Tragen.<br />

Die Untersuchung 2011/2012 wur<strong>de</strong> unter <strong>de</strong>m<br />

Herrmann<br />

Titel „Starke Eltern – starke K<strong>in</strong><strong>de</strong>r“ veröffentlicht.<br />

Dah<strong>in</strong>ter steckt die auch empirisch begrün<strong>de</strong>te<br />

Überzeugung, dass für das K<strong>in</strong><strong>de</strong>swohl nicht nur<br />

die eigene persönliche Bef<strong>in</strong>dlichkeit <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r<br />

von Be<strong>de</strong>utung ist, son<strong>de</strong>rn dass auch die Lebens-<br />

UNICEF/Eventpress<br />

situation <strong>de</strong>r Eltern und <strong>de</strong>ren Lebenszufrie<strong>de</strong>nheit<br />

wesentlich s<strong>in</strong>d. K<strong>in</strong><strong>de</strong>swohl braucht Elternwohl. Foto:<br />

zum Thema <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

Text <strong>de</strong>r UN-K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention:<br />

www.unicef.<strong>de</strong>/fileadm<strong>in</strong>/content_media/mediathek/D_0006_K<strong>in</strong><strong>de</strong>rkonvention.pdf<br />

UNICEF-Seite zu <strong>de</strong>n <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong>n: www.unicef.<strong>de</strong>/k<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte<br />

Nationale Koalition für die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong>: www.national-coalition.<strong>de</strong><br />

Aktionsbündnis <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong>: www.k<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte-<strong>in</strong>s-grundgesetz.<strong>de</strong><br />

<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> für Flüchtl<strong>in</strong>gsk<strong>in</strong><strong>de</strong>r: www.jetzterstrechte.<strong>de</strong><br />

Studie über <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Kosovo abgeschobene K<strong>in</strong><strong>de</strong>r: t<strong>in</strong>yurl.com/unicef-1-2<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechts-Seite für Jugendliche: k<strong>in</strong><strong>de</strong>r-jugendreport.<strong>de</strong>/<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechts-Seiten für K<strong>in</strong><strong>de</strong>r: www.bl<strong>in</strong><strong>de</strong>-kuh.<strong>de</strong>/k<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte/l<strong>in</strong>ks.html und<br />

www.unicef.<strong>de</strong>/kids/basisfilm.php?startscreen<br />

Jugendseite für e<strong>in</strong> Engagement zugunsten <strong>de</strong>r <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong>: www.<strong>younicef</strong>.<strong>de</strong>/wettbewerb.html<br />

L<strong>in</strong>ks<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 5


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Zur Lage <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> Deutschland<br />

Insgesamt schätzen die meisten K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendlichen <strong>in</strong> Deutschland (zirka 80 Prozent) ihre<br />

subjektive Lebenssituation als eher positiv e<strong>in</strong>. 70 Prozent geben an, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schule gut zurecht<br />

zu kommen. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite sagen je nach Bun<strong>de</strong>sland 11 Prozent bis 18 Prozent <strong>de</strong>r<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, dass sie Probleme <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schule haben. Wenn das K<strong>in</strong><strong>de</strong>swohl hier <strong>in</strong><br />

Deutschland verbessert wer<strong>de</strong>n soll, dann müssen diejenigen K<strong>in</strong><strong>de</strong>r noch stärker <strong>in</strong> das<br />

Blickfeld kommen, <strong>de</strong>ren materielle Lage, <strong>de</strong>ren Bildungschancen und <strong>de</strong>ren gesundheitliches<br />

Bef<strong>in</strong><strong>de</strong>n unterdurchschnittlich s<strong>in</strong>d. Subjektives Wohlergehen <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und diese objektiven<br />

Bed<strong>in</strong>gungen stehen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em engeren Zusammenhang. Wenn 9 Prozent <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> „armen<br />

Haushalten“, also mit weniger als 50 Prozent <strong>de</strong>s durchschnittlichen Netto-Äquivalenze<strong>in</strong>kommens<br />

aufwachsen, so hat dies subjektive und objektive Folgen für das Wohlergehen.<br />

Auffälligerweise ist das k<strong>in</strong>dliche Wohlergehen<br />

im Vergleich <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r <strong>in</strong> Bremen,<br />

Berl<strong>in</strong> und Sachsen-Anhalt am ger<strong>in</strong>gsten,<br />

also dort, wo auch materielle Armut und<br />

Arbeits-losigkeit am meisten verbreitet s<strong>in</strong>d.<br />

Weil die Unterschie<strong>de</strong> <strong>de</strong>s k<strong>in</strong>dlichen Wohlergehens<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>n e<strong>in</strong>zelnen Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn<br />

erheblich s<strong>in</strong>d und zum Teil die Differenzen<br />

etwa zu bestimmten europäischen Nachbarlän<strong>de</strong>rn<br />

übertreffen, sollte – so die Empfehlung<br />

<strong>de</strong>r Forscher – <strong>de</strong>m Abbau dieser politisch<br />

bee<strong>in</strong>flussbaren Unterschie<strong>de</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn<br />

mehr Gewicht zugemessen wer<strong>de</strong>n.<br />

UNICEF: For<strong>de</strong>rungen an Bund, Län<strong>de</strong>r und Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>n<br />

! K<strong>in</strong><strong>de</strong>r haben e<strong>in</strong>en Anspruch auf e<strong>in</strong> sozioökonomisches<br />

! Die Bildungspolitik muss durch gezielte Arbeits- und Sozialpolitik<br />

! Wirksame Unterstützung für K<strong>in</strong><strong>de</strong>r ist mehr als die Sicherung e<strong>in</strong>es<br />

! In <strong>de</strong>r Schule s<strong>in</strong>d die Entwicklung von sozialer Kompetenz,<br />

Existenzm<strong>in</strong>imum, unabhängig von ihrem Wohnort.<br />

Bei <strong>de</strong>r Berechnung von Unterstützungsleistungen sollten die<br />

regional unterschiedlichen Lebenshaltungskosten berücksichtigt wer<strong>de</strong>n.<br />

ergänzt wer<strong>de</strong>n. Insbeson<strong>de</strong>re Alle<strong>in</strong>erziehen<strong>de</strong> brauchen bessere<br />

Möglichkeiten, am Arbeitsleben teilzunehmen. Schulabbrecher brauchen<br />

e<strong>in</strong>e zweite Chance.<br />

materiellen Existenzm<strong>in</strong>imums. Städte, Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>n und Nachbarschaft<br />

müssen e<strong>in</strong> positives Umfeld schaffen, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendliche gehört<br />

und beteiligt wer<strong>de</strong>n.<br />

Verantwortung und Werten genauso wichtig wie kognitive Fähigkeiten.<br />

E<strong>in</strong>e ausschließliche Konzentration auf Leistungssteigerung wie sie<br />

stark durch die PISA-Debatte beför<strong>de</strong>rt wird, greift zu kurz.<br />

Das Bildungsangebot muss ebenso Selbstachtung und Selbstvertrauen<br />

von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn gezielt stärken.<br />

6 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

Teil 1.0<br />

Die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

Foto: UN ICEF/Hyou Vielz


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Zur Lage <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> Deutschland<br />

Die UNICEF-Studie „K<strong>in</strong><strong>de</strong>rarmut messen – Neue Ranglisten <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>rarmut <strong>in</strong> <strong>de</strong>n reichsten<br />

Län<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Welt“ (2012) analysiert K<strong>in</strong><strong>de</strong>rarmut <strong>in</strong> OECD-Län<strong>de</strong>rn unter zwei unterschiedlichen<br />

Aspekten, die zusammen e<strong>in</strong>en umfassen<strong>de</strong>n Vergleich <strong>de</strong>r materiellen Lage <strong>de</strong>r Mädchen und<br />

Jungen <strong>in</strong> <strong>de</strong>n wirtschaftlich am höchsten entwickelten Län<strong>de</strong>rn darstellen. Dar<strong>in</strong> wird die<br />

ökonomische Lage von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn nicht nur anhand von E<strong>in</strong>kommensarmut verglichen, son<strong>de</strong>rn<br />

es wer<strong>de</strong>n erstmals umfassen<strong>de</strong> alltägliche Mangelerfahrungen von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn <strong>in</strong> die Analyse<br />

e<strong>in</strong>bezogen. Bei<strong>de</strong> Aspekte ergänzen sich und ergeben zusammen das <strong>de</strong>rzeit bestmögliche<br />

Vergleichsbild von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rarmut <strong>in</strong> <strong>de</strong>n reichsten Staaten <strong>de</strong>r Welt.<br />

UNICEF nutzte für diese Rangliste die Daten e<strong>in</strong>er EU-weiten Haushaltsbefragung, <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>r 2009 erstmals erfasst wur<strong>de</strong>, ob die folgen<strong>de</strong>n 14 Tatbestän<strong>de</strong> für K<strong>in</strong><strong>de</strong>r im Alter<br />

zwischen e<strong>in</strong> und 16 Jahren zutreffen:<br />

1. Drei Mahlzeiten am Tag<br />

2. E<strong>in</strong>e warme Mahlzeit täglich (mit Fleisch, Fisch o<strong>de</strong>r vegetarischen Zutaten)<br />

3. Täglich frisches Obst und Gemüse<br />

4. Altersgerechte Bücher (nicht ausschließlich Schulbücher)<br />

5. Spielzeug für Aktivitäten im Freien (Fahrrad, Rollschuhe etc.)<br />

6. Regelmäßige Freizeitaktivitäten z.B. <strong>in</strong> Sportvere<strong>in</strong>en, Jugendorganisationen<br />

o<strong>de</strong>r das Erlernen e<strong>in</strong>es Musik<strong>in</strong>struments<br />

7. M<strong>in</strong><strong>de</strong>stens e<strong>in</strong> altersgerechtes Spielzeug pro K<strong>in</strong>d – z.B. Bauklötze, Brett- o<strong>de</strong>r<br />

Computerspiele<br />

8. Geld, um an Schulausflügen o<strong>de</strong>r Veranstaltungen teilzunehmen<br />

9. E<strong>in</strong> ruhiger Platz für Hausaufgaben<br />

10. E<strong>in</strong> Internetanschluss<br />

11. E<strong>in</strong>ige neue Kleidungsstücke (nicht ausschließlich bereits getragene Sachen)<br />

12. Zwei Paar Schuhe, wenigstens e<strong>in</strong>s davon wetterfest<br />

13. Möglichkeit, ab und zu Freun<strong>de</strong> zum Spielen und Essen nach Hause e<strong>in</strong>zula<strong>de</strong>n<br />

14. Möglichkeit, Geburts- o<strong>de</strong>r Namenstage sowie religiöse Feste zu feiern<br />

Deutschland nimmt im Län<strong>de</strong>rvergleich unter bei<strong>de</strong>n Aspekten nur e<strong>in</strong>en mittleren Rang e<strong>in</strong>.<br />

Bei <strong>de</strong>m Vergleich h<strong>in</strong>sichtlich absoluter Entbehrungen belegt Deutschland Platz 15 von 29<br />

europäischen Staaten (EU-Mitglie<strong>de</strong>r plus Island und Norwegen). Als arm gelten <strong>de</strong>mnach<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>r, die m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens zwei <strong>de</strong>r 14 abgefragten D<strong>in</strong>ge entbehren, weil ihren Eltern dafür die<br />

f<strong>in</strong>anziellen Mittel fehlen. In Deutschland ist davon nahezu je<strong>de</strong>s elfte K<strong>in</strong>d betroffen.<br />

zur Lage <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> Deutschland<br />

UNICEF-Studie: K<strong>in</strong><strong>de</strong>rarmut messen – Neue Ranglisten <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>rarmut <strong>in</strong> <strong>de</strong>n reichsten Län<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Welt.<br />

Download und Zusammenfassung unter: www.unicef.<strong>de</strong>/presse/2012/unicef-bericht-k<strong>in</strong><strong>de</strong>r-<strong>in</strong>-<strong>de</strong>utschland/<br />

„Absage an die Familie“. Artikel SZ vom 4. August 2011. t<strong>in</strong>yurl.com/unicef-1-5<br />

Materialien <strong>de</strong>r Caritas zur K<strong>in</strong><strong>de</strong>rarmut unter www.caritas.<strong>de</strong>/magaz<strong>in</strong>/schwerpunkt/k<strong>in</strong><strong>de</strong>rarmut<br />

UNICEF zum Stand <strong>de</strong>r <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland: www.unicef.<strong>de</strong>/k<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>rseite über „<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland“: www.k<strong>in</strong><strong>de</strong>r-jugendreport.<strong>de</strong>/impressum.htm<br />

Teil 1.0<br />

Die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

L<strong>in</strong>ks<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 7


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Zur Lage <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r weltweit<br />

Die jährlichen UNICEF-Jahresberichte weisen <strong>in</strong> ihrem<br />

statistischen Anhang darauf h<strong>in</strong>, dass sich viele Indikatoren<br />

für das K<strong>in</strong><strong>de</strong>swohl weltweit durchaus verbessert<br />

haben. So ist <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re die K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsterblichkeit seit<br />

1990 rückläufig (-33 Prozent). Die Tr<strong>in</strong>kwasserversorgung<br />

hat sich verbessert; so konnte e<strong>in</strong>e wichtige Ursache für<br />

Durchfallerkrankungen und To<strong>de</strong>sfälle zurückgedrängt<br />

wer<strong>de</strong>n. Mehr K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>de</strong>nn je gehen <strong>in</strong> die Schule und<br />

haben so die Chance auf e<strong>in</strong>e bessere Zukunft.<br />

zur Lage <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r weltweit<br />

UNICEF-Bericht zur Situation <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Welt, jährlich ersche<strong>in</strong>en<strong>de</strong>r Bericht<br />

mit zahlreichen Statistiken über die Lage <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r, über Entwicklungsfortschritte<br />

und über Probleme und Herausfor<strong>de</strong>rungen. Downloads <strong>de</strong>r englischen Orig<strong>in</strong>alausgabe<br />

f<strong>in</strong><strong>de</strong>n Sie hier: http://www.unicef.org/sowc/<br />

8 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

L<strong>in</strong>ks<br />

Teil 1.0<br />

Die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

Foto: UNICEF/Jens Kalaene<br />

Foto: UNICEF/Kerst<strong>in</strong> Bücker


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> – Erfolge und Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />

Recht auf Leben<br />

(Artikel 6 <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention)<br />

Die weltweite K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsterblichkeit ist von 1990 bis 2009 um e<strong>in</strong> Drittel<br />

(-33 Prozent), von 1970 bis 2009 sogar um 57 Prozent zurückgegangen.<br />

Dieses positive Ergebnis ist e<strong>in</strong> großer Entwicklungserfolg,<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m persönlichen E<strong>in</strong>satz gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Mütter, <strong>de</strong>n Bemühungen<br />

vieler Regierungen und <strong>de</strong>r <strong>in</strong>ternationalen Entwicklungszusammenarbeit<br />

zu verdanken ist.<br />

e<br />

Recht auf Bildung<br />

(Artikel 28 <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention)<br />

Immer mehr K<strong>in</strong><strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r Welt gehen zur Schule. Auch <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />

Entwicklungslän<strong>de</strong>rn ist <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />

<strong>de</strong>utlich gewachsen. 89 Prozent <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r (2008) besuchen<br />

dort mittlerweile e<strong>in</strong>e Grundschule. Im Jahre 2000 waren es nur<br />

71 Prozent.<br />

e<br />

Verbesserungen auf <strong>de</strong>r e<strong>in</strong>en Seite und fortbestehen<strong>de</strong> Herausfor<strong>de</strong>rungen aufgrund eklatanter<br />

Missstän<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite stehen sich gegenüber. Die Missstän<strong>de</strong> be<strong>de</strong>uten gleichzeitig,<br />

dass grundlegen<strong>de</strong> <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>de</strong>n betroffenen K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen vorenthalten wer<strong>de</strong>n.<br />

Auch hier zeigt sich e<strong>in</strong>e enge Verb<strong>in</strong>dung zwischen <strong>de</strong>r objektiven (sozialen, ökonomischen,<br />

politischen) Lage <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und <strong>de</strong>r Verwirklichung <strong>de</strong>r <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong>. Je ärmer und korrupter die<br />

Staaten, <strong>de</strong>sto häufiger wer<strong>de</strong>n grundlegen<strong>de</strong> <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> missachtet. Die Durchsetzung <strong>de</strong>r<br />

<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> erfor<strong>de</strong>rt also sowohl politische Maßnahmen <strong>de</strong>r Staaten als auch e<strong>in</strong>e grundlegen<strong>de</strong><br />

Verbesserung <strong>de</strong>r sozialen Lebensbed<strong>in</strong>gungen.<br />

Teil 1.0<br />

Die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

Noch immer sterben je<strong>de</strong>s Jahr 7,6 Millionen K<strong>in</strong><strong>de</strong>r vor ihrem fünften Geburtstag.<br />

