wEr HaT'S ErFundEn? dIE HErKunFT vOn dönEr ... - METRO Group
wEr HaT'S ErFundEn? dIE HErKunFT vOn dönEr ... - METRO Group
wEr HaT'S ErFundEn? dIE HErKunFT vOn dönEr ... - METRO Group
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
40<br />
DIE GANzE WElT
AUf DEm<br />
TEllEr<br />
41
42 10 Jahre Metro-Handelslexikon<br />
Sushi in München, Nasi Goreng in London, Pizza<br />
in Shanghai: Seit jeher haben sich die Küchen der<br />
Welt gegenseitig beeinflusst. Doch erst mit Beginn<br />
der Globalisierung kam die Vermischung der<br />
Esskulturen richtig in Schwung. Ein kulinarischer<br />
Rück- und Ausblick am Beispiel Deutschlands.<br />
Kohl, Rüben und Bohnen – das waren die<br />
Lebensmittel, mit denen sich unsere Vorfahren<br />
im Mittelalter hauptsächlich die<br />
Töpfe und ihre hungrigen Bäuche füllten.<br />
Sattwerden hatte höchste Priorität – das<br />
ließ wenig Raum für kulinarische Raffinesse.<br />
„Die Einflüsse des Klimas und der<br />
Geografie auf die Lebensqualität mitteleuropäischer<br />
Regionen ist nicht zu leugnen“,<br />
schreibt der bekannte Gourmetkritiker<br />
Wolfram Siebeck in seinem Buch<br />
„Die Deutschen und ihre Küche“. Und<br />
weiter: „Wo es kalt ist, braucht der Mensch<br />
etwas Wärmendes, und dazu gehören nun<br />
mal Kohl- und Getreidesuppen.“ Hohe<br />
Kochkunst und feine Gewürze aus Fernost<br />
konnten sich nur Wohlhabende leisten.<br />
Viel und deftig<br />
So liebten es die Deutschen auch in der<br />
Neuzeit, als die von Hungersnöten geprägten
Sonderedition die ganze welt auf dem Teller<br />
Jahrhunderte vorbei waren, eher deftig.<br />
„Das Ideal der deutschen Esser war nach<br />
wie vor die große Portion“, schreibt Siebeck.<br />
Statt sich wie beispielsweise ihre französischen<br />
Nachbarn in Feinschmeckerei zu<br />
üben, schworen die Deutschen weiterhin auf<br />
Eisbein mit Sauerkraut, Grünkohl mit Pinkel<br />
und dicke Eintöpfe. Im Zeitalter der Kolonialisierung<br />
tat sich beispielsweise das British<br />
Empire hervor, dessen traditionelle Kost<br />
besonders von den aromatischen Gewürzen<br />
der indischen Küche profitierte. In der ersten<br />
Hälfte des 20. Jahrhunderts sorgten die<br />
beiden Weltkriege dafür, dass Deutschland<br />
kulinarisch brachlag. Not macht erfinderisch<br />
– und so brachte die gute Hausfrau in<br />
den kargen Jahren Brotsuppe und Steckrübengemüse<br />
auf den Tisch.<br />
43
44 10 Jahre Metro-Handelslexikon<br />
Neu und verlockend<br />
In den Nachkriegsjahren waren es zunächst<br />
die Care-Pakete aus den USA, die die Deutschen<br />
mit Erdnussbutter und Cornflakes auf<br />
einen anderen Geschmack brachten. In den<br />
1950ern weckten dann Coca-Cola und<br />
Ketchup die Sehnsucht nach dem „American<br />
Way of Life“. In der Zeit des Wirtschaftswunders<br />
wuchs der Appetit auf Neues: Die<br />
reiselustigen Deutschen lernten in Nachbarländern<br />
wie Italien und Frankreich die<br />
Vorzüge der mediterranen Küche kennen.<br />
Kochbücher wie zum Beispiel der Klassiker<br />
