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Alles Kunst oder was? - palette Art-Shop - Palette & Zeichenstift

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20. Jahrgang<br />

Im Interview<br />

Celso Martínez<br />

Naves<br />

Das Porträt<br />

Lambert<br />

van Bommel<br />

Künstlerporträt<br />

Engelbert<br />

Rieger<br />

Urheberrecht<br />

Regina Neu<br />

Norbert Sand<br />

<strong>Alles</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>oder</strong> <strong>was</strong>?<br />

Manfred Hönig<br />

Bildpolaritäten<br />

Gerlinde<br />

Gschwendtner<br />

Aquarellieren<br />

mit Martin Lutz<br />

und vieles mehr ...<br />

& z e i c h e n s t i f t<br />

Ausgabe 3/2012 Nr. 101<br />

ISSN 0945-5760<br />

G 2058<br />

Deutschland € 7,80<br />

Österreich € 8,90<br />

Italien € 8,90<br />

Spanien € 8,90<br />

Belgien € 8,90<br />

Luxemburg € 8,90<br />

Schweiz CHF 15,00<br />

www.<strong>palette</strong>-verlag.de<br />

FÜR KÜNSTLER UND KUNSTINTERESSIERTE


Inhalt I<br />

4 <strong>palette</strong> & zeichenstift<br />

Künstler Seite 6<br />

Klaus Ruschmann<br />

Augenblicke<br />

T echnik Seite 12<br />

Aquarellieren mit Martin Lutz<br />

Architektur - Teil 2<br />

Künstler Seite 18<br />

Engelbert Rieger<br />

Eine <strong>Kunst</strong>, die tief verwurzelt und ganz und gar<br />

nicht abgehoben ist<br />

Siegrid Leitner<br />

Technik Seite 24<br />

Lambert van Bommel<br />

... und das Porträt<br />

Petra Reiter-Kolb<br />

Künstler Seite 28<br />

Elma Ihben<br />

Von der Federzeichnung zur Gouachemalerei<br />

I nformation Seite 32<br />

Mein Bild als Plagiat / Inspiration <strong>oder</strong> Kopie?<br />

Norbert Sand, <strong>palette</strong> Redaktion & Regina Neu<br />

Künstler Seite 36<br />

Celso Martínez Naves<br />

Malerei als Wahrnehmungsangebot<br />

Dr. Ulrike Fuchs<br />

B e s u c h e n S i e u n s<br />

a u c h i m I n t e r n e t :<br />

We itere Rubriken<br />

I <strong>palette</strong> & zeichenstift 3/2012<br />

T echnik Seite 42<br />

Bildpolaritäten<br />

Gerlinde Gschwendtner<br />

Information Seite 48<br />

<strong>Alles</strong> <strong>Kunst</strong> <strong>oder</strong> <strong>was</strong>?<br />