Die meisten dieser K<strong>in</strong><strong>de</strong>r sterben an Krankheiten, die mit ger<strong>in</strong>gem Aufwand vermeidbar<br />

wären, o<strong>de</strong>r die <strong>in</strong>folge <strong>de</strong>r Unterernährung e<strong>in</strong>e tödliche Wirkung hatten.<br />

Noch immer gibt etwa 70 bis 100 Millionen K<strong>in</strong><strong>de</strong>r, die ke<strong>in</strong>e Schule besuchen und<br />

<strong>de</strong>shalb <strong>in</strong> verschie<strong>de</strong>ner H<strong>in</strong>sicht schlechte Lebenschancen haben. Auch die Qualität von<br />

Schule und Unterricht muss dr<strong>in</strong>gend <strong>in</strong> vielen Län<strong>de</strong>rn verbessert wer<strong>de</strong>n.<br />

Schutz bei bewaffneten Konflikten<br />

(Artikel 38 <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention)<br />

LeMoyne<br />

Die Zahl <strong>de</strong>r kriegerischen Konflikte ist <strong>in</strong> <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />

<strong>de</strong>utlich gesunken. Das hat auch vielen K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn das Leben<br />

gerettet. Gleichzeitig hat die Weltgeme<strong>in</strong>schaft (zum Beispiel<br />

über <strong>de</strong>n Internationalen Strafgerichtshof) begonnen, gegen jene<br />

UNICEF/Roger<br />

vorzugehen, die K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> bewaffneten Konflikten als Soldaten<br />

e<strong>in</strong>gesetzt haben. Foto:<br />

e<br />

Noch immer s<strong>in</strong>d geschätzt 250.000 K<strong>in</strong><strong>de</strong>r als Kämpfer bei verschie<strong>de</strong>nen bewaffneten<br />

Gruppen rekrutiert. Sie erleben und verüben dort unvorstellbare Grausamkeiten.<br />

Nach ihrer Entlassung aus <strong>de</strong>n militärischen Gruppen bleiben sie oft alle<strong>in</strong>e und ohne<br />

Hilfe traumatisiert zurück.<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 9<br />

Foto: UNICEF/Giacomo Pirozzi Foto: UNICEF/Khemka


M1.1<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> – nur e<strong>in</strong> Stück Papier?<br />

„Die Vertragsstaaten<br />

<strong>de</strong>s Abkommens<br />

über die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

gewährleisten <strong>in</strong><br />

größtmöglichem<br />

Umfang das Überleben<br />

und die Entwicklung<br />

<strong>de</strong>s K<strong>in</strong><strong>de</strong>s“.<br />

Blog: <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> - nur e<strong>in</strong> Stück Papier?<br />

Autor: Jan<br />

Hi, mich nerven die tollen Erklärungen und Papiere und Resolutionen, die unsere Politiker so abson<strong>de</strong>rn.<br />

Kl<strong>in</strong>gt immer ganz toll, wenn von <strong>de</strong>n Menschenrechten die Re<strong>de</strong> ist o<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Menschenwür<strong>de</strong>. Das<br />

gleiche gilt für die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong>. Alles ganz toll, wenn K<strong>in</strong><strong>de</strong>r das Recht auf gute Entwicklung und Fürsorge<br />

und gute Lebensbed<strong>in</strong>gungen und Bildung und Schutz vor Gewalt haben. Tatsächlich aber hungern so<br />

viele o<strong>de</strong>r sterben im Krieg o<strong>de</strong>r müssen arbeiten. Ich f<strong>in</strong><strong>de</strong>, wir sollten uns diese tollen Erklärungen<br />

sparen. Mit <strong>de</strong>r Wirklichkeit gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r haben die nichts zu tun. Das ist alles nur pe<strong>in</strong>lich. Jan.<br />

Re 1: <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> - nur e<strong>in</strong> Stück Papier? – Autor: Nicole<br />

Hi Jan. Ich f<strong>in</strong><strong>de</strong>, dass man trotz<strong>de</strong>m sagen muss, wo man h<strong>in</strong> will. Die großen Erklärungen s<strong>in</strong>d doch eher<br />

e<strong>in</strong> Ziel und beschreiben nicht, wie es heute ist. Die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> sagen nur, was je<strong>de</strong>s K<strong>in</strong>d auf <strong>de</strong>r Welt<br />

eigentlich haben müsste. Daran kann man dann auch sehen, wie weit wir noch davon entfernt s<strong>in</strong>d.<br />

Re 2: <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> - nur e<strong>in</strong> Stück Papier? – Autor: Mr. Yes<br />

Hi Jan. Ich f<strong>in</strong><strong>de</strong> es trotz<strong>de</strong>m verlogen, wenn e<strong>in</strong> Land die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> unterschreibt und auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />

Seite können viele K<strong>in</strong><strong>de</strong>r nicht <strong>in</strong> die Schule gehen o<strong>de</strong>r es gibt ke<strong>in</strong>e Ärzte für sie. Wenn e<strong>in</strong>e Regierung<br />

sich dazu verpflichtet hat, dann muss sie auch dafür sorgen, dass die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> im eigenen Land<br />

umgesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Re 3: <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> - nur e<strong>in</strong> Stück Papier? – Autor: Miri<br />

Hi. Ja Klasse. Was sollen <strong>de</strong>nn die Regierungen <strong>in</strong> <strong>de</strong>n armen Län<strong>de</strong>rn tun? Die können doch gar nicht<br />

garantieren, dass ke<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d mehr hungert o<strong>de</strong>r dass alle <strong>in</strong> die Schule kommen. Da fehlt ihnen schlicht das<br />

Geld. Wenn Deutschland auch die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> unterschrieben hat, dann müssten wir <strong>de</strong>n armen Län<strong>de</strong>rn<br />

so viel Entwicklungshilfe bezahlen, dass die alle <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> auch umsetzen können.<br />

Re 4: Samthandschuhe – Autor: Walter H.<br />

Ja Klasse. Und morgen kommt <strong>de</strong>r Weihnachtsmann. Ihr glaubt doch selbst nicht, dass die Regierungen <strong>in</strong><br />

vielen Län<strong>de</strong>rn das Geld für ihre K<strong>in</strong><strong>de</strong>r ausgeben wür<strong>de</strong>n. Die wür<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Geld ganz was an<strong>de</strong>res<br />

machen. Die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> kann man nicht mit Geld durchsetzen. Das müssten die Menschen schon selber<br />

durchsetzen, vielleicht auch gegen ihre Regierungen.<br />

Aufgabe:<br />

10 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

Wie seht ihr das mit <strong>de</strong>m Übere<strong>in</strong>kommen zu <strong>de</strong>n <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong>n?<br />

Schreibt e<strong>in</strong>en eigenen Blog-E<strong>in</strong>trag, <strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren E<strong>in</strong>trägen Stellung bezieht.<br />

Teil 1.0<br />

Die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

Foto: UN Photo/Marco Dorm<strong>in</strong>o


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Alle K<strong>in</strong><strong>de</strong>r sollen ohne Diskrim<strong>in</strong>ierung die<br />

gleichen Chancen auf Wohlergehen und Entwicklung<br />

haben (vgl. K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention, Artikel<br />

2). Die For<strong>de</strong>rung nach „Chancengleichheit!“ ist<br />

heute zu e<strong>in</strong>em wesentlichen Referenzpunkt <strong>de</strong>r<br />

nationalen wie <strong>de</strong>r <strong>in</strong>ternationalen Gerechtigkeitsdiskussion<br />

gewor<strong>de</strong>n.<br />

Foto: UNICEF/Riccardo Gangale 2.0 Chancengleichheit<br />

Teil 2.0<br />

Chancengleichheit<br />

Lehrer<strong>in</strong>formation<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention, Artikel 2:<br />

Die starken Unterschie<strong>de</strong> beim „k<strong>in</strong>dlichen Wohlergehen“ (vgl. die UNICEF-Studie zur Lage <strong>de</strong>r<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> Deutschland 2011/2012) <strong>de</strong>uten darauf h<strong>in</strong>, dass K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> Bremen, Sachsen-Anhalt<br />

o<strong>de</strong>r Berl<strong>in</strong> von vornehere<strong>in</strong> <strong>de</strong>utlich schlechter gestellt s<strong>in</strong>d – <strong>in</strong> Bezug auf ihre materielle<br />

Ausstattung, ihren Gesundheitszustand, ihre Bildungschancen – als K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />

Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn. Die Autoren <strong>de</strong>r Studie for<strong>de</strong>rn Län<strong>de</strong>r und Kommunen auf, diese nicht h<strong>in</strong>nehmbaren<br />

Chancenunterschie<strong>de</strong> abzubauen.<br />

Die Lage <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Stadtstaaten mit hoher urbaner Bevölkerung muss nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />

schlechter se<strong>in</strong> als die Situation <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Flächenstaaten (Gegenbeispiel: Hamburg)<br />

und auch das West-Ost-Gefälle be<strong>de</strong>utet nicht notwendigerweise, dass die K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>n neuen<br />

Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn (Gegenbeispiel: Bran<strong>de</strong>nburg) benachteiligt se<strong>in</strong> müssen. Zu <strong>de</strong>n Unterschie<strong>de</strong>n<br />

zwischen <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>rn kommen die Differenzen zwischen e<strong>in</strong>zelnen Kommunen und<br />

Landkreisen.<br />

„Die Vertragsstaaten achten die <strong>in</strong> diesem<br />

Übere<strong>in</strong>kommen festgelegten Rechte und<br />

gewährleisten sie je<strong>de</strong>m ihrer Hoheitsgewalt<br />

unterstehen<strong>de</strong>n K<strong>in</strong>d ohne je<strong>de</strong><br />

Diskrim<strong>in</strong>ierung unabhängig von <strong>de</strong>r<br />

Rasse, <strong>de</strong>r Hautfarbe, <strong>de</strong>m Geschlecht,<br />

<strong>de</strong>r Sprache, <strong>de</strong>r Religion, <strong>de</strong>r politischen<br />

o<strong>de</strong>r sonstigen Anschauung, <strong>de</strong>r<br />

nationalen, ethnischen o<strong>de</strong>r sozialen<br />

Herkunft, <strong>de</strong>s Vermögens, e<strong>in</strong>er Beh<strong>in</strong><strong>de</strong>rung,<br />

<strong>de</strong>r Geburt o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s sonstigen<br />

Status <strong>de</strong>s K<strong>in</strong><strong>de</strong>s, se<strong>in</strong>er Eltern o<strong>de</strong>r<br />

se<strong>in</strong>es Vormun<strong>de</strong>s“.<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 11<br />

Foto: UNICEF


�<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Weltweit ist die Lage <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r (Indikator: K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsterblichkeit) erwartungsgemäß <strong>in</strong> hohem<br />

Maße unterschiedlich. Bei näherem H<strong>in</strong>sehen kann man aber auch erkennen, dass Reichtum<br />

und Wohlstand <strong>de</strong>r Entwicklungslän<strong>de</strong>r nicht i<strong>de</strong>ntisch s<strong>in</strong>d mit <strong>de</strong>m Wohlergehen <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r.<br />

Es gibt Län<strong>de</strong>r mit relativ niedrigem Bruttonationale<strong>in</strong>kommen bei gleichzeitig niedriger K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsterblichkeit,<br />

während an<strong>de</strong>re Staaten trotz ihrer guten wirtschaftlichen Ausgangslage wenig<br />

für ihre K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und <strong>de</strong>ren Überleben tun.<br />

Vergleich: Wirtschaftskraft (pro Kopf) und<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsterblichkeit (To<strong>de</strong>sfälle unter 5 Jahren auf 1.000 Lebendgeborene)<br />

Angola 3.490 $ 161 ✝ Nepal 440 $ 48 ✝<br />

Gu<strong>in</strong>ea (Äquat.) 12.420 $ 145 ✝ Bangla<strong>de</strong>sh 590 $ 52 ✝<br />

Sambia 970 $ 141 ✝ Ghana 700 $ 69 ✝<br />

Quelle: UNICEF, The State of the World’s Children 2011.<br />

Vorschläge für <strong>de</strong>n Unterricht -<br />

Thema „Chancengleichheit“<br />

Was ist Chancengleichheit?<br />

Schreiben Sie diese Frage an die Tafel (Whiteboard) und zeichnen Sie daneben verschie<strong>de</strong>ne<br />

Tiere. Lassen Sie dann Ihre Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler nach e<strong>in</strong>er Def<strong>in</strong>ition von Chancengleichheit<br />

suchen. Jenseits verallgeme<strong>in</strong>erungsfähiger Formulierungen (wie: Chancengleichheit als<br />

e<strong>in</strong>e gerechte Verteilung von Lebenschancen ohne Diskrim<strong>in</strong>ierung) ist hier die Erkenntnis<br />

wichtig, dass gleiche Chancen für Ungleiche nicht unbed<strong>in</strong>gt positive Folgen haben (Elefant,<br />

Schildkröte, Affe haben die gleiche Chance auf Nahrungssuche).<br />

Das Leben ist ungerecht.<br />

Fragen Sie – wenn es das Klassenklima zulässt – ihre Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, an welcher<br />

Stelle sie sich schon e<strong>in</strong>mal ungerecht behan<strong>de</strong>lt und benachteiligt gefühlt haben. Welche<br />

Benachteiligung hätte vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n können, welche s<strong>in</strong>d durch „objektive Faktoren“<br />

zunächst gegeben? Wo haben die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler bei sich selbst Chancen vermisst,<br />

die sie bei an<strong>de</strong>ren Jugendlichen als gegeben sehen?<br />

12 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

Teil 2.0<br />

Chancengleichheit<br />

Lehrer<strong>in</strong>formation<br />

Illustration: Rolf Bunse


�<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Vorschläge für <strong>de</strong>n Unterricht -<br />

Thema „Chancengleichheit“<br />

Vi<strong>de</strong>o<br />

Lassen Sie Kle<strong>in</strong>gruppen zum Beispiel auf <strong>de</strong>r Vi<strong>de</strong>o-Plattform Youtube o<strong>de</strong>r Myvi<strong>de</strong>o je drei<br />

kurze Filme zum Stichwort Chancengleichheit (Suchworte können se<strong>in</strong> „Chancengleichheit“,<br />

„Beh<strong>in</strong><strong>de</strong>rung“, „Diskrim<strong>in</strong>ierung“, „K<strong>in</strong><strong>de</strong>rarbeit“) aussuchen und <strong>de</strong>r Klasse zeigen, an<br />

welchen Stellen sie die Chancengleichheit ganz beson<strong>de</strong>rs verletzt sehen. Die Auswahl wäre<br />

zu begrün<strong>de</strong>n – und es wäre anzugeben, wodurch im gezeigten Beispiel die Chancengleichheit<br />

verletzt wird.<br />

Chancengleichheit für Menschen mit Beh<strong>in</strong><strong>de</strong>rung<br />

Beteiligungschancen für Menschen mit Beh<strong>in</strong><strong>de</strong>rung ist e<strong>in</strong> großes Thema <strong>in</strong> <strong>de</strong>r <strong>in</strong>ternationalen<br />

und auch <strong>in</strong> <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Politik (vgl. UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit<br />

Beh<strong>in</strong><strong>de</strong>rung). Was Chancengleichheit im Zusammenleben von Menschen mit und ohne Beh<strong>in</strong><strong>de</strong>rung<br />

be<strong>de</strong>uten könnte, wäre zu reflektieren und zu diskutieren. Vielfältige Materialien und<br />

Anregungen dazu gibt es auf www.aktion-mensch.<strong>de</strong> (Inklusionskampagne).<br />

�� Gen<strong>de</strong>r – Chancengerechtigkeit - Me<strong>in</strong>ungsbil<strong>de</strong>r<br />

Gleiche Entfaltungs-, Bildungs-, Karriere- o<strong>de</strong>r E<strong>in</strong>kommenschancen zwischen Männern und<br />

Frauen, Jungen und Mädchen, bleibt e<strong>in</strong>e Herausfor<strong>de</strong>rung, die bei uns wie auch weltweit<br />

kontrovers <strong>de</strong>battiert wird. Den Erfolgen <strong>de</strong>r Frauen <strong>in</strong> unserer Gesellschaft (bessere Schulabschlüsse,<br />

Mehrheit <strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong>n) stehen auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite weiterh<strong>in</strong> <strong>de</strong>utliche Benachteiligungen<br />

bei Karriere und E<strong>in</strong>kommen entgegen.<br />

Schreiben Sie <strong>in</strong> großen Buchstaben die Sätze „Frauen haben weniger Chancen“ und „Männer<br />

haben weniger Chancen“ auf e<strong>in</strong> Plakat und hängen Sie diese Plakate im Klassenraum an zwei<br />

gegenüber liegen<strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n auf. Räumen Sie Tische und Stühle zur Seite und verlesen Sie nun<br />

e<strong>in</strong>zelne Stichworte. Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler sollen sich dann – schweigend – zwischen<br />

