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Qualitätsanforderungen an zahnärztliche Gerichtsgutachten

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Wörterbücher verstehen können [34], daher<br />

sollte m<strong>an</strong> sich um die Erklärung medizinischer<br />

Fachausdrücke bemühen [7, 14, 25].<br />

Ebenso sind nicht medizinische Fremdwörter<br />

möglichst sparsam einzusetzen [34]. Auch Abkürzungen,<br />

wie OK, UK, SKD, RKP etc., sind zu<br />

vermeiden [14], da sie regelmäßig mit Missverständnissen<br />

behaftet sind [27]. Die gutachterlichen<br />

Erörterungen sollten laienverständlich<br />

und in klarer, prägn<strong>an</strong>ter und eindeutiger<br />

Ausdrucksweise herausgearbeitet werden [15,<br />

25]. Die künstliche Aufblähung des Gutachtens<br />

durch vermeidbare, <strong>an</strong>amnestische Angaben,<br />

die sich schon im Vorgutachten finden oder gar<br />

die aus der Akte abgeschriebene Anam nese<br />

und die Wiederholung entbehrlicher Aktenauszüge<br />

ist zu vermeiden [14].<br />

Anamnese und Befund<br />

Das Gutachten muss von den richtigen und<br />

möglichst vollständigen Tatsachen ausgehen<br />

[33]. Grundlagen eines Gutachtens sollten in<br />

erster Linie die dem Gutachter vorgelegten,<br />

zeitnah entst<strong>an</strong>denen, ärztlichen Dokumente<br />

sein. Nicht Hauptgrundlage der Begutachtung<br />

sollten dagegen Vorbringungen der Parteien<br />

(Klageschrift, Klageerwiderung etc.), Zeugenaussagen,<br />

nachträglich und im Rahmen des<br />

Verfahrens entst<strong>an</strong>dene Gedächtnisaufzeichnungen<br />

etc. sein [15]. Zur Erstellung eines medizinischen<br />

Sachverständigengutachtens ist in<br />

aller Regel eine Untersuchung des Patienten<br />

zur Erhebung der Anamnese und des Befunds<br />

unerlässlich [25]. Das Bemühen des Sachverständigen<br />

bei der Anamneseerhebung und Untersuchung<br />

muss sein, den Wahrheitsgehalt<br />

der subjektiven Aussagen zu erhellen und einen<br />

je nach Fragestellung umfassenden aktuellen<br />

Befund zu erheben [27].<br />

Lediglich im Aktengutachten stützt sich die<br />

Klärung der Beweisfragen ausschließlich auf<br />

die Akte [14, 25]. Auf die Fragestellung als Ausg<strong>an</strong>gsbasis<br />