Manfred Hönig<br />

T echni k Seite 50<br />

Wie malt man eigentlich Glas?<br />

Teil 2: Weißglas<br />

Thomas Freund<br />

T echni k Seite 56<br />

Faszination Aquarellmalerei - Teil 2<br />

Karin Kuthe<br />

Technik Seite 60<br />

Zeichnen<br />

w w w . p a l e t t e - v e r l a g . d e<br />

Teil 5: Tiere<br />

Dieter Goebel-Berggold<br />

Künstler-Kurzporträt Seite 64<br />

Christian Gödert<br />

Agenda Seite 68<br />

Ausgaben/Hefte Seite 70<br />

Edition Seite 66<br />

Editorial Seite 3<br />

Gewinner der Sonderverlosung 2/12 Seite 72<br />

<strong>Kunst</strong>rätsel Seite 35<br />

News Seite 73<br />

Vorschau/Impressum Seite 74<br />

<strong>palette</strong> & zeichenstift 5


Künstler I<br />

Der erste Blickkontakt mit einem fremden Menschen entscheidet<br />

oft alles. Spontan kann Vertrauen <strong>oder</strong> Zuneigung,<br />

aber auch Vorsicht, Irritation <strong>oder</strong> Ablehnung eintreten.<br />

Im ersten Ansatz scheint sich zu offenbaren, wie<br />

die fremde Seele die eigene anspricht, sich zu ihr in Beziehung<br />

setzt. In einem interessanten Gespräch bleiben<br />

wir im Blickkontakt, wir versuchen die Seele zu fassen.<br />

Ich will sie sogar festhalten - und versuche es mit einem<br />

Porträt, mit einem gezeichneten Gesicht, das den direkten<br />

Blickkontakt zum Betrachter zu suchen scheint. Wenn<br />

es gelingt, wirkt der frontale Blick des Konterfeis so lebendig,<br />

dass man meint, hier sei das Leben selbst gezeichnet.<br />

Genau das ist mein Ziel.<br />

Das authentische Porträt<br />

Zeichner, Maler und Bildhauer beschäftigen sich seit Tausenden<br />

von Jahren intensiv mit der Darstellung des Gesichtes.<br />

Sie gaben von der Frühzeit bis ins Mittelalter<br />

dem Gesicht einer Figur die Bedeutung eines Lebewesens,<br />

eines Gottes <strong>oder</strong> einer bestimmten politischen<br />

6 <strong>palette</strong> & zeichenstift<br />

Klaus Ruschmann<br />

Augenblicke<br />

Brigitte, 2010, Grafit-Stick auf Papier auf Leichtstoffplatte, Diptychon, 70 cm x (variabel)<br />

Person. Das abgebildete Gesicht kann auch zum Ausdrucksträger<br />

der Befindlichkeit eines Menschen werden.<br />

Wo seit der Neuzeit die besondere Persönlichkeit eines<br />

Individuums als et<strong>was</strong> Bedeutendes gilt, wird mit dem<br />

Porträt versucht, das vermeintliche Wesen eines bestimmten<br />

Menschen zu kennzeichnen. Dabei muss man<br />

sich als Künstler entscheiden: Will man den vermeintlich<br />

wahren Charakter vermitteln <strong>oder</strong> ein Wunschbild der inneren<br />

Eigenschaften des Betreffenden zeigen.<br />

Lässt sich der Künstler für das Bild bezahlen, wird er geneigt<br />

sein, attraktive Werte auf dem Antlitz erscheinen zu<br />

lassen. Nimmt er sich jedoch die Freiheit, das Modell ohne<br />

schmeichelnde Rücksichtnahme abzubilden, wird Porträtieren<br />

spannend, denn jetzt geht es um Treffsicherheit.<br />

Dabei wäre es naiv, anzunehmen, dass der objektiv wahre<br />

Charakter getroffen werden könnte. Man kann nur eine<br />

subjektiv empfundene Übereinstimmung der Ausstrahlung<br />

des Bildnisses mit der erlebten Aura der Natur des<br />

Modells erreichen. Das ist aber durchaus viel und das ist<br />

die <strong>Kunst</strong>.


Technik I<br />

12 <strong>palette</strong> & zeichenstift<br />

Aquarellieren mit Martin Lutz<br />

Architektur – Teil 2<br />

Vor dem Malen eines Architekturaquarells stelle ich mir<br />

folgende Fragen: Wie gehe ich mit dem Bildraum um?<br />

Möchte ich meinem Bild Tiefe geben <strong>oder</strong> möchte ich den<br />

Bildraum eher flach halten? Da wir in einer dreidimensionalen<br />

Welt leben, empfinden wir ein in Perspektive gemaltes<br />

Architekturaquarell der Wirklichkeit näher. Vernachlässigen<br />

wir dagegen in unserem Bild die Perspektive,<br />

so können wir uns konzeptionell mehr in Richtung<br />

Abstraktion bewegen; wir empfinden dann aber auch den<br />

Bildraum flacher und entfernen uns von der Realität.<br />

Über perspektivische Darstellungen gibt es genügend gute<br />

Literatur. Meist wird in diesen Büchern auch die Archi-<br />

tektur, mit Horizontlinie, Fluchtpunkten und die sich dadurch<br />

ergebenden Schrägen und Verkürzungen, usw.,<br />

ausführlich abgehandelt. Diese zeichnerischen Konstruktionen<br />

haben viel mit Genauigkeit und Logik zu tun. Für<br />

viele Aquarellisten stellt sich die Frage, inwieweit sie die<br />

Perspektive anwenden sollen; manche fragen sich sogar,<br />

ob sie diese Kenntnisse überhaupt für ihre Aquarelle benötigen.<br />

Ich denke, dass es nicht schaden kann, wenn man die<br />

Prinzipien der Zentralperspektive versteht; ob man sie<br />

dann in seinen Arbeiten zur Anwendung bringt, ist eine<br />

andere Sache. Oftmals engt man sich beim Malen durch<br />

Runter zum Fluss, 55 x 75 cm<br />

Das Aquarell besteht zu 90% aus Grautönen. Meine Grautöne mische ich selten aus Elfenbeinschwarz <strong>oder</strong> Paynesgrau. Meine<br />