<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Zetteln aufstellen – und zwar näher (große Zustimmung) o<strong>de</strong>r weiter entfernt (ger<strong>in</strong>ge<br />

Zustimmung) zu <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Aussagen. Danach sollen die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler begrün<strong>de</strong>n,<br />

warum sie sich dort positioniert haben. Stichworte können se<strong>in</strong>: Faire Behandlung durch Lehrer<br />

– Unterstützung durch Freund<strong>in</strong>nen und Freun<strong>de</strong> – Mithelfen im Haushalt – konzentriert arbeiten<br />

können – von Gewalt bedroht wer<strong>de</strong>n – Karriere machen – e<strong>in</strong> gutes E<strong>in</strong>kommen haben usw.<br />

Ich f<strong>in</strong><strong>de</strong> es ungerecht, wenn…<br />

Das Schülerarbeitsblatt M2.1 stellt zehn Beispiele für Ungleichheit aus ihrem Lebensumfeld<br />

heraus und fragt danach, welche Differenz als Ungerechtigkeit empfun<strong>de</strong>n wird. Lassen Sie<br />

die Matrix von <strong>de</strong>n Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern ausfüllen und diskutieren Sie dann <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Klasse<br />

die unterschiedlichen E<strong>in</strong>schätzungen und Bewertungen (Rangfolge). Eventuell können die<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler weitere Beispiele nennen, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen sie e<strong>in</strong>e erhebliche Ungerechtigkeit<br />

erkennen.<br />

Teil 2.0<br />

Chancengleichheit<br />

Lehrer<strong>in</strong>formation<br />

_<br />

* ?!<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 13


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Willst Du Chancengleichheit?<br />

Das Schülerarbeitsblatt M2.2 fragt nach <strong>de</strong>m Stellenwert, <strong>de</strong>n die For<strong>de</strong>rung nach Chancengleichheit<br />

für die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler hat. Es kann ke<strong>in</strong>eswegs davon ausgegangen<br />

wer<strong>de</strong>n, dass Jugendliche Chancengleichheit als unbed<strong>in</strong>gte Tugend o<strong>de</strong>r selbstverständliches<br />

Ziel <strong>de</strong>r Politik akzeptieren. Das liegt zum e<strong>in</strong>en daran, wie groß die sozialen, kulturellen, ökonomischen<br />

und mentalen Ungleichheiten <strong>in</strong> unserer Gesellschaft s<strong>in</strong>d und dass „gleiche Chancen<br />

für alle“ e<strong>in</strong>e Utopie zu bleiben sche<strong>in</strong>t. Zum an<strong>de</strong>ren könnte die For<strong>de</strong>rung nach gesellschaftlicher<br />

Chancengleichheit <strong>de</strong>n subjektiven Faktor vernachlässigen, also Anstrengung, Mut und<br />

Beharrlichkeit <strong>de</strong>s E<strong>in</strong>zelnen. Gera<strong>de</strong> junge Menschen aus schwierigen Verhältnissen legen Wert<br />

darauf, dass diese Eigenanstrengung gesehen und anerkannt wird. Das Arbeitsblatt soll helfen,<br />

diese Zusammenhänge zu reflektieren (Kle<strong>in</strong>gruppenarbeit).<br />

Weltweite Chancengleichheit?<br />

�Das Schülerarbeitsblatt M2.3 stellt – <strong>in</strong> statistischen Daten – die Ungleichheit <strong>de</strong>r Lebensverhältnisse<br />

dar. Verglichen wird die soziale und ökonomische Situation e<strong>in</strong>es Jugendlichen <strong>in</strong><br />

Burk<strong>in</strong>a Faso mit <strong>de</strong>r e<strong>in</strong>es <strong>de</strong>utschen Jugendlichen. Im Zentrum steht hier <strong>de</strong>r Kompetenzerwerb<br />

durch E<strong>in</strong>führung zentraler Indikatoren zur Messung von Entwicklung.<br />

q<br />

�<br />

�<br />

Vorschläge für <strong>de</strong>n Unterricht -<br />

Thema „Chancengleichheit“<br />

H<strong>in</strong>weise auf Materialien/L<strong>in</strong>ks<br />

UNICEF: The Children left beh<strong>in</strong>d. A league table of <strong>in</strong>equality <strong>in</strong> child wellbe<strong>in</strong>g <strong>in</strong> the world’s richest<br />

countries. NY 2010. Download unter www.unicef-irc.org/publications/pdf/rc9_eng.pdf<br />

Die ungleichen Lebenschancen von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen können <strong>in</strong> zahlreichen Materialien und<br />

Medien von UNICEF nachvollzogen wer<strong>de</strong>n.<br />

E<strong>in</strong>e Aufstellung f<strong>in</strong><strong>de</strong>n Sie unter www.unicef.<strong>de</strong>/ueber-uns/mediathek<br />

Der UNICEF-Report „Zur Situation <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Welt 2011“ befasst sich schwerpunktmäßig<br />

mit <strong>de</strong>r Lage von Jugendlichen. E<strong>in</strong>e Zusammenfassung ist im Internet verfügbar: www.unicef.<strong>de</strong>/<br />

presse/2011/sowcr-bericht-2011/unicef-jahresbericht-zur-situation-<strong>de</strong>r-k<strong>in</strong><strong>de</strong>r-<strong>in</strong>-<strong>de</strong>r-welt-2011<br />

Die Chancengleichheit für K<strong>in</strong><strong>de</strong>r- und Jugendliche mit Beh<strong>in</strong><strong>de</strong>rungen <strong>in</strong> Kambodscha, Haiti und<br />

Südafrika wer<strong>de</strong>n <strong>in</strong> Sek. I-<strong>Unterrichtsmaterial</strong>ien (Magaz<strong>in</strong>: grenzenlos) und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Film (28 M<strong>in</strong>.)<br />

vom K<strong>in</strong><strong>de</strong>rmissionswerk zum Thema gemacht.<br />

Bezug: www.sterns<strong>in</strong>ger.org/themen/beh<strong>in</strong><strong>de</strong>rung/wuer<strong>de</strong>-teilhabe-chancengleichheit.html<br />

DVD „Anna, Amal, Anousheh”. Sampler mit acht Kurzfilmen über die Chancen von Mädchen <strong>in</strong> verschie<strong>de</strong>nen<br />

Län<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> (Marokko, Senegal, Ben<strong>in</strong>, Pakistan, Peru, Venezuela, Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong> und<br />

Deutschland). Verleih bei verschie<strong>de</strong>nen Evangelischen Medienzentralen. Infos unter www.ezef.<strong>de</strong>.<br />

14 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

Teil 2.0<br />

Chancengleichheit<br />

Lehrer<strong>in</strong>formationen


xX<br />

Foto: UNICEF/Krist<strong>in</strong>a Müller<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Ich f<strong>in</strong><strong>de</strong> es ungerecht wenn ...<br />

… wenn beim 100 Meter-Lauf alle Schüler für die gleiche Zeit die gleiche Punktzahl<br />

erhalten, obwohl e<strong>in</strong>ige 1,85 m groß s<strong>in</strong>d und an<strong>de</strong>re nur 1,60 m.<br />

… wenn hübsche Mädchen von vielen Jungs umschwärmt wer<strong>de</strong>n, während die<br />

weniger hübschen nicht beachtet wer<strong>de</strong>n.<br />

… wenn bei e<strong>in</strong>igen Schülern die Eltern bei <strong>de</strong>n Hausaufgaben helfen und an<strong>de</strong>re<br />

Schüler alles alle<strong>in</strong>e machen müssen.<br />

… wenn Eltern aus ärmeren Familien ihre K<strong>in</strong><strong>de</strong>r mehr Fernsehen und Computer spielen<br />

lassen als an<strong>de</strong>re Eltern.<br />

… wenn Schüler, bei <strong>de</strong>nen zu Hause Türkisch o<strong>de</strong>r Russisch gesprochen wird, die gleiche<br />

Deutsch-Arbeit schreiben müssen wie Schüler aus <strong>de</strong>utschen Familien.<br />

… wenn e<strong>in</strong> Schüler o<strong>de</strong>r e<strong>in</strong>e Schüler<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> Smart-Phone hat, weil es sich die Familie<br />

nicht leisten kann.<br />

… wenn e<strong>in</strong>ige Schüler abends lange aufbleiben dürfen und <strong>in</strong> die Disko gehen können,<br />

während an<strong>de</strong>re ab 22.00 Uhr schön brav zu Hause se<strong>in</strong> müssen.<br />

… wenn K<strong>in</strong><strong>de</strong>r aus Arbeiterfamilien viel seltener aufs Gymnasium gehen als K<strong>in</strong><strong>de</strong>r reicher Eltern.<br />

… wenn e<strong>in</strong>ige Schüler auf <strong>de</strong>m Land wohnen, wo abends nichts mehr los ist,<br />

und an<strong>de</strong>re <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Großstadt alle Freizeitmöglichkeiten haben.<br />

… wenn e<strong>in</strong>ige Jugendliche stark und selbstbewusst s<strong>in</strong>d und an<strong>de</strong>re eher schüchtern<br />

und ängstlich.<br />

AufgabeN:<br />

1. Kreuzt bitte <strong>in</strong> <strong>de</strong>n letzten drei Spalten an, ob ihr <strong>in</strong> <strong>de</strong>r jeweils beschriebenen Situation e<strong>in</strong>e<br />

Ungerechtigkeit seht o<strong>de</strong>r nicht.<br />

2. Erläutert bitte, wor<strong>in</strong> die jeweilige Ungerechtigkeit besteht o<strong>de</strong>r warum ihr die sche<strong>in</strong>bare<br />

Benachteiligung nicht für e<strong>in</strong>e Ungerechtigkeit haltet.<br />

3. Sucht bitte die drei Beispiele heraus, die ihr für die größten Ungerechtigkeiten haltet.<br />

Begrün<strong>de</strong>t eure Auswahl.<br />

4. Stellt bitte diejenigen Beispiele heraus, an <strong>de</strong>ren Ungerechtigkeit man etwas än<strong>de</strong>rn könnte.<br />

Was könnte man tun?<br />

Reihenfolge<br />

Teil 2.0<br />

Chancengleichheit<br />

Arbeitsblatt<br />

m2.1<br />

kann ich nicht entschei<strong>de</strong>n<br />

f<strong>in</strong><strong>de</strong> ich okay<br />

f<strong>in</strong><strong>de</strong> ich ungerecht<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 15


m 2.2<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

1. Das Gere<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Chancengleichheit nervt. Es gibt sie nicht. K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und<br />

Jugendliche s<strong>in</strong>d so was von verschie<strong>de</strong>n – wie soll es da Chancengleichheit<br />

geben? Wenn <strong>de</strong><strong>in</strong>e Eltern Kohle haben, hast du es schon mal leichter. Wenn<br />

<strong>de</strong><strong>in</strong>e Eltern okay s<strong>in</strong>d und dich unterstützen, hast du schon wie<strong>de</strong>r Glück gehabt.<br />

Wenn du dann auch noch <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schule Lehrer hast, die dich fair behan<strong>de</strong>ln,<br />

super. Wie soll es Chancengleichheit geben zwischen solchen Jugendlichen und<br />

an<strong>de</strong>ren, die das alles nicht haben?<br />

16 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

Willst du<br />

Chancengleichheit?<br />

2. Wenn du me<strong>in</strong>st, Chancengleichheit wäre dann wenn alle gleich s<strong>in</strong>d, vergiss es.<br />

Die Unterschie<strong>de</strong> s<strong>in</strong>d da. Die kriegt man nicht weg, auch nicht mit Politik. Arme und<br />

Reiche, fitte Leute und Schnarchnasen, kluge Köpfe und Flachzangen – wird es immer<br />

geben. Chancengleichheit heißt für mich, dass alle e<strong>in</strong>e, dass alle ihre Chance kriegen,<br />

was aus ihrem Leben zu machen. Nicht alle das Gleiche, aber doch so, dass je<strong>de</strong>r und<br />

je<strong>de</strong> was erreichen kann. Aber: für die e<strong>in</strong>en ist das verdammt schwer – und für<br />

an<strong>de</strong>re eher easy.<br />

AufgabeN:<br />

3. Ich will ke<strong>in</strong>e Chancengleichheit. Ich b<strong>in</strong> stolz darauf, dass ich da b<strong>in</strong>, wo<br />

ich b<strong>in</strong>. Obwohl me<strong>in</strong>e Mutter uns alle<strong>in</strong>e aufgezogen hat, obwohl me<strong>in</strong><br />

Bru<strong>de</strong>r beh<strong>in</strong><strong>de</strong>rt ist, obwohl wir nicht so viel Kohle haben wie an<strong>de</strong>re. Wir<br />

haben zusammen gehalten und waren füre<strong>in</strong>an<strong>de</strong>r da. Ich pfeife auf die<br />

Chancengleichheit. Ich habe statt<strong>de</strong>ssen gekämpft, auch wenn es manchmal<br />

schwer war. Für me<strong>in</strong>e Chancen habe ich selbst gesorgt.<br />

5. Es gibt ke<strong>in</strong>e Chancengleichheit unter <strong>de</strong>n SchülerInnen <strong>in</strong> unser Klasse. Wir s<strong>in</strong>d<br />

alle ganz verschie<strong>de</strong>n. Okay. Die e<strong>in</strong>en haben e<strong>in</strong> IPhone, die an<strong>de</strong>ren e<strong>in</strong> Handy aus<br />

<strong>de</strong>r Ste<strong>in</strong>zeit. Auch okay. Aber ich f<strong>in</strong><strong>de</strong> es trotz<strong>de</strong>m klasse, dass wir manchmal alle<br />

doch zusammenhalten, obwohl wir so verschie<strong>de</strong>n s<strong>in</strong>d. Dass es auch Freundschaften<br />

zwischen Leuten gibt, die eigentlich ziemlich unterschiedlich s<strong>in</strong>d. Dass wir uns manchmal<br />

echt gut verstehen und uns helfen. Je<strong>de</strong>r und je<strong>de</strong> hat die Chance, mit an<strong>de</strong>ren<br />

solidarisch zu se<strong>in</strong>. Da gibt es Chancengleichheit.<br />

1. Lest bitte die fünf Aussagen zum Thema Chancengleichheit.<br />

2. Besprecht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kle<strong>in</strong>gruppe, was ihr an <strong>de</strong>n e<strong>in</strong>zelnen Aussagen richtig f<strong>in</strong><strong>de</strong>t,<br />

wo ihr nicht zustimmt und welches <strong>de</strong>r fünf Statements euch am sympathischsten ist.<br />

3. Formuliert je e<strong>in</strong>en zusammenfassen<strong>de</strong>n Satz zu <strong>de</strong>n Fragen<br />

„Was ist Chancengleichheit?“ und „Gibt es Chancengleichheit <strong>in</strong> unserer Gesellschaft?“<br />

Teil 2.0<br />

Chancengleichheit<br />

4. Über fehlen<strong>de</strong> Chancengleichheit zu jammern – das wäre<br />

für mich das letzte. Ich verachte Leute, die überall erzählen,<br />

wie schwer sie es hatten o<strong>de</strong>r haben. Immer benachteiligt und<br />

die an<strong>de</strong>ren s<strong>in</strong>d alle böse. Wer sich selbst kle<strong>in</strong> macht, ist<br />

selber schuld. Je<strong>de</strong>r hat se<strong>in</strong>e Chance. Aber die Chance<br />

musst du dir nehmen - und dafür brauchst du Mut. Ohne<br />

diesen Mut bist du immer wie<strong>de</strong>r nur das Opfer.<br />

Arbeitsblatt<br />

Fotos: UNICEF


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Weltweite<br />

Chancengleichheit<br />

?<br />

m2.3<br />

Name: Blaise Lukas<br />

Land: Burk<strong>in</strong>a Faso Deutschland<br />

Alter: 14 Jahre 14 Jahre<br />

Geschwisterzahl: 5 Geschwister 0 Geschwister<br />

Me<strong>in</strong>e Lebenserwartung (statistischer Durchschnitt) 54 Jahre 80 Jahre<br />

Wie viele Ärzte kommen bei uns auf 100.000 Menschen?* 6 Ärzte 353 Ärzte<br />

Wie viel gibt me<strong>in</strong>e Regierung pro E<strong>in</strong>wohner für Gesundheit aus?* 38 $ 4.628 $<br />

Wie viele K<strong>in</strong><strong>de</strong>r sterben bei uns vor ihrem 5. Geburtstag? 17,6% 0,4%<br />

Wie viele Leute haben ke<strong>in</strong>en Zugang zu sauberem Tr<strong>in</strong>kwasser? 24% 0%<br />

Wie viele Leute haben ke<strong>in</strong>e Toiletten? 89% 0%<br />

Wie viele Schüler kommen auf e<strong>in</strong>en Lehrer (Grundschule) 47 13<br />

