3 2010 - BdP Landesverband Sachsen - Bund der Pfadfinderinnen ...
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muss lauten: Mit Kluft – o<strong>der</strong> mit Sweatshirt? Mit Kohte<br />
o<strong>der</strong> Biwakzelt? Und egal, wie die Antwort ausfällt:<br />
Warum gerade so und nicht an<strong>der</strong>s? Mit „iih, Kluft!“<br />
o<strong>der</strong> „klar, Affe!“ ist es also nicht getan. Damit überrumpeln<br />
wir einan<strong>der</strong> nur.<br />
~ ~ ~<br />
Zweitens: Warum also gerade so und nicht an<strong>der</strong>s?<br />
Wie hängt beides zusammen, unsere Pfadfin<strong>der</strong>gemeinschaft<br />
und Juja, Kohte, Affe? Nun, ein Grundgedanke<br />
<strong>der</strong> Fahrt ist, dass wir den Alltag hinter uns<br />
lassen wollen, alles Nervige und Eintönige, aber auch<br />
den Luxus, unsere Computer und Hightech-Spielzeuge.<br />
Singen statt iPod. Statt Subway Feuerkochen. Wer auf<br />
Fahrt geht, will ausbrechen und Abstand zu seinem<br />
„normalen“ Leben gewinnen: Und zwar, um mit geschärften<br />
Sinnen die Fremde, ihre Natur und Menschen<br />
zu erleben – und um zur Sippengemeinschaft und zu<br />
sich selbst zu finden.<br />
Das geht am besten, indem man sich auf Fahrt mit dem<br />
Nötigsten begnügt: Wir wollen wissen, ob man im 21.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t mitten in Europa noch als Nomade leben<br />
kann, wie sich das anfühlt, was es mit uns macht. Alles,<br />
was wir sonst verpassen. Goretex-Jacke und McKinley-<br />
Rucksack halten uns aber davon ab, Nomaden ähnlich<br />
zu sein. Ein einfaches Zelt, ein einfacher Rucksack,<br />
eine Garnitur Klei<strong>der</strong> am Körper und ein Topf im<br />
Gepäck: Viel mehr brauchen wir nicht, um ferne<br />
Lande, unsere Gemeinschaft und uns selbst<br />
kennenzulernen. Viel mehr wäre dabei wahrscheinlich<br />
ziemlich hin<strong>der</strong>lich.<br />
~ ~ ~<br />
Drittens: Bleibt die Frage, warum das einfache Zelt<br />
jetzt die schwarze Kohte sein, warum die Klei<strong>der</strong>garnitur<br />
aus Takelbluse und Klufthemd bestehen soll. Hier<br />
gibt es keine allgemeingültige Begründung mehr, son<strong>der</strong>n<br />
nur persönliche Erfahrung und Vorliebe. Abends<br />
in <strong>der</strong> Kohte am knisternden Feuer zu liegen und noch<br />
einen Scheit nachzulegen vor dem Einschlafen, ist für<br />
mich unvergleichlich. Nachts prasseln dicke Tropfen<br />
auf die Bahn über mir, und am Morgen rieche ich den<br />
frischen Regen, <strong>der</strong> nur drei Handbreit neben meinem<br />
Kopf im Sonnenschein vom Gras hochdampft. Das geht<br />
nur in <strong>der</strong> Kohte, und ich wünsche meiner Sippe solche<br />
Momente auch – deswegen wünsche ich mir, dass sie<br />
mit einer Kohte auf Fahrt geht.<br />
Ich wünsche mir, dass die Sippenmitglie<strong>der</strong> Kluft o<strong>der</strong><br />
Juja tragen, weil ich weiß, wie es ist, in diesem Aufzug<br />
nach einem anstrengenden Wan<strong>der</strong>tag durch ein fremdes<br />
Dorf zu schlen<strong>der</strong>n – nicht als abgekämpfte Touris,<br />
son<strong>der</strong>n als Landstreicher, die schlimmstenfalls skeptisch<br />
beäugt und bestenfalls eingeladen und bewirtet<br />
werden, Gastfreundschaft, für die man sich mit einem<br />
Lied bedanken kann.<br />
Solche Erinnerungen machen mir das blaue Hemd, die<br />
schwarze Jacke und die Kohte lieb und teuer, und nur<br />
deswegen kann ich sie in Schutz nehmen und<br />
weiterempfehlen.<br />
~ ~ ~<br />
Erfahrungen und Erlebnisse muss sich dann je<strong>der</strong> selbst<br />
erfahren. Unsere Formen können dafür aber <strong>der</strong> Rahmen<br />
sein: Äußeres – und doch mehr als bloße Äußerlichkeiten.