„Was Männern so gut schmeckt“ von Lilo<br />
Aureden aus dem Jahr 1954 halfen der<br />
deutschen Hausfrau dabei, landestypische<br />
Gerichte wie Spanisches Lammragout oder<br />
Ungarisches Paprikagemüse selbst zu -<br />
zubereiten. Ab 1953 liefen die Kochsendungen<br />
des legendären Fernsehkochs Clemens<br />
Wilmenrod im Fernsehen. Sein berühmtestes<br />
Rezept: Toast Hawaii.<br />
Fremd und vertraut<br />
In Deutschland boomte die Wirtschaft.<br />
Das Land benötigte Arbeitskräfte und warb<br />
seit Beginn der 1950er-Jahre verstärkt<br />
Gast arbeiter an, vorrangig aus den Mittel-
Sonderedition die ganze welt auf dem Teller<br />
meerregionen. Wer seinen Unterhalt nicht<br />
mit Kohle und Stahl oder am Fließband<br />
verdienen wollte, eröffnete ein Restaurant.<br />
Sie hießen „Roma“, „Akropolis“ oder<br />
„Schwarzes Meer“ und brachten den<br />
Deutschen ein Stück Urlaub direkt vor die<br />
Haustür. Vor allem die italienische Küche<br />
prägte die hiesigen Essgewohnheiten. „Die<br />
Klassiker Spaghetti und Pizza stehen bei den<br />
Deutschen noch heute hoch im Kurs“, weiß<br />
Peter Kluth, Gastro nomiefachberater bei<br />
<strong>METRO</strong> Cash & Carry Deutschland. Laut<br />
einer aktuellen Umfrage des Online- Marktforschungs<br />
instituts Marketagent.com bezeichnen<br />
46,1 Prozent der Befragten Pasta<br />
als ihr absolutes Lieblingsgericht. Pizza<br />
landet mit 37,3 Prozent an zweiter Stelle.<br />
Exquisit und alternativ<br />
45<br />
Waren zu Beginn der 1960er-Jahre noch die<br />
italienische und die Balkanküche in Mode,<br />
so eroberten ein Jahrzehnt später zwei<br />
neue Trends die deutsche Küche. Wer es<br />
sich leisten konnte, wurde zum Liebhaber<br />
der französischen Nouvelle Cuisine: Mit<br />
Delikatessen und teuren Lebensmitteln<br />
ging Essen nun weit über das Sattwerden<br />
hinaus. Als Gegenpol dazu entwickelte sich<br />
vor allem in Studentenkreisen eine alternative<br />
Ernährungsform, die als erster Ansatz<br />
der Biobewegung gilt. Hier standen Müsli,<br />
Rohkost und Vegetarisches auf dem Speiseplan.<br />
Fest gelegte Essenszeiten verschwanden,<br />
die Sitzordnung wurde aufgehoben.
46 10 Jahre Metro-Handelslexikon<br />
Schnell und praktisch<br />
Gegen all diese Strömungen setzte sich in<br />
den 1970er-Jahren eine neue Form der<br />
Ernährung durch, die unsere Esskultur bis<br />
heute nachhaltig beeinflusst: Fast Food.<br />
1971 eröffnete die amerikanische Schnellrestaurantkette<br />
McDonald‘s ihre erste<br />
deutsche Filiale in München. Damit begann<br />
ein unvergleichlicher Siegeszug der schnellen<br />
Küche. Auch Dönerbuden, Bring-Dienste<br />
und Caterer sind eine Erfindung dieser Zeit.<br />
Schnell gehen musste es mittlerweile auch<br />
am heimischen Herd. Zumindest wochentags<br />
landeten immer häufiger Fertigprodukte,<br />
sogenanntes Convenience Food, und<br />
Tiefkühlkost im Einkaufswagen. Heute liegt<br />
der Pro-Kopf-Verbrauch bei 40,4 Kilo pro<br />
Jahr, Tendenz steigend.