Wie viele Leute haben bei uns Internet-Anschluss? 1% 82%<br />

Wie groß ist die Wirtschaftskraft me<strong>in</strong>es Lan<strong>de</strong>s pro E<strong>in</strong>wohner? 1.250 $ 38.100 $<br />

Wie hoch ist <strong>de</strong>r Ausstoß von Kohlendioxid pro E<strong>in</strong>wohner? 0,1 t 9,5 t<br />

*Datenquelle: Worldbank – World Development Indicators. Website 2012.<br />

Daten stammen aus <strong>de</strong>n letzten verfügbaren Statistiken (überwiegend 2009/2010). Alle Zahlen s<strong>in</strong>d Durchschnittszahlen und<br />

berücksichtigen nicht die zum Teil starken Unterschie<strong>de</strong> <strong>in</strong>nerhalb <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r.<br />

AufgabeN:<br />

1. Vergleicht bitte die Daten <strong>in</strong> <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Spalten. Was fällt euch auf? Welche Unterschie<strong>de</strong><br />

zwischen Burk<strong>in</strong>a Faso und Deutschland f<strong>in</strong><strong>de</strong>t ihr am auffälligsten? Welche Daten stehen mit<br />

<strong>de</strong>n UN-<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong>n <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung?<br />

2. Gibt es Chancengleichheit zwischen Blaise und Lukas? Versucht e<strong>in</strong>e Bewertung dieser<br />

Frage unter Bezugnahme auf die statistischen Daten.<br />

3. E<strong>in</strong>erseits gelten die UN-<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> für alle K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendlichen <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Welt –<br />

an<strong>de</strong>rerseits s<strong>in</strong>d die Entwicklungsbed<strong>in</strong>gungen so unterschiedlich. Was könnte man tun, um<br />

aus diesem Wi<strong>de</strong>rspruch herauszukommen?<br />

Foto: UN Photo<br />

?!<br />

Teil 2.0<br />

Chancengleichheit<br />

Arbeitsblatt<br />

Foto: UNICEF/Hyou Vielz<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 17


Foto: UNICEF/Jens Kalaene<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

3.0 Beteiligung<br />

Die Beteiligung von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen an <strong>de</strong>n sie betreffen<strong>de</strong>n Entscheidungen gehört<br />

nicht nur zur UN-K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention (Artikel 12). Auch im für die Jugendhilfe zuständigen<br />

<strong>de</strong>utschen Sozialgesetzbuch (VIII) ist die Beteiligung – zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st die Anhörung – <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und<br />

Jugendlichen bei allen sie betreffen<strong>de</strong>n Jugendhilfemaßnahmen ausdrücklich gesetzlich verankert.<br />

Und nicht zuletzt betonen die Schulgesetze <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r die Notwendigkeit, die Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schüler <strong>in</strong> die Planung und <strong>de</strong>n Vollzug von Unterricht und Schulleben e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />

Dabei ist <strong>de</strong>r Ruf nach Beteiligung <strong>de</strong>r Heranwachsen<strong>de</strong>n nicht nur Ausdruck e<strong>in</strong>er <strong>de</strong>mokratischen<br />

Kultur, die verantwortliche Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger, die sich an <strong>de</strong>n politischen Me<strong>in</strong>ungsbildungsprozessen<br />

beteiligen, wünscht und benötigt. Für die Schule ist auch von Be<strong>de</strong>utung,<br />

dass Beteiligung als e<strong>in</strong> wesentlicher Gel<strong>in</strong>gensfaktor für Lernerfolg gilt. Nur wo Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schüler mit<strong>de</strong>nken und mitmachen, wo sie Zusammenhänge nachvollziehen, sich selbst<br />

befragen und e<strong>in</strong>beziehen und sich so Unterrichtsthemen zu eigen machen, kann <strong>de</strong>r Lernerfolg<br />

dauerhaft gesichert wer<strong>de</strong>n.<br />

Dass Lernstoff besser behalten wird, wenn er nicht nur passiv rezipiert, son<strong>de</strong>rn aktiv reproduziert,<br />

bearbeitet und gestaltet wird, ist seit Pestalozzis Lernen mit Kopf, Herz und Hand bekannt.<br />

Mitsprache bei <strong>de</strong>r Themenwahl und <strong>de</strong>r Gestaltung <strong>de</strong>s Unterrichts, selbstständige Lernformen<br />

bei <strong>de</strong>r Erkundung von Sachzusammenhängen, die Darstellung von Handlungsmöglichkeiten im<br />

politischen und persönlichen Bereich sowie die E<strong>in</strong>beziehung <strong>de</strong>r Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler bei<br />

<strong>de</strong>r Bewertung von Schulleistungen s<strong>in</strong>d wesentliche Elemente e<strong>in</strong>er Beteiligung an erfolgreichen<br />

Lernprozessen.<br />

18 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

Teil 3.0<br />

Beteiligung<br />

Lehrer<strong>in</strong>formationen<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention,<br />

Artikel 12:<br />

Die Vertragsstaaten sichern<br />

<strong>de</strong>m K<strong>in</strong>d, das fähig ist,<br />

sich e<strong>in</strong>e eigene Me<strong>in</strong>ung<br />

zu bil<strong>de</strong>n, das Recht zu,<br />

diese Me<strong>in</strong>ung <strong>in</strong> allen<br />

das K<strong>in</strong>d berühren<strong>de</strong>n<br />

Angelegenheiten frei<br />

zu äußern, und<br />

berücksichtigen<br />

die Me<strong>in</strong>ung <strong>de</strong>s K<strong>in</strong><strong>de</strong>s<br />

angemessen und<br />

entsprechend se<strong>in</strong>em Alter<br />

und se<strong>in</strong>er Reife.


Foto: UNICEF/Kerst<strong>in</strong> Bücker<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Beteiligung unter Aktivierung möglichst vieler S<strong>in</strong>ne verbessert<br />

<strong>de</strong>n Erfolg bei Lernen und Behalten<br />

Hören 20%<br />

Nur Sehen 30%<br />

Sehen und Hören 50%<br />

Sehen, Hören und Diskutieren 70%<br />

Sehen, Hören, Diskutieren und selber Tun 90%<br />

Der schulische Raum hat dabei auch die Funktion e<strong>in</strong>es <strong>de</strong>mokratischen Lernfel<strong>de</strong>s, <strong>in</strong> <strong>de</strong>m das<br />

E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen von Interessen, das Aushalten von unterschiedlichen Me<strong>in</strong>ungen, das Suchen nach<br />

Kompromissen und e<strong>in</strong>em fairen Interessensausgleich e<strong>in</strong>geübt wer<strong>de</strong>n können. Schülerbeteiligung<br />

und organisierte Schülervertretung s<strong>in</strong>d daher substantielle Bestandteile e<strong>in</strong>er Schule, die<br />

zu staatsbürgerlicher und weltgesellschaftlicher Verantwortung erzieht.<br />

Qualitätsstandards für die Partizipation <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schule<br />

• Beteiligung ist expliziter Teil <strong>de</strong>s Schulprogramms und <strong>de</strong>r Schulkultur.<br />

Gremien wie die Schulkonferenz o<strong>de</strong>r Fachkonferenzen sehen die (gleichberechtigte)<br />

Beteiligung von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern vor.<br />

• Das Schulcurriculum enthält Projekte (z.B. Rollenspiele) zur E<strong>in</strong>übung von Demokratie und<br />

Beteiligung <strong>in</strong> verschie<strong>de</strong>nen Jahrgängen.<br />

• Die Schule eröffnet eigenverantwortliche Handlungsfel<strong>de</strong>r (SV, Schülerfirmen, Weltla<strong>de</strong>n,<br />

Sport-AGs).<br />

• Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer wer<strong>de</strong>n <strong>in</strong> partizipativen Metho<strong>de</strong>n für Unterricht und Ganztag<br />

qualifiziert.<br />

• Außerschulische Partner wer<strong>de</strong>n <strong>in</strong> das Schulleben mit e<strong>in</strong>bezogen und eröffnen so neue<br />

Fel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Beteiligung.<br />

Zusammenstellung nach: BMFSFJ: Qualitätsstandards für die Beteiligung von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen, Bonn 2010.<br />

Teil 3.0<br />

Beteiligung<br />

Lehrer<strong>in</strong>formationen<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 19


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Vorschläge für <strong>de</strong>n Unterricht -<br />

Thema „Beteiligung“<br />

Pflicht zur Beteiligung<br />

Die Beteiligung (Anhörung) von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen an <strong>de</strong>n „Weichenstellungen“ <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Jugendhilfe ist gesetzlich vorgeschrieben. Fragen Sie Ihre Klasse, ob sie dies pr<strong>in</strong>zipiell richtig<br />

f<strong>in</strong><strong>de</strong>n (etwa bei <strong>de</strong>r Klärung <strong>de</strong>s Aufenthaltsortes <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r nach e<strong>in</strong>er Scheidung), problematisieren<br />

Sie aber auch, ob K<strong>in</strong><strong>de</strong>r hier nicht vielleicht überfor<strong>de</strong>rt s<strong>in</strong>d und ob letzte Entscheidungen<br />

über das K<strong>in</strong><strong>de</strong>swohl <strong>de</strong>m Familienrichter überlassen bleiben sollten. Was be<strong>de</strong>utet es „die<br />

Me<strong>in</strong>ung <strong>de</strong>s K<strong>in</strong><strong>de</strong>s angemessen und entsprechend se<strong>in</strong>em Alter und se<strong>in</strong>er Reife“ zu berücksichtigen<br />

(K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention Artikel 12). Fragen Sie Ihre Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler nach<br />

Beispielen für e<strong>in</strong>e solche angemessene Berücksichtigung.<br />

Beteiligung und alles wird gut?<br />

Die Erfahrung, fremdbestimmt zu se<strong>in</strong> und nicht selbst über die eigenen Angelegenheiten<br />

entschei<strong>de</strong>n zu können, ist <strong>de</strong>r wesentliche Impuls für <strong>de</strong>n Ruf nach Freiheit und Selbstbestimmung.<br />

Viele Jugendliche wünschen sich Selbstbestimmung ohne Kontrolle seitens <strong>de</strong>r Eltern<br />

o<strong>de</strong>r Lehrer. Das Arbeitsblatt M3.1 thematisiert die Frage, ob jugendliche Selbstbestimmung<br />

tatsächlich e<strong>in</strong> besseres Leben und e<strong>in</strong>e bessere Welt zur Folge hätten. Wer von <strong>de</strong>n Jugendlichen<br />

hat schon e<strong>in</strong>mal die Erfahrung gemacht, dass es gut war, wenn unsere Wünsche nicht<br />

<strong>in</strong> Erfüllung gegangen s<strong>in</strong>d?<br />

Beteiligung und Verantwortung<br />

Beteiligung als „E<strong>in</strong>mischung <strong>in</strong> die eigenen Angelegenheiten“ eröffnet die Möglichkeit, zu tun,<br />

was e<strong>in</strong>em jetzt und heute am attraktivsten ersche<strong>in</strong>t. Genau diese Chance, <strong>de</strong>m „Lustpr<strong>in</strong>zip<br />

zu folgen“ ist aber Segen und Fluch zugleich, weil wir – Erwachsene wie Jugendliche – bei<br />

Zielkonflikten häufig <strong>de</strong>r unmittelbaren Bedürfnislage folgen statt auch langfristige Überlegungen<br />

und normativ gebotene Verantwortlichkeiten zu berücksichtigen. Lassen Sie Ihre Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schüler nach Beispielen für solche Zielkonflikte suchen – und fragen Sie danach, wie<br />

Beteiligung an Entscheidungen mit langfristiger Verantwortungsübernahme <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang gebracht<br />

wer<strong>de</strong>n können.<br />

E<strong>in</strong>ige Beispiele:<br />

• Ich b<strong>in</strong> mü<strong>de</strong> und bleibe im Bett vs. ich gehe trotz<strong>de</strong>m zur Schule, weil ich etwas lernen will.<br />

• Ich rauche gerne vs. ich übernehme Verantwortung für me<strong>in</strong>e (langfristige) Gesundheit.<br />

• Ich habe lieber Freizeit vs. ich engagiere mich <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schülervertretung, damit die Interessen<br />

<strong>de</strong>r Schüler auch im Schulleben berücksichtigt wer<strong>de</strong>n.<br />

• Ich schimpfe über die Schlechtigkeit <strong>de</strong>r Welt vs. ich engagiere mich an e<strong>in</strong>er Stelle, um die<br />

Welt e<strong>in</strong> bisschen besser zu machen.<br />

Beteiligung und Verb<strong>in</strong>dlichkeit<br />

Wenn wir nicht beteiligt s<strong>in</strong>d, ist die Versuchung groß, ke<strong>in</strong>e Verantwortung übernehmen zu<br />

wollen. Wenn wir an<strong>de</strong>rerseits an Entscheidungsprozessen direkt beteiligt waren, be<strong>de</strong>utet<br />

das lei<strong>de</strong>r nicht, dass wir die Entscheidung und die daraus resultieren<strong>de</strong>n Konsequenzen auch<br />

unbed<strong>in</strong>gt mittragen. Viele Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer machen diese Erfahrung, wenn sie ihre<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler nach Themenvorschlägen für <strong>de</strong>n Unterricht fragen und am En<strong>de</strong><br />

feststellen müssen, dass es trotz<strong>de</strong>m ke<strong>in</strong> zufrie<strong>de</strong>n stellen<strong>de</strong>s Schüler<strong>in</strong>teresse gab. Das<br />

Arbeitsblatt M3.2 zeichnet e<strong>in</strong>e solche Lehrererfahrung auf und fragt die Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schüler, ob sie aus ihrer Beteiligung an Entscheidungen auch e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dlichkeit ihres<br />

Engagements schlussfolgern. Dabei können und sollen auch die Zielkonflikte, die e<strong>in</strong>em<br />

solchen engagierten Mitmachen entgegenstehen, zur Sprache kommen.<br />

20 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

Teil 3.0<br />

Beteiligung<br />

Lehrer<strong>in</strong>formation


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Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Frage 1<br />

www.<strong>de</strong>utscher-engagementpreis.<strong>de</strong>/jugend.html<br />

http://<strong>de</strong>.statista.com/statistik/daten/studie/36191/umfrage/gesellschaftliches-engagementvon-jugendlichen/<br />

www.bertelsmann-stiftung.<strong>de</strong>/bst/<strong>de</strong>/media/xcms_bst_dms_33702_33705_2.pdf<br />

www.bun<strong>de</strong>stag.<strong>de</strong>/dokumente/textarchiv/2011/36166663_kw43_pa_engagement/<strong>in</strong><strong>de</strong>x.html<br />

Frage 2<br />

Artikel 13 <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention spricht von <strong>de</strong>r Me<strong>in</strong>ungs- und Informationsfreiheit <strong>de</strong>r<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und von <strong>de</strong>m Recht, sich Informationen zu beschaffen. E<strong>in</strong> ausdrückliches Recht auf PC<br />

mit Internet-Zugang gibt es natürlich nicht. www.unicef.<strong>de</strong>/fileadm<strong>in</strong>/content_media/<br />

mediathek/D_0006_K<strong>in</strong><strong>de</strong>rkonvention.pdf<br />

Frage 3<br />

www.<strong>de</strong>utscher-engagementpreis.<strong>de</strong>/l<strong>in</strong>ks.htm<br />

Frage 4<br />

www.k<strong>in</strong><strong>de</strong>rpolitik.<strong>de</strong>/metho<strong>de</strong>ndatenbank/funktionen/metho<strong>de</strong>.php?ID=388<br />

www.juparl.<strong>de</strong>/<br />

t<strong>in</strong>yurl.com/c9yshcb<br />

M2.3<br />

Beteiligung – Chance o<strong>de</strong>r Nötigung<br />

Sich an politischen Weichenstellungen, an gesellschaftlichen Verän<strong>de</strong>rungen o<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r<br />

Gestaltung konkreter Lebensverhältnisse beteiligen zu können, wird von e<strong>in</strong>em Teil unserer<br />

Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler als Chance, von an<strong>de</strong>ren aber als Belastung, Überfor<strong>de</strong>rung o<strong>de</strong>r gar<br />

als Zwang zum Engagement erlebt. Das Arbeitsblatt M3.3 br<strong>in</strong>gt bei<strong>de</strong> Positionen zusammen<br />

und for<strong>de</strong>rt die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler nicht nur dazu auf, sich zu positionieren, son<strong>de</strong>rn auch<br />

im S<strong>in</strong>ne <strong>de</strong>s Perspektivenwechsels sich darüber Gedanken zu machen, warum die e<strong>in</strong>en vor<br />

Engagement zurückschrecken und an<strong>de</strong>re ihr Engagement als s<strong>in</strong>nstiftend und beglückend<br />

erleben.<br />

Geben gibt<br />

Die Erfahrung, dass „Geben gibt“, dass sich für Menschen o<strong>de</strong>r e<strong>in</strong> wichtiges Anliegen zu<br />

engagieren zu <strong>de</strong>n beglücken<strong>de</strong>n Erfahrungen gehört, ist unter engagierten jungen Leuten<br />

immer wie<strong>de</strong>r festzustellen. Diese Begeisterung sichtbar zu machen, ist auch im Kontext<br />

