Wenn's um die Wurst geht - Herrmannsdorfer Landwerkstätten
Wenn's um die Wurst geht - Herrmannsdorfer Landwerkstätten
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Fastenzeit im Jahr 1984 hate er beschlosen, seinem Leben eine Wende zu geben. „Ich faste jedes Jahr. Das<br />
macht nicht nur den Bauch leer. Auch das Gehirn wird gesäubert, das schafft Platz für neue Gedanken", so<br />
Schweisfurth. Den Gedanken folgten Taten: Er verkaufte Herta an den Nestle-Konzern und erwarb das Gut<br />
Herrmannsdorf. Nach und nach restaurierte er <strong>die</strong> alten Gebäude und Stallungen, eignete sich Kenntnisse über<br />
den ökologischen Landbau an und begann, wieder mit den eigenen Händen zu arbeiten.<br />
„Lebensmitel sind Mittel z<strong>um</strong> Leben - <strong>die</strong><br />
wichtigste vorbeugende Medizin.“<br />
Karl Ludwig Schweisfurth<br />
Ich habe tagelang in der Metzgerei gestanden und z<strong>um</strong> ersten Mal nach langer Zeit wieder angewandt, was ich<br />
als 15-Jähriger gelernt habe", erinnert er sich. Ein Glücksgefühl für den gebürtigen Westfalen. „Etwas mit der<br />
eigenen Hand zu schaffen, ist so wichtig. Die Hand ist <strong>die</strong> Erdung", philosophiert er. Generell beschäftigen ihn<br />
heute Werte wie Ethik, Verantwortung und Moral. „Al <strong>die</strong>se Dinge sind uns abhanden gekommen", meint er.<br />
Mit der von ihm gegründeten „Schweisfurth-Stiftung" versucht er, seine Ideen vom ökologischen Landbau in <strong>die</strong><br />
Welt zu tragen. Er schreibt Bücher („<strong>Wenn's</strong> <strong>um</strong> <strong>die</strong> <strong>Wurst</strong> <strong>geht</strong>"), trit im Fernsehen auf, gibt Interviews. Als<br />
ein Missionar sieht er sich aber nicht. „Ich verkünde keine Religion", sagt er.<br />
Dennoch: Was ihm wichtig ist, bringt er auf den Tisch, diskutiert provokativ und zuweilen auch dickköpfig.<br />
„Wir brauchen keine Automation und keine Gentechnik in der Landwirtschaft", behauptet er und schlägt mit der<br />
Faust auf den Tisch. „Das Arg<strong>um</strong>ent, das <strong>die</strong> Menschen ohne <strong>die</strong>se Dinge nicht sat werden, stimmt nicht.<br />
Wenn Menschen wirklich hungern, dann nur, weil sie falsch regiert werden oder weil Korruption und<br />
Bürgerkriege an der Tagesordnung sind."<br />
„In Hermannsdorf werden Handarbeit und<br />
Tradition groß geschrieben.“<br />
Der 75-Jährige macht sich Gedanken <strong>um</strong> viele Themen unserer Zeit. Er ärgert sich über <strong>die</strong> Ignoranz gegenüber<br />
der Natur, über <strong>die</strong> „virtuele Welt", in der wir leben, und über <strong>die</strong> „geistige und seelische Armut" vieler<br />
Menschen. „Die sitzen in ihren mit Elektronik ausgerüsteten Häusern, mit teuren Küchen und langen Reihen von<br />
Kochbüchern. Auf den Tisch aber kommen <strong>die</strong> schlechtesten Lebensmittel in ganz Europa. Und z<strong>um</strong> Kochen<br />
sind sie auch zu faul", schimpft er. Vor allem aber ärgert er sich über <strong>die</strong> Preisdiskussion in unserem Land. Kein<br />
Wunder: Fast täglich wird er aufgrund der hohen Preise seiner Waren damit konfrontiert. „Wir sind kein armes<br />
Volk. Nur höchstens zehn Prozent der Bevölkerung sind wirklich so arm, dass sie sich keine guten Lebensmittel<br />
leisten können. Alle anderen haben das Geld dafür." Aber es gibt auch viele Dinge, <strong>die</strong> ihn freuen; Dass sein<br />
ältester Enkel Max nach langer Überzeugungsarbeit das Handwerk des Kochs erlernen will. Dass sein Sohn<br />
Georg mit dem Öko-Supermarkt „Basic - Bio für alle" Erfolg hat. Und dass Georgs Zwillingsbruder Karl in<br />
seine Fußstapfen getreten ist. Karl Schweisfurth übernahm 1996 <strong>die</strong> Geschäftsführung der <strong>Herrmannsdorfer</strong><br />
<strong>Landwerkstätten</strong> von seinem Vater. Unter seinen Fittichen wurde der Bio-Gutshof zu dem, was er heute ist: ein<br />
Unternehmen, das den Umsatz innerhalb von zehn Jahren von rund 2,5 Millionen auf knapp zehn Millionen Euro<br />
gesteigert hat, seit drei Jahren profitabel ist und etwa 130 Mitarbeiter beschäftigt. Darunter 15 Lehrlinge.<br />
Mittlerweile gibt es zwölf Filialen in und <strong>um</strong> München, eine in Hannover sowie zwei Dutzend <strong>Wurst</strong>-, Fleischund<br />
Käsetheken quer durch <strong>die</strong> Republik. Kunden sind nach Karl Schweisfurths Beobachtung <strong>die</strong><br />
„Aufgeweckten unter der Bevölkerung", sprich: Menschen, <strong>die</strong> sich über ihre Ernährung Gedanken machen.<br />
Spätestens seit der BSE-Krise. Über 50 Prozent der „Überläufer" von damals sind dem bayerischen Bio-Bauern<br />
als Kunden erhalten geblieben. Dennoch kann sich <strong>die</strong> Familie mit ihrem Öko-Bauernhof nicht zurücklehnen.<br />
Karl Schweisfurth weiß das. „Wir müsen unser Sortiment ständig erweitern. Gleichzeitig darf <strong>die</strong> Qualität nicht<br />
darunter leiden", beschreibt er <strong>die</strong> Aufgaben der Zukunft. Entsprechend wichtig ist ihm <strong>die</strong> Qualifikation seines<br />
Personals, das er gewissenhaft auswählt. Außerdem sorgt er durch Lehrlingsausbildung für eigenen Nachwuchs.