Osterbrief 2012 - Evangelische Kirchengemeinde Eppelheim
Osterbrief 2012 - Evangelische Kirchengemeinde Eppelheim
Osterbrief 2012 - Evangelische Kirchengemeinde Eppelheim
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
SEITE 4<br />
Ist der Weg der Ökumene nach dem Papstbesuch steiniger geworden?<br />
PAPSTBESUCH 2011 IN DEUTSCHLAND<br />
In einem persönlichen Schreiben<br />
an den Vorsitzenden des Rates<br />
der EKD, Präses Nikolaus Schneider,<br />
hatte Papst Benedikt XVI. den<br />
Wunsch geäußert, dass in seinem<br />
Besuchsprogramm der Begegnung<br />
mit den Spitzenvertretern der evangelischen<br />
Kirche mehr Zeit als bisher<br />
geplant eingeräumt werde. In<br />
dem Land, in dem die Reformation<br />
ihren Ausgang nahm, sei ein stärkerer<br />
ökumenischer Akzent notwendig.<br />
Kurz vor dem Antritt seiner<br />
Deutschlandreise sagte er in der<br />
ARD in seinem „Wort zum Sonntag“:<br />
„Ein Höhepunkt der Reise<br />
wird Erfurt sein: Im Augustinerkloster,<br />
in der Augustinerkirche, in<br />
der Martin Luther seinen Weg begonnen<br />
hat, darf ich mich mit Vertretern<br />
der <strong>Evangelische</strong>n Kirche<br />
Deutschlands treffen. … Wir erwarten<br />
keine Sensationen. Das eigentlich<br />
Große daran ist eben dies,<br />
dass wir an diesem Ort miteinander<br />
denken, das Wort Gottes hören und<br />
beten und so inwendig beieinander<br />
sind und sich wahrhaft Ökumene<br />
ereignet.“<br />
Positive Signale aus Rom<br />
weckten hohe Erwartungen<br />
Die positiven Signale aus Rom<br />
hatten bei Protestanten wie Katholiken<br />
hohe Erwartungen an den<br />
ÖkumeneGipfel in Erfurt geweckt.<br />
Landesbischof Ulrich Fischer äußerte<br />
sich gegenüber der Schwetzinger<br />
Zeitung: „Dass der Papst<br />
sich mehr Zeit als geplant nimmt,<br />
empfinde ich als sehr ermutigendes<br />
Zeichen. Ich erwarte, dass wir uns<br />
als Partner erleben. Und dass der<br />
Papst unbefangen von "Kirche" redet,<br />
wenn er mit uns spricht, nicht<br />
nur von einer "kirchlichen Gemeinschaft".“<br />
Auch der Erfurter Bischof<br />
Joachim Wanke war sich sicher,<br />
dass von Erfurt ein kräftiger Impuls<br />
für die Ökumene ausgehen werde.<br />
Allein mit der Wahl des Ortes, wie<br />
geschaffen für einen Schritt, der die<br />
Kirchen einander näher bringt, ha<br />
EINBLICK<br />
be Benedikt schon ein Zeichen gesetzt.<br />
Im internen Gespräch im Kapitelsaal<br />
des Augustinerklosters am<br />
23. September zeigte sich der Papst<br />
geschwisterlich zugeneigt und würdigte<br />
Martin Luther als leidenschaftlichen<br />
Gottsucher: „Die<br />
Frage: Wie steht Gott zu mir, wie<br />
stehe ich vor Gott? – diese brennende<br />
Frage Martin Luthers muss<br />
wieder neu … auch unsere Frage<br />
werden.“ Aber als Präses Schneider<br />
die Probleme konfessionsverschiedener<br />
Ehepaare ansprach – „Für<br />
uns alle wäre es ein Segen, ihnen in<br />
absehbarer Zeit eine von Einschränkungen<br />
freiere eucharistische<br />
Gemeinschaft zu ermöglichen“ –<br />
blieb Benedikt sehr zurückhaltend.<br />
Beim anschließenden ökumenischen<br />
Gottesdienst, bei dem Besucher<br />
und Fernsehkameras zugelassen<br />
waren, erwähnte der Papst<br />
Martin Luther mit keinem Wort.<br />
Seine Bemerkung, er bringe kein<br />
ökumenisches Gastgeschenk mit,<br />
weil der Glaube keine Verhandlungssache<br />
sei, führte bei vielen zu<br />
Ernüchterung und Ratlosigkeit.<br />
Schneider urteilte im Rückblick:<br />
„Die nichtöffentliche Begegnung<br />
war sehr herzlich, sehr brüderlich.<br />
Dabei hat er sowohl Martin Luther<br />
als auch die Reformation deutlich<br />
gewürdigt. Das hatte einen völlig<br />
anderen Klang als die öffentliche<br />
Rede, die von Distanz und Abgrenzung<br />
bestimmt war.“<br />
Verpasste ökumenische<br />
Weichenstellung<br />
In der Bewertung des Treffens<br />
überwiegt die Enttäuschung. Wolfgang<br />
Huber, ehemaliger Ratsvorsitzender<br />
der EKD, spricht von einem<br />
„Tag der verpassten Chance. …<br />
Der oberste Diener der Einheit hat<br />
keine ökumenischen Weichen gestellt.“<br />
Die katholische Theologie<br />
Professorin Sabine PemselMaier<br />
fragt: „Gewiss, symbolische Zeichen<br />
und Gesten sind nicht zu un<br />
terschätzen. Aber was geschieht mit<br />
dem, was ökumenische Gremien<br />
und Dialoggruppen seit Jahrzehnten<br />
an möglichen und tatsächlichen<br />
Annäherungen erarbeitet haben?“<br />
Benedikt hätte zur Weiterarbeit an<br />
der Klärung theologischer und<br />
struktureller Probleme ermutigen<br />
können. Ähnlich bedauert der evangelische<br />
Bischof Markus Dröge<br />
(Berlin), dass der Papst weder auf<br />
die Vorarbeiten zum Amtsverständnis<br />
eingegangen ist noch den Faden<br />
der gemeinsamen Erklärung zur<br />
Rechtfertigungslehre aufgenommen<br />
hat.<br />
Visionen dürfen dennoch<br />
erträumt werden<br />
„Die klärenden Schritte im ökumenischen<br />
Prozess werden wie bisher<br />
an anderer Stelle geschehen“,<br />
ist sich Abt Franziskus Heereman<br />
(Stift Neuburg) sicher. EKD wie<br />
katholische Bischofskonferenz gehen<br />
davon aus, dass ein gemeinsamer<br />
Weg zum Jubiläum „500 Jahre<br />
Reformation“ im Jahr 2017 gefunden<br />
werden kann. Der Wiener Kardinal<br />
König formulierte schon vor<br />
Jahrzehnten, Ökumene brauche<br />
dreierlei: die geduldige Arbeit der<br />
Theologen, das ungeduldige Vorwärtsdrängen<br />
der Basis und die<br />
große Vision. Die ernüchternde<br />
Realität mit den in ihr liegenden<br />
Widerständen lässt große Visionen<br />
nur schwer aufkommen. Aber sie<br />
darf erträumt werden: die Vision<br />
der einen Kirche in versöhnter Verschiedenheit.<br />
Elisabeth Dahlhaus<br />
Nachweis der Zitate:<br />
Christ in der Gegenwart, 9.10.2011;<br />
Konradsblatt, 20.3., 4.9., 25.9., 2.10.,<br />
9.10., 30.10.2011;<br />
RheinNeckarZeitung, 24.12.2011;<br />
Schwetzinger Zeitung, 16.9.,24.9.,<br />
15.10.2011