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Scheunenumbau - zeka Architektur

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Baubiologische <strong>Architektur</strong><br />

<strong>Scheunenumbau</strong><br />

Ökologisch, baubiologisch und gesund<br />

Vor allem im ländlichen Raum besteht ein großer Leerstand von ungenutzten Ökonomiegebäuden. Die Wohnhäuser<br />

werden meist noch entsprechend der Möglichkeiten saniert und instand gehalten, wohingegen die<br />

Scheunen-, Stall- und Schuppengebäude zunehmend verfallen. Dabei muss es nicht besonders aufwändig<br />

sein, den brachliegenden Gebäuden mit einem modernen Umnutzungskonzept neues Leben einzuhauchen.<br />

Die Scheune stand mehrere Jahrzehnte leer, bevor sie zu Büroräumen ausgebaut<br />

wurde. Das vorher verdeckt liegende Fachwerk wurde beim Umbau freigelegt<br />

Der Ausbau alter Gebäude bietet räumliche Möglichkeiten, die im Neubau nur zu<br />

unverhältnismäßig höheren Kosten realisierbar wären<br />

34<br />

Bei der fachgerechten Sanierung<br />

leer stehender Altbauten ist die Vermeidung<br />

synthetischer Baumaterialien<br />

von großer Wichtigkeit, um<br />

vorzeitige Bauschadensbildung zu<br />

verhindern. Die Verwendung natürlicher<br />

Baustoffe sorgt dabei nicht<br />

nur für die Herstellung einer diffusionsdurchlässigen<br />

Gebäudehülle und<br />

den damit verbundenen Schutz der<br />

alten Holzbauteile vor Durchfeuchtung<br />

und Schimmel-, Pilz- oder<br />

Schädlingsbefall, sondern auch für<br />

ein baubiologisch gesundes und ausgewogenes<br />

Raumklima ohne Schadstoffe.<br />

Umbau einer Fachwerkscheune<br />

zu Büroräumen<br />

In Lottstetten-Balm, einem Weiler<br />

im Südwesten Deutschlands, direkt<br />

an der schweizer Grenze, die vom<br />

tief eingeschnittenen Hochrheingraben<br />

markiert wird, ist in den<br />

letzten Jahren solch ein ökologischbaubiologischer<br />

<strong>Scheunenumbau</strong><br />

ausgeführt worden. Das angebaute<br />

Wohnhaus war bereits saniert, als<br />

der Architekt und Baubiologe mit<br />

seiner Familie beschloss, in der seit<br />

mehr als 30 Jahren leer stehenden<br />

Fachwerkscheune seine Büroräume<br />

unterzubringen. Dabei wurde das<br />

verdeckte Fachwerk von außen freigelegt<br />

und das Gebäude mit seinen<br />

bestehenden verschiedenen Niveaus<br />

im Grundsatz beibehalten und dennoch<br />

eine moderne Nutzung mit<br />

optimierter Wärmedämmung und<br />

zeitgemäßer Innenraumgestaltung<br />

realisiert.<br />

Wohnung + Gesundheit 3/08 - Nr. 126


Innenraum der Scheune – vorher<br />

Das Innenfachwerk wurde mit naturbelassenem Lehmputz<br />

versehen und mit Kaseingrund gegen Absanden geschützt<br />

Maßnahmen<br />

für giftfreie Innenräume<br />

Der festgestellte Holzschädlingsbefall<br />

wurde mit einer Heißluftbehandlung<br />

dauerhaft behoben. Dabei<br />

wurde die gesamte Gebäudekubatur<br />

zuerst ausgeräumt (altes Stroh,<br />

Inventar und verschiedenes landwirtschaftliches<br />

Gerät) und dann<br />

während drei Tagen bis auf eine<br />

Innentemperatur von ca. 80 °C<br />

aufgeheizt, bis im Mittelpunkt verschiedener<br />

Holzbalkenquerschnitte<br />

eine konstante Temperatur von 55<br />

°C gehalten werden konnte. Dadurch<br />