Sonderedition die ganze welt auf dem Teller<br />
Global und gemixt<br />
In den 1990ern wurden die Deutschen<br />
„Reiseweltmeister“ und lernten auf Fernreisen<br />
neue kulinarische Genüsse kennen.<br />
Zudem brachte die zunehmende Globalisierung<br />
frischen Wind in die heimische<br />
Restaurant-Landschaft. Noch heute beliebt<br />
sind die Esskultur Asiens, die Kochkünste<br />
Nordafrikas und der amerikanischen<br />
Südstaaten. Seit dem Fall des Eisernen<br />
47<br />
Vorhangs kommen Einflüsse aus Russland<br />
und der ehemaligen DDR hinzu. Aus allen<br />
Kulturkreisen das Beste: Das macht die<br />
experimentierfreudige Fusion Cuisine aus.<br />
Sie entstand in den frühen 1980er-Jahren<br />
im Schmelztiegel Kaliforniens und fand<br />
auch hierzulande ihre Anhänger. So sorgen<br />
heute Kreationen wie Pappardelle mit<br />
Teriyaki-Ente oder Sauerrahm-Eis mit<br />
Szechuan-Pfeffer für Über raschung. Auch<br />
„Surf and Turf“, die in nordamerikanischen<br />
Steakhäusern erfundene Kombination von<br />
Hummer und gegrilltem Steak, ist dieser<br />
kulinarischen Bewegung zu verdanken.
48 10 Jahre Metro-Handelslexikon<br />
Revolutionär und molekular<br />
Um die Jahrtausendwende stellte der<br />
spanische Meisterkoch Ferran Adrià mit<br />
seiner Molekularküche die Grundlagen des<br />
bisherigen Kochens gänzlich auf den Kopf.<br />
Die Speisen, die in seinem legendären<br />
Restaurant „elBulli“ serviert wurden, entstehen<br />
nicht am Herd, sondern im Forschungslabor.<br />
So bearbeitet er rohes Gemüse<br />
mit Hightech aus der Medizintechnik,<br />
formt geliertes Olivenpüree zu Oliven oder<br />
serviert Fischmousse in einem Mantel von<br />
hauchdünnem Schweinefett. Seine sündhaft<br />
teuren Menüs bestehen aus bis zu 35 winzigen<br />
Portionen.
Sonderedition die ganze welt auf dem Teller<br />
Mehr getüftelt denn gekocht wird auch in der<br />
Modernist Cuisine, für die der promovierte<br />
Physiker Nathan Myhrvold ein gleichnamiges<br />
Standardwerk veröffentlicht hat. Er zieht<br />
Hochdruckhomogenisator, Gefriertrockner<br />
und Zentrifuge dem Kochlöffel vor.<br />
Regional und natürlich<br />
Wer befürchtet, dass unsere Speisen künftig<br />
aussehen wie futuristische Kunstwerke, sei<br />
beruhigt. Besinnung auf regionale Spezialitäten<br />
heißt der Gegentrend, der sich seit<br />
einiger Zeit in der Gastronomie durchsetzt.<br />
49<br />
Laut einer Emnid-Umfrage im Auftrag des<br />
Bundesverbraucherministeriums sind<br />
79 Prozent der befragten Verbraucher bereit,<br />
mehr Geld für regionale Lebensmittel auszugeben.<br />
„Unsere Kunden wollen ihren<br />
Gästen natürliche und authentische Lebensmittel<br />
anbieten, denen sie mehr vertrauen<br />
als industrieller Massenware“, sagt Gastronomiefachberater<br />
Peter Kluth, <strong>METRO</strong> Cash<br />
& Carry. Und so landen sie wieder im Kochtopf<br />
– Kohl, Rüben und Bohnen aus der<br />
Region. Nicht allein zum Sattmachen, sondern<br />
als purer Genuss, bestens vereinbar<br />
mit dem ökologischen Gewissen.