<strong>de</strong>r Schule von Be<strong>de</strong>utung. La<strong>de</strong>n Sie junge Leute, die sich <strong>in</strong> irgen<strong>de</strong><strong>in</strong>em Feld „mit Leib und<br />

Seele“ engagieren, <strong>in</strong> die Schule e<strong>in</strong> und lassen Sie sie über ihre Erfahrungen berichten.<br />

Aus <strong>de</strong>n zahlreichen Fel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s ehrenamtlichen Engagements – von freiwilliger Feuerwehr bis<br />

zu <strong>de</strong>n UNICEF JuniorBotschaftern – sollten Sie auch <strong>in</strong> Ihrer Nähe Beispiele f<strong>in</strong><strong>de</strong>n lassen.<br />

Wo kann ich mich beteiligen?<br />

Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler sollten <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Lage se<strong>in</strong>, sich aus <strong>de</strong>m Internet diejenigen Informationen<br />

zu besorgen, die sie für ihr Engagement benötigen. Dies e<strong>in</strong>zuüben ist die Zielsetzung <strong>de</strong>s<br />

Arbeitsblattes M3.4.<br />

zum Thema Engagement<br />

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v<br />

Frage 5<br />

Die Nummer gegen Kummer: 0800-1110333<br />

Örtliches Jugendamt o<strong>de</strong>r Polizei.<br />

Frage 6<br />

Alle K<strong>in</strong><strong>de</strong>r/Jugendliche unter 18 Jahren, die sich für UNICEF und für die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> e<strong>in</strong>setzen<br />

möchten: www.<strong>younicef</strong>.<strong>de</strong>/weitakt.html<br />

Frage 7<br />

www.<strong>de</strong>utscher-engagementpreis.<strong>de</strong>/<br />

w<br />

100 Portraits: www.spiesser.<strong>de</strong>/ehrenamt<br />

Frage 8<br />

www.unicef.<strong>de</strong>/projekte/themen/k<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte/kampagnen/<br />

www.fuer-k<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte.<strong>de</strong>/aktiv<br />

Websites von terre <strong>de</strong>s hommes, Die Sterns<strong>in</strong>ger o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>rnothilfe.<br />

Teil 3.0<br />

Beteiligung<br />

Lehrer<strong>in</strong>formation<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 21


Foto: UNICEF/NYC 2007<br />

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Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Notenexperiment<br />

Wie kommen Noten für mündliche Fächer zustan<strong>de</strong>? Macht es e<strong>in</strong>en Unterschied, ob Sie als<br />

Lehrer<strong>in</strong> o<strong>de</strong>r Lehrer Leistungen beurteilen o<strong>de</strong>r ob die Schüler dies selber tun? Machen Sie mit<br />

Ihrer Klasse e<strong>in</strong> Experiment. Sollte die Klasse o<strong>de</strong>r Lerngruppe mehr als 20 Schüler umfassen,<br />

teilen Sie die Klasse (z.B. Jungen/Mädchen).<br />

1: Sie geben am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Schuljahres wie üblich e<strong>in</strong>e Note für die von Ihnen wahrgenommene<br />

Leistung <strong>de</strong>s Schülers/<strong>de</strong>r Schüler<strong>in</strong> und tragen diese <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Liste e<strong>in</strong>.<br />

2: Sie verteilen e<strong>in</strong>e Tabelle mit <strong>de</strong>n Namen aller Schüler/<strong>in</strong>nen und bitten darum, dass je<strong>de</strong>r<br />

Schüler/<strong>in</strong> (anonym) für je<strong>de</strong>/n Mitschüler/<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Note <strong>in</strong> die Liste e<strong>in</strong>trägt, die ihrer/se<strong>in</strong>er<br />

Me<strong>in</strong>ung nach ehrlicherweise als Beurteilung <strong>de</strong>r Leistung im letzten Halbjahr angeraten ist.<br />

3: Sie fragen nach <strong>de</strong>r Selbste<strong>in</strong>schätzung <strong>de</strong>s e<strong>in</strong>zelnen Schülers / <strong>de</strong>r e<strong>in</strong>zelnen Schüler<strong>in</strong> und<br />

tragen auch diese Note <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Liste e<strong>in</strong>.<br />

Am En<strong>de</strong> können Sie diese drei verschie<strong>de</strong>nen Formen <strong>de</strong>r Notenerhebung vergleichen. In <strong>de</strong>r<br />

Klasse ist zu diskutieren über auffällige Übere<strong>in</strong>stimmungen, aber auch über Abweichungen.<br />

H<strong>in</strong>weise auf Materialien/L<strong>in</strong>ks<br />

BMFSJ: Qualitätsstandards für die Beteiligung von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen.<br />

52 S., Bonn 2010. Die Publikation enthält hilfreiche H<strong>in</strong>weise auf Chancen e<strong>in</strong>er größeren Beteiligung von<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen (u.a. auch im Schulbereich). Kostenloser Download unter www.bmfsfj.<strong>de</strong>/<br />

BMFSFJ/Service/Publikationen/publikationsliste,did=161728.htm<br />

Die Aktion JuniorBotschafter von UNICEF ist e<strong>in</strong>e gute Möglichkeit <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Engagements von<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen <strong>in</strong> allen möglichen Fel<strong>de</strong>rn, die mit <strong>de</strong>r Lage von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn zu tun haben. Näheres<br />

Infos und Bewerbungsunterlagen gibt es unter www.<strong>younicef</strong>.<strong>de</strong>/teilnahme.html<br />

Zahlreiche weitere Engagementangebote kann man <strong>de</strong>n L<strong>in</strong>ks entnehmen auf www.<strong>de</strong>utscherengagementpreis.<strong>de</strong>/l<strong>in</strong>ks.htm.<br />

H<strong>in</strong>weise zum Engagement für Menschen <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Entwicklungslän<strong>de</strong>rn<br />

f<strong>in</strong><strong>de</strong>t man auf <strong>de</strong>r Website www.engagement-global.<strong>de</strong><br />

22 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

Teil 3.0<br />

Beteiligung<br />

Lehrer<strong>in</strong>formationen


Foto: UNICEF/NYC 2007<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Wenn Jugendliche<br />

bestimmen<br />

könnten ...<br />

... wür<strong>de</strong>n noch mehr Jugendliche rauchen.<br />

... wür<strong>de</strong> kaum noch e<strong>in</strong> Schüler am Mathematik-Unterricht teilnehmen.<br />

... säßen Jugendliche noch länger vor <strong>de</strong>m PC.<br />

... wür<strong>de</strong>n Jugendliche häufig bis zum frühen Morgen Party machen.<br />

... wür<strong>de</strong> eure Stadt/Geme<strong>in</strong><strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich mehr Geld für K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendliche ausgeben.<br />

... gäbe es auf <strong>de</strong>r Welt ke<strong>in</strong>en Krieg mehr.<br />

... wür<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sregierung sehr viel mehr Geld für Entwicklungshilfe ausgegeben.<br />

... gäbe es mehr Verständigung mit Menschen an<strong>de</strong>rer Nationen, Kulturen und Religionen.<br />

... wäre die Welt besser als heute.<br />

AufgabeN:<br />

xX<br />

1. Lest die aufgeführten Behauptungen und kreuzt bitte jeweils an, ob ihr die behauptete<br />

Entwicklung tatsächlich für wahrsche<strong>in</strong>lich haltet o<strong>de</strong>r nicht.<br />

2. Erläutert eurer Kle<strong>in</strong>gruppe o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Klasse, warum ihr euch so entschie<strong>de</strong>n habt.<br />

Was wür<strong>de</strong> die junge Generation eventuell an<strong>de</strong>rs machen?<br />

3. Immer nur tun, was Spaß macht? Wie beurteilt ihr die Bereitschaft von Jugendlichen, nicht<br />

nur nach <strong>de</strong>m Lustpr<strong>in</strong>zip zu han<strong>de</strong>ln? Stellt e<strong>in</strong> paar Beispiele für jugendliches Engagement<br />

zusammen.<br />

glaube ich nicht<br />

Teil 3.0<br />

Beteiligung<br />

Arbeitsblatt<br />

m3.1<br />

glaube ich<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 23


m3.2<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Foto: UNICEF<br />

Liebe Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler,<br />

es ist sicher ungewöhnlich, wenn euch eure Klassenlehrer<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Brief<br />

schreibt. Aber ich versuche e<strong>in</strong>mal auf diese Weise, euch mitzuteilen, wie<br />

enttäuscht ich über euch b<strong>in</strong>. Ich beziehe mich dabei auf die Projektwoche<br />

„<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> – hier und an<strong>de</strong>rswo“, die wir ja <strong>in</strong> allen achten Klassen vor<br />

<strong>de</strong>n Ferien durchgeführt haben. Alle betroffenen Klassenlehrer haben <strong>in</strong> das<br />

Projekt viel Arbeit und Zeit gesteckt. Wir haben uns mehrfach getroffen, Unterrichtsstun<strong>de</strong>n<br />

geme<strong>in</strong>sam vorbereitet, <strong>de</strong>n Besuch im Jugendamt geplant etc.<br />

Die ganze Woche war so angelegt, dass Montag bis Donnerstag die Schüler<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>n AGs selbstständig etwas erarbeiten sollten. Ganz bewusst gab es auch<br />

Zeiten <strong>de</strong>r AGs, bei <strong>de</strong>nen ke<strong>in</strong> Lehrer o<strong>de</strong>r ke<strong>in</strong>e Lehrer<strong>in</strong> anwesend war. Wir<br />

haben darauf vertraut, dass ihr am Thema <strong>in</strong>teressiert seid, die Medien und<br />

die Unterlagen nutzt, die wir euch gegeben haben, die Fragen aufschreibt,<br />

die sich noch ergeben usw.<br />

Das Ergebnis ist bekannt. Ke<strong>in</strong>e AG hat wirklich ihr Thema so aufbereitet, dass<br />

wir es am Freitag im Plenum vorführen konnten. Je<strong>de</strong>r hat gemerkt, wie wenig<br />

ihr <strong>in</strong> die Unterlagen geguckt hat und wie wenig Mühe Ihr euch gegeben habt,<br />

euer Thema so zu präsentieren, dass es auch für die an<strong>de</strong>ren <strong>in</strong>teressant ist.<br />

Mich hat euer Des<strong>in</strong>teresse sehr enttäuscht. Schließlich habt ihr euch das<br />

Thema <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> doch selbst gewünscht und selbst vorgeschlagen. Wie kann<br />

es se<strong>in</strong>, dass ihr dann so wenig an <strong>de</strong>m <strong>in</strong>teressiert seid, was ihr selbst<br />

gewählt habt? Selbst beim Besuch im Jugendamt am Mittwochnachmittag war<br />

nicht e<strong>in</strong>mal die Hälfte <strong>de</strong>r Schüler anwesend. Ihr wollt immer mitbestimmen,<br />

doch wenn ihr es dann dürft, dann übernehmt ihr ke<strong>in</strong>erlei Verantwortung.<br />

Kirsten Leyen<strong>de</strong>cker<br />

AufgabeN:<br />

24 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

Brief an me<strong>in</strong>e Schüler<br />

1. Bitte lest <strong>de</strong>n Brief sorgfältig und analysiert, warum die Lehrer<strong>in</strong> enttäuscht ist.<br />

Ist das Verhalten <strong>de</strong>r Schüler/<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>e Ausnahme o<strong>de</strong>r kommen solche Enttäuschungen<br />

wohl öfters im Lehreralltag vor?<br />

2. Was hat wohl die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler bewogen, sich so zu verhalten?<br />

Wie könnte die Lehrer<strong>in</strong> erfahren, warum ihre Schüler/<strong>in</strong>nen so gehan<strong>de</strong>lt haben?<br />

Welche falsche Vorstellung hatte vielleicht die Lehrer<strong>in</strong>?<br />

3. Spricht das geschil<strong>de</strong>rte Beispiel gegen e<strong>in</strong>e Beteiligung <strong>de</strong>r Schüler/<strong>in</strong>nen an <strong>de</strong>r Unterrichtsplanung?<br />

Versucht Euch <strong>in</strong> die Lage <strong>de</strong>r angeschriebenen Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler zu<br />

versetzen und schreibt e<strong>in</strong>en Antwortbrief an Frau Leyen<strong>de</strong>cker.<br />

Teil 3.0<br />

Beteiligung<br />

Arbeitsblatt


Foto: UNICEF/Norbert Pfeiffer<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Die organisierten Gutmenschen gehen mir auf<br />

<strong>de</strong>n Zeiger. Wie toll sie sich engagieren und<br />

wie super sie immer dabei drauf s<strong>in</strong>d. Und alle<br />

Erwachsenen f<strong>in</strong><strong>de</strong>n das auch ganz prima. Und für die<br />

Bewerbungen ist das auch noch ganz klasse, wenn<br />

man schreiben kann, was für e<strong>in</strong> engagierter Jugendlicher<br />

man war.<br />

Ich habe ke<strong>in</strong> Bock auf Engagement. Ich f<strong>in</strong><strong>de</strong> es total<br />

anstrengend <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schule und komme oft erst gegen<br />

vier Uhr nach Hause. Danach habe ich erst mal zu<br />

nichts Lust. Nur chillen und abhängen und vielleicht<br />

was essen. Und wenn ich mich dann noch aufraffen<br />

kann, muss ich ja oft auch noch Hausaufgaben<br />

machen. Und zum Volleyball gehe ich auch noch. Da<br />

bleibt nichts mehr übrig für arme K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> Afrika o<strong>de</strong>r<br />

Mithilfe im Pflegeheim. Ich f<strong>in</strong><strong>de</strong>, dass ich e<strong>in</strong> Recht<br />

darauf habe, mich nicht zu engagieren.<br />

m3.3<br />

Engagement – ja bitte<br />

o<strong>de</strong>r ne<strong>in</strong> danke?<br />

A B<br />

AufgabeN:<br />

Teil 3.0<br />

Beteiligung<br />

Arbeitsblatt<br />

„Nichts erfüllt mehr als gebraucht zu wer<strong>de</strong>n“.<br />

Das steht auf <strong>de</strong>r Website <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sfreiwilligendienstes.<br />

Ich f<strong>in</strong><strong>de</strong> das absolut zutreffend.<br />

Ich habe zum Beispiel mit e<strong>in</strong>er Freund<strong>in</strong> angefangen,<br />

bei e<strong>in</strong>er Hausaufgabenhilfe für K<strong>in</strong><strong>de</strong>r aus Auslän<strong>de</strong>rfamilien<br />

mitzumachen. Das war am Anfang total<br />

schwierig. Mittlerweile aber respektieren mich die<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>r. Wir lachen viel zusammen und trotz<strong>de</strong>m kann<br />

man merken, wie sie <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schule immer besser<br />

wer<strong>de</strong>n, vor allem was die Sprache angeht.<br />

Ich freue mich richtig auf <strong>de</strong>n Dienstag, an <strong>de</strong>m ich zur<br />

Hausaufgabenhilfe gehe. Man kriegt von <strong>de</strong>n K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn<br />

so viel zurück. Es macht wirklich Spaß und es ist mir<br />

immer wichtiger gewor<strong>de</strong>n. Viel cooler als <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Schule. Ich möchte auf me<strong>in</strong> Engagement nicht mehr<br />

verzichten.<br />

1. „Ke<strong>in</strong> Bock auf Engagement“ und „Engagement ist klasse und gibt mir viel“ – gegensätzlicher<br />

können die Beurteilungen kaum se<strong>in</strong>. Welcher Seite wür<strong>de</strong>st du eher zustimmen?<br />

2. Gibt es e<strong>in</strong> Recht darauf, <strong>in</strong> Ruhe gelassen zu wer<strong>de</strong>n? Welche Grün<strong>de</strong> dafür, sich nicht zu<br />

engagieren, f<strong>in</strong><strong>de</strong>st du nachvollziehbar und zu akzeptieren?<br />

3. Viele Leute, angeblich 23 Millionen Deutsche, engagieren sich ehrenamtlich ohne Bezahlung.<br />

Hast du dich auch schon mal für e<strong>in</strong>e Sache engagiert? Kannst du nachvollziehen, warum viele<br />

Engagierte das Gefühl haben, dass sie nicht nur geben, son<strong>de</strong>rn auch ganz viel bekommen?<br />

4. Stellt e<strong>in</strong>e Liste von drei verschie<strong>de</strong>nen Bereichen auf, <strong>in</strong> <strong>de</strong>nen sich Jugendliche ehrenamtlich<br />

engagieren und aus <strong>de</strong>nen ihr gerne e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en Jugendlichen e<strong>in</strong>la<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>t, vor <strong>de</strong>r<br />