wurden komplett giftstofffrei alle<br />

im Gebäude vorhandenen Eiweiße<br />

(Holzschädlinge und Eier) zerstört.<br />

Die baulichen Maßnahmen wurden<br />

anschließend so durchgeführt,<br />

dass alle Hölzer gut belüftet und<br />

dauerhaft trocken liegen. Dank des<br />

konstruktiven Holzschutzes konnte<br />

auf eine Holzschutzbehandlung mit<br />

Holzschutzmitteln komplett verzichtet<br />

werden.<br />

Die vorhandenen Materialien<br />

wurden wieder verwendet<br />

Das Dach wurde abgedeckt, die<br />

vorhanden Dachsparren und Pfetten<br />

wurden für die statischen Erfordernisse<br />

verstärkt. Als Unterdachebene<br />

Wohnung + Gesundheit 3/08 - Nr. 126<br />

wurden naturharzgebundene Holzfaserplatten<br />

verwendet und anschließend<br />

wurde eine mit 5 cm hinterlüftete<br />

Falz-Biberschwanz-Dachdeckung<br />

ausgeführt. Die Sparrenzwischenräume<br />

wurden komplett mit Holzfaserdämmung,<br />

die einen verbesserten<br />

Schall- und sommerlichen Wärmeschutz<br />

gewährleistet, gedämmt.<br />

Die Fachwerkwände erhielten eine<br />

reduzierte zweischichtige Holzfaser-<br />

Die Scheunenhalle wurde in Größe<br />

und Raumhöhe beibehalten – die verschiedenen<br />

Ebenen blieben im umgebauten<br />

Zustand erkennbar<br />

Baubiologiscshe <strong>Architektur</strong><br />

... baubiologisch ausgebaut – nachher<br />

Alle Ausbaumaterialien sind naturbelassen und mit<br />

diffusionsoffenen Oberflächen ausgeführt worden<br />

Innendämmung, um eine ungünstige<br />

Verschiebung des Tau- (und<br />

Gefrier-)punktes in den Innenraum<br />

zu verhindern. Der Diffusionseintrag<br />

in die Außenwände und bei<br />

der Dachkonstruktion wurde durch<br />

eine Dampfbremse mit optimiertem<br />

sd-Wert gesteuert. Verwendet wurde<br />

hierfür ein gewebeverstärktes<br />

Wachspapier. Trotz der reduzierten<br />

Fachwerk-Innendämmung wurden<br />

die Vorgaben der Energieeinsparverordnung<br />

EnEV übertroffen.<br />

Bei der Materialwahl im Innenraum<br />

wurden vorhandene Baustoffe ergänzt.<br />

Auf den Einsatz synthetischer<br />

Baustoffe wurde verzichtet. So<br />

wurden die Kalkgefache der inneren<br />

Fachwerkwand mit Lehmputz<br />

neu verputzt und mit einem Kaseingrund<br />

gegen Absanden geschützt.<br />

Die Wandbekleidungen wurden aus<br />

Gipsfaserplatten, die anschließend<br />

abgeglättet wurden, ausgeführt. Die<br />

Bodenaufbauten wurden mit Holzfaser-Trittschalldämmungen<br />

und Anhydrid-Estrichauflagen<br />

zur Wärmespeicherung<br />

erstellt. Für die Böden<br />

in den Büroräumen wurde geöltes<br />

Massivholz-Buchen-Stabparkett<br />

gewählt, im Hallenbereich (frühere<br />

Heueinfahrt) wurden passend zur<br />

bestehenden Sichtbacksteinwand<br />

neue Terracottaplatten verlegt.<br />

Alle Innenwände wurden mit Kase-<br />

35


Trotz zeitgemäßem Ausbau mit modernem Ausstattungs- und Dämmkomfort bleibt<br />

der einmalige Charakter des alten Gebäudes erhalten<br />

infarben gestrichen, die Holzbauteile<br />

mit farblosen Hartöl-Holzlasuren<br />

behandelt. Die Fachwerkbalken an<br />

der Fassade erhielten einen Schutzanstrich<br />

aus naturharzgebundenem<br />

Wetterschutzlack. Die mineralisch<br />

verputzten Gefache wurden mit<br />

Silikatfarbe gestrichen. So ist der<br />