Ausgangsfarben für Grau sind Ultramarinblau und Siena gebrannt; hierzu gebe ich manchmal ein klein wenig Gelb, Rot <strong>oder</strong><br />

Grün und erhalte dadurch viel interessantere Grauschattierungen. Der waagerechte Waldstreifen und die dazu passende Wolkenformation<br />

geben diesem Bild eine ruhige Ausstrahlung.


Künstler I<br />

Siegrid Leitner<br />

18 <strong>palette</strong> & zeichenstift<br />

Engelbert Rieger<br />

Eine <strong>Kunst</strong>, die tief verwurzelt und<br />

ganz und gar nicht abgehoben ist<br />

Zeichnen und Malen bedeutet ihm alles. In das Handwerkliche<br />

ist er verliebt. "Zeichnen war das Einzige, <strong>was</strong><br />

ich gut können hab‘. Das habe ich immer schon gemacht<br />

- und mit Leidenschaft. Das wurde mir in die Wiege<br />

gelegt", erzählt Engelbert Rieger, während er mir seine<br />

Werke im "Haus der <strong>Kunst</strong>" in Graz zeigte. Ich war<br />

sehr beeindruckt von der Vielfalt seiner Werke, aber<br />

auch vom Künstler selbst, der durch seine natürliche<br />

Bescheidenheit und wohltuende Offenheit sehr sympathisch<br />

auf mich wirkte.<br />

Auf eine <strong>Kunst</strong>schule zu gehen, war schon immer Riegers<br />

Traum. Doch seine Mutter und sein Stiefvater woll-<br />

Irland, 2011, Acryl auf Papier, 56 x 76 cm<br />

ten, dass er einen anständigen Beruf erlernt. Deshalb<br />

begann er zunächst eine Ausbildung als Buch- und Offsetdrucker<br />

und arbeitete dann als Grafiker in Graz. "Als<br />

Grafiker zu arbeiten war interessant, aber es war nicht<br />

das, <strong>was</strong> ich mir vorgestellt hatte", sagt Rieger. Deshalb<br />

entschied er sich, die Arbeit aufzugeben, um sich seinen<br />

Lebenswunsch zu verwirklichen. Er begann ein Studium<br />

der Malerei an der Höheren Technischen Bundeslehranstalt<br />

in Graz bei Prof. Rogler und Prof. Osterider, das er<br />

1982 beendete. Seit 1985 ist er freischaffend tätig. Er ist<br />

stolz auf das, <strong>was</strong> er bisher geschaffen hat und freut<br />

sich, dass seine Werke Anerkennung im In- und Ausland<br />

finden.


Technik I<br />

Petra Reiter-Kolb<br />

24 <strong>palette</strong> & zeichenstift<br />

Lambert van Bommel<br />

... und das Porträt<br />

Der Künstler Lambert van Bommel erregte schon vor einigen<br />

Jahren in seiner Wahlheimat Teneriffa Aufsehen<br />

durch seine Porträtmalerei mit dem Titel "La gente de Los<br />

Silos" (siehe p&z Ausgabe 3/05). Das Besondere an diesen<br />

Bildern ist, dass Lambert van Bommel ausschließlich<br />

Porträts (Format 150 x 75 cm) der dort ansässigen Menschen<br />

malte. Es entstanden ausdrucksstarke Abbilder,<br />

die den wahren Charakter der Person zeigen.<br />

Vor einiger Zeit begrüßte er einen besonderen Gast in<br />

seinem Atelier: Theodor Rasso Freiherr von Cramer-Klett<br />

saß Modell für diese Schritt-für-Schritt-Dokumentation.<br />

Lambert van Bommel setzt beim Porträtieren vor allem<br />

auf den Dialog zwischen Modell und Künstler. Ganz<br />

gleich, ob das Gesicht gemalt, in Stein gehauen <strong>oder</strong> modelliert<br />