Klasse zu erzählen, warum er o<strong>de</strong>r sie das macht. Am En<strong>de</strong> solltet ihr aus <strong>de</strong>m Bereich<br />

e<strong>in</strong>la<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n e<strong>in</strong>e Mehrheit <strong>in</strong> eurer Klasse am <strong>in</strong>teressantesten f<strong>in</strong><strong>de</strong>t.<br />

Foto: UNICEF/Hyou Vielz<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 25


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

m3.4 FAQ<br />

Foto: UNICEF<br />

26 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

(„frequently asked questions“ - häufig gestellten Fragen)<br />

Henry Ford Realschule <strong>in</strong> Köln-Chorweiler<br />

Stellt euch vor, dass ihr <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Redaktion e<strong>in</strong>er Jugendzeitschrift arbeitet. Für die nächste Ausgabe<br />

ist das Thema „Beteiligung und Engagement von Jugendlichen“ vorgesehen. Etliche Jugendliche<br />

haben bereits an die Redaktion geschrieben und Fragen gestellt. Diese FAQs („frequently asked<br />

questions“ - häufig gestellten Fragen) sollt ihr nun möglichst beantworten.<br />

Dazu müsst ihr im Internet recherchieren. Die Aufgabe wird am besten <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen erledigt.<br />

M<strong>in</strong><strong>de</strong>stens e<strong>in</strong>e/r aus <strong>de</strong>r Gruppe sollte e<strong>in</strong>en PC mit Internet-Zugang haben, weil die Recherche-<br />

Aufgaben am besten zu Hause (zur Not auch im Computerraum) erledigt wer<strong>de</strong>n. Die Fragen<br />

sollen schriftlich beantwortet wer<strong>de</strong>n.<br />

Bitte nutzt für eure Recherchen die e<strong>in</strong>schlägigen Internet-Suchmasch<strong>in</strong>en. Vergesst nicht, die<br />

URLs anzugeben, aus <strong>de</strong>nen ihr die Informationen bezogen habt. Achtet darauf, wer die Websites<br />

<strong>in</strong>s Netz stellt (Impressum).<br />

Beteiligung und Engagement von Jugendlichen - Fragen an die Redaktion:<br />

1. Engagieren sich eigentlich viele Jugendliche o<strong>de</strong>r ist das eher die Ausnahme?<br />

2. In <strong>de</strong>n <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong>n soll stehen, dass je<strong>de</strong>s K<strong>in</strong>d bzw. je<strong>de</strong>r Jugendliche auf <strong>de</strong>r<br />

Welt das Recht auf e<strong>in</strong>en Internet-Zugang hat. Stimmt das?<br />

3. Wo kann man sich <strong>in</strong>formieren, wenn man ke<strong>in</strong>e Ahnung hat, wofür man sich vielleicht<br />

engagieren möchte?<br />

4. Was ist e<strong>in</strong> Jugendparlament?<br />

5. Was kann ich tun, wenn <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Nachbarschaft K<strong>in</strong><strong>de</strong>r von ihren Eltern immer wie<strong>de</strong>r<br />

verprügelt wer<strong>de</strong>n?<br />

6. Welche Voraussetzungen (Alter, Vorwissen) muss man erfüllen, um JuniorBotschafter<br />

für die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> zu wer<strong>de</strong>n?<br />

7. An unserer Haltestelle ist e<strong>in</strong> Aufkleber „Geben gibt“. Was ist damit geme<strong>in</strong>t?<br />

8. Unsere Klasse will sich für die Rechte <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> Afrika e<strong>in</strong>setzen. Wo bekommen<br />

wir I<strong>de</strong>en her, was wir tun können?<br />

Teil 3.0<br />

Beteiligung<br />

Arbeitsblatt


Foto: UNICEF/Olivier Assel<strong>in</strong><br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

4.0 Gewalt<br />

Gewalt ist e<strong>in</strong>e schwerwiegen<strong>de</strong> Verletzung <strong>de</strong>r <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> mit oft nachhaltigen Schädigungen<br />

von Körper und Seele <strong>de</strong>r betroffenen K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendlichen o<strong>de</strong>r gar mit To<strong>de</strong>sfolge.<br />

Deshalb hat <strong>de</strong>r Schutz <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r vor Gewalt und die Befreiung aus Gewaltverhältnissen <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

nationalen und <strong>in</strong>ternationalen Diskussion über die <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> e<strong>in</strong>e herausragen<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung.<br />

Weil Gewalt das Innerste <strong>de</strong>r Person betrifft, ist Gewalt – bei Opfern und Tätern – nur unter<br />

Schwierigkeiten zum Thema zu machen. Dies gilt auch für <strong>de</strong>n Schulbereich, wo die Scham <strong>de</strong>r<br />

Opfer und die Sanktionsangst <strong>de</strong>r Täter e<strong>in</strong>en offenen Diskurs über Gewalt häufig verh<strong>in</strong><strong>de</strong>rn.<br />

Im Unterricht sollte versucht wer<strong>de</strong>n, behutsam e<strong>in</strong>ige Aspekte <strong>de</strong>s Gewalt-Themas zur Debatte<br />

und zur Reflexion zu stellen; dabei sollte das „Sich-Outen“ von Opfern o<strong>de</strong>r Tätern ke<strong>in</strong>e<br />

Bed<strong>in</strong>gung se<strong>in</strong>.<br />

UNICEF: E<strong>in</strong>ige Fakten zur Gewalt gegen K<strong>in</strong><strong>de</strong>r<br />

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!<br />

Schätzungsweise 275 Millionen K<strong>in</strong><strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n je<strong>de</strong>s Jahr Zeuge von gewalttätigen<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rsetzungen <strong>in</strong> ihren Familien.<br />

Bei e<strong>in</strong>er weltweiten Befragung von Schülern berichteten zwischen 20 und 65 Prozent<br />

<strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>r von körperlichen o<strong>de</strong>r verbalen Drangsalierungen.<br />

Lediglich 29 Län<strong>de</strong>r – darunter Deutschland – haben alle Formen <strong>de</strong>r Gewalt gegen K<strong>in</strong><strong>de</strong>r<br />

<strong>in</strong> Familie, Schulen, Heimen o<strong>de</strong>r Gefängnissen verboten. In mehr als 80 Län<strong>de</strong>rn s<strong>in</strong>d<br />

dagegen Schläge <strong>in</strong> Schulen erlaubt.<br />

Je<strong>de</strong>s dritte K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>de</strong>r EU, welches das Internet nutzt, ist dort gewalttätigen o<strong>de</strong>r „Hass“-<br />

Seiten begegnet. Je<strong>de</strong>s fünfte bis sechste K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Europa sagt, dass es im Internet<br />

beschimpft o<strong>de</strong>r belästigt wur<strong>de</strong>.<br />

Schwerste K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtsverletzungen wie Zwangsheiraten, K<strong>in</strong><strong>de</strong>rarbeit, Beschneidung,<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>rhan<strong>de</strong>l und Zwangsprostitution s<strong>in</strong>d trotz weltweiter Ächtung millionenfach verbreitet.<br />

Quelle: UNICEF-Report 2011 „K<strong>in</strong><strong>de</strong>r vor Gewalt schützen“. Fischer Taschenbuch-Verlag, Frankfurt / Ma<strong>in</strong> 2011<br />

Teil 4.0<br />

Gewalt<br />

Lehrer<strong>in</strong>formationen<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 27


Foto: UNICEF/Giacomo Pirozzi<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler kommen mit bestimmten Sozialisationserfahrungen <strong>in</strong> die Schule.<br />

E<strong>in</strong>ige nehmen ihre Umwelt und ihre Klassen bereits als fe<strong>in</strong>dselig wahr o<strong>de</strong>r zeigen unmittelbare<br />

Gewaltbereitschaft. Dabei kann Schule durchaus für sich <strong>in</strong> Anspruch nehmen, nicht<br />

primärer Ort <strong>de</strong>r Gewalterfahrungen zu se<strong>in</strong>. Denn <strong>de</strong>r weitaus größte Teil <strong>de</strong>r Gewalterfahrungen<br />

von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen wird im Kontext <strong>de</strong>r Familie gemacht. Die K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendlichen<br />

mit Gewalterfahrungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> mehrfacher H<strong>in</strong>sicht „geschlagen“. Der emotionalen<br />

Des<strong>in</strong>tegration – zum Beispiel Zerstörung <strong>de</strong>s Vertrauens zu <strong>de</strong>n Eltern – folgt die soziale<br />

Des<strong>in</strong>tegration, weil auffälliges und aggressives Verhalten zum Außenseiter macht und zu<br />

sozialer Ächtung führt. Wilhelm Heitmeyer spricht vom Des<strong>in</strong>tegrations-Verunsicherungs-<br />

Gewalt-Komplex, <strong>de</strong>r e<strong>in</strong>e Kettenreaktion me<strong>in</strong>t, an <strong>de</strong>ren En<strong>de</strong> aggressives Verhaltens<br />

(Del<strong>in</strong>quenz) beobachtbar ist. Schule ist oft mit e<strong>in</strong>em solchen Verhalten konfrontiert, ohne die<br />

Gewalterfahrungsgeschichten <strong>de</strong>r Schüler (oft Gewalt gegen an<strong>de</strong>re) und Schüler<strong>in</strong>nen (oft<br />

auch Gewalt gegen sich selbst) zu kennen o<strong>de</strong>r häusliche Verhältnisse än<strong>de</strong>rn zu können.<br />

Familiäre Gewalt kommt <strong>in</strong> allen Schichten <strong>de</strong>r Gesellschaft vor, ist aber <strong>in</strong> Deutschland mit<br />

größerer Häufigkeit <strong>in</strong> <strong>de</strong>r „Unterschicht“ und bei Jugendlichen mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund<br />

festzustellen (vgl. Shell-Jugendstudie 2010, Kapitel 5.7). Es ist daher nicht verwun<strong>de</strong>rlich, dass<br />

Schulen, <strong>de</strong>ren Schülerschaft eher aus diesen Bevölkerungsgruppen kommt, mehr mit <strong>de</strong>m<br />

Gewaltproblem zu tun haben als an<strong>de</strong>re. Aber: Je<strong>de</strong> Schule, ja sogar je<strong>de</strong> Klasse, hat <strong>in</strong> punkto<br />

Gewalt ihre spezifischen Herausfor<strong>de</strong>rungen, kann ihr Klassenklima verbessern und so <strong>de</strong>r<br />

Gewalt entgegenarbeiten.<br />

28 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechtskonvention, Artikel 19:<br />

Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten<br />

Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Sozial- und<br />

Bildungsmaßnahmen, um das K<strong>in</strong>d vor<br />

je<strong>de</strong>r Form körperlicher o<strong>de</strong>r geistiger<br />

Gewaltanwendung, Scha<strong>de</strong>nszufügung<br />

o<strong>de</strong>r Misshandlung, vor Verwahrlosung<br />

o<strong>de</strong>r Vernachlässigung, vor schlechter<br />

Behandlung o<strong>de</strong>r Ausbeutung e<strong>in</strong>schließlich<br />

<strong>de</strong>s sexuellen Missbrauchs zu schützen,<br />

solange es sich <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Obhut <strong>de</strong>r Eltern o<strong>de</strong>r<br />

e<strong>in</strong>es Elternteils, e<strong>in</strong>es Vormunds<br />

o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren gesetzlichen Vertreters o<strong>de</strong>r<br />

e<strong>in</strong>er an<strong>de</strong>ren Person bef<strong>in</strong><strong>de</strong>t, die das<br />

K<strong>in</strong>d betreut.<br />

Teil 4.0<br />

Gewalt<br />

Lehrer<strong>in</strong>formationen


Foto: UNICEF/Marianne Müller-Anto<strong>in</strong>e<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Auch Schulen s<strong>in</strong>d immer wie<strong>de</strong>r Tatort von Gewalt. Gewalt beg<strong>in</strong>nt nicht erst beim Zuschlagen.<br />

Ständige Sticheleien, Diskrim<strong>in</strong>ierung, Beleidigung, Ausgrenzung bis h<strong>in</strong> zum systematischen<br />

Mobb<strong>in</strong>g können an je<strong>de</strong>r Schule vorkommen. Sensibilität für <strong>de</strong>rartige Entwicklungen, Qualifizierung<br />

im Umgang mit <strong>de</strong>n vielfältigen Formen jugendlicher Gewalt und gezielte Unterstützung<br />

von außen können helfen, Gewalt an <strong>de</strong>n Schulen zurück zu drängen. E<strong>in</strong>e Voraussetzung dafür<br />

ist e<strong>in</strong> offener und ehrlicher Umgang mit <strong>de</strong>m Thema, statt die Probleme zu leugnen („an<br />

unserer Schule gibt es so etwas nicht“).<br />

Anzeichen für Mobb<strong>in</strong>g:<br />

Kräfteungleichgewicht: Das Opfer steht immer alle<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>em o<strong>de</strong>r mehreren<br />

Mobbern und <strong>de</strong>ren Mitläufern gegenüber.<br />

Häufigkeit: Die Übergriffe auf das Opfer kommen m<strong>in</strong><strong>de</strong>stens e<strong>in</strong>mal pro<br />

Woche vor.<br />

Dauer: Die Übergriffe erfolgen bereits über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum (Wochen<br />

o<strong>de</strong>r Monate).<br />

Konfliktlösung: Das Opfer ist aus eigener Kraft nicht <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Lage, das Mobb<strong>in</strong>g<br />

zu been<strong>de</strong>n.<br />

Quelle: www.familienhandbuch.<strong>de</strong><br />

Schule hat e<strong>in</strong>e (begrenzte) Chance, <strong>de</strong>r Gewalt entgegen zu wirken. Dies me<strong>in</strong>t nicht nur<br />

Sensibilisierung für Gewaltphänomene, bessere Überwachung, E<strong>in</strong>schreiten zum Schutz <strong>de</strong>r<br />

Opfer <strong>in</strong>klusive Strafandrohung und Repression. Schule kann auch versuchen, K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und<br />

Jugendlichen mit Gewalterfahrungen Gegenerfahrungen zu ermöglichen: Integration statt<br />

Des<strong>in</strong>tegration, Anerkennung statt Ausgrenzung, Respekt und Teilhabe statt autoritärer Bevormundung.<br />

Ob dies ausreicht, die Gewaltsozialisation von jungen Menschen zu durchbrechen,<br />

muss allerd<strong>in</strong>gs offen bleiben.<br />

Teil 4.0<br />

Gewalt<br />

Lehrer<strong>in</strong>formationen<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 29


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Vorschläge für <strong>de</strong>n Unterricht -<br />

Thema „Gewalt“<br />

Gewalt-Analyse<br />

In welchem Maße fühlen sich Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> ihrer Schule Gewalt ausgesetzt?<br />

Das könnten Sie durch e<strong>in</strong>e anonyme Befragung heraus f<strong>in</strong><strong>de</strong>n. E<strong>in</strong>en hierfür geeigneten<br />

ausführlichen Fragebogen aus Ba<strong>de</strong>n-Württemberg, <strong>de</strong>n Sie aber auch für Ihre Zwecke noch<br />

modifizieren o<strong>de</strong>r kürzen können, f<strong>in</strong><strong>de</strong>n Sie im Internet unter<br />

www.schule-bw.<strong>de</strong>/unterricht/paedagogik/gewaltpraevention/kbuero/fragebogen.html<br />

Klassen-Klima<br />

Das „Klima“ <strong>in</strong> <strong>de</strong>r konkreten Klasse ist e<strong>in</strong> zentraler Faktor für die Gewaltorientierung und<br />

Gewaltbereitschaft <strong>de</strong>r Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler. Als Arbeitsblatt M4.1 f<strong>in</strong><strong>de</strong>n Sie e<strong>in</strong>en kurzen<br />

Befragungsbogen, mit <strong>de</strong>m Sie <strong>de</strong>r „Klimabewertung“ durch die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler auf<br />

die Spur kommen können.<br />

Mobb<strong>in</strong>g und Bully<strong>in</strong>g<br />

Angeblich lei<strong>de</strong>n 500.000 Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler <strong>in</strong> Deutschland unter Mobb<strong>in</strong>g und Bully<strong>in</strong>g,<br />

also unter Beleidigungen, Bedrohungen und Verletzungen, die ihnen ihre Mitschüler<strong>in</strong>nen und<br />

Mitschüler antun. Der Film „Im Abseits“ (Zielgruppe: ab 10 Jahre), erstellt von <strong>de</strong>r Polizei, ist e<strong>in</strong><br />

gutes E<strong>in</strong>stiegsmedium mit sechs kurzen Episo<strong>de</strong>n (<strong>in</strong>kl. didaktische Materialien), um darüber<br />

<strong>in</strong>s Gespräch zu kommen.<br />

Verleih: www.polizei-beratung.<strong>de</strong>/themen-und-tipps/gewalt/gewalt-an-schulen.html<br />

