Soziale Arbeit mit psychisch Erkrankten - DBSH LV Niedersachsen
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<strong>Soziale</strong> <strong>Arbeit</strong> <strong>mit</strong> <strong>psychisch</strong> <strong>Erkrankten</strong><br />
„Von der Raupe zum Schmetterling“<br />
KOKON - ein Wohnangebot für Menschen <strong>mit</strong> <strong>psychisch</strong>er Erkrankung<br />
und ihre Kinder ● Brigitte Kreiner<br />
© Jean-Claude Drillon - Fotolia.com<br />
Ausgangspunkt von KOKON war, die Versorgungslücke für<br />
<strong>psychisch</strong> kranke Erwachsene zu schließen, die <strong>mit</strong> ihren Kindern<br />
trotz ihrer Erkrankung zusammen leben möchten. Diese Lücke<br />
sollte durch das Kooperationsprojekt KOKON der Bremer<br />
Werkgemeinschaft (BWG) und der Caritas-Erziehungshilfe gGmbH<br />
geschlossen werden. Unter einem Dach finden sowohl das<br />
Betreute Wohnen für <strong>psychisch</strong> erkrankte Elternteile als auch die<br />
Sozialpädagogische Familienhilfe statt.<br />
Der Name KOKON weist einerseits auf den geschützten Rahmen<br />
zur Entwicklung und Entfaltung hin, andererseits markiert er einen<br />
lebendigen dynamischen Veränderungsprozess, dessen Ziel die<br />
Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der BewohnerInnen ist. Der<br />
Wohngemeinschaftscharakter spielt in dem Projekt eine wichtige<br />
Rolle. Die BewohnerInnen können von ihren jeweiligen<br />
Erfahrungen (Erziehung der Kinder, Umgang <strong>mit</strong> Krisen etc.)<br />
lernen, nach Wunsch zusammen den Alltag teilen (Haushalt,<br />
Kinderbetreuung) und sich auf diese Weise gegenseitig<br />
unterstützen.<br />
Ziel des Wohnprojektes KOKON ist es, den BewohnerInnen Halt<br />
und Struktur in <strong>psychisch</strong>en Krisen zu bieten, den Kindern<br />
Entwicklungschancen zu sichern, mögliche Beziehungsabbrüche<br />
zu vermeiden und beim Aufbau einer tragfähigen Beziehung<br />
zwischen Eltern und Kindern zu helfen. Langfristig zielt das<br />
Hilfsangebot darauf hin, die Mütter und Väter zu unterstützen,<br />
außerhalb stationärer Einrichtungen zusammen <strong>mit</strong> ihren Kindern<br />
leben zu können.<br />
Für KOKON gibt es zwei Zugangswege: zum Einen können<br />
betroffene Eltern sich an das Jugendamt wenden, wo der Bedarf<br />
für Sozialpädagogische Familienhilfe nach § 31 SGB VIII und in<br />
diesem Rahmen ein zusätzlicher Bedarf nach intensiverer<br />
Betreuung festgestellt wird.<br />
Das „Wohnangebot für Menschen <strong>mit</strong> <strong>psychisch</strong>er<br />
Erkrankung und ihre Kinder – KOKON“<br />
hat im Frühjahr 2007 zum ersten Mal seine<br />
Türen geöffnet für eine <strong>psychisch</strong> kranke Mutter<br />
und ihren zweijährigen Sohn. Sie war infolge<br />
einer drogeninduzierten psychotischen<br />
Episode über einen längeren Zeitraum nicht<br />
mehr in der Lage, ihren Sohn adäquat zu versorgen.<br />
Um eine Fremdplatzierung des Kindes<br />
zu verhindern, nahm die Mutter das gemeinsame<br />
Wohnangebot sehr gerne an. Ihre<br />
Krise dauerte ca. ein halbes Jahr, dann konnte<br />
sie – deutlich stabilisiert – in ihre alte<br />
Wohnform zurückziehen.<br />
Die zuständige CasemanagerIn setzt sich dann <strong>mit</strong> dem KOKON-<br />
Koordinationsteam in Verbindung und veranlasst die weiteren<br />
Schritte.<br />
Zum Zweiten kann eine Mutter/ein Vater über den sozialpsychiatrischen<br />
Dienst, die behandelnde Nervenärztin, das Fachpersonal<br />
der behandelnden Klinik u. a. auf das Wohnprojekt KOKON als<br />
mögliche Betreuungsform hingewiesen werden und einen Antrag<br />
auf diese Form des betreuten Wohnens bei der Bremer Werkgemeinschaft<br />
stellen. Nach dem Erstellen einer Diagnose kann im<br />
Rahmen von SGB XII § 53 Abs. 4 ff sowie SGB II ein Antrag auf<br />
die Betreuung durch KOKON gestellt werden.<br />
Zu den Bedingungen für die Aufnahme in das KOKON-Projekt<br />
gehört neben der Diagnose einer <strong>psychisch</strong>en Erkrankung und<br />
des festgestellten Bedarfs an Familienhilfe ebenfalls die Kündigung<br />
der bisherigen Wohnung. Die Mietkosten für das Appartement<br />
im KOKON werden bei Hartz-IV-Bezug (<strong>Arbeit</strong>slosengeld,<br />
Sozialhilfe und Grundsicherung) von der BAgIS bzw. dem Sozialamt<br />
übernommen.<br />
Bei der Zielgruppe für die KOKON - Nutzung handelte es sich<br />
bislang überwiegend um<br />
� junge (werdende) <strong>psychisch</strong> kranke Mütter, die bei den<br />
Eltern, beim Freund oder in eher prekären<br />
Wohnverhältnissen lebten und direkt nach einem stationären<br />
Aufenthalt in der Psychiatrie noch während ihrer<br />
Schwangerschaft oder direkt nach der Entbindung ihres<br />
Kindes in das Wohnprojekt KOKON überwechselten oder um<br />
� Familien, bei denen das Kind bzw. die Kinder infolge einer<br />
akuten <strong>psychisch</strong>en Krise der Mutter oder des Vaters kurz<br />
oder selten auch längerfristig fremdplatziert wurde/n und die<br />
Einrichtung KOKON als Klärungsmöglichkeit für eine<br />
Rückführung genutzt werden konnte.<br />
<strong>DBSH</strong>-Landesrundbrief <strong>Niedersachsen</strong>/Hamburg/Bremen/Schleswig-Holstein 01/10 Seite 3