wird.<br />

Beide Personen sind dabei aktiv: Das Modell, das sich<br />

durch das genaue Betrachten durch den Künstler oft dabei<br />

auch selbst betrachtet, dabei den Blick auf sich selbst<br />

richtet und dadurch seine Persönlichkeit offenbart. Der<br />

Künstler erhält ein Bild über den ganzen Menschen und<br />

nicht nur über oberflächliche Äußerlichkeiten wie Haut,<br />

Haare und Kleidung.<br />

Die Persönlichkeit eines Menschen in einem Porträt herauszuarbeiten,<br />

ist für Lambert van Bommel das Ziel. Dagegen<br />

wirkt es meist langweilig, wenn man sich vor allem<br />

darum bemüht, die Anatomie richtig zu treffen. Letztendlich<br />

spielt für ihn der wirklichkeitsgetreue menschliche<br />

Aufbau eine sekundäre Rolle. An erste Stelle rücken bei<br />

der Porträtmalerei die Charaktere des Menschen und danach<br />

der Körperaufbau. Nur mit den ersten Bleistiftstrichen,<br />

wenn Lambert van Bommel zu zeichnen beginnt,<br />

orientiert er sich an den anatomischen Gesichtszügen<br />

seines Modells, die er nach und nach immer weiter in den<br />

Hintergrund drängt.<br />

Die erste Frage, die Malschüler meist in einem Porträtkurs<br />

an den Dozenten stellen, ist die Frage nach den Proportionen<br />

eines Kopfes.<br />

Dies erklärt Lambert van Bommel in kurzen Worten,<br />

schon fast mathematisch: "In der Mitte eines Kopfes, zwischen<br />

Haaroberkante und Kinnunterkante, liegen die Augen;<br />

der Abstand der Augen zueinander beträgt etwa eine<br />

Augenlänge. Die Ohren sitzen an ihrem obersten<br />

Punkt auf der Augenlinie und reichen nach unten bis auf<br />

die Höhe der untersten Nasenlinie. Etwa in einer Entfernung<br />

von 2/3 vom Haaransatz, zwischen Kinnunterkante<br />

Lambert van Bommel skizziert die Gesichtszüge des Modells<br />

mit einem weichen Bleistift. Die Linien bleiben erhalten.<br />

Vergleich der fertigen Bleistiftskizze mit dem Original.<br />

Auftragen der Hautfarbe.