Nähere Infos: www.schulprojekt-mobilfunk.<strong>de</strong>/no<strong>de</strong>/100356<br />

www.izmf.<strong>de</strong>/sites/<strong>de</strong>fault/files/download/downloads/Begleitheft_Abseits.pdf<br />

Anti-Bully<strong>in</strong>g-Programm<br />

Wenn Sie Bedarf sehen, Mobb<strong>in</strong>g und Bully<strong>in</strong>g (systematisches<br />

Hänseln, Bedrohen, Demütigen, Attakieren, Ausgrenzen) <strong>in</strong> Ihrer<br />

Klasse zum Thema zu machen, können Sie Materialien und <strong>de</strong>n<br />

Leitfa<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Anti-Bully<strong>in</strong>g-Programms <strong>de</strong>r Polizei nutzen.<br />

Nähere Infos im Internet unter <strong>de</strong>m Suchbegriff „Anti-Bully<strong>in</strong>g<br />

Programm für die Schulen“.<br />

Was Jugendliche umbr<strong>in</strong>gt<br />

Der Fokus-Artikel auf <strong>de</strong>m Arbeitsblatt M4.2 gibt e<strong>in</strong>e<br />

Untersuchung <strong>de</strong>s Statistischen Bun<strong>de</strong>samtes wie<strong>de</strong>r, das<br />

To<strong>de</strong>sursachen bei K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen analysiert hat.<br />

Die Reihenfolge <strong>de</strong>r To<strong>de</strong>sursachen – bei Jugendlichen Unfälle,<br />

Suizid, Gewalt – dürfte bemerkenswert se<strong>in</strong>. Daran anschließen<br />

könnte sich e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Nach<strong>de</strong>nken darüber, <strong>in</strong>wieweit<br />

<strong>de</strong>rartige To<strong>de</strong>sfälle nicht auch mit „Gewaltverhältnissen“<br />

zu tun haben. Die Verkehrsunfälle werfen Fragen nach <strong>de</strong>n<br />

Bed<strong>in</strong>gungen für die Beteiligung von Fußgängern und Radfahrern<br />

am Straßenverkehr auf. Die Selbsttötungen könnten<br />

als Indiz dafür verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, dass Jugendliche sich nicht<br />

ausreichend unterstützt und akzeptiert fühlen.<br />

30 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

Teil 4.0<br />

Gewalt<br />

Lehrer<strong>in</strong>formationen<br />

Foto: UNICEF/Bruno Brioni


Foto: UNICEF/Britta Demmer<br />

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Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Gewalt-Statistiken<br />

Viele Statistiken über das Ausmaß von Gewalt führen <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Öffentlichkeit zu eklatanten Fehl<strong>de</strong>utungen<br />

(Überschätzung o<strong>de</strong>r Unterschätzung). Grund genug, sich auch im Unterricht Statistiken<br />

kritisch anzusehen und zu überprüfen, ob die daraus von an<strong>de</strong>ren gezogenen Schlüsse tatsächlich<br />

auch aus <strong>de</strong>m vorhan<strong>de</strong>nen statistischen Datenmaterial geschlussfolgert wer<strong>de</strong>n können.<br />

Das Arbeitsblatt M4.3 stellt aufgrund e<strong>in</strong>iger Datenreihen sechs Behauptungen auf – und fragt<br />

die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler, ob diese sachangemessen s<strong>in</strong>d.<br />

Hier die richtigen Antworten:<br />

Frage 1 – ja<br />

In <strong>de</strong>r Tat ist <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Männer an <strong>de</strong>n „Opfern von Körperverletzungen“ mit 63,9 Prozent<br />

fast doppelt so hoch wie <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Frauen (36,1 Prozent).<br />

Frage 2 – ne<strong>in</strong><br />

Die Tabelle oben ist <strong>in</strong> Ordnung, weil sie e<strong>in</strong>mal die Geschlechter (100 Prozent) und e<strong>in</strong>mal die<br />

Altersgruppen (100 Prozent) erfasst. Die Prozentzahlen können nicht e<strong>in</strong>fach addiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Frage 3 – ne<strong>in</strong><br />

Die Frage ist auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Daten nicht zu entschei<strong>de</strong>n. Zwar s<strong>in</strong>d die Alten nur<br />

zu 4,5 Prozent an <strong>de</strong>r Gesamtzahl <strong>de</strong>r Körperverletzungsopfer beteiligt. Es könnte aber se<strong>in</strong>, dass<br />

die Gruppe <strong>de</strong>r Alten zahlenmäßig nur sehr kle<strong>in</strong> ist. Dann wäre die Zahl von 27.364 Fällen von<br />

Körperverletzung (= 4,5 Prozent <strong>de</strong>r Gesamtfälle) vielleicht überproportional hoch, wür<strong>de</strong> z.B.<br />

je<strong>de</strong>n zweiten Alten betreffen. Deshalb kann man die <strong>in</strong> Frage 3 formulierte Schlussfolgerung<br />

nicht ziehen, bevor man nicht weiß, wie groß die Altersgruppe <strong>de</strong>r Alten ist und wie viele Opfer<br />

von Körperverletzung es – gemessen z.B. auf 1.000 Personen – gibt.<br />

Frage 4 – ja<br />

Die Daten sagen, dass von 100.000 Jugendlichen 6.511 Personen als Tatverdächtige gelten.<br />

Und dieser Anteil ist mehr als dreimal höher als es bei <strong>de</strong>n Erwachsenen <strong>de</strong>r Fall ist.<br />

Frage 5 – ne<strong>in</strong><br />

Zwar ist es richtig, dass bei jungen Erwachsenen die Zahl <strong>de</strong>r Tatverdächtigen überproportional<br />

hoch ist. Aber dass dieser relative Anteil auch be<strong>de</strong>utet, dass <strong>in</strong>sgesamt junge Erwachsene<br />

absolut die größte Zahl <strong>de</strong>r Tatverdächtigen stellen, kann nicht geschlussfolgert wer<strong>de</strong>n.<br />

Weil die Gruppe <strong>de</strong>r jungen Erwachsenen mutmaßlich zahlenmäßig <strong>de</strong>utlich kle<strong>in</strong>er ist als<br />

etwa die Gruppe <strong>de</strong>r Erwachsenen, dürfte dies auch zur Folge haben, dass die meisten Tatverdächtigen<br />

unter <strong>de</strong>n Erwachsenen zu f<strong>in</strong><strong>de</strong>n s<strong>in</strong>d, selbst wenn Tatverdächtige – bezogen auf<br />

100.000 Personen dieser Altersgruppe – bei <strong>de</strong>n jungen Erwachsenen häufiger s<strong>in</strong>d.<br />

Relative und absolute Mehrheiten s<strong>in</strong>d zu unterschei<strong>de</strong>n.<br />

Frage 6 – ne<strong>in</strong><br />

Aus bei<strong>de</strong>n Statistik-Aufstellungen, die sich mit relativen Anteilen befassen, kann nicht auf<br />

absolute Größenordnungen geschlussfolgert wer<strong>de</strong>n.<br />

Teil 4.0<br />

Gewalt<br />

Lehrer<strong>in</strong>formationen<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 31


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Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Vorschläge für <strong>de</strong>n Unterricht -<br />

Thema „Gewalt“<br />

Was tun gegen Gewalt?<br />

Das Arbeitsblatt M4.4 greift zwei (alltägliche) Fälle von Gewalt<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schule auf und for<strong>de</strong>rt die Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />

(am besten <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>gruppen) dazu auf, <strong>de</strong>n beschriebenen<br />

Konflikt zu analysieren und Lösungsstrategien zu entwickeln.<br />

In <strong>de</strong>r Ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>n „Leitfragen“ wer<strong>de</strong>n<br />

die verschie<strong>de</strong>nen und schwierigen Dimensionen <strong>de</strong>r Konfliktbearbeitung<br />

und <strong>de</strong>r Konfliktlösung <strong>de</strong>utlich.<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten: Opfer und Täter von Gewalt<br />

Auch beim Thema Gewalt sollte die globale Perspektive nicht<br />

außer Acht gelassen wer<strong>de</strong>n. Das Thema „K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten“<br />

ist hier e<strong>in</strong> beson<strong>de</strong>rs e<strong>in</strong>drückliches Beispiel für Gewalt, <strong>de</strong>r<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>r <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Regionen ausgesetzt s<strong>in</strong>d. Die Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schüler sollen die Motive <strong>de</strong>r Täter (Milizen-Führer),<br />

aber auch die Beweggrün<strong>de</strong> <strong>de</strong>r jugendlichen Soldaten nachvollziehen<br />

und überlegen, wie <strong>in</strong> Zukunft die Rekrutierung<br />

von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen effektiv unterbun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n<br />

kann. Arbeitsblatt M4.5 gibt hierfür e<strong>in</strong>ige Anregungen.<br />

Zahlreiche weitere Ressourcen zum Thema K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten<br />

f<strong>in</strong><strong>de</strong>n Sie unter Materialien/L<strong>in</strong>ks.<br />

H<strong>in</strong>weise auf Materialien/L<strong>in</strong>ks<br />

Der UNICEF-Report 2011 befasst sich schwerpunktmäßig mit <strong>de</strong>m Thema Gewalt („K<strong>in</strong><strong>de</strong>r vor Gewalt<br />

schützen“). Er ist im Fischer Taschenbuch-Verlag erschienen. E<strong>in</strong>e Zusammenfassung und <strong>de</strong>n Bericht<br />

f<strong>in</strong><strong>de</strong>n Sie auf <strong>de</strong>r Website www.unicef.<strong>de</strong>/gewalt<br />

Die Studie „K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendliche <strong>in</strong> Deutschland: Gewalterfahrungen, Integration, Medienkonsum“<br />

(Hannover 2010) steht als Download zur Verfügung.<br />

www.kfn.<strong>de</strong>/versions/kfn/assets/fob109.pdf<br />

„Ich habe getötet“. Dokumentarfilm, 26 M<strong>in</strong>., D 1999. Zielgruppe: ab 15 Jahre. Ehemalige K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten<br />

aus Liberia berichten über ihre schwierige Lage, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r sie nach <strong>de</strong>m Krieg trotz ihrer Traumatisierungen<br />

weitgehend alle<strong>in</strong> gelassen s<strong>in</strong>d. Verleih: Ev. Medienzentralen, Lan<strong>de</strong>sfilmdienste.<br />

www.lan<strong>de</strong>sfilmdienste.<strong>de</strong> und www.evangelische-medienzentralen.<strong>de</strong><br />

„Lost children“. Dokumentarfilm, 96 M<strong>in</strong>., D 2005. Zielgruppe: ab 17 Jahre. E<strong>in</strong>drucksvoller, preisgekrönter<br />

Film über K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten aus Uganda, die für die “Lord Resistance Army“ grausam getötet haben und nun<br />

mühsam wie<strong>de</strong>r <strong>in</strong> die Zivilgesellschaft zurückf<strong>in</strong><strong>de</strong>n müssen. Verleih: E<strong>in</strong>ige Evangelische Medienzentralen.<br />

www.evangelische-medienzentralen.<strong>de</strong><br />

Das Deutsche Bündnis K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten gibt <strong>de</strong>n Schattenbericht K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten 2011 heraus.<br />

www.k<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten.<strong>in</strong>fo<br />

32 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

Teil 4.0<br />

Gewalt<br />

Lehrer<strong>in</strong>formationen<br />

Fotos: UNICEF


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Foto: UNICEF/Christiane Brors<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

m4.1<br />

Unser Klassenklima<br />

Bitte ankreuzen: Junge Mädchen<br />

Ich fühle mich <strong>in</strong> unserer Klasse weitgehend wohl und b<strong>in</strong> gern hier.<br />

Ich hatte <strong>in</strong> unserer Klasse schon e<strong>in</strong>mal Angst, bedroht, beschimpft o<strong>de</strong>r sogar geschlagen zu wer<strong>de</strong>n.<br />

In unserer Klasse ist es uncool, sich zu mel<strong>de</strong>n und aufmerksam am Unterricht teilzunehmen.<br />

Bei Konflikten können alle aus unserer Klasse darauf bauen, dass wir uns gegenseitig unterstützen.<br />

Zwischen e<strong>in</strong>zelnen Schüler<strong>in</strong>nen o<strong>de</strong>r Schülern gibt es so etwas wie Fe<strong>in</strong>dschaft.<br />

Wenn du <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Augen <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren nicht so „toll“ bist, hast du <strong>in</strong> unserer Klasse ke<strong>in</strong>e Chance.<br />

Wenn es Streit gibt, haben wir <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Klasse gute Möglichkeiten, darüber zu re<strong>de</strong>n.<br />

In unserer Klasse gibt es Gruppen von Schülern, die nur für sich se<strong>in</strong> wollen und alle ablehnen, die nicht<br />

zu ihnen gehören.<br />

AufgabeN:<br />

1. Bitte füllt diesen Bogen anonym – ohne euren Namen darauf zu schreiben – aus, <strong>in</strong><strong>de</strong>m ihr <strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>n Spalten rechts jeweils die Antwort ankreuzt, die für euch zutrifft.<br />

2. Nachher wer<strong>de</strong>n die Fragebögen statistisch ausgewertet (wie viele Kreuze <strong>in</strong> welchen Spalten?).<br />

Dann seid ihr gefragt:<br />

Welche Gesamtnote wür<strong>de</strong>t ihr eurem „Klassenklima“ geben?<br />

Was könntet ihr zur Verbesserung <strong>de</strong>s Klassenklimas beitragen?<br />

ich stimme dieser Aussage voll und ganz zu<br />

ich stimme dieser Aussage weitgehend zu<br />

Teil 4.0<br />

Gewalt<br />

Arbeitsblatt<br />

ich teile diese Aussage nicht<br />

ich weise diese Aussage vollkommen zurück<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 33


m4.2<br />

Foto: Polizei Viersen<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Teil 4.0<br />

Gewalt<br />

Arbeitsblatt<br />

Was<br />

Jugendliche<br />

umbr<strong>in</strong>gt<br />

Unfälle, Gewalt und Suizid - Je<strong>de</strong>n Tag sterben <strong>in</strong> Deutschland drei K<strong>in</strong><strong>de</strong>r<br />

Gewalt, Suizid o<strong>de</strong>r tragischer Unfall: Die Zahl <strong>de</strong>r getöteten K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendliche ist nach wie<br />

vor erschreckend hoch. Viele Eltern unterschätzen offensichtlich auch die Gefahren im Haushalt.<br />

Täglich sterben <strong>in</strong> Deutschland drei K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendliche bei Unfällen, weil ihnen Gewalt angetan<br />

wird o<strong>de</strong>r sie sich umbr<strong>in</strong>gen. Insgesamt kamen im Jahr 2009 nach Angaben <strong>de</strong>s Statistischen<br />

Bun<strong>de</strong>samtes 1076 Jungen und Mädchen im Alter unter 20 Jahren ums Leben. „Unfälle, Gewalt,<br />

aber auch Suizid zählen somit zu <strong>de</strong>n häufigsten To<strong>de</strong>sursachen bei K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen“,<br />

heißt es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er am Montag <strong>in</strong> Wiesba<strong>de</strong>n veröffentlichten Studie <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>samts. Die Zahl <strong>de</strong>r<br />

To<strong>de</strong>sfälle nimmt seit Jahren <strong>in</strong> allen Altersstufen ab.<br />

Etwa 199 000 K<strong>in</strong><strong>de</strong>r unter 15 Jahren mussten zu<strong>de</strong>m 2009 wegen e<strong>in</strong>er Verletzung o<strong>de</strong>r Vergiftung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Krankenhaus behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, bei <strong>de</strong>n Jugendlichen (15 bis 19 Jahre) waren es<br />

88 000, teilte das Bun<strong>de</strong>samt weiter mit. Dies entspreche täglich 786 K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn und Jugendlichen,<br />

die <strong>in</strong> die Kl<strong>in</strong>ik müssen. (…)<br />

Säugl<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d beson<strong>de</strong>rs gefähr<strong>de</strong>t, bei e<strong>in</strong>er Gewalttat ums Leben zu kommen. Zwischen <strong>de</strong>n<br />

Jahren 2000 und 2009 stand je<strong>de</strong>r dritte To<strong>de</strong>sfall e<strong>in</strong>es Babys im Zusammenhang mit Gewalt.<br />

Diese Rate bleibe auf hohem Niveau, heißt es <strong>in</strong> <strong>de</strong>m Bericht weiter.<br />

Jugendliche setzen sich im Straßenverkehr <strong>de</strong>m höchsten Risiko aus. Als zweithäufigste To<strong>de</strong>sursache<br />

folgen Suizi<strong>de</strong>, betroffen s<strong>in</strong>d dort vor allem Jungen. In <strong>de</strong>r Altersgruppe zwischen 15 und<br />

19 Jahren brachten sich <strong>in</strong>sgesamt 194 Jugendliche selbst um, 21 weitere beg<strong>in</strong>gen vor ihrem<br />

