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Israel, Palästina und die deutsche Linke - Buko

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Reader zum BUKO-Ratschlag: <strong>Israel</strong>, <strong>Palästina</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>deutsche</strong> <strong>Linke</strong> 5<br />

tion zurückgefallen <strong>und</strong> besinne sich auf das alte Programm der Infragestellung des Staats <strong>Israel</strong> sogar in seinen Grenzen<br />

vom 4. Juni 1967. Diese Behauptungen, soweit sie sich auf Camp David bezogen, wurden in der Folge weitgehend<br />

widerlegt; es wurde gezeigt, dass <strong>die</strong> israelische Führung durch <strong>die</strong> Art ihres Angebots, durch ihr Vorgehen in<br />

Camp David, vor allem aber durch <strong>die</strong> Substanz ihrer bisherigen Politik gegenüber den Palästinensern weitgehend für<br />

das Scheitern der Verhandlungen verantwortlich war. Ehud Barak, der bis dahin nicht nur <strong>die</strong> Politik der Stärkung der<br />

Siedler <strong>und</strong> ihrer Position auf Kosten der Palästinenser unvermindert fortgeführt, sondern sie in mancher Hinsicht<br />

sogar noch intensiviert hatte, erschien wenig glaubwürdig, wenn er nun <strong>die</strong> Räumung von mehr als 90% der Westbank<br />

anbot.<br />

Im Licht seiner bisherigen Praxis in den besetzten Gebieten kann man also <strong>Israel</strong> ohne weiteres als Hauptverantwortlichen<br />

für das Scheitern der Verhandlungen von Camp David bezeichnen. Aber wenn man einmal <strong>die</strong> "große Situation"<br />

einschließlich der israelischen Überlegenheit <strong>und</strong> der wenig konzilianten israelischen Politik als gegeben ansieht, wie<br />

man es realistischerweise wohl muss, bleibt doch auch für <strong>die</strong> Palästinenser <strong>die</strong> Frage nach dem Ausweg aus der Situation.<br />

Und da genügt es nicht, wenn <strong>die</strong> palästinensische Führung <strong>die</strong> Vorschläge der anderen Seite einfach ablehnt, so<br />

unzureichend sie auch sind. Vielmehr sollte sie selbst eine Strategie für Verhandlungen entwickeln bzw. in der Lage<br />

sein, <strong>die</strong> eigenen Zielvorstellungen, <strong>die</strong> ja ganz legitim <strong>und</strong> keineswegs unbescheiden sind, in Verhandlungen zur<br />

Geltung zu bringen. An den israelischen Behauptungen ist ja so viel richtig, dass noch keine israelische Regierung<br />

bereit gewesen war, den Palästinensern so viel zu konze<strong>die</strong>ren bzw. mit ihnen über so vieles ernsthaft zu verhandeln<br />

wie Barak in Camp David. Hier hätte eine verantwortliche Führung - bei Ablehnung der barsch an sie gestellten Forderungen<br />

- klar machen können, dass sie bereit war, über <strong>die</strong> inhaltlichen Positionen weiter zu verhandeln, wie es ja<br />

dann später auch geschah. Es scheint allerdings, dass Arafat auf <strong>die</strong> in Camp David aufgebrachten Fragen über <strong>die</strong><br />

rein territoriale hinaus kaum vorbereitet war.<br />

Die Al-Aqsa-Intifada<br />

Wie ist nun <strong>die</strong> Ende September 2000 ausgebrochene neue Intifada, <strong>die</strong> wegen ihres Anlasses, aber auch wegen der in<br />

ihr zutage tretenden religiösen Aspekte, Al-Aqsa-Intifada genannt wurde, zu bewerten? Stimmt es, daß sie nach dem<br />

Scheitern von Camp David durch Arafat losgetreten wurde, um auf <strong>die</strong>se Weise zur Erreichung der palästinensischen<br />

Ziele beizutragen oder gar <strong>Israel</strong> ganz in Frage zu stellen? Zunächst: Die israelische Politik tat so viel für ihren Ausbruch,<br />

dass es einer Ermunterung von anderer Seite wohl kaum bedurfte. Bereits im Frühjahr 2000 zeigten sich angesichts<br />

des in praktischen Fragen harten Kurses der Regierung Barak Frustration <strong>und</strong> Hoffnungslosigkeit der Palästinenser,<br />