Künstler I<br />

28 <strong>palette</strong> & zeichenstift<br />

Elma Ihben<br />

Von der Federzeichnung<br />

zur Gouachemalerei<br />

Wenn ich gefragt werde, warum ich zeichne und male,<br />

antworte ich: Das ist mein Leben. Wenn ich male, versinke<br />

ich in eine andere Welt, ich verkrieche mich in meinen<br />

Bildern. Sind Bilder ein Spiegel der Seele? Manche sind<br />

es sicherlich.<br />

Schon mein Großvater zeichnete mit Begeisterung, und<br />

meine Schulhefte glichen schon in den ersten Klassen,<br />

mehr einem Bilderbuch denn einem Arbeitsheft. Es ist wie<br />

eine Sucht, es lässt mich nicht los. Jeder neue Tag bringt<br />

Interessantes! Seien es die Schatten auf Blättern, sich<br />

wiegende Bäume, Gesichter, stilles <strong>oder</strong> wildes Wasser,<br />

ein leuchtender Himmel und vieles, vieles mehr.<br />

Meine Bilder entstehen in meinem Atelier, wo ich Fotos<br />

und Skizzen in Ruhe ausarbeiten kann. Bei unserem ste-<br />

Fnuggenburg, Hage, Federzeichnung/Aquarell, 37 x 50 cm<br />

tigen Wind arbeite ich ungern in der freien Natur. Mein<br />

bevorzugtes Arbeitswerkzeug ist der Tuschefüller. Mit ihm<br />

werden die Motive skizziert, das "Gerüst" gezeichnet! Die<br />

Aquarellfarbe wird später dazugegeben. Da zu viel Nass<br />

die Umrisse ruinieren würde, arbeite ich mit einem fast<br />

trockenen Pinsel. Fehler sind nicht zu korrigieren. Diese<br />

Technik verwende ich vorwiegend um alte, schon nicht<br />

mehr vorhandene Gebäude und Ansichten darzustellen.<br />

In langjährigen privaten Studien entwickelte ich meinen<br />

eigenen Stil.<br />

Vor mehr als 30 Jahren legte ich eine Kartei für Fotos an.<br />

Jeder Ort hat seinen eigenen Ordner. Bei einer Ausstellung<br />

in einer dieser Städte, Orte <strong>oder</strong> Gegenden, kann ich<br />

immer auf eine Vielzahl von Fotos und Postkarten zurückgreifen.<br />

Besonders interessant ist das "Damals und


Künstler I<br />

Celso Martínez Naves<br />

Malerei als Wahrnehmungsangebot<br />

Dr. Ulrike Fuchs<br />

Es sind die Lichtsituationen des Übergangs, die der Spanier<br />

Martínez in seinen Bildern einfängt: Einen Flughafen<br />

zum Beispiel, menschenleer, in das Dunkel der Nacht gehüllt,<br />

<strong>oder</strong> eine nächtliche Hafenanlage in gedämpfter Industriebeleuchtung,<br />

<strong>oder</strong> eine Großstadtstraße in den frühen<br />

Tagesstunden, in denen das heraufziehende Morgenlicht<br />

in Konkurrenz zu der künstlichen Beleuchtung der<br />

Stadt tritt und diese zurückdrängend verblassen lässt.<br />

Es sind Orte, die man allgemein mit dem pulsierenden Leben,<br />

mit Hektik, Betriebsamkeit, Arbeit und Verkehr in Verbindung<br />

bringt, die nun aber, in den Bildern des Malers, eine<br />

ganz andere, atmosphärische, vermeintlich romanti-<br />

Aeropuerto (Москвá-Домодедово 3), 2011, Öl auf Leinwand, 110 x 120 cm<br />

36 <strong>palette</strong> & zeichenstift<br />

sche Identität, eine andere Seite, offenbaren. Sie zeigen<br />

sich in einem anderen Licht, in des Wortes doppelter Bedeutung<br />

und sind dabei doch gleichzeitig ganz sie selbst,<br />

real, nicht erfunden, zur Ruhe gekommen. Der nächtliche<br />

Schleier, der Landschaft und Gegenstände überzieht, den<br />

Konturen ihre Schärfe nimmt, kleinere Details schluckt und<br />

die Leuchtkraft der Farben in feinen Nuancen bricht, verleiht<br />

den Gemälden Martínez´ Stille und eine eigentümliche,<br />

gleichzeitig aber auch anziehend fesselnde Entrücktheit.<br />

Auch die sich im nassen Asphalt <strong>oder</strong> Wasser spiegelnden<br />

Reflexe der Lichter, die strahlenförmig in die<br />

Dunkelheit hineingreifen, können diese nicht wirklich zurückdrängen.<br />

Licht und Dunkelheit, Nähe und Ferne und


Technik I<br />

Gerlinde Gschwendtner<br />

Polarität, griech. pólos, = Achse, Nord- und Südpol. Dies<br />

bedeutet allgemein das Verhältnis von paarweise wirkenden<br />

Polen zueinander, die einander bedingen und gegensätzlicher<br />

Natur sind. Bezogen auf künstlerische Aktivitäten<br />

soll diese Thematik in meinen eigenen Bildbeispielen<br />

sichtbar und in Erläuterungen veranschaulicht werden.<br />

In der <strong>Kunst</strong> der Gegenwart liegt bei Malern, Rezipienten<br />

und Kritikern ein verstärktes Interesse an kulturübergreifenden,<br />

weltanschaulichen und gesinnungsmäßigen Bildaussagen.<br />

Die Sichtbarkeit des Bildes, formal und inhaltlich,<br />

neigt sich von der Form- und Stilanalyse immer intensiver<br />

inhaltlichen Aspekten zu. Nicht nur die gegenständliche<br />

Welt, auch Symbole, Visionen <strong>oder</strong> gegenstandslose Gestaltungen<br />

werden thematisiert.<br />

Diese Perspektiven des Bildes zeigen Diskussionen verschiedener<br />

Wissensgebiete auf, zum Beispiel: Religion,<br />

Philosophie, Ethnologie, Sozialgeschichte usw. Die Bildwissenschaft<br />

setzt sich auch mit dem Konsum und der Produktion<br />

einzelner Bildbereiche, wie <strong>Kunst</strong>, Werbung, Film, TV,<br />

Blumenkraft, Mischtechnik (Tusche, Acryl)<br />

Kontrastreiche Linienführung und Komplementärfarben zeigen<br />

die Intensität der Blume.<br />

42 <strong>palette</strong> & zeichenstift<br />

Bildpolaritäten<br />

Mädchenporträt, Tusche<br />

Schwarze Linien auf weißer Fläche umschreiben klar die Figur.<br />

Design, auseinander. Der Konsumartikel <strong>Kunst</strong> ist teilweise<br />