50 10 Jahre Metro-Handelslexikon<br />
<strong>wEr</strong> HaT’S <strong>ErFundEn</strong>?<br />
<strong>dIE</strong> <strong>HErKunFT</strong> <strong>vOn</strong> <strong>dönEr</strong>,<br />
currywurST & cO.<br />
Der Döner ist der absolute Lieblingssnack<br />
der Deutschen. Das knusprige<br />
Fleisch vom Drehspieß kommt ursprünglich<br />
aus der Türkei. Dort wurde<br />
es jedoch auf einem Teller serviert.<br />
Die heutige Form, eine üppig mit Salat,<br />
Fleisch und Joghurtsoße gefüllte<br />
Brottasche, wurde angeblich Anfang<br />
der 1970er-Jahre in Berlin erfunden<br />
– von einem jungen türkischen Imbissmitarbeiter.<br />
Inzwischen gibt es bundesweit<br />
mehr als 16.000 Dönerbuden.<br />
Und nicht nur das: Von Deutschland<br />
aus wurde der türkische Snack weltweit<br />
berühmt. Selbst in China ist er<br />
heute zu haben – und gilt dort als<br />
deutsche Spezialität.<br />
Über sie wurde ein Roman geschrieben,<br />
Herbert Grönemeyer besingt sie<br />
in höchsten Tönen und sie hat sogar<br />
ihr eigenes Museum: die Currywurst.<br />
Im Berlin der Nachkriegszeit erfunden,<br />
wurde sie besonders in der<br />
Hauptstadt und im Ruhrgebiet schnell<br />
zur heißgeliebten Zwischenmahlzeit.<br />
Die Kombination aus deutscher Wurst<br />
und Gewürzen aus Fernost macht sie<br />
zu einem wahren Vorreiter der heutigen<br />
Fusion Cuisine. Inzwischen gibt<br />
es sie sogar in der Luxusvariante:<br />
das Berliner Restaurant Zander zum<br />
Beispiel serviert Currywurst mit 22-<br />
karätigem Blattgold, Trüffelpommes<br />
und einem Glas Champagner.
Sonderedition die ganze welt auf dem Teller<br />
Wer genüsslich in seinen Hamburger oder Döner beißt, denkt kaum<br />
darüber nach, wer diese Speisen erfunden hat. Sollte er aber.<br />
Denn die Herkunft unserer liebsten Snacks verrät Spannendes über<br />
die Geschichte der Esskultur.<br />
Der Hamburger kommt aus Hamburg?<br />
Ganz so einfach ist es nicht. Wo<br />
der ursprüngliche Burger entstand<br />
und wie er wirklich aussah, darüber<br />
streiten sich die Experten. Brachten<br />
ihn deutsche Auswanderer im<br />
18. Jahrhundert nach Übersee oder<br />
erfanden ihn zwei clevere Brüder im<br />
Bundesstaat New York? Das interessiert<br />
den Burger-Liebhaber nur am<br />
Rande. Wichtiger ist, was sich zwischen<br />
den beiden Brötchenhälften<br />
befindet. Das wird derzeit immer<br />
kreativer. Kleine, feine Burger-Bars<br />
machen den großen Fast-Food-Ketten<br />
Konkurrenz – mit bester Bioqualität<br />
und ausgefallenen Kombinationen.<br />
Wie wäre es denn mal mit dem Spargel-<br />
Burger mit Sauce hollandaise?<br />
Als in den späten 1950er-Jahren<br />
Gastarbeiter aus Norditalien nach<br />
Deutschland kamen, wunderten sie<br />
sich über die großen belegten Teigfladen,<br />
die ihre Landsleute aus<br />
dem Süden dort servierten. In ihrer<br />
Heimat direkt hinter den Alpen hatten<br />
sie dergleichen noch nie gesehen –<br />
stammt die Pizza doch aus dem<br />
südlichen Teil des Landes. Dass sie<br />
inzwischen in ganz Italien auf den<br />
Tisch kommt, ist den deutschen<br />
Touristen zu verdanken. Die Pizza<br />
gehört für sie einfach zum Italienurlaub<br />
dazu – egal ob in Sizilien oder<br />
am Gardasee.<br />
51