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von Heidrun Bleiziffer

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Titel<br />

dierenden unter die Lupe nehmen wollte, hat mit<br />

seinen Ergebnissen nicht nur vorübergehend für<br />

mediale Aufmerksamkeit und kontroverse Diskussionen<br />

gesorgt, sondern eine bisher wenig beachtete<br />

Vielfalt ins Licht gerückt.<br />

Das Forschungsprojekt ZEITLast der Universität<br />

Hamburg beansprucht für sich, mittels der Zeitbudget-Methode<br />

und einer Datenbank-basierten<br />

Onlineerhebung die studentische Arbeitsbelastung<br />

(workload) unverfälscht erhoben zu haben.<br />

Neben etwa der Feststellung <strong>von</strong> verbreitetem studentischen<br />

„Bulimie-Lernen“ kurz vor der Prüfungsphase<br />

kam die Studie u. a. zu dem überraschenden<br />

Ergebnis, dass die Studierenden im Mittel lediglich<br />

20 bis 27 Stunden wöchentlich (je nach Studiengang)<br />

für ihr Studium aufwenden. 3<br />

Sollte diese berechnete Arbeitsbelastung der Wirklichkeit<br />

entsprechen, so bleiben die Studierenden<br />

hiermit im Durchschnitt deutlich unter den Anforderungen<br />

eines Hochschulstudiums nach den<br />

Bologna-Vorgaben, die <strong>von</strong> den Studierenden eine<br />

40-Stunden-Woche über 45 Wochen im Jahr (und<br />

somit sieben Wochen für Urlaub oder Krankheit)<br />

fordert.<br />

Eine pauschale Bewertung dieses Ergebnisses greift<br />

aber zu kurz. Beachtenswert ist die Erkenntnis,<br />

dass die Arbeitsbelastung bei den befragten Studierenden<br />

extrem unterschiedlich ausfällt: Das individuelle<br />

Lernkonto erstreckt sich zwischen 9 und 53<br />

Stunden in der Woche. In weiteren Untersuchungen<br />

wurde zudem festgestellt, dass es zwischen der für<br />

das Lernen aufgewendeten Zeit und dem Lernerfolg<br />

anhand <strong>von</strong> Klausurnoten keinen korrelativen Zusammenhang<br />

gibt.<br />

Die selbstverständliche Annahme, wer fleißig sei,<br />

habe auch Erfolg im Studium, findet damit keine Bestätigung.<br />

Bestimmte Prüfungsformen (Klausuren,<br />

insbesondere Multiple Choice) unterstützen nach<br />

Ansicht der Forschungsgruppe vielmehr oberflächliches<br />

Lernen erst kurz vor der Prüfung. Metzger und<br />

Schulmeister fassen in einer Veröffentlichung zur<br />

Studie zusammen:<br />

Dies deutet darauf hin, dass die Kalkulation<br />

<strong>von</strong> Workload, gemessen im ECTS, allenfalls<br />

zur Planung <strong>von</strong> Studiengängen, Modulen<br />

6<br />

und Unterricht geeignet zu sein scheint, nicht<br />

jedoch als Maß für Leistung oder gar Lernerfolg;<br />

zu unterschiedlich sind die individuellen<br />

Vorkenntnisse, Lernstile, Lernstrategien etc.<br />

Vielmehr scheint das ECTS zu einer ‚Punktejagd‘<br />

zu verführen, bei der die Aufmerksamkeit<br />

weg <strong>von</strong> den sozialen Normen (Selbstverpflichtung<br />

und Selbstverwirklichung) und hin<br />

auf die Norm des Marktes fokussiert wird. 4<br />

Vielfalt findet sich in der Art des Lernens wie auch<br />

der Einstellung dazu sowie schließlich in bestimmten<br />

Persönlichkeitsmerkmalen, die auf den Lernerfolg<br />

positiven wie negativen Einfluss haben können.<br />

Über einen Test zu Lernverhalten und -motivation<br />

bei BWL-Studierenden wurden fünf unterschiedliche<br />

Lerntypen identifiziert, die nach Aspekten wie<br />

Misserfolgsangst, Prokrastination und Kompetenzerwarten<br />

differenziert werden können (s. Abbildung<br />

S. 4-5).<br />

Betrachtet man den Klausurerfolg der hier aufgeführten<br />

Lerntypen, so kommt die Forschergruppe<br />

zu der Erkenntnis, dass Studierende mit „angstbestimmtem<br />

Lernverhalten“ (20% der Befragten) oft<br />

sehr viel Zeit für ihr Studium aufwenden, bei Prüfungen<br />

aber dennoch wenig erfolgreich sind.<br />

Ganz anders Studierende, die ein „selbstbestimmtes<br />

Lernverhalten“ (16,6% der Befragten) an den Tag<br />

legen: Sie haben in den Klausuren am besten abgeschnitten,<br />

dabei aber insgesamt am wenigsten Zeit<br />

für das Studium aufgewendet. Sie lernen strategisch,<br />

konzentriert und effizient, haben wenig Selbstzweifel<br />

und daher ihre Ängste unter Kontrolle.<br />

Auch wenn die Ergebnisse <strong>von</strong> ZEITLast nicht<br />

uneingeschränkt auf Fachhochschulen übertragbar<br />

sind (es wurden nur Studiengänge an Universitäten<br />

untersucht) und die Studie eher weitere<br />

Fragen aufwirft als Lösungen zu nennen, so sollten<br />

wir als Hochschule das Verständnis <strong>von</strong> Diversität<br />

und Vielfalt zu erweitern versuchen und<br />

den Blick für die Unterschiede im Lernverhalten<br />

zu öffnen. Welche Art des Lernens erachten wir<br />

als zielführend für den Studienerfolg und wollen<br />

wir daher im Studium fördern? Und was würde<br />

dies für das Lehren und das Prüfen bedeuten?<br />

(pw)

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