zum kulturellen Zeitvertreib geworden. Der Künstler wird<br />

von eventfreudigen Ausstellungsmachern verdrängt, die<br />

Richtungen vorgeben und auf Kulturtourismus setzen.<br />

Entgegen dieser <strong>Kunst</strong>vermittlung wird auch heute noch<br />

im kritischen künstlerischen Produzieren, die Auseinandersetzung<br />

mit den Realitäten weiterentwickelt und reflektiert.<br />

Die Mittel dazu sind nach wie vor die künstlerischen<br />

Bestände von Form- und Farbwissen, Stile und<br />

Themen, die gelehrt und gelernt werden. Dadurch gehen<br />

ästhetische Betrachtungsweisen nicht verloren, sondern<br />

werden in einen erweiterten Blickwinkel eingebracht.<br />

Die Flut von Bildern - mit ihrer Gegensätzlichkeit und<br />

Vielzahl von Anschauungen - begegnet uns an unzähligen<br />

Orten unsers Lebensraumes. Die Malerei versucht in<br />

immer komplexeren Zusammenhängen und Bezügen,<br />

neue Sehdefinitionen aufzubauen. Der Betrachter wird<br />

gefordert, diese Bildinformationen, Codes und Markierungen<br />

zu erkennen. In diesem Spannungsfeld spielen Neugier<br />

und Überraschung eine wichtige Voraussetzung. Die<br />

eigene Kraft des Bildes entfaltet dadurch die subjektive


Technik I<br />

Wie malt man eigentlich Glas?<br />

Teil 2: Weißglas<br />

Thomas Freund<br />

Während Buntglas, wie der Name schon sagt, doch immerhin<br />

durch die Farbe einen Anhaltspunkt für die mögliche<br />

Darstellung liefert, ist Weißglas noch nicht einmal<br />

weiß, sondern farblos. Das ist schon eine Herausforderung,<br />

denn durchsichtig ist beinahe wie unsichtbar, und<br />

unsichtbare Farben gibt es nicht - <strong>oder</strong> doch?<br />

Tatsache ist, dass wir Körper aus Weißglas eben doch<br />

sehen können. Das liegt an den Lichtbrechungen und der<br />

Materialstärke der Objekte, und beim genaueren Hinsehen<br />

entdecken wir dann auch deutliche Konturen und Unregelmäßigkeiten<br />

im Material.<br />

1. So sind die Umrisslinien einer Flasche zum Beispiel,<br />

die wir als Kompositionshilfe in unser Bild einsetzen,<br />

auch in der Realität gut wahrnehmbar, bedingt durch die<br />

Glaswand, deren Materialstärke durch die Krümmung<br />

des Flaschenkörpers an den Seiten dicker wird, so wie in<br />

der Grafik veranschaulicht.<br />

2. Der zylindrische Körper eines Glases (einer Flasche,<br />

einer Vase usw.) und produktionstechnisch bedingte Unebenheiten<br />

verzerren den Raum, der hinter dem Glas<br />

liegt. Der Raum hinter dem Glas wird dadurch, anders als<br />

die Umgebung, nebulös und durch die geringere Lichtdurchlässigkeit<br />

des Glases dunkler.<br />

50 <strong>palette</strong> & zeichenstift<br />

Das zu wissen ist bei der Malerei hilfreich. Noch hilfreicher<br />

ist das genaue Hinsehen. Paul Klee hat einmal gesagt,<br />

der Maler müsse einen Dialog aufbauen zwischen<br />

dem Ich und dem Du, also zwischen sich und dem darzustellenden<br />

Objekt.<br />

Die malerische Darstellung von Weißglas mit Acryl<br />

Für diese Aufgabe können Sie die typischen Acrylpinsel<br />

mit <strong>Kunst</strong>stoffhaaren verwenden, aber auch die einfachen<br />

Borstenpinsel. In jedem Fall sollten es Flachpinsel<br />

sein. Erinnern Sie sich noch an den <strong>Art</strong>ikel in der p&z<br />

Ausgabe 2/12 über Buntglas? So wie dort beschrieben,<br />

arbeiten wir auch jetzt.<br />

Wir zeichnen mit dem Pinsel zunächst die Umrisslinien<br />

der Flasche - ich nenne diese Zeichnung "Drahtmodell".<br />

Gleichzeitig zeichnen wir die Umgebung der Flasche,<br />

dann auch das, <strong>was</strong> hinter der Flasche liegt, <strong>was</strong> wir<br />