15. Geburtstag Suizid. (...)<br />

Quelle: Focus vom 9. Januar 2012<br />

AufgabeN:<br />

1. Bitte lest <strong>de</strong>n Artikel aus <strong>de</strong>m „Focus“. Streicht drei Stellen <strong>in</strong> <strong>de</strong>m Artikel an, die e<strong>in</strong>e für<br />

Euch neue Information enthalten.<br />

2. Die drei häufigsten To<strong>de</strong>sursachen bei Jugendlichen s<strong>in</strong>d laut Statistischem Bun<strong>de</strong>samt Unfall,<br />

Körperverletzung und Selbsttötung (Suizid). In wieweit könnte man auch bei Verkehrsunfällen<br />

und bei Selbsttötungen von Gewalt o<strong>de</strong>r von Gewaltverhältnissen sprechen?<br />

3. Wie könnte man <strong>de</strong>n frühen Tod dieser jungen Menschen verh<strong>in</strong><strong>de</strong>rn? Nennt bitte zu allen drei<br />

To<strong>de</strong>sursachen e<strong>in</strong>ige Faktoren, die zu verän<strong>de</strong>rn <strong>in</strong> diesem Zusammenhang wünschenswert wäre.<br />

4. Welche Erklärung habt ihr dafür, dass Jungen und junge Männer <strong>de</strong>utlich häufiger als<br />

Jugendliche zu To<strong>de</strong> kommen als Mädchen bzw. Frauen?<br />

34 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland


xX<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Gewalt-Statistiken<br />

AufgabeN:<br />

Opfer von Körperverletzungen 2010<br />

- vollen<strong>de</strong>te und versuchte Straftaten -<br />

Gesamte Opferzahl<br />

Anteil Jungen/Männer<br />

Anteil Mädchen/Frauen<br />

Anteil K<strong>in</strong><strong>de</strong>r (bis 13 Jahre)<br />

Jugendliche (14 - 17 J.)<br />

Heranwachsen<strong>de</strong> (18 - 21 J.)<br />

Erwachsene (21 - 60 J.)<br />

Alte (60 J. und älter)<br />

Quelle: Polizeiliche Krim<strong>in</strong>alitätsstatistik 2010, S. 21<br />

Altersgruppen<br />

Alle Tatverdächtigen<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>r unter 15 J.<br />

Jugendliche 15 - 17 J.<br />

Junge Erwachsene (18 - 21 J.)<br />

Erwachsene (über 21 Jahre)<br />

Quelle: Polizeiliche Krim<strong>in</strong>alitätsstatistik 2010, S. 5<br />

Tatverdächtige (nur Deutsche)<br />

Statistiken richtig <strong>de</strong>uten.<br />

Welche Aussage könnt Ihr anhand <strong>de</strong>r Statistiken bestätigen?<br />

608.096 Menschen<br />

63,9 %<br />

36,1 %<br />

7,1 %<br />

11,5 %<br />

13,3 %<br />

63,6 %<br />

4,5 %<br />

pro 100.000 E<strong>in</strong>wohner<br />

2417<br />

1716<br />

6511<br />

6866<br />

2077<br />

m4.3<br />

1. Männer wer<strong>de</strong>n fast doppelt so häufig Opfer von Körperverletzungen wie Frauen.<br />

2. Die obere Tabelle kann nicht stimmen, weil die Prozentzahlen zusammen 200 Prozent ergeben.<br />

3. Die Gefahr, geschlagen zu wer<strong>de</strong>n, ist für alte Menschen am ger<strong>in</strong>gsten.<br />

4. Jugendliche s<strong>in</strong>d weit mehr krim<strong>in</strong>ell (bezogen auf Tatverdächtige) als Erwachsene.<br />

5. Junge Erwachsene begehen mehr Körperverletzungs<strong>de</strong>likte als K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und<br />

Erwachsene zusammen.<br />

6. Die Zahl <strong>de</strong>r Opfer von Körperverletzungen ist größer als die Zahl <strong>de</strong>r Tatverdächtigen.<br />

Bitte lest die sechs Behauptungen sorgfältig und überprüft, ob die Aussagen durch die statistischen<br />

Angaben ge<strong>de</strong>ckt s<strong>in</strong>d.<br />

Begrün<strong>de</strong>t nachher Eure Entscheidung.<br />

Teil 4.0<br />

Gewalt<br />

Arbeitsblatt<br />

ja ne<strong>in</strong><br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 35<br />

Foto: UNICEF/Shehzad Noorani<br />

Foto: UNICEF


Fotos: Pixelio<br />

Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

Was tun gegen Gewalt?<br />

Konflikte gehören zum Alltag <strong>de</strong>s menschlichen Zusammenlebens. Nicht dass es sie gibt, ist das<br />

Problem, son<strong>de</strong>rn eher die Frage, ob und wie wir sie bearbeiten.<br />

Ihr f<strong>in</strong><strong>de</strong>t auf dieser Seite zwei Beispiele für Gewalt <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Schule – und ihr seid <strong>in</strong> eurer Kle<strong>in</strong>gruppe<br />

aufgefor<strong>de</strong>rt, hierzu Konfliktlösungen zu erarbeiten. Dazu müsst ihr <strong>de</strong>n Konflikt analysieren, die<br />

Interessen, Wünsche und Motive <strong>de</strong>r Beteiligten erkun<strong>de</strong>n und Vorschläge machen, was von<br />

<strong>de</strong>n Konfliktparteien selbst, aber auch was von an<strong>de</strong>ren getan wer<strong>de</strong>n könnte, um die Gewalt zu<br />

verr<strong>in</strong>gern und die Konflikte zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st e<strong>in</strong>er Lösung näher zu br<strong>in</strong>gen.<br />

D Sven* hat es nicht leicht <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Klasse 8.<br />

Se<strong>in</strong>e oft uncoole Art, se<strong>in</strong>e Verhaltensweisen,<br />

wie er re<strong>de</strong>t und sich gibt, sche<strong>in</strong>en zu provozieren.<br />

Obwohl er eher schüchtern ist, war er schon<br />

oft Opfer von handfesten Ause<strong>in</strong>an<strong>de</strong>rsetzungen.<br />

Das f<strong>in</strong>g an damit, dass T. Svens Schultasche<br />

aus <strong>de</strong>m Fenster geworfen hat, dass se<strong>in</strong>e Anziehsachen<br />

nach <strong>de</strong>m Sport weg waren und dass<br />

er e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> <strong>de</strong>r großen Pause e<strong>in</strong>geschlossen<br />

wur<strong>de</strong>. Vergangene Woche eskalierte die Gewalt.<br />

Sven musste mit Gehirnerschütterung <strong>in</strong>s Krankenhaus,<br />

nach<strong>de</strong>m zwei Jungs aus unserer<br />

Klasse ihn mit <strong>de</strong>m Kopf vor die Wand gehauen<br />

haben. E<strong>in</strong>fach so gepackt. Jetzt gibt es e<strong>in</strong>e<br />

Klassenstun<strong>de</strong>, auf <strong>de</strong>r überlegt wer<strong>de</strong>n soll, was<br />

zu tun ist.<br />

36 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

m4.4<br />

Teil 4.0<br />

Gewalt<br />

Arbeitsblatt<br />

j Wer gegen wen? (I<strong>de</strong>ntifizierung <strong>de</strong>r Konfliktparteien)<br />

j Was ist geschehen? (Welche Gewalt wur<strong>de</strong> ausgeübt?)<br />

j Warum ist es geschehen? (vermutete Ursachen, Motive, Interessen)<br />

j Wie ist das Geschehen zu bewerten? (ethische und juristische Fragen nach <strong>de</strong>m Recht)<br />

j Was ist das Ziel <strong>de</strong>r Konfliktlösung? (kurzfristige und langfristige Zielsetzungen)<br />

j Was müssen die Konfliktparteien tun? (verantwortliches Han<strong>de</strong>ln <strong>de</strong>r direkt Beteiligten)<br />

j Was kann von an<strong>de</strong>ren getan wer<strong>de</strong>n? (Beiträge zur Konfliktlösung)<br />

j Welche Zukunftsperspektive gibt es? (langfristige Konfliktlösung)<br />

*Die <strong>in</strong> Text und Foto genannten Personen s<strong>in</strong>d nicht i<strong>de</strong>ntisch.<br />

:Leitfragen:<br />

D Ruth * hat es nicht leicht, seit sie von e<strong>in</strong>er<br />

an<strong>de</strong>ren Schule <strong>in</strong> unsere Klasse gekommen ist.<br />

Denn alle Mädchen <strong>in</strong> unsere Klasse gehören<br />

praktisch zu verschie<strong>de</strong>nen Cliquen, die sich dadurch<br />

auszeichnen, dass sie e<strong>in</strong> geschlossener<br />

Kreis s<strong>in</strong>d und nieman<strong>de</strong>n <strong>in</strong> ihrer Gruppe akzeptieren,<br />

<strong>de</strong>r nicht zu ihnen gehört. So bleibt Ruth<br />

auch <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Pausen alle<strong>in</strong>. Und Carla hat sich sogar<br />

darüber beschwert, dass sie neben Ruth sitzen<br />

sollte. Auch bei Facebook geht es richtig zur Sache.<br />

Dass sie e<strong>in</strong>e Schlampe ist und mit Herrn Wegener,<br />

<strong>de</strong>m wohl dicksten Referendar aller Zeiten, <strong>in</strong> <strong>de</strong>r<br />

Kiste war, konnte man lesen. Am letzten Freitag<br />

hat Ruth geheult, e<strong>in</strong>fach so mitten im Unterricht.<br />

Was tun?


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

m4.5<br />

K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten: Opfer und<br />

Täter von Gewalt<br />

Ishmael Beah war 12 Jahre alt, als Rebellen se<strong>in</strong>e Eltern<br />

und Geschwister ermor<strong>de</strong>ten. Wenig später wird er von<br />

<strong>de</strong>r Regierungsarmee Sierra Leones zwangsrekrutiert<br />

und muss selber töten, um zu überleben. Se<strong>in</strong> Schicksal<br />

teilen K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendliche <strong>in</strong> vielen Kriegen <strong>de</strong>r<br />

Gegenwart. Sie wer<strong>de</strong>n von skrupellosen Milizenchefs<br />

und Militärs als Soldaten missbraucht, weil sie zuverlässig<br />

s<strong>in</strong>d und leicht zu manipulieren. Sie wer<strong>de</strong>n als<br />

Wachtposten, Träger o<strong>de</strong>r Sexsklaven e<strong>in</strong>gesetzt und<br />

unter Drogen gezwungen, zu foltern und zu töten.<br />

Erleichtert wird <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>satz <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten durch<br />

die massenhafte Verfügbarkeit kle<strong>in</strong>er und leichter<br />

Waffen wie <strong>de</strong>r russischen AK-47 o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

G3-Gewehre.<br />

Je länger die Kriege dauern, <strong>de</strong>sto grausamer wer<strong>de</strong>n sie, so Ishmael Beah: „Am Anfang wird<br />

<strong>de</strong>n K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn viel versprochen. Sie kämpfen für e<strong>in</strong>e gerechte Sache. Doch das ist schnell vorbei.<br />

Am En<strong>de</strong> geht es <strong>de</strong>n Warlords nur darum, zu mor<strong>de</strong>n und zu plün<strong>de</strong>rn. Es wird e<strong>in</strong> Krieg <strong>de</strong>r<br />

Wahns<strong>in</strong>nigen.“ Wie Ishmael Beah lei<strong>de</strong>n die meisten K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten, nach<strong>de</strong>m sie aus <strong>de</strong>r<br />

Armee entlassen wur<strong>de</strong>n, unter Alpträumen und Schlaflosigkeit. Weil sie als Mör<strong>de</strong>r gelten,<br />

wer<strong>de</strong>n sie sogar von Angehörigen und Nachbarn zurückgewiesen. Aus Hoffnungslosigkeit<br />

lassen sich viele erneut rekrutieren.<br />

UNICEF schätzte 2009 die Zahl <strong>de</strong>r K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten auf 250.000 K<strong>in</strong><strong>de</strong>r und Jugendliche.<br />

Der UN-Sicherheitsrat hat diese schwerwiegen<strong>de</strong> Form von Gewalt gegen K<strong>in</strong><strong>de</strong>r mehrfach<br />

<strong>de</strong>utlich verurteilt. Erstmals stan<strong>de</strong>n zwei Milizen-Anführer, die K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten e<strong>in</strong>gesetzt haben,<br />

vor <strong>de</strong>m <strong>in</strong>ternationalen Strafgerichtshof. Charles Taylor (Liberia) und Thomas Lubanga<br />

(Demokratische Republik Kongo) wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s E<strong>in</strong>satzes von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten schuldig gesprochen.<br />

Die Verurteilung lässt hoffen, dass die Verantwortlichen für die Rekrutierung von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten<br />

<strong>in</strong> Zukunft nicht mehr so leicht davonkommen wer<strong>de</strong>n.<br />

AufgabeN:<br />

1. Bitte lest <strong>de</strong>n obigen Text über die K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten.<br />

2. Erklärt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Satz, warum die Rekrutierung (Verpflichtung) von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten als e<strong>in</strong><br />

schwerwiegen<strong>de</strong>s Verbrechen angesehen wird.<br />

3. Beschreibt die Grün<strong>de</strong>, warum Warlords (Führer von militärischen Gruppen) gerne K<strong>in</strong><strong>de</strong>r als<br />

Soldaten verpflichten.<br />

4. Analysiert die Beweggrün<strong>de</strong>, warum K<strong>in</strong><strong>de</strong>r Soldat wer<strong>de</strong>n (wollen).<br />

5. Erläutert, warum <strong>in</strong> vielen Artikeln K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten gleichzeitig als Opfer und Täter bezeichnet<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

6. Entwickelt e<strong>in</strong>ige Vorschläge (schriftliche Stichworte), was auf <strong>in</strong>ternationaler Ebene gegen<br />

die Zwangsrekrutierung von K<strong>in</strong><strong>de</strong>rsoldaten getan wer<strong>de</strong>n könnte und wie man K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn<br />

helfen kann, die jahrelang als Soldaten unterwegs waren.<br />

Teil 4.0<br />

Gewalt<br />

Arbeitsblatt<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 37<br />

Foto: UNICEF/Susan Markisz


Chancengleichheit Beteiligung Gewalt<br />

NOTIZEN<br />

38 I UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

Notizen


NOTIZEN<br />

Notizen<br />

UNICEF <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland I 39


Junior Botschafter<br />

MACHT MIT !<br />

Setzt Euch für <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> e<strong>in</strong>.<br />

20. November:<br />

Aktionstag <strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong><br />

- -<br />

31. März<br />

E<strong>in</strong>sen<strong>de</strong>schluss:<br />

UNICEF UNICEF JuniorBotschafter-<br />

JuniorBotschafter-<br />

Wettbewerb<br />

www.juniorbotschafter.<strong>de</strong> Tel. 0221-93650-231


�<br />

FAX-Nr. 0221/93650-301 FAXANTWORT<br />

Liebe Lehrer<strong>in</strong>nen und Lehrer,<br />

wir möchten gerne von Ihnen erfahren, wie Ihnen die Materialien gefallen haben, was wir an<strong>de</strong>rs o<strong>de</strong>r besser<br />

machen könnten und wie Sie die „<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> Deutschland Klasse 7-10“ (I0012) genutzt haben.<br />

Deshalb wären wir dankbar, wenn Sie <strong>de</strong>n Feedback-Bogen ausfüllen.<br />

Rücksendung bitte:<br />

• per Post: UNICEF, zu Hd. Frau Müller-Anto<strong>in</strong>e<br />

Hön<strong>in</strong>ger Weg 104, 50969 Köln<br />

• per Fax: 0221/93650-301<br />

1. Wie haben Sie diese <strong>Unterrichtsmaterial</strong>ien genutzt (und wie oft?)?<br />

Welche Teile haben Sie verwen<strong>de</strong>t?<br />

Wie alt war Ihre Klasse/Zielgruppe?<br />

2. Was war gut und nützlich?<br />

Mit welchen Teilen konnten Sie etwas anfangen?<br />

Womit haben sie gute Erfahrungen gemacht?<br />

Haben Sie spezielle Anmerkungen zu <strong>de</strong>n e<strong>in</strong>zelnen Arbeitsblättern?<br />

3. Was hat Ihnen nicht gefallen?<br />

Was haben Sie vermisst?<br />

4. Welche Unterstützung (Materialien, Medien, Referenten, an<strong>de</strong>re Ressourcen) hätten Sie gerne noch, wenn<br />

Sie zum Beispiel das Thema „<strong>K<strong>in</strong><strong>de</strong>rrechte</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>r E<strong>in</strong>en Welt“ im Unterricht behan<strong>de</strong>ln wollten?<br />

5. Weitere Anmerkungen?<br />

Vielen Dank!<br />

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