Feuchteaustausch der Wandkonstruktion<br />

weiterhin sichergestellt.<br />

Gesundes Ergebnis<br />

zum gesunden Preis<br />

Das Ergebnis der konsequenten Verwendung<br />

ausschließlich natürlicher<br />

und schadstofffreier Baumaterialien<br />

führte zu einem sehr angenehmen<br />

Raumklima, das durch die guten<br />

Dämmwerte im Winter nur einen<br />

sehr geringen Energiebedarf hat<br />

und gleichzeitig durch die schwere<br />

Holzfaserdämmung gegen Überhitzung<br />

im Sommer gut geschützt ist.<br />

Die Wahl von feuchte- und wärmespeichernden<br />

Konstruktionen, wie<br />

z.B. die lehmverputzte Innenfachwerkwand,<br />

Anhydrid-Estrichböden<br />

und Terracottaplatten, macht sich als<br />

ausgleichend bemerkbar.<br />

Trotz umfangreicher Grundsicherungen<br />

mit Wandunterfangungen,<br />

36<br />

Instandsetzung der alten Statik und<br />

Anpassung der bestehenden Deckenlagen<br />

betrug die reine Umbauzeit<br />

nur ein Jahr. Zur gestaffelten Finanzierung<br />

und zur Erbringung von Eigenleistungen<br />

wurde die Bauzeit in<br />

zwei Etappen unterteilt. Im zweiten<br />

Halbjahr 2003 wurde der Rohbau<br />

komplett durchgeführt und im zweiten<br />

Halbjahr 2005 der gesamte Innenausbau.<br />

Die Abschlussrechnung ergab, dass<br />

baubiologisch-gesundes Bauen nicht<br />

teurer als konventionelles Bauen<br />

sein muss. So kostete der komplette<br />

Umbau der Scheune mit 150 qm<br />

nutzbarer Fläche lediglich ca. 300<br />

EUR/m 3 umbauter Raum. Für Neubauten<br />

wird dagegen bereits mit bis<br />

zu 500 EUR/m 3 gerechnet.<br />

Altbau als Chance<br />

Dies ist auch ein deutlicher Hinweis<br />

darauf, dass sich der Umbau<br />

alter und leerstehender Bausubstanz<br />

durchaus auch finanziell rechnen<br />

kann. Wichtige Grundvoraussetzungen<br />

hierfür sind ein schlüssiges<br />

und tragfähiges Umnutzungskonzept,<br />

das die Besonderheiten des Bestandes<br />

berücksichtigt und aktiv in<br />

die Umplanung einbezieht. Weitere<br />

wichtige Bedingungen für einen dauerhaft<br />

werterhaltenden Umbau sind<br />

die konsequente Vermeidung von<br />

Bauschadensstoffen und die Weiterführung<br />

bestehender Konstruktionen<br />

mit ihren diffusionsoffenen Qualitäten.<br />

So können sich Baubiologie,<br />

Ökologie und Ökonomie im Sinne<br />

einer nachhaltigen Gebäudenutzung<br />

optimal ergänzen.<br />

Christian Kaiser<br />

Christian Kaiser<br />

Dipl.-Ing. Arch. SIA<br />

Baubiologe IBR<br />

79807 Lottstetten<br />

Tel. 07745-928717<br />

ck@<strong>zeka</strong>design.de<br />

www.<strong>zeka</strong>design.de<br />

Baubiologie und Ökologie<br />

sind für Planende und Bauhandwerker<br />

heutzutage unverzichtbare<br />

Mittel zur Schaffung<br />

nachhaltiger, qualitativ hochwertiger<br />

Bauten.<br />

Freier Architekt mit Schwerpunkten<br />

“Nachhaltige Gebäudeplanung”<br />

und „Ökologische<br />

Altbausanierung“, Lehrbeauftragter<br />

an der HTWG Konstanz,<br />

redaktioneller Leiter der<br />

Fachzeitschrift „baubiologie“,<br />

hrsg. von der Schweizerischen<br />

Interessengemeinschaft Baubiologie/<br />

Bauökologie SIB.<br />

Wohnung + Gesundheit 3/08 - Nr. 126

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