durch sie hindurchsehen, <strong>oder</strong> <strong>was</strong> in der Flasche sichtbar<br />

ist. Wir erkennen, dass durch das Glas betrachtet,<br />

der Hintergrund in verzerrter Form erscheint. In meiner<br />

Darstellung sind das die Tischkante und der Raum dahinter.<br />

Gegenständliches Malen ist immer eine Sehschule. Deshalb<br />

empfehle ich, die Blickrichtung zu variieren, damit<br />

Sie die Verzerrungen besser erkennen können. Bewegen<br />

Sie Ihren Kopf leicht hin und her, und beobachten Sie dabei<br />

die Veränderungen in der Flasche. Lösen Sie sich<br />

jetzt von der Vorstellung, das Glas sei durchsichtig. Nehmen<br />

Sie den Flaschenkörper als Projektionsfläche des<br />

Hintergrundes. Sie können sich auch vorstellen, dass die<br />

Flasche ein undurchsichtiger Körper ist, auf den jemand<br />

den Hintergrund gemalt hat. Nun können Sie mit der<br />

dunklen Untermalung beginnen, die ich auch für Acrylbilder<br />

empfehle.<br />

Zu den Seiten hin erscheint der Glaskörper dicker, bedingt<br />

durch die runde Form und die Draufsicht.


Technik I<br />

Karin Kuthe<br />

Faszination Aquarellmalerei<br />

Teil 2<br />

Von jeher waren Blumen ein sehr beliebtes Thema in der<br />

Malerei. Die blühende Farbenpracht der Blumen im Garten,<br />

die Schönheit eines Blumenstraußes <strong>oder</strong> einer einzelnen<br />

Blüte ist so faszinierend, dass es einem beim Anblick<br />

warm ums Herz werden kann. Blumen bringen Farbe<br />

und Freude in unser Leben.<br />

Das vielfältige Farbenspektrum und die unermessliche<br />

Formenvielfalt sind immer wieder beeindruckend und beglückend.<br />

Wenn ich in unserem Garten die Blütenpracht<br />

erlebe, bekomme ich sofort Lust zu malen.<br />

56 <strong>palette</strong> & zeichenstift<br />

Dabei geht es mir nicht darum, Blüten <strong>oder</strong> Pflanzen naturgetreu<br />

abzubilden, sondern das Charakteristische zu erkennen<br />

und darzustellen, um so ein eigenständiges Bild zu<br />

gestalten. Um aber das Wesentliche richtig zu erfassen, ist<br />

es sehr hilfreich, auch einmal Zeichnungen anzufertigen.<br />

Hat man dann die Form verinnerlicht, kann man sie leichter<br />

malerisch umsetzen. Die gestalterischen Elemente in<br />

der Malerei sind: Farbe, Form und Farbauftrag. Die folgenden<br />

Beispiele zeigen Bilder von Blumen, nicht nur in verschiedenen<br />

Aquarelltechniken, sondern auch mit unterschiedlichem<br />

Farbauftrag.<br />

Bild 1<br />

Weiße Blüten können in einem klassischen Aquarell nur dargestellt werden, indem die Flächen erst weiß stehen bleiben,<br />

die Blüten durch Negativmalerei hervorgehoben werden und anschließend Farbe in die Blüten gesetzt wird.


Künstler I<br />

Dieter Goebel-Berggold<br />

Zum Abschluss meiner kleinen Zeichenserie möchte ich<br />

noch kurz auf das Zeichnen von Tieren eingehen. Ich will<br />

aber an dieser Stelle nicht auf die hohe <strong>Kunst</strong> der Tierzeichnung<br />

eingehen, denn dazu müsste man von jedem<br />

Tier den Körperbau genau studieren, um einen Bewegungsvorgang<br />

eines Tieres wiederzugeben. Ich möchte<br />

Ihnen aber ein paar Tipps und Anregungen mit auf den<br />

Weg geben.<br />

Das Zeichnen von Tieren halte ich für noch schwieriger als<br />

das Porträtieren eines Kopfes. Selten sitzen Tiere still. Jedes<br />

Tier hat einen eigenen anderen Körperbau. Die beste<br />

Übung ist das Zeichnen in einem Zoo. Hier finden Sie eine<br />

große Vielfalt von Tieren und viele stehen still. Besonders<br />

geeignet sind die großen Tiere. Haben Sie dabei<br />

Geduld und bleiben Sie lange bei einem Tier.<br />

Abbildung 1<br />

Bei Tieren, die nicht stillliegen <strong>oder</strong> -stehen, ist in hohem<br />

