Implants Special DENTALTRIBUNE Swiss Edition - Oemus Media AG
Implants Special DENTALTRIBUNE Swiss Edition - Oemus Media AG
Implants Special DENTALTRIBUNE Swiss Edition - Oemus Media AG
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
28<br />
Science DENTAL TRIBUNE <strong>Swiss</strong> <strong>Edition</strong> · Nr. 3/2010 · 5. März 2010<br />
„Wir haben eine Region auf Chromosom 8<br />
identifiziert, quasi das Haupt-Gen für<br />
Lippen-Kiefer-Gaumenspalten.“<br />
DE-LEIPZIG – Ergebnisse<br />
einer Studie am Institut für<br />
Humangenetik des Universitätsklinikums<br />
Bonn weisen auf<br />
einen genetischen Faktor für<br />
die Entstehung von Lippen-<br />
Kiefer-Gaumenspalten (LKG-<br />
Spalte) hin. In dem Projekt<br />
„Genetische Epidemiologie<br />
und molekulargenetische Untersuchungen<br />
bei isolierten<br />
Lippen-Kiefer-Gaumenspalten“<br />
untersuchten die Wissenschafter<br />
das Erbgut von etwa<br />
400 Personen mit einer LKG-<br />
Spalte.<br />
Bei etwa der Hälfte der Probanden<br />
analysierten die Forscher<br />
500.000 genetische Marker<br />
und verglichen sie mit jenen einer<br />
Kontrollgruppe. Das Ergebnis:<br />
Bestimmte Genvarianten auf<br />
Chromosom 10 und 17 traten bei<br />
Personen mit LKG-Spalte häufiger<br />
auf. Im vergangenen Jahr<br />
fand die Forschungsgruppe heraus,<br />
dass das „quasi Haupt-Gen“<br />
eine Region auf dem Chromosom<br />
8 ist. Anja Worm, DTI,<br />
sprach mit Oberärztin Dr. Elisabeth<br />
Mangold, Leiterin des Forschungsprojektes,<br />
über die Studie<br />
und die bisherigen Ergebnisse.<br />
Welche Faktoren bedingen die<br />
Entstehung einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte,<br />
was weiss<br />
man bis jetzt?<br />
Es handelt sich um eine genetisch<br />
komplexe Fehlbildung, das<br />
heisst ein Zusammenspiel mehrerer<br />
ungünstiger genetischer<br />
Faktoren, die man vom Vater und<br />
der Mutter geerbt hat. Hinzu<br />
kommen exogene Faktoren, also<br />
Umweltfaktoren, die im Uterus<br />
auf das werdende Kind einwirken.<br />
Diese Mischung führt bei einer<br />
einzigen Person von etwa 700<br />
zur Entstehung der Spalte. Diese<br />
Annahme beruhte zunächst auf<br />
epidemiologischen Arbeiten, die<br />
es schon seit Langem gibt. Sie<br />
zeigten, dass bei engen Verwandten<br />
von Betroffenen Lippen-Kiefer-Gaumenspaltenwesentlich<br />
häufiger auftreten als in<br />
der Allgemeinbevölkerung.<br />
In Ihrem Forschungsprojekt<br />
untersuchen Sie seit 2004, ob<br />
die isolierte Lippen-Kiefer-<br />
Gaumenspalte auf ein Gen zurückzuführen<br />
ist. Was ist das<br />
bisherige Ergebnis Ihrer<br />
Untersuchung?<br />
Wir wollen herausfinden,<br />
welche weiteren genetischen<br />
Faktoren, es sind ja mehrere, die<br />
Ursache für die Lippen-Kiefer-<br />
Gaumenspalte sind. Über die Entschlüsselung<br />
dieser genetischen<br />
Hintergründe sollte man dann<br />
auch die äusseren Risikofaktoren,<br />
die Umweltfaktoren, besser<br />
identifizieren können. Das ist<br />
eine langfristige Bemühung unseres<br />
Projektes. Wir haben eine<br />
Region auf Chromosom 8 identifiziert,<br />
in der ein bislang noch nicht<br />
beschriebener und ein offenbar<br />
sehr starker genetischer Faktor<br />
