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HINTeR SCHWeRINeR FaSSaDeN (51)<br />
Wer kennt das nicht: Da steht ein<br />
schönes Haus in <strong>der</strong> Straße, hun<strong>der</strong>tmal<br />
und mehr ist man schon<br />
vorbeigegangen. Aber was verbirgt<br />
sich hinter <strong>der</strong> Fassade?<br />
Welche Geschichten stecken hinter<br />
den Mauern, wer geht hier ein<br />
und aus? Denn schließlich sind<br />
Geschichten von Häusern immer<br />
auch Geschichten von Menschen.<br />
In dieser Serie wollen wir<br />
gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden<br />
blicken. Heute in <strong>der</strong><br />
Puschkinstraße, wo die „Ersparnis-Anstalt“<br />
den <strong>Schwerin</strong>ern seit<br />
dem 19. Jahrhun<strong>der</strong>t bei Geldangelegenheiten<br />
zur Seite steht.<br />
Von Sockeln an <strong>der</strong> Fassade schauen<br />
sie auf die Vorübergehenden: die<br />
Wohltätigkeit, die Arbeitsamkeit<br />
und die Sparsamkeit – Tugenden,<br />
die <strong>der</strong> Bürger mit diesem Haus verbinden<br />
sollte. Daneben die lebensgroßen<br />
Figuren von Bauer und<br />
Handwerker, die zeigen, um wen es<br />
hinter diesen Wänden geht: um den<br />
„kleinen Mann“, <strong>der</strong> sein Geld klug<br />
verwalten und mehren sollte. Das<br />
Gebäude in <strong>der</strong> Puschkinstraße 2-4<br />
ist in <strong>Schwerin</strong> das Gründungshaus<br />
<strong>der</strong> Sparkasse. Hier, in <strong>der</strong> „Ersparnis-Anstalt“,<br />
sollten auch „min<strong>der</strong><br />
Begüterte Gelegenheit erhalten, ihre<br />
geringen Ersparnisse vorteilhaft zu<br />
nutzen“. So formulierte es Justizrat<br />
Ernst Johann Wilhelm von Schack,<br />
<strong>der</strong> in Mecklenburg-<strong>Schwerin</strong> <strong>der</strong><br />
Sparkassenidee auf die Füße half.<br />
1821 unterzeichnete Großherzog<br />
Friedrich Franz I. die<br />
erste Satzung <strong>der</strong> „Ersparnis-Anstalt“<br />
zu<br />
<strong>Schwerin</strong>, <strong>der</strong>en<br />
GründungskapitalRegierungsbeamte<br />
und<br />
namhafte Bürger<br />
zur Verfügung<br />
gestellt<br />
hatten.<br />
Zuerst war<br />
das Kassenlokal<br />
im Hofmarschallamtsg<br />
e b ä u d e<br />
unterge-<br />
ersparnis-anstaLt<br />
eRzäHlT geSCHICHTe<br />
Sparkassengebäude in <strong>der</strong> Puschkinstraße ist das<br />
<strong>Schwerin</strong>er Stammhaus des Kreditinstituts<br />
bracht, das sich in <strong>der</strong> heutigen<br />
Schlossstraße befand. Doch diese<br />
Räume wurden schnell zu klein. Außerdem<br />
musste zum Schutz von<br />
Geld und Wertpapieren eine ständige<br />
Nachtwache eingerichtet werden.<br />
Nächste Adresse war ab 1835<br />
das Rathaus, bevor 1857 endlich ein<br />
eigenes Gebäude bezugsfertig war.<br />
Dieses entstand in Nachbarschaft<br />
<strong>der</strong> Schelfkirche an <strong>der</strong> Ecke Lindenstraße/Königsstraße<br />
(heute<br />
Puschkinstraße), wo die Ersparnis-<br />
Anstalt mehrere baufällige Häuser<br />
kaufte und die Grundstücke neu<br />
überplanen ließ. Beauftragt wurde<br />
Theodor Krüger, <strong>der</strong> sich in <strong>Schwerin</strong><br />
später auch <strong>als</strong> Architekt <strong>der</strong><br />
Paulskirche einen Namen machte.<br />