Maße Ihr Gedächtnis und Ihr Vorstellungsvermögen gefordert.<br />

Eine hervorragende Hilfe ist das Zeichnen nach<br />

Spielzeugformen. Suchen Sie bei Trödlern <strong>oder</strong> in Spielzeugläden<br />

nach geeigneten Vorlagen. Sie können das<br />

Spielzeug, ähnlich wie die Büste, die Sie als Vorlage bei<br />

der Porträtzeichnung verwenden können (siehe p&z Ausgabe<br />

2/12), in alle Richtungen drehen und so genau studieren.<br />

Am Anfang helfen auch die einfachen Formen. Viele<br />

Künstler haben sich während der Jahrhundertwende alte<br />

Spielzeuge sehr genau angesehen und danach studiert.<br />

Die Kontraste der frühen Schnitzereien sind hart und et<strong>was</strong><br />

übertrieben, aber das dient oft dazu, Tierisches zu<br />

betonen, ohne die Proportionen wesentlich zu ändern.<br />

Ich empfehle auch das Zeichnen nach Fotos, die Sie aber<br />

selbst angefertigt haben. Machen Sie sehr viele Fotos,<br />

um einen guten Eindruck vom Tier zu bekommen. Beob-<br />

60 <strong>palette</strong> & zeichenstift<br />

Zeichnen<br />

Teil 5: Tiere<br />

Abbildung 2<br />

achten Sie Tiere in ihrer Bewegung.<br />

Machen Sie den Versuch, ein Tier genau<br />

zu beobachten und dann auswendig<br />

zu zeichnen. Suchen Sie sich<br />

ein Tier aus dem Zoo heraus und versuchen<br />

Sie es in verschiedenen Stellungen<br />

zu zeichnen. Versuchen Sie<br />

nicht gleich daraus ein "Gemälde" zu<br />

fertigen, es sollen lockere Zeichnungen<br />

sein (Abbildung 1 und 2).<br />

Beschränken Sie sich aber nicht nur<br />

auf Säugetiere, auch Vögel sind ein<br />

wunderbares Motiv. Viele sitzen oft auf<br />

der Stange und bleiben ruhig, sodass<br />

man sie gut zeichnen kann, wie hier<br />

der Lachende Hans in Abbildung 3.<br />

Auch auf dem Land finden Sie viele Motive. Kühe liegen<br />

auf der Wiese, Pferde stehen auf der Koppel <strong>oder</strong> eine<br />

Schar Hühner steht herum und wartet auf Futter. Kühe<br />

sind ein lohnendes Motiv, denn es sind sehr ruhige Tiere.<br />

Auf dem Land wird man auch nur selten von neugierigen<br />

Zuschauern umgeben und kann in Ruhe zeichnen (Abbildung<br />

4).<br />

Verwenden Sie auch hier den Bleistift als Messinstrument,<br />

um Proportionen zu ermitteln und setzen Sie die<br />

Kuh in ein Quadrat (Abbildung 5).<br />

Aber <strong>was</strong> liegt näher als unsere geliebten Haustiere. Mein<br />

Bruder hat einen noch jungen Labrador. Der war als Welpe<br />

so süß, dass ich ihn unbedingt zeichnen musste. Er hat<br />

ein helles Fell und um das gut herauszubringen,<br />

habe ich den Hintergrund<br />

dunkler gestaltet. Die Umrisse<br />

des Hundes wurden nur<br />

durch Tonwerte dargestellt, also<br />

nicht durch Linien. Das<br />

macht das Fell auch weicher.<br />

Auch hier habe ich, wie bei<br />

dem Porträt von Menschen,<br />

die Augen besonders hervorgehoben.<br />

Das verstärkt nicht<br />

nur die Wirkung des Bildes,<br />

sondern erhöht die Ähnlichkeit.<br />

Auch hier sind die Augen ein<br />

Abbildung 3

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