liegt, quasi das Haupt-Gen für<br />
Lippen-Kiefer-Gaumenspalten.<br />
Das ist ein bahnbrechendes Ergebnis.<br />
Diese Region war bisher<br />
völlig unbekannt und es war auch<br />
nicht bekannt, dass es doch einen<br />
so starken von einem einzelnen<br />
Ort im Genom ausgehenden Beitrag<br />
zur Lippen-Kiefer-Gaumenspalte<br />
gibt. Was der genetische<br />
Faktor selbst ist, das wissen wir<br />
nicht. Es könnte sich durchaus<br />
um ein regulatorisches Element<br />
im Erbgut handeln, also etwas,<br />
das in irgendeiner Form die Protein-Gene,<br />
wie wir sie heute nennen,<br />
beeinflusst. Das ist zwar<br />
noch nicht identifiziert, aber es ist<br />
nur eine Frage der Zeit, bis wir<br />
Foto: Universität Bonn<br />
das wissen. Da arbeiten wir natürlich<br />
dran.<br />
Es gab auch schon ähnliche<br />
Studien, die in anderen Ländern<br />
durchgeführt wurden.<br />
Unterscheiden sich Ihre vorläufigen<br />
Ergebnisse von denen<br />
der anderen Studien?<br />
Eine genomweite Assozia-<br />
Altern führt nicht<br />
zu schlechter Mundgesundheit<br />
DE-BONN – Der Alterungsprozess<br />
verändert nicht viel im<br />
Mund. Weder werde die Mund-<br />
schleimhaut runzelig, noch verringere<br />
sich die Kraft der Kaumuskeln,<br />
erklärt Prof. Chris-<br />
toph Benz von der Zahnklinik<br />
der Universität München.<br />
Auch die Zähne fielen nicht<br />
allein aufgrund des Alters aus.<br />
Daraus folge, dass immer mehr<br />
ältere Menschen echte Zähne<br />
haben, erklärt Benz in den<br />
„B<strong>AG</strong>SO Nachrichten“ (Ausgabe<br />
1/2010) der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
der Senioren-Organisationen<br />
in Bonn.<br />
Karies und Parodontose<br />
könnten die Zähne aber gefährden.<br />
Deshalb sei es wichtig, sie<br />
auch im Alter regelmässig zu<br />
pflegen und kontrollieren zu lassen,<br />
erläutert Prof. Benz. Gerade<br />
Parodontitis, die den Halt der<br />
Zähne im Knochen zerstört, sei<br />
tückisch. Denn lange merkten<br />
Betroffene ausser Zahnfleischbluten<br />
nicht viel. DT<br />
Quelle: Universität Bonn<br />
tionsstudie, wie wir sie jetzt<br />
durchgeführt haben, gab es für<br />
die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte<br />
bisher noch nicht. Bislang<br />
wurden vor allem kleine interessante<br />
Teile des menschlichen<br />
Genoms, also einzelne Protein-<br />
Gene, auf einen Zusammenhang<br />
mit Lippen-Kiefer-Gaumenspal-<br />
ten untersucht. Und dann gab es<br />
sogenannte Kopplungsstudien,<br />
die ganz grob das gesamte Genom<br />
versuchten zu untersuchen.<br />
Grob bedeutet mit wenigen genetischen<br />
Markern, das waren<br />
typischerweise 400 bis 500. Was<br />
wir in der genomweiten Assoziationsstudie<br />
gemacht haben, ist<br />
eine systematische Suche im<br />
gesamten menschlichen Genom,<br />
die sehr viel detaillierter ist<br />
als alle bisherigen Studien. Über<br />
500.000 werden hier verwendet.<br />
Die Region auf dem langen Arm<br />
von Chromosom 8, die wir identifiziert<br />
haben, wurde bislang in<br />
keiner Studie in Verbindung mit<br />
Lippen-Kiefer-Gaumenspalten<br />
gebracht. Inwieweit diese Region<br />
auch in anderen Bevölkerungsgruppen<br />