<strong>die</strong> sich dann nach dem Scheitern von Camp David <strong>und</strong> einem provokativen Besuch Scharons auf dem Tempelberg<br />

am 28. September 2000 in der Intifada Bahn brachen. Besondere Ermunterung der palästinensischen Führung scheint<br />

es nicht gegeben zu haben - allerdings taten Arafat <strong>und</strong> seine bewaffneten Kräfte wohl auch wenig, <strong>die</strong> Intifada-<br />

Aktivisten zurückzuhalten. Angesichts der harten israelischen Unterdrückungsversuche, <strong>die</strong> mit immer neuen Opfern<br />

den Zorn anfachten, reichte das wohl, <strong>die</strong> Dinge am Laufen zu halten. Eine politische Führung oder auch nur Orientierung<br />

durch <strong>die</strong> palästinensische Führung gab es offenbar nicht, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Beteiligung an der Intifada blieb auf viel<br />

geringere Teile der Bevölkerung beschränkt als im Fall der ersten Intifada. In den ersten Wochen handelte es sich um<br />

Angriffe weitgehend unbewaffneter Palästinenser mit Steinen <strong>und</strong> gelegentlich mit Molotowcocktails auf israelische<br />

Soldaten an kritischen Punkten, wo israelisches an palästinensisch kontrolliertes Territorium stieß. Erst nachdem ungefähr<br />

400 Palästinenser der israelischen Unterdrückung zum Opfer gefallen waren, d.h. seit November 2000, setzten<br />

auch sie selbst Feuerwaffen in größerem Umfang ein. Im Lauf der Zeit kam es auch zu immer mehr Selbstmordattentaten,<br />

zunächst ausschließlich von Islamisten (Hamas <strong>und</strong> Dschihad).<br />

Anfang 2001 kam es auf Clintons Initiative <strong>und</strong> Drängen noch einmal zu intensiven israelisch-palästinensischen Kontakten<br />

<strong>und</strong> Verhandlungen in Taba, <strong>die</strong> in der Sache erstaunlich große Annäherung brachten, aber angesichts der<br />

unmittelbar bevorstehenden israelischen Wahlen von Barak abgebrochen wurden. Mit dem Regierungsantritt Scharons<br />

scheint wieder vollkommene politische Ausweglosigkeit im Hinblick auf eine Regelung vorzuherrschen - bei gleichzeitiger<br />

Schaffung von Tatsachen "on the gro<strong>und</strong>" im Sinne von Scharons Konzeption.<br />

Perspektiven<br />

Welche Perspektiven lassen sich nun aufmachen? Ich nenne noch einmal <strong>die</strong> wichtigsten Forderungen der Palästinenser:<br />

Rückzug <strong>Israel</strong>s aus den besetzten Gebieten, Auflösung der meisten Siedlungen, Schaffung eines palästinensischen<br />

Staats, dessen Grenzen sich an der "Grünen Linie" orientieren sollen - mit der Möglichkeit von Grenzkorrekturen, <strong>die</strong><br />

es gestatten, einen großen Teil der Siedler nach <strong>Israel</strong> "einzugemeinden", ohne dass sie darum umziehen müssten.<br />

Teilung der Souveränität über Jerusalem je nach der ethnischen Zugehörigkeit der Bewohner, palästinensische Souveränität<br />

über <strong>die</strong> Altstadt ausschließlich des jüdischen Viertels <strong>und</strong> der Klagemauer. In der Flüchtlingsfrage <strong>die</strong> israelische<br />

Bereitschaft, Verantwortung für <strong>die</strong> Entstehung <strong>und</strong> <strong>die</strong> Lösung des Flüchtlingsproblems zu übernehmen, <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> palästinensische Bereitschaft, über <strong>die</strong> physische Rückführung der Flüchtlinge nach <strong>Israel</strong> mit sich reden zu lassen.<br />

Diese Forderungen erscheinen nicht unvernünftig oder unbillig, aber es ist kurz- oder mittelfristig keine israelische<br />

Regierung in Sicht, der man ihre Erfüllung zutraut, <strong>und</strong> auch <strong>die</strong> palästinensische Führung scheint im Hinblick auf<br />

ihre Realisierung nicht auf der Höhe ihrer Aufgaben zu sein. Besonders rosige Perspektiven sind das nicht, aber etwas<br />

anderes kann ich ehrlicherweise nicht sagen.

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