folgt bei Aktengutachten die Vorgeschichte<br />

im Indikativ „nach Aktenlage“. Das<br />

Aktengutachten k<strong>an</strong>n demnach nur eine Interpretation<br />

oder Neuinterpretation unkontrolliert<br />

und unergänzt übernommener Vorgänge<br />

und ärztlicher Befunde sein [14]. Um der Doppelfunktion<br />

des Sachverständigen als Arzt und<br />

Gutachter gerecht zu werden, gehört es zu seiner<br />

wichtigsten Aufgabe, medizinisch bedeutsame<br />

Sachverhalte und Befunde mit größter<br />

Sorgfalt zu erheben, sie unverfälscht zu dokumentieren<br />

und in einer klar vom Befundteil<br />

getrennten Stellungnahme argumentativ so zu<br />

verwerten, dass die Entwicklung, wie er zu seiner<br />

Meinung gekommen ist, einleuchtet [19].<br />

Der Befund, so fordern auch Günther und Heifer,<br />

muss umfassend, detailliert und gegebenenfalls<br />

wiederholt erhoben werden. Die Nie-<br />

ZWR ̶ Das Deutsche Zahnärzteblatt 2008; 117 (10)<br />

Fortbildung ̶ Allgemeine Zahnheilkunde<br />

derschrift des Befunds hat ausführlich zu sein<br />

[14]. Bei <strong>zahnärztliche</strong>n Gutachten fordert<br />

Oehler einen intraoralen Befund, der mit einem<br />

Untersuchungsformular mit Zahnschema<br />

erhoben werden sollte [27]. Ein extraoraler Befund<br />

und auch ein über den Kiefer- und Gesichtsbereich<br />

hinausreichender Befund sollte<br />

ebenfalls erhoben werden, falls dieser für die<br />

Fragestellung relev<strong>an</strong>t ist. Die Datums<strong>an</strong>gabe<br />

der gutachterlichen Untersuchung sollte im<br />

Gutachten nicht fehlen [27]. Falls notwendig<br />

wird die Untersuchung ergänzt durch Röntgenaufnahmen<br />

und Situationsabformungen<br />

für Modelle. Extra- und intraorale Fotodokumentationen<br />

können die gutachterliche Untersuchung<br />

ergänzen. Da Entscheidungskriterien<br />

und Befundbeurteilungen zwischen Zahnärzten<br />

nicht endgültig st<strong>an</strong>dardisiert werden können,<br />

ist eine st<strong>an</strong>dardisierte Kontrolle einer<br />

<strong>zahnärztliche</strong>n Beh<strong>an</strong>dlung durch festgelegte<br />

Parameter allein nicht möglich [36]. Somit<br />

k<strong>an</strong>n beispielsweise die von Münsterm<strong>an</strong>n<br />

[26] entworfene Checkliste zur Nachbegutachtung<br />

bei prothetischen Leistungen lediglich als<br />

Gedächtnisstütze bei der gutachterlichen Untersuchung<br />

fungieren. Wichtigster Kontrollparameter<br />

für die <strong>zahnärztliche</strong> Therapie scheint<br />

der Patient zu sein. Daher muss bei der Beurteilung<br />

der Patient mit seinen Vorstellungen<br />

und Wünschen seiner Beh<strong>an</strong>dlung beteiligt<br />

und in die Entscheidung integriert werden.<br />

Ohne das persönliche Patienteninterview ist<br />

eine sachliche Überprüfung <strong>zahnärztliche</strong>r Beh<strong>an</strong>dlung<br />

nicht möglich [36].<br />

Beurteilung<br />

Durch das Gutachten muss der Sachverständige<br />

sowohl dem Zahnarzt als auch dem Juristen<br />

eine verständliche Darlegung der wertenden<br />

Kriterien vermitteln [6]. Als konkrete Stellungnahme<br />

müssen sich die im Gutachten erarbeiteten<br />

Voraussetzungen verteidigen lassen.<br />

Das Gutachten und insbesondere die Beurteilung<br />

im Gutachten stellt eine verbindliche<br />

Äußerung dar, die nur sehr schwer rückgängig<br />

gemacht werden k<strong>an</strong>n [17]. Der medizinische<br />

Gutachter ist dabei <strong>an</strong> den Beweisbeschluss<br />

gebunden [2, 23]. Die gutachterliche Beurteilung<br />

k<strong>an</strong>n daher nur so gut sein wie die gestellten<br />

Beweisfragen. Deshalb sollte vor Annahme<br />

des Gutachtens geprüft werden, ob die<br />

Fragen verständlich, vollständig, eindeutig<br />

und <strong>an</strong>gemessen sind [4, 25]. Im Falle, dass die<br />

Fragen des Beweisbeschlusses Lücken, Ungereimtheiten<br />

oder Unverständliches enthalten,<br />

ist laut Zivilprozessordnung § 407a Abs. 3 Satz<br />

1 der Sachverständige verpflichtet, auf diese<br />

Mängel im Beweisthema aufmerksam zu machen<br />

und auf eine Ergänzung bzw. Richtigstellung<br />

desselben zu drängen [34]. Bezüglich des<br />

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