eine Rolle spielt,<br />
werden Studien anderer Arbeitsgruppen,<br />
die Zugang zu Kollektiven<br />
anderer Ethnizitäten haben,<br />
zeigen.<br />
Das jüngste Ergebnis Ihrer<br />
Forschungsgruppe ist die Entdeckung<br />
bestimmter Genvarianten<br />
auf Chromosom 10 und<br />
17, die bei den Probanden mit<br />
LKG-Spalte häufiger vorkommen.<br />
Was bedeutet das?<br />
Es sind nun rund die Hälfte<br />
der für die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte<br />
ursächlichen Genorte<br />
gefunden. Die eigentliche<br />
Ursache, also den genetischen<br />
Faktor haben wir, wie schon gesagt,<br />
noch nicht entschlüsselt.<br />
Wir können nun sagen, dass<br />
auch Genorte auf Chromosom 10<br />
und 17 wahrscheinlich zur Spaltbildung<br />
beitragen. Aber sie sind<br />
nicht so stark wie die Region auf<br />
Chromosom 8.<br />
Was bedeuten Ihre Ergebnisse<br />
für die Praxis, etwa für<br />
Schwangere?<br />
Für das praktische Vorgehen<br />
während einer Schwangerschaft<br />
haben unsere Ergebnisse vorläufig<br />
keine Konsequenzen. Es<br />
bleibt bei den üblichen Empfehlungen<br />
für Schwangere, also<br />
Einnahme von Folsäure, gesunde<br />
Ernährung, Verzicht auf<br />
Nikotin und Alkohol. Ob ein werdendes<br />
Kind eine LKG-Spalte bekommt,<br />
kann man in der Ultraschalluntersuchung<br />
sehen. Erst<br />
wenn mehr über die genetischen<br />
Hintergründe bekannt ist, wird<br />
klar werden, in welche Richtung<br />
eventuell eine Prophylaxe in der<br />
Schwangerschaft gehen könnte.<br />
Ob man bestimmte Stoffe, die<br />
man heute noch gar nicht kennt,<br />
vermeiden muss, oder umgekehrt,<br />
einnehmen muss. So<br />
könnte man sich das langfristig<br />
vorstellen.<br />
Ein wichtiger Punkt in diesem<br />
Zusammenhang ist, dass im<br />
Allgemeinen der Einfluss äusserer<br />
Faktoren gerne überbewertet<br />
wird. Einige Mütter von Betroffenen<br />
machen sich Vorwürfe,<br />
dass sie in der Schwangerschaft<br />
etwas nicht richtig gemacht haben.<br />
Oder sie müssen sich, wenn<br />
sie sich die Vorwürfe nicht selbst<br />
gemacht haben, das oft von<br />
Aussenstehenden gefallen lassen.<br />
Unser Ergebnis bestätigt<br />
letztlich die Annahmen, die aufgrund<br />
früherer epidemiologischer<br />
Arbeiten getroffen wurden.<br />
Dass nämlich genetische<br />
Faktoren eine ganz gewichtige<br />
Rolle bei der Entstehung der<br />
LKG-Spalten spielen. Und das<br />
dürfte für die eine oder andere<br />
Mutter eine Entlastung darstellen.<br />
Zumindest habe ich in diesem<br />
Sinne mehrere Rückmeldungen<br />
auf unsere Arbeit von<br />
Müttern Betroffener bekommen.<br />
Das Weitervererben ungünstiger<br />
genetischer Faktoren an ein<br />
Kind kann man ja wohl niemandem<br />
zum Vorwurf machen. DT<br />
OA Dr.<br />
Elisabeth Mangold<br />
• 1989–1996 Studium der Humanmedizin,Ludwig-Maximilians-UniversitätMünchen<br />
• 1999–2004 Wissenschaftliche<br />
Mitarbeiterin am Institut<br />
für Humangenetik des Universitätsklinikums<br />
Bonn in<br />
der Arbeitsgruppe „Familiärer<br />
Darmkrebs“<br />
• Seit 2004 Leiterin des Forschungsprojektes<br />
zur Lippen-Kiefer-Gaumenspalte<br />
• Seit 2007 Oberärztin am Bonner<br />
Institut für Humangenetik