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Technik I
Wie malt man eigentlich Glas?
Teil 2: Weißglas
Thomas Freund
Während Buntglas, wie der Name schon sagt, doch immerhin
durch die Farbe einen Anhaltspunkt für die mögliche
Darstellung liefert, ist Weißglas noch nicht einmal
weiß, sondern farblos. Das ist schon eine Herausforderung,
denn durchsichtig ist beinahe wie unsichtbar, und
unsichtbare Farben gibt es nicht - oder doch?
Tatsache ist, dass wir Körper aus Weißglas eben doch
sehen können. Das liegt an den Lichtbrechungen und der
Materialstärke der Objekte, und beim genaueren Hinsehen
entdecken wir dann auch deutliche Konturen und Unregelmäßigkeiten
im Material.
1. So sind die Umrisslinien einer Flasche zum Beispiel,
die wir als Kompositionshilfe in unser Bild einsetzen,
auch in der Realität gut wahrnehmbar, bedingt durch die
Glaswand, deren Materialstärke durch die Krümmung
des Flaschenkörpers an den Seiten dicker wird, so wie in
der Grafik veranschaulicht.
2. Der zylindrische Körper eines Glases (einer Flasche,
einer Vase usw.) und produktionstechnisch bedingte Unebenheiten
verzerren den Raum, der hinter dem Glas
liegt. Der Raum hinter dem Glas wird dadurch, anders als
die Umgebung, nebulös und durch die geringere Lichtdurchlässigkeit
des Glases dunkler.
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Das zu wissen ist bei der Malerei hilfreich. Noch hilfreicher
ist das genaue Hinsehen. Paul Klee hat einmal gesagt,
der Maler müsse einen Dialog aufbauen zwischen
dem Ich und dem Du, also zwischen sich und dem darzustellenden
Objekt.
Die malerische Darstellung von Weißglas mit Acryl
Für diese Aufgabe können Sie die typischen Acrylpinsel
mit Kunststoffhaaren verwenden, aber auch die einfachen
Borstenpinsel. In jedem Fall sollten es Flachpinsel
sein. Erinnern Sie sich noch an den Artikel in der p&z
Ausgabe 2/12 über Buntglas? So wie dort beschrieben,
arbeiten wir auch jetzt.
Wir zeichnen mit dem Pinsel zunächst die Umrisslinien
der Flasche - ich nenne diese Zeichnung "Drahtmodell".
Gleichzeitig zeichnen wir die Umgebung der Flasche,
dann auch das, was hinter der Flasche liegt, was wir
durch sie hindurchsehen, oder was in der Flasche sichtbar
ist. Wir erkennen, dass durch das Glas betrachtet,
der Hintergrund in verzerrter Form erscheint. In meiner
Darstellung sind das die Tischkante und der Raum dahinter.
Gegenständliches Malen ist immer eine Sehschule. Deshalb
empfehle ich, die Blickrichtung zu variieren, damit
Sie die Verzerrungen besser erkennen können. Bewegen
Sie Ihren Kopf leicht hin und her, und beobachten Sie dabei
die Veränderungen in der Flasche. Lösen Sie sich
jetzt von der Vorstellung, das Glas sei durchsichtig. Nehmen
Sie den Flaschenkörper als Projektionsfläche des
Hintergrundes. Sie können sich auch vorstellen, dass die
Flasche ein undurchsichtiger Körper ist, auf den jemand
den Hintergrund gemalt hat. Nun können Sie mit der
dunklen Untermalung beginnen, die ich auch für Acrylbilder
empfehle.
Zu den Seiten hin erscheint der Glaskörper dicker, bedingt
durch die runde Form und die Draufsicht.