80 quadrat 01 / 2012 � angehört Zeit ist kostbar. Laith Al-Deen steckt mitten in den letzten Vorbereitungen für die diesjährige Jose-Carreras-Gala, die am selben Abend in der ARD zugunsten an Leukämie erkrankter Menschen um Spenden bitten wird − doch von Hektik keine Spur, Probe und Termindichte gehören zum Arbeitsalltag. Umso mehr ist Laith Al-Deen an vernünftiger Konversation diesseits üblicher PR-Job-Notwendigkeiten interessiert. Dabei entpuppt er sich als nachdenklicher Gesprächspartner mit Einfühlungsvermögen, seine oft gepriesene sanfte Stimme, die sicherlich einen nicht unbeträchtlichen Anteil an seinem Erfolg hat, umfl ießt seine sicher gewählten Worte wie warmes Wasser. Kein Wunder, dass manch weiblich’ Herz dahin schmilzt, wenn er singt. Mit dem inzwischen zum Klassiker deutschen Neo- R’n’Bs avancierten „Bilder von Dir“ erschien der 1972 geborene Mannheimer mit irakisch-deutschen Wurzeln vor gut zehn Jahren erstmalig auf der musikalischen Landkarte, galt als Frauenschwarm, dessen Balladen sich rund um das Thema „Liebe & Beziehung“ drehten. Danach folgte ein ihn fest etablierender Werdegang im Pop-Geschäft, die üb- lichen Ritterschläge (Goldene Stimmgabel, Bundes- vision- und Eurovision-Vorentscheid-Contest, TV- Formate von Stefan Raab & Co.) folgten − nur den Comet lehnte er damals ab, um sein Werben um mehr deutsche Sprache in der hiesigen Musikkultur zu unterstreichen. Laith Al-Deen erinnert sich: „Ja, natürlich war es schmeichelhaft, als damals die ersten Reihen von Mädels gefüllt waren, die unentwegt fotografi erten und meinen Namen riefen. Ich war jung, neu im Geschäft dieser Größenordnung − in Mannheim war ich weit vorher als Musiker bekannt und genoss natürlich den Erfolg, probte dieses Lebensmodell. Aber so ein Leben darf nicht von Dauer sein. Ist man zu schnell erfolgreich, Laith Al-Deen GROSS UND SANFT – HERZ UND STIMME nimmt einen das mit. Man wird eventuell arrogant, oder auch argwöhnisch. Plötzlich hast du unglaublich viele Leute um dich, die sehr, sehr freundlich zu dir sind − allerdings nicht aufgrund des Menschen, der du eigentlich bist. Erfolg verändert Leben, klar. Mir war wichtig, dass sich mein alter Freundeskreis, nach anfänglicher Bewegung, wieder regulierte, ich dort einen Platz habe, an dem ich der sein kann, der ich auch vorher bereits war. Ähnliches gilt für die Familie und meine Frau.“ Entsprechend fi nden sich heute auf Al-Deens Kon- zerten als jüngste Teilnehmer jede Zeile auswendig könnende Kinder auf den Schultern ihrer Väter, auch die 50er-Grenze wird mitunter überschritten, häufi g sieht man Paare, die kommen, um „ihr“ MEINE MÖGLICHKEITEN GUTES ZU SÄEN SIND ÜBER MEINE MUSIK AM GRÖSSTEN. Lied zu hören. „Ich freue mich, dass ich doch ein recht buntes Publikum habe. Musik kann schließlich jeden berühren, unabhängig von Alter und Status“, resümiert Al-Deen, der gerne sagt, dass er Musiker geworden ist, „weil ihm nichts anderes eingefallen sei.“ Tatsächlich aber war es die Musik, mit der es ihm möglich wurde, die Welt ein klein wenig besser zu machen, denn der Mann, der in seinen Liedern oft von den kleinen und großen Angelegenheiten des Herzens erzählt, hat selbst ein enorm großes. „Ich hatte nach meinem Zivildienst in der Sozial- station Medizin im Kopf, war mir aber sicher, dass ich so ein umfangreiches Studium nicht wuppen würde. Also begann ich, Soziologie zu studieren, arbeitete als Radiologieassistent, stellte dann aber fest, dass meine Möglichkeiten Gutes zu säen über meine Musik am größten sein würden. Großes Glück hatte ich, dass ich wie im klassischen Pop- Märchen entdeckt wurde, als Backgroundsänger für „Vega“, wo ich an einer Solostelle einen langen Ton zu singen hatte, das Publikum gouttierte diesen Part immer mit Applaus. Einem Mitarbeiter von Sony fi el das auf, ich wurde angesprochen, und bald schon hatte ich einen Vertrag über fünf Alben in der Tasche! Seither versuche ich „dabeizubleiben“, wie man so schön sagt.“ Seinen Erfolg nutzt er seitdem für karitative Zwecke, einen Lebensaspekt, den er in Zukunft noch weiter ausbauen wird. „Ich bin so erzogen worden“, benennt er seine Intention, „mir geht es nicht darum, PR im eigenen Namen zu machen, Pseudohilfe, bei der nichts herumkommt außer ein paar Zeitungsfotos, auf denen ich Hände schüttele. Ich engagiere mich aktiv im Mannheimer Sterntaler- Kinderhospiz, und bin dabei, die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) zu unterstützen. Mir ist aufgefallen, dass zu Veranstaltungen zu diesem Thema meist nur Betroffene erscheinen, ansonsten interessiert sich offenbar kaum jemand für diese wichtige Sache, die für jeden von uns einmal lebensrettend sein könnte. Meine Frau und ich haben außerdem die Patenschaft für zwei Kinder via WorldVision übernommen, diese Organisation ist auch auf meinen Touren präsent.“ Dann ruft wieder die Pfl icht, schnell wechseln wir ein paar letzte Worte zur Kindererziehung, über die auf der Tour zum Einsatz kommenden Videoinstallationen und seinen Begleit-Act Mark Forster, bevor uns die Zeit zurück in den Alltag befördert. Aber „Alltag“, der kann eigentlich richtig schön und gar nicht unbedingt alltäglich sein − wenn man es nur richtig anzustellen weiß. (ap) Konzert-Tipp: „Der Letzte Deiner Art“ heisst Laith AL-Deens aktuelles Album, das er mit einem Warm-Up-Gig am 22. Januar in der Lüneburger VAMOS!-Kulturhalle präsentieren wird. Auch einen Auftritt exklusiv für Mitglieder seines Fanclubs wird er hier absolvieren.
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