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"Klassenfeinden" wurden Kollegen - Kienbaum

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Seite 4 <strong>Kienbaum</strong>-Journal<br />

Juli 2010<br />

Begegnungen in <strong>Kienbaum</strong>, die einst nicht möglich waren und heute Realität sind<br />

Besser lässt sich das Thema<br />

"Gelebte Einheit" gar nicht dokumentieren<br />

als durch die gedeihliche<br />

Zusammenarbeit zwischen Jürgen<br />

Schult und Rolf Danneberg, dem Diskuswerfer<br />

Ost und dem Diskuswerfer<br />

West, die einst Gegner auf sportlicher<br />

Bühne waren, einem anderen Gesellschaftssystem<br />

angehörten und jetzt<br />

an einem Strang ziehen, um den<br />

Nachwuchs voran zu bringen.<br />

Bei den Olympischen Spielen<br />

1988 in Seoul kämpften der Schweriner<br />

und der Hamburger um die<br />

Medaillen, jeder für seinen Verband,<br />

für sein Land, der eine für die DDR,<br />

der andere für die Bundesrepublik.<br />

Wenn sich die beiden heute in <strong>Kienbaum</strong><br />

anlässlich eines Werfer-Lehrgangs<br />

treffen, dann erinnern sie sich<br />

schon einmal daran, wie es einst<br />

zuging und wie sie sich heimlich tref-<br />

Auch zwei Handballer von hüben<br />

und drüben praktizierten anlässlich<br />

des Festes "50 Jahre Sportzentrum<br />

<strong>Kienbaum</strong>", was unter gelebter Einheit<br />

zu verstehen ist. Der Magdeburger<br />

Hartmut Krüger und Thomas<br />

Sinsel aus Großwallstadt, beides<br />

Nationalspieler, begegneten sich<br />

nach unendlich langer Zeit wieder<br />

einmal und tauschten Erinnerungen<br />

aus, die darin gipfelten, dass beide<br />

nicht nur Nationalspieler in Ost und<br />

West waren, sondern sich auch einmal<br />

vor 25 Jahren im Viertelfinale<br />

des Europapokals gegenüberstanden<br />

- mit dem besseren Ende für<br />

den TV Großwallstadt.<br />

Noch zwei andere sehr bemerkenswerte<br />

und emotional prägende<br />

Ereignisse sind bei Krüger, der von<br />

1974 bis 1986 in der DDR-Auswahl<br />

Jürgen Schult und Rolf Danneberg:<br />

Aus "Klassenfeinden"<br />

<strong>wurden</strong> <strong>Kollegen</strong><br />

Kommen gut miteinander aus, zumal das Diskuswerfen ihr Metier ist:<br />

Rolf Danneberg und Jürgen Schult, die Olympiasieger von 1984 und 1988<br />

fen mussten, um unbemerkt von<br />

den Ost-Funktionären gemeinsam<br />

ein Bier zu trinken. Übrigens:<br />

Schult gewann damals mit 68,62<br />

m Gold, Danneberg mit 67,38 m<br />

Bronze. "Verstanden haben wir<br />

Hartmut Krüger und Thomas Sinsel<br />

Ein Wiedersehen<br />

der ganz besonderen Art<br />

Sie spielten für Magdeburg und Großwallstadt - und waren<br />

Nationalspieler in Ost und West: Thomas Sinsel und Hartmut Krüger<br />

stand und als torgefährlicher Linksaußen<br />

galt, haften geblieben. "Das<br />

war einmal das 16:16-Unentschieden<br />

bei der WM 1978 in Dänemark,<br />

als ich kurz vor Schluss einem Mitspieler<br />

den Ball zum Freiwurf hinrollen<br />

wollte, Heiner Brand sich das<br />

Leder schnappte und den Aus-<br />

uns immer schon", sagt der gebürtige<br />

Schweriner, der inzwischen in<br />

Potsdam lebt und Bundestrainer<br />

ist. Nur war es damals eben<br />

schwieriger, miteinander zu kommunizieren,<br />

denn die Verhältnisse<br />

waren nicht so, wie man sich das<br />

gern gewünscht hätte."<br />

Danneberg traf die Niederlage<br />

von Seoul nicht so hart, denn er<br />

hatte vier Jahre zuvor in Los Angeles<br />

(wo die DDR 1984 wegen des<br />

Boykotts nicht teilnahm) bereits seine<br />

Goldmedaille errungen, als er<br />

den großen amerikanischen Favoriten<br />

Mac Wilkins bezwang.<br />

Inzwischen sind die beiden<br />

Olympiasieger ins Trainergeschäft<br />

eingestiegen. Während Schult mit<br />

dem jungen Gordon Wolf einen<br />

ungeschliffenen Edelstein in seinen<br />

Händen hat, kann Danneberg mit<br />

Marcus Münch bereits einen<br />

gestandenen Diskuswerfer vorweisen,<br />

der sogar die Winterwurf-Challenge<br />

gewonnen hat.<br />

gleich erzielte. Die BRD war damit<br />

im Finale, wir spielten nur noch um<br />

Platz drei."<br />

Noch schlimmer traf Krüger<br />

jedoch die Absage der DDR, nicht zu<br />

den Olympischen Spielen nach Los<br />

Angeles zu fahren. "Ich kann mich<br />

noch ganz genau an den Tag erinnern,<br />

es war der 8. Mai 1984, genau<br />

an dem Tag, als ich meinen 31.<br />

Geburtstag feierte. Für mich brach<br />

eine Welt zusammen und ich habe<br />

wie ein Schlosshund geheult, denn<br />

die Spiele sollten der Abschluss<br />

meiner Karriere sein." Weil er sich<br />

kritisch zu dem Thema äußerte, wurde<br />

der quirlige Magdeburger sogar<br />

zur SED-Kreisleitung beordert.<br />

Sinsel dachte bei diesen Worten<br />

von Krüger aber auch daran, dass<br />

es vier Jahre zuvor den Sportlern<br />

aus der Bundesrepublik nicht<br />

anders erging, sie nicht nach<br />

Moskau fahren durften und so<br />

manch einem die mögliche Goldmedaille<br />

verwehrt wurde.

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