Er entwarf ein repräsentatives Bauwerk<br />
mit reich geschmückter Fassade,<br />
das aber gleichzeitig auch nach<br />
den mo<strong>der</strong>nsten Sicherheitsstandards<br />
<strong>der</strong> Zeit ausgestattet war. So<br />
erhielt zum Beispiel die Schatzkammer<br />
zusätzlich verstärkte Wände<br />
und eine gewölbte Deckenkonstruktion.<br />
Repräsentativ und mo<strong>der</strong>n<br />
ging es auch in den folgenden Jahrzehnten<br />
weiter: Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
wurden in dem Gebäude<br />
eine Zentralheizung für die Geschäftsräume<br />
und ein Haustelegraph<br />
installiert. Getäfelte Wände im Direktorenzimmer,<br />
ein Buntglas-Fenster<br />
im Treppenhaus und weitere Details<br />
kamen ebenfalls hinzu.<br />
Heute beherbergt das Haus in <strong>der</strong><br />
Puschkin-Straße eine von acht<br />
Sparkassen-Geschäftsstellen in<br />
<strong>Schwerin</strong>. Wenn Geschäftsstellenleiterin<br />
Angelika Barczewski durch<br />
die historische Kassenhalle geht,<br />
freut sie sich, dass so viel von <strong>der</strong><br />
einstigen Pracht erhalten geblieben<br />
o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> zum Vorschein gekommen<br />
ist. „In Zeiten <strong>der</strong> DDR war<br />
dieses Gebäude innen total verbaut“,<br />
erzählt sie. Verschiedene Sanierungsmaßnahmen<br />
brachten<br />
nach 1990 innen und außen den<br />
alten Glanz zurück. Und so kommt<br />
es heute häufiger vor, dass plötzlich<br />
Touristen in <strong>der</strong> Kassenhalle stehen,<br />
die keine Beratung wünschen,<br />
seite 28<br />
Dezember 2012<br />
AusgAbe 51<br />
son<strong>der</strong>n nur mal gucken wollen.<br />
„Viele werden durch die Figuren an<br />
<strong>der</strong> Fassade auf das Gebäude aufmerksam“,<br />
weiß Angelika Barczewski.<br />
Der Bildhauer Carl Georg Ludwig<br />
Wiese, <strong>der</strong> auch an <strong>der</strong><br />
Ausschmückung des <strong>Schwerin</strong>er<br />
Schlosses beteiligt war, schuf sechs<br />
<strong>der</strong> Statuen aus Zementguss. Die<br />
siebente auf dem Pfeiler neben dem<br />
Eingang Puschkinstraße kam 1901<br />
dazu. Sie stammt aus <strong>der</strong> Werkstatt<br />
von Hugo Berwald, von dessen<br />
Werken in <strong>Schwerin</strong> unter an<strong>der</strong>em<br />
das Denkmal für Großherzogin<br />
Alexandrine im Grünhausgarten<br />
und den Brunnen „Rettung aus<br />
Seenot“ vor dem Bahnhof erhalten<br />
sind. Weitere Figurengruppen befinden<br />
sich im Vestibül hinter dem<br />
einstigen Haupteingang in <strong>der</strong> Lindenstraße.<br />
Auch diese drei Reliefs<br />
halten für Eintretende moralische<br />
Ertüchtigungen wie den Sinnspruch<br />
„Spare in <strong>der</strong> Zeit, so hast<br />
du in <strong>der</strong> Not“ bereit.<br />
Und wenn auch die Menge <strong>der</strong> Details<br />
die Entscheidung fürs schönste<br />
unmöglich macht: Ganz beson<strong>der</strong>s<br />
mag Geschäftsstellenleiterin Angelika<br />
Barczewski die alte Standuhr in<br />
<strong>der</strong> Kassenhalle. Ihr Schlagen begleitet<br />
wie <strong>der</strong> Klang <strong>der</strong> Glocken<br />
<strong>der</strong> benachbarten Schelfkirche seit<br />
Jahren Kunden und Mitarbeiter<br />
von Ersparnis-Anstalt und Sparkasse<br